Europäische Vermögenstransparenz

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Europäische Vermögenstransparenz
Europäische Vermögenstransparenz:
Länderbericht Deutschland
Burkhard Hess1
A. Vorbemerkungen
I. Kennzeichen des deutschen Systems der Zwangsvollstreckung
1. Die Vollstreckung in Deutschland ist dezentral organisiert. Es existieren vier
unterschiedliche Vollstreckungsorgane: der Gerichtsvollzieher (zuständig vor allem
für die Mobiliarpfändung), das Vollstreckungsgericht (dort ist der Rechtspfleger
zuständig für die Forderungspfändung), das Grundbuchamt (dort ist der
Rechtspfleger zuständig für die Immobiliarvollstreckung) sowie (weniger wichtig)
das Prozessgericht (bei der Handlungs- und Unterlassungsvollstreckung). Ein
übergeordnetes Vollstreckungsorgan, das alle Maßnahmen koordiniert und
überwacht, gibt es nicht2.
2. Weiteres Kennzeichen ist die starke Rechtsstellung des Gläubigers: Auf seine
Initiative stellt das Gesetz maßgeblich ab. Der Gläubiger entscheidet über die Art
der Zwangsvollstreckung (durch entsprechende Antragstellung beim zuständigen
Vollstreckungsorgan), er muss zuvor selbständig das Schuldnervermögen
ermitteln. Der Gerichtsvollzieher hat nur eingeschränkte Ermittlungsbefugnisse (§
806a ZPO), das Vollstreckungsgericht bei der Forderungspfändung gar keine.
Gelingt es dem Gläubiger nicht, Schuldnervermögen aufzuspüren, und schlagen
seine Vollstreckungsversuche fehl, so ist der Schuldner zur umfassenden
eidesstattlichen Offenlegung seines Vermögens verpflichtet (Eidesstattliche
Versicherung, §§ 807, 899 ff. ZPO).
3. Die Verteilung des Schuldnervermögens zwischen konkurrierenden Gläubigern
erfolgt in Deutschland nach dem Prioritätsgrundsatz (§ 804 Abs. 2 und 3 ZPO)3.
Der zuerst pfändende Gläubiger wird ganz befriedigt, später pfändende Gläubiger
erhalten den Rest. Daher muss das Passivvermögen (sonstige Schulden) des
Schuldners in der Zwangsvollstreckung nicht ermittelt werden.
1
Bei der Vorbereitung half wiss. Mitarbeiter Andreas Herr, Heidelberg.
2
Aus diesem Grund existieren auch keine umfassenden Aufklärungsbefugnisse
Vollstreckungsgerichts wie etwa nach § 294a österreichische Exekutionsordnung.
3
Tarzia, R.I.D.C. 1999, 331, 332 et seq.
1
des
4. Anders ist die Situation im Insolvenzverfahren, das die anteilige Befriedigung aller
Gläubiger bei Überschuldung des Schuldners4 regelt. Die Aktivmasse wird durch
den Insolvenzverwalter ermittelt (§ 151 InsO); der Schuldner ist zu umfassender
Auskunft verpflichtet (§ 97 InsO). Die Passivmasse wird in einem zweistufigen
Verfahren festgestellt: Jeder Gläubiger muss beim Insolvenzverwalter seine
Forderungen anmelden, der ein Gläubigerverzeichnis erstellt (§ 152). Das
Insolvenzgericht stellt in einem gesonderten Termin das Bestehen der Forderung
fest (§§ 174 ff. InsO). Die Vermögensübersicht wird in einem Verzeichnis beim
Insolvenzgericht hinterlegt (§ 154 InsO).
II.
Die Vermögenstransparenz im deutschen Recht
1.
Die gesetzliche Grundkonzeption (1877)
a) Die Bedeutung der Sachaufklärung wurde beim Erlass der ZPO (1877) noch nicht
hinreichend erkannt. Der Gesetzgeber ging von überschaubaren Lebens- und
Wirtschaftsverhältnissen aus (insbesondere im ländlichen Bereich), die für den
Gläubiger leicht ersichtlich waren. Leitbild der gesetzlichen Regelung war die
Mobiliarvollstreckung in der Wohnung oder im Geschäftsraum des Schuldners: Der
Gerichtsvollzieher sollte anhand der Besitzverhältnisse die Pfändungsmaßnahmen
vornehmen, ohne Mitwirkung des Schuldners (der zu weitergehender Auskunft über
sein Vermögen nicht verpflichtet war). Der Gerichtsvollzieher hatte keine
eigenständigen Ermittlungsbefugnisse, nach dem Gesetzeswortlaut konnte er den
Schuldner nicht einmal befragen5.
b) Erst wenn konkrete Vollstreckungsmaßnahmen fehlschlugen, wurde der Schuldner
in
einem
weiteren
Verfahrensschritt
zur
Abgabe
des
sogenannten
"Offenbarungseides" (heute: Eidesstattliche Versicherung) geladen (§§ 807, 899 ff.
ZPO). In diesem Verfahrensabschnitt war der Schuldner verpflichtet, umfassend über
seine sämtlichen Vermögensverhältnisse Auskunft zu erteilen. Diese Verpflichtung
konnte zwangsweise (durch Vorführung und Zwangshaft bis zu 6 Monaten)
durchgesetzt werden.
Die eidesstattliche Verpflichtung diente nicht primär der Sachaufklärung, sondern
sollte vor allem den Vollstreckungsdruck verstärken: Seit 1900 wurde bei den
Amtsgerichten ein sogenanntes Schuldnerverzeichnis eingerichtet (§ 915 ZPO), in
dem sämtliche Personen aufgeführt waren, die die Eidesstattliche Versicherung
abgegeben hatten oder bei denen ein Konkursverfahren mangels Masse abgelehnt
wurde (heute: § 26 II InsO). Diese Eintragung hatte den (sofortigen) Verlust der
Kreditwürdigkeit des Schuldners zur Folge, denn jedermann war zur Einsicht in
4
Es ist in Deutschland - anders als in Frankreich - nicht auf Kaufleute beschränkt. Die gesetzliche
Neuregelung, die am 1.1.1999 in Kraft getreten ist, eröffnet dem Schuldner erstmals eine
Restschuldbefreiung nach einer siebenjährigen Wohlverhaltensperiode, vgl. §§ 286 ff. InsO.
5
Ausführliche Darstellung bei Gaul, ZZP 108 (1995), 3 ff.
2
dieses Register berechtigt. Folglich waren viele Schuldner bereit, zur Vermeidung der
Eintragung zumindest teilweise die Gläubiger zu befriedigen.
c) Eine Auskunftsverpflichtung Dritter ist im deutschen Vollstreckungsrecht nur bei
der Forderungspfändung vorgesehen6: Nach § 840 ZPO kann der Gläubiger nach
der Pfändung vom Drittschuldner Auskunft über die gepfändete Forderung verlangen.
Wird diese Auskunft nicht oder nur unvollständig erteilt, muss der Drittschuldner dem
Gläubiger den Schaden (insbesondere wegen einer nicht rechtzeitigen Vornahme
weiterer Vollstreckungsmaßnahmen) ersetzen (§ 840 II 2 ZPO). Die
Auskunftsverpflichtung des Drittschuldners ist begrenzt: Da sogenannte
Verdachtspfändungen (also etwa die Pfändung sämtlicher Forderungen des
Schuldners bei einem bestimmten Kreditinstitut) unzulässig sind7, bezieht sie sich
immer nur auf konkrete Einzelforderungen. Auch Behörden (beispielsweise
Sozialversicherungsträger, Arbeitsämter u.ä.) sind nicht verpflichtet, den
Vollstreckungsorganen (etwa im Wege der Amtshilfe) Auskünfte zu erteilen8.
2.
Gesetzliche Verbesserung der Sachaufklärung
a) In der Praxis haben die Gerichtsvollzieher häufig versucht, durch eine Befragung
des Schuldners bzw. dritter Personen weiteres Schuldnervermögen zu ermitteln. Erst
im Jahre 1990 wurde diese Praxis gesetzlich geregelt. Nach § 806a I ZPO darf der
Gerichtsvollzieher bei der Sachpfändung den Schuldner nach weiterem Vermögen
(insbesondere Forderungen gegen Dritte9) fragen. Der Schuldner muss jedoch keine
Auskunft erteilen. Wenn der Gerichtsvollzieher dritte Personen (den Ehegatten oder
Lebensgefährten) befragt, muss er sie zuvor darauf hinweisen, dass keine
Verpflichtung zur Auskunft besteht (§ 806a Abs. 2 ZPO).
b) Seit dem 1.1.1999 ist der Gerichtsvollzieher zur Abnahme der Eidesstattlichen
Versicherung zuständig10. Zugleich wurden die Voraussetzungen des § 807 ZPO
gelockert: Die Offenbarungspflicht setzt nicht mehr erfolglose Vollstreckungsakte
voraus, es genügt, dass ein Fehlschlagen der Vollstreckung zu erwarten ist. Nach
der neueren Formularpraxis beantragen deshalb die Gläubiger regelmäßig zugleich
mit dem Vollstreckungsauftrag auch die Ladung des Schuldners zur Eidesstattlichen
Versicherung (vgl. § 900 II ZPO)11. Dadurch wurde das Verfahren beschleunigt: Der
Gerichtsvollzieher kann nunmehr den Schuldner nach § 806a ZPO über sonstiges
Vermögen befragen; verweigert der Schuldner die Auskunft, erfolgt sogleich die
6
Zu § 806a II ZPO vgl. sogleich unten im Text.
7
Der Vollstreckungsantrag muß die zu pfändende Forderung (beispielsweise die Kontonummer des
Schuldners bei der Bank) hinreichend exakt bezeichnen, andernfalls wird der Antrag als unzulässig
zurückgewiesen, OLG Frankfurt, NJW 1981, 468.
8
Nur als Drittschuldner sind sie gemäß § 840 ZPO zur Auskunft verpflichtet, eine weitere Ausnahme
besteht seit 1998 im Unterhaltsprozess nach §§ 642 ff. ZPO.
9
Arbeitgeber, Sozialversicherungsträger, Rentenversicherungsträger, Bankverbindung etc.
10
Hauptursache für diese Zuständigkeitsänderung war die Neuregelung des Insolvenzrechts: Da
erhebliche Mehrbelastungen für die Rechtspfleger auftraten, wurde die Abnahme der eidesstattlichen
Versicherung auf die Gerichtsvollzieher übertragen.
11
Beispiel: Formular bei Hintzen/Wolf, Handbuch der Mobiliarvollstreckung (2. Aufl. 1999), S. 382 f.
3
Ladung zur eidesstattlichen Versicherung (§§ 807, 900 II ZPO)12. Dies hat die
Bereitschaft der Schuldner, zumindest Teilzahlungen zu leisten, erhöht13.
c) Das deutsche Recht bürdet bis heute dem Gläubiger die primäre Verantwortung
für die Sachaufklärung auf. Dies hat dazu geführt, dass private Auskunfteien, wie
beispielsweise
die.
"Schufa"
(Schutzgemeinschaft
für
die
allgemeine
Kreditsicherung), Inkasso- und Detektivbüros Datenbanken anbieten, in denen
systematisch Auskünfte über Schuldner (insbesondere Eintragungen in
Handelsregister, Schuldnerverzeichnis, Grundbuch) gesammelt werden. Derartige
zentrale Datensammlungen machen das Schuldnervermögen transparent. Diese
Transparenz verstärken neuere Regelungen über die Registerführung: Sie
ermöglichen
eine
Umstellung
von
Handelsregister,
Grundbuch
und
Schuldnerverzeichnis auf Datenbanken. Die gesetzlichen Regelungen erlauben eine
Überlassung von Dateien an private Gläubigerorganisationen - auch im onlineVerfahren (§915 e ZPO). Schon heute findet ein regelmäßiger Datenaustausch
zwischen Registergerichten und privaten Anbietern (Inkassobüros, Schufa,
Abfragesystem AlexIs) statt14. Interessierte Gläubiger können (gegen
entsprechendes Entgelt) bei den privaten Anbietern entsprechende Daten abrufen,
ohne bei den jeweils in Betracht kommenden Registergerichten anzufragen15. Die
Kosten einer derartigen Auskunft sind nach § 788 ZPO als notwendige
Vollstreckungskosten erstattungsfähig.
B.
Antworten auf den Fragebogen zur Vermögenstransparenz
1.
Die Adresse des Schuldners
1.1
Natürliche Personen
1.1.1. Begriffe: Wohnsitz, Aufenthalt und Referenzadresse
Der Wohnsitz ist der räumliche Schwerpunkt (Mittelpunkt) der gesamten
Lebensverhältnisse einer Person.16 Er wird begründet durch die tatsächliche
12
Wegen der weitreichenden Konsequenzen des Offenbarungsverfahrens hat sich der Gesetzgeber
jedoch nicht dazu entschließen können, den Schuldner zu Beginn der Vollstreckung zur umfassenden
Offenlegung seines Vermögens zu verpflichten. Der Gerichtsvollzieher kann daher die eidesstattliche
Versicherung nur sofort abnehmen, wenn der Schuldner zustimmt.
13
Nach der neu eingefügten Vorschrift der §§ 806b, 900 III ZPO ist der Gerichtsvollzieher befugt,
Ratenzahlungen zu vereinbaren, sofern der Gläubiger nicht zuvor ausdrücklich widerspricht.
14
Der Umfang des Datenaustausches hängt vom Stand der Automatisierung in den jeweiligen
Bundesländern ab: Sie ist am weitesten fortgeschritten im Grundbuch (§§ 132 ff. GBO); teilweise im
Handelsregister, während die Automatisierung des Schuldnerverzeichnisses (§§ 915 - 915h ZPO)
noch nicht begonnen wurde.
15
Laut Auskunft des Justizministeriums Baden-Württemberg planen die Länder derzeit nicht den
Aufbau eines zentralen Schuldnerverzeichnisses, weil die Transparenz des Schuldnervermögens
durch die Datensammlungen privater Auskunfteien ebenso gut gewährleistet sei.
16
Palandt/Heinrichs, § 7 BGB Rn 1
4
Niederlassung verbunden mit dem Willen, den Ort zum ständigen Schwerpunkt der
Lebensverhältnisse zu machen. Eine gesetzliche Regelung des Wohnsitzes findet
sich in den §§ 7-11 BGB.
Vom Wohnsitz als Rechtsbegriff ist der Ort des vorübergehenden oder dauernden
Aufenthalts zu unterscheiden.17 Hier fehlt es rechtlich oder tatsächlich am wirksamen
Willen, den Ort zum Schwerpunkt der Lebensverhältnisse zu machen.
1.1.2. Aufenthaltsbestimmung in öffentlichen Registern?
Der Aufenthalt natürlicher Personen kann mittels öffentlicher Register bestimmt
werden.
1.1.2.1.
Um welche Register handelt es sich?
Der Wohnsitz natürlicher Personen ist den Melderegistern zu entnehmen, die bei den
Gemeinden geführt werden. (vgl. z.B. § 3 I Meldegesetz Baden-Württemberg). Die
Meldebehörden
erteilen
jedermann
Registerauskünfte
(§
1
Melderechtsrahmengesetz).
In Deutschland besteht eine Meldepflicht jedes Einwohners gem. §§ 11 MRRG, 15 ff.
MG BW, die mit einer Geldbuße bis zu ca. 500 € sanktioniert ist (§ 36 I, III MG BW)18.
Die Meldepflicht wird in der Regel eingehalten. Das deutsche Meldewesen gilt als
sehr effizient
1.1.2.2.
Sind die Register zugänglich den Gläubigern, den Gerichten, den
Vollstreckungsorganen?
