Fall 12 - Prof. Paulus

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Fall 12 - Prof. Paulus
Lehrstuhl Prof. Dr. Windbichler
AG Handels- und Gesellschaftsrecht
WS 2011/12
Lösung Fall 12
Frage 1 - Ansprüche des L gegen P
A. § 433 II BGB unmittelbar
P war nicht Vertragspartner des L, so dass ein Anspruch unmittelbar aus § 433 II BGB nicht
in Betracht kommt.
B. Besondere rechtsgeschäftliche Haftungsgründe
Besondere rechtsgeschäftliche Haftungsgründe wie eine Vertragsübernahme, eine
Schuldübernahme gem. §§ 414, 415 BGB oder ein Schuldbeitritt gem. §§ 311 I, 421 BGB
scheiden mangels entsprechender Vereinbarungen zwischen L, K und P aus. Auch der
Haftungsgrund der handelsüblichen Bekanntmachung der Übernahme der Verbindlichkeiten
iSd § 25 III HGB liegt nicht vor.
Exkurs: Die Bekanntmachung ist nicht mit der Bekanntmachung der Handelsregistereintragung (§ 10 HGB) zu
verwechseln, sondern meint jede Kundmachung in handelsüblicher Form. Sie ist vom Innenverhältnis der
Parteien unabhängig, d.h. sie wirkt auch dann verpflichtend, wenn ihr keine vertragliche Schuldübernahme
zugrunde liegt; die Haftung wird allein durch die Erklärung an die Öffentlichkeit begründet (Baumbach/Hopt,
HGB, 34. Auflage 2010, § 25 Rn 17).
C. § 433 II BGB iVm § 25 I 1 HGB
Es könnte jedoch ein Fall des gesetzlichen Schuldbeitritts gem. § 25 I 1 HGB vorliegen. Nach
dieser Vorschrift haftet derjenige, der ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter
der bisherigen Firma fortführt, für alle in dessen Betriebe durch den vorherigen Inhaber
begründeten Verbindlichkeiten.
I.
Handelsgeschäft
Bei der Diskothek müsste es sich um ein Handelsgeschäft handeln, d.h. der frühere
Inhaber müsste Kaufmann gewesen sein. Ein Handelsgeschäft im Sinne von § 25 HGB ist
das Unternehmen des Kaufmannes, dessen Gegenstand ein Gewerbe gem. § 1 II HGB ist
oder das gem. § 2 HGB als Gewerbe gilt. K war laut Sachverhalt im Handelsregister
eingetragener Kaufmann; die von ihm betriebene Diskothek war daher Handelsgeschäft.
Exkurs: Nach h.M. findet § 25 I 1 nur Anwendung auf Kaufleute (Baumbach/Hopt, HGB, 32. Auflage
2006, § 25 Rn 2), nach a.A. auf alle Unternehmensträger – die Frage ist von Bedeutung beim Erwerb von
einem Kleingewerbetreibenden (K.Schmidt, Handelsrecht, § 8 II 1!a).
II. Erwerb (unter Lebenden)
Hinweis: Der Zusatz „unter Lebenden“ dient der Abgrenzung zum Erwerb eines Handelsgeschäfts von
Todes wegen nach § 27 HGB.
P müsste das Handelsgeschäft unter Lebenden erworben haben. Dabei kommt es im
Interesse der Rechtssicherheit für die Gläubiger allein auf den rein tatsächlichen Erwerb
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an; unerheblich ist, ob dinglich wirksam Eigentum erworben oder ein wirksamer
schuldrechtlicher Vertrag geschlossen wurde. Auch ein zeitlich begrenzter Erwerb durch
Pacht fällt unter den Erwerbsbegriff des § 25 HGB, vgl. § 22 II HGB, denn die Dauer der
Übertragung ist für außenstehende Dritte nicht erkennbar. Grund für die Erwerberhaftung
gem. § 25 HGB ist aber gerade der äußere Anschein von Haftungskontinuität, der durch
die Fortführung unter der bisherigen Firma verursacht wird. Durch den Abschluss des
Pachtvertrages mit der Rex & Gildo Musikbetrieb OHG hat P somit die Disko im Sinne
des § 25 HGB unter Lebenden erworben.
