Ihr Finanzamt informiert
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Ihr Finanzamt informiert Kindertagespflege – Was ändert sich steuerlich? 1. Steuerliche Änderungen bei der Kindertagespflege ab 2009 Ab dem 01.01.2009 müssen alle Tagesmütter und Tagesväter die Einkünfte aus ihrer Tagespflegetätigkeit versteuern. Dies gilt unabhängig von der Anzahl der betreuten Kinder und von der Art (aus privaten oder öffentlichen Mitteln) der Einnahmen. Wir erklären Ihnen die wichtigsten Änderungen für selbständige Tagesmütter und Tagesväter (für Arbeitnehmer gelten abweichende Regelungen). Änderungen ab 2009 Wer ist betroffen? Mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2009, die grundsätzlich bis zum 31.05.2010 abgegeben werden muss, müssen auch Tagesmütter und Tagesväter, die vom Jugendamt (Landratsamt) oder von der Gemeinde bezahlt werden, die Einkünfte aus ihrer Tagespflegetätigkeit versteuern (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Bisher waren nur die Tagespflegepersonen steuerpflichtig, die das Geld für die Kinderbetreuung direkt von den Familien erhielten. Die Zahlungen des Jugendamtes oder der Kommunen waren bisher als Beihilfe zur Erziehung aus öffentlichen Mitteln nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei. Tagespflege steuerpflichtig nach § 18 EStG Was muss versteuert werden? Nur der Gewinn muss versteuert werden. Um ihn zu ermitteln, werden die Betriebsausgaben entweder über eine Pauschale oder über eine Einzelauflistung von den Einnahmen abgezogen. Gewinn Was ändert sich bei der Betriebsausgabenpauschale? Pauschalen vereinfachen die Steuerklärung. Ein einheitlicher Betrag ersetzt das umständliche Auflisten von Einzelausgaben und das Sammeln von Belegen. Die Betriebsausgabenpauschale wird ab 2009 erhöht: Pro Kind liegt sie künftig bei 300 Euro pro vollzeitbetreutem Kind und pro Monat (BMF-Schreiben vom 17.12.2007, BStBl I 2008, S. 17). Bisher konnten im Wege der Pauschale nur maximal 246 Euro als Betriebsausgaben abgezogen werden. Betriebsausga- Der Betriebsausgabenpauschale liegt eine wöchentliche Betreuungszeit von 40 Stunden zugrunde. Soweit die tatsächlich vereinbarte Betreuungszeit hiervon abweicht, ist die Betriebsausgabenpauschale zeitanteilig nach der nachfolgenden Formel zu kürzen: Berechnung bei benpauschale ab VZ 2009 geringeren Betreuungszeiten 300 Euro x vereinbarte wöchentliche Betreuungszeit (max. 40 Stunden) (8 Stunden x 5 Tage =) 40 Stunden Für Zeiten, in denen die Tagespflegeperson verhindert ist, die vereinbarten Betreuungszeiten selbst zu absolvieren (z.B. aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Fortbildung), kann die Betriebsausgabenpauschale nur dann abgezogen werden, wenn das Betreuungsgeld für diese Zeit weiter gezahlt wird. Urlaub, Krankheit, Fortbildung -2- Die Betriebsausgabenpauschale darf nur bis zur Höhe der Betriebseinnahmen abgezogen werden (s. BMF-Schreiben vom 20.05.2009, BStBl I 2009, S. 642). Beispiel: Tagesmutter A erhält ab dem 01.01.2009 für die Tagespflege von vier Kindern folgende Geldleistungen: Kind Wöchentliche Betreuungszeit Entgelt Betreuung Entgelt Verpflegung Zahlung durch B 20 h 5 € je h 2 € je Tag Eltern C 40 h 5 € je h 3 € je Tag Eltern D 30 h 5 € je h 3 € je Tag Eltern E 40 h 4 € je h 2,50 € je Tag Jugendamt Beispiel Das Betreuungsgeld soll ganzjährig, auch im Krankheitsfall bzw. Urlaub der Tagesmutter A bezahlt werden. Lösung