Die Melderegister sind öffentlich. Jedermann erhält von den Meldebehörden eine
einfache Melderegisterauskunft mit Angaben über den Familiennamen, den
Vornamen, die akademische Grade und die Anschriften einzelner Personen (§ 21 I
Melderechtsrahmengesetz).
1.1.2.3.
Voraussetzungen des Zugangs und Einzelheiten des Verfahrens
Zur Erlangung einer einfachen Melderegisterauskunft ist eine schriftliche Anfrage und
die Entrichtung einer Gebühr von ca. 5 € erforderlich.
Macht der Antragsteller ein berechtigtes Interesse glaubhaft, erhält er eine erweiterte
Melderegisterauskunft, die zusätzliche Angaben über Tag und Ort der Geburt,
frühere Namen, Familienstand, Staatsangehörigkeiten, Frühere Anschriften, Tag des
Ein- und Auszugs, gesetzliche Vertreter und Sterbetag und -ort enthält (§§ 21 II
Melderechtsrahmengesetz). Die Berechtigung liegt bei jedem ideellen oder
wirtschaftlichen Interesse vor. Werden Auskünfte zur Rechtsverfolgung oder zur
Rechtsverteidigung benötigt, so liegt ein berechtigtes Interesse vor.19 Weitere
17
Jauernig, § 11 BGB Rn 4
18
Von der Meldepflicht befreit sind, unter der Bedingung der Gegenseitigkeit, nur Mitglieder einer
ausländischen diplomatischen Mission oder einer ausländischen konsularischen Vertretung und
Personen, für die eine Befreiung in völkerrechtichen Übereinkünften festgelegt ist (§§ 14
Melderechtsrahmengesetz).
19 Pflüger/Belz, Meldegesetz für Baden Württemberg § 15 b, Rn 8.
5
Voraussetzung der Auskunftserteilung ist, dass im Melderegister keine
Auskunftssperre eingetragen ist. Diese Sperre wird erteilt, wenn der Eingetragene ein
berechtigtes Geheimhaltungsinteresse glaubhaft macht (§ 33 I MG BW),
insbesondere wenn ihm aus einer Auskunft Gefahren für Leben, Gesundheit,
persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Belange erwachsen können (§§ 21
V Melderechtsrahmengesetz).
1.2.3. Andere Mittel, um den Aufenthalt natürlicher Personen festzustellen?
Stets möglich ist ein Zugriff auf die in den Telefonbüchern enthaltenen Daten,
inzwischen online zugänglich.
Informationen über den Geschäftssitz von Kaufleuten können unter bestimmten
Voraussetzungen vom Gewerbeamt erlangt werden. Jeder Gewerbetreibende muss
sein Gewerbe gem. § 14 I GewO beim örtlichen Gewerbeamt anmelden. Hierüber
erteilt das Gewerbeamt Auskünfte.20 Das Gewerbeamt darf die Daten an die in § 14
V GewO aufgezählten Kammern und Behörden übermitteln. Der vollständige Inhalt
der Gewerbeanzeigen wird aber nur der Industrie- und Handelskammer übermittelt.21
1.2.
Juristische Personen
1.2.1. Begriffe: statutarischer Sitz, Geschäftssitz und Ort einer Niederlassung
Die organisatorisch-gegenständliche Einrichtung des Unternehmens kann auf einen
Ort konzentriert oder auf mehrere Orte verteilt sein. Der Ort, an dem das
Unternehmen seinen wirtschaftlichen Schwerpunkt und sein verwaltungsmäßiges
Zentrum hat, bezeichnet den Sitz des Unternehmens, seine „Niederlassung“ bzw.
„Hauptniederlassung“.22
Bei den juristischen Personen des Privatrechts ist die satzungsmäßige Festlegung
des Sitzes und Registerpublizität gesetzlich vorgeschrieben (vgl. z.B. für die
Aktiengesellschaft § 5 AktG; für die Kommanditgesellschaft auf Aktien § 278 AktG;
für die GmbH § 3 I GmbHG; für den Verein §§ 24, 57 BGB).23
Auch Personenhandelsgesellschaften haben ihren Sitz zum Handelsregister
anzumelden (vgl. für die OHG § 106 II HGB; für die Kommanditgesellschaft § 161 II
iVm 106 HBG). Ist der Sitz einer Personenhandelsgesellschaft gleichwohl nicht oder
noch nicht eingetragen, entscheidet über den Sitz der Ort der Verwaltungsführung
gem. § 17 I 2 ZPO. Maßgebend dafür ist der Tätigkeitsort der Geschäftsführung und
der dazu berufenen Vertretungsorgane, also der Ort, wo die grundlegenden
Entscheidungen
der
Unternehmensleitung
effektiv
in
laufende
20 Wenn diese Adresse unzutreffend ist, muß von Amts wegen die richtige Adresse ermittelt werden.
Bei falscher Adressangabe liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, § 146 II Nr. 1 GewO, die mit Bußgeld
geahndet wird, Heussen, Zwangsvollstreckung für Anfänger, Rn 44.
21 Tettinger/Wank, Gewerbeordnung § 14, Rn 106.
22
Roth, Handels- und Gesellschaftsrecht, § 5 Nr.3
23
MüKo-Patzina, § 17 Rn 10
6
Geschäftsführungsakte umgesetzt werden.24 Dieser Ort der Verwaltungsführung
greift stets dann ein, wenn sich aus materiellem Recht der Sitz nicht ergibt.25
Neben der Hauptniederlassung (dem Sitz) können Zweigniederlassungen als von der
Hauptniederlassung abhängige oder unabhängige Niederlassungen bestehen.26
Voraussetzung für eine Zweigniederlassung ist, dass sie räumlich selbständig ist,
sachlich die gleichen Geschäfte wie die Hauptniederlassung erledigt, eine gewisse
Dauer aufweist und eine äußere Einrichtung ähnlich einer Hauptniederlassung hat.27
1.2.2. Dokumentation in öffentlichen Registern?
Der Sitz von juristischen Personen wird in folgenden Registern dokumentiert:
1.2.2.1.
Handelsregister?
Der Sitz von juristischen Personen ist den Handelsregistern zu entnehmen. Diese
werden von den Amtsgerichten geführt (§ 125 FGG). Für alle juristischen Personen
besteht eine Eintragungspflicht (§§ 29, 106 II, 161 II HGB, 36 AktG, 7 GmbHG).
1.2.2.2.
Registrierung bei Finanz-, Steuer- und anderen Behörden?
Die bei Finanz-, Steuer- und anderen Behörden vorhandenen Informationen sind
nicht öffentlich zugänglich.
1.2.2.3.
Sind diese Register zugänglich für die Gläubiger, für Gerichte, für
Vollstreckungsorgane?
Das Handelsregister ist öffentlich. Gem. § 9 I HGB ist die Einsicht jedem zu
Informationszwecken gestattet.
1.2.2.4.
Voraussetzungen des Zugangs und Einzelheiten des Verfahrens?
Die Einsicht ins Handelsregister ist ohne Geltendmachung eines besonderen
Interesses gestattet. Es können Abschriften von den Eintragungen gefordert werden
(§ 9 II HGB). Die Einsicht ist gebührenfrei (§ 90 Kostenordnung), schriftliche
Anfragen werden in der Regel innerhalb von 10 Tagen beantwortet.
Die Publizitätswirkung des Handelsregisters ist aus tatsächlichen Gründen
beschränkt: Da bisher keine zentralen Register geführt werden, muss der Gläubiger
das für den Schuldner jeweils zuständige Registergericht ermitteln.28 Private
Auskunfteien,
insbesondere
die
Schufa,
Creditreform
und
das
24
BGHZ 97, 269 [272]; Sandrock in FS Beitzke, (1979), S. 669, 683
25
MüKo-Patzina, § 17 ZPO, Rn 13
26
Baumbach/Hopt, § 13 HGB, Rn 3
27
Baumbach/Hopt, § 13 HGB, Rn 3
28
Die Neuregelung von § 125 Gesetz über die Freiwillige Gerichtsbarkeit ermöglicht die Einrichtung
zentraler Register auf Landesebene.
7
Rechtsanwaltssuchsystem AlexIs haben zentrale Dateien aufgebaut, die einen
bundesweiten Abruf (gegen Entgelt) ermöglichen29.
Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens zur Übermittlung von Daten aus
dem Handelsregister ist gem. § 9a HGB zulässig30. Das automatisierte
Abrufverfahren ist auf die im Handelsregister eingetragenen Daten begrenzt, es
umfasst nicht die zum Handelsregister eingereichten Schriftstücke (z.B.
Anmeldungen, Gesellschafterliste oder Gesellschaftsverträge).31 Der automatisierte
Abruf setzt die Umstellung der Handelsregister auf elektronische Datenverarbeitung
voraus. Die Umstellung wird derzeit durchgeführt, sie geht allerdings nur schleppend
voran. Ein online-Abruf des Handelsregisters ist noch nicht möglich. Die Industrieund Handelskammern, aber auch private Auskunfteien, Notare, Banken, können
regelmäßig Datensätze aus den Handelsregistern (auch für den Aufbau zentraler
Dateien) erhalten. Ein derartiger Bezug muss von der Landesjustizverwaltung vorab
genehmigt werden.32
Seit 1968 sind die nationalen Vorschriften über das Handelsregister durch die Erste
Richtlinie zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (ABl. EWG L Nr. 65 v. 14. 3.
1968, S. 8) harmonisiert worden. Die Einsicht in das Handelsregister in anderen
Mitgliedsstaaten der EU ist gemeinschaftsweit einheitlich gewährleistet.33
1.2.3. Andere Mittel, um den Sitz von juristischen Personen und ihrer
Geschäftsstellen festzustellen?
Private Auskunfteien wie beispielsweise die Creditreform bieten umfassende
Informationen über Schuldner an. Zu den verfügbaren Informationen zählt auch der
Sitz juristischer Personen und ihrer Geschäftsstellen.
2.
Vermögenstransparenz vor Erlangung des Vollstreckungstitels
2.1
Wer kann die Auskunft verlangen?
Vor Erlangung des Titels gibt es keine gesetzliche Befugnis, allgemeine Auskünfte zu
erlangen. Zwar kann der Gläubiger im Wege der Vorpfändung nach § 845 ZPO auf
Forderungen des Schuldners zugreifen mit der Folge, dass er bei rechtzeitiger
Erwirkung der Forderungspfändung (1 Monat) ein Rang wahrendes Pfandrecht
erhält. Die Vorpfändung verpflichtet den Drittschuldner jedoch nicht zur Auskunft
nach § 840 ZPO34.
29
Angesichts der bereits bestehenden Einsichtsmöglichkeiten bei privaten Auskunfteien geht der
Aufbau der automatisierten Verzeichnisse bei den Registergerichten nur zögerlich voran.
30
Die gesetzlichen Voraussetzungen für den automatisierten Abruf wurden durch
Registerverfahrenbeschleubnigungsgesetz vom 20.11.1993 geschaffen, BGBl. I 2182, 2205.
31 MüKo-Bokelmann, HGB Kommentar Bd I (§§ 1- 104) § 9 a, Rn 2.
32
§ 65 Handelsregisterverfügung in der Fassung vom 8.12.1998, BGBl. I 3580.
33 Dazu Heß/Vollkommer, WuB IV A. § 852 BGB 1. 98, S. 830.
34
Thomas/Putzo, § 845 ZPO, Rdn. 10.
8
das
Daher besteht die einzige Ausnahme in Unterhaltsprozessen nach §§ 642 ff. ZPO.
Hierauf beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen.
2.1.1. Der Gläubiger und sein Prozessvertreter?
Die Möglichkeit, Auskünfte nach § 643 ZPO zu erlangen, steht nur dem Gericht zu.
Da die Auskünfte jedoch in den Prozessakten festgehalten werden, kann sich
Gläubiger über das allgemeine Akteneinsichtsrecht nach § 299 Abs. 1 ZPO diese
grundsätzlich auch in ein Außenstehender Informationen verschaffen.
2.1.2. Das Prozessgericht?
In Unterhaltsverfahren kann das Familiengericht gem. § 643 ZPO vom
Unterhaltspflichtigen (Beklagten) Auskünfte über seine Einkünfte, sein Vermögen und
seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verlangen, auch die Vorlage
entsprechender Belege. Dabei sind z.B. Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen,
Einkommensteuererklärungen und Steuerbescheide vorzulegen.35
Diese Auskunftsmöglichkeit steht allerdings nur dem Gericht zu. Weder Gläubiger
noch
Gerichtsvollzieher
haben
die
Rechtsmacht,
unmittelbar
vom
Unterhaltspflichtigen Auskunft über seine Vermögensverhältnisse zu verlangen.
2.1.3. das (künftige) Vollstreckungsorgan?
Nein.
2.2
Kann das Prozessgericht (oder eine andere in 2.1 genannte Person oder
Institution) vom Schuldner Auskunft über seine Vermögensverhältnisse
verlangen?
Wie oben dargelegt kann das Familiengericht gem. § 643 I ZPO vom
Unterhaltspflichtigen Auskünfte über dessen Vermögensverhältnisse verlangen, um
die Höhe der Unterhaltspflicht berechnen zu können. Diese Befugnis steht dem
Gericht sowohl im Erkenntnisverfahren als auch im Rahmen des vorläufigen
Rechtsschutzes nach §§ 620, 644 ZPO zu.36
2.2.1. Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Die Auskunftspflicht des § 643 I ZPO gilt für alle Verfahren, in denen gesetzliche
Unterhaltsansprüche Verfahrensgegenstand sind (ausgenommen ist jedoch
einerseits das vereinfachte Verfahren nach §§ 645 ff ZPO und andererseits die
Ansprüche aus § 1615m BGB).37 Unerheblich ist für die Anwendung des § 643 ZPO,
ob es sich um ein isoliertes Unterhaltsverfahren, eine Folgesache oder vorläufigen
Rechtsschutz handelt. Von den gesetzlichen Unterhaltspflichten sind alle erfasst: Die
Unterhaltspflicht unter Verwandten, also Eltern gegenüber ihren Kindern sowie
35
Zöller-Philippi, § 643 ZPO, Rn 4 ff
36
Musielak-Borth, § 643 ZPO, Rn 1
37
MüKo-Coester-Waltjen, § 643 ZPO, Rn 2
9
Kinder gegenüber ihren Eltern (§§ 1601 ff. BGB), Unterhaltspflichten zwischen
Ehegatten und früheren Ehegatten (§§ 1360 ff., 1569 ff. BGB) sowie
Unterhaltspflichten unter Elternteilen (§ 1615l BGB).38
Voraussetzung ist jedoch stets, dass die verlangten Auskünfte für die Bemessung
des Unterhalts von Bedeutung sind.
Eine Pflicht zur Auskunftserteilung besteht nicht. Jedoch weist das Gericht den
Beklagten gem. § 643 II 2 ZPO darauf hin, dass es andernfalls von Amts wegen die
entsprechenden Auskünfte einholen wird.39
2.2.2. Umfang der Offenbarungspflicht?
Für die Parteien besteht eine umfassende Auskunftspflicht, die Einkünfte, Vermögen,
persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse umfassen kann und durch die Pflicht zur
Vorlage von Belegen ergänzt wird.40 Allerdings dürfen nur Auskünfte verlangt werde,
die für die Bemessung des Unterhalts von Bedeutung sind.
2.2.3. Sanktionen im Fall der Nicht-/Schlechterfüllung?
Da keine Auskunftspflicht der Parteien besteht, sind auch keine besonderen
Sanktionen für den Fall der Nicht- bzw. Schlechterfüllung vorgesehen.
