Übungsfälle „Anfechtung und Widerruf“ Fall K will bei V 10 Flaschen

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Übungsfälle „Anfechtung und Widerruf“ Fall K will bei V 10 Flaschen
Übungsfälle „Anfechtung und Widerruf“
Fall
K will bei V 10 Flaschen Wein eines bestimmten Jahrgangs bestellen. Als er die Bestellung
formuliert, vertippt er sich und schreibt 100 Flaschen. Als V die 100 Flaschen liefert, stellt
sich der Irrtum heraus.
K will den Vertrag über 100 Flaschen nicht gelten lassen; V besteht auf Abnahme der 100
Flaschen. Zu Recht?
Lösung
− Anspruch des V auf Abnahme der Flaschen aus § 433 I?
− nur, wenn zwischen V und K ein Kaufvertrag besteht
− Angebot und Annahme (+)
− ABER: wirksame Anfechtung der Willenserklärung durch K
− Anfechtungsgrund: § 119 I (+) Erklärungsirrtum: K hat nicht erklärt, was er erklären wollte
− Anfechtungserklärung (+) („K will den Vertrag nicht gelten lassen“)
− Anfechtungsfrist: § 121 „unverzüglich“ (+)
− Folge: § 142 Æ Willenserklärung des K wegen Anfechtung von Anfang an nichtig
− DAHER Kaufvertrag (-) Æ V hat keine Ansprüche gegen K
Fall
K will bei V 10 Flaschen Wein eines bestimmten Jahrgangs bestellen. Als er die Bestellung
formuliert, vertippt er sich und schreibt 100 Flaschen. Als V die 100 Flaschen liefert, stellt
sich der Irrtum heraus. K ficht seine Erklärung an.
V verlangt nun den Ersatz der Portokosten für die Zusendung der Lieferung in Höhe von
40,00 €. Zu Recht?
Lösung
− Anspruch des V gegen K auf Schadenersatz aus § 122?
− angefochtene Willenserklärung (+) wegen Erklärungsirrtum des K innerhalb der
Anfechtungsfrist, §§ 119 I, 121
− Schaden des V (+) Portokosten i.H.v. 40,00 €
− Verursachung des Schadens durch Vertrauen des V auf die Gültigkeit des Vertrages (+)
Æ V hätte die Portokosten nur aufgewendet, weil er auf das Zustandekommen des
Kaufvertrags vertraute
− Kenntnis / fahrlässige Unkenntnis des V vom Anfechtungsgrund, § 122 II (-)
− ERGEBNIS: K muss V die Portokosten ersetzen.
1
Fall
V verkauft an K ein Gemälde, von dem er annimmt, es sei allenfalls 500 € wert. Danach
erfährt er, dass die Bilder dieses Malers für mindestens 3000 € gehandelt werden.
Kann V anfechten? Nennen Sie die einschlägigen Normen und begründen Sie kurz Ihre
Entscheidung!
Lösung
− Hat V einen Anfechtungsgrund?
− Erklärungsirrtum, § 119 I (-) da V erklärte, was er erklären wollte
− Inhaltsirrtum, § 119 I (-) da V wusste, was er erklärt
− Eigenschaftsirrtum, § 119 II (-) da „Eigenschaft“ = der Sache auf Dauer anhaftend, also
wertbildende Faktoren
− hier: Irrtum des V über den Wert selbst = unbeachtlicher Motivirrtum!
− Täuschung oder Drohung, § 123 (-)
− ERGEBNIS: V hat keinen Anfechtungsgrund und kann daher nicht anfechten
Fall
Rentnerin K nimmt an einer Busreise in den Thüringer Wald teil. Bestandteil der Fahrt ist
auch eine „Werbeveranstaltung“ des V, bei der sich K zum Kauf einer Heizdecke zum Preis
von 150,00 € hinreißen lässt. Über ihre Rechte als Verbraucherin wird sie nicht aufgeklärt.
Wieder zu Hause bereut K den Kauf. Als V nach 6 Wochen die Zahlung des Kaufpreises
anmahnt, fragt K, was sie tun kann, um aus dem Geschäft herauszukommen.
Lösung
− Widerrufsrecht der K aus § 355?
− K als Verbraucherin, § 13 (+) da Kauf für private Zwecke
− gesetzliches Widerrufsrecht (+) § 312 I = Haustürgeschäft
• Vertrag über entgeltliche Leistung (+)
• Zustandekommen des Geschäfts bei einer Freizeitveranstaltung, § 312 I 1 Nr. 2
(+)
− Widerrufsfrist von 2 Wochen: hier (-) mangels Belehrung der K, § 355 II, III
− Form des Widerrufs, § 355 I 2: in Textform (§ 126b) ohne Begründung oder
Zurücksenden der Kaufsache
− ERGEBNIS: K hat ein Widerrufsrecht aus § 355
2
Übungsfall „Bereicherungsrecht“
Fall
Der 16jährige K hat mit V einen Kaufvertrag über ein Mofa geschlossen. V hat das Mofa
sofort an K übereignet. Als die Eltern von dem Geschäft erfahren, verweigern sie die
Genehmigung. V verlangt nun das Mofa zurück. K muss nun zugeben, dass das Mofa bei
einem von ihm verursachten Unfall vollständig zerstört worden ist.
Welche Ansprüche hat V?
Lösung
• Anspruch des V gegen K auf Herausgabe des Mofas aus § 812 I 1?
− Leistung des V an K (+) da das Mofa bewusst und zweckgerichtet (= in Erfüllung des
Kaufvertrags) an K übereignet und dadurch das Vermögen des K gemehrt worden ist
− dadurch Bereicherung des K (+) Erwerb des Eigentums an dem Mofa
− ohne rechtlichen Grund (+) da der der Übereignung zugrunde liegende Kaufvertrag (§
433) wegen §§ 107, 108 unwirksam war, hatte K gegen V keinen Anspruch auf
Übereignung (§ 929) der Kaufsache
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•
•
•
Zwischenergebnis: K muss V das durch dessen Leistung Erlangte herausgeben =
Rückübertragung des Eigentums an dem Mofa, §§ 812 I 1, 818 I
Problem: Mofa ist zerstört, Herausgabe also unmöglich
Anspruch auf Wertersatz, § 818 II jedoch (-) da wegen der Zerstörung der K nicht mehr
bereichert ist, § 818 III
ERGEBNIS: V kann gegen K keine Bereicherungsansprüche geltend machen.
3
Übungsfälle „Besitz“
Fall
E hat sein Fahrrad am Fahrradständer vor der Uni abgestellt, ohne es abzuschließen. Kurz
nach der Vorlesung bittet ihn sein Freund L, ihm das Fahrrad zu leihen, womit E
einverstanden ist. Er fordert L auf, sich das Rad einfach zu nehmen. Auf dem Weg zum
Fahrradständer sieht er, wie Dieb D dabei ist, mit dem Fahrrad wegzufahren.
Darf L dem D das Rad mit Gewalt abnehmen?
Lösung
− Recht des L zur Ausübung des Selbsthilferechts nach § 859 II?
− Fahrrad als bewegliche Sache (+)
− L als Besitzer, § 854?
• tatsächliche Sachherrschaft ursprünglich bei E, auch mit Abstellen im
Fahrradständer ohne das Rad abzuschließen
• Erlangen der Sachherrschaft durch L, § 854 I (-) zwar faktische
Zugriffsmöglichkeit, jedoch keine erkennbare Dokumentation des Besitzübergangs nach außen
• ABER: Möglichkeit des L, die Sachherrschaft auszuüben, § 854 II (+), da
Fahrrad nicht abgeschlossen und Standort bekannt, d.h. bloße Einigung
zwischen E und L genügt
− Ausübung verbotener Eigenmacht durch D (+), vgl. § 858: D hat den Besitz des L am Rad
widerrechtlich entzogen
− D durch L „auf frischer Tat betroffen“ (+)
ERGEBNIS: L darf D das Rad nach § 859 II mit Gewalt abnehmen.
Fall
E ist Inhaber eines Zeitungsladens. Jede Nacht stellt der Lieferant L die Zeitungslieferungen
für den kommenden Tag vor der Ladentür ab. Eines Morgens vor der Öffnung des Geschäfts
beobachtet die Angestellte A, wie sich D an dem noch vor der Tür liegenden Paket zu
schaffen macht, eine Zeitung entnimmt und davonlaufen will.
Darf A den D verfolgen und ihm die Zeitung mit Gewalt wieder abnehmen?
Lösung
− Recht der A auf Ausübung des Selbsthilferechts nach §§ 859 II, 860?
− Zeitung als bewegliche Sache (+)
− E als unmittelbarer Besitzer der Zeitung, § 854 I (+) da Besitzbegründungswille und
tatsächliche Sachherrschaft (Besitzwechsel von L auf E nach außen erkennbar
dokumentiert durch das Ablegen vor dem Geschäft)
− verbotene Eigenmacht des D (+) da widerrechtliche Besitzentziehung ohne Willen des E
− A als Besitzdiener in des E, vgl. § 855 (+) da Weisungsunterworfenheit und
Besitzausübung für diesen
ERGEBNIS: A darf die dem Besitzer aus § 859 II zustehenden Selbsthilferechte gemäß §
860 ausüben und die Zeitung dem D mit Gewalt wieder abnehmen.
4
Fall
Dieb D übergibt seiner Freundin F diverse Schmuckstücke, die er dem E gestohlen hat. F soll
diese verwahren und so vor dem Zugriff der Polizei schützen. Welche Besitzverhältnisse
bestehen an dem Schmuck?
Lösung
− F als unmittelbare Besitzerin, § 854 I (+) da Ausübung der tatsächlichen Sachherrschaft
und Besitzbegründungswille
− D als mittelbarer Besitzer, § 868?
• Rechtsverhältnis zwischen D und F, vermöge dessen F auf Zeit dem D gegenüber
zum Besitz berechtigt und verpflichtet ist (+)
• hier: Verwahrungsvertrag (§ 688) zwar gemäß § 138 unwirksam, aber tatsächlicher
Wille der F, für den D den Besitz zu mitteln und tatsächliche Sachherrschaft der F
(diese besitzt als Verwahrer, vgl. Wortlaut des § 868)
• Ergebnis: F = Besitzmittlerin; D = mittelbarer Besitzer
− Besitz des E, vgl. § 856 (-) da Verlust der tatsächlichen Sachherrschaft Æ nicht lediglich
vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt, da er nicht weiß, wo sich der
Schmuck befindet
Übungsfall„Dienst- und Werkvertrag“
Fall: Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag
(nach Brox, Besonderes Schuldrecht, S. 237)
A bringt seinen PKW zur Reparatur in die Werkstatt des U, weil der Motor defekt ist. U lässt
die Reparatur von dem bei ihm angestellten Kfz-Mechaniker M vornehmen. Die Bemühungen
des M bleiben aber ohne Erfolg, da er die Fehlerquelle nicht entdecken kann.