Lösung: Die Einnahmen sind bei der Tagesmutter A ab dem 01.01.2009 vollumfänglich steuerpflichtig nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 11 EStG kann für die Zahlung aus öffentlichen Kassen nicht mehr gewährt werden. Auch der Anteil für Verpflegung des Kindes zählt zu den steuerpflichtigen Betriebseinnahmen. Tagesmutter A muss für den VZ 2009 folgende Beträge versteuern (tatsächliche Betreuungstage unterstellt: 230 Tage): Einnahmen Kind Betriebsausgabenpauschalen B 20 h x 5 € x 52 Wochen: 5.200 € 1.800 € (300 € x 12 x 20/40) C 40 h x 5 € x 52 Wochen: 10.400 € 3.600 € (300 € x 12 x 40/40) D 30 h x 5 € x 52 Wochen: 7.800 € 2.700 € (300 € x 12 x 30/40) E 40 h x 4 € x 52 Wochen: 8.320 € 3.600 € (300 € x 12 x 40/40) zzgl. Entgelt Verpflegung: 10,50 € x 230 Tage Summe: 2.415 € 34.135 € 11.700 € Tagesmutter A muss 22.435 Euro als Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG versteuern. -3- Ist auch eine Einzelaufstellung statt der Pauschale möglich? Natürlich können auch die tatsächlichen Betriebskosten nachgewiesen werden. Dies lohnt sich, wenn die tatsächlichen Kosten über der Pauschale liegen. Der Abzug erfordert, dass alle Einzelbelege gesammelt und in einer Einzelaufstellung dem Finanzamt vorgelegt werden. Einzelnachweis Als Ausgaben kommen beispielsweise in Betracht: Mobiliar, Spiel- und Bastelmaterialien, Nahrungsmittel, Hygieneartikel, Fachliteratur, Weiterbildungskosten und Kommunikationskosten, etwa Telefon und Internet. Auch die Miete und Betriebskosten für die zur Kinderbetreuung genutzten Räumlichkeiten zählen dazu. Die durch die Tagespflege veranlassten Mehraufwendungen hinsichtlich Miete und Betriebskosten können ggf. im Schätzungswege ermittelt werden. Kosten für die Freizeitgestaltung mit den Kindern sowie Fahrtkosten können ebenfalls berücksichtigt werden. Bei Einzelnachweis der Betriebsausgaben ist der zusätzliche Abzug der Betriebsausgabenpauschale nicht zulässig. Ausgaben bei höheren Kosten Hinweis Der Abzug der Betriebsausgabenpauschale ist wie bisher nicht zulässig, wenn die Betreuung der Kinder im Haushalt der Eltern bzw. des Personensorgeberechtigten stattfindet oder der Tagespflegeperson für die Ausübung ihrer Tätigkeit z.B. von der Gemeinde unentgeltlich Räume zur Verfügung gestellt werden. In diesen Fällen ist ein Einzelnachweis der Betriebsausgaben erforderlich. Pauschale unzulässig, wenn keine Kosten entstehen Müssen erstattete Sozialaufwendungen versteuert werden? Nein. Durch das Kinderförderungsgesetz (KiFöG) vom 10.12.2008 wurde § 3 Nr. 9 EStG neu gefasst. Danach sind die vom Träger der Jugendhilfe geleisteten Erstattungen zur Unfallversicherung und Altersvorsorge nach § 39 Abs. 4 Satz 2 SGB VIII (Bereitschaftspflege) und die Erstattungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftigen Erstattungen zur Alterssicherung und zu einer angemessenen Kranken- und Pflegeversicherung nach § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und 4 SGB VIII (Kindertagespflege) steuerfrei. Die Steuerfreiheit gilt ab dem 16.12.2008 (Tag nach der Verkündung des KiFöG). Sozialaufwendun- Damit stellt die Finanzverwaltung die Erstattungsbeiträge für Sozialaufwendungen bei Kinderbetreuung den Ausgaben des Arbeitgebers für die Zukunftssicherung des Arbeitnehmers nach § 3 Nr. 62 EStG gleich. Gleichstellung Wegen der Steuerfreiheit der Sozialaufwendungen wurde dementsprechend der Sonderausgabenabzug