Werden die Auskünfte nicht oder unvollständig erteilt, so holt das Gericht gem. § 643
II ZPO selbst Auskunft über die Höhe der Einkünfte bei Arbeitgebern und
Sozialleistungsträgern iSd § 12 SGB I (z.B. Landesämter für Ausbildungsförderung,
Arbeitsämter, Krankenkassen, Berufsgenossenschaften, Familienkassen) ein. In
Rechtsstreitigkeiten über den Unterhaltsanspruch minderjähriger Kinder können auch
die Finanzämtern befragt werden (§ 643 II Nr. 3). Schließlich kann das Gericht bei
der zentralen Datenstelle der Rentenversicherungsträger den zuständigen
Rentenversicherungsträger und die Versicherungsnummer in Erfahrung bringen, §
643 II Nr. 2. Die ersuchten Personen und Stellen sind zur Auskunft verpflichtet. Bei
grundloser Auskunftsverweigerung können Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft
verhängt werden.41
2.3.
Auskunft aus öffentlichen Registern?
2.3.1. Aus welchen öffentlichen Registern kann Auskunft verlangt werden:
2.3.1.1.
Grundbuch?
38
MüKo-Coester-Waltjen, § 643 ZPO, Rn 3
39
Zöller-Philippi, § 643 ZPO, Rn 6
40
MüKo-Coester-Waltjen, § 643 ZPO, Rn 4
41 Zöller-Philippi, § 643 ZPO, Rn 11.
10
Aus dem Grundbuch kann Auskunft verlangt werden, vgl. § 12 I GBO.
2.3.1.2.
Handelsregister?
Auch aus dem Handelsregister kann Auskunft verlangt werden, vgl. § 9 I HGB.
2.3.1.3.
Schuldnerverzeichnis?
Gem. § 915b I ZPO kann auch aus dem Schuldnerverzeichnis Auskunft verlangt
werden.
2.3.1.4.
Verzeichnis der Insolvenzschuldner?
Gem. § 9 I InsO wird die Anschrift und der Geschäftszweig von Schuldnern, über
deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, öffentlich bekanntgemacht.
2.3.1.5.
Kraftfahrzeugregister?
Die Kfz-Zulassungsstellen erteilen selbst bei schriftlicher Anfrage nur eine sog.
verkehrsbezogene Auskunft an Privatpersonen zur Ermittlung von Beteiligten bei
Verkehrsunfällen. Auskünfte an Vollstreckungsgläubiger werden nicht erteilt.
2.3.1.6.
Güterstandsregister?
Das Güterrechtsregister ist in den §§ 1558 ff. BGB geregelt. Gem. § 1563 S.1 BGB
ist die Einsicht jedem gestattet. Der Informationsgehalt bezieht sich freilich im
wesentlichen lediglich auf den jeweiligen Güterstand.
2.3.2. Voraussetzungen einer Auskunft beim Register (unter Einschluss des
Verfahrens)?
2.3.2.1.
Grundbuch
Auskünfte über Grundstücke und grundstücksähnliche Rechte des Schuldners sind
durch Einsicht in das Grundbuch erhältlich, das sämtliche Verfügungen über
Grundstücke und deren Belastungen verzeichnet, vgl. § 873 I BGB. Die Einsicht
umfasst auch die jeweiligen Beiakten.
a) Einsichtsvoraussetzungen Nach § 12 I GBO ist die Einsicht jedem gestattet, der
ein berechtigtes Interesse darlegt; dabei genügen tatsächliche, insbesondere
wirtschaftliche Interessen.42 Die Vorlage eines Vollstreckungstitels erbringt diesen
Nachweis43. Nach § 12 II GBO kann eine Abschrift verlangt werden. Zuständig für die
Gestattung der Einsicht in das Grundbuch ist gem. § 12 c I Nr. 1 GBO der
Urkundsbeamte der Geschäftsstelle.
42 Bauer/Oefele-Maaß, § 12 GBO, Rn 9.
43 Bauer/Oefele-Maaß, § 12 GBO, Rn 10; Krause, JuS 1988, 877, 879.
11
b) Das maschinelle Grundbuch In einigen Bundesländern wird inzwischen das
Grundbuch in maschineller Form, d.h. als automatisierte Datei geführt (§§ 126 ff
GBO)44. Die Einsicht in das maschinell geführte Grundbuch bestimmt sich
grundsätzlich nach § 12 GBO, dabei wird das GB-Blatt von Grundbuchamt
aufgerufen und auf dem Computerbildschirm wiedergegeben.45 .Der entscheidende
Vorteil des automatisierten Verfahrens ist, dass das maschinell geführte Grundbuch
nicht mehr beim registerführenden, sondern bei jedem Grundbuchamt eingesehen
werden kann, § 132 GBO. Über die Zulässigkeit der Einsicht entscheidet das
einsichtgewährende Grundbuchamt, § 132 S. 2 GBO. An die Stelle der Abschrift tritt
ein Ausdruck und an die Stelle der beglaubigten Abschrift ein amtlicher Ausdruck, §
131 S. 1 GBO. Die EDV-Grundbücher werden in eigener Verantwortung der
Landesjustizverwaltungen mit nicht immer kompatiblen EDV-Systemen aufgebaut.
Daher ist eine bundesweite Einsicht
nicht möglicht46. Hierfür müssen die
Landesjustizverwaltungen zunächst entsprechende Vereinbarung treffen.47
2.3.2.2.
Handelsregister und Beiakten
Das Handelsregister ist öffentlich. Die Einsicht des Handelsregisters ist jedem zu
Informationszwecken gestattet (vgl. § 9 I HGB).
Bei der Einsicht ins Handelsregister ergeben sich häufig interessante Informationen
aus den Beiakten48. Diese werden allerdings in der Regel nicht in Fotokopie
verschickt, sondern müssen persönlich vor Ort eingesehen werden.
Handelsregisterauszüge werden in Kopie verschickt. Elektronische Handelsregister
sind derzeit erst von wenigen Bundesländern errichtet worden, auch hier bestehen
Abstimmungsschwierigkeiten
aufgrund
unterschiedlicher
Datenverarbeitungsprogramme.
2.3.2.3.
Schuldnerverzeichnis/Vermögensverzeichnis
Jeder
Vollstreckungsgläubiger
kann
unter
Vorlage
des
Titels
das
Schuldnerverzeichnis einsehen, §§ 915b, 915 III ZPO. Die Auskunft umfasst den
Namen und die Anschrift des Schuldners sowie eine Abschrift des
Vermögensverzeichnisses.49 Auch eine Datenübermittlung ins Ausland ist zulässig.50
2.3.2.4.
Verzeichnis der Insolvenzschuldner
44
Übersicht bei Herberger, Landesbericht Deutschland für den 11. Weltkongreß für Prozeßrecht
(Wien 1999) unter http://www.jura.uni-sb.de/Wien 1999/Reports
45 Bauer/Oefele-Waldner, § 132 GBO, Rn 1.
46
Kritik bei Hess, in: Caupain/Verbeke (ed.), La transparence patrimoniale (1999), 299, 312
47 Bauer/Oefele-Waldner, § 132 GBO, Rn 2.
48
In den Beiakten finden sich insbesondere Gesellschafterliste mit den Privatadressen der
Gesellschafter, des Geschäftsführes der GmbH, die für einen Haftungsdurchgriff nützlich sein kann.
49 Hintzen, Taktik in der Zwangsvollstreckung II, Rn 37.
50 Heß, Rpfleger 1996, 89, 93.
12
Gem. § 9 I InsO erfolgt eine öffentliche Bekanntmachung der Anschrift und des
Geschäftszweigs des insolventen Schuldners. Die Bekanntmachung erfolgt dabei in
dem Amtsblatt, das die jeweilige Justizverwaltung bestimmt, neuerdings auch im
Internet (§ 9 I 1, II 2 InsO, nach Maßgabe des Landesrechts; vgl.
www.ebundesanzeiger.de ,www.insolvenzen.nrw.de).51
Das Gericht kann auch weitere Veröffentlichungen veranlassen (§ 9 II 1), z.B. an der
Gerichtstafel, in lokaler und überregionaler Presse, Rundfunk.
2.3.2.5.
Kraftfahrzeugregister
Die Kfz-Zulassungsstellen erteilen nur verkehrsbezogene Auskünfte zur Ermittlung
von Beteiligten an Verkehrsunfällen. Auskünfte an Vollstreckungsgläubiger werden
nicht erteilt.
2.3.2.6.
Güterstandsregister
Die Eintragungen in das Güterrechtsregister werden gem. § 1562 I BGB öffentlich
bekanntgemacht. Eine Einsicht ist jedem gestattet, vgl. § 1563 S.1 BGB. Von den
Eintragungen kann eine Abschrift gefordert werden. Diese ist auf Verlangen zu
beglaubigen.
2.4.
Auskunftserlangung von Dritten
Grundsätzlich besteht keine Auskunftspflicht. Ausnahme: Unterhaltsverfahren nach
§§ 642 ff. ZPO.
Daneben stellen Bankauskünfte ein im Geschäftsleben wichtiges Instrument zur
raschen Informationsgewinnung über die Kreditwürdigkeit eines Geschäftspartners
dar.52 Allerdings sind die Banken zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet.53
2.4.1. Wer ist auskunftspflichtig?
Kommt eine Partei dem Auskunftsverlangen in Unterhaltsverfahren nach § 643 I ZPO
nicht oder nicht vollständig nach, so kann das Gericht bestimmte Auskünfte von
Dritten einholen (vgl. § 643 II ZPO).54 Gem. § 643 III 1 ZPO sind diese verpflichtet
dem gerichtlichen Ersuchen Folge zu leisten.
Auskunftspflichtig über die Höhe der Einkünfte der befragten Partei sind der
Arbeitgeber, die Sozialleistungsträger und sonstige Personen oder Stellen, die
Leistungen zur Versorgung im Alter und bei verminderter Erwerbsfähigkeit sowie
Leistungen zur Entschädigung oder zum Nachteilsausgleich zahlen (vgl. § 643 II 1
Nr. 1 ZPO).
51
Foerste, Insolvenzrecht, Rn 43
52
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, Bankrechts-Handbuch, Band 1, § 40 Rn 1
53
vgl. im einzelnen die Ausführungen unter 4.3.1.
54
Baumbach/Lauterbach/Hartmann-Albers, § 643 ZPO Rn 6
13
Über den zuständigen Rentenversicherungsträger und die Versicherungsnummer hat
die Datenstelle der Rentenversicherungsträger Auskunft zu erteilen (vgl. § 643 II 1
Nr. 2 ZPO).
Schließlich sind in Rechtsstreitigkeiten über den Unterhaltsanspruch eines
minderjährigen Kindes die Finanzämter über die Höhe der Einkünfte und das
Vermögen der Parteien auskunftspflichtig (vgl. § 643 II 1 Nr. 3 ZPO).
2.4.1.1.
der Arbeitgeber des Schuldners?
Gem. § 643 II 1 Nr. 1 a ZPO ist der Arbeitgeber des Schuldners zur Auskunft
verpflichtet.
2.4.1.2.
Banken, bei denen Konten des Schuldners geführt werden?
Eine Auskunftspflicht von Banken ist in § 643 II ZPO im Hinblick auf das
Bankgeheimnis nicht vorgesehen, obgleich eine solche Auskunftspflicht vielfach
gefordert wurde.55
2.4.1.3.
Steuerbehörden (Finanzamt)?
Gem. § 643 II 1 Nr. 3 ZPO sind auch die Finanzämter auskunftspflichtig.
2.4.1.4.
Renten- und Sozialversicherungsträger?
Auch Renten- und Sozialversicherungsträger sind gem. § 643 II 1 Nr. 1 b und c sowie
gem. § 643 II Nr. 2 ZPO auskunftspflichtig.
2.4.1.5.
Sonstige Personen (beispielsweise Anwälte, Wirtschaftsprüfer,
Steuerberater)?
Nach § 643 II 1 Nr. 1 d ZPO sind auch Versicherungsunternehmen auskunftspflichtig.
2.4.2. Ist dieses
geknüpft?
2.4.2.1.
Auskunftsverlangen
an
bestimmte
Voraussetzungen
Die Weigerung des Schuldners, selbst Auskunft zu erteilen?
Die genannten Stellen und Personen sind zur Auskunft nur verpflichtet, wenn die
auskunftspflichtige Partei vom Gericht wirksam aufgefordert wurde, selbst Auskunft
zu erteilen. Zusätzlich muss der Hinweis gem. § 643 II 2 ZPO ergangen sein, dass
das Gericht im Falle einer Weigerung die in § 643 II 1 ZPO genannten Personen und
Stellen selbst befragen wird.
Erfüllt die Partei daraufhin ihre Auskunftspflicht nicht oder nicht vollständig, so kann
das Gericht die Auskunft bei den in § 643 II 1 ZPO bezeichneten Stellen selbst
einholen.
55
vgl. dazu MüKo-Coester-Waltjen, § 643 ZPO Rn 11
14
Die in § 643 II 1 ZPO genannten Dritten trifft eine echte Auskunftspflicht (keine bloße
Obliegenheit).56 Eine Berufung auf gegenteilige Vorschriften, z.B. auf eine
Verschwiegenheitspflicht, den Datenschutz oder das Steuergeheimnis, ist ihnen
verwehrt.57
2.4.2.2.
eine bestimmte Forderung, um deren Durchsetzung es geht?
Wie für das Auskunftsverlangen nach § 643 I ZPO muss es sich auch im Rahmen
des § 643 II ZPO um Auskünfte handeln, die für die Bemessung des Unterhalts von
Bedeutung sind. Dabei sind alle gesetzlichen Unterhaltspflichten erfasst (vgl. oben
2.2.1.).
2.4.2.3.
wenn ja,
Auskunftspflicht an.
geben
Sie
bitte
den
Umfang
der
jeweiligen
Die in § 643 II 1 Nr. 1 genannten Personen und Stellen (Arbeitgeber,
Sozialleistungsträger,
sonstige
Träger
der
Altersund
Erwerbsminderungsversorgung, Versicherungsunternehmen) müssen umfassende
Auskunft über die Höhe der Auskünfte erbringen. Dabei betrifft die Auskunftspflicht
nicht nur die Höhe der Einkünfte als solche, sondern auch Angaben bezüglich der
relevanten Zeiträume und Daten, die die Berechnung der Einkünfte ermöglichen.58
Die Datenstelle der Rentenversicherungsträger hat gem. § 643 II 1 Nr. 2 ZPO über
den zuständigen Rentenversicherungsträger und die Versicherungsnummer Auskunft
zu erteilen.
Im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten, die den Unterhaltsanspruch eines
minderjährigen Kindes betreffen haben die Finanzämter gem. § 643 II 1 Nr. 3 ZPO
Auskunft über die Höhe der Einkünfte und das Vermögen zu geben.
2.4.3. Erfolgt die Auskunft aufgrund einfachen Antrags des Gläubigers?
Nur dem Gericht steht die Befugnis zu, die Auskünfte gem. § 643 II ZPO einzuholen.
Die Einholung der Auskünfte steht dabei im pflichtgemäßen Ermessen des
Gerichts.59 Das Einholen der Auskunft geschieht durch richterliche Verfügung mit
oder ohne Fristsetzung.60 Ein einfacher Antrag des Gläubigers ist daher nicht
ausreichend.
2.4.4. Ist eine
erforderlich?
vorherige
Genehmigung
durch
das
zuständige
Gericht
Da die Auskunft nur durch das Gericht selbst eingeholt werden kann, erübrigt sich die
Frage einer vorherigen Genehmigung durch das zuständige Gericht.