Kann U von A das vereinbarte Entgelt für die Reparatur verlangen? Kann M von U den
vereinbarten Stundenlohn verlangen?
Lösung
− U – A = Werkvertrag, § 631
− U ist gegenüber A zur Herstellung eines Werkes verpflichtet: Reparatur des Wagens
− U als Unternehmer trägt Erfolgsrisiko
− ohne Erfolg kein Vergütungsanspruch, § 631
− U – M = Dienstvertrag, § 611
− M schuldet nur Tätigwerden im Rahmen des mit U bestehenden
Dauerschuldverhältnisses
− Interessenbewertung: M trägt kein Erfolgsrisiko, auch weil er nicht eigenverantwortlich
handeln kann, sondern den Weisungen des U unterworfen ist
− Lohnanspruch (+) auch wenn der mit der Tätigkeit angestrebte Erfolg nicht eintritt
5
Übungsfälle „Eigentum an beweglichen Sachen“
Fall
V verkauft am 1. Januar ein Auto an K. Beide vereinbaren, dass K den Kaufpreis bis zum
Monatsende zahlen soll. Als K nicht zahlt, schickt V seinen Angestellten A am 2. Februar zu
K mit der Anweisung, dem K das Fahrzeug zu überbringen und nach dem Geld zu fragen. A
übergibt das Fahrzeug im Namen des V. K nimmt es entgegen, verweigert aber weiterhin die
Zahlung.
V ist empört und verlangt von K die Herausgabe des Wagens. K verweigert dies mit der
Begründung, dass er als Eigentümer des Fahrzeugs hierzu nicht verpflichtet ist. Zu Recht?
Lösung
− Anspruch des V gegen K auf Herausgabe des PKW aus § 985?
− Besitz des K, vgl. § 854 (+) da tatsächliche Sachherrschaft
− Eigentum des V an dem Fahrzeug ursprünglich (+)
− ABER Eigentumserwerb des K gemäß § 929?
− Einigung über den Eigentumserwerb, § 929 S. 1:
• Angebot zur Einigung konkludent mit Ablieferung des Wagens durch A
• Willenserklärung des A wirkt gemäß § 164 I für und gegen V, da er dessen
Stellvertreter ist
• Annahme des Angebots konkludent durch Entgegennahme des Fahrzeugs durch K
− Übergabe des Fahrzeugs (+) da Einräumung der tatsächlichen Sachherrschaft zugunsten
des K
ERGEBNIS: Da die Voraussetzungen des § 929 S. 1 erfüllt sind, ist K Eigentümer des
Fahrzeugs geworden. V hat daher keinen Herausgabeanspruch aus § 985.
WICHTIG: Dass K den Kaufpreis nicht gezahlt hat, stellt zwar eine Verletzung seiner
Pflichten aus dem Kaufvertrag dar (vgl. § 433 II), ist aber wegen des Trennungsprinzips für
den Eigentumsübergang vollkommen unbeachtlich!
Fall
V ist Eigentümerin eines wertvollen Gemäldes, an dem sie sehr hängt. Als sie dringend Geld
benötigt, entschließt sie sich, das Bild an E zu verkaufen. Beide einigen sich, dass das Bild
dem E gehören, es aber bis zum Tod der V bei dieser verbleiben soll.
Ist E Eigentümer des Gemäldes geworden?
Lösung
− Eigentumserwerb nach § 929 S. 1 (-) da V den unmittelbaren Besitz behalten soll
− Eigentumserwerb nach §§ 929, 930?
• Einigung zwischen V und E über den Eigentumsübergang (+)
• Ersetzung der Übergabe durch ein Besitzkonstitut nach § 930 (+) da beide ein
Rechtsverhältnis vereinbaren, das V zum Besitz des Gemäldes berechtigt
• Besitzkonstitut auf Zeit (+) bis zum Tod der V
• Besitzmittlungswille der V (+)
− Ergebnis: E ist gemäß §§ 929, 930 Eigentümer des Gemäldes geworden.
6
Fall
V ist Eigentümer eines Autos, das er an D vermietet hat. V verkauft den Wagen an E. Beide
einigen sich, dass von das Auto nun an E gehören soll und dieser es nach Ablauf der
Mietzeit bei D abholen soll. D weiß von dieser Vereinbarung nichts. Ist E Eigentümer
geworden?
Lösung
− Eigentumserwerb nach § 929 (-) mangels Übergabe
− Eigentumserwerb nach §§ 929, 930 (-), da V (!) nicht unmittelbarer Besitzer des Wagens
ist
− Eigentumserwerb nach §§ 929, 931?
• Einigung zwischen V und E über den Eigentumsübergang (+)
• Ersetzung der Übergabe durch Abtretung (§ 398) des Herausgabeanspruchs von V
gegen D aus dem Mietvertrag (§ 546) an E, d.h. nunmehr Berechtigung des E, von D
die Herausgabe zu verlangen = mittelbarer Besitz des E (§ 868)
• Kenntnis des D nicht erforderlich
Ergebnis: E ist gemäß §§ 929, 931 Eigentümer des Fahrzeugs geworden.
Fall
E hat B sein Auto geliehen. Als B Geld braucht, verkauft er das Fahrzeug an D. Die
Übergabe findet sofort statt. Beide einigen sich, dass D Eigentümer werden soll.
Hat D Eigentum erworben, wenn er nicht wusste, dass E der wahre Eigentümer des Wagens
war?
Lösung
− Eigentumserwerb nach § 929 S. 1 (-) zwar Einigung und Übergabe; B ist jedoch nicht
Eigentümer
− gutgläubiger Erwerb nach §§ 929, 932 I?
• Veräußerung nach § 929 S. 1 (+)
• B als Nichtberechtigter (+)
• Gutgläubigkeit des D, vgl. § 932 II (+) da er davon ausging, dass B Eigentümer ist
• kein Abhandenkommen, § 935 (+) da E seinen unmittelbaren Besitz freiwillig an B
übertragen hat
− Ergebnis: D hat gutgläubig Eigentum erworben.
Abwandlung
Fall wie oben. Hat D Eigentum erworben, wenn ihm B mitgeteilt hat, der Wagen gehöre E;
dieser habe ihn aber gebeten, einen Käufer zu suchen?
Lösung
− Eigentumserwerb nach § 929 S. 1 (-) zwar Einigung und Übergabe; B ist jedoch nicht
Eigentümer
− gutgläubiger Erwerb nach §§ 929, 932 I?
• Veräußerung nach § 929 S. 1 (+)
• B als Nichtberechtigter (+)
− Gutgläubigkeit des D (-), da er weiß, dass B nicht Eigentümer ist; kein Schutz des guten
Glaubens an die Verfügungsbefugnis, vgl. § 932 II
− Ergebnis: D hat kein Eigentum erworben.
7
Fall
V hat sich von E einen Baukran geliehen. Er veräußert den Kran an den gutgläubigen D.
Damit V weiterhin seine Bauaufträge erledigen kann, vereinbart er mit D, dass diesem zwar
der Kran gehören soll, V ihn aber weiterhin behalten soll. Nach kurzer Zeit erfährt D, dass V
gar nicht Eigentümer war. Er fährt kurzerhand zu dessen Baustelle, lässt sich den Kran
herausgeben und transportiert ihn ab. Ist D Eigentümer geworden?
Lösung
− Eigentumserwerb nach §§ 929, 930 (-) zwar Einigung und Vereinbarung eines
Besitzkonstituts, jedoch war V nicht Eigentümer
− gutgläubiger Eigentumserwerb nach §§ 929, 930, 933?
• Veräußerung nach § 930 (+)
• V als Nichtberechtigter (+)
• Übergabe des Krans von V an D (+)
• Gutgläubigkeit des D im Zeitpunkt der Übergabe, vgl. § 932 II (-) da D dann schon die
wahren Eigentumsverhältnisse kannte
− Ergebnis: D ist nicht Eigentümer geworden.
Übungsfälle „Eigentum an unbeweglichen Sachen“
Fall
E verkauft sein Grundstück an K. Am 2. Januar 2006 erklären beide ordnungsgemäß vor
dem Notar die Auflassung. Einen Tag später stellt K beim Grundbuchamt unter Vorlage aller
notwendigen Unterlagen einen Antrag auf seine Eintragung als Eigentümer. Am 10. Januar
2006 wird das Insolvenzverfahren über das Vermögen des V eröffnet. K wird am 12. Januar
als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen. Der Insolvenzverwalter ist der Auffassung, K
habe kein Eigentum erworben, da V wegen der Insolvenz nicht mehr verfügungsbefugt war.
Zu Recht?
Lösung
− Eigentumserwerb am Grundstück durch K?
− notariell beurkundete Einigung zwischen V und K, §§ 873 I, 925 I (+)
− Eintragung des K als Eigentümer, § 873 I (+)
− Problem: Verlust der Verfügungsbefugnis des V (§ 81 InsO) vor Vollendung des
Eigentumsübergangs
− Unbeachtlichkeit der Verfügungsbeschränkung nach § 878?
• Bindungswirkung der Auflassungserklärung für V (+), vgl. § 873 II
• Eintragungsantrag des K vor Eintritt der Verfügungsbeschränkung (+)
• d.h. zum Eigentumserwerb fehlt nur noch die Eintragung des K
Ergebnis: Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens hindert den Eigentumserwerb des K nicht,
da die Voraussetzungen des § 878 erfüllt sind.
8
Fall
E verkauft sein Grundstück durch notariellen Kaufvertrag an K. Die Auflassung soll erst
erfolgen, wenn K den Kaufpreis bezahlt wird, jedoch bestellt E zugunsten des K eine
Auflassungsvormerkung, die auch eingetragen wird. Später bietet D dem E einen wesentlich
höheren Preis für das Grundstück. E geht auf das Angebot ein; beide schließen sogleich
formwirksam einen Kaufvertrag und vereinbaren die Auflassung. D wird als neuer
Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
Ist D Eigentümer geworden? Was kann K tun?
Lösung
Eigentumserwerb des D?