Folge: Selbst wenn der Pachtvertrag zwischen P und der Rex & Gildo OHG unwirksam wäre, etwa weil in
einigen wesentlichen Punkten keine Einigung erzielt wurde, würde P gem. § 25 I 1 HGB haftbar sein.
Ausnahme: Ein Erwerb des Handelsgeschäftes im Insolvenzverfahren hat nicht die Folge des § 25 HGB, da
nach h.M. sonst die Unveräußerlichkeit des Unternehmens drohte, während es nach a.A. Sinn und Zweck
des Insolvenzverfahrens ist, mit dem Erlös die Gläubiger zu befriedigen.
Problem: Erwerb nicht direkt von K
Einem Erwerb iSv § 25 HGB könnte entgegenstehen, dass P das Unternehmen nicht
direkt von K erworben hat, sondern von der “Rex & Gildo Musikbetrieb OHG“.
Dafür, dass die vertragliche Beziehung mit der “Rex & Gildo Musikbetrieb OHG“
gleichwohl vom Anwendungsbereich des § 25 HGB erfasst ist, sprechen dessen Sinn und
Zweck.
Das Gesetz verknüpft die Haftung mit dem Handelsgeschäft selbst und lässt sie über den
Wechsel des Unternehmensträgers hinaus zu Lasten des späteren Trägers ohne weiteres
fortdauern, wenn das Geschäft in seinem wesentlichen Bestande erhalten bleibt und die
Kontinuität des Unternehmens nach außen hin durch die Fortführung der bisherigen
Firma in Erscheinung tritt. Hiermit wäre es unvereinbar anzunehmen, für den
Fortbestand der Haftung sei zu unterscheiden, ob sich die Aufeinanderfolge der
haftenden Unternehmensträger rechtsgeschäftlich oder nur tatsächlich, unmittelbar oder
nur mittelbar über einen Zwischenerwerber hinweg vollziehe (BGH NJW 1984, 1186).
Somit kommt es für den Geschäftsverkehr allein auf den tatsächlichen Übergang des
Handelsgeschäfts auf einen anderen an, nicht aber auf das interne Vertragsverhältnis
zwischen dem Erwerber und seinem Vorgänger. Damit ist es unerheblich, dass zwischen
K und P keine direkte vertragliche Verbindung besteht. Ebenso wenig kommt es darauf
an, ob der Verpächter ‚Rex & Gildo Musikbetrieb OHG‘ dem L gegenüber für die
Zahlung der 5000 ! verantwortlich gewesen wäre.
III. Fortführung des Handelsgeschäfts
Fraglich ist, ob P das Handelsgeschäft fortgeführt hat. Für die Geschäftsfortführung ist es
ausreichend, wenn das Handelsgeschäft in seinem wesentlichen Kern weitergeführt wird,
so dass sich der nach außen für den Rechtsverkehr in Erscheinung tretende Tatbestand als
eine Weiterführung des Unternehmens in seinem wesentlichen Bestand darstellt. P hat die
Disko weiterhin als Disko betrieben, die Umbauarbeiten und das Einrichten der Lounge
sowie des Restaurants waren als kleinere Veränderungen in Bezug auf das
Gesamtunternehmen unschädlich.
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IV. Fortführung der bisherigen Firma
Ferner müsste das Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortgeführt werden, wobei
kleinere Abweichungen unerheblich sind, sofern der prägende Teil der alten Firma auch
in der neuen enthalten ist.
