Wasserundurchlässige Betonbauwerke

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Wasserundurchlässige Betonbauwerke
Leitfaden 01 Wasserundurchlässige Betonbauwerke Bemessungswasserstand Planung, Konstruktion Hochwertige Nutzung Fugenplanung, ‐einbau Bauausführung Einbauteile, Durchdringungen Elementwandbauweise Frischbetonverbundfolien 2. Auflage Februar 2016 Impressum Prof. Dr. Thomas Freimann (Hrsg.) Leitfaden Wasserundurchlässige Bauwerke 2. Auflage, 2016 Eigenverlag Fakultät Bauingenieurwesen, TH Nürnberg ISBN 978‐3‐00‐052336‐6 © by Prof. Dr. Thomas Freimann Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm Fakultät Bauingenieurwesen Keßlerplatz 12, 90489 Nürnberg Tel.: 0911 / 5880 – 1418 Email: bi‐sekretariat@th‐nuernberg.de http://www.th‐nuernberg.de Druck/Verarbeitung: Farbendruck Brühl, Marktbreit www. farbendruck‐bruehl.de -1-
INHALT
Seite
Teil 1
Vorwort
3
Planung von WU-Bauwerken aus Beton
6
Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann
1
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9
9.1
9.2
9.3
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Regelwerke
Begriffe
Entwurfsgrundsätze für wasserundurchlässige Betonbauwerke
Ermittlung Bemessungswasserstandes und Beanspruchungsklasse
Nutzungsklassen nach WU-Richtlinie
Empfohlene Bauteilabmessungen
Zulässige Rissbreiten wk bei Entwurfsgrundsatz B
Hinweise zur Konstruktion und Lagerung
Zwangsverminderung durch Fugeneinteilung
Arbeitsfugen
Bewegungsfugen
Sollrissfugen
Nachweis der Wasserundurchlässigkeit
Nachträgliche Zugänglichkeit
Literatur
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8
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Teil 2
WU-Untergeschosse mit hochwertiger Nutzung
38
Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann
1
2
2.1
2.2
2.3
2.4
3
3.1
3.2
3.3
3.4
4
Einleitung
Planungsanforderungen
Aufgaben der Objektplanung
Einordnung der Nutzungsklasse nach WU-Richtlinie
Abweichungen von Regelwerksvorgaben der WU-Richtlinie
Nutzungsklassen bei hochwertiger Nutzung nach DBV-Merkblatt
Nutzungssicherheit
Feuchtetransport in WU-Bauteilen
Austrocknung der Baufeuchte
Richtiges Lüftungsverhalten
Vermeidung von Schimmelpilzbildung
Literatur
38
38
38
40
42
42
43
43
45
47
49
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Teil 3
Allgemeine Festlegungen des Betons
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Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann
1
2
3
Dauerhaftigkeitsanforderungen nach DIN EN 206-1/DIN 1045-2
Anforderungen an den Beton nach WU-Richtlinie
Literatur
53
57
61
Teil 4
Planung / Ausführung von Fugenabdichtungen
61
Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann
1
2
2.1
2.2
2.3
3
3.1
3.2
4
4.1
4.2
Einleitung
Abdichtungssysteme für Fugen in WU-Bauwerken im Überblick
Abdichtung von Arbeitsfugen
Abdichtung von Sollrissquerschnitten
Abdichtung von Bewegungs- und Dehnfugen
Fugenabdichtungssysteme – bauordnungsrechtlich gesehen
Geregelte Fugenabdichtungssysteme
Nicht geregelte Fugenabdichtungssysteme
Fugenabdichtungssysteme im Detail
Fugenbänder
Unbeschichtete Fugenbleche
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63
64
64
64
65
66
66
70
4.3
4.4
4.5
4.6
4.7
4.8
4.9
4.10
5
6
7
Beschichtete Fugenbleche
Arbeitsfugenbänder Duo-Fix 150 und AF 15 M
Kombi-Arbeitsfugenband KAB
Verpresste Injektionsschlauchsysteme
Quellfähige Fugeneinlagen
Streifenförmige, vollflächig aufgeklebte Fugenabdichtungsbänder
Dichtrohre
Sollrissfugenschienen
Durchdringungen
Fazit
Literaturverzeichnis
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73
74
76
77
77
78
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80
81
Teil 5
Besonderheiten bei der Planung und Ausführung von Elementwänden im Grundwasser
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Prof. Dr.-Ing. Rainer Hohmann
1
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3
3.1
3.2
3.3
3.4
4
4.1
4.2
4.3
5
6
7
8
Einleitung
Anmerkungen zur Planung von Elementwänden
Elementwände in der WU-Richtlinie
Oberflächenrauigkeit der Elementwandschalen
Mindestdicken der Elementwände
Beton
Fugenabdichtung bei Elementwänden
Handhabung und Montage von Elementwänden auf der Baustelle
Transport der Elementwände
Zwischenlagerung der Elementwände
Aufstellen und Montage der Elementwände
Ausführung der Fugenabdichtung
Typische Fehler beim Bauen mit Elementwänden
Fazit und Empfehlungen
Literatur
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84
85
85
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89
89
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98
98
Teil 6
Hinweise zur Rissbemessung
100
Prof. Dr.-Ing. René Conchon, Prof. Dr.-Ing. Friedo Mosler
1
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2.1
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2.3
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3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
4
4.1
4.2
5
Allgemeines
Grundlagen der Rissentwicklung
Rissarten und Rissursachen
Bauteile mit erhöhter Wahrscheinlichkeit einer Rissbildung
WU-Bauteile
Grundlagen der Rissbreitenberechnung
Eintragungslänge und Rissabstand
Zugversteifung
Grundgleichung der Rissbreite
Wirksame Zugzone
Schnittgrößen aus Zwang und Lasten
Mindestbewehrung – Früher Zwang und Später Zwang
Nachweismöglichkeiten
Berechnung der Rissbreite
Beschränkung der Rissbildung ohne direkte Berechnung
Literatur
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101
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106
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110
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114
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Teil 7
Ausführungstechnische Maßnahmen und betontechnologische Hinweise
119
Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann
1
2
3
4
Allgemeines
Einbau von Bewehrung und Einbauteilen
Beton für WU-Bauwerke
Einbau des Betons
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9
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Vermeidung von Zwangsspannungen beim Betonieren
Abschätzen des Frischbetondrucks
Nachbehandlung des Betons
Ausschalfristen
Überwachung und qualitätssichernde Maßnahmen
Zusammenfassung
Literatur
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132
135
138
139
141
141
Teil 8
Frischbetonverbundfolien
142
Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann, B.Eng. Elias Lang
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4.2
4.3
4.4
4.5
4.7
4.8
5
6
Teil 9
Einleitung
Folienstruktur und Historie
Anwendung von FBV bei WU-Bauwerken
Untersuchungen zu mechanisch-physikalischen Eigenschaften von
Frischbetonverbundfolien