− notariell beurkundete Auflassung, §§ 873, 925 (+)
− Eintragung des D, § 873 (+)
− Verfügungsbefugnis des E (+) da Vormerkung diese nicht beschränkt
Ergebnis: D ist Eigentümer geworden, da alle Voraussetzungen der §§ 873, 925 erfüllt sind.
Rechte des K?
− mangels Auflassung und Eintragung im Grundbuch zunächst kein Eigentumserwerb des
K
− jedoch Anspruch des K auf Übereignung des Grundstücks aus § 433 I 1?
• Auflassungsvormerkung zugunsten K, § 883 I (+)
• gegenüber K Unwirksamkeit der Übereignung des Grundstücks an D, § 883 II (+)
• d.h. gegenüber K gilt weiterhin E als Eigentümer und K kann von ihm die Auflassung
verlangen.
•
•
Anspruch des K auf Eintragung ins Grundbuch (+) nach Stellung eines
Eintragungsantrags, Nachweis der Auflassung von E an K sowie Bewilligung der
Eintragung durch den Voreingetragenen = D
Anspruch des K gegen D auf Zustimmung zu seiner Eintragung als Eigentümer, § 888
I (+)
Ergebnis: K kann Auflassung und seine Eintragung ins Grundbuch erzwingen.
Fall
E ist Eigentümer eines Grundstücks. Am 2. Januar 2006 verkauft er es formgerecht an K; die
Auflassung wird sogleich erklärt. K wird am 10. Januar 2006 als Eigentümer ins Grundbuch
eingetragen.
Am 1. Februar 2006 verkauft K das Grundstück weiter an D. Im formwirksamen Kaufvertrag
wird auch die Auflassung erklärt. D stellt am 3. Februar 2006 beim Grundbuchamt den
Antrag auf seine Eintragung als Eigentümer. Kurz erfahren K und D, dass E geisteskrank ist.
Gleichwohl wird D am 28. Februar 2006 als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen.
Wer ist Eigentümer des Grundstücks?
Lösung
− zunächst Eigentum des E
− Eigentumserwerb des K (-)
• zwar Auflassung und Eintragung nach §§ 873, 925
• jedoch Unwirksamkeit der Willenserklärung des E gemäß § 104 Nr. 2, 105 I
− Eigentumserwerb des D von K, § 892?
• Auflassung und Eintragung des D, §§ 873, 925 (+)
• K als Nichtberechtiger (s.o.)
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•
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•
Unrichtigkeit des Grundbuchs, § 892 I (+) da K statt E als Eigentümer eingetragen
Gutgläubigkeit des D, § 892 I zunächst (+)
aber: Kenntnis des D von der Unrichtigkeit des Grundbuchs vor seiner Eintragung
vgl. aber § 892 II: zum Eigentumserwerb des D fehlte nur noch die Eintragung Æ
maßgeblicher Zeitpunkt für die Gutgläubigkeit ist die Stellung des Eintragungsantrags
− Ergebnis: Da D bei Stellung des Eintragungsantrags die Unrichtigkeit des Grundbuchs
nicht kannte, hat er gutgläubig das Eigentum an dem Grundstück erworben.
Übungsfälle „Firmenrecht“
Fall
Hans Müller betreibt in Jena ein Café unter der Firma „Kaffeepause Hans Müller e. Kfm.“,
das seit Jahren gute Umsätze abwirft. Der seit langem mit ihm verfeindete Heinz Müller will
an diesem Erfolg teilhaben und eröffnet in der Nähe ebenfalls ein Café. Als Firma meldet er
„Kaffeepause Heinz Müller e. Kfm.“ zum Handelsregister an. Hans Müller ist empört und
überlegt, ob er Heinz Müller auf Unterlassung verklagen kann. Hätte dies Aussicht auf
Erfolg?
Lösung
• Unterlassungsanspruch des Hans Müller aus § 37 II HGB?
• nur (+) wenn Heinz Müller unbefugt eine Firma gebraucht und Hans Müller dadurch in
seinen Rechten verletzt wird
• unbefugter Gebrauch der Firma „Kaffeepause Heinz Müller e. Kfm.“ nach §§ 17 ff HGB?
• Verstoß gegen § 30 HGB nur, wenn beide Unternehmen wegen der Firma nicht deutlich
unterscheidbar sind
• bei Personenfirmen: Verwendung des Vornamens i.d.R. ausreichend für
Unterscheidbarkeit, vgl. auch § 30 II HGB: ergänzender Zusatz nur bei völliger Gleichheit
von Vor- und Familiennamen
• Ergebnis: eine Unterlassungsklage des Hans Müller hätte (nach den Maßstäben des
HGB) nur wenig Aussicht auf Erfolg.
Fall
K kauft von V dessen Autowerkstatt und führt mit Einwilligung des V die Firma „Autoreparatur
V, Nachfolger K e. Kfm“. Kurz vor seinem Ausscheiden hatte V den Wagen des X repariert,
der jedoch die Reparaturkosten in Höhe von 1.500 € noch nicht beglichen hat. Außerdem
hatte V noch eine neue Hebebühne für die Werkstatt zum Preis von 10.000 € von Y
erworben.
Kann K von X die Zahlung der 1.500 € verlangen? Kann Y von K die Abnahme der
Hebebühne und Zahlung der 10.000 € verlangen?
Lösung
• Haftung des K als Erwerber des Unternehmens, § 25 HGB
• Erwerb durch Rechtsgeschäft unter Lebenden (+) Kaufvertrag zwischen K und V
• Fortführung der bisherigen Firma mit Nachfolgezusatz (+)
• keine Vereinbarung zwischen V und K über Haftungsausschluss
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•
•
Haftung des Erwerbers mit seinem gesamten Vermögen für alle Verbindlichkeiten, § 25 I
1 HGB
d.h. K muss Hebebühne abnehmen und bezahlen (aus § 433 II BGB), da Verbindlichkeit
im Geschäft begründet wurde
zudem Erwerb aller Forderungen des Unternehmens, da V in Firmenfortführung
eingewilligt hat, § 25 I 2 HGB
d.h. K kann von X Reparaturkosten i. H. v. 1500 € aus § 631 BGB verlangen.
Übungsfall „Geschäftsfähigkeit“
Fall
Tante T schenkt dem 17jährigen M 1000 € zur Anschaffung eines großen Lexikons. Die
Eltern sind mit der Anschaffung des Lexikons einverstanden. M kauft stattdessen aber mit
dem Geld bei V ein gebrauchtes Mofa zum Preis von 900 €. Die Eltern sind empört und
lehnen das Geschäft ab.
Kann V von M die Zahlung des Kaufpreises verlangen?
Lösung
− Anspruch des V gegen M auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 I?
− nur, wenn ein Kaufvertrag zustande gekommen ist
− § 106: beschränkte Geschäftsfähigkeit des M
− § 107: Einwilligung der gesetzlichen Vertreters (§ 1629 = Eltern) für WE, die dem
Minderjährigen nicht lediglich rechtlichen Vorteil bringen
− rechtlicher Vorteil bei Kaufvertragsschluss (-) da Pflicht des M zur Zahlung des
Kaufpreises (§ 433 II)
− § 108: mangels Genehmigung der Eltern Unwirksamkeit des Vertrags
− § 110: Wirksamkeit des Vertrags infolge Bewirkens der Leistung mit eigenen Mitteln des
Minderjährigen (-) da Geld nicht „zur freien Verfügung“ überlassen, sondern zum Kauf
eines Lexikons
− ERGEBNIS: V kann nicht Bezahlung des Mofas fordern.
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Übungsfälle „Handelsgeschäfte“
Fall
Die Geschäftsführerin G des Kindergartens „Zwergen-Paradies GmbH“ gibt mündlich im
Namen der GmbH eine Bürgschaftserklärung gegenüber X ab. Als X die GmbH als Bürge in
Anspruch nehmen will, wendet G ein, der mündliche Bürgschaftsvertrag sei unwirksam, da
sie kein Handelsgewerbe betreibe. Ist dieser Einwand berechtigt?
Lösung
− Anspruch des X gegen die GmbH auf Erfüllung der Bürgenschuld, § 765 BGB (+) wenn
wirksamer Vertrag zwischen X und GmbH zustande gekommen
− nach § 766 BGB grundsätzlich Schriftform der Bürgschaftserklärung erforderlich
− Modifikation durch § 350 HGB (+) wenn die GmbH Kaufmann ist
− Kaufmannseigenschaft kraft Gesetzes (+) vgl. § 6 HGB, da GmbH eine
Handelsgesellschaft ist – unabhängig davon, ob sie ein Handelsgewerbe betreibt
− auf Kaufmannseigenschaft der G kommt es nicht an, da sie als Geschäftsführerin die
GmbH nur vertritt und nicht selbst Trägerin des Unternehmens ist
− Ergebnis: da die GmbH als Bürgin Kaufmann ist, findet die Formvorschrift des § 766 BGB
gemäß § 350 HGB keine Anwendung. Der Bürgschaftsvertrag ist wirksam, so dass X von
der GmbH Erfüllung der Bürgschaftsschuld verlangen kann.
Fall
Kaufmann K führt bei der B-Bank AG sein Firmenkonto. Er erteilt der B per Fax den Auftrag,
für ihn 500 Aktien der X-AG zu kaufen. Als er nach einem halben Jahr wegen der immensen
Kurssteigerungen die Aktien wieder verkaufen will, um den Gewinn abzuschöpfen, stellt er
fest, dass die Bank den Auftrag nicht ausgeführt hat. Er verlangt Schadenersatz nach §§ 280
I, III, 281 BGB. Die B lehnt dies ab, da mangels Annahmeerklärung kein Vertrag zustande
gekommen sei. Wer hat Recht?