für diese Aufwendungen ab dem Veranlagungszeitraum 2008 auf den geringeren Höchstbetrag von 1.500 Euro begrenzt (§ 10 Abs. 4 Satz 2 EStG i.d.F. des KiFöG). Sonderausgaben- gen sind steuerfrei abzug Wann und in welcher Höhe fallen Steuern an? Es hängt davon ab, ob die Tagespflegeperson neben ihren Einkünften aus der Tagespflege (Einnahmen nach Abzug der Ausgaben) weitere Einkünfte hat oder ihre Einkünfte mit denen des Ehegatten gemeinsam versteuert werden. Steuern müssen nur dann gezahlt werden, wenn das zu versteuernde Gesamteinkommen die Grundfreibetragsgrenze von derzeit 7.664 Euro bzw. in 2009 7.834 Euro im Jahr bei Ledigen und 15.328 Euro bzw. in 2009 15.668 Euro bei Verheirateten überschreitet. Bei allen darunterliegenden Beträgen fällt keine Einkommensteuer an. Maßgeblich sind die individuellen Verhältnisse -4- Ist die Tagespflege umsatzsteuerpflichtig? Eine Tagesmutter ist Unternehmerin i.S. des § 2 Umsatzsteuergesetzes (UStG), wenn sie nachhaltig Leistungen erbringt. Unternehmerin Ab 01.01.2008 sind die Umsätze von Tagesmüttern nach § 4 Nr. 25 UStG steuerfrei, wenn Voraussetzungen • die Tagesmutter für ihre Leistungen eine im SGB VIII geforderte Erlaubnis besitzt Beispiel 1: Eine Tagesmutter betreut ein Kleinkind ganzjährig 20 Stunden in der Woche, während die Eltern arbeiten. Sie verfügt über eine Erlaubnis durch das Jugendamt gem. § 43 SGB VIII. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung liegen vor. Beispiel 2: Eine Tagesmutter übernimmt die Vollzeitpflege (Tag- und Nachtbetreuung) eines Kindes für 10 Wochen. Sie verfügt über eine Erlaubnis durch das Jugendamt gem. § 44 SGB VIII. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung liegen vor. • oder die Tagesmutter Leistungen erbringt, für die sie nach §§ 44 oder 45 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB VIII keine Erlaubnis benötigt Beispiel 3: Die Nachbarin hat sich bereit erklärt, das Nachbarskind für die Dauer von 6 Wochen, werktags von 14 bis 16 Uhr in ihrer Wohnung gegen Entgelt zu betreuen. Eine Erlaubnis durch das Jugendamt ist hierfür nach § 43 SGB VIII nicht erforderlich. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung liegen vor. Beispiel 4: Eine Tagesmutter übernimmt die Vollzeitpflege (Tag- und Nachtbetreuung) eines Kindes für 4 Wochen. Eine Erlaubnis durch das Jugendamt ist hierfür nach § 44 SGB VIII nicht erforderlich. Die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung liegen vor. • oder ihre Leistungen im vorangegangenen Kalenderjahr ganz oder zum überwiegenden Teil durch Träger der öffentlichen Jugendhilfe oder von durch die zuständige Jugendbehörde anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe, von Kirchen und Religionsgemeinschaften des öffentlichen Rechts oder amtlich anerkannten Verbänden der freien Wohlfahrtspflege (§ 23 UStDV) vergütet wurden Beispiel 5: Eine Tagesmutter erzielte mit ihrer Tätigkeit im Jahr 2008 Einnahmen i.H. von 40.000 Euro. Davon entfielen auf Zahlungen des Jugendamtes 30.000 Euro. Die gesamten Umsätze aus der Tätigkeit der Tagesmutter im Jahr 2009 sind somit steuerfrei, da im Vorjahr die Kosten überwiegend durch das Jugendamt vergütet wurden. • oder die Tagesmutter Leistungen der Kindertagespflege erbringt, für die sie nach § 24 Abs. 5 SGB VIII vermittelt werden kann. für Umsatzsteuerfreiheit -5- Beispiel 6: Eine Tagesmutter erhält vom Jugendamt eine Bestätigung, dass sie für die Kindertagespflege vermittelt werden kann. Die Umsätze sind nicht nur bei Vermittlung durch das Jugendamt, sondern auch steuerfrei, wenn die Tagesmutter ausschließlich Leistungen erbringt, die privat nachgefragt werden. Steuerfrei sind nach § 4 Nr. 25 Satz 3 UStG auch die Beherbergung der Kinder sowie deren Beköstigung und die an diese erbrachten üblichen Naturalleistungen. Beherbergung/ Sofern die Leistungen nach den o.g. Kriterien steuerfrei sind, darf die Tagesmutter keine Umsatzsteuer gesondert in Rechnungen ausweisen. Ein Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen steht ihr nicht zu. Rechnungen Sind die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung ausnahmsweise nicht erfüllt, kann die Kleinunternehmerregelung in Betracht kommen. Danach wird keine Umsatzsteuer erhoben, wenn die voraussichtlichen Bruttoeinnahmen im Jahr der Betriebseröffnung den Betrag von 17.500 Euro nicht übersteigen. Diese Regelung kann auch in den folgenden Jahren in Anspruch genommen werden, wenn der Umsatz des Vorjahres 17.500 Euro nicht überstiegen hat und der voraussichtliche Umsatz des laufenden Jahres 50.000 Euro nicht übersteigen wird. Das Recht auf Vorsteuerabzug ist insoweit ausgeschlossen. Kleinunterneh- Bei der Berechnung der Betragsgrenzen von 17.500 Euro und 50.000 Euro sind steuerfreie Umsätze grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Betragsgrenzen Beköstigung merregelung Beispiel 7: Frau A möchte ab dem 01.01.2008 ein Kind jeweils 20 Stunden die Woche ganzjährig betreuen. Das Jugendamt hat ihr hierfür eine Erlaubnis nach § 43 SGB VIII erteilt. Daneben möchte sie über das Internet Kinderkleidung verkaufen. Sie rechnet mit einem Umsatz für die Tätigkeit als Tagesmutter i.H. von 12.000 Euro und mit einem Umsatz für den Verkauf der Kinderkleidung i.H. von 10.000 Euro. Frau A kann die Kleinunternehmerregelung beanspruchen, da ihre umsatzsteuerpflichtigen Kleiderverkäufe im Jahr der Betriebseröffnung nach ihren Schätzungen 17.500 Euro nicht übersteigen. Die steuerfreien Umsätze für die Kinderbetreuung sind für die Ermittlung der Betragsgrenze von 17.500 Euro nicht zu berücksichtigen. 2. Einkommensteuerrechtliche Behandlung der Familientagespflege nach § 32 SGB VIII (Erziehung in der Tagesgruppe) Wird eine Hilfe zur Erziehung in einer Tagesgruppe nach § 32 SGB VIII gewährt, so ist nach § 39 SGB VIII auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen. Bei diesen Geldleistungen der Jugendämter handelt es sich um Beihilfen, die unmittelbar die Erziehung fördern und aus öffentlichen Mitteln geleistet werden. Sie sind daher bei der Pflegeperson als steuerfreie Einnahme im Sinne des § 3 Nr. 11 EStG zu behandeln. Familientagespflege nach § 32 SGB VIII steuerfrei -6- 3. Vollzeitpflege Bei einer Vollzeitpflege sind die Pflegegelder aus öffentlichen Mitteln weiterhin grundsätzlich nach § 3 Nr. 11 EStG steuerfrei (BMF-Schreiben vom 20.11.2007, BStBl I S. 824; Ausnahme: Es werden mehr als sechs Kinder in einer Pflegefamilie aufgenommen). 4. Vollzeitpflege weiterhin steuerfrei Bereitschaftspflege Gelder, die einer Pflegeperson für die Bereitschaft gezahlt werden, ein Kind kurzfristig aufzunehmen (sog. Bereitschaftspflegegelder und Platzhaltekosten), sind im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) steuerpflichtig. Dies gilt bereits auch für Veranlagungszeiträume vor 2008. Stand: September 2009 Gewerbliche Einkünfte