Übersicht über eigene Untersuchungen
Temperaturverhalten
Beständigkeit gegenüber basischen Medien
Streckgrenze und Verformungsverhalten
Verbundfestigkeit
Widerstand gegen seitlichen Wassertransport (Hinterläufigkeit)
Untersuchungen zur Rissüberbrückung
Anwendungspotential von FBV
Literatur
142
142
144
145
Nachträgliche Abdichtung und Instandsetzung
von wasserführenden Fugen
163
145
146
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162
Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann
1
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3
4
5
Allgemeines
Ursachen von Durchfeuchtungen
Füllstoffe
Ausführung der Injektion
Klemmkonstruktionen
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163
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173
177
Teil 10
WU-Baustellenstudie der TH Nürnberg
179
Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann
1
2
3
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
3.9
4
5
Veranlassung
Aufbau der WU-Baustellenstudie
Ergebnis der WU-Baustellenstudie
Allgemeines
Nutzung, Geometrie
Entwurfskonzept und Konstruktion
Koordination der Beteiligten
Betontechnologie
Abdichtungs- und Fugenplanung
Bewehrungszulagen
Baukontrolle
Erfahrungen der Praxis
Zusammenfassung
Literatur
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200
Teil 11
WU-Checkliste für die Bauausführung
202
Prof. Dr.-Ing. Thomas Freimann
WU-Checkliste
202
Zu den Autoren
206
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In der Praxis ist die Tendenz zu beobachten, dass die wasserundurchlässige Bauwerkshülle neben der abdichtenden Funktion zunehmend auch weitergehende Anforderungen erfüllen muss. Die hochwertige Nutzung von Untergeschossen mit speziellem Planungskonzept zur Rissvermei‐
dung gehört ebenso dazu wie eine häufig anzu‐
treffende Kombination aus Tiefgarage und WU‐
Bauwerk. In beiden Fällen rückt besonders die Risssteuerung und –kontrolle sowie die nach‐
trägliche Zugänglichkeit der Außenflächen in den Fokus der Aufmerksamkeit. VORWORT Ingenieuraufgabe WU‐Bauwerk – anspruchsvoll, aber lösbar Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU‐Bauwerke) stellen in der heutigen Baupra‐
xis eine der wesentlichen Bauweisen für die Ab‐
dichtung von Gebäuden gegenüber dem Grund‐
wasser dar. Die Kombination von Tragfunktion und Abdichtung erlaubt eine mechanisch robus‐
te Konstruktion, die sich im weiteren Baufort‐
schritt überwiegend unempfindlich gegen Be‐
schädigungen zeigt und ihre Funktion bei richti‐
ger Planung und Ausführung dauerhaft beibe‐
hält. Jahrzehntelange Erfahrungen im Ingenieur‐ und Wohnungsbau haben die Vorteile von WU‐
Konstruktionen oder „Weißen Wannen“ bekannt gemacht, aber auch die Besonderheiten und Fehlerquellen offenbart. Eine Weiße Wanne ent‐
steht nicht allein durch die Verwendung von WU‐Beton, sondern erst zusammen mit einem Entwurfskonzept zur Risssteuerung und einer detaillierten Planung der Fugenabdichtung. Die richtige Abschätzung des Bemessungswasser‐
stands, die Auswahl geeigneter Einbauteile und Schalungsanker oder die Ausbildung von Durch‐
dringungen sind nur einige der planerischen Aufgaben, die verantwortungsbewusst und nach Möglichkeit in frühzeitiger Abstimmung mit dem ausführenden Unternehmen vorgenommen werden müssen. Fehler bei WU‐Bauwerken entstehen meist durch unzureichende oder fehlende Planung im Detail, mangelnde Abstimmung mit dem Bauun‐
ternehmen hinsichtlich der Ausführbarkeit der Planungsvorgaben oder schlicht durch unsach‐
gemäßen Einbau von Fugenabdichtungen, Ein‐
bauteilen oder des Betons. Ein hoher Wissens‐
stand sowohl beim Planenden als auch beim Ausführenden zu den Besonderheiten von WU‐
Bauwerken beugt der Entstehung von Fehlern vor, auch wenn die Erfahrung mit dieser Bauwei‐
se noch fehlen sollte. Probleme der Ausführung mit WU‐
Planungsvorgaben oder mit komplexen Details lassen sich durch eine rechtzeitige Kooperation und Abstimmung zwischen Planungsbüro und Bauunternehmung, möglichst vor Baubeginn, beseitigen oder zumindest erkennen. Diese nicht ganz neue Erkenntnis ist nach wie vor ein wichti‐
ger Baustein zur Fehlervorbeugung, der bei dem hohen Detaillierungsgrad einer Weißen Wanne nicht fehlen sollte. Die Abstimmung kann mitt‐
lerweile auch unter Hinzuziehung von speziellen Fachplanern für die Abdichtung erfolgen. Eine Weiße Wanne „schüttelt“ keiner nebenbei aus dem Ärmel; sie stellt vielmehr eine an‐
spruchsvolle, aber lösbare Ingenieuraufgabe dar, die von uns Bauingenieuren, Architekten oder Fachplanern verantwortungsvoll angegangen werden sollte. Der Bauherr stellt diese Erwar‐
tung schon lange an uns. Lassen Sie mich hierzu mit einem Zitat von Prof. Dr.‐Ing. H.‐J. Wierig aus meinem Studium schlie‐
ßen, der uns Studierenden in der Baustoffkunde schon in den 90er Jahren an der Universität Hannover wiederholt ausdrücklich ermahnte: „Meine Damen und Herren. Das Wichtigste an einer Bauaufgabe ist: Bringen Sie das Wasser weg!“ Prof. Dr.‐Ing. Thomas Freimann Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm
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Teil 8 Frischbetonverbundfolien B.Eng. Elias Lang, Prof. Dr.‐Ing. Thomas Freimann 1. Einleitung Bei einem Teil der wasserundurchlässigen Stahlbetonbauwerke (WU‐Bauwerke) nach [1][2] kann in der Praxis seit einigen Jahren die zusätzliche Verwendung von Frischbetonverbund‐
folien (FBV‐Folien) beobachtet werden. Diese Folien bestehen i. d. R. aus einer dehnfähigen Deckfolie und einer Vlies‐ oder Klebelage. Zwischen Vlies‐ bzw. Klebelage und Frischbeton entsteht mit dem Erhärten des Betons ein reißfester Verbund. Die Verbundzone soll hierbei so dicht sein, dass ein seitlicher Feuchtetransport entlang der Verbundzone nicht möglich wird. Gleichzeitig ist die Dehnfähigkeit der Deckfolie hoch genug, um eine rissüberbrückende Wirkung sicherzustellen. Die Kombination dieser Wirkungen verspricht dem wasserundurchlässigen Betonbauwerk eine zusätzliche Sicherheit bei besonderen Bauwerksrandbedingungen wie z. B. bei Bauwer‐
ken mit planmäßiger Rissbreitenbegrenzung und hohen Nutzungsanforderungen. FBV‐Folien können teilweise auch als alleinige flächige Abdichtungen nach DIN 18195 für die Konstruk‐
tion einer schwarzen Wanne verwendet werden. Im nachfolgenden Beitrag soll neben den typischen mechanisch‐physikalischen Eigenschaf‐
ten von FBV‐Folien das Anwendungspotential insbesondere bei WU‐Bauwerken diskutiert werden. Frischbetonverbundfolien sollten hierbei nicht als Kompensation für eine reduzierte WU‐
Planung betrachtet werden, sondern grundsätzlich als zusätzliche Maßnahme, die ergänzend zu den Anforderungen nach der WU‐Richtlinie eingesetzt werden kann. 2. Folienstruktur und Historie Frischbetonverbundfolien bestehen aus einer Vlieslage oder einer Klebeschicht, die einen Verbund zum Beton herstellt, sowie einer sehr dehnfähigen Kunststoffdeckfolie. Die Vlies‐ oder Klebelage ist auf der Deckfolie appliziert (s. Beispiel in Bild 1). Alle FBV‐Folien werden vor dem Beton‐ und Bewehrungseinbau verlegt und mit der Vlies‐ bzw. Klebelage zum Beton hin angeordnet. Folienstöße werden verklebt oder verschweißt. Anschlüsse von Durchdrin‐
gungen sind z. B. mit Tapes (Folienstreifen) zusätzlich abzukleben. Nach dem Betoneinbau entsteht durch die Hydratation des Betons eine Verzahnung des Festbetons mit der Vlieslage oder drucksensiblen Klebeschicht und damit der eigentliche Verbund. Dieser Verbund soll so gut ausgebildet sein, dass ein Hinterlaufen von Wasser zwi‐
schen Beton und FBV‐Folie nicht möglich ist. Selbst wenn die Deckfolie durch lokale Verlet‐
zungen beschädigt würde, soll der laterale (seitliche) kapillare Feuchtetransport z. B. bis zum nächsten Trennriss in der Betonkonstruktion unterbunden werden. - 142 -
Bild 1: Folienstruktur einer FBV‐Folie mit Vlieslage und Deckfolie (links) und Folienbahnen verschiede‐
ner Hersteller (rechts) In Tabelle 1 ist eine Auswahl von FBV‐Folien mit zugehörigen Herstellern zusammengestellt, die auf dem deutschen Markt erhältlich sind. Tabelle 1: Herstellerauswahl von FBV‐Folien Auswahl von Herstellern FBV‐Folien Produktbezeichnung / Hinweise BAS – de GmbH Bau‐ und Abdichtungssysteme, Fürth BAS ‐ DUAL PROOF (System BPA); PVC‐Folie mit 1,2 mm Dicke, 200 g/m² Spezial PP‐
Vlies; Stöße verklebt oder „quellverschweißt“. Grace Construction Products Ltd.; European Headquarter in Worms Grace−Preprufe®−Abdichtungsbahnen 160R und 300R; HDPE‐Dichtungsbahn mit 0,8 bzw. 1,2 mm Di‐
cke; Stöße selbstklebend (Applikation auf Folie) oder mit Heißkleber verklebt; spezielle Tapes (Folienstrei‐
fen) für Stöße. SIKA Deutschland GmbH, Stuttgart SikaProof®A 05, 08, 12; flexible Polyolefin‐Folie mit 0,5 mm, 0,8 mm oder 1,2 mm Deckfolien‐dicke; Stöße selbstklebend (Applikation auf Folie) oder mit Heiß‐
kleber verklebt; spezielle Tapes (Folienstreifen) für Stöße. StekoX® GmbH Abdichtungstechnik, Magstadt Polyfleece SX® 1000; quellfähige Polymerbeschichtung auf Vlieslage; Dicke 1,3 mm; Stöße verklebt. Frischbetonverbundfolien sind im Ausland bereits seit vielen Jahren im Einsatz. Seit ca. 1990 wurden erste Produkte in den USA eingesetzt. In Deutschland sind die Verbundfolien im Zu‐
sammenhang mit WU‐Bauwerken erst seit wenigen Jahren auf dem Markt bekannt (Prüfun‐
gen 2010, Zertifikate seit 2011). In der Schweiz werden WU‐Bauwerke mit zusätzlicher FBV‐
Folie zum Teil als „Gelbe Wanne“ bezeichnet. - 143 -
3. Anwendung von FBV bei WU‐Bauwerken FBV‐Folien besitzen häufig die normgemäße Eignung zum alleinigen Abdichtungssystem für die Konstruktion von hautförmigen Abdichtungen bzw. schwarzen Wannen nach DIN 18195. Die Verwendung der Folien bei wasserundurchlässigen Betonkonstruktionen (WU‐
Bauwerken) erscheint daher auf den ersten Blick unnötig und aufwändig, weil die klassischen Planungselemente einer WU‐Konstruktion weiterhin durchgeführt werden müssen. Eine FBV‐Folie ersetzt zunächst einmal keine herkömmliche WU‐Fugenabdichtung. Eine Abschwä‐
chung oder Kompensation von einzelnen WU‐Erfordernissen wie Risskontrolle, Mindestbau‐
teildicke, Fugenabdichtung usw. ist daher beim Einsatz von FBV‐Folien nicht vorgesehen. Vielmehr soll eine zusätzliche Sicherheit vor allem bei schwierigen und anspruchsvollen WU‐
Bauwerken erreicht werden. Zum Teil besitzen die FBV‐Folien ein allgemeines bauaufsichtli‐
ches Prüfzeugnis abP nach der WU‐Richtlinie, teils sind sie aber auch nach DIN 18195 als hautförmige Abdichtung genormt. Der Einsatz als zusätzliche Abdichtung auf der Wasserseite verspricht durch den Verbund und die Dehnfähigkeit der Deckfolie einen Nutzen vor allem bei geometrisch komplexen o‐
der zwangsbehafteten WU‐Bauteilen, die mit einer Rissbreitenbegrenzung ausgeführt wer‐
den müssen. Neben der Reduzierung von Zwangsspannungen in den Lagerungsbedingungen können Verbundfolien eine hohe Sicherheit gegen Hinterläufigkeit von Wasser erzielen, so dass eine temporäre Durchfeuchtung von Trennrissen beim erstmaligen Wasserkontakt vermieden werden kann. Dies wiederum ist vor allem bei WU‐Bauwerken von Bedeutung, die planmäßig hochwertig genutzt werden [3]. Gerade Sohlplatten lassen sich aufgrund be‐
sonderer Bodenverhältnisse (z. B. Bohrpfahlgründung) oder der Geometrie (z. B. Versätze, Versprünge, Einzelfundamente usw.; s. Bild 2) nicht immer zwangsarm konstruieren, son‐
dern können manchmal nur mit dem Entwurfskonzept b) nach WU‐Richtlinie (Rissbreitenbe‐
grenzung von planmäßen Trennrissen) entworfen werden. Um einer temporären Durch‐
feuchtung bei erstmaligem Wasserkontakt für hochwertig genutzte Flächen zu begegnen, fordert die WU‐Richtlinie eine Zugänglichkeit zu den betroffenen Außenbauteilen, die aber meist nur aufwändig sichergestellt werden kann. Bild 2: Einsatz von FBV‐Folie bei einer Sohlplatte (links); Anschluss einer Durchdringung mit einem zusätzlichen Tape (rechts) Für diese Fälle kann eine FBV‐Folie die Durchfeuchtung der Trennrisse wirksam verringern und erhöht auch bei fehlender Zugänglichkeit die Nutzungssicherheit deutlich. Als beispiel‐
hafte Anwendungen lassen sich Sohlplatten mit horizontaler Zwangsbeanspruchung, innen‐
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gedämmte Treppenhausflure z. B. in Parkhäusern [4], massige Sohlplatten oder Bauwerke mit sehr anspruchsvollen Nutzungen aufzählen. Frischbetonverbundfolien wirken durch die große Dehnfähigkeit der Deckfolien rissüberbrü‐
ckend für alle Risse infolge Schwinden, Hydratation, Temperatur usw. sowohl für frühen als auch späten Zwang. Gleichzeitig kann sie als primäre wasserseitige Schutzschicht gegenüber aggressiven Medien, die zu einem chemischen Angriff an der Betonoberfläche führen (z. B. XA3), dienen. Kalklösende Kohlensäure oder hohe Sulfatgehalte im Grundwasser sind nur zwei Beispiele für chemischen Angriff, die bei WU‐Bauwerken auftreten können. Kalklösende Kohlensäure behindert zudem den Selbstheilungsprozess in Trennrissen. Das Anwendungs‐
potential von FBV‐Folien wird in Kapitel 5 ausführlich diskutiert. Letztlich fördert die Folie auch die Hydratation der Betonrandzone, indem sie eine Austrock‐
nung zur FBV‐Seite hin verhindert. Folien mit saugfähiger Vlieskaschierung können zu einer porenarmen gefügedichten Randzone ähnlich wie bei Schalungsbahnen führen. 4. Untersuchungen zu mechanisch‐physikalischen Eigenschaften von Frischbe‐
tonverbundfolien An der Technischen Hochschule Nürnberg (THN) werden seit 2014 Versuche an FBV‐Folien zur Einschätzung der Verbundwirkung zum Beton sowie der Gebrauchstauglichkeit durchge‐
führt. Die Untersuchungen sind unabhängig und ohne finanzielle Förderung durch Folienher‐
steller bzw. Industriepartner durchgeführt worden. Teile der Versuchsergebnisse wurden im Rahmen einer unveröffentlichten Bachelorarbeit von B.Eng. Elias Lang [5] erzielt. 4.1 Übersicht über eigene Untersuchungen Zur Abschätzung des mechanisch‐physikalischen Verhaltens von FBV‐Folien wurden von 2014 ‐ 2015 exemplarisch an Folien von drei Herstellern Untersuchungen vorgenommen. Die Untersuchungen hatten einen orientierenden Charakter und sollten die wesentlichen Eigen‐
schaften der ausgesuchten FBV‐Folien bestimmen. Zwei der Folien besitzen eine Vlieska‐
schierung, eine Folie besitzt eine drucksensible Klebeschicht. Neben mechanischen Eigen‐
schaften der Folien wie Zugfestigkeit oder Temperaturbeständigkeit sind die Verbundeigen‐
schaften und der Widerstand gegen seitlichen Wassertransport (Hinterläufigkeit) untersucht worden. Ein großer Teil der Untersuchungen sollte der baupraktischen Fragestellung einer möglichen Verschmutzung der Folie nachgehen und die Auswirkung unterschiedlicher Reinigungsver‐
fahren zeigen. Dass eine stark verschmutzte Folie keinen wirksamen Verbund und Schutz vor Hinterläufigkeit mehr aufweisen kann, scheint plausibel. Aber wie hoch ist der Reinigungs‐
aufwand beispielsweise auf der Baustelle, bis wieder ein hinreichender Verbund und Hinter‐
laufschutz erreicht wird. Dies wurde an Proben untersucht, die mit Zementschlämme bzw. bindigen Tonkeuper verschmutzt und anschließend entweder mit einer mechanischen Tro‐
ckenreinigung oder einer Nassreinigung behandelt wurden. Eine Übersicht über die durchgeführten Versuche ist in Tabelle 2 dargestellt. - 145 -
Für die Versuche zur Verbundqualität sind Betonwürfel der Abmessungen 150/150/150 mm hergestellt worden, bei denen auf den Seitenflächen FBV‐Folien in die Würfelschalung einge‐
legt wurden. Es wurden überwiegend Betone der Festigkeitsklasse C25/30 mit einem w/z‐
Wert = 0,60 verwendet. Für die Versuche zur Rissüberbrückung wurde ein eigener Versuchsaufbau entwickelt und Betonbalken L/B/D = 400/100/100 verwendet. Tabelle 2: Übersicht über Versuche an der THN Untersuchungen an FBV‐Folie Einflussgröße Extreme Temperaturen Abschätzung des Nutzungsbereichs; Glas‐
temperatur; Erweichungstemperatur pH‐Beständigkeit Beständigkeit gegenüber basischen Medien Zentrischer Zugversuch Streckgrenze und Dehnung Untersuchungen zur Verbundwirkung Einflussgröße Haftzugversuch/Abrissfestigkeit ‐ unterschiedliche Betone (w/z‐Werte) ‐ Betonalter ‐ Verdichtungszustand ‐ Verschmutzungsgrad und Reinigungsaufwand Adhäsionfestigkeit: Peel‐Strength Test nach ASTM D903 ‐ Verschmutzungsgrad und Reinigungsaufwand ‐ Betonierdruck Widerstand gegen Hinterläufigkeit: lateraler ‐ Verschmutzungsgrad und (seitlicher) Feuchtetransport im WU‐
Reinigungsaufwand Prüfstand in Anlehnung an DIN 12390 T8 Rissüberbrückung und seitliche Ablösung bei Rissöffnung ‐ Rissbreite und seitliche Folienablösung 4.2 Temperaturverhalten Das Temperaturverhalten von thermoplastischen Kunststoffen zeigt zwei ausgeprägte Berei‐
che, in denen sich die mechanischen Eigenschaften grundlegend ändern. Die meisten Ther‐
moplaste schmelzen bereits bei mäßig hohen Temperaturen von etwa >+100 °C bis +300 °C. Die hier exemplarisch untersuchte Polyolefinfolie des Folientyps 1 wurde bei unterschiedli‐
chen Temperaturen definiert durch Biegung beansprucht. Bild 3 zeigt das Ergebnis der Un‐
tersuchung. Bis etwa +90 °C verhält sich die Folie so viskoelastisch wie bei Temperaturen von +20 °C. Bei höheren Temperaturen beginnt der Schmelzbereich und die Folie wird zähflüssig. Wichtiger für die Abgrenzung der Gebrauchstauglichkeit ist jedoch die Glasübergangstempe‐
ratur Tg, unterhalb der das Material spröde wird. Unterhalb von ‐30 °C verlor die Folie deut‐
lich an Elastizität und Dehnfähigkeit. Ab ‐40 °C konnten ausschließlich Sprödbrüche infolge Biegung festgestellt werden. - 146 -
Dies Ergebnis zeigt somit einen Bereich der Gebrauchstauglichkeit von etwa ‐30 °C bis zu +90 °C an, der wohl alle baupraktisch relevanten Bauwerkssituationen umfasst. Selbst bei einer Verlegung unterhalb der Sohlplatte einer Tiefkühlhalle (ca. ‐25 °C) sollte damit noch eine hinreichende Dehnfähigkeit für alle Plattenbewegungen vorhanden sein. Materialeigenschaft (qualitativ)
Tg
Glasübergangsbereich
Tm
In Schlaufen gelegte Folien 100 mm x 50 mm,
belastet mit 20 kg Masse bei versch.
Temperaturen (jeweils 1h Lagerung)
spröde
Schmelztemperaturbereich
viskoelastisch
zähflüssig
Gebrauchstauglichkeitsbereich
-50 -40 -30 -20 -10 0
10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110
Temperatur in °C
Bild 3: Temperaturabhängiger Gebrauchstauglichkeitsbereich der untersuchten FBV‐Folie Die Ergebnisse werden durch Literaturangaben anderer Hersteller bestätigt. In [6] wird er‐
wähnt, dass vergleichbare Folien bei Temperaturen unterhalb von ‐45 °C so spröde werden, dass sie bei Biegebeanspruchung zerbrechen. Der Nutzungsbereich wird hier mit bis zu ‐26 °C angegeben. Der Schmelztemperaturbereich von etwa +90 °C zeigt aber auch eine Empfindlichkeit der FBV im praktischen Baugeschehen gegenüber Hitzeeinwirkung durch Schweißbrenner, offe‐
ne Flammen, Heißluftpistole oder Zigaretten. Durch starke Hitzeeinwirkung können Deckfo‐
lien punktuell aufgeschmolzen werden und Löcher entstehen. Weiterhin sind die Folien un‐
terschiedlich empfindlich gegenüber punktuellen stoßartigen Durchdringungen (Beweh‐
rungsstab, Hammer, usw.). 4.3 Beständigkeit gegenüber basischen Medien Einlagerungsversuche von FBV‐Folien in basischen Flüssigkeiten (hier: Natronlauge NaOH) mit pH‐Werten >12 über mehrere Wochen zeigten keinerlei Auffälligkeiten hinsichtlich der Verklebung zwischen Vlies und Deckfolie. Sie scheinen hinreichend beständig gegenüber der alkalischen Umgebung im Beton zu sein. - 147 -
4.4 Streckgrenze und Verformungsverhalten Zur Überprüfung des Dehnverhaltens und der Rissüberbrückungsfähigkeit sind zentrische Zugversuche an Folienstreifen durchgeführt worden. Die Streifen hatten eine Breite von 50 mm. Die Dehnung wurde auf eine Ausgangsmesslänge von 10 cm Streifenlänge bezogen. Die Versuche wurden bei konstant 20 °C durchgeführt. Das Spannungs‐Dehnungsdiagramm (Bild 4) zeigte einen für Thermoplaste typischen Verlauf mit einer oberen und unteren Streckgrenze. Die Zugfestigkeit der Streifen konnte aufgrund der großen Formänderung nicht ermittelt werden. Hierzu hätten weitere Versuche mit klei‐
nerer Messlänge wiederholt werden müssen, die aber aufgrund der vorhandenen Maschi‐
nengeometrie nicht möglich waren. Bedeutsamer zur Beurteilung der Rissüberbrückung ist ohnehin die Grenzdehnung an der oberen Streckgrenze im Übergang zum plastischen Fließ‐
bereich. Bild 4: Zentrischer Zugversuch an FBV‐Folienstreifen (50 mm breit) Die Folienstreifen der unterschiedlichen Folientypen erreichten die obere Streckgrenze bei einer Spannung von ca. ft = 1,5 bis 8,5 N/mm² und einer zugehörigen Dehnung von ca. ε ≈ 30 bis 100 %. Im anschließenden Fließbereich wurden bei kontinuierlicher Laststeigerung Deh‐
nungen von ε = 230 bis größer als 1000 % erreicht, ohne das ein Bruch eintrat. Auch in technischen Datenblättern einiger Hersteller werden Bruchdehnungen von 500 %, zum Teil auch von 800‐900 % angegeben. Die große Dehnfähigkeit schon im überwiegend elastischen Bereich bis zur Streckgrenze lässt erwarten, dass eine ausreichend große Fähig‐
keit zur Rissüberbrückung im Verbund zum Beton vorhanden ist. - 148 -
4.5 Verbundfestigkeit Der Verbund der FBV‐Folie zur Betonrandzone kann mit Hilfe von Haftzugversuchen oder mit Adhäsionsversuchen wie dem Peel Strength Test (Abziehtest) [7] festgestellt werden. Ab‐
ziehversuche werden üblicherweise bei adhäsiv wirkenden Produkten wie Klebepflastern oder Klebebändern durchgeführt. Mit beiden Versuchsmethoden sollte der Verbund zum Beton bei unterschiedlichen Randbedingungen beurteilt werden. 4.5.1 Oberflächenzugfestigkeit An nur einem Folientyp konnten Versuche zur Bestimmung der Oberflächenzugfestigkeit durchgeführt werden. Haftzugstempel lassen sich nicht auf jeder Kunststoffdeckfolie aufkle‐
ben. Letztendlich konnte wie erwartet eine enge Korrelation zwischen den Haftzugwerten und den Ergebnissen der Peel Strength Versuchen festgestellt werden. Peel Strength Versu‐
che können dagegen problemlos mit jedem Folientyp durchgeführt werden und eignen sich daher besser zur Beurteilung des Haftverbundes zwischen Folie und Beton. Die Referenzversuche am Folientyp 1 nach 28 d Betonalter wiesen innerhalb der 19 Einzel‐
versuche nur eine geringe Streubreite auf. Im Mittel konnte eine Haftzugfestigkeit für einen aufgeklebten Stempel von 50 mm Durchmesser von fHZ,mittel = 0,145 N/mm² ermittelt wer‐
den. Im Vergleich zu den viel höheren Haftzugfestigkeiten der verwendeten Betone C30/37 mit w/z‐Werten von 0,50 fällt auf, dass das Versagen bei gutem Verbund zum Beton grund‐
sätzlich innerhalb der Vlieslage der Folie, nämlich in der Nähe der Klebeverbindung zur Vlies‐
lage, eintritt. Diese innerhalb der FBV‐Folie vorhandene Verbundfestigkeit ist etwa nur 1/10 so hoch wie mittlere Haftzugfestigkeiten von WU‐Betonen mit >1,5 N/mm². Die Vlieslage versagt beim Zugversuch meistens in der Nähe zur Verklebung mit der Deckfolie (Bild 5). In‐
sofern können die Haftzugversuche oder auch die Peel Strength Tests nur eine Aussage dar‐
über liefern, ob der Verbund zum Beton gleich hoch oder besser als die Eigenfestigkeit der FBV‐Folie zwischen Vlies und Verklebung ist. Die tatsächliche Verbundfestigkeit zwischen Vlies und Beton lässt sich auf diese Weise nicht bestimmen. Bild 5: Versagen der Vlieslage beim Haftzugversuch (links); Probekörper für Haftzugversuche (rechts) Aufgrund der besonderen Versagensform mit vergleichsweise geringen Haftzugwerten war zu erwarten, dass die Variation des Betonalters von 3d / 7d / 28d kaum unterschiedliche Er‐
- 149 -
gebnisse liefern würde, da im Beton bereits nach 3d eine höhere Haftzugfestigkeit als 0,15 N/mm² entstanden sein sollte. Dies hat sich in den Versuchen bestätigt, wie Tabelle 3 zeigt. Dagegen führt eine Steigerung der Verdichtungsdauer zu einer Erhöhung der Haftzug‐
festigkeiten. Offensichtlich findet eine bessere Durchdringung der Vlieslage mit Frischbeton bei längerer Verdichtungsdauer statt. Hinsichtlich der Verschmutzung von Folien führte ein geringer Auftrag von Sand (VG2) zu keiner Verringerung, eine starke Verschmutzung mit bin‐
digem Boden (Lehm) dagegen zu einer signifikanten Verringerung der Verbundfestigkeit. Trotz der nur orientierenden Versuche kann daraus für die Praxis abgeleitet werden, dass lokale starke Verschmutzungen der Vlieslage vor dem Betonieren entfernt werden sollten (Bild 6). Tabelle 3: Ergebnisse der Haftzugversuche Variation Mittelwert Haftzugfestigkeit Foli‐
entyp 1 in N/mm² 3d 0,142 7d 0,142 28d 0,149 30 s 0,126 60 s 0,136 90 s 0,143 VG 1 (ohne Verschmutzung; HBW = 213) 0,146 VG 2 (Sand; HBW = 164) 0,143 VG 3 (bindiger Boden bzw. Lehm; HBW = 112) 0,113 Einflussgröße Betonalter Dauer der Betonverdichtung Verschmutzungsgrad VG Bild 6: Rostflecke durch Beweh‐
rung auf FBV‐Folie im vorderen Bildteil. Vorsicht bei starken Ver‐
schmutzungen durch bindige Böden. Diese können zu Beein‐
trächtigungen der Verbundwir‐
kung der FBV‐Folie führen. - 150 -
4.5.2 Abziehfestigkeit (Peel Strength Test) Der Abziehversuch wurde in Anlehnung an die ASTM‐Prüfung D903 [7] für adhäsive Materia‐
lien durchgeführt (ASTM‐Test: Peel Strength of adhesive bonds D903). Hierbei wird ein 50 mm breiter Folienstreifen von der Betonoberfläche abgezogen und die mittlere Zugkraft je mm ermittelt (Bild 7, 8, 9). Die Folie wurde mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 50 mm/min abgezogen. Ein typisches Versuchsergebnis des Peel Strength Tests ist in Bild 9b dargestellt. Die geringe Streubreite des Versuchs bei unverschmutzter FBV‐Folie zeigt Bild 9a. Bild 7: Skizze zum Versuchsaufbau des Peel Strength Test of adhesive bonds nach ASTM D903 [7] Die Verbundkraft bzw. Zugkraft beim Abziehen der Folie ist vom Wirkungsmechanismus des Folientyps abhängig. Grundsätzlich sind vlieskaschierte Folien von z. B. Folien mit drucksen‐
siblen Klebelagen zu unterscheiden. Beim Abziehversuch an vlieskaschierten Folien be‐
stimmt die Materialfestigkeit zwischen Vlies und Deckfolie die Höhe der Zugkraft, sofern die Vlieslage gut in die Betonmatrix eingebunden ist. Die Oberflächenzugfestigkeit des Betons ist in aller Regel deutlich größer. Bei Folien mit drucksensiblen Klebeschichten entsteht ein Kle‐
beverbund zum Beton hin, der erst durch hohe Zugkräfte im Versuch gelöst werden kann (s. Bild 10). - 151 -
150 mm
300 mm
Streifen 1
50 mm
Streifen 2
50 mm
Streifen 3
50 mm
Messbereich
Einspannbereich
Bild 8: Probekörper für Peel Strength Test of adhesive bonds nach ASTM D903 [7] mit 15er Würfelpro‐
ben Peel-Strength-Test in Anlehnung an ASTM D903
60
Randbereich 1
50
Zugkraft in N
40
Mittelwert der
Zugkraft
20
10
0
Zeitspanne 180 sec.
30
Randbereich 2
Messbereich
Maximalwert
0
60
120
180
240
300
360
420
Zeit in Sekunden
Bild 9a und 9b: Linkes Bild: Streubreite der Abziehversuche an unverschmutzter FBV‐Folie Rechtes Bild: Typischer Kraft‐Zeit‐Verlauf eines Abziehversuchs in Anlehnung an ASTM D903. Ermittelt wird die mittlere Zugkraft im mittleren Wegbereich, um unerwünschte Randeinflüsse auszuschließen. - 152 -
Es muss an dieser Stelle betont werden, dass die Höhe der mittleren Zugkraft im Peel Strength Versuch zumindest bei vlieskaschierten, unverschmutzten Folien zunächst nichts über die Eigenschaft der Dichtfunktion hinsichtlich der seitlichen Hinterläufigkeit aussagt. Diese ist vielmehr von der Durchdringung der Vlieslage mit Zementleim abhängig. Die in Ta‐
belle 4 dargestellten mittleren Zugkräfte bei unverschmutzten Folien stellen somit typische Materialkennwerte des Folientyps dar, sind aber nicht mit „Dichtheit“ oder „Hinterlauf‐
schutz“ gleichzusetzen. Tabelle 4: Ergebnisse der Peel Strength Tests nach ASTM D903: mittlere Zugkraft von drei unter‐
schiedlichen Folientypen Einflussgröße mittlere Zugkraft in N Folientyp 1 unbehandelt; ohne Verschmutzung xm ± s = 21,9 ± 4,5 Folientyp 2 unbehandelt; ohne Verschmutzung xm ± s = 36,9 ± 11,9 Folientyp 3 unbehandelt; ohne Verschmutzung xm ± s = 68,7 ± 7,7 Bild 10: Betonoberfläche nach Abziehversuch (Peel‐Strength): Folientypen 1 und 2: vlieskaschiert; Fo‐
lientyp 3: drucksensible Klebeschicht. In Bild 11 ist der Einfluss einer Verschmutzung durch Zementschlämme und Reinigungsme‐
thode auf die Abziehfestigkeit dargestellt. Die Zementschlämme wurde mit einem w/z‐Wert von 1,0 mit fließfähiger Konsistenz aufgetragen. Nach einem Tag Liegezeit ist die ver‐
schmutzte Folienoberfläche trocken bzw. nass gereinigt worden. Es ist gut zu erkennen, dass ungereinigte Oberflächen eine etwa gleich niedrige Verbund‐
kraft zeigen. Das Zugversagen tritt innerhalb der Zementleimschicht auf und ist unabhängig vom Folientyp vergleichbar hoch. Eine Trockenreinigung verbessert die Abziehfestigkeit, am wirksamsten auf der glatten Oberfläche des Folientyps 3 mit der drucksensiblen Klebe‐
schicht. In den Vlieskaschierungen lassen sich die Zementleimreste nur durch Trockenreini‐
gung dagegen nicht vollständig entfernen. Eine Verbesserung tritt ebenfalls ein. Aber erst die - 153 -
Nassreinigung führt wieder zu Abziehfestigkeiten, wie sie im unverschmutzten Zustand vor‐
handen sind. Peel strength nach
ASTM D903-98 an
50 mm breiten Streifen;
Verschmutzung mit
Zementschlämme
• w/z-Wert: 1,0
• Vollflächiges aufgießen auf FBV-Folien
• 1 Tag Trockendauer
• n = 72 Versuche
Bild 11: Einfluss einer Verschmutzung mit Zementschlämme auf die mittlere Zugkraft beim Peel Strength Test nach ASTM D903 Bild 12: Einfluss des Verschmutzungsgrades mit Keuperton auf die mittlere Zugkraft beim Peel Strength Test nach ASTM D903. Keine nachträgliche Reinigung. Frischbetonverbundfolien reagieren empfindlich auf eine Verschmutzung mit bindigen Bö‐
den, wie sie im Baustellenbetrieb aber leicht vorkommen können. In Bild 12 sind verschiede‐
- 154 -
ne Verschmutzungsgrade mit bindigem Keuperton dargestellt, die hinsichtlich der Auftrags‐
menge zunehmen. Bereits leichte Verschmutzungen reduzieren die Abziehfestigkeit deutlich. Das Versagen tritt wie beim Zementleim in der Randzone der Verschmutzung zum Beton auf und befindet sich daher bei allen Folientypen auf gleichem Niveau. Dieses Ergebnis macht deutlich, dass auch leichte Verschmutzungen auf FBV‐Folien bereits zu Störungen der Ab‐
ziehfestigkeit führen können. Es konnte allerdings auch bei starker Verschmutzung noch eine geringe Abziehfestigkeit beobachtet werden. 4.6 Widerstand gegen seitlichen Wassertransport (Hinterläufigkeit) Mit Hilfe des Versuches zur Wassereindringprüfung von Beton nach DIN 12390 T8 wurden Proben vorbereitet, um die Höhe des lateralen (seitlichen) Eindringens von Wasser in die Verbundzone zwischen Beton und FBV‐Folie zu bestimmen (Bild 13). Der Verbund zwischen der Folie und dem Beton soll gerade ein Hinterlaufen in dieser Zone planmäßig verhindern. Im Versuch wurden 15er Würfelproben mit seitlich angeordneten FBV‐Folien hergestellt, die nach dem Erhärten mit einer runden Fehlstelle (25 mm Durchmesser) versehen wurden. Die Betonprobekörper (w/z = 0,50) wurden 7d unter Wasser gelagert, anschließend ein 25 mm großes kreisrundes Stück der Folie entfernt. Nach dem Einbau der Proben in den WU‐
Prüfstand nach 28 Tagen Wasserlagerung wurden die Proben im Bereich der Fehlstelle mit einer kontinuierlichen Wasserdrucksteigerung beaufschlagt. Das Wasser wurde mit einem fluoreszierenden Tracer schwach eingefärbt, um nach dem Ausbau der Proben und dem Ent‐
fernen der Folie die Tiefe des seitlichen Eindringens unter UV‐Licht besser beurteilen zu kön‐
nen. Bild 13: Versuchsaufbau zur Bestimmung des seitlichen (lateralen) Wassereindringens in der Ver‐
bundzone zwischen Beton und Folie bei Fehlstellen in der FBV‐Folie - 155 -
Tabelle 5: Ergebnisse der Wassereindringprüfung In allen Proben mit unverschmutzten Folien war ein so guter Verbund vorhanden, dass kein seitliches Eindringen neben der Fehlstelle in der Folie festzustellen war. In den Referenzver‐
suchen wurde bei allen Folientypen keine seitliche Eindringung von Wasser in der Verbund‐
zone beobachtet. Der Wasserdruck wurde hierbei 3 Tage lang bei 5 bar Wasserdruck (50 m Wassersäule) gehalten. Wie in der Realität auch wirkt der Wasserdruck neben der Fehlstelle auch von außen als Anpressdruck auf die Deckfolie. Bei vorherigen orientierenden Versu‐
chen konnte bei unverschmutzten Folien auch bei Wasserdrücken von 7 bar (70 m Wasser‐
säule) kein seitliches Eindringen ermittelt werden. Dagegen zeigten FBV‐Folien mit starken Verschmutzungen durch bindigen Boden eine hohe seitliche Durchlässigkeit der Verbundzone. Das Wasser trat hierbei wie in Tabelle 5 und Bild 14 dargestellt seitlich aus dem Probekörper aus (max. Eindringen 62,5 mm). Wie schon bei den anderen Verbundversuchen bestätigt sich die Erkenntnis, dass mit bindigen, tonigen Böden verschmutzte FBV‐Folien keine ausreichende Verbundwirkung aufweisen und das seitliche Hinterlaufen nicht verhindern können. Bereits eine Trockenreinigung durch mechanisches Abkehren mit dem Besen verbessert die Situation erheblich. Der glatte Folientyp 3 ist bereits nach mechanischer Reinigung (Abkeh‐
ren) wieder voll funktionsfähig. Durch die glatte Oberfläche ist dieser Typ sehr reinigungs‐
freundlich. Die vlieskaschierten Folientypen können allein durch eine Trockenreinigung nicht vollständig gesäubert werden und zeigten auch im Versuch einen seitlichen Wassertransport von 10 bzw. 20 mm. - 156 -
Bild 14: Ergebnisse der Wassereindringprüfung zum seitlichen Wassertransport: Einfluss unterschied‐
licher Reinigungsmethoden. Die Unterschiede liegen in der Reinigungsfähigkeit des jeweiligen Vlieses und hängen von der Vliesdicke und Vliesstruktur ab. Nach der Trockenreinigung sind auch diese Folientypen wieder weitgehend funktionsfähig. Erfolgreicher ist jedoch eine Nassreinigung, durch die bei allen Folientypen eine vollständige Funktionssicherheit gegen Eindringen wiederhergestellt werden kann. Dies bedeutet für die praktische Anwendung z. B. bei einer Sohlplatte mit FBV, dass unbe‐
dingt darauf geachtet werden muss, auftretende Verschmutzungen vor dem Betoneinbau zu beseitigen. Eine Nassreinigung z. B. mit einem Dampfstrahler ist einer Trockenreinigung vor‐
zuziehen. Ohnehin wird eine nachträgliche Reinigung bei eingebauter Bewehrung nur mit einem Dampfstrahler möglich sein. Neben Verschmutzungen durch bindige Böden, Sande oder Zementschlämme sind auch Eisflächen oder stehendes Wasser infolge Niederschlag vor dem Betonieren zu entfernen. Eine entsprechende Einweisung des Baustellenpersonals und Vorhaltung geeigneter Dampfstrahler ist zu empfehlen. In Vorversuchen sollten Wasserdruck und Düsenabstand so eingestellt werden, dass eine Beschädigung der Folienverbundlage (Vlies, Klebeschicht) ausgeschlossen ist. - 157 -
4.8 Untersuchungen zur Rissüberbrückung von FBV‐Folien und zur Ablösung im Rissbereich bei Zugdehnungen Im Rahmen einer bisher unveröffentlichten Bachelorabeit von Ulli Heinlein konnten Ergeb‐
nisse zur Eignung der Rissüberbrückung bei größeren Rissdehnungen (Sollrisse, Bewegungs‐
fugen) erzielt werden. Das Ziel der Untersuchungen war es, das Verbundverhalten von FBV‐
Folien an sich öffnenden Rissen zu ermitteln. Die Rissbreiten wurden hierbei immer weiter gesteigert, um eine Ablösung im Bereich neben den Rissen oder ein Reißen der Folie auszu‐
lösen. Dadurch sollte es möglich werden, Aussagen über eine mögliche Störung der Ver‐
bundzone im Bereich von Rissen zu treffen und die Abhängigkeit zwischen Foliendehnungen / ‐spannungen und Verbundablösung abzubilden. Um eine Rissbildung realitätsnah simulieren zu können, wurde der in Bild 15 abgebildete Probekörper entwickelt. Er besteht aus ei‐
nem Betonkörper (2) mit beidseitig applizierter FBV‐Folie (1), und einer Trennlage zur Erzeugung einer Sollrissstelle (3). Zur Kraftüber‐
tragung wurden Gewindestangen einbetoniert (4), die Dehnungs‐
messung erfolgte manuell über Scharen von Dehnungsmessberei‐
chen auf den FBV‐Folien. Die jeweilige Dehnung, wie auch die Ver‐
bundablösung wurden dabei in Abhängigkeit der Rissbreite von beiden Seiten des Probekörpers gemittelt und grafisch nach einer Regressionsanalyse dargestellt. 2
1
3
1
4
Bild 15: Probekörper
Nach Auswertung der Versuchsdaten wurden Dehnungsdiagramme mit dem Scharenparameter der Rissbreite erstellt (s. beispielhaft Bild 16 für den Folientyp 1). Die Risslinie bezeichnet dabei jeweils die Mitte des Risses. Durch die Korrelation zwischen Rissbreite und Verbundablösung konnte letztere ebenfalls in Abhängigkeit der Foliendeh‐
nung dargestellt werden. Die benötigte Foliendehnung zur Verbundablösung hatte bei allen Folientypen den qualitativen Verlauf wie im Diagramm 1. 60
10
50
Dehnung in %
40
15
Rissbreite in mm
20
25
30
35
30
Gelöster Verbund
20
1 2
34
5
10
Intakter Verbund
0
0,0
1,0
2,0
3,0
4,0
5,0
6,0
Abstand zur Risslinie in cm Bild 16: Einflussbereich der Verbundstörung seitlich neben dem Riss; Kurvenschar der Foliendehnungen mit Scharenparameter Rissbreite, Folientyp 1 (Quelle: Bachelorarbeit Ulli Heinlein, TH Nürnberg) - 158 -
7,0
Durch vorhergehende einaxiale Spannungs‐Dehnungs‐Versuche an den FBV‐Folien konnte die Ordinate ebenfalls als Folienspannung ausgedrückt werden, wie dies in Bild 17 beispiel‐
haft für den Folientyp 2 dargestellt wurde. Der Rückgang der Spannung an der Risslinie bei zunehmender Rissbreite trat bei Überschreiten der Spannung an der Folienstreckgrenze ein. 7,0
6,0
Spannung in N/mm²
5,0
4,0
3,0
3
2,0
1,0
0,0
2
4
10
15 20
5
25
Rissbreite in mm
30
35
Gelöster Verbund
Intakter Verbund
1
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
Abstand von der Risslinie in cm
Bild 17: Einflussbereich der Verbundstörung seitlich neben dem Riss; Kurvenschar der Zugspannungen in der Folie mit Scharenparameter Rissbreite, Folientyp 2 (Quelle: Bachelorarbeit Ulli Heinlein, TH Nürnberg) Als Fazit ließ sich feststellen, dass geringe Rissbreitenöffnungen von Sollrissen von ca. 1 – 3 mm für FBV‐Folien kein Problem darstellen. Bevor die Folie infolge Verbund im kleinen Rissbereich selbst überdehnt wird und reißt, löst sich der seitliche Verbund neben dem Riss. Durch den abgelösten Bereich vergrößert sich die dehnfähige Länge l0 und die Zugspannung in der Folie steigt kaum über folientypischen Grenzwert (z. B. Folientyp 2: +6 N/mm²). So‐
wohl die Zugspannung als auch die Dehnung in der Folie geht mit zunehmender Entfernung zum Riss durch die anwachsende Verbundwirkung auf null zurück. Man kann daher von einem Einflussbereich seitlich neben dem Rissort sprechen, der mit zu‐
nehmender Rissbreite anwächst. In dem Einflussbereich treten einerseits Ablösungen ab‐
hängig von der Rissbreite auf, andererseits steht die Folie auch im angrenzenden Verbund‐
bereich unter Zugspannung. Zum Ende des Einflussbereichs ist die Zugspannung abgebaut worden. Für Sollrissfugen mit 1 – 5 mm Rissbreite beträgt die Breite des Einflussbereichs auf jeder Seite des Risses etwa 10 – 40 mm. Eine große Rissöffnung von 20 mm (vgl. Bewegung in ei‐
ner Dehnungsfuge) erhöht den Einflussbereich auf etwa 50 bis 60 mm. Dies bedeutet, dass auch die Überbrückung von Dehnungsfugen ohne Zusatzmaßnahmen möglich ist, solange eine gewisse seitliche Verbundablösung von wenigen Zentimetern in Kauf genommen wird. - 159 -
5. Anwendungspotential von FBV FBV‐Folien können bei fachgerechtem Einbau aufgrund ihrer nachweisbaren Verbundwir‐
kung für viele wasserundurchlässige Bauwerke eine zusätzliche Sicherheit bieten bzw. Vor‐
teile bei besonderen Baumaßnahmen bringen. Fachgerecht hergestellte WU‐Bauwerke sind nach wie vor auch ohne FBV‐Folien herstellbar. Die Folien können eher in bestimmten An‐
wendungsfällen einen Beitrag liefern, die Bauweise etwas robuster und fehlerverzeihend zu machen. Insbesondere bei folgenden Randbedingungen und Anforderungen können FBV‐
Folien als Ergänzung zur WU‐Konstruktion sinnvoll sein: Sohlplatten mit Entwurfskonzept b) „planmäßige Rissbreitenbegrenzung“ bei gleichzeitig sehr hochwertiger Nutzung A** oder A***. Geometrisch komplexe Sohlplatten mit Versprüngen, Aussparungen, Querschnitts‐
schwächungen und Bereichen, die üblicherweise Bewehrungszulagen erfordern und die hohen Eigen‐ oder Zwangsspannungen ausgesetzt sind. Das Risiko ungeplanter Rissbildung an konstruktiv bedingten Schwachstellen oder unplanmäßiger Rissöff‐
nungen ist hoch. Zwangbehaftete Bauteile, bei denen Eigen‐ und Zwangsspannungen schwer ab‐
schätzbar sind (früher und später Zwang). Hierunter können auch massige Beton‐
bauteile fallen. Alternativmaßnahme zur Sicherstellung der Zugänglichkeit. Mit FBV‐Folien kann ei‐
ne temporäre Rissdurchfeuchtung auch zu einem späten Nutzungszeitpunkt ver‐
mieden werden. Wenn eine nachträgliche Rissverpressung durch technische Ein‐
bauten und fehlender Zugänglichkeit bereits im Vorfeld aus den Planunterlagen er‐
kennbar verhindert ist, kann eine FBV‐Folie die Rissdurchfeuchtung der Betonkon‐
struktion auf der Primärseite zum Wasserkontakt vermeiden und als Bauweise risi‐
kominimierend wirken. WU‐Bauteile mit innenliegender Beschichtung, die keine rückwärtige Feuchte durch Risse erhalten dürfen. Hierunter fallen beispielsweise direkt befahrene WU‐
Sohlplatten von Tiefgaragen. Bei Verwendung von FBV‐Folien könnte statt einer starren OS 8 eine günstige rissüberbrückende OS 11 auf der befahrenen Sohlplatte angeordnet werden, da eine rückwärtige Feuchte durch Risse weitgehend ausge‐
schlossen ist. Bauteile, die einem hohen chemischen Angriff durch aggressive Boden‐ und/oder Grundwasserverhältnisse unterliegen (kalklösende Kohlensäure oder Sulfatangriff durch Grundwässer). Zusätzliche Dichtebene unterhalb von LAU‐, HBV‐ oder JGS‐Anlagen, Tankstellen). Allerdings liegen bisher keine Prüfungen der Beständigkeit gegenüber wasserge‐
fährdenden Flüssigkeiten vor. Bauteile / Bodenplatten, die eine geringe Gaspermeabilität erfordern. Hierunter fal‐
len z. B. Bauteile in Bergsenkungsgebieten (Dichtigkeit gegenüber Methangas). Die Möglichkeit, auch bei einem Entwurfskonzept mit planmäßiger Trennrissbildung eine temporäre Durchfeuchtung von Rissen weitgehend vermeiden zu können, lässt einen Einsatz - 160 -
bei hochwertig genutzten Untergeschossen oder innenseitig beschichteten WU‐Bauteilen vorteilhaft erscheinen. Insbesondere dann, wenn eine nach WU‐Richtlinie geforderte Zu‐
gänglichkeit nicht ohne weiteres sichergestellt werden kann. Bei hochwertiger Nutzung sind Feuchtstellen innen nicht erlaubt, auch nicht temporär. Das Entwurfskonzept b) nach der WU‐Richtlinie lässt jedoch den temporären Wasserdurchtritt bis zur Selbstheilung zu. Hinzu kommt, dass die rechnerischen Rissbreiten der Annahme einer statistischen Häufigkeitsver‐
teilung unterliegen und daher tatsächliche Risse im Bauwerk vereinzelt zu groß für den Selbstheilungsprozess sein können. Für diese Fälle stellen FBV‐Folien eine Lösungsmöglich‐
keit zur Vermeidung des temporären Wasserdurchtritts dar. Alternative Maßnahmen zur Sicherstellung der Zugänglichkeit von WU‐bauwerken bzw. zusätzliche Schutzmaßnahmen sind in Tabelle 6 zusammengestellt. Tabelle 6: Maßnahmen zur Berücksichtigung der Anforderung „Zugänglichkeit“ bei Bodenplatten mit Entwurfsgrundsatz b) „Begrenzung der Trennrissbreiten“ und hochwertiger Nutzung innen Maßnahme zur Sicherstellung der Zugänglichkeit bzw. zusätzliche Schutzmaßnahme Abdichtung z. B. mit Schweißbahn auf der Bodenplatte aufgeständerter Hohlboden mit/ohne zusätzlicher Abdichtungsschicht Leckage‐Überwachungssysteme (Bauwerksmonitoring) Frischbetonverbundfolie unter Bodenplatte (rissüberbrückend) Direkt befahrene Tiefgaragen‐Sohlplatten müssen nach DIN EN 1992‐1‐1 mit einer Schutz‐
maßnahme gegen Chlorideintrag ausgeführt werden. In der Regel wird auf den Sohlplatten anstelle einer eigentlich erforderlichen rissüberbrückenden Beschichtung OS11b eine Be‐
schichtung OS8 eingebaut, weil die OS11b in Bereichen mit hinterfeuchteten Trennrissen nicht geeignet ist. Die Anordnung einer FBV‐Folie könnte diese Problematik entschärfen und die Verwendung einer OS 11b ermöglichen. Gleiches gilt für viele Industrieböden, die auf‐
grund der Nutzungsanforderungen eine planmäßige Beschichtung erhalten müssen. FBV‐Folien eignen sich ebenfalls als Schutzmaßnahme gegen chemischen Angriff bei Einord‐
nung in die Expositionsklasse XA3. Der direkte Zutritt an den Beton z. B. von kalklösender Kohlensäure oder hohen Sulfatgehalten im Grundwasser wird durch die FBV‐Folie vermie‐
den. Die sehr hohe Dehnfähigkeit der Folie und Fähigkeit zur Rissüberbrückung erlaubt auch den Umkehrschluss zum Einsatz als zusätzliche Dichtungsebene für Bauwerke im Umgang mit wassergefährdenden Flüssigkeiten. In diese Kategorie fallen Dichtflächen, JGS‐, Lau‐ und HBV‐Anlagen oder Tankstellen. Selbst bei einer späten Rissbildung während der Nutzphase würden wassergefährdende Flüssigkeiten durch Trennrisse nur bis zur FBV‐Folie gelangen und der seitliche Weitertransport unterbunden werden, sofern die Beständigkeit der Folie gegenüber dem flüssigen Medium nachgewiesen wird. Letztlich kann die FBV‐Folie zur Verminderung von Zwangsspannungen in der Lagerung von Sohlplatten eingesetzt werden. Insbesondere bei komplexen Geometrien z. B. mit Versätzen - 161 -
und Versprüngen, bei denen Sollrissabschnitte schwerlich angeordnet werden können, er‐
höhen FBV‐Folien die Sicherheit gegen Durchfeuchtung ungewollter Zwangsrisse. Damit können Frischbetonverbundfolien zur Erhöhung der Robustheit der Konstruktion gegenüber schwer erfassbaren lastunabhängigen und lastabhängigen Zwangsbeanspruchungen beitra‐
gen. 6. Literatur [1] DAfStb‐Richtlinie „Wasserundurchlässige Bauwerke aus Beton (WU‐Richtlinie)“; Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Beuth Verlag, Berlin [2] Erläuterungen zur WU‐Richtlinie, DAfStb‐Heft 555, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Beuth Verlag [3] DBV‐Merkblatt „Hochwertige Nutzung in Untergeschossen – Bauphysik und Raumklima“, 2010, Deutscher Beton‐ und Bautechnik Verein e.V., Berlin [4] DBV‐Merkblatt „Parkhäuser und Tiefgaragen“, Deutscher Beton‐ und Bautechnik‐Verein e.V., Ausgabe September 2010, Berlin [5] Elias Lang: Untersuchungen zu mechanisch‐physikalischen Eigenschaften von Frischbeton‐
verbundfolien; Bachelorarbeit an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm (THN), Fakultät Bauingenieurwesen, Januar 2015 [6] British Board of Agrément: Test report No. 1368; 1997, Garston, Watford, UK [7] ASTM D903‐98 (Reapproved 2004): Standard Test Method for Peel or Stripping Strength of Adhesive Bonds; American Society for Testing and Materials ASTM International, West Con‐
shohocken, United States, - 162 -

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