Lösung
− Anspruch des K gegen B auf Schadenersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, III, 281
BGB (+) wenn B schuldhaft Pflichten aus einem Schuldverhältnis verletzt hat
− Schuldverhältnis zwischen K und B (+) zwar keine Annahmeerklärung der B, aber ihr
Schweigen gilt nach § 362 HGB als Annahme
• B als Kaufmann (+) § 6 HGB: AG ist Handelsgesellschaft
• Geschäftsverbindung zwischen K und B über die Besorgung von Geschäften (+) da B
für K Bankgeschäfte besorgt
• Zugang des Antrags des K (+)
• keine unverzügliche Antwort der B
− Pflichtverletzung durch Nichtausführung des Auftrags (+)
− Vertretenmüssen (+) zumindest Fahrlässigkeit, §§ 280 I 2, 276 BGB
− Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung (+) da besondere Umstände nach §
281 II BGB vorliegen: Nacherfüllung hätte für K keinen Wert
− Schaden (+) entgangene Kursgewinne
− Ergebnis: K kann von der B Schadenersatz statt der Leistung nach §§ 280 I, III, 281 BGB
verlangen
12
Fall
Kaufmann K betreibt eine Schneiderei, in der er auch Änderungsarbeiten vornimmt. X hatte
ihm ein teures Ballkleid aus Seide mit Diamantenbesatz zum Kürzen vorbeigebracht. Als Y in
den Laden kommt, gefällt ihr das Kleid so gut, dass K es ihr verkauft und sogleich
übereignet. Ist Y Eigentümerin geworden, wenn K ihr gegenüber zwar eingeräumt hat, dass
das Kleid zwar der X gehört, diese es aber bei ihm in Kommission gegeben hat?
Lösung
− Eigentumserwerb nach § 929 BGB (-) da K nicht Eigentümer des Kleides war
− Eigentumserwerb nach §§ 929, 932 BGB (-) mangels Gutgläubigkeit der Y, vgl. § 932 II
BGB: Y wusste, dass das Kleid nicht im Eigentum des K stand
− Eigentumserwerb nach § 366 HGB?
• K als Kaufmann (+)
• Veräußerung des Kleides in seinem Handelsgeschäft (+)
• guter Glaube der Y an die Befugnis des K, über das Kleid zu verfügen (+)
• kein Abhandenkommen des Kleides, § 935 BGB (+) da X den unmittelbaren Besitz
freiwillig an K übertragen hatte
− Ergebnis: Y hat nach § 366 HGB gutgläubig das Eigentum an dem Kleid erworben.
Übungsfälle „Handelskauf“
Fall
Einzelhändler H hat bei der „Südfrüchte oHG“ 50 Kisten Ananas zum Preis von 500 €
bestellt. Als X die Ware im Namen der oHG bei H abliefern will, verweigert dieser ohne jeden
Grund die Annahme. Da die Früchte zu verderben drohen, lässt die oHG diese versteigern,
kann dabei aber lediglich 250 € erzielen. Die Differenz verlangt sie von H. H lehnt die Forderung mit der Begründung ab, mangels Lieferung müsse er auch nicht zahlen. Besteht der
Anspruch der oHG?
Lösung
− Anspruch der oHG gegen H auf Zahlung von 250 € aus § 433 II BGB?
− Kaufvertrag, § 433 BGB (+)
− Untergang der Kaufpreisforderung durch die Versteigerung der Waren, § 326 I 1 BGB (-)
da Nichtleistung der oHG nicht auf § 275 I BGB beruht
• Annahmeverzug des H, § 293 BGB (+)
• Recht der oHG, die Versteigerung durchzuführen, § 373 II (+) da H (§ 1 I HGB) und die
oHG (§ 6 HGB) Kaufleute sind
• Versteigerung ohne Androhung möglich, § 373 II 2 HGB
− Versteigerung „für Rechnung des säumigen Käufers“ = H, § 373 III HGB, d.h. Abrechnung
nach Auftragsrecht
• oHG muss Versteigerungserlös an H herausgeben, § 667 BGB
• im Übrigen aber Bestehenbleiben der Kaufpreisforderung
− Ergebnis: Die oHG hat gegen H einen Anspruch auf Begleichung des Restkaufpreises in
Höhe von 250 € aus § 433 II BGB.
13
Fall
A hat bei der B-Bank AG sein Gehaltskonto. Er beauftragt die B, für ihn sofort 100 Aktien der
X-AG zu kaufen. Der Antrag bleibt liegen. Als er auf Mahnung des A schließlich ausgeführt
wird, ist der Kurs um 10% gestiegen. Haftet die Bank für die Differenz?
Lösung
− Anspruch des A gegen B auf Schadenersatz aus § 376 I HGB?
• B als Kaufmann kraft Rechtsform, § 6 HGB
• Vereinbarung einer fest bestimmten Leistungszeit (+) „sofort“
• Schweigen der B als Annahmeerklärung, § 362 HGB, da laufende
Geschäftsverbindung zwischen A und B über die Besorgung von Geschäften
• Nichtleistung zur bestimmten Zeit (+)
− Ergebnis: A kann von B aus § 376 I HGB Schadenersatz verlangen, und zwar in Höhe des
Unterschieds im Börsenpreis zwischen geschuldeter und tatsächlicher Leistungszeit, §
376 II HGB
Fall
Einzelhändler H hat bei der „Südfrüchte oHG“ 20 Kisten mit Ananas-Konserven bestellt.
Diese werden am 1. Februar geliefert. Am 10. März beschwert sich eine Kundin bei H
darüber, dass die Früchte in den Dosen verschimmelt sind, was man von außen nicht erkennen konnte. H überprüft sogleich die noch im Lager befindlichen Konserven und stellt fest,
dass diese allesamt verdorben sind. Er zeigt dies umgehend der oHG an. Kann er von dieser
Lieferung neuer, einwandfreier Ware verlangen?
Lösung
− Anspruch des H gegen die oHG auf Nachlieferung aus §§ 433, 437, 439 BGB?
− Kaufvertrag zwischen H und oHG, § 433 BGB (+)
− Mangel der Kaufsache, § 434 I 2 Nr. 2 BGB (+) da sich verschimmeltes Obst nicht zum
Verzehr eignet
− Erhalt der Gewährleistungsrechte durch rechtzeitige Mängelrüge, § 377 HGB?
• beiderseitiges Handelsgeschäft (+) H (§ 1 I HGB) und die oHG (§ 6 HGB) sind
Kaufleute und das Geschäft gehört zu ihrem Handelsgewerbe, § 343 HGB
• unverzügliche Untersuchung und Rüge nach Ablieferung durch den Verkäufer?
• zwar nicht unmittelbar nach Ablieferung; Schimmel war jedoch von außen nicht
erkennbar und es wäre „untunlich“, von H bei Lieferung das Öffnen aller Konserven zu
verlangen
• daher: verdeckter Mangel nach § 377 III HGB
• unverzügliche (§ 121 BGB) Rüge nach Entdeckung des Mangels (+)
− Ergebnis: H hat nach §§ 433, 437, 439 BGB einen Anspruch gegen die oHG auf
Nachlieferung mangelfreier Waren.
14
Übungsfälle „Handelsrechtliche Vertretungsmacht“
Fall
Kaufmann K betreibt ein Hotel. Er hat dem P wirksam Prokura erteilt. P kauft bei X „p.pa.“
mehrere Gabelstapler und einen Baukran. Außerdem nimmt er bei der B-Bank ein Darlehen
auf und bestellt zur Sicherung der Darlehensschuld eine Hypothek auf das Hotelgrundstück.
Als K davon erfährt, ist er empört.
Er fragt, ob die von P abgeschlossenen Geschäfte wirksam sind.
Lösung
− Wirksamkeit des mit X abgeschlossenen Kaufvertrags (§ 433 BGB)?
− eigene Willenserklärung des P (+)
− im Namen des K (+) vgl. Zeichnung „p.pa.“
− im Rahmen seiner Vertretungsmacht?
• § 49 I HGB: Prokurist ist ermächtigt, alle Geschäfte abzuschließen, die der Betrieb
eines = irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt
• Branchenzugehörigkeit nicht erforderlich
− daher Wirksamkeit des Kaufvertrags (+)
− Wirksamkeit der Darlehensaufnahme (§ 488 BGB) aus den eben genannten Gründen
ebenfalls (+)
− Wirksamkeit der Bestellung der Hypothek ( § 1113 BGB)?
− eigene Willenserklärung des P (+)
− im Namen des K (+) vgl. Zeichnung „p.pa.“
− im Rahmen seiner Vertretungsmacht?
• § 49 I HGB: Prokurist ist ermächtigt, alle Geschäfte abzuschließen, die der Betrieb
eines = irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt
• ABER keine Ermächtigung zur Belastung von Grundstücken, § 49 II HGB
• Bestellung der Hypothek als Grundstücksbelastung (+) da dadurch B-Bank das Recht
erwirbt, aus dem Grundstück eine bestimmte Geldsumme zu fordern, § 1113 BGB
− daher Wirksamkeit der Hypothekenbestellung (-)
Fall
Kaufmann K hat P Prokura erteilt. Im Arbeitsvertrag zwischen K und P ist vereinbart, dass P
keine Geschäfte abschließen darf, deren Wert 100.000 € übersteigt. Gleichwohl kauft P bei X
im Namen des K eine Maschine zum Preis von 500.000 €. Als X Abnahme und Bezahlung
verlangt, verweigert K dies unter Verweis auf den beschränkten Umfang der Prokura. Zu
Recht? Hat K Ansprüche gegen P?
Lösung
− Anspruch des X gegen K auf Abnahme und Bezahlung der Maschine aus § 433 II BGB?
− (+) wenn die Willenserklärung des P für und gegen den K wirkt, § 164 BGB
• eigene Willenserklärung des P (+)
• im Namen des K (+)
• im Rahmen der Vertretungsmacht (+) vgl. § 49 I HGB = alle Geschäfte, die der Betrieb
eines Handelsgewerbes mit sich bringt
• Beschränkung der Prokura im Innenverhältnis (K – P) gegenüber X unwirksam, § 50 I
HGB
• Gutgläubigkeit des X (+)
15
− Ergebnis: P handelte mit Vertretungsmacht, so dass seine Willenserklärung für und
gegen K wirkt, § 164 BGB. Daher ist zwischen X und K ein Kaufvertrag zustande
gekommen und K ist aus § 433 II BGB zur Abnahme und Bezahlung der Maschine
verpflichtet.
− Anspruch des K gegen P auf Schadenersatz aus § 280 I BGB?
• Pflichtverletzung des P durch Überschreiten der im Arbeitsvertrag gesetzten Grenzen
der Vertretungsmacht
• Vertretenmüssen des P (+), §§ 280 I 2, 276
• Schaden des K? Zwar muss er den Kaufvertrag erfüllen und 500.000 € an X zahlen.
Dafür erhält er aber die Maschine. Schaden vorerst also (-)
− Ergebnis: zunächst kein Anspruch des K gegen P auf Schadenersatz aus § 280 I BGB.
Fall
K will sich im Geschäft des V eine Stereoanlage kaufen. Er lässt sich von der Aushilfe A
bedienen, die ihm eine Anlage zum Preis von 500 € verkauft. Auf Bitten des K räumt sie ihm
die Möglichkeit der Ratenzahlung ein. Ist zwischen V und K ein Kaufvertrag zustande
gekommen?
