- Leibniz Gemeinschaft
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LEIBNIZ | AUSSTELLUNGEN Der Wahrheit verpflichtet Die so genannte Henlein-Uhr galt lange als älteste Taschenuhr der Welt. Neuen Forschungen zufolge vermutlich zu Unrecht. Aktuelle Ausstellungen der Leibniz-Gemeinschaft Im Henlein-Uhrenstreit trifft HightechForensik auf kluge Betrachter 44 Ist die Henlein-Uhr die älteste Taschenuhr der Welt? Eine vom Germanischen Nationalmuseum (GNM) initiierte transdisziplinäre Forschungsallianz ermittelte von allen Seiten – mit überraschendem Ausgang. „Petrus Hele me f.[ecit] Norimb.[ergae] 1510“ steht eingraviert auf der Henlein-Taschenuhr. „Peter Henlein hat mich gemacht, in Nürnberg im Jahr 1510“. Damit wäre sie etwa 20 Jahre vor weiteren, kunsthistorisch gut einzuordnenden Exemplaren entstanden. Allerdings ist die Gravur in Kanzleischrift geschrieben, einer für Signaturen jener Zeit völlig unüblichen Schrifttype. Ein erstes Indiz dafür, die Echtheit der „ältesten Taschenuhr der Welt“ anzuzweifeln. Thomas Eser Kunsthistoriker, Kurator und Leiter der Sammlung wissenschaftliche Instrumente des GNM wollte den wahren Ursprung einer seiner Museumsperlen ausfindig machen. Dafür holte er seine Kollegen Roland Schewe und Markus Raquet vom Institut für Kunsttechnik und Konservierung des GNM mit ins Boot. „Wir Inseln der Winde. Die maritime Kultur der bronzezeitlichen Ägäis bis 8.2.2015 Glückauf und Uğur Ola. Türkische Kumpel zwischen Zonguldak und Ruhrgebiet bis 12.4. 2015 Grasland, Yaks und wilde Pferde — von Tibet bis in die Wüste Gobi bis 19.4.2015 Die Minoer beherrschten den südöstlichen Mittelmeerraum der Bronzezeit auf eindrucksvolle Weise. Drei- bis zweitausend Jahre vor Christi eroberten sie von Kreta aus große Teile der Ägäis. An ihrem Beispiel zeigt das RGZM die Entwicklung der Seefahrt und des maritimen Lebens vor über 3.500 Jahren. Die Modellrekonstruktionen von Ein bäumen bis zu besegelten Handelsschiffen zeichnen die Entwicklung der antiken Schifffahrt nach und lassen diese so vor den Augen des Besuchers noch einmal zum Leben er wachen. Von der Schwarzmeerküste aus begaben sie sich auf die Suche nach dem schwarzen Gold. Durch ein Anwerbeabkommen zwischen der Türkei und Deutschland kamen vor mehr als 50 Jahren viele Bergmänner und -lehrlinge aus der Region Zonguldak in die Kohlegruben des Ruhrgebiets. Das Deutsche Bergbau-Museum begibt sich auf die Spur der ersten türkischen Kumpel in Deutschland. Gemeinsam mit der multikulturellen Kinder- und Jugendhilfe IFAK erzählt es ihre Lebensgeschichten – auf Deutsch und auf Türkisch. Seit 50 Jahren erforschen Wissenschaftler die Landschaften Zentralasiens. Die einzigartige Natur dieser Region bietet eine beeindruckende Vielfalt: die letzten freilebenden Wildpferde, tausende exotische Pflanzenarten und Schneeleoparden. Letztere lassen sich hier sogar aus nächster Nähe bestaunen. Doch das Ökosystem reagiert empfindlich auf seine sich verändernde Umwelt: Die Ausstellung widmet sich daher der Frage, wie der Klimawandel die Lebensräume und -bedingungen zwischen Tibet und Wüste Gobi beeinflusst. Museum für Antike Schiffahrt des RGZM, Mainz Deutsches Bergbau-Museum, Bochum Senckenberg Naturmuseum, Frankfurt 4/2014 LEIBNIZ | AUSSTELLUNGEN Fotos: GNM; Hubert Vögele/Institut für Klassische Archäologie der Universität Heidelberg; DBM/Karl Wislaug; D. Usukhjargal; Uwe Schmolke; MfN/Carola Radke; Michael Jungblut/Atelier Brückner wollten nach wissenschaftlichen Kriterien, möglichst ergebnisoffen und ohne Scheuklappen an die Aufgabe herangehen,“ so Roland Schewe. Die Folge: Ohne interdisziplinäre Kooperationen und Hightech-Forensik konnte es im Uhrenstreit nicht weitergehen. Ein Indizienprozess begann. Während der zweijährigen Projektphase ermittelten die Wissenschaftler 48 für einen Vergleich geeignete Taschenuhren weltweit – doch nur acht Kuratoren und Privatsammler trauten sich, ihre Schätze der HightechPrüfung zu unterwerfen. Zerstörungsfreie Einblicke ins Innere der Zeiteisen gewährten Computertomografie-Aufnahmen des Fraunhofer-Entwicklungszentrums Röntgentechnik. Mittels Reflectance Transformation Imaging (RTI) und Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) erhielten die Forscher Aufschluss über Qualität und Menge der eingebauten Materialien. 