05.08.2015 Kulturhotels

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05.08.2015 Kulturhotels
AKTUELL
KUNSTHOTELS
Komfort und Kunst für
Körper und Geist
Spezielle Hotels präsentieren ihren Gästen Kunst auf
unterschiedlichem Niveau. Nicht überall muss man
übernachten, um das Ambiente zu geniessen.
Schweizer Künstlerin Claudine
Tschalär sowie Werke der aus Süddeutschland stammenden Töpferin Rose Kleinschmidt ausgestellt
(bis 18.10.).
Beachtlich ist der Fundus des
Hotels Castell im bündnerischen
Nach Lust und Laune
Hotel Castell in Zuoz: Das Werk «You can reach the sky» (1992) des
deutschen Künstlers Carsten Höller hängt im Entrée
Beachtlicher Fundus
Zum Beispiel das Hotel Saratz in
Pontresina: Die Jubiläumsausstellung zum 150-jährigen Bestehen
zeigt Holz-Skulpturen und Objekte der Bündner Peter und Maria Leisinger sowie Installationen
des jungen Zürcher Künstlers
Pascal Suprapto Schmid (bis 3.4.).
Für Kunstinteressierte im Tessin
ist die Casa Berno in Ascona von
Interesse. Jede Saison (März bis
Oktober) zeigen hier zwei Künstler Bilder und Skulpturen. Dieses
Jahr sind abstrakte Malereien der
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Höhepunkt in Zuoz ist die grandiose Raumkonstruktion «Skyspace, Piz Utèr» des US-amerikanischen Künstlers James Turrell,
die im Anschluss an die wöchentlichen Kunstführungen besichtigt
werden kann. Diese raffinierte
Lichtinstallation lässt den Engadiner Sternenhimmel spektakulär
verfremdet erscheinen.
HOTEL CASTELL, ZUOZ
Erfolgreiche Hotels müssen mehr
bieten als nur Kost und Logis. So
versuchen Häuser zusehends, das
Publikum mit einem Gesamterlebnis zu begeistern. Als Anziehungspunkt einer anspruchsvollen Klientel gelten Kunsthotels,
die ihre Wände mit Originalwerken regionaler oder internationaler Künstler schmücken. Die
«Herberge» wird damit zum Ausstellungsort einer Kunstsammlung oder zur Galerie, in der die
Gäste Kunst kaufen. Davon profitieren Hotelbetreiber wie Künstler. Das Hotel kann sein Interieur
attraktiv gestalten, die ausgestellten Künstler erhalten ein verkaufsförderndes Schaufenster. Zumal
sich die Kategorie Kunsthotel eher
im höheren Preissegment bewegt,
und das Publikum neben dem
Kunstinteresse über die finanziellen Mittel verfügt.
Zuoz mit der Privatsammlung des
Mäzens Ruedi Bechtler. Sie umfasst rund 200 Werke zeitgenössischer Kunst von Roman Signer,
Fischli-Weiss, Pipilotti Rist, Carsten Höller, Martin Kippenberger
u.a. Die Sammlung wächst stetig:
Hinzukommen sollen laut Bechtler demnächst Exponate der USAmerikanerin Anne Collier und
des Schweizers Tobias Madison.
Lohnenswerte Schweizer Kunsthotels
Hotel
Ort
Preise DZ (CHF) Website
Plattenhof Hotel Zürich
260.– bis 400.– www.plattenhof.ch
Hotel Helvetia
Zürich
250.– bis 350.– www.hotel-helvetia.ch
The Flag Zürich
Zürich
ab 115.–
www.theflag-zuerich.ch
The Dolder Grand Zürich
ab 700.–
www.thedoldergrand.com
Der Teufelhof
160.– bis 350.– www.teufelhof.com
Basel
Hotel Casa Berno Ascona
230.– bis 480.– www.casaberno.ch
Hotel Castell
Zuoz
230.– bis 430.– www.hotelcastell.ch
Pensiun Aldier
Sent
138.– bis 178.– www.aldier.ch
Hotel Saratz
Pontresina 300.– bis 540.– www.saratz.ch
Einen roten Faden erkennt man
bei der Präsentation der Kunstwerke im Hotel Castell allerdings
nicht. Die Schausammlung ohne
Ordnungskonzept geht einzig auf
«Lust und Laune» von Bechtler
zurück, wie er selbst sagt. Das lässt
sich der Sammler hockkarätiger
Gegenwartskunst einiges kosten.
Neuankäufe belaufen sich im
Schnitt auf 10 000 bis 15 000
Franken. Eine Übernachtung ist
für 230 bis 430 Franken möglich.
Wer weniger ausgeben will, aber
dennoch nicht auf Kunst und
Bergpanorama verzichten möchte, kann sich in der Pensiun Aldier
einquartieren. Das Unterengadiner Berghotel am Dorfplatz von
Sent präsentiert in Lobby, Restaurant und Gästezimmern Werke
der Künstler Alberto und Diego
Giacometti sowie des Fotografen
und Verlegers Ernst Scheidegger.
Im Kellergewölbe des Aldier hat
der Hotelier und Kunstsammler
Carlos Gross gar ein Alberto Giacometti Museum mit 100 Steinund Kupferdruck-Exponaten des
Künstlers eingerichtet.
In Basel findet sich eines der bekanntesten Schweizer Kunstho-
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MICKRY 3 / WWW.MICKRY3.NET
Hotel Teufelhof in Basel: Ein bewohnbares Kunstwerk, gestaltet von der Künstlergruppe Mickry 3
tels, der Teufelhof, der sich in ein
Kunst- sowie ein Galeriehotel unterteilt. Das Besondere am Kunsthotel: Alle neun Zimmer sind als
«bewohnbare Kunstwerke» eingerichtet und werden regelmässig
von Künstlern neu gestaltet. Anders als in einer konventionellen
Ausstellung sollen die Gäste des
Teufelhofs in den Kunstinstallationen leben und sie auf eine intime Art erfahren.
Individuell gestaltet
Das dreigeschossige Galeriehotel,
das auch Bilder der Basler Galerie
Carzaniga ausstellt, verfügt über
20 Zimmer in vier Kategorien.
Auf den Gängen und in den Zimmern werden vom Teufelhof
kuratierte Ausstellungen gezeigt.
Unter dem Titel «Beschriftete
Kunst» kann man zurzeit Werke
von 15 Künstlern zum ema
«Schrift/Beschriftung/Alphabet»
betrachten. Mit Bildern von Andreas Oesch sowie Exponaten des
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Malers, Kalligrafen und Grafikers
Newton Scheufler. Die Preise für
ein Doppelzimmer liegen zwischen 160 und 350 Franken.
Auch das Hotel Helvetia in Zürich hat sich der Kunst verschrieben. Die Inhaber, Leopold Weinberg und Adrian Hagenbach, zeigen in den Räumen des Hotels
eine umfangreiche Sammlung
zeitgenössischer Kunst, die sich
aus Direktkäufen und Kooperationen mit befreundeten Künstlern zusammensetzt. Das Helvetia
arbeitet mit Kuratoren, Galerien
und Museen zusammen, unter
anderem mit dem benachbarten
Haus Konstruktiv ebenso wie mit
der Basler Fondation Beyeler. So
sind Werke namhafter Künstler zu
entdecken wie Max Bill, Sol LeWitt, Beat Zoderer und Wade
Guyton, im Restaurant finden
sich Arbeiten von Jean Tinguely,
Horst P. Horst und Dieter Meier.
Das Treppenhaus im Entrée des
Helvetia ziert eine Wandinstallation des Lausanner Künstlers Phi-
lippe Decrauzat. Ähnlich wie der
Teufelhof will das Hotel Helvetia
zukünftig seine Zimmer individuell von Künstlern gestalten lassen.
Kunstvolles Ambiente
Auch das Zürcher Hotel Plattenhof zieht seine Gäste mit seinem
kunstvollen Ambiente an und
zeigt Gestalter wie Richard Paul
Lohse, Martina Gmür oder den
jüngst verstorbenen Gottfried
Tritten; ausserdem hat es Bilder
der Schweizer Fotografen Stefan
Walter und Felix Eidenbenz. Etliche Bilder sind in der Bar und im
Restaurant Sento platziert. Dort
finden regelmässig Wechsel-Ausstellungen statt, gegenwärtig die
Schau des Zürcher Fotokünstlers
Joschi Herczeg, der etwa Explosionen fotografisch festhält.
Ein Apartment-Hotel für Geschäfts- und Städtereisende ist e
Flag in Zürich. Es bietet rund 100
modern designte Zimmer. Jede
der fünf Ebenen des Hauses ist
mit Werken eines anderen Künstlers versehen. Unter anderem von
der Berliner Farbdesignerin Friederike Tebbe oder dem Fotografen
Gerrit Cramer. Eine Übernachtung mit Frühstück ist ab 115
Franken zu haben.
Am anderen finanziellen Ende
der Skala von Schweizer Kunsthotels steht e Dolder Grand.
Hoch über Zürich bietet das Luxushotel in Kooperation mit der
Galerie Gmurzynska mehr als
100 hochkarätige Werke von
rund 90 Künstlern wie Andy
Warhol, Henry Moore, Salvador
Dalí, Niki de Saint Phalle oder
Camille Pissaro. Während einige
Exponate den Hausgästen vorbehalten sind, befindet sich der
Grossteil in den öffentlichen
Räumen. Wem also das nötige
«Kleingeld» für eine Übernachtung fehlt, kann sich bei einem
Lobby-Snack mit Blick auf Warhols «Big Retrospective Painting»
einen Eindruck des Ambientes
verschaffen.
Gertrud Rall
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