Lösung
− Kaufvertrag (§ 433 BGB) zwischen K und V (+) wenn die Willenserklärung der A für und
gegen V wirkt, § 164 BGB
• eigene Willenserklärung der A (+)
• im Namen des V (+) da sich dies aus den Umständen ergibt, vgl. § 164 I 2 BGB
• Vertretungsmacht der A (+) vgl. § 56 HGB, da sie mit Wissen und Wollen des V in
dessen Geschäft tätig ist
• Verkauf der Stereoanlage gegen Ratenzahlung kein ungewöhnliches Geschäft
− Ergebnis: Kaufvertrag zwischen K und V (+)
Übungsfälle „Kaufmannsbegriff“
Fall
Die städtische Arbeitsloseninitiative A nimmt gebrauchte Möbel entgegen, lässt diese durch
ihre zwei Angestellten Instandsetzen und gibt sie anschließend gegen ein geringes Entgelt
an Bedürftige ab. Aus dem Erlös werden die laufenden Kosten der Einrichtung, die
Angestellten sowie eine Schreibkraft bezahlt. Muss sich die Arbeitsloseninitiative im
Handelsregister eintragen lassen?
Lösung
− Eintragungspflicht nach § 29 HGB nur, wenn A = Kaufmann
− § 1 I HGB: Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt Æ Möbelverkauf als
Gewerbe?
− Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs, § 1 II HGB?
− hier Gewinnerzielungsabsicht (-)
− Ergebnis: Kaufmannsbegriff nicht erfüllt, keine Eintragungspflicht
16
Fall
K will während der Fußball-WM 2006 vor allen Austragungsstadien Thüringer Bratwürste
verkaufen. Um den Arbeitsaufwand zu bewältigen, muss er 40 Mitarbeiter einstellen und
einige 100.000 € investieren, um Arbeitsgerät und Würstchen einzukaufen. Wegen der
erwarteten Besucherzahlen verspricht er sich gleichwohl hohe Gewinne. Ist er verpflichtet,
sich zum Handelsregister anzumelden?
Lösung
− Eintragungspflicht nach § 29 HGB nur, wenn K = Kaufmann
− § 1 I HGB: Kaufmann ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt
− Bratwurstverkauf als Gewerbe, d.h. erfordern Art oder Umfang der geplanten Tätigkeit
einen kaufmännisch eingerichteten Gewerbebetrieb?
• selbständige Tätigkeit, vgl. § 84 I 2 HGB (+)
• Erkennbarkeit nach außen (+)
• Tätigkeit auf wirtschaftlichem Gebiet (+)
• Gewinnerzielungsabsicht (+)
• Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit? Tätigkeit zwar begrenzt auf lediglich 3
Wochen, jedoch insgesamt auf eine Vielzahl von Geschäften ausgerichtet =
ausreichend für Dauerhaftigkeit
• weitere Kriterien: hohe Zahl von Mitarbeiter, vergleichsweise großer Umfang
des Geschäfts
Ergebnis: K ist Ist-Kaufmann gemäß § 1 I HGB und muss sich als solcher nach § 29 HGB ins
Handelsregister eintragen lassen.
Fall
Imker I besitzt fünf Bienenvölker. Den von diesen produzierten Honig verkauft er in einem
Hofladen, in dem vier Mitarbeiter angestellt sind und der einen monatlichen Gewinn von
5.000 € abwirft. I hatte sich freiwillig im Handelsregister als Kaufmann eintragen lassen. Nach
einiger Zeit werden ihm aber die damit verbundenen Verpflichtungen, insbesondere
Buchführung und Finanzierung, lästig. Er möchte seine Eintragung daher wieder löschen
lassen. Ist das möglich?
Lösung
− I als Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs i. S. v. § 3 I HGB (+) da planmäßige
Tierhaltung (Bienen) zur Gewinnung tierischer Erzeugnisse (Honig)
− Verkauf des Honigs im Hofladen kein eigenständiges, sondern Nebengewerbe nach § 3
III HGB
• Imkerei als selbständiges landwirtschaftliches Unternehmen
• Laden organisatorisch mit der Imkerei verbunden und von dieser abhängig
• Betrieb durch denselben Unternehmer = I
− daher: Gesamtbetrachtung von Imkerei und Laden als landwirtschaftlicher Betrieb nach §
3 I HGB
− nach Art und Umfang Erfordernis eines in kaufmännischer Weise eingerichteten
Gewerbebetriebs (+) vgl. Umsatz, Mitarbeiterzahl
− Anspruch auf Löschung daher nur nach Maßgabe der allgemeinen Vorschriften für die
Löschung kaufmännischer Firmen, § 3 II HGB, d.h. § 2 S. 3 HGB gilt nicht!
− Löschung nur, wenn Betrieb eingestellt oder wenn Umfang des § 1 II HGB nicht mehr
erreicht wird
− hier (-)
17
Ergebnis: I kann seine Eintragung im Handelsregister nicht rückgängig machen.
Fall
A und B betreiben einen kleinen Partyservice ohne weitere Angestellte, der auch kaum
Umsätze abwirft. Sie lassen sich nicht ins Handelsregister eintragen. Im Geschäftsverkehr
treten sie jedoch als „Partyservice A&B oHG“ auf, weil sie glauben, als solche seriöser zu
wirken und dadurch mehr Aufträge erzielen zu können. 4 Wochen nach Lieferung mehrerer
Paletten Einweggeschirr stellen sie fest, dass dieses kaputt und offensichtlich unbrauchbar
ist. Sie machen gegenüber dem Lieferanten L-GmbH ihre Rechte auf Mängelgewährleistung
geltend. L weist dies zurück, da A und B ihrer Rügepflicht auf § 377 HGB nicht
nachgekommen sind. Zu Recht?
Lösung
− Rügepflicht aus § 377 HGB (+) wenn Kauf ein beiderseitiges Handelsgeschäft war
− L-GmbH als Kaufmann (+) vgl. § 6 HGB
− A und B als Kaufleute?
• Ist-Kaufleute nach § 1 HGB (-) da Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise
eingerichteten Betrieb erfordern
• Form-Kaufleute nach § 6 HGB (-) da sie tatsächlich keine oHG gegründet haben
• ABER Erwecken des Rechtsscheins einer Handelsgesellschaft i.S.v. § 6 HGB in
zurechenbarer Weise (+) und Gutgläubigkeit der L-GmbH (+)
Ergebnis: A und B sind Scheinkaufleute und müssen sich daher trotz fehlender Eintragung
als Kaufleute behandeln lassen! Daher gilt für sie auch die Rügeobliegenheit aus § 377 HGB.
Mangels fristgemäßer Rüge der Mangelhaftigkeit der Ware haben A und B ihre
Gewährleistungsrechte verloren, vgl. § 377 III HGB.
18
Übungsfälle „Kaufrecht“
Fall
Kneipenbetreiber K kauft bei V eine neue Zapfanlage zum Preis von 5.000 €. Nach einigen
Tagen stellt sich heraus, dass das aus der Anlage gezapfte Bier zu warm ist, weil V aus
Unachtsamkeit beim Einbau das Kühlaggregat beschädigt hat. K fordert V auf, ihm eine neue
Zapfanlage zu liefern. V entgegnet jedoch, es sei lediglich ein neues Kühlaggregat
einzubauen, um den Fehler zu beheben. Nachdem V die Reparatur durchgeführt hat und die
Anlage nun einwandfrei funktioniert, verlangt K von ihm wegen des Ärgers einen Rabatt auf
den Kaufpreis sowie Schadenersatz in Höhe von 600 € für den bis zur Reparatur
entgangenen Umsatz. Zu Recht?
Lösung
− Recht des K auf Minderung („Rabatt“) des Kaufpreises, §§ 437 Nr. 2, 441?
− Kaufvertrag zwischen K und V, § 433 (+)
− Mangel der Kaufsache bei Gefahrübergang zwar (+), jedoch Behebung des Mangels
durch Reparatur
− Ergebnis: Minderung (-)
−
−
−
−
Anspruch des K gegen V auf Schadenersatz neben der Leistung, §§ 437 Nr. 3, 280 I?
Mangel der Kaufsache bei Gefahrübergang, § 434 II 1 (+)
Verschulden des Verkäufers, § 276 (+) Fahrlässigkeit
Schaden infolge der mangelhaften Lieferung, der durch Nacherfüllung nicht beseitigt
werden konnte (+)
• Hätte V das Kühlaggregat nicht beschädigt, hätte die Anlage von Anfang an
funktioniert.
• Umsatzeinbußen i. H. v. 600 € können auch durch die Reparatur der Anlage
nicht wieder ausgeglichen werden
ERGEBNIS: Anspruch des K auf Kaufpreisminderung (-), Anspruch auf Ersatz des
Betriebsausfallschadens (+)
Fall
K ersteigert bei ebay einen gebrauchten Laptop von V, der gewerblich einen Versand für
Hard- und Software betreibt und ebay als Plattform hierfür nutzt. V hatte in der Produktbeschreibung angegeben, dass er das Gerät mit einem „garantiert neuen“ Akku ausgestattet
hat. Um Geld zu sparen, hatte er aber tatsächlich einen alten Akku eingebaut. Zugleich wies
V darauf hin, dass er jede Haftung wegen Mängeln ausschließe.
Nach 2 Monaten zeigt sich, dass der Akku wegen eines Fehlers laufend Kurzschlüsse
verursacht. K bittet um den Austausch des Akkus. V erwidert, K habe den Fehler selbst
verursacht, können zumindest niemals beweisen, dass der Fehler schon bei der Versendung
vorgelegen habe. Zudem habe er auch wegen des Haftungsausschlusses keinerlei
Ansprüche. V sehe sich daher zu nichts verpflichtet. K möchte das Gerät nun zurückgeben
und sich von V den Kaufpreis erstatten lassen. Zu Recht?
19
Lösung
− Recht des K auf Rücktritt vom Vertrag, §§ 437 Nr. 2, 440, 323 ?
− Kaufvertrag zwischen K und V, § 433 (+)
− Mangel der Kaufsache (+) bei Gefahrübergang, § 434 I 2?
− hier: Vermutung der Mangelhaftigkeit bei Gefahrübergang nach § 476, da Verbrauchsgüterkauf i. S. v. § 474 I
• K als Verbraucher, § 13 (+)
• V als Unternehmer, § 14 (+) da Verkauf zu gewerblichen Zwecken
• Kauf einer beweglichen Sache (+)
• Achtung: § 474 I 2 gilt nicht, da keine öffentliche Versteigerung vorliegt!