Dabei ist es unerheblich, ob die Fortführung der Firma im Innenverhältnis zum
Veräußerer berechtigt ist, ob dieser also insbesondere gem. § 22 I oder gem. § 24 II HGB
der Firmenfortführung zugestimmt hat (vgl. Wiedemann/Fleischer, PdW, Fall 174 b) oder
ob die verwendete Bezeichnung gem. §§ 17 ff HGB zulässig ist.
Auch wenn P an die beibehaltene Firma VIP 69 den Zusatz ‚Inhaber P‘ angehängt hat,
wird sie im Geschäftsverkehr noch mit der alten Firma identifiziert, so dass eine
Firmenfortführung iSd § 25 I 1 HGB zu bejahen ist.
V. kein wirksamer Haftungsausschluss
Möglicherweise könnte der Haftung gem. § 25 I HGB jedoch die Vereinbarung und
Kundmachung eines Haftungsausschlusses gem. § 25 II HGB entgegenstehen. Eine
solche Vereinbarung müsste grundsätzlich zwischen dem Veräußerer, also K, und dem
Erwerber des Handelsgeschäfts, also P, getroffen worden sein. Im Fall einer
unmittelbaren Weiterverpachtung, in dem regelmäßig gar keine Rechtsbeziehung
zwischen diesen beiden besteht, soll aber ausnahmsweise eine einseitige Erklärung des
Zweitpächters ausreichen (Zimmer in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 2. Aufl.,
§ 25, Rn. 81). Nach einer Mindermeinung soll eine solche Vereinbarung sogar stets
verzichtbar sein, da es auch im Rahmen des Erwerbs des Handelsgeschäfts (s.O. C.III.)
nicht auf eine im Innenverhältnis wirksame Vereinbarung ankommt. Jedenfalls eine
einseitige Erklärung des P liegt hier vor.
Der Haftungsausschluss müsste zudem durch Eintragung ins Handelsregister und
Bekanntmachung gem. § 10 HGB oder durch Mitteilung an den L kund gemacht worden
sein.
Eine Eintragung ins Handelsregister fand im April 2010 statt. Die Vereinbarung wirkt
Dritten gegenüber aber nach absolut herrschender Meinung nur, wenn die Eintragung und
Bekanntmachung unverzüglich nach der Übergabe, an deren Zeitpunkt der gesetzliche
Schuldbeitritt anknüpft, erfolgt ist. Was als unverzüglich anzusehen ist muss nach den
Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Der Haftungsausschluss ist hier erst vier
Monate nach der Übergabe ins Handelsregister eingetragen worden. Auch liegen keine
besonderen Anhaltpunkte vor, die bei einer Einzelfallbetrachtung dennoch für die
Annahme einer rechtzeitigen Eintragung sprechen würden. Damit nicht unverzüglich so
dass er dem L gegenüber nicht wirksam ist. Auch hat L weder von P noch von der Rex &
Gildo Musikbetrieb OHG Kenntnis vom Ausschluss der Haftung erlangt.
Beachte: Anders als im Rahmen des § 15 I, III HGB schadet nach dem Wortlaut des § 25 II HGB nicht
jede, sondern nur die direkt von dem Erwerber oder dem Veräußerer erlangte Kenntnis.
Die Voraussetzungen des § 25 I 1 HGB sind damit erfüllt. Ohne Belang ist der Einwand
des P, er habe von der nicht aus den Handelsbüchern hervorgehenden Verbindlichkeit
gegenüber L keine Kenntnis gehabt, da § 25 I HGB gerade einen Fall des gesetzlichen
Schuldbeitrittes darstellt, der unabhängig vom Willen der Parteien erfolgt. (Dies kann
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allenfalls im Verhältnis zur Rex & Gildo Musikbetrieb OHG von Bedeutung sein für die
Frage, wer derartige versteckte Verbindlichkeiten nach dem Übernahmevertrag tragen soll.)
V. Ergebnis
P muss 5000 ! an L zahlen. Ob auch der Verpächter ‚Rex & Gildo Musikbetrieb OHG‘
dem L gegenüber für die Zahlung der 5000 ! verantwortlich gewesen wäre ist
unerheblich.
Unter den Voraussetzungen des § 26 HGB haftet K mit P gesamtschuldnerisch für die
Forderung des L mit seinem gesamten Vermögen, also nicht nur mit dem erworbenen
Handelsgeschäft.
Frage 2 – Eintragungsanspruch des R
Das Registergericht ist Verpflichtet die Eintragung vorzunehmen, sofern dem kein Hindernis
entgegensteht (§ 382 FamFG). Es könnte die Eintragung wegen eines Verstoßes gegen die
Firmengrundsätze verweigern. Gegen die Fortführung der Firma „Rex & Gildo Musikbetrieb
e.Kfm.“ durch den Einzelkaufmann Rex könnte insbesondere der Grundsatz der
Firmenwahrheit sprechen (Vgl. dazu K. Schmidt, Handelsrecht, § 12 III 1 b).
I.
Unterscheidungskraft/Kennzeichnungswirkung, § 18 I HGB
Unterscheidungskraft und damit verbunden Kennzeichnungswirkung weisen alle Zeichen
auf, die abstrakt geeignet sind im Verkehr als Namen verstanden zu werden. Die Firma
„Rex & Gildo Musikbetrieb e.Kfm.“ wird im Verkehr als Namen verstanden.
II. Irreführung über verkehrswesentliche, geschäftliche Verhältnisse, § 18 II HGB
Die Firma darf weiter nicht geeignet sein über verkehrswesentliche Verhältnisse des
Geschäfts irrezuführen.
1.
Grundsatz: § 18 II HGB
Zunächst könnte ein Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 18 II HGB gegeben
sein, da in der Firma der Name eines nicht am Geschäft Beteiligten enthalten ist.
Dies ist hier eigentlich der Fall. Ein Verstoß gegen § 18 II HGB hätte zur Folge, dass
die Firma des Rex unzulässig wäre.
2.
Ausnahme: Grundsatz der Firmenbeständigkeit, §§ 22, 24 HGB
Der Grundsatz der Firmenwahrheit gilt jedoch nur bei erstmaliger Bildung einer
Firma uneingeschränkt, Ausnahmen davon sind in den §§ 22, 24 HGB enthalten, die
Ausprägungen des Grundsatzes der Firmenbeständigkeit darstellen. Durch diese
beiden Normen wird der Beständigkeit der Firma ausnahmsweise der Vorrang
gegenüber der Firmenwahrheit eingeräumt. Zweck der Vorschriften ist es, den in der
Firma enthaltenen Vermögenswert („good will“) im Interesse des Firmenfortführers
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zu erhalten. Die Identität des Unternehmens darf unverändert bleiben, obwohl sich
die Identität des dahinterstehenden Rechtsträgers ändert. Grenze ist auch hier
wiederum das Irreführungsverbot. Hier könnte § 24 HGB Anwendung finden.
a.
Handelsgeschäft
Hierzu muss ein Handelsgeschäft vorliegen. Ob die OHG ein Handelsgewerbe
gemäß § 1 II HGB betreibt, kann dahinstehen. Jedenfalls ist sie in das
Handelsregister eingetragen, so dass sie unabhängig vom Erfordernis
kaufmännischer Einrichtungen gem. § 2 S.1 HGB Kaufmann ist.
Exkurs: Der Betrieb der OHG ist auf die Verwaltung eigenen Vermögens gerichtet, so dass es
für ihre Qualifizierung als OHG auf die Eintragung ins Handelsregister ankommt, vgl. § 105 II 1
HGB.
b.
Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer bestehenden Handelsgesellschaft
Unternehmensträger
war
ursprünglich
die
OHG.
Da
es
bei
Personengesellschaften keine Einpersonengesellschaft gibt, ist die OHG durch
Ausscheiden des einzigen Mitgesellschafters Gildo erloschen. Das
Gesellschaftsvermögen ist durch Gesamtrechtsnachfolge auf den „verbliebenen
Gesellschafter“ Rex übergegangen. Damit ist Rex als Einzelkaufmann nunmehr
alleiniger Unternehmensträger.
c.
Einwilligung des ausscheidenden Gesellschafters
§ 24 II HGB setzt bei Ausscheiden eines Gesellschafters, dessen Name in der
Firma enthalten ist, weiterhin voraus, dass er in die Firmenfortführung
ausdrücklich eingewilligt hat. Die bloße Duldung der Firmenfortführung genügt
nicht. Die Fortführung der Firma ist im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich
vereinbart worden.
Die Voraussetzungen des § 24 HGB sind somit erfüllt.
III. Ersichtlichkeit der Gesellschaftsverhältnisse, § 19 I HGB
Aus der Firma „Rex & Gildo Musikbetrieb e.Kfm.“ müssen die Gesellschaftsverhältnisse
ersichtlich sein. Das aus dem Grundsatz der Firmenbeständigkeit folgende Recht, eine
abgeleitete Firma ohne Nachfolgezusatz führen zu dürfen, findet seine Grenzen in § 19 I
HGB. Danach muss der Unternehmensträger einen seine Gesellschaftsverhältnisse
kennzeichnenden Firmenzusatz führen, hier also gemäß § 19 I Nr. 1 HGB „eingetragener
Kaufmann“ oder eine entsprechende Abkürzung. Durch den Zusatz „e.Kfm.“ ist § 19 I
HGB gewahrt.
IV. Ergebnis
Das Registergericht hat zu Unrecht Bedenken. Rex kann die Firma in der Form „Rex & Gildo
Musikbetrieb e.Kfm.“ fortführen.
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Frage 3 – Anspruch des P gegen K auf Unterlassung der Domainnutzung
(Vgl. BGH, GRUR, 2004, S. 790 ff.)
A. § 15 IV MarkenG
P könnte K gegenüber einen Anspruch gem. § 15 MarkenG auf Unterlassung der Nutzung der
Domain haben.
I.
Geschäftliche Bezeichnung
Bei der Bezeichnung ‚VIP69‘ müsste es sich um eine geschäftliche Bezeichnung handeln.
Gem. § 5 I MarkenG sind dies Unternehmenskennzeichen und Werktitel.
Unternehmenskennzeichen sind gem. § 5 II 1 MarkenG Name und Firma, sowie die
besonderen Bezeichnungen des Unternehmens und die Geschäftsabzeichen. Hier geht es
um den Schutz der Firma ‚VIP 69‘.
Eine Firma ist wie alle Unternehmenskennzeichen nur schutzfähig, wenn sie
Kennzeichnungskraft (=Unterscheidungskraft) aufweist. Dies kann sich als ursprüngliche
Unterscheidungskraft aus der Bezeichnung selbst ergeben oder durch Verkehrsgeltung
erlangt werden. Die Firma ‚VIP69‘ besitzt mindestens Kennzeichnungskraft durch
Verkehrsgeltung.
II. Unbefugtes Verwenden
K müsste die Firma weiter unbefugt im Geschäftsverkehr verwandt haben. Unbefugt
handelt derjenige, der nicht Inhaber der geschäftlichen Bezeichnung ist und keine
Zustimmung des Firmeninhabers zu deren Verwendung hat.
1.
Ausgangslage
Ursprünglich war K Inhaber der Unternehmensbezeichnung
2.
Übergang auf P
Mit Beendigung der Verpachtung an K könnten die Rechte an der
Unternehmensbezeichnung auf P übergegangen sein. Aus § 23 HGB folgert die
Rechtsprechung, dass von der Übertragung einer Firma ausgegangen werden kann,
wenn solche Werte übertragen werden, die den Schluss zulassen, dass der Erwerber
eines Handelsgeschäfts die mit der Firma verbundene Geschäftstradition fortsetzen
will. Demnach hat der P zusammen mit den Räumen für die Benutzung der
Diskothek und dem dazugehörigen Inventar auch das Unternehmenskennzeichen
‚VIP69‘ erworben.
Zudem wird die Firma P auch durch seinen Pachtvertrag mit der OHG zugestanden
haben. Zwar sind die Diskothek und damit die Firma nicht direkt von K auf P
übergegangen, entscheidend ist aber eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung des
Vorganges, der sich als Übergang des Geschäftsbetriebes darstellt.
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Die Rechte an der geschäftlichen Bezeichnung stehen daher nun dem P zu. K hat die
Firma unbefugt, da ohne Zustimmung des P, benutzt.
III. Verwenden der Firma im Geschäftsverkehr
Bei der Verwendung der Domains „www.vip69.de“ und „www.vip69-diskothek.de“
handelt es sich auch um eine Verwendung im Geschäftsverkehr.
IV. Verwechslungsgefahr
Schließlich muss K durch die Verwendung der Firma ‚VIP69‘ eine Verwechslungsgefahr
hervorgerufen haben. Gem. § 15 II MarkenG dürfen Dritte die Firma nicht in einer
Weise, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen,
verwenden.
Mit Verwechslungsgefahr ist die Gefahr der Irreführung eines nicht unerheblichen Teils
der angesprochen Verkehrskreise entweder darüber, dass die bezeichneten Unternehmen
identisch sind (Verwechslungsgefahr im engeren Sinne) oder dass zwischen den
bezeichneten Unternehmen besondere Beziehungen, wie Lizenzverträge oder
Konzernzugehörigkeiten bestehen (Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne), gemeint.
Zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr stellt man auf die Wechselbeziehung zwischen
der Zeichenähnlichkeit, der Branchennähe, sowie der Kennzeichnungskraft der
geschützten Bezeichnung ab.
Hier hat K eine solche Verwechselungsgefahr herbeigeführt, da Personen die ihm Internet
nach der Diskothek des P suchen die Seiten des P für den offiziellen Internetauftritt des P
halten könnten.
V. Rechtsfolge
P steht ein Unterlassungsanspruch gegen K zu.
B. § 37 II HGB
Unterlassungsanspruch gem. § 37 II HGB setzt eine im handelsrechtlichen Sinne unbefugte
Benutzung der Firma voraus. Unbefugt erfolgt der Firmengebrauch, wenn die Firma dem
Verwender nicht zusteht, sie also gem. §§ 17 ff HGB oder anderen firmenrechtlichen
Bestimmungen (auch außerhalb des HGB) unzulässig ist. Hier käme ggf. ein Verstoß gegen
den Grundsatz der Unterscheidbarkeit gem. § 30 HGB in Betracht, der in seinem
Anwendungsbereich § 18 II HGB als lex specialis verdrängt (vgl. Baumbach/Hopt, HGB, 34.
Auflage 2010, § 30 Rn 3). Dieser gilt (nur) für ältere Firmen am selben Ort oder in derselben
Gemeinde. Ob die Verwendung der Firma des P durch K als Domainname als Verwendung
als Firma gelten kann ist fraglich. Ein Unterlassungsanspruch nach § 37 II HGB kann hier
wohl angenommen werden.
C. § 12 S. 2 BGB
§ 12 S. 2 BGB schützt die unbefugte Verwendung des Unternehmenskennzeichens nur
außerhalb des geschäftlichen Verkehrs. Denn soweit für das Kennzeichen markenrechtlicher
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Schutz besteht, wird § 12 BGB im geschäftlichen Verkehr durch §§ 5, 15 MarkenG verdrängt.
Hinweis zur eigenständigen Bedeutung von § 12 S. 2 BGB
-
Träger des Namens/ der Bezeichnung ist kein Unternehmen iSv § 14 BGB
-
Verwendung im außergeschäftlichen Verkehr
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