Handelsrecht - Vorlesung 10

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Handelsrecht - Vorlesung 10
Besonderheiten des Handelsgeschäfts
Sondervorschriften des HGB gehen z. T. den Regeln des BGB vor, z. T
ergänzen sie sie auch. Betreffen:
• Sonderregeln für allgemeine Rechtsgeschäfte (z. B Schweigen als WE)
• spezielle Geschäfte, insb. Handelskauf
Begriff Handelsgeschäft
Def. § 343 HGB
a) Geschäft: hier nicht Unternehmen (so in §§ 22 ff. HGB), sondern Rechtsgeschäft.
Erfasst jedes rechtserhebliche Verhalten, z. B. auch Mahnungen
b) Kaufmannseigenschaft
• oder Unternehmer (§ 91 HGB)
• oder nichtkaufmännischer Gewerbetreibender, s. §§ 383 II, 407 III Nr. 2, 453 III,
467 III HGB
c) Zusammenhang mit dem Betrieb des Handelsgewerbes
• Zu unterscheiden (z. B. bei Bäckerei): Handelsgrundgeschäft (Brotverkauf),
Handelshilfsgeschäft (Kauf einer Kasse), Handelsnebengeschäft (Partyservice, der
nur gelegentlich gemacht wird)
• Vermutungen: § 344 I, II HGB
d) Arten: Einseitiges Handelsgeschäft: nur eine Person ist Kaufmann (manchmal
eine bestimmte), beiderseitiges Handelsgeschäft (beide Kaufleute)
Weihnachtspost
M ist ein großer Freund der Adventszeit und hat daher den Besuch der Vorlesung
Handelsrecht eingestellt, als der Christkindlesmarkt eröffnete. Nun betreibt er ein Büro als
Immobilienmakler am Hochfeld. Wieder einmal im Advent findet er zwischen der
Weihnachtspost zwei Briefe, die ihn nachdenklich machen.
1. Geschäftsmann G hat M schon einige Male beschäftigt, um Wohnungen für seine
Mitarbeiter in Augsburg zu finden. Nun möchte er sein Privathaus in Gersthofen verkaufen
und beauftragt M mit der Suche nach einem Käufer. M möchte zunächst keine Aufträge
außerhalb Augsburgs annehmen.
2. In der vergangenen Woche hat M sich auf der Suche nach einem Firmenwagen beim
Autohaus A einige repräsentative Jahreswagen angesehen und sich für ein Modell
entschieden. Nun schreibt ihm A, er freue sich über das Geschäft und bestätigt Modell und
Kaufpreis. Am Ende des Briefes steht: „Sie werden verstehen, dass jede Gewährleistung
ausgeschlossen ist“. M ist darüber empört.
M erinnert sich an das, was er im Grundkurs BGB über Willenserklärungen gelernt hat. Er
entschließt sich daher, beide Briefe nicht weiter beachten und das ersparte Porto in
Glühwein anzulegen. Drohen ihm nun unangenehme Weihnachtsüberraschungen?
Schweigen auf einen Antrag zur
Geschäftsbesorgung, § 362 HGB
a) Voraussetzungen § 362 I 1 HGB
• Gewerbebetrieb bringt Besorgung von Geschäften für andere mit sich (z. B. Handelsvertreter,
Makler)
• Geschäftsverbindung mit dem Antragenden
• Antrag bezieht sich auf Geschäfte, die der Gewerbebetrieb des Kaufmanns mit sich bringt (ob er
sie tatsächlich durchgeführt hat, ist egal)
b) Voraussetzungen § 362 I 2 HGB
• Kaufmann hat sich zur Besorgung von Geschäften erboten (gezieltes Zusenden, Anzeige genügt
nicht)
• Antrag im Rahmen des Erbotenen
c) Rechtsfolgen:
• Pflicht zur unverzüglichen Antwort (§ 362 I 1)
• Schweigen gilt als Annahme des Antrags (§ 362 I 2 HGB)
• § 362 II HGB
Kaufmännisches Bestätigungsschreiben Voraussetzungen
• Empfänger des Schreibens ist Kaufmann oder nimmt in größerem Umfang am Geschäftsleben teil.
Absender muss nicht Kaufmann sein, aber ebenfalls am Geschäftsleben teilnehmen
• Es haben Vertragsverhandlungen stattgefunden
• Schreiben bestätigt den früheren Vertragsschluss unter Wiedergabe des Vertragsinhalts endgültig
und eindeutig
• Schreiben wird unmittelbar (unter 3 Wochen) nach Vertragsverhandlungen abgeschickt und ist
dem Empfänger zugegangen (§ 130 BGB)
• Absender kann nach Treu und Glauben das Schweigen als Einverständnis auffassen:
Absender redlich: kann davon ausgehen, dass Schreiben dem Vereinbarten entspricht
Nur Abweichungen, bei denen Absender noch mit der Zustimmung des Empfängers rechnen darf
Bei sich kreuzenden Bestätigungsschreiben: Absender bei Abweichung nicht schutzwürdig
• Empfänger hat nicht unverzüglich widersprochen
Kaufmännisches Bestätigungsschreiben – Rechtsfolge
und Anfechtung
Rechtsfolge: Bei Vorliegen der Voraussetzungen kommt der Vertrag mit dem
Inhalt des Bestätigungsschreibens zustande!
Irrtum und Anfechtung (bei Irrtum über Bedeutung des Schweigens)
a) Bei Irrtum des Empfängers über Bedeutung des Schweigens: keine
Anfechtung, sonst wäre Regel sinnlos
b) Hat Empfänger eines Antrags nach § 362 I HGB diesen inhaltlich falsch
verstanden, so kann er nach § 119 I BGB anfechten. Bei
Bestätigungsschreiben dagegen nicht, weil es gerade um
Beweisschwierigkeiten geht.
c) Bei § 123 BGB fehlt es schon an Redlichkeit
Reisebus auf Reisen
A betreibt eine Autowerkstatt. Gelegentlich verkauft er auch
Gebrauchtwagen an seine Kunden. Zu seiner Entlastung hat er seinem
Angestellten P Prokura erteilt. Eines Tages nimmt P einen Auftrag von E
entgegen, zwei seiner modernen Reisebusse zu reparieren und auf die
TÜV-Untersuchung vorzubereiten. E händigt P deswegen auch die
Wagenpapiere aus. P beschließt daraufhin den Ausstieg aus der
kapitalistischen Gesellschaft. Er verkauft die Busse im Namen des A an
X zu einem Preis von je 130.000,- €. Als X fragt, warum E und nicht A im
Fahrzeugbrief aufgeführt ist, sagt P, der Verkauf erfolge in Kommission.
Mit dem Geld für den Kauf setzt sich P nach Südostasien ab. E verlangt
von X die Busse heraus.
(Fall nach Martinek/Bergmann)
Reisebus-Lösung
Anspruch E gegen X aus § 985 BGB?
1. Gutgläubiger Eigentumserwerb nach §§ 929 S. 1, 932 BGB?
• Kein guter Glaube wegen der Eintragung im KfZ-Brief
2. § 366 HGB?
• Kaufmann, im Betrieb eines Handesgewerbes (+)
• Guter Glaube bezieht sich hier auch auf Verfügungsbefugnis
• Abhandenkommen? Nach hM bei Vertretungsmacht des Besitzdieners
überwunden
Eigentumserwerb vom Nichtberechtigten
§ 366 I HGB schützt anders als BGB auch den guten Glauben an die Verfügungsbefugnis des
Veräußerers.
a) Voraussetzungen:
• Veräußerer, dem das Eigentum fehlt, ist Kaufmann
(str., ob dasselbe auch beim Erwerb vom Scheinkaufmann gilt. Zu verneinen, weil
Auswirkung zu Lasten des Eigentümers),
• Veräußerung einer beweglichen Sache und im Betrieb des Handelsgewerbes,
• Guter Glaube; wird grundsätzlich vermutet.
b) Gilt nach hM auch für den guten Glauben an die Vertretungsmacht. Allerdings ist dann
schuldrechtlicher Vertrag unwirksam nach § 177 BGB; Rückabwicklung über
Bereicherungsrecht.
c) Gilt auch für Verpfändung: Abs. 1 rechtsgeschäftl., Abs. 3 gesetzl. (s.u.)
d) Ausnahme: § 935 BGB gilt auch im Handelsverkehr; aber Sonderregel § 366 I HGB.
Gutglaubensschutz durch §§ 366, 367 HGB
• Abs. 1: Schutz des guten Glaubens an die Verfügungsbefugnis (s. o.)
• Abs. 2: Entsprechender Schutz des guten Glaubens an die Befugnis
des Veräußerers, ohne Vorbehalt des Rechts über die Sache zu
verfügen – gutgläubiger lastenfreier Erwerb
• Abs. 3: Gutgläubiger Erwerb bestimmter Pfandrechte (s.u.)
• § 367 HGB: Gutgläubiger Erwerb bestimmter Wertpapiere
Pfandrechtserwerb
• Nach BGB: §§ 562, 578, 704, 647 BGB,
• nach HGB § 397 (Kommissionär); § 475 b (Lagerhalter), § 441
(Frachtführer).
• Frist zum Pfandverkauf ist kürzer, vgl. § 1234 II BGB, § 368 HGB
• Gutgläubiger Erwerb nach § 366 I, III HGB: wie bei
rechtsgeschäftlicher Verpfändung ist auch hier der gute Glaube an die
Verfügungsbefugnis geschützt (gilt analog für andere gesetzliche
Besitzpfandrechte, insb. § 647 BGB)
Zurückbehaltungsrecht
1. Unterschiede § 369 HGB zu § 273 BGB
Merksatz: HGB macht Sachen des Schuldners zum Sicherungsobjekt, BGB
gestattet nur Zurückhaltung der eigenen Leistung!
Unterschiede im Einzelnen:
a) §§ 369 ff. HGB verzichten auf Konnexität. Praktische Bedeutung gering, da
Konnexitätserfordernis in § 273 BGB weit ausgelegt wird. Muss in Klausur
aber geprüft werden!
b) Anwendungsbereich HGB enger: nur bewegliche Sachen und Wertpapiere
des Schuldners (der Forderung!), die durch Handelsgeschäfte in den Besitz
des Gläubigers gekommen sind.
c) Rechtsfolgen HGB weiter: Nicht nur Einrede, sondern auch Befriedigungsund Absonderungsrecht
Zurückbehaltungsrecht:
2. Voraussetzungen § 369 HGB:
a) Gläubiger und Schuldner (der Forderung) Kaufleut
b) Fällige Forderung, die auf Geld gerichtet ist (folgt aus §§ 371, 372 HGB)
c) Forderung aus beiderseitigem Handelsgeschäft, zwischen Gläubiger und
Schuldner geschlossen
d) Gegenstand nur bewegliche Sachen und Wertpapiere (z. B. Aktien,
Wechsel, Schecks), nicht sonstige Rechte
e) Gegenstand steht grundsätzlich im Eigentum des Schuldners; Ausn. § 369
I 2 HGB
f) Gläubiger hat mit Willen des Schuldners den Besitz am Gegenstand
aufgrund von Handelsgeschäften erlangt
g) Kein Ausschluss durch Vereinbarung oder § 369 III HGB
Zurückbehaltungsrecht:
3. Wirkungen § 369 HGB
a) Einrede gegen Herausgabeanspruch des Schuldners; gegen Dritte §
369 II HGB
b) Verwertungsrecht durch Vollstreckungsbefriedigung und
Verkaufsbefriedigung; zu letzterem § 371 HGB
c) Absonderungsrecht in der Insolvenz nach § 51 Nr. 3 InsO
d) Deliktischer Schutz als sonstiges Recht gemäß § 823 I BGB
e) Erlöschen: durch Sicherheitsleistung, § 369 IV HGB
Kontokorrent, § 355 HGB
1. Begriff und Voraussetzungen
a) Zwecke:
• Vereinfachung: vermeidet bei laufenden Geschäftsbeziehungen unnötige Geldbewegungen
• Vereinheitlichung: Rechtsgrund und rechtliches Schicksal (z. B. Verjährung) wird vereinheitlicht
• Sicherung: Durch „Aufrechnung“ muss man sich um einzelne Forderung keine Sorgen mehr machen
b) Begriff: § 355 I HGB. Kennzeichen Verfügbarkeit und Saldierung. Abgrenzung:
• uneigentlicher Kontokorrent: Parteien behandeln ihre gegenseitigen Ansprüche kontokorrentmäßig, obwohl nicht alle Merkmale gegeben, z.
B. keiner Kaufmann ist.
• Offene Rechnung: es wird „angeschrieben“, die einzelnen Rechnungsposten bleiben aber offen stehen
c) Voraussetzungen: Geschäftsverbindung (Dauerhaftigkeit zumindest beabsichtigt) und Kontokorrentabrede, d. h.
• Ansprüche und Leistungen sollen bloße Rechnungsposten werden
• Verrechnungsabrede: Saldierung in regelmäßigen Zeitabständen (Periodenkontokorrent, vgl. § 355 II HGB) oder ständig
(Staffelkontokorrent)
• Feststellung und Mitteilung des Saldo
Kontokorrent, § 355 HGB
2. Wirkungen und Beendigung
a) Einstellung ins K.: Die Forderung verliert ihre Selbständigkeit
• es kann nicht über sie verfügt werden (Abtretung, Pfändung); auch kein Verzug oder
Aufrechnung
• keine Tilgung durch Zahlung etc. § 366 BGB gilt nicht
b) Verrechnung: Tilgungswirkung; dazu unterschiedliche Theorien, die sich vor allem
auswirken, wenn einzelne Forderungen nicht einklagbar sind (z. B. Börsentermingeschäfte).
S. auch § 355 I HGB zur Verfügungsbefugnis!
c) Anerkennung: Abstraktes Schuldanerkenntnis nach § 781 BGB. Schuldgrund vom
Kontokorrent unabhängig.
d) Sicherheiten: § 356 HGB. Gilt aber nicht, wenn Sicherheit für „jeweilige Saldoforderung“
im Kontokorrent bestellt wird, was im Bankverkehr üblich ist
e) Pfändung: Einzelforderung kann nicht mehr gepfändet werden, wohl aber gegenwärtiger
(§ 357 HGB) oder zukünftiger Saldo.
f) Beendigung: Parteivereinbarung oder § 355 III HGB
Weitere Sonderregeln für Handelsgeschäfte:
Geschuldete Leistungen
a) Bei Gattungsschuld ersetzt § 360 HGB § 243 I BGB; beachte auch §
361 HGB.
b) Leistungszeit: §§ 358, 359 HGB ergänzen § 271 BGB
c) Vergütungsanspruch: § 354 HGB gilt neben entsprechenden
Normen des BGB, z. B. §§ 612 I, 632 I BGB.
d) Zinsanspruch: §§ 354 II, 353, 352 HGB (dagegen §§ 288, 246 BGB)
Weitere Sonderregeln für Handelsgeschäfte:
Sorgfaltspflicht; Vertragsstrafen, Forderungssicherung
a) § 347 I HGB hat klarstellende Wirkung neben § 276 II BGB.
Anwendungsbereich vor allem bei Vertragsverletzungen und c.i.c.
Haftungsbeschränkungen möglich, § 347 II HGB. Aber vor allem
erhöhter Maßstab bei Frage der groben Fahrlässigkeit.
b) Vertragsstrafe: § 348 HGB schließt § 343 BGB aus. § 138 BGB gilt
aber!
c) § 354 a HGB bildet zum Gläubigerschutz Ausnahme von § 399 BGB
d) Bürgschaft: Sonderregeln in §§ 349, 350 HGB
Yacht in Not
K, ein Hersteller von Luxusyachten, hat bei der Holzhandlung V größere
Mengen Tropenholz bestellt. Wegen der Wirtschaftskrise bricht der
Markt für Luxusyachten ein, so dass K sich nicht in der Lage sieht, das
Holz zum vereinbarten Zeitpunkt abzunehmen und zu bezahlen. Da V
seinen begrenzten Lagerraum dringend selbst braucht, lagert er das
Holz bei dem ihm bekannten Lageristen L ein. Dort wird das Holz bei
einem von niemandem verschuldeten Brand zerstört.
V verlangt Ersatz der bis dahin entstandenen Lagerkosten von K, K will
stattdessen Schadensersatz.
Yacht in Not - Variante
Variante: Das Holz war nicht zerstört und K zahlt immer noch nicht. V
droht K den Verkauf im Wege der Versteigerung an, informiert ihn aber
nicht über Zeit und Ort. Das Holz ist 5 Mio € wert, der Erlös der
schließlich durchgeführten Versteigerung liegt bei 4,5 Mio €. V verlangt
500.000 € von K. K meint, er hätte einen Käufer beibringen können, der
4,8 Mio € geboten hätte.
(frei nach Kindler, Handels- und Gesellschaftsrecht, § 8 Rn. 17)
Leistung und Erfüllung beim Handelskauf: 1.
Annahmeverzug
Grundsatz: Es gelten für Voraussetzungen und Folgen Regeln des BGB, vgl. § 374 HGB.
Besonderheiten:
a) Hinterlegung:
• Gegenstand BGB § 372 S. 1; HGB § 373 I: jede Ware
• Ort: BGB § 374 I und Hinterlegungsordnung Amtsgericht, HGB § 373 I Lagerhaus
• Wirkung: BGB § 378 BGB; HGB § 373 I keine Erfüllungswirkung, aber Kosten und Gefahr der Hinterlegung
trägt Käufer
b) Selbsthilfeverkauf: Verkäufer hat beim Handelskauf ein Wahlrecht zwischen
Hinterlegung und Selbsthilfeverkauf, § 373 II HGB (anders vgl. § 383 I BGB).
Durchführung nach § 373 II-IV HGB:
• Öffentliche Versteigerung, vgl. § 373 IV, V HGB
• Freihändiger Verkauf unter Voraussetzungen des § 373 II 1 HGB
• Wirkungen: Verkäufer wird von Lieferungspflicht frei. Auftragsverhältnis zum säumigen Käufer, d. h. kann
nach § 670 BGB Aufwendungen herausverlangen, nach § 667 BGB muss aber Erlös herausgegeben werden
(Aufrechnung).
Dunkle Kirsche
Der F, Inhaber eines großen Friseursalons, bestellt bei der Haar-Special
GmbH (H) 5 Liter Haartönungsmittel zum 1. Januar zum Preis von 200
€. Er will den Bedarf in seinem Salon weiter beobachten und am 22. 12.
mitteilen, ob der Ton „Dunkle Kirsche“ oder der Ton „Kastanie“
gewünscht sei. In der Hektik über die Feiertage vergisst F die
Bestellung. Die H liefert ihm am 2. Januar 5 l „Dunkle Kirsche“. F hat
inzwischen in Erfahrung gebracht, dass dieser Ton hoffnungslos aus der
Mode ist. Muss er das Mittel annehmen und bezahlen?
2. Spezifikationshandelskauf
a) Begriff § 375 I HGB.
Oft bei Massenhandelsgütern. Käufer kann sich bestimmten Preis sichern
und Einzelheiten erst später nennen.
b) Folgen:
• Spezifikation ist (Haupt-)Pflicht des Käufers, vgl. § 375 I, II HGB
• Verkäufer kann also Erfüllung und nach den allgemeinen Regeln
Verzugsschaden verlangen; außerdem Spezifikation selbst vornehmen (§
375 II 1 Anf. HGB)
• Rücktritt oder Schadensersatz statt der Leistung, §§ 375 II 1 HGB, 280 I, III,
281 BGB
• Verkäufer kann K zur Spezifikation auffordern, dann kommt dieser nach
den eben genannten Regeln in Annahmeverzug.
3. Fixhandelskauf
a) Begriff § 376 I 1 HGB, Spezialfall des relativen Fixgeschäfts, § 323
BGB. Vereinbarung über Leistungszeit muss also wesentlicher
Vertragsbestandteil sein („stehen und fallen“). Kalendertag nicht
erforderlich, Termin muss aber bestimmbar sein.
b) Folgen: § 376 HGB weicht von § 323 II Nr. 2 BGB ab:
• nach Ablauf der vereinbarten Zeit hat Gläubiger Erfüllungsanspruch
nur dann, wenn er das dem Geschäftspartner anzeigt.
• Schadensersatz statt der Leistung: § 376 II, III HGB.
• Abstrakter Schaden: Schaden, der sich nach gewöhnlichem Lauf der
Dinge ergibt.
Neues aus dem Friseursalon
Der bekannte Friseur F kauft für seinen Salon eine Computeranlage von C
und einen Friseurstuhl Modell „Superturbo“ für 3000 € vom Großhändler G.
Die Lieferung fällt auf einen schwarzen Tag: Die Computeranlage wird ohne
das dazugehörige Handbuch geliefert. Statt einem Modell „Superturbo“
bringt der Lieferant zwei Modelle „Formel 1“, die je 2000 € wert sind.
F, dessen Künstlerseele verletzt ist, will diesen ganzen Unsinn erst einmal
zwei Wochen nicht sehen. Zu allem Überfluss stellt sich zufällig heraus, dass
die gelieferte Computeranlage Software für eine Buchhandlung enthält. F
verlangt Lieferung einer neuen oder Anpassung der vorhandenen Anlage.
G verlangt nach drei Wochen Bezahlung. F weist empört auf die
Falschlieferung hin. Daraufhin besitzt G die Dreistigkeit, nicht nur einen der
beiden Stühle herauszufordern, sondern für den anderen auch noch 3000 €
zu verlangen.
Rügelast des § 377 HGB
1. Voraussetzungen der Rügelast
a) Beiderseitiges Handelsgeschäft: beide Parteien Kaufleute,
Handelsgeschäft im Sinne der §§ 343 ff. HGB (im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses)
b) Ablieferung der Ware: K bekommt eine solche insb. räumliche
Beziehung zu der Ware, dass er sie prüfen kann
c) Mangel: Qualitätsmängel, aber auch Quantitätsmängel und Aliud (§
434 III BGB)
d) Kein Ausschluss der Rügeobliegenheit: § 377 V HGB und ggf. Verzicht
(nicht in AGB; BGH)
2. Ordnungsgemäße Rüge
a) Anzeige: formlos; rechtzeitige Absendung genügt, § 377 IV HGB.
Risiko des Zugangs trägt allerdings Käufer (BGH, str.)
b) Unverzüglich im Sinne des § 121 I 1 BGB; zu unterscheiden:
• Offene Mängel: treten offen zu Tage, lassen sich bei
ordnungsgemäßer Untersuchung erkennen oder sind dem K bekannt:
sind entweder sofort zu rügen oder es ist innerhalb des
ordnungsmäßigen Geschäftsganges eine Untersuchung
durchzuführen. Im letzten Fall dann Rüge nach Untersuchung
• Versteckte Mängel: § 377 III HGB
Filzhüte
Zwischenhändler Z hat beim Großhändler G 1000 kg Wollfilz bestellt.
Vereinbarungsgemäß liefert Z direkt an den Kunden des Z, die
Augsburger Hutfabrik H. H untersucht noch am selben Nachmittag den
Filz, der sich als zu grob für die Hutherstellung erweist. Er teilt dies
abends telefonisch dem Z mit. Z ist ärgerlich, weil er schon mehrfach
ähnliche Probleme mit Lieferungen des G hatte. Er ruft am nächsten
Morgen bei G an und teilt diesem unter Verwendung unschönen
Vokabulars mit, es sei schon wieder „derselbe Mist“ an H geliefert
worden.
Ordnungsgemäße Rüge im Sinne des § 377 HGB?