• Auftreten des Mangels innerhalb von sechs Monaten (+)
− Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Nacherfüllung, § 323 II Nr. 1 (+) wegen endgültiger
und ernsthafter Verweigerung der Nacherfüllung durch V
− Wirksamkeit des Haftungsausschlusses, § 444 (-) wegen Beschaffenheitsgarantie
(„garantiert neu“)
− EREGBNIS: Rücktrittsrecht des K (+)
− Folgen: K muss den Laptop an V zurückgeben, kann dafür aber den Kaufpreis
zurückverlangen, § 346 I
Übungsfälle „Kreditsicherung“
Fall
S will bei der B-Bank ein Darlehen in Höhe von 1.000.000 € aufnehmen. Die Bank besteht
zur Sicherung der Darlehensforderung auf einer Bürgschaft. Nach langem Zureden kann S
seine Ehefrau E, die seit Jahren arbeitslos ist und über kein nennenswertes Vermögen
verfügt, zum Abschluss des Bürgschaftsvertrags bewegen. E stimmt dem auch deshalb zu,
weil sie Angst hat, anderenfalls von S verlassen zu werden. Als S mit der Rückzahlung des
Darlehens in Verzug gerät, will die B-Bank E in Anspruch nehmen. E verweigert die Zahlung
mit der Begründung, der Bürgschaftsvertrag sei sittenwidrig und daher unwirksam. Zu Recht?
Lösung
− Anspruch der B gegen E auf Zahlung von 1.000.000 € aus § 765?
− Problem: Nichtigkeit des Bürgschaftsvertrags wegen Sittenwidrigkeit nach § 138?
• krasses Missverhältnis zwischen Leistungsverpflichtung des Bürgen und dessen
Leistungsfähigkeit (+) E ist vermögenslos und hat keinerlei Einkommen –
Bürgschaftsschuld mit 1.000.000 € von ihr nicht zu erbringen
• berechtigtes Interesse der B an der Bürgschaft trotz Überforderung der E (-) da kein
Vermögenszuwachs bei E zu erwarten
Ergebnis: Da E durch die Bürgschaft krass überfordert würde, ist der Vertrag nach § 138
sittenwidrig und daher nichtig. B hat daher keinen Anspruch aus § 675.
20
Fall
V hat E unter Eigentumsvorbehalt sein Auto verkauft. Bevor er alle Kaufpreisraten gezahlt
hat, verschenkt er den Wagen an seinen Neffen D und übereignet ihn sogleich. Ist D
Eigentümer geworden, wenn er von dem Eigentumsvorbehalt nichts wusste?
Lösung
− Eigentumserwerb nach § 929 S. 1 (-)
• zwar Einigung und Übergabe
• E war jedoch nicht Eigentümer, da Übereignung V an E unter der Bedingung der
vollständigen Kaufpreiszahlung stand, § 449
• Bedingung ist noch nicht erfüllt, daher tritt die Rechtsfolge Eigentumsübergang nicht
ein, § 158 I
− gutgläubiger Erwerb nach §§ 929, 932 I?
• Veräußerung nach dem Modus des § 929 S. 1 (+)
• E als Nichtberechtigter (+)
• Gutgläubigkeit des D, vgl. § 932 II (+) da er davon ausging, dass E Eigentümer ist
• kein Abhandenkommen seitens V, § 935 (+)
− Ergebnis: D hat gutgläubig Eigentum erworben.
Fall
V übereignet sein Warenlager zur Sicherung eines Kredits an die Bank E. Später verkauft
und übereignet er verschiedene Gegenstände aus dem Warenlager an D. Hat D Eigentum an
den Waren erworben, wenn er glaubte, V sei Eigentümer?
Lösung
− Eigentumserwerb nach § 929 S. 1 (-)
• zwar Einigung und Übergabe
• V war jedoch nicht Eigentümer, da er durch die Sicherungsübereignung an E sein
Eigentum gemäß §§ 929, 930 verloren hat
− gutgläubiger Erwerb nach §§ 929, 932 I?
• Veräußerung nach dem Modus des § 929 S. 1 (+)
• V als Nichtberechtigter (+)
• Gutgläubigkeit des D, vgl. § 932 II (+) da er davon ausging, dass V Eigentümer ist
• kein Abhandenkommen seitens E, § 935 (+)
− Ergebnis: D hat gutgläubig Eigentum erworben.
21
Fall
V hat von E unter Eigentumsvorbehalt einen Baukran gekauft. Noch vor Begleichung der
letzten Kaufpreisrate übereignet er den Kran zur Sicherung eines Darlehens an die Bank D.
Nach kurzer Zeit erfährt D von dem Eigentumsvorbehalt. Sie lässt sich daraufhin von V den
Kran herausgeben und transportiert ihn ab. Ist D Eigentümerin des Krans geworden?
Lösung
− Eigentumserwerb nach §§ 929, 930 (-)
• zwar Einigung und Vereinbarung eines Besitzkonstituts, §§ 929, 930
• jedoch war V nicht Eigentümer, da Übereignung E an V unter der Bedingung der
vollständigen Kaufpreiszahlung stand, § 449
• Bedingung ist noch nicht erfüllt, daher tritt die Rechtsfolge Eigentumsübergang nicht
ein, § 158 I
− gutgläubiger Eigentumserwerb nach §§ 929, 930, 933?
• Veräußerung nach dem Modus des § 930 (+)
• V als Nichtberechtigter (+)
• Übergabe des Krans von V an D (+)
• Gutgläubigkeit der D im Zeitpunkt der Übergabe, § 933 (-)da D da bereits die wahren
Eigentumsverhältnisse kannte, vgl. § 932 II
− Ergebnis: D ist nicht Eigentümer geworden.
Übungsfall „Nichtige Rechtsgeschäfte“
Fall
V verkauft K ein Grundstück zum Preis von 200.000 €. Um Steuern und Notargebühren zu
sparen, einigen sich K und V darauf, im notariellen Kaufvertrag lediglich 150.000 € als
Kaufpreis anzugeben.
Später kommt es zum Streit zwischen beiden Parteien. K besteht auf Übereignung des
Grundstücks; V verweigert diese. Prüfen und begründen Sie unter Verwendung der
einschlägigen Normen, ob K aus dem Kaufvertrag einen Anspruch auf Übereignung des
Grundstücks hat!
Lösung: Anspruch auf Übereignung aus § 433 I?
• nur (+) wenn ein Kaufvertrag zustande gekommen ist
• Nichtigkeit des notariellen Kaufvertrags nach § 117 I: Kaufpreis von 150.000 € war nicht
gewollt!
• § 117 II: Wirksamkeit des verdeckten – also des eigentlich gewollten – Geschäfts
gesondert prüfen
• gewolltes Geschäft – Kaufpreis von 200.000 € – nichtig nach §§ 125 S. 1, 311b I mangels
notarieller Beurkundung
22
Übungsfälle „Publizität des Handelsregisters“
Fall
U erteilt P Prokura, die in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht wird. Ein
Jahr später widerruft U die Prokura, meldet das Erlöschen aber nicht zur Eintragung an, so
dass das Erlöschen weder eingetragen noch bekannt gemacht wird. Einen Monat nach dem
Widerruf schließt P im Namen des U einen Kaufvertrag mit X, in dem er ihm den
Firmenwagen verkauft. X wusste nichts vom Erlöschen der Prokura.
Muss U den Wagen an X übereignen?
Lösung
− Anspruch des X gegen U auf Übereignung des Wagens aus § 433 I BGB?
− (+) wenn die auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung des P im
Namen des U gemäß § 164 I BGB für und gegen diesen wirkt
− Prokura zwar durch Widerruf erloschen, § 52 I HGB und damit eigentlich Ende der
Vertretungsmacht
− ABER Widerruf als eintragungspflichtige Tatsache, § 53 III HGB
− keine Kenntnis des X vom Widerruf = Vertrauen, dass die Prokura noch besteht
− § 15 I HGB: solange der Widerruf nicht eingetragen und bekannt gemacht ist, kann U ihn
dem X nicht entgegenhalten
− d.h. U muss sich so behandeln lassen, als wäre die Prokura nicht widerrufen worden
Ergebnis: P hatte also gegenüber X Vertretungsmacht und konnte im Namen des U wirksam
Willenserklärungen für diesen abgeben. Damit ist ein Kaufvertrag zwischen X und U
zustande gekommen. U ist gemäß § 433 I BGB zur Übereignung des PKW verpflichtet.
Fall
U hat die dem P erteilte Prokura widerrufen, das Erlöschen aber nicht zur Eintragung
angemeldet, so dass das Erlöschen weder eingetragen noch bekannt gemacht wurde. P
schließt nach Widerruf der Prokura im Namen des U einen Kaufvertrag mit X, dem das Erlöschen der Prokura nicht bekannt war. Die Unkenntnis beruhte aber auf grober Fahrlässigkeit.
Muss U den Kaufvertrag erfüllen?
Lösung
− Anspruch des X gegen U auf Übereignung des Wagens aus § 433 I BGB?
− (+) wenn die auf den Abschluss eines Kaufvertrags gerichtete Willenserklärung des P im
Namen des U gemäß § 164 I BGB für und gegen diesen wirkt
− zwar wirksamer Widerruf der Prokura, § 52 HGB und damit eigentlich Ende der
Vertretungsmacht
− aber trotz § 53 HGB weder eingetragen noch bekannt gemacht
− grob fahrlässige Unkenntnis des X schadet nicht, vgl. § 15 I HGB: Gutgläubigkeit nur (-)
wenn er den Widerruf wirklich kannte und nicht nur hätte kennen müssen
Ergebnis: X darf darauf vertrauen, dass P noch Prokurist war. Die von P im Namen des U
abgegebene Willenserklärung wirkt gemäß § 164 I BGB für und gegen diesen, so dass ein
Kaufvertrag zustande gekommen ist. U muss diesen erfüllen.
23
Fall
Kann-Kaufmann K hat dem Kaufmann D ein Darlehen „zum gesetzlichen Zinssatz“ gegeben.
Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages war K zwar im Handelsregister
eingetragen, die Eintragung war aber noch nicht bekannt gemacht. D kannte die
Kaufmannseigenschaft des K nicht.
Welchen Zinssatz muss D bezahlen?
