Windenergie bleibt umstritten

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Windenergie bleibt umstritten
Toggenburg
Dienstag, 7. Oktober 2014
Regionalteil
für das
Toggenburg
29
Windenergie bleibt umstritten
Bis jetzt wird im Toggenburg erst in Oberhelfenschwil und Unterwasser Windenergie genutzt. Entsprechende Pläne gibt es aber
noch an zwei anderen Orten. Während Energietal Toggenburg das Potenzial dieser Energiequelle betont, bleibt der Heimatschutz skeptisch.
Sie hätten sich entschieden, auf
das Vorhaben zu verzichten, sagt
Roman Fuchs von der HSR.
«Messungen wären nur im Sommer möglich gewesen.» Während den Wintermonaten hingegen sei die Chrüzegg kein
idealer Standort.
JESKO CALDERARA
TOGGENBURG. Seit fünf Jahren
kämpft Peter Koller für sein Anliegen. Der Betriebsleiter und
Besitzer des Bergrestaurants
Gamplüt in Wildhaus plant unmittelbar neben der Bergstation
eine Windenergieanlage. Nachdem ein erstes Vorhaben trotz
Bewilligung der Gemeinde und
des Kantons am Widerstand
des Heimatschutzes scheiterte,
nahm er vor einiger Zeit einen
zweiten Anlauf. Er habe die Hoffnung, dass die Gegner der Windenergie unterdessen zur Einsicht
gelangt seien, sagt Koller. «Daher
bin ich zuversichtlich, mein Projekt doch noch realisieren zu
können.» Das Windkraftwerk ist
zur Eigenproduktion vorgesehen. Bereits seit mehreren Jahren wird die Bergbahn Gamplüt
mit Solarstrom betrieben. Die
Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Bergrestaurants und
der Maschinenhalle liefern annähernd so viel Strom, wie diese
verbraucht. Da die Sonne aber
nicht immer scheint, will Peter
Koller Windenergie als Ergänzung dazu nutzen. «Sind keine
Sonneneinstrahlungen vorhanden, bläst dafür oftmals der
Wind.» Während den dreijährigen Testmessungen habe die
durchschnittliche
Windgeschwindigkeit ungefähr 5,5 Meter pro Sekunde betragen.
Windpotenzial vorhanden
Bildmontage: pd
Beim Bergrestaurant Gamplüt könnte dereinst wie auf dieser
Fotomontage eine Windturbine zu stehen kommen.
Bild: Adi Lippuner
Die Leichtwindanlage in Oberhelfenschwil produziert jährlich ungefähr
6000 Kilowattstunden Strom.
Zwei Anlagen in Betrieb
Vorreiter in der WindstromErzeugung im Toggenburg ist
Walter Büchi. Der Elektroingenieur hat in Oberhelfenschwil im
Jahr 2000 mit dem Bau einer
Leichtwindrad-Anlage, die einen
Rotordurchmesser von 13 Metern hat, ein markantes Zeichen
gesetzt. Diese produziert jährlich rund 6000 Kilowattstunden
Strom. Bereits in Betrieb ist zudem eine Anlage bei Köbi Knaus
junior in Unterwasser. Mit seinen selbstgebauten Windrädern
produziert er Energie für die
Melkanlage, das Licht oder einen
Kühlschrank.
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Wirtschaftlich, kraftvoll, robust.
www.altherr.ch
Bild: pd
Mit den selber gebauten Windrädern deckt Köbi Knaus junior
aus Unterwasser den eigenen Energiebedarf.
Konkrete Überlegungen zur
Nutzung der Windenergie gibt es
auch anderswo. So ist im April
die Thurwerke AG eine Partnerschaft mit der Groupe E Greenwatt AG aus dem Kanton Freiburg für die Entwicklung von
Windenergieprojekten im Toggenburg eingegangen. Für die
Erfassung möglicher Windpotenziale sind in einem ersten
Schritt Windmessungen erforderlich. Die Korporationspartner
haben die auf Windenergie spezialisierte Wega Energiemanagement GmbH beauftragt, auf dem
Älpli in Krinau während ein bis
zwei Jahren solche Tests durch-
Bild: Sabine Schmid
Für die Erfassung von Windpotenzialen werden auf dem Älpli
in Krinau demnächst Windmessungen durchgeführt.
zuführen. Sobald die Bewilligung vorliegt, soll mit den Messungen begonnen werden. Die
Ergebnisse werden dazu dienen,
die Entscheidungen für tatsächliche Projektentwicklungen fällen zu können. Ähnliche Überlegungen gab es darüber hinaus
auf der Chrüzegg. Die Hoch-
schule Rapperswil (HSR) wollte
dort eine Windturbine mit vertikalen Flügeln bauen. Mit Windmessungen wollte man zuerst
einmal testen, ob der Wind auf
zehn Metern Höhe für eine Energiegewinnung überhaupt stark
genug ist. Entgegen den Absichten wird daraus nun aber nichts.
Das Toggenburg ist zwar keine
ausgesprochene
Windregion
wie etwa der Jura, verfügt aber
dennoch über ein gewisses
Potenzial, schätzt Energietal
Toggenburg. «Die Technologie
hat sich in den letzten Jahren
weiterentwickelt und verbessert», sagt Präsident Thomas
Grob. Seiner Überzeugung nach
könne diese erneuerbare Energiequelle durchaus einen Beitrag
zum Ziel der Energieautarkie
leisten. Es gebe in der Region
einige Standorte, die für Windenergie in Fragen kämen, sagt
Grob. «Diese befinden sich insbesondere auf den Hügeln.» Aufgrund solch exponierter Lagen
sind Windkraftprojekte oftmals
umstritten. Für ihn gehe es dabei
um die Frage, inwiefern die Gesellschaft bereit sei, landschaftliche Opfer zu bringen, gibt Thomas Grob zu bedenken. Auch die
Bedenken über negative Auswirkungen der Windräder auf Vögel
teile er nicht.
Kritisch, aber nicht grundsätzlich ablehnend, steht der
kantonale Heimatschutz der
Windenergie gegenüber. «Wir
glauben nicht, dass sich diese in
der Schweiz effizient nutzen
lässt», sagt Vorstandsmitglied
Felix Kuhn. Ihnen bereite aber
vor allem der drohende Verlust
der Landschaftsqualität Sorgen.
Das Gebiet rund um den Gamplüt etwa sei im Bundesinventar
der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgeführt. «Solche Aspekte müssten im Toggenburg
vermehrt diskutiert werden.»
Beim Thema Nachhaltigkeit
gehe es letztlich nicht nur um die
Produktion erneuerbarer Energien, betont Kuhn.
Verein Energietal Toggenburg
gewinnt den Schweizer Solarpreis
TOGGENBURG. Aufgrund seines
nachahmenswerten
Engagements und des eindrücklichen
Erfolges in kurzer Zeit wird der
Förderverein Energietal Toggenburg mit dem Schweizer Solarpreis 2014 ausgezeichnet. «Eine
Wertschätzung, die uns stolz
macht und die wir gerne an Sie
weitergeben», schreiben die Verantwortlichen von Energietal
Toggenburg in einer Mitteilung.
Laut Bundesrat gehen durchschnittlich 80 Prozent der Energieverluste im Gebäudesektor
verloren. Wichtige Eckpfeiler von
Energietal Toggenburg sind deshalb die eigens gegründete Energieakademie und das Energieberatungsangebot. Zudem organisiert der Verein verschiedene Anlässe, Publikationen, Schulungen, Newsletter und Messeauf-
Bild: pd
Auszeichnung für Energietal Toggenburg (von links): Manfred Hegger (technische Universität Darmstadt);
Reto Camponovo (Haute école d’architecture de Genève), Vizepräsident der Schweizer Solarpreis-Jury;
Paul Dürr, Energieakademie; Lucia Räbsamen, Vorstand; Silvia Oertli, Geschäftsstelle; Thomas Grob,
Vereinspräsident; Marlise Porchet, Vorstand; Marco Biland, Leiter ZT Fachmessen.
tritte. Mit Energieberatungen
unterstützt Energietal Toggenburg seit der Gründung im Jahr
2009 unter anderem die Realisierung von PV-Anlagen und von
thermischen Anlagen.
Die längerfristige Vision des
Fördervereins ist die Energieautarkie im Energietal Toggenburg.
Um das Toggenburg unabhängig
von teuren Energieimporten zu
machen, sind grosse Anstrengungen in allen Bereichen der
Energieeffizienz und der Energieproduktion aus erneuerbaren, einheimischen Ressourcen
nötig.
Dem Förderverein ist es in
den ersten fünf Jahren gelungen,
die ganze Talschaft für das Projekt zu begeistern und über die
Grenzen hinaus grosse Wirkung
zu erzielen. (pd/aru)