4/2014 Die Ergebnisse zur Henlein-Taschenuhr waren vernichtend: Der eingravierte Ursprungshinweis liegt über Abnutzungskratzern, eine kunsthistorisch möglicherweise auf ein späteres Herstellungsjahr hinweisende Ornamentik auf dem Uhrengehäuse wurde wieder entfernt. Auf den CT-Scans kamen eine Aufziehkette sowie gleich zwei Antriebsfedern zum Vorschein, die den Experten nur eine Schlussfolgerung ließen: Bei der Henlein-Uhr handelt es sich um ein nachträglich zusammengestückeltes Exemplar und mitnichten um die älteste Taschenuhr der Welt. Auch fast alle Vergleichsuhren wurden im Laufe der Jahrhunderte repariert, restauriert und neu zusammengesetzt. Einzig die sogenannte „Melanchthon-Uhr“ aus dem Walters Art Museum in Baltimore, datiert auf etwa das Jahr 1530, gab sich schließlich als die älteste bekannte in ihren Originalteilen erhaltene Taschenuhr zu erkennen. Immerhin liegt die Vermutung nahe, dass auch sie aus dem Umfeld Peter Henleins stammt. Vom Henlein-Uhrenstreit bleibt so zumindest des Schlossermeisters originärer Verdienst erhalten, die Miniaturisierung der Zeitmesser vorangetrieben zu haben. Alle acht untersuchten Uhren sind in der aktuellen Sonderausstellung des GNM zu sehen. So kann in Nürnberg doch noch – zumindest vorübergehend – die älteste Taschenuhr der Welt bestaunt werden. kar i n e . l ason Die älteste Taschenuhr der Welt? Der Henlein-Uhrenstreit bis 12. April 2015 Germanisches Nationalmuseum Kartäusergasse 1, 90402 Nürnberg Öffnungszeiten Di bis So 10 - 18 Uhr Mittwochs: 10 - 21 Uhr www.gnm.de/ausstellungen/aktuellund-vorschau/henlein-uhrenstreit Kamera Louis Boutan — Leben unter Wasser 2014 bis 22.2.2015 Highlights der Präparationskunst Neue Dauerausstellung Zukunft leben: Die demografische Chance bis 1.3.2015 1893 gelangen Louis Boutan im französischen Mittelmeer die ersten Unterwasserfotografien. In seine Fußstapfen sollten die Teilnehmer des Unterwasserfoto- und Video-Wettbewerbes „Kamera Louis Boutan“ treten und das Leben unter Wasser auf möglichst faszinierende Weise einfangen. In zwei verschiedenen Kategorien haben sie dabei beeindruckende Resultate geliefert. Die Gewinnerbilder präsentiert das Senckenberg Naturkundemuseum in Görlitz zusammen mit dem Verband deutscher Sporttaucher in der Ausstellung „Leben unter Wasser 2014“. Präparation ist ein wichtiger Bestandteil der Museumsarbeit und bedeutet nicht nur Haltbarmachung von Tieren, sondern auch von Gesteinsproben und Modellen. Das Museum für Naturkunde hat seit seiner Gründung immer modernere Verfahren entwickelt. Mittlerweile sind dort 30 Millionen Präparate beheimatet. Ausgewählte Objekte, die „Highlights der Präparation“ werden jetzt in einem eigenen Ausstellungsraum präsentiert. Neben beeindruckenden Dinosaurierskeletten kann hier auch der lebensechte Berliner Zoo-Eisbär Knut bestaunt werden. Der demografische Wandel ist eine der zentralen Herausforderungen für die Zukunft unserer Gesellschaft. Auf Basis von Forschungsergebnissen und Lö sungsvorschlägen aus der Wissenschaft wirft die von der Leibniz-Gemeinschaft für das Wissenschaftsjahr 2013 konzipierte Wanderausstellung Fragen auf. Wie lernen und arbeiten wir morgen? Wie bilden wir Familien, wie altern oder wohnen wir? An der letzten Station der Schau im Niedersächsischen Landesmuseum Hannover erwarten die Besucher Spiele, interaktive Exponate, Comics, Filme und Multi mediapräsentationen. Senckenberg Naturkundemuseum Görlitz Museum für Naturkunde, Berlin Kurzfilm über das Forschungsprojekt zur Heinlein-Uhr: www.youtube.com/ watch?v=GgXlMHUNuoA Niedersächsisches Landesmuseum, Hannover Mehr Sonderausstellungen unserer Forschungsmuseen finden Sie online: www.leibnizgemeinschaft.de/ institute-museen/ forschungsmuseen/ leibniz-museenaktuell/ 45