Lösung
− Darlehen des K an D, § 488 BGB
− gesetzlicher Zinssatz nach § 246 BGB = 4%
− gesetzlicher Zinssatz nach § 352 HGB = 5 %, sofern "beiderseitiges Handelsgeschäft",
d.h. wenn bei Vertragsschluss sowohl K als auch D Kaufmann war
− Eintragung des K als Kaufmann zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (+) = konstitutive
Wirkung, § 2 HGB, durch Eintragung wird Kaufmannseigenschaft begründet
− Bekanntmachung der Eintragung (-)
− Kenntnis des D von der Kaufmannseigenschaft (-), daher Vertrauen des D, dass K nicht
Kaufmann ist
− § 15 I HGB: K muss sich wie eine Privatperson behandeln lassen, d.h. der kaufmännische
Zinssatz kommt nicht zur Anwendung
Ergebnis: D schuldet nur den Zinssatz nach § 246 BGB in Höhe von 4 %.
Fall
Kaufmann K hat dem D am 1. Februar ein Darlehen zum gesetzlichen Zinssatz gegeben. D
war ursprünglich als Kann-Kaufmann im Handelsregister eingetragen gewesen. Zum
Zeitpunkt des Vertragsschluss war seine Firma auf seinen Antrag hin aber schon wieder
gelöscht. Dies war am 10. Januar bekannt gemacht worden.
Welchen Zinssatz muss D bezahlen, wenn K am 1.2. nicht bekannt war, dass D nicht mehr
Kaufmann ist?
Lösung
− Darlehen des K an D, § 488 BGB
− gesetzlicher Zinssatz nach § 246 BGB = 4%
− gesetzlicher Zinssatz nach § 352 HGB = 5 %, sofern "beiderseitiges Handelsgeschäft",
d.h. wenn bei Vertragsschluss sowohl K als auch D Kaufmann war
− ursprünglich D als eingetragener Kann-Kaufmann, § 2 S.1 HGB
− später Löschung seiner Eintragung nach § 2 S. 3
− § 15 II HGB Eintragung und wirkliche Rechtslage stimmen überein
• D war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht mehr Kaufmann, weil seine Firma
schon gelöscht war, § 2 S. 3 HGB
• dies muss K gegen sich gelten lassen, § 15 II 1 HGB
• § 15 II 2 HGB (-) zwischen Bekanntmachung der Löschung der Firma (10.1.) und
Vertragsschluss (10.2.) lagen 20 Tage
Ergebnis: Mangels Kaufmannseigenschaft des D liegt kein beiderseitiges Handelsgeschäft
vor. Statt § 352 HGB gilt § 246 BGB und D muss nur den geringeren Zinssatz zahlen.
24
Fall
P ist als Prokurist des K im Handelsregister eingetragen ist, obwohl ihm keine Prokura erteilt
wurde. Er kündigt im Namen des K dem D ein Darlehen. D hält die Kündigung mangels
Vertretungsmacht des P für unwirksam. K, dem die Kündigung sehr gelegen kommt, beruft
sich auf § 15 II. Ist die Kündigung wirksam?
Lösung
− Wirksamkeit der Kündigung nur, wenn die Willenserklärung des P gemäß § 164 I BGB für
uns gegen K wirkt
− trotz Eintragung keine Prokura des P, da K diese nie erteilt hat (§ 52 HGB =
deklaratorische Eintragung)
− daher P als Vertreter ohne Vertretungsmacht, § 177 BGB
− daher Nichtigkeit der Kündigung, da P als Vertreter ohne Vertretungsmacht keine
einseitigen Rechtsgeschäfte abschließen darf und K diese auch nicht genehmigen kann,
§ 180 BGB
− § 15 II HBG (-) denn die Vorschrift betrifft nur richtige Eintragungen
− hier: Eintragung des P falsch
− zudem K nicht Dritter im Sinne des § 15 II HGB
Ergebnis: Unwirksamkeit der Kündigung, da P keine Vertretungsmacht hatte.
Fall
U meldet die Erteilung der Prokura an P an. Das Registergericht vergisst die Eintragung,
macht aber bekannt, dass U den X zum Prokuristen bestellt habe. X schließt im Namen des
U eine Reihe von Verträgen. Sind diese wirksam, wenn die Vertragspartner davon
ausgingen, dass X Prokurist des U sei?
Lösung
− Wirksamkeit der Verträge, wenn X wirksame Willenserklärungen im Namen des U
abgeben konnte, § 164 I BGB
− mangels Erteilung der Prokura an X keine Vertretungsmacht des X für U
− ABER § 15 III HGB: unrichtige Bekanntmachung der Prokuraerteilung: statt P
Bekanntmachung des X
− Vertrauen der Vertragspartner auf die Bekanntmachung (+)
− Fehlen der Eintragung des X spielt keine Rolle
− Ergebnis: Verträge sind wirksam
25
Abwandlung
U meldet die Erteilung der Prokura an P an. Das Registergericht trägt korrekt P als
Prokuristen ein, macht aber bekannt, dass U den X zum Prokuristen bestellt habe. X schließt
im Namen des U eine Reihe von Verträgen. Sind diese wirksam, wenn die Vertragspartner
davon ausgingen, dass X Prokurist des U sei?
Lösung
− Wirksamkeit der Verträge, wenn X wirksame Willenserklärungen im Namen des U
abgeben konnte, § 164 I BGB
− mangels Erteilung der Prokura an X keine Vertretungsmacht des X für U
− ABER § 15 III HGB: unrichtige Bekanntmachung der Prokuraerteilung: statt P
Bekanntmachung des X
− Vertrauen der Vertragspartner (+)
− korrekte Eintragung des P spielt keine Rolle: allein die Bekanntmachung entscheidend!
− Ergebnis: Die Verträge sind wirksam.
Übungsfälle „Stellvertretung“
Außenverhältnis
• Geschäftsherr
• Vertretener
• Vollmachtgeber
Innenverhältnis
Erfolg
• Vertragspartner
• Dritter
• „andere Seite“
Vollmacht
Stellvertreter
Handlung
Fall
K will von V einen gebrauchen Lkw kaufen. Er schreibt an V: „Hiermit bevollmächtige ich H
zur Führung der Verhandlungen und zum Abschluss eines Kaufvertrages über Ihren Lkw.“
Als die Kaufverhandlungen nicht wunschgemäß laufen, widerruft K gegenüber H die
Vollmacht.
V erfährt von diesem Widerruf nichts und schließt mit H, der trotz des Widerrufs der
Vollmacht weiter im Namen des K verhandelt hat, einen Kaufvertrag. Als K davon erfährt, ist
er empört und lehnt das Geschäft ab.
Nun verlangt V von K Abnahme und Bezahlung des LKW. Zu Recht?
26
Lösung
− Anspruch des V gegen K auf Abnahme und Bezahlung aus § 433 I?
− nur, wenn Kaufvertrag zwischen V und K
− wirksame WE des H im Namen des K, § 164 I (-)
• WE des H im Namen des K (+)
• Vertretungsmacht des H?
• zunächst wirksame Vollmacht, § 167 I (+)
• Erlöschen der Vollmacht durch Widerruf, § 168
• ABER: Schutz des V, da Außenvollmacht, § 170 (+) d.h. Vollmacht bleibt trotz
Widerruf in Kraft
• keine Kenntnis/ fahrlässige Unkenntnis des V vom Erlöschen der Vollmacht, § 173
− H konnte gegenüber V noch im Namen des K eine wirksame WE abgeben Æ Kaufvertrag
(+)
− ERGEBNIS: Anspruch des V gegen K auf Abnahme und Bezahlung aus § 433 I (+)
Fall
S kauft bei D ohne Vertretungsmacht im Namen des V ein Gemälde von Renoir, das 400.000
€ wert ist, zum Preis von 500.000 €. V, der sich nicht für Malerei interessiert, verweigert die
Genehmigung. Welche Rechte hat D gegenüber S?
Lösung
− § 179 I: Wahlrecht des D
− Erfüllung des Kaufvertrages, § 433:
Zahlung von 500.000 € gegen Abnahme des Gemäldes durch S
ODER
− Erfüllungsschaden (positives Interesse)
= Ersatz des Schadens, der dadurch entstanden ist, dass das Geschäft mit V nicht
zustande gekommen ist
hier: D entgehen 100.000 € Gewinn (Wert von 400.000 €, aber Kaufpreis von 500.000 €)
Fall
S verkauft D im Namen des V ein Kilo Äpfel für 3,00 €. Sie vereinbaren, dass D die Äpfel bei
V abholt.
D wendet 5,00 € für die Fahrt zu V auf, um dort zu erfahren, dass S keine Vertretungsmacht
hatte, was dem S selbst auch nicht bekannt war.
Welche Rechte hat D gegen S?
Lösung
− § 179 II: Ersatz des Vertrauensschadens
− hier: Aufwendungen des D in Höhe von 5,00 € im Vertrauen auf die Gültigkeit des
Geschäfts
− ABER § 179 II: Ersatz des Vertrauensschadens nur bis zur Höhe des Erfüllungsschadens
− Erfüllungsinteresse lediglich 3,00 € (= Kaufpreis für die Äpfel)
ERGEBNIS: Ersatzanspruch des D nur in Höhe von 3,00 €
27
Übungsfall „Unerlaubte Handlung“
Fall
B lässt sich ein Taxi vom Unternehmer U kommen. Während der Fahrt ist Fahrer F
unaufmerksam und verursacht fahrlässig einen Unfall. Bei diesem wird nicht nur B so schwer
verletzt, dass er ins Krankenhaus muss, sondern auch der Fußgänger X. Beide verlangen
von U Schadenersatz. U macht geltend, er hafte nicht, weil er F ordnungsgemäß überwacht
habe. Dieser sei seit Jahren bei ihm angestellt und immer zuverlässig und unfallfrei gefahren.
Haben B und X Ansprüche gegen U?
Lösung
• Anspruch des B gegen U auf Schadenersatz?
− Anspruchsgrundlage: §§ 280 I, III, 282, 241 II
− Nebenpflichtverletzung (+) Gesundheitsbeschädigung
− Unzumutbarkeit der Leistung für B (+)
− Verantwortlichkeit des U, §§ 276, 278 (+) da F Erfüllungsgehilfe ist
− Ergebnis: Anspruch des B (+)
• Anspruch des X gegen U auf Schadenersatz?
− Anspruchsgrundlage: § 831
(Achtung: nicht §§ 280 ff., da zwischen X und U kein vertragliches Schuldverhältnis
besteht!)