56
Thomas/Putzo-Hüßtege, § 643 ZPO, Rn 12
57
Baumbach/Lauterbach/Hartmann-Albers, § 643 ZPO Rn 10
58
MüKo-Coester-Waltjen, § 643 ZPO Rn 13
59
Baumbach/Lauterbach/Hartmann-Albers, § 643 ZPO Rn 4
60
Thomas/Putzo-Hüßtege, § 643 ZPO Rn 9
15
2.4.5. Umfang der Auskünfte?
Es ist über alle aufklärungsbedürftigen, nicht notwendig schon beweisbedürftigen
Tatsachen Auskunft zu erteilen. Das sind alle Tatsachen, die für die Bemessung des
Unterhalts erheblich sein können.61
2.4.6. Sanktionen für den Fall der Nicht-/Schlechterfüllung?
Wird die Auskunftspflicht nicht oder nicht vollständig erfüllt, ist Zeugniszwang gem. §
390 ZPO zulässig (vgl. § 643 III 2 ZPO).62 Insbesondere kann Ordnungsgeld und
Ordnungshaft verhängt werden.63 Dies gilt jedoch nicht gegenüber Finanzämtern;
hier kann sich das Gericht lediglich mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde an die
übergeordnete Stelle wenden.64
2.5.
In welcher Form wird die Auskunft erteilt?
Das Gericht verwendet für sein Auskunftsverlangen standardisierte Formulare. (?)
2.6.
Gibt es Grenzen für derartige Auskunftsverlangen?
Es besteht eine umfassende Auskunftspflicht. Etwaige Geheimhaltungspflichten
werden durchbrochen (Steuergeheimnis, § 30 AO; Sozialdatengeheimnis, § 35 SGB
I). Allein eine Auskunftspflicht von Banken ist mit Rücksicht auf das Bankgeheimnis
nicht vorgesehen.65
3.
Die Offenbarung
Vollstreckungstitels
3.1.
des
Schuldnervermögens
auf
der
Basis
eines
Wer kann die Auskunft verlangen?
3.1.1. der Gläubiger und sein Prozessvertreter?
Es besteht kein generelles Auskunftsrecht des Gläubigers. Der Gläubiger kann nur
die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung (§ 900 I ZPO) durch den
Gerichtsvollzieher beantragen. Im Verfahren der eidesstattlichen Versicherung kann
der Gläubiger jedoch zusätzliche Fragen stellen.66 Bei der Forderungspfändung kann
der Gläubiger vom Schuldner die zur Geltendmachung der gepfändeten Forderung
notwendigen Informationen verlangen, § 836 III ZPO.
61
Thomas/Putzo-Hüßtege, § 643 ZPO Rn 9
62
Thomas/Putzo-Hüßtege, § 643 ZPO Rn 13
63
MüKo-Coester-Waltjen, § 643 ZPO Rn 19
64
Baumbach/Lauterbach/Hartmann-Albers, § 643 ZPO Rn 10
65
vgl. dazu MüKo-Coester-Waltjen, § 643 ZPO Rn 11
66
Stein/Jonas/Münzberg, § 807 ZPO (22. Aufl. 2002), Rn.23.
16
3.1.2. das Prozessgericht?
Nein.
3.1.3. das (künftige) Vollstreckungsorgan?
Gem. § 806 a I ZPO ist der Gerichtsvollzieher befugt, den Schuldner bei der
Sachpfändung nach Geldforderungen gegen Dritte (Arbeitgeber, Renten- und
Sozialversicherungsträger) zu befragen.67
Auch für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung gem. §§ 807, 899 ff ZPO ist
der Gerichtsvollzieher zuständig (vgl. § 899 I ZPO). Allerdings hat der
Gerichtsvollzieher die von ihm abgenommene eidesstattliche Versicherung
unverzüglich bei dem Vollstreckungsgericht zu hinterlegen und dem Gläubiger eine
Abschrift zuzuleiten (vgl. § 900 V ZPO).
3.2. Kann das Prozessgericht (oder eine andere in 2.1. genannte Person oder
Institution) vom Schuldner Auskunft über seine Vermögensverhältnisse
verlangen?
3.2.1. Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen?
Bei der Forderungspfändung ist der Schuldner verpflichtet, dem Gläubiger die zur
Geltendmachung der gepfändeten Forderung notwendigen Informationen zu geben,
§ 836 III ZPO.
Für den Gerichtsvollzieher besteht neben der Befragung des Schuldners gem. §
806a I ZPO die Möglichkeit zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung nach
§§ 807, 899 ff. ZPO.
3.2.1.1. Auskunftspflicht des Schuldners gem. § 836 III ZPO
Gem. § 836 III ZPO muss der Schuldner dem Gläubiger diejenigen Auskünfte
erteilen, die der Gläubiger benötigt, um die Forderung geltend machen zu können.68
Neben der Erteilung der notwendigen Auskünfte trifft den Schuldner die Pflicht, die
zur Geltendmachung der Forderung erforderlichen Urkunden herauszugeben.69
Voraussetzung für die Auskunfts- und Herausgabepflicht ist stets eine wirksame
Pfändung der Forderung gem. § 829 ZPO und die Überweisung der Forderung zur
Einziehung oder an Zahlungs Statt gem. § 835 ZPO.70
Wie bei § 807 ZPO muss der Schuldner den Grund und die Beweismittel für seine
Ansprüche gegen den Drittschuldner angeben.71 Der Umfang der Auskunftspflicht
67
Die Begrenzung auf Geldforderungen ist nicht einsichtig, zutreffend Schilken, Reformen der
Zwangsvollstreckung, in: Vorträge zu Rechtsentwicklungen der achtziger Jahre (1991), 307, 320.
68
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, § 836 ZPO, Rn 5
69
MüKo-Smid, § 836 ZPO, Rn 10
70
Zöller-Stöber, § 836 ZPO, Rn 9
71
Musielak-Becker, § 836 ZPO, Rn 6
17
kann sich dabei nur nach dem Einzelfall richten.72 Voraussetzung ist stets, dass die
Auskunft zur Geltendmachung der Forderung nötig ist. Die Auskunftspflicht besteht
auch für Tatsachen, die nach Erlass, aber vor Zustellung des Pfändungsbeschlusses
an den Drittschuldner eingetreten sind.73 Allerdings bietet § 836 III ZPO keine
Rechtsgrundlage für eine umfassende Ausforschung.74 Auf Tatsachen, die der
Schweigepflicht des Schuldners unterliegen, erstreckt sich der Anspruch nicht.75
Der Auskunftsanspruch kann im Offenbarungsverfahren nach §§ 899 ff. ZPO verfolgt
werden (vgl. § 836 III 2 ZPO).76 Der Schuldner, der die Auskunft nicht erteilt, ist gem.
§ 836 III 2 ZPO auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, die Auskunft zu Protokoll zu
geben und seine Anagaben an Eides Statt zu versichern. Die Herausgabe der
Urkunden kann im Wege der Zwangsvollstreckung nach § 883 ZPO verfolgt werden,
vgl. § 836 III 3 ZPO.77
3.2.1.2. Befragung des Schuldners gem. § 806a I ZPO
Der Gerichtsvollzieher ist gem. § 806 a I befugt, den Schuldner bei der
Sachpfändung nach Geldforderungen gegen Dritte (Arbeitgeber, Renten- und
Sozialversicherungsträger) zu befragen78. Eine gezielte Durchsuchung von Wohnung
und Büro des Schuldners zum Auffinden von Schriftstücken ist nicht erlaubt, wohl
aber eine Einsicht in offen einsehbare Schriftstücke.79 Die Vorschrift soll dem
Gläubiger kostspielige und zeitraubende Recherchen ersparen80, sie ordnet für den
Schuldner keine Auskunftspflicht an81; auch falsche Angaben werden nicht
sanktioniert.82
3.2.1.3. Die Offenbarungsversicherung gem. §§ 807, 899 ff. ZPO
Der Regelfall der Informationsgewinnung über das Schuldnervermögen ist das
Verfahren
zur
Abgabe
der
eidesstattlichen
Versicherung.
Die
83
Offenbarungsversicherung ist eine echte prozessuale Auskunftspflicht.
Ihre
eigentliche Bedeutung ergibt sich aus den wirtschaftlichen Konsequenzen: Wer die
Offenbarungsversicherung abgegeben hat, ist nicht mehr kreditwürdig. Dieser
72
Zöller-Stöber, § 836 ZPO, Rn 10
73
Musielak-Becker, § 836 ZPO, Rn 6
74
MüKo-Smid, § 836 ZPO, Rn 10
75
Musielak-Becker, § 836 ZPO, Rn 6
76
Zöller-Stöber, § 836 ZPO, Rn 15
77
Zöller-Stöber, § 836 ZPO, Rn 16
78
Die Begrenzung auf Geldforderungen ist nicht einsichtig, zutreffend Schilken, Reformen der
Zwangsvollstreckung, in: Vorträge Rechtsentwicklungen der achtziger Jahre (1991), 307, 320.
79 Musielak-Becker, § 806 a ZPO, Rn 2.
80 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO § 806 a, Rn 2.
81 Musielak-Becker, § 806 a ZPO, Rn 2.
82
Schilken, Reformen der Zwangsvollstreckung, in: Vorträge zu den Rechtsentwicklungen der
achtziger Jahre (1991), 307, 316 ff.
83 Brox/Walker, aaO., Rn 1126.
18
wirtschaftliche Druck veranlasst viele Schuldner, freiwillig zu zahlen oder zumindest
eine
Teilzahlungsvereinbarung
mit
dem
Gläubiger
zu
treffen.
Die
Offenbarungsversicherung wird daher als eine Vollstreckungsmaßnahme angesehen,
die den "Vollstreckungsdruck" auf den Schuldner verstärken soll.
a)
Voraussetzungen der Offenbarungspflicht nach § 807 ZPO
Die Voraussetzungen ergeben sich aus § 807 ZPO. Mehrere Fallgruppen sind zu
unterscheiden.
(1)
Die erfolglose Pfändung gem. § 807 I Nr. 1
Die Pfändung hat nicht zur vollständigen Befriedigung geführt. Eine vergebliche
Sachpfändung genügt, ein Versuch der Vollstreckung in ein Grundstück ist also nicht
erforderlich.84 Kennt der Gläubiger allerdings eine Forderung des Schuldners, muss
er zunächst die Forderung pfänden.85 Der Nachweis der erfolglosen Pfändung
erfolgt durch Vorlage des Vollstreckungsprotokolls oder durch eine
sog.
Fruchtlosigkeitsbescheinigung des Gerichtsvollziehers.86
(2)
Glaubhaftmachung der Aussichtslosigkeit einer künftigen Forderung gem. §
807 I Nr. 2
Macht der Gläubiger glaubhaft (§ 294 ZPO)87, dass er durch die Pfändung seine
Befriedigung nicht vollständig erlangen kann, so kann der Schuldner unmittelbar zur
Offenbarungsversicherung
geladen
werden.
Aussichtslosigkeit
der
Zwangsvollstreckung liegt vor allem dann vor, wenn andere Gläubiger bereits
erfolglos die Vollstreckung versucht haben.88 Dies ist z.B. der Fall, wenn der
Schuldner im Inland weder Wohnung noch Geschäftslokal hat.89
(3)
Verweigerung der Wohnungsdurchsuchung durch den Schuldner gem. § 807 I
Nr. 3
Verweigert der Schuldner dem Gerichtsvollzieher die Durchsuchung der Wohnung
nach § 758 ZPO, so kann er sofort zur Abgabe der Offenbarungserklärung geladen
werden. Der Gläubiger muss nicht zuvor eine richterliche Durchsuchungsanordnung
gem. § 758 a ZPO beantragen. Diese Regelung ist problematisch, weil damit der von
Art. 13 GG verbürgte Schutz der Wohnung und Privatsphäre (der eine richterliche
Durchsuchungsanordnung verlangt) umgangen wird.90
(4)
Wiederholtes Nichtantreffen des Schuldners, § 807 I Nr. 4
84 Musielak-Becker, § 807 ZPO, Rn 3; Brox/Walker; aaO., Rn 1128.
85 Brox/Walker, aaO., Rn 1128.
86 Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 100.
87 Musielak-Becker, § 807 ZPO, Rn 4; Brox/Walker, aaO., Rn 1131.
88
Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 100. Umstritten ist, wie alt die genannten Unterlagen sein dürfen
(Zeitschranken der Rechtsprechung: 1/2 - 3 Jahre dienen nur als allgemeine Orientierungshilfe.). Es
muß jeweils auf den Einzelfall abgestellt werden, insbesondere darauf, ob es sich um einen Rentner
oder um einen Schuldner im erwerbsfähigen Alter handelt.
89 Brox/Walker, aaO., Rn 1130.
90
Die Berufung des Schuldners auf Art. 13 GG führt zu Vollstreckungsnachteilen. Der Gesetzgeber
erhoffte sich von der Neuregelung eines Erntlastung der Volstreckungsgerichte, Zöller/Stöber, § 807
ZPO, Rdn.
19
Trifft der Gerichtsvollzieher den Schuldner wiederholt nicht am Vollstreckungsort an,
so ist der Schuldner zur Abgabe der Offenbarungsversicherung zu laden91. Ein
zweimaliges Nichtantreffen reicht aus, dabei hat der Gerichtsvollzieher dem
Schuldner den zweiten Vollstreckungstermin rechtzeitig anzukündigen92.Die
mehrfache Abwesenheit des Schuldners reicht nicht aus, wenn sich der Schuldner
glaubhaft entschuldigt.93
b)
Das Verfahren zur Abgabe der Offenbarungsversicherung
(1)
Zuständigkeit Seit 1999 ist der Gerichtsvollzieher für die Abnahme der
Offenbarungsversicherung zuständig (§ 899 ZPO n.F.). Die örtliche Zuständigkeit
richtet sich nach dem Wohnsitz des Schuldners. Verzieht der Schuldner nach
Antragstellung, bleibt der Gerichtsvollzieher des alten Wohnsitzes zuständig, muss
aber den Gerichtsvollzieher des neuen Wohnsitzes um Rechtshilfe ersuchen.94
(2)
Antrag gem. § 900 I ZPO
Notwendig ist ein gesonderter, schriftlicher Antrag des Gläubigers, der nach § 900 I
ZPO mit dem Vollstreckungsantrag verbunden werden kann. Dies ist die gängige
Formularpraxis95. Vor der Bestimmung des Termins zur Abgabe der
Offenbarungsversicherung prüft der Gerichtsvollzieher von Amts wegen, ob
Vollstreckungshindernisse
vorliegen96,
der
Schuldner
nicht
bereits
im
Schuldnerverzeichnis eingetragen ist97 und ob der Gläubiger ein legitimes Interesse
an der Abnahme der eidesstattlichen Versicherung hat98.
(3)
Terminbestimmung
Bei Vorliegen aller Voraussetzungen bestimmt der Gerichtsvollzieher einen Termin
zur Abgabe der Offenbarungsversicherung (§ 900 I ZPO). Nach. § 900 II iVm § 807 I
ZPO besteht die Möglichkeit der Sofortabnahme der e.V. unmittelbar im Anschluss
an den fruchtlosen Pfändungsversuch. Der Schuldner kann der Sofortabnahme
widersprechen. Erklärt sich der Schuldner bereit, die Forderung binnen einer Frist
von 6 Monaten zu tilgen, so bestimmt der Gerichtsvollzieher einen Termin zur
91 Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 100.
92 Zwischen der Mitteilung und dem neuen Vollstreckungstermin müssen mindestens 2 Wochen
liegen, Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 100.
93 Brox /Walker, aaO., Rn 1131 b.
94 Vgl. Beispiel bei Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 100.
95
Musterformular bei Hintzen/Wolf, Handbuch der Mobiliarvollstreckung (2. Aufl. 1999), S. 382 f.
96
Insbesondere die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 89 InsO), die Zahlung der Lösungssumme
beim Arrest (§ 923 ZPO), die Einstellungstatbestände des § 775 ZPO.
97 Hat der Schuldner innerhalb der letzten 3 Jahre die eidesstattliche Versicherung abgegeben, so ist
er zur nochmaligen Ableistung nicht verpflichtet.. Der Gläubiger kann jedoch glaubhaft machen, daß
der Schuldner zwischenzeitlich Vermögen erworben hat (z.B. bei erkennbar aufwendiger
Lebensführung, Schuldtilgungen größeren Umfangs, Tod eines vermögenden Elternteils des
Schuldners) oder daß ein bisheriges Arbeitsverhältnis mit dem Schuldner aufgelöst ist,.
Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 108 f.
98
Der Antrag ist mangels Rechtsschutzbedürfnis zurückzuweisen, wenn der Gläubiger sichere
Kenntnis vom Vermögen des Schuldners hat (auch Kenntnis vom Nichtvorhandensein des
Vermögens) Umstritten ist das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die offene Forderung relativ gering ist,
dazu Heß, The Abuse of Procedural Rights in Germany and Austria, in Taruffo (Hrg.), Abuse of
Procedure (1999), S. 156 ff.
20
Abgabe der Offenbarungsversicherung nach Fristablauf oder vertagt den Termin bis
zu 6 Monaten und zieht die Teilbeträge beim Schuldner ein. Der Gläubiger muss
jedoch einverstanden sein.
3.2.2 Umfang der Offenbarungspflicht
Im Offenbarungstermin muss der Schuldner muss sein ganzes vollstreckungsfähiges
Vermögen, also alle geldwerten Sachen, Forderungen und Rechte99 im Inland und im
Ausland100, angeben (alle Aktiva, nicht die Passiva).101
Die Erklärung erfolgt auf einem besonderen Formular, das der Gerichtsvollzieher mit
dem Schuldner durchgeht. Der Gläubiger hat ein Anwesenheits- und Fragerecht. Die
Angaben müssen vollständig sein. Grundsätzlich sind auch unpfändbare
Gegenstände anzugeben, es sei denn sie sind einer Pfändung gem. § 811 I Nr. 1
und 2 ZPO nicht unterworfen und eine Austauschpfändung iSd § 811 a ZPO kommt
nicht in Betracht, vgl. § 807 II 2 ZPO.102
Der Gläubiger muss aus dem Verzeichnis erkennen können, ob weitere
Zwangsvollstreckung Aussicht auf Erfolg bietet und welche Maßnahmen dazu
erforderlich sind. Bewegliche Sachen, die im Vermögensverzeichnis aufgeführt sind,
werden mit Angabe des Aufbewahrungsortes genau bezeichnet.103 Forderungen
müssen nach Grund und Höhe genau angegeben werden, so dass sie auch durch
andere Personen als die unmittelbar Beteiligten zweifelsfrei identifiziert werden
können. Der Drittschuldner ist mit zustellfähiger Anschrift zu benennen.104
Grundsätzlich müssen sich die Angaben des Schuldners auf sein gegenwärtiges
Vermögen beziehen. Gem. § 807 II ZPO sind aber auch bestimmte Angaben
hinsichtlich früherer Verfügungen zu machen: Anzugeben sind entgeltliche
Veräußerungen des Schuldners nahestehende Personen (§ 138 InsO) während der
letzten zwei Jahre und Schenkungen in den letzten vier Jahre vor dem
Offenbarungstermin. Diese Verfügungen können nach dem Anfechtungsgesetz
(action paulienne) rückgängig gemacht werden.
99 Beispiele: Immobilien, Mobilien, Wertsachen, Lohnforderungen bzw. Arbeitseinkommen, auch aus
Schwarzarbeit,
Anteile
an
Nachlaß,
Gesellschaftsanteile,
Anwartschaftsrechte,
Rückübertragungsansprüche, Sozialleistungsanpsrüche, Unterhaltsansprüche, Bankkonten, auch
wenn sie gegenwärtig kein positives Guthaben aufweisen etc, Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 104;
Musielak-Becker, § 807 ZPO, Rn 14 f.
100
Dazu Heß, Rechtspfleger 1996, 89 ff., Stein/Jonas/Münzberg, § 807 ZPO (22.Aufl. 2002), Rn.23.
101
Die Ursache hierfür ist die Geltung des Prioritätsprinzips im deutschen Vollstreckungsrecht, das
eine Ermittlung des Passivvermögens nicht erfordert, dazu Tarzia, RIDC 1999, 133 ff.
102 Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 104.
103 Musielak-Becker, § 807 ZPO, Rn 12.
104 Musielak-Becker, § 807 ZPO, Rn 13, LG Münster RPfleger 1997, 73 f.
21
3.2.3. Sanktionen im Fall der Nicht-/Schlechterfüllung
a)
Haft, §§ 901 ff. ZPO
Erscheint der Schuldner nicht im Termin oder verweigert er die Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung ohne Grund, so erlässt das Gericht. (§ 901 ZPO) auf
Antrag des Gläubigers einen Haftbefehl. Den Haftbefehl erlässt der Richter (§ 901
ZPO), die Verhaftung erfolgt durch den Gerichtsvollzieher, § 909 I 1 ZPO. Gemäß §
913 ZPO darf die Dauer der Haft 6 Monate nicht übersteigen. Der Haftbefehl ist nicht
zu erlassen, wenn der Schuldner ohne sein Verschulden am Erscheinen verhindert
war, z.B. wegen einer Erkrankung, unabwendbare Ereignisse, oder eine schuldlose
Unkenntnis vom Offenbarungstermin.105
c) Schuldnerverzeichnis, §§ 915 ff. ZPO
Das praktisch bedeutsamste Druckmittel zur Befriedigung des Gläubigers ist die
Aufnahme in das Schuldnerverzeichnis oder die "Schwarze Liste". Wer auf der
Schwarzen Liste steht, ist nicht mehr kreditwürdig. Das Schuldnerverzeichnis wird
vom Vollstreckungsgericht geführt, einige Bundesländer haben zentrale
Schuldnerverzeichnisse eingerichtet. 106 Wichtige Änderungen der Regelungen über
das Schuldnerverzeichnis sind mit Wirkung zum 1.1. 1995 vorgenommen worden.
Die detaillierten Bestimmungen der §§ 915 II-915 h ZPO tragen den Anforderungen
des Datenschutzes und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung
Rechnung.107
aa)
Eintragung Die Eintragung im Schuldnerverzeichnis erfolgt nach Abgabe der
Offenbarungsversicherung oder nach Anordnung der Haft, § 915 I 1 ZPO.
Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner zum Zeitpunkt
der Antragsstellung seinen Wohnsitz hatte. Der Inhalt des Schuldnerverzeichnisses
bestimmt sich nach § 1 Schuldnerverzeichnisverordnung (SchuVVO):
bb) Abdrucke und online-Abruf Gemäß §§ 915 d, e ZPO werden auf Antrag
auch Abdrucke (Voll- oder Teilabdrucke, § 9 I SchuVVO) des
Schuldnerverzeichnisses zum laufenden Bezug an einen gesetzlich festgelegten
Kreis von Beziehern erteilt. Zu den Beziehern gehören insbesondere die SCHUFA
(Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung), sowie Industrie.- und
Handeskammern. Die Bezieher dürfennach § 915 e II ZPO ihren Mitgliedern oder
den Mitgliedern anderer Kammern Auskunft erteilen und gem. § 915 e III 1 ZPO
Listen der Abdrucke erstellen.
cc) Löschung Die Löschung erfolgt nach Ablauf von drei Jahren seit Ende des
Jahres, in dem der Eintragungsgrund entstanden ist, § 915 a I ZPO.
105 Gilleßen/Polzius, DGVZ 1998, 97, 106 (in Analogie zu § 337 ZPO).
106
Berlin, Hamburg, Schleswig-Holstein, Musielak/Voit, § 915h ZPO, Rdn. 2.
107 Rosenberg/Gaul/Schilken, Zwangsvollstreckungsrecht, 11. Aufl. (1997),§ 60 IV.
22
Gem. § 915 a II ZPO ist auch eine vorzeitige Löschung zulässig, wenn die
Befriedigung des Gläubigers nachgewiesen ist oder wenn das Vollstreckungsgericht
zuverlässige Kenntnis vom Wegfall des Eintragungsgrundes erhält.
c) § 156 StGB Die falsche Versicherung an Eides Statt wird nach § 156 StGB mit
einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
3.3.
Auskunft aus öffentlichen Registern?
3.3.1. Aus welchen öffentlichen Registern kann Auskunft verlangt werden?
3.3.1.1.
Grundbuch?
Aus dem Grundbuch kann Auskunft verlangt werden, vgl. § 12 I GBO.
3.3.1.2.
Handelsregister?
Auch aus dem Handelsregister kann Auskunft verlangt werden, vgl. § 9 I HGB.
3.3.1.3.
Schuldnerverzeichnis?
Gem. § 915b I ZPO kann auch aus dem Schuldnerverzeichnis Auskunft verlangt
werden.
3.3.1.4.
Verzeichnis der Insolvenzschuldner?
Gem. § 9 I InsO wird die Anschrift und der Geschäftszweig von Schuldnern, über
deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde, öffentlich bekanntgemacht.
3.3.1.5.
Kraftfahrzeugregister?
Die Kfz-Zulassungsstellen erteilen selbst bei schriftlicher Anfrage nur eine sog.
verkehrsbezogene Auskunft an Privatpersonen zur Ermittlung von Beteiligten bei
Verkehrsunfällen. Auskünfte an Vollstreckungsgläubiger werden nicht erteilt.
3.3.1.6.
Güterstandsregister?
Das Güterrechtsregister ist in den §§ 1558 ff. BGB geregelt. Gem. § 1563 S.1 BGB
ist die Einsicht jedem gestattet.
3.3.2. Voraussetzungen einer Auskunft beim Register (unter Einschluss des
Verfahrens)?
3.3.2.3.
Schuldnerverzeichnis/Vermögensverzeichnis
23
Jeder
Vollstreckungsgläubiger
kann
unter
Vorlage
des
Titels
das
Schuldnerverzeichnis einsehen, §§ 915b, 915 III ZPO. Die Auskunft umfasst den
Namen und die Anschrift des Schuldners sowie eine Abschrift des
Vermögensverzeichnisses.108
Auch eine Datenübermittlung ins Ausland ist
zulässig.109
3.3.2.4.
Verzeichnis der Insolvenzschuldner
Gem. § 9 I InsO erfolgt eine öffentliche Bekanntmachung der Anschrift und des
Geschäftszweigs des insolventen Schuldners. Die Bekanntmachung erfolgt dabei in
dem Blatt, das dafür von der Justizverwaltung bestimmt ist, neuerdings auch im
Internet (§ 9 I 1, II 2 InsO, nach Maßgabe des Landesrechts; vgl.
www.ebundesanzeiger.de ,www.insolvenzen.nrw.de).110
3.3.2.5.
Kraftfahrzeugregister
Die Kfz-Zulassungsstellen erteilen nur verkehrsbezogene Auskünfte zur Ermittlung
von Beteiligten an Verkehrsunfällen. Auskünfte an Vollstreckungsgläubiger werden
nicht erteilt.
3.3.2.6.
Güterstandsregister
Die Eintragungen in das Güterrechtsregister werden gem. § 1562 I BGB öffentlich
bekanntgemacht. Eine Einsicht ist jedem gestattet, vgl. § 1563 S.1 BGB.
3.4.
Auskunftserlangung von Dritten?
3.4.1. Wer ist auskunftspflichtig?
Gem. § 806a II ZPO besteht für den Gerichtsvollzieher die Möglichkeit, zum
Hausstand des Schuldners gehörende erwachsene Personen zu befragen.
Voraussetzung ist, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner in der Wohnung nicht
angetroffen hat und dass eine Pfändung in der Wohnung nicht bewirkt werden konnte
bzw. dass eine zu bewirkende Pfändung voraussichtlich nicht zur vollständigen
Befriedigung des Gläubigers geführt hätte.
Das Fragerecht des Gerichtsvollziehers ist inhaltlich auf den Arbeitgeber des
Schuldners begrenzt.111 Die befragten Personen sind gem. § 806 a II 2 ZPO aber zur
Auskunft nicht verpflichtet. Darauf hat sie der Gerichtsvollzieher auch ausdrücklich
hinzuweisen. In der Praxis hat sich diese Form der "Ermittlung" als wenig ergiebig
erwiesen.112
108 Hintzen, Taktik in der Zwangsvollstreckung II, Rn 37.
109 Heß, Rpfleger 1996, 89, 93.
110
Foerste, Insolvenzrecht, Rn 43
111
Die Literatur hält aber Fragen nach sog. „Lohnersatzleistungen“ (Insbesondere Renten,
Sozialleistungen etc.) für zulässig, Musielak-Becker, § 806a ZPO, Rn 2.
112
Auskunft von Hamburger und Münchner Rechtsanwälten, die überwiegend mit dem
Forderungsinkasso betraut sind.
24
Eine weitgehende Auskunftspflicht Dritter kennt das deutsche Vollstreckungsrecht
nur bei der Forderungspfändung: Der Drittschuldner (meist Banken oder der
Arbeitgeber des Schuldners) muss den Gläubiger innerhalb von zwei Wochen über
den Bestand der gepfändeten Forderung und über konkurrierende Gläubigerrechte
informieren (vgl. § 840 I ZPO). Dieses Auskunftsrecht des Gläubigers ist jedoch strikt
auf
die
jeweils
konkret
gepfändete
Forderung
beschränkt.
Sog.
„Verdachtspfändungen“ (etwa alle Konten des Schuldners bei einer bestimmten Bank
o.ä.) sind unzulässig - der Vollstreckungsantrag muss vielmehr die zu pfändende
Forderung genau umschreiben.
3.4.1.1.
der Arbeitgeber des Schuldners?
Als Drittschuldner unterliegt der Arbeitgeber des Schuldners der Auskunftspflicht
nach § 840 I ZPO.
3.4.1.2.
Banken, bei denen Konten des Schuldners geführt werden?
Auch Banken sind als Drittschuldner gem. § 840 I ZPO auskunftspflichtig.
3.4.1.3.
Steuerbehörden (Finanzamt)?
Steuerbehörden (Finanzämter) trifft grundsätzlich keine Auskunftspflicht.
3.4.1.4.
Renten- und Sozialversicherungsträger?
Auch Sozialversicherungsträger sind im Rahme des § 840 ZPO auskunftspflichtig.113
3.4.1.5.
Sonstige Personen?
Im Rahmen des § 806a II ZPO können zum Hausstand des Schuldners gehörende
Personen befragt werden. Allerdings sind diese zur Auskunft nicht verpflichtet (vgl. §
806a II 2 ZPO). In der Praxis ist dieses Auskunftsverlangen wenig ergiebig (vgl. oben
unter 3.4.1.).
3.4.2. Ist dieses
geknüpft?
3.4.2.1.
Auskunftsverlangen
an
bestimmte
Voraussetzungen
die Weigerung des Schuldners, selbst Auskunft zu erteilen?
Die Weigerung des Schuldners, selbst Auskunft zu erteilen, ist keine zwingende
Voraussetzung für die Statthaftigkeit des Erklärungsverlangens nach § 840 I ZPO.
3.4.2.2.
eine bestimmte Forderung, um deren Durchsetzung es geht?
Grundsätzlich ist die Auskunftspflicht des § 840 I ZPO nicht auf bestimmte Arten von
Forderungen begrenzt, wohl aber auf die jeweils gepfändete Forderung.
113
MüKo-Smid, § 840 ZPO Rn 15
25
Voraussetzug ist jedoch einerseits die Zustellung eines wirksamen
Pfändungsbeschlusses als des die Verpflichtung des Drittschuldners begründenden
Staatsaktes. Zum anderen muss der Drittschuldner durch den Gerichtsvollzieher auf
Verlangen des Gläubigers zur Auskunft aufgefordert worden sein.114
Die Auskunft des Drittschuldners soll dem Gläubiger helfen, sein weiteres Vorgehen
zu planen. Er soll einschätzen könne, welche Risiken eine Durchsetzung der
gepfändeten Forderung des Schuldners birgt und ob weitere Pfändungen nötig
sind.115
Der Drittschuldner muss über die gepfändete Forderung auf Verlangen
Vollstreckungsgläubigers binnen 2 Wochen Auskunft erteilen.116 Dabei
unerheblich, ob dem Schuldner die gepfändete Forderung tatsächlich zusteht.
Auskunftspflicht besteht also auch, wenn die Pfändung ins Leere geht.117
Aufforderung zur Drittschuldnererklärung wird gem. § 840 II 1 ZPO in
Zustellungsurkunde aufgenommen.
3.4.2.3.
wenn ja,
Auskunftspflicht an
geben
Sie
bitte
den
Umfang
der
des
ist
Die
Die
die
jeweiligen
Der Drittschuldner ist inhaltlich nur dazu verpflichtet, die Fragen des Gläubigers zu
beantworten, die sich im Rahmen des Katalogs gem. § 840 I Nr. 1 bis 3 bewegen.118
Dabei bildet die Forderung als Pfändungsgegenstand den Rahmen, an dem sich der
Umfang des Auskunftsanspruchs orientiert.
3.4.3. Erfolgt die Auskunft aufgrund einfachen Antrags des Gläubigers?
Auf Verlangen des Vollstreckungsgläubigers muss der Drittschuldner binnen zwei
Wochen über die gepfändete Forderung Auskunft erteilen (vgl. § 840 I ZPO). Dabei
ist erforderlich, dass der Vollstreckungsgläubiger den Drittschuldner wirksam in der
Zustellungsurkunde zur Auskunft auffordert.119 Die Aufforderung entfaltet nur dann
die Wirkung des § 840 I, II S.2, wenn sie dem Drittschuldner zugestellt wird.120
3.4.4. Ist eine vorherige Genehmigung durch das Gericht/Vollstreckungsorgan
erforderlich?
Voraussetzung für die Auskunftspflicht des Drittschuldners ist ein wirksamer
Pfändungsbeschluss iSd § 829 ZPO und die Aufforderung zur Auskunft durch den
Vollstreckungsgläubiger. Eine gesonderte Genehmigung des Gerichts oder des
Vollstreckungsorgans ist nicht erforderlich.
114
MüKo-Smid, § 840 ZPO Rn 5, 6
115 Musielak-Becker, § 840 ZPO Rn 1.
116
Das Auskunftsverlangen
Forderungspfändung.
findet
sich
auf
allen
gängigen
Antragsformunlaren
117 Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn 621; Musielak-Becker, § 840 ZPO, Rn 2.
118
MüKo-Smid, § 840 ZPO Rn 10
119
Thomas/Putzo-Putzo, § 840 ZPO Rn 3
120
MüKo-Smid, § 840 ZPO Rn 7
26
zur
3.4.5. Umfang der Auskünfte?
Nach § 840 I Nr. 1 - 3 ZPO muss der Drittschuldner erklären, ob und inwieweit er die
Forderung als begründet anerkennt und er zur Zahlung bereit ist; ob und welche
Ansprüche andere Personen an der Forderung geltend machen; ob und wegen
welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet ist.121
Auch vorrangige Abtretungen und Pfändungen sind unter Namen und Anschrift
anderer Gläubiger mitzuteilen. Der Umfang der Auskunft richtet sich nach dem
Auskunftsbegehren, denn der Drittschuldner hat nur das zu beantworten, wonach der
Gläubiger fragt. Da sich die Forderungspfändung immer nur auf konkrete
Forderungen bezieht, muss der Drittschuldner nur Auskünfte über die gepfändete
Forderung erteilen.122
Geheimhaltungspflichten entfallen, soweit die Auskunftspflicht des Abs. 1 reicht.123
Der Gläubiger muss dem Drittschuldner die Kosten der Auskunft erstatten; dennoch
wird die Auskunftspflicht (bei Arbeitgebern und Banken) als nachhaltige Belastung
angesehen.
3.4.6. Sanktionen für den Fall der Nicht-/Schlechterfüllung?
Eine Klage auf Erteilung der Auskunft ist auch im Fall der Nicht- bzw.
Schlechterfüllung unzulässig.124 § 840 ZPO begründet lediglich eine nichtklagbare
Obliegenheit125, deren Nicht- oder Schlechterfüllung nach § 840 II 2 ZPO
Schadensersatzansprüche gegen den Drittschuldners begründet.126
Zu ersetzen ist der Vermögensschaden, der dem Vollstreckungsgläubiger infolge der
unzutreffenden
Auskunft
entsteht,
z.B.
nutzlos
aufgewendete
Rechtsverfolgungskosten. Der Gläubiger ist so zu stellen, wie er bei rechtzeitiger,
vollständiger und richtiger Auskunft gestanden hätte.127
3.5.
In welcher Form wird die Auskunft erteilt?
Die Auskunft wird entweder dem Gläubiger gegenüber schriftlich oder dem
Gerichtsvollzieher
gegenüber
mündlich
bei
der
Zustellung
des
128
Nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses kann
Pfändungsbeschlusses erteilt.
121
Brox/Walker, Zwangsvollstreckungsrecht, Rn 622. Die Erklärung des Drittschuldners ist eine reine
Wissenserklärung und begründet kein deklaratorisches Schuldanerkenntnis. Folge der Erklärung ist
aber eine Beweislastumkehr bzgl. des Bestands der Forderung.
122 Musielak-Becker, § 840 ZPO, Rn 5.
123 Musielak-Becker, § 840 ZPO, Rn 5.
124 BGHZ 91, 126, 129.
125 Brox/Walker, aaO., Rn 624; Musielak-Becker, § 840 ZPO, Rn 8.
126 Die Haftung beruht auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis, sie setzt Verschulden voraus
Brox/Walker, aaO., Rn 625; Musielak-Becker, § 840 ZPO, Rn 12.
127 Brox/Walker, aaO., Rn 625; Musielak-Becker, § 840 ZPO, Rn 13 f.
128
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, § 840 Rn 7
27
die Erklärung schriftlich oder zu Protokoll des Gerichtsvollziehers abgegeben
werden.129
3.6.
Gibt es Grenzen für derartige Auskunftsverlangen?
Im Rahmen der Auskunftspflichten des § 840 I ZPO, aber keinesfalls darüber hinaus,
hat der Drittschuldner auch dann Auskunft zu erteilen, wenn ihn gesetzliche bzw.
standesrechtliche Geheimhaltungspflichten treffen.130 Die Auskunftspflicht des § 840
durchbricht das Bankgeheimnis und trifft daher auch Banken und Sparkassen sowie
die Postgirokonten und Postsparguthaben führenden Dienststellen der Post gem. §
6 PostG.131 Ferner trifft sie die Sozialversicherungsträger, aber auch Ärzte und
Rechtsanwälte.
Die Auskunftspflicht gem. § 840 I ZPO belastet den Drittschuldner nachdrücklich
wirtschaftlich. Da die Auskunftspflicht sich nicht aus den materiellrechtlichen
Beziehungen zwischen Drittschuldner und Gläubiger ergibt und auch nicht aus einem
Prozessrechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Drittschuldner abgeleitet werden
kann, sind Umfang und Reichweite der Belastungen, denen der Drittschuldner nach §
840 ZPO unterworfen wird, restriktiv auszulegen.132
Denn im Hinblick auf die subjektiv-öffentlichen Rechte des Drittschuldners stellt sich
seine Inanspruchnahme nach § 840 ZPO als Eingriff durch den vom Schuldner
benutzten Vollstreckungsapparat dar. Für diesen Eingriff gilt auch dann das
Verhältnismäßigkeitsprinzip, wenn es der Gläubiger ist, dem es wie nach § 840 I
ZPO obliegt, den Eingriff zu betreiben.133
4.
Rechtstatsächliche Informationen
Statistik:
Im
Jahre
1999
erhielten
die
Gerichtsvollzieher
9.474.269
Zwangsvollstreckungsanträge, in 3.006.470 Fällen wurde die Abgabe der
eidesstattlichen Versicherung beantragt. Das Verfahren wurde in 778.733 Fällen
durchgeführt. Haftanordnungen erfolgten in 439.585 Fällen.134
Im Jahre 2000 wurden 8.859.470 Zwangsvollstreckungsanträge gestellt, die Abgabe
der eidesstattlichen Versicherung wurde in 3.084.072 Fällen beantragt. Das
Verfahren wurde in 797.729 Fällen durchgeführt. Haftanordnungen erfolgten in
481.889 Fällen.
Die entsprechenden Zahlen für 2001 sind: 8.822.031 Zwangsvollstreckungsanträge,
3.248.734 Anträge auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, 855.892
abgegebene eidesstattliche Versicherungen, 552.636 Haftanordnungen.135
129
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Hartmann, § 840 Rn 7
130
MüKo-Smid, § 840 ZPO, Rn 15
131
MüKo-Smid, § 840ZPO, Rn 15
132
MüKo-Smid, § 840 Rn 4
133
BVerfGE 52, 214
134
Statistisches Bundesamt Reihe 2, Fachserie 10, DGVZ 2002, 96
135
Statistisches Bundesamt Reihe 2, Fachserie 10, DGVZ 2003, 128
28
Diese Zahlen zeigen, dass das e.V.-Verfahren vor allem Druckmittel zur
Zahlungserzwingung ist. Von 1999 bis 2001 ist ein starker Anstieg der beantragten
und der durchgeführten Verfahren auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung zu
verzeichnen. Auch die Zahl der Haftanordnungen ist kontinuierlich angestiegen.
Diese Zahlen spiegeln die aktuelle ökonomische Situation in Deutschland wider.
4.1.
Inwieweit bestehen faktische Vollzugsprobleme in Ihrem Land?
Die
dezentrale
Führung
der
Register
erschwert
Gläubigern
die
Informationsgewinnung. Zumindest auf der Ebene der Bundesländer sollte ein onlineAbruf ermöglicht werden. Abhilfe ermöglichen private, aber gebührenpflichtige
Auskunfteien. „Verdachtspfändungen“ sollten verstärkt zugelassen werden.
Die Kosten der Drittschuldner-Auskunft sollten Teil der Vollstreckungskosten sein,
um die Belastung der (Kredit-) Wirtschaft zu reduzieren.
4.2. Gibt es rechtspolitische Vorschläge zur Reform der bestehenden
Verfahren?
Die Regelung des § 294a österreichische Exekutionsordnung sollte auch in das
deutsche Vollstreckungsrecht übernommen werden. Dann könnte das Verfahren
nach § 807 ZPO zurückgenommen werden. Es ist in rechtsstaatlicher Hinsicht
bedenklich: Auch bei geringen Forderungen besteht eine umfassende
Offenbarungspflicht. Die Auflistung im Schuldnerverzeichnis ist zwar ein effizientes,
letztlich jedoch gleichfalls ein unverhältnismäßiges Druckmittel gegen den Schuldner.
Der Informationsgehalt für weitere Gläubiger ist minimal.
In der Literatur wird mit Recht eine Loslösung der Eintragung in das
Schuldnerverzeichnis vom Offenbarungsverfahren vorgeschlagen.136 Die Eintragung
in das Schuldnerverzeichnis könnte an die Erfolglosigkeit der Zwangsvollstreckung
geknüpft werden. So wäre sichergestellt, dass zukünftig dem Zweck des
Schuldnerverzeichnisses entsprechend – Warnung des Geschäftsverkehrs vor
insolventen Schuldnern – nur wirklich zahlungsunfähige und nicht auch
Denn
über
die
zahlungsunwillige
Schuldner
eingetragen
werden.137
Zahlungsunwilligkeit muss sich der Geschäftspartner als Ausdruck der
Privatautonomie selber informieren. Außerdem wird durch eine Trennung von
Eintragung in das Schuldnerverzeichnis und Offenbarungsverfahren die bisher noch
mit der Eintragung verbundene Druckfunktion des Schuldnerverzeichnisses
wesentlich gemindert. Die dem Offenbarungsverfahren eigentlich zukommende
Sachaufklärungsfunktion
könnte
so
gestärkt
werden.
Soweit
dem
Offenbarungsverfahren nicht jeglicher Erfolg bei der Sachaufklärung abgesprochen
werden soll138, wäre hierdurch die Effektivität der Zwangsvollstreckung gestärkt.139
136
vgl. zu solchen Überlegungen Schnigula, Das Offenbarungsverfahren – Darstellung und Reform
der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung, S. 243; Suda, Zur Reformbedürftigkeit des
Schuldnerverzeichnisses, Rpfleger 1997, 193, 198
137
Schnigula, aaO, S. 243; Suda, aaO 193, 198
138
so wohl aber Treuer/Legler/Ditten/Hoffmann; Arbeitsplatz Gericht, Effizienz der
Zwangsvollstreckung, Die eidesstattliche Offenbarungsversicherung; Universität Konstanz, Institut für
Rechtstatsachenforschung, Praktikerforschungsgruppe beim OLG Stuttgart, 1999; S. 46/47
139
Suda, aaO, 193, 197
29
Ganz generell stellen sich für den Gläubiger erhebliche Schwierigkeiten bei der
Ermittlung des Schuldnervermögens. Abhilfe sollte hier ein struktureller
Systemwechsel ermöglichen: Die zurzeit geplante, organisatorische Reform des
Gerichtsvollzieherwesens sollte mit einer verstärkten Auskunftsbefugnis der
Gerichtsvollzieher einhergehen.
4.3.
Gibt es private Auskunfteien, die den Gläubigern offen stehen?
4.3.1. Bankauskünfte
4.3.1.1. Inhalt der Auskunft
Zu den bankgeschäftlichen Dienstleistungen gehört die Erteilung von
Bankauskünften.140 In Nr. 2 Abs. 2 AGB-Banken und Nr. 3 Abs. 1 Satz 2 AGBSparkassen werden Bankauskünfte umschrieben als „allgemein gehaltene
Feststellungen und Bemerkungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden,
seine Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit“. Im einzelnen hat eine Bankauskunft
folgende Inhalte: Allgemeine Angaben zum Angefragten; Bewertung der
Geschäftsverbindung; Bewertung der Kontoführung; persönliche Beurteilung;
Angaben über finanzielle und wirtschaftliche Verhältnisse; Kreditbeurteilung;
gegebenenfalls zusätzliche Bemerkungen.141 Dabei darf sich die Auskunft nur auf die
wirtschaftlichen Verhältnisse des Kunden und sein Verhalten im Geschäftsleben
beziehen.142 Informationen über die Privatsphäre des Kunden dürfen nicht
weitergegeben werden. Insbesondere darf die Auskunft nicht den sensitiven
persönlichen Bereich berühren.
4.3.1.2. Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Auskunftserteilung
Mit der Erteilung einer Bankauskunft wird das Bankgeheimnis durchbrochen.143 Das
Kreditinstitut darf in der Auskunft daher nur so weit gehen, wie hierfür ein
Rechtfertigungsgrund, insbesondere das „Einverständnis“ des Kunden vorliegt. Dabei
ist gem. Nr. 2 Abs. 3 AGB-Banken zwischen Privat- und Geschäftskunden zu
unterscheiden. Auskünfte über Privatkunden werden grundsätzlich nicht erteilt, es sei
denn, der Privatkunde hat der Auskunftserteilung ausdrücklich zugestimmt.144 Bei
Geschäftskunden - juristische Personen und im Handelsregister eingetragene
Kaufleute, vgl. Nr. 2 Abs. 3 Satz 1 AGB-Banken – wird die Einwilligung kraft jederzeit
widerlegbaren Handelsbrauchs vermutet.145
Voraussetzung für die Erteilung einer Bankauskunft ist stets ein glaubhaft
berechtigtes Interesse an der Auskunft, was praktisch kaum einschränkend wirkt (vgl.
140
Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn 15
141
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, Bankrechts-Handbuch, Band 1, § 40 Rn 7
142
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, aaO, § 40 Rn 10
143
Claussen, aaO, § 6 Rn 16
144
Baumbach/Hopt, AGB-Banken, Nr. 2 Rn 5; Claussen, aaO, § 6 Rn 16
145
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, aaO, § 40 Rn 13 ff.; Claussen, aaO, § 6 Rn 17
30
Nr. 2 Abs. 3 Satz 4).146 Ein solches Interesse ist insbesondere zu bejahen, wenn der
Auskunftsempfänger mit dem Anfragenden Geschäfte tätigen wird, bei denen er
vorzuleisten hat oder wenn Wechsel angekauft werden sollen, aus denen der
Angefragte haftet.147 Darüber hinaus ist in Nr. 2 Abs. 3 Satz 3 AGB-Banken in
Anlehnung an die Formulierung des § 28 BDSG bestimmt, dass eine
Auskunftserteilung nur erfolgt, wenn kein Grund zu der Annahme besteht, dass
schutzwürdige Belange des Kunden der Auskunftserteilung entgegenstehen. Dieser
in die AGB-Banken idF vom 1.1.1993 neu eingefügte Passus soll klarstellen, dass die
Existenz des Handelsbrauchs sowie eine vorliegende Einwilligungserklärung nicht
schon für sich genommen jede Auskunft rechtfertigt.148 Vielmehr hat das Kreditinstitut
in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung zwischen den schutzwürdigen
Belangen des Kunden und den berechtigten Interessen des Anfragenden
vorzunehmen.
4.3.1.3. Adressaten von Bankauskünften
Zu beachten ist, dass der Empfängerkreis der Bankauskünfte gem. Nr. 2 Abs. 4
AGB-Banken beschränkt ist: nur eigene Kunden und andere Kreditinstitute, letztere
für ihre eigenen Zwecke und die ihrer Kunden, erhalten Auskünfte von der Bank. Die
Bank gibt demnach keine Auskünfte unmittelbar an Dritte, sondern nur im Wege
einer Bank-zu-Bank-Auskunft.149 Dabei besteht keine Rechtspflicht der Bank zur
Auskunftserteilung. Kreditinstitute erteilen einander Auskünfte über ihre Kunden
aufgrund eines international geübten Handelsbrauches.150 Hierbei handelt es sich
jedoch um eine freiwillige Übung, aus der das anfragende Kreditinstitut keinen
Rechtsanspruch auf Auskunftserteilung ableiten kann.151 Auch der anfragende Kunde
kann aus Nr. 2 Abs. 4 AGB-Banken keinen Anspruch gegen sein Kreditinstitut auf
Auskunftserteilung über einen anderen Kunden ableiten.152 Die Bank-AGB enthalten
lediglich eine Regelung, unter welchen Voraussetzungen das Kreditinstitut zur
Auskunftserteilung befugt ist. Insoweit enthält die AGB-Regelung lediglich eine
„Inaussichtstellung“ einer Auskunft. Das angefragte Kreditinstitut darf daher die
Beantwortung einer Kundenanfrage ablehnen.153
4.3.1.4. Haftung aus Auskunftserteilung
Erteilt die Bank fehlerhafte Auskünfte, so kann sie zum Schadensersatz verpflichtet
sein. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH154 entstehen bei eine Bankauskunft
zwischen dem Anfragenden und dem auskunfterteilenden Kreditinstitut
146
Baumbach/Hopt, Kommentar HGB, AGB-Banken, Nr. 2 Rn 6
147
Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn 2.203; Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, aaO, § 40
Rn 20
148
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, aaO, § 40 Rn 21
149
Claussen, aaO, § 6 Rn 20; Baumbach/Hopt, AGB-Banken, Nr. 2 Rn 7
150
Claussen, aaO, § 6 Rn 20; vgl. auch Spitzenverbände des Kreditgewerbes, „Grundsätze für die
Durchführung des Bankauskunftsverfahrens zwischen Kreditinstituten“, ZIP 1987, 608
151
Sichtermann/Feuerborn/Kirchherr/Terdenge, Bankgeheimnis und Bankauskunft, § 18 III 5 a
152
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, aaO, § 40 Rn 24
153
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, aaO, § 40 Rn 24
154
BGH, WM 1989, 1409, 1411; BGH, WM 1990, 1990, 1991; vgl. weiter Musielak, WM 1999, 1593,
1595
31
stillschweigend vertragliche Beziehungen, wenn die Auskunftserteilung der Bank für
den Anfragenden erkennbar von erheblicher Bedeutung ist und er sie zur Grundlage
wesentlicher Vermögensverfügungen machen will.155 Verletzt die Bank Pflichten aus
diesem Vertrag (etwa durch Erteilung einer fehlerhaften Auskunft), so macht sie sich
bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen schadensersatzpflichtig.156
4.3.1.5. Bankauskunft und Datenschutzrecht
Bankgeheimnis und Datenschutz nach dem BDSG sind nur in Teilbereichen
deckungsgleich.157 Der Umfang der Verschwiegenheitspflicht aufgrund des
Bankgeheimnisses hängt maßgeblich vom Willen des betroffenen Kunden ab; eine
Durchbrechung des Bankgeheimnisses kommt daher grundsätzlich nur mit
Einwilligung des betroffenen Kunden in Betracht, sofern nicht ein gesetzlicher oder
sonstiger Rechtfertigungsgrund vorliegt. Dagegen ist nach dem BDSG unter den
Voraussetzungen des § 28 BDSG eine Einwilligung des betroffenen Kunden
entbehrlich. Die Reichweite des vertraglichen Bankgeheimnisses ist daher
umfassender als der Schutzbereich des BDSG.158 Beide stehen grundsätzlich
nebeneinander; zwischen ihnen herrscht Anspruchskonkurrenz.159
Zu beachten ist, dass das BDSG gem. § 1 Abs. 2 BDSG nur auf personenbezogene
Daten über natürliche Personen Anwendung findet. Nicht anwendbar ist es daher auf
Daten, die sich auf juristische Personen sowie OHG und KG beziehen.160 Etwas
anderes gilt jedoch bei Auskünften über Personengesellschaften, jedenfalls insoweit,
als Aussagen über die persönlichen Verhältnisse der einzelnen Gesellschafter
gemacht werden. Auch für die Einmann-GmbH muss eine Ausnahme gemacht
werden.161 Weitere Voraussetzung für die Anwendbarkeit des BDSG ist nach § 1
Abs. 2 Nr. 3 BDSG, dass die in der Bankauskunft berücksichtigten Daten dateimäßig
verarbeitet werden. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn die übermittelten Daten in
eine EDV-Anlage gespeichert sind, was regelmäßig der Fall sein wird.162
Liegen die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des BDSG vor, so ist die
Erteilung von Bankauskünften als Datenübermittlung iSv § 1 Abs. 1 BDSG zu
qualifizieren. Nach § 4 Abs. 1 BDSG ist die Erteilung von Bankauskünften
datenschutzrechtlich zulässig, wenn der Betroffene einwilligt oder Rechtsvorschriften
dies erlauben. Nach Nr. 2 Abs. 3 Satz 2 der AGB-Banken setzt die Erteilung einer
Bankauskunft über einen Privatkunden voraus, dass dieser der Auskunftserteilung
zugestimmt hat. In dieser Zustimmung ist in der Regel zugleich die Einwilligung in die
Datenverarbeitung nach § 4 Abs. 1 BDSG zu sehen. Ansonsten ergibt sich die
datenschutzrechtliche Befugnis zur Erteilung einer Bankauskunft aus § 28 BDSG.163
155
Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn 2.206
156
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, § 40 Rn 61. Neben der vertraglichen Haftung kommt eine
Haftung wegen unerlaubter Handlung in Betracht. Da das Vermögen als solches jedoch nicht von §
823 I BGB geschützt ist und meist auch kein unmittelbarer Eingriff in das Recht am eingerichteten und
ausgeübten Gewerbebetrieb vorliegen wird, bleiben als praxisrelevante Anspruchsgrundlagen
lediglich die §§ 823 II BGB iVm § 263 StGB bzw. § 266 StGB.
157
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, § 40 Rn 27
158
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, § 40 Rn 27
159
Zöllner, Datenschutzrechtliche Aspekte der Bankauskunft, ZHR 149 (1985), 179, 180
160
Zöllner, aaO, 179, 182
161
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, § 40 Rn 28
162
Zöllner, aaO, 179, 183
163
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, § 40 Rn 30
32
Danach ist eine Übermittlung zulässig, wenn diese im Rahmen der
Zweckbestimmung eines Vertragsverhältnisses oder eines vertragsähnlichen
Vertrauensverhältnisses mit dem Betroffenen erfolgt oder zur Wahrung berechtigter
Interessen der speichernden Stelle erforderlich ist und kein Grund zu der Annahme
besteht, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der
Verarbeitung oder Nutzung überwiegt (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2). Anfragen
über die Bonität eines Kunden sind demnach grundsätzlich ein datenschutzrechtlich
zulässiger Übermittlungsgrund.164 Sofern Gründe vorliegen, die eine Durchbrechung
des Bankgeheimnisses rechtfertigen, hat dies der Betroffene auch nach
datenschutzrechtlichen
Gesichtspunkten
hinzunehmen.
Insoweit
ist
die
vorzunehmende Interessenabwägung sowohl im Hinblick auf das Bankgeheimnis als
auch auf das Datenschutzrecht deckungsgleich.165
4.3.1.6. Der internationale Kontext
Gem. Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken gelten die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen für die gesamte Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden
und den inländischen Geschäftsstellen der Bank. Es handelt sich mithin um eine
Rechtswahl
im
Sinne
von
Art.
27
EGBGB,
Art.
3
Römisches
Schuldvertragsübereinkommen vom 19.6.1980. Kunde ist dabei jeder, der mit der
Bank in rechtsgeschäftlichen Kontakt tritt, auch der ausländische Kunde.166 Somit
kann auch ein ausländischer Kunde Empfangsberechtigter von Bankauskünften iSv
Nr. 2 Abs. 4 AGB-Banken sein. Nr. 6 Abs. 1 AGB-Banken bestimmt, dass auf das
Verhältnis der Bank zu ihrem im Ausland ansässigen Kunden deutsches Recht
Anwendung findet.167 Nach Nr. 6 Abs. 3 AGB-Banken gilt auch für Auslandskunden
der Gerichtsstand des für die kontoführende Stelle zuständigen Gerichts.168
Kunde kann aber auch eine andere Bank sein. Daher gelten die AGB idR auch im
Verkehr zwischen Banken.169 Voraussetzung hierfür ist aber, dass zu der anderen
Bank eine bankmäßige Geschäftsbeziehung besteht und diese Bank sich damit in
der hierfür typischen „Kundenrolle“ befindet.170 Im Verkehr zwischen den
verschiedene AGB handhabenden Kreditinstituten sind idR die AGB desjenigen
Kreditinstituts anzuwenden, das dem anderen seine Dienste zur Verfügung stellt,
z.B. durch Kontoeröffnung, Wertpapierverwahrung, Ausführung eines Auftrags oder
auch Auskunftserteilung.171
Bank ist in Nr. 1 Abs. 1 Satz 1 AGB-Banken für die gesamten AGB-Banken definiert
als die „inländischen Geschäftsstellen der Bank“. Ausgenommen ist danach der
Verkehr der in- und ausländischen Kunden mit ausländischen Geschäftsstellen
Bank.172 Von ausländischen Geschäftsstellen der Bank kann damit nicht ohne
weiteres die Auskunft nach Nr. 2 Abs. 2 AGB-Banken verlangt werden. Vielmehr
müssen die im Ausland unterhaltenen Geschäftsstellen die von ihnen verwendeten
164
Simitis, Kommentar zum Bundesdatenschutzgesetz, § 28 Rn 96
165
Schimansky/Bunte/Lwowski-Bruchner, § 40 Rn 32
Baumbach/Hopt, AGB-Banken, Nr. 1 Rn 4
167 vgl. dazu Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn 7.24
168 Baumbach/Hopt, AGB-Banken, Nr. 6 Rn 3
169 Schimansky/Bunte/Lwowski-Bunte, § 6 Rn 8
170 Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn 2.112
171 Baumbach/Hopt, AGB-Banken, Nr. 1 Rn 4
172 Baumbach/Hopt, AGB-Banken, Nr. 1 Rn 5
166
33
AGB gesondert vereinbaren.173 Dabei kann den Besonderheiten der jeweiligen
ausländischen Rechtsordnung Rechnung getragen werden. Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 AGBBanken stellt allerdings klar, dass das Pfandrecht nach Nr. 14 AGB-Banken auch
Ansprüche ausländischer Geschäftsstellen der Bank gegen den Kunden sichert. Im
Übrigen bestehen die Banken auch im Auslandsverkehr auf der Anwendung ihrer
AGB. Scheitert eine Rechtswahl, so unterliegt der Vertrag dem Recht des
Vertragspartners, der die vertragstypische Leistung erbringt, also in aller Regel der
Bank (Art. 4 Römisches Schuldvertragsübereinkommen, Art. 28 EGBGB).174
4.3.2. SCHUFA
Die deutsche Kreditwirtschaft unterhält eine bundesweit tätige, eigenständige
Auskunftei, die sog. SCHUFA (Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung).
Die bisherigen acht SCHUFA-Gesellschaften, die alle Mitglied eines eingetragenen
Vereins (der sog. „BUNDES-SCHUFA“) waren, sind seit dem Jahr 2000 in der
SCHUFA HOLDING AG vereint. Unter deren Dach fließen Angaben über Geschäfte
zusammen, die mit Kredit zu tun haben. Mitglieder der SCHUFA sind hauptsächlich
Kreditinstitute, aber auch Handelsunternehmen, die Kredite vergeben.175 Die der
SCHUFA angeschlossenen Banken melden notleidend gewordene Kredite,
Wechselproteste, geplatzte Schecks, die Beantragung des Mahnbescheids, die
Offenbarungsversicherung und einzelne Pfändungen, soweit sie der SCHUFA
bekannt sind.176
Die von der SCHUFA erteilten Auskünfte erstrecken sich auf persönliche Angaben
(Name, Geburtsdatum und –ort, Anschrift des Schuldners), Angaben zum
Kreditgeschäft (d.h. Angaben zu Art, Gegenstand und Zahlungsvereinbarung des
jeweiligen Geschäfts) sowie Angaben zum Zahlungsverhalten des Schuldners (z.B.
unbezahlte Forderungen, die fällig, angemahnt und nicht bestritten sind; Missbrauch
eines Kontos nach Nutzungsverbot).177 Gegenstand der Auskünfte ist nur das
Zahlungsverhalten einer Person. Daher besitzt die SCHUFA auch keine Angaben
über das eventuelle Vermögen oder Einkommen einer Person, über deren
Arbeitgeber oder über den Familienstand.
Daten erhält grundsätzlich nur, wer durch einen sog. Anschlussvertrag an die
SCHUFA gebunden ist. Dies sind Kreditinstitute, Unternehmen, die gewerbsmäßig
für eigene Rechnung in größerem Umfang an Konsumenten Waren auf
Teilzahlungsbasis
liefern,
Emittenten
von
Kreditkarten
und
Einzelhandelsunternehmen, soweit sie Geld- oder Warenkredite geben.178 Die
Auskünfte sind also grundsätzlich nicht für Privatpersonen bestimmt. Hat der
Gläubiger aber guten Kontakt zu seiner Bank, wird diese bei der Bank des
Schuldners oder der SCHUFA anfragen, wie es um den Schuldner steht. Da diese
173
174
Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn 2.107
vgl. dazu BGHZ 108, 353, 362
175 Zur Organisationsstruktur vgl. Ganßauge, Datenverarbeitung
Kreditwürdigkeitsdaten durch fremdnützige Verarbeiter, S. 31.
176 Heussen, aaO., Rn 16
177
Vgl. dazu umfassend: www.schufa.de
178 Ganßauge, aaO, S. 34.
34
und
-nutzung
von
Praxis aber Haftungsrisiken für die Bank mit sich bringt, werden meistens nur
allgemein gehaltene Auskünfte erteilt.179
Die Vertragspartner erhalten nur dann von der SCHUFA Informationen, wenn sie in
jedem Einzelfall ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 28
Bundesdatenschutzgesetzes glaubhaft nachweisen. Vertragspartner dürfen nur über
solche Personen Auskünfte einholen, die mit ihnen ein konkretes, mit einem
Kreditrisiko verbundenes Geschäft abschließen wollen.
Die SCHUFA bietet ihren Vertragspartnern für Meldungen und Auskünfte
verschiedene Verfahren an, deren Auswahl sich nach den jeweiligen Bedürfnissen
und der technischen Ausrüstung der Vertragspartner richtet. Mit SCHUFA online
können die Vertragspartner via Internet einfach, schnell und kostengünstig mit der
SCHUFA kommunizieren.
4.3.3. Auskunfteien
Auskunft über das Schuldnervermögen kann auch über bundesweit organisierte
Auskunfteien erlangt werden. Praktisch bedeutsam sind die Auskunfteien
Schimmelpfeng, Creditreform, AlexIs und Dunn & Bradstreet, die ihre Dienste auch
online im Internet anbieten.180
Die Auskunfteien beziehen ihre Kenntnisse aus öffentlich zugänglichen Quellen,
insbesondere
durch
die
Auswertung
von
Handelsregistern
und
Schuldnerverzeichnissen. Daneben werden Informationen gesammelt, die aus
öffentlichen Quellen nicht ohne weiteres zugänglich sind, z.B. über den Umsatz eines
Schuldners, das beschäftigte Personal, auch aus Bilanzen die der Schuldner in
früheren Zeiten, als es ihm noch gut ging, freiwillig vorgelegt hat, um z.B. bei der
Verhandlung über ein Bankdarlehen gut dazustehen.181 Die Sammlung der Daten
erfolgt dabei anfrageunabhängig aber auch aufgrund spezieller Anfragen.
Die gesammelten Informationen ermöglichen die Erteilung von Auskünften über die
Bonität (z.B. Bonitätsindex, Zahlungsweise, Krediturteil, Höchstkredit), über die
Struktur (z.B. Branche, Rechtsform, Beteiligte), über die Finanzen (z.B. Kapital,
Jahresumsatz, Aktiva/Passiva) und über sonstige kreditwesentliche Tatsachen (z.B.
Auftragslage, Unternehmensentwicklung, Mitarbeiter, Bankverbindungen). Sobald
sich bei Unternehmen oder Personen, über die eine Auskunft erteilt wurde, etwas
ändert, wird dies dem Anfragenden mit einem Nachtrag mitgeteilt.
Eine Auskunft kostet zwischen € 25,- und € 60,-. Die Kosten der Inanspruchnahme
werden nach § 788 ZPO als notwendige Vollstreckungskosten erstattet.182 Dasselbe
gilt für die Einschaltung von Dekteien.183
179 Heussen, aaO, Rn 16
180
vgl. www.schimmelpfeng-forderungsmanagement.de;
www.dnb.com
181 Heussen, aaO Rn 15
182 Zöller-Stöber, § 788 ZPO, Rn 13.
183 Hintzen, aaO., Rn 39 f.
35
www.creditreform.de;
www.alexis.de;
5.
Der grenzüberschreitende Kontext
5.1. Können
auch
ausländische
Gläubiger
/
ausländische
Vollstreckungsorgane Informationen über das Schuldnervermögen erlangen?
5.1.1. in Bezug auf die Eidesstattliche Versicherung des Schuldners?
Besteht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, so wenden diese
deutsches Prozessrecht und damit auch die §§ 807, 899 ff. ZPO an.184 Nach §§ 899,
802 ZPO ist das Vollstreckungsgericht am Wohnsitz, hilfsweise am Aufenthaltsort
des Schuldners zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung örtlich und damit
auch international zuständig.185
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Zuständigkeitsbestimmung ist der Auftragseingang
bei der Verteilerstelle für Gerichtsvollzieheraufträge; dies bedeutet, dass ein späterer
Wohnsitzwechsel (bzw. eine Sitzverlegung) für die Zuständigkeitsbestimmung
unbeachtlich ist.186 Insoweit ist die Regelung des § 261 III Nr. 2 ZPO, wonach die
Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine Veränderung der sie begründenden
Umstände nicht mehr berührt wird, entsprechend anzuwenden.187 Gem. § 185 c Nr. 3
GVGA ist bei einem Wohnsitzwechsel des Schuldners nach Auftragseingang der
Gerichtsvollzieher am jetzigen Wohnort oder Aufenthaltsort von dem beim Eingang
des Auftrags zuständigen und deshalb auch weiterhin zuständig gebliebenen
Gerichtsvollzieher zu ersuchen, den Schuldner im Wege der Rechtshilfe dort zur
Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu laden.188 Bei juristischen Personen ist
dabei der Gerichtsvollzieher am Sitz der juristischen Person, nicht derjenige am
Wohnsitz des organschaftlichen Vertreters örtlich zuständig.189 Bei Abweichungen
von Gesellschaftssitz und Wohnort des gesetzlichen Vertreters der Gesellschaft,
beide innerhalb der Bundesrepublik, kann/soll der für den Sitz der Gesellschaft
zuständige Gerichtsvollzieher den Gerichtsvollzieher am Wohnort des
Geschäftsführers im Wege der Rechtshilfe einschalten.190 Denn für eine Gesellschaft
ist ihr gesetzlicher Vertreter offenbarungspflichtig. Das Gebrauchmachen von der
Rechtshilfe liegt dabei im pflichtgemäßen Ermessen des zuständigen
Gerichtsvollziehers.
Bei einer Gesellschaft mit effektivem Verwaltungssitz im Ausland, die im Inland
lediglich eine Zweigniederlassung betreibt, könnte an eine analoge Anwendung des §
21 ZPO auf das Offenbarungsverfahren gedacht werden.191 Danach wäre bei
ausländischen Gesellschaften, die im Inland eine Niederlassung unterhalten, das
Vollstreckungsgericht am Ort der Niederlassung für die Abnahme der eidesstattlichen
184
Geimer, IZPR, Rn 319
185
Heß, Rpfleger 1996, 89, 89
186
MüKo-Eickmann, § 899 Rn 11
187
Riecke, DGVZ 2003, 33, 33
188
Riecke, DGVZ 2003, 33, 34
189
LG Bochum, Rpfleger 2001, 442, 443
190
Riecke, DGVZ 2003, 33, 35
191
so LG Zwickau, Rpfleger 1995, 371
36
Versicherung international zuständig. Nahe liegender ist es jedoch, die Frage der
Zuständigkeit an den Ort der künftigen Vollstreckungshandlung anzuknüpfen.192
Denn so wird ein Gleichlauf mit den internationalen Vollstreckungsrechtsnormen
erreicht.
Zusammenfassend kann festgehalten werden: Hat der Schuldner seinen Wohn- oder
Gesellschaftssitz in Deutschland, sind deutsche Vollstreckungsorgane international
zuständig und wenden die §§ 807, 899 ff. ZPO an. Dann kann auch ein
ausländischer
Gläubiger
die
diesbezüglichen
Informationen
über
das
Schuldnervermögen erlangen. Ein Wohnsitzwechsel des Schuldners nach
Auftragseingang bleibt für die Bestimmung der Zuständigkeit unbeachtlich. Hat eine
Gesellschaft als Schuldnerin hingegen in Deutschland lediglich eine
Zweigniederlassung, während sich der Verwaltungssitz im Ausland befindet, so
kommt es entscheidend auf den voraussichtlichen Vollstreckungsort an. Nur wenn
der Gläubiger darlegen kann, dass an einem deutschen Ort mit Aussicht auf Erfolg
eine Zwangsvollstreckung betrieben werden kann, besteht auch eine Zuständigkeit
deutscher Gerichte für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach § 899
ZPO.193
5.1.2. in Bezug auf die öffentlichen Register?
Grundbuch und Handelsregister stehen als öffentliche Register jedermann offen.
Unter den oben unter 2.3. dargelegten Voraussetzungen können daher auch
ausländische Gläubiger / Vollstreckungsorgane Einsicht in diese Register nehmen.
Da nach dem lex-fori-Prinzip auch bei Zivilverfahren mit Auslandsberührung
deutsches Verfahrensrecht gilt, sind die §§ 915 ff. ZPO auch gegenüber
ausländischen
Antragstellern
anzuwenden.
Sind
darüber
hinaus
die
datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten, so ist eine Übermittlung von
Daten aus dem Schuldnerverzeichnis ins Ausland grundsätzlich zulässig.194
Über das Internet ist zudem das European Business Register (EBR) verfügbar.195
Dabei handelt es sich um ein Europäisches Netzwerk zum Austausch der im
jeweiligen Staat offiziellen, authentischen und daher zuverlässigen Handelsregister/Firmenbuchdaten auf der Basis eines verbundenen Service Broking Systems (eines
Informationsaustauschdienstes). Das EBR bietet keine eigene Datenbank an,
sondern stellt lediglich eine Verbindung zwischen dem nationalen Partner des
Abfragers und dem gewünschten Handelsregister her.196 Die jeweilige Anfrage wird
zum nationalen Anbieter des Ziellandes vermittelt, der auf das authentische
Firmenbuch online zugreift. Dies hat den Vorteil, dass keine Sekundärdatenbanken
aufgebaut und gewartet werden müssen und der EBR-Auszug stets aktuell und
authentisch ist. Das Hauptproblem sowohl bei der Markteinführung des EBR als auch
bei der weiteren Verbreitung war die Nichtverfügbarkeit der deutschen
Handelsregisterdaten aufgrund des Fehlens elektronischer Datenbestände bei den
192
Heß, Rpfleger 1996, 89, 90; Riecke, DGVZ 2003, 33, 34
193
Riecke, DGVZ 2003, 33, 35
194
Heß, Rpfleger 1996, 89, 94
195
Derzeit wird das EBR in Frankreich, Schweden, Italien, Norwegen, Belgien, Finnland, Lettland und
Österreich online angeboten. Vgl. dazu Hubalek, Erfahrungen mit dem European Business Register;
in: Reichelt, Europäisches Handelsregister II; 51, 55
196
Hubalek, aaO, 51, 51
37
Handelsgerichten Deutschlands.197 Deutscher Partner des EBR ist daher heute der
Verband der Vereine Creditreform e.V., der die einzelnen Handelsregister
regelmäßig und umfassend auswertet und daher über die notwendigen Informationen
verfügt.198 Eine Recherche kann daher nur über die website von Creditreform
durchgeführt werden.
5.1.3. in Bezug auf Auskunftsverpflichtungen Dritter?
Hier gilt das unter 5.1.1. Ausgeführte. Sind deutsche Gericht international zuständig,
so wenden sie ihr Prozessrecht und damit auch den § 840 I ZPO an. Auch
diesbezüglich kann somit ein ausländischer Gläubiger Informationen über das
Schuldnervermögen erlangen.
5.2. Voraussetzungen für einen derartigen Zugang des ausländischen
Gläubigers / Vollstreckungsorgans?
Für den ausländischen Gläubiger / das ausländische Vollstreckungsorgan gelten
grundsätzlich die gleichen Voraussetzungen wie für einen inländischen Gläubiger.
Ein Gläubiger aus einem anderen EU-Mitgliedstaat (außer Dänemark) muss
zunächst das Urteil nach Art. 41 ff. VO 44/01/EG anerkennen lassen. Aufgrund der
Exequatur ist er einem inländischen Gläubiger gleichgestellt. Im Rahmen von Art. 47
Abs. 1 VO 44/01/EG kann der ausländische Gläubiger das Offenbahrungsverfahren
einleiten, wenn er nach §§ 916, 928 ff. ZPO vorgeht.199
Bezüglich der Übermittlung von Auskünften aus dem Schuldnerverzeichnis ins
Ausland besteht die Besonderheit, dass die nach § 915e IV ZPO vorgesehene
(anlassfreie)
Überwachung
der
privaten
Datenempfänger
durch
die
200
Aufsichtsbehörden nach § 38 BDSG ausscheidet. Eine derartige Aufsicht lässt sich
im Ausland praktisch nicht durchführen; sie wäre zudem eine Einmischung in die
inneren Angelegenheiten des ausländischen (Sitz-)Staates des Empfängers und ein
Übergriff in dessen Gebietshoheit.
Daher verzichtet das BDSG auf grenzüberschreitende Kontrollen und nimmt
stattdessen den inländischen Übermittler in eine besondere Verantwortung, § 17 III
BDSG.201
5.3. Erstreckt sich die Vermögensoffenbarung des Schuldners auch auf
Vermögensbestandteile, die im Ausland belegen sind?
Nach traditioneller Auffassung wird die internationale Zwangsvollstreckung durch das
Territorialitätsprinzip begrenzt. Allerdings ist dieses Prinzip an vielen Stellen brüchig
geworden (vgl. die Problematik der Forderungspfändung).202
197
Hubalek, aaO, 51, 55
198
für weitere Informationen vgl. www.ebr.org
199
Vgl. die Antworten in Fragebogen Vorläufige Vollstreckbarkeit.
200
dazu Hornung, Rpfleger 1995, 233, 238
201
Heß, Rpfleger 1996, 89, 94
202
vgl. zum Ganzen: Heß, Rpfleger 1996, 89, 91 f., Fragebogen Kontenpfändung, Frage Nr. 10.
38
Daher hat sich die Pflicht des Schuldners zur Vermögensoffenbarung im Rahmen der
eidesstattlichen Versicherung nach §§ 807, 899 ff. ZPO auch auf im Ausland
belegene Vermögensbestandteile zu erstrecken.203 Dieses Ergebnis ist jedenfalls im
Anwendungsbereich des Europäischen Zivilprozessrechts (EuGVO, LugÜ)
zwingend.204
5.4. Hat Ihr Land internationale Verträge ratifiziert, die (auch) die
Vermögenstransparenz (im Bereich der Zivil- und Handelssachen) betreffen?
Es existiert kein spezifisches Übereinkommen. Wohl aber das New Yorker UNÜbereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland
vom 20.6.1956, BGBl. 1959 II 159.205 Das EWG-Übereinkommen vom 9.11.1990
über
die
Vereinfachung
der
Verfahren
zur
Geltendmachung
von
Unterhaltsansprüchen hat Deutschland gezeichnet, jedoch nicht ratifiziert.
203
LG Stade, RPfleger 1994, 324; Heß, Rpfleger 1996, 89, 92; zustimmend Zöller/Stöber § 807 ZPO
Rdn. 19; Tomas/Reko, § 807 ZPO, Rdn. 20.
204
Heß, Rpfleger 1996, 89, 93
205
Im Verhältnis zu den USA und Kanada, die das UN-Übereinkommen nicht ratifiziert haben, gilt das
Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten vom
19.12.1986, das dem UN-Übereinkommen nachgebildet ist, Göppinger/Wax/Linke, Unterhaltsrecht (7.
Aufl. 1999), Rdn. 3252.
39