− F als Verrichtungsgehilfe (+)
− unerlaubte Handlung des F (+) da Gesundheitsbeschädigung
− ABER: Entlastungsbeweis – U kann nachweisen, dass F seit Jahren unfallfrei gefahren ist
und regelmäßig überwacht wurde.
− Ergebnis: wegen der Exkulpation kann U die Haftung aus § 831 abwenden.
28
Übungsfälle „Unmöglichkeit“
Fall – Anfängliche Unmöglichkeit
S schenkt G ein Auto im Wert von 10.000 €. Einen Tag zuvor war der Wagen jedoch bei
einem von D verursachten Verkehrsunfall total zerstört worden. S wusste dies und er hat
auch bereits von seiner Versicherung 12.000 € erhalten. In Erwartung des Geschenks kauft
G neue Alufelgen für 5.000 €. Welche Rechte hat G gegen S?
Lösung
− Schenkungsvertrag (§ 516) wirksam, § 311 a I
− G kann aber nicht Lieferung des Autos von S verlangen = § 275 I
− Anspruch des G auf Schadenersatz statt der Leistung, §§ 275 IV, 311a II
• Leistungshindernis bei Vertragsschluss (+)
• Kenntnis des S vom Leistungshindernis (+)
• Verursachung des Schadens durch S nicht notwendig
• Höhe des Schadens: 10.000 €
− statt Schadenersatz: Anspruch des G auf Aufwendungsersatz, §§ 275 IV, 311a II, 284
• Aufwendungen = freiwillige Vermögensopfer (+) Æ Kauf der Felgen
• im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung (+)
• Billigkeit der Aufwendungen (+)
• Höhe der Aufwendungen: 5.000 €
− statt dessen auch: Anspruch des G auf Herausgabe des Surrogats, § 285
• Ersatz, den S für den untergegangenen Gegenstand erlangt hat = Versicherungssumme (+)
• Höhe des Ersatzes: 12.000 €
ERGEBNIS: G wird sich für den Anspruch auf Herausgabe des Surrogats entscheiden, da er
damit den höchsten Betrag erhalten kann.
Fall – Unmöglichkeit im gegenseitigen Vertrag
S verkauft G ein Auto im Wert von 12.000 € zum Preis von 10.000 €. Einen Tag zuvor war
der Wagen jedoch bei einem Verkehrsunfall total zerstört worden. S wusste dies. Er verlangt
gleichwohl von G die Zahlung des Kaufpreises. G möchte mit der ganzen Sache nun nichts
mehr zu tun haben, überlegt aber, ob er von S Schadenersatz verlangen kann. Was kann er
tun?
Lösung
− Kaufvertrag (§ 433) wirksam, § 311 a I
− Anspruch des S gegen G auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 II (-), vgl. §§ 275 I, IV,
326 I
− Anspruch des G gegen S auf Schadenersatz statt der Leistung, §§ 275 IV, 311a II (+)
• anfängliches Leistungshindernis (+)
• Kenntnis des S (+)
• Höhe des Schadens: 2.000 €
− daneben Recht des G zum Rücktritt vom Vertrag, §§ 275 I, IV, 326 V, 325
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Fall – Haftung für Erfüllungsgehilfen
S verkauft G ein Auto im Wert von 12.000 € zum Preis von 10.000 €. Beide vereinbaren,
dass der Wagen am nächsten Tag zu G gebracht werden soll. S bittet seinen Chauffeur D,
dies zu tun. Während der Fahrt verursacht D fahrlässig einen Unfall, bei dem das Auto
vollständig zerstört wird. G verlangt nun von S Schadenersatz. Zu Recht?
Lösung
− objektive Unmöglichkeit der Leistung, § 275 I (+)
− Anspruch des G gegen S auf Schadenersatz statt der Leistung, §§ 275 IV, 280 I, III, 283
(+)
• Verursachung der Unmöglichkeit durch S selbst (-)
• ABER Verschulden des D, § 276 II
• D = Erfüllungsgehilfe des S, da er S bei Erfüllung des Kaufvertrags unterstützt, §
278
• Zurechnung des Verschuldens, § 278
− ERGEBNIS: G kann von S Schadenersatz in Höhe von 2.000 € verlangen.
Fall – Nachträgliches Unvermögen
G kauft von S ein Auto zum Preis von 10.000 €. Kurz darauf bietet D dem S 15.000 € für den
Wagen. S verkauft ihn daher an D und übereignet ihn sogleich. G ist empört und verlangt nun
von S die Herausgabe der von D erhaltenen 15.000 €. Zu Recht?
Lösung
− subjektive Unmöglichkeit der Leistung, § 275 I (+) = S kann den Wagen nicht mehr an G
übereignen, wohl aber D
− daher Befreiung des S von der Leistungspflicht (+)
− Anspruch des G auf Herausgabe des Surrogats, §§ 275 IV, 285 (+)
• Erlangung eines Surrogats für den geschuldeten Gegenstand (+)
= 15.000 € aus § 433 II zwischen S und D
• aufgrund des Umstands, der S von der Leistungspflicht befreite (+)
= wegen Übereignung (§ 929) des Wagens von S und D
= mittelbarer Zusammenhang, da wirtschaftliche Einheit zwischen Leistungsbefreiung
des S und dem erlangten Ersatz (Kaufvertrag)
− ABER: G muss im Gegenzug den Kaufpreis an S zahlen, §§ 275 IV, 326 IV
− ERGEBNIS: G kann von S Herausgabe der 15.000 € gegen Zahlung von 10.000 €
verlangen.
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Fall - Schlechtleistung
S schenkt G ein Auto im Wert von 5.000 €. Auf dem Weg zu G will S den Wagen noch einmal
voll tanken, verwechselt aber den Zapfhahn und tankt Diesel statt Benzin. Dadurch wird der
Motor zerstört, was den Wert des Autos um 1.000 € vermindert. G fordert S zur Reparatur
auf. Als S dies verweigert, fragt G, ob er von S Schadenersatz verlangen kann.
Lösung
− Anspruch des G gegen S auf Schadenersatz statt der Leistung, §§ 280 I, III, 281?
− Fälligkeit der Leistung (+) mangels Sondervereinbarung „sofort“, vgl. § 271
− Leistung des S „nicht so, wie geschuldet“ (+) da Auto ohne funktionierenden Motor
− Vertretenmüssen des S, §§ 280 I 2, 276 (+) da Fahrlässigkeit beim Tanken
− Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich, da Verweigerung des S, § 281 II
− ERGEBNIS: Anspruch des G auf Schadenersatz statt der Leistung, §§ 280 I, III, 281 (+)
− Wahlrecht des G:
• kleiner Schadenersatz: G behält den Wagen und lässt sich den Minderwert in Höhe
von 1.000 € von S ersetzen, § 281 I 3
oder
• großer Schadenersatz: G gibt den Wagen zurück und verlangt von S Ersatz des
positiven Interesses = 5.000 €
Übungsfälle „Verzug und Nebenpflicht“
Fall
Umzugsunternehmer G hat beim Autohaus S einen neuen LKW gekauft. Der LKW soll am 1.
November geliefert werden. S liefert nicht, weil er vergessen hat, sich den Termin zu
notieren. G hatte in Erwartung der pünktlichen Lieferung bereits Umzugsaufträge für die Zeit
nach dem 1. November angenommen und muss nun, um diese Umzüge durchführen zu
können, einen LKW mieten.
G verlangt von S sofortige Lieferung des LKW und den Ersatz der Mietkosten für den gemieteten LKW als Verzögerungsschaden. Zu Recht?
Lösung
− Anspruch auf Lieferung des LKW, § 433 I (+)
− Anspruch auf Ersatz des Verzögerungsschadens, §§ 280 I, II, 286
• Verzug im Sinne von § 286 (+)
• Fälligkeit der Leistung am 1. November
• fahrlässige Nichtleistung des S, § 286 IV
• Entbehrlichkeit der Mahnung, § 286 II Nr. 1: Leistungszeit nach dem Kalender
bestimmt
• Verzögerungsschaden des G (+) Anmietung des anderen LKW wäre nicht nötig
gewesen, wenn S rechtzeitig geleistet hätte
− ERGEBNIS: Anspruch des G gegen S auf Ersatz des Verzögerungsschadens in Höhe der
Mietkosten für den LKW (+)
31
Fall
Weinhändler G bestellt bei der Winzergenossenschaft S 40 Flaschen Riesling eines
bestimmten Jahrgangs. Als S nicht liefert, mahnt G, aber erfolglos. Er schreibt danach erneut
an S und setzt ihr eine angemessene Frist zur Lieferung. S liefert auch jetzt nicht.
Kann G die Mehrkosten für einen inzwischen bei D getätigten Deckungskauf in Höhe von
50,00 € von S verlangen?
Lösung
− Anspruch des G gegen S auf Schadenersatz statt der Leistung, §§ 280 I, III, 281?
− fällige Leistung, § 271 „sofort“ (+)
− Nichtleistung durch G (+)
− erfolglose Fristsetzung des G zur Lieferung (+)
− Verschulden der S, §§ 280 I 2, 276 (+)
− Ergebnis: Anspruch des G auf Ersatz des positiven Interesses = 50 € (Hätte S rechtzeitig
geliefert, hätte G den Deckungskauf nicht tätigen müssen.)
Fall
G begibt sich in das Lebensmittelgeschäft des S. Da seine hierfür zuständige Angestellte A
den Boden nicht ordentlich gereinigt hat, rutscht G auf einem Salatblatt aus. Dabei bricht sie
sich ein Bein; außerdem wird ihre Kleidung verschmutzt. Kann G von S Ersatz der
Behandlungs- sowie der Reinigungskosten verlangen?
Lösung
−
Anspruch der G gegen S auf Schadenersatz wegen Nebenpflichtverletzung, §§ 280 I,
241 II, 311 II?
−
Anbahnung eines Vertrages, § 311 II Nr. 2 (+) durch Betreten des Geschäfts
−
Verletzung einer Nebenpflicht (+) Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, d.h.
Verhindern von Gefahrenquellen
−
Verschulden des S, §§ 280 I 2, 278, 276 (+) A als Erfüllungsgehilfin Æ Zurechnung
ihres Verschuldens
−
ERGEBNIS: Anspruch der G auf Ersatz des negativen Interesses, §§ 280 I, 311 II, 241
II
Æ Hätte G den Laden nicht betreten, wäre sie nicht gestürzt und ihr wären weder Arztnoch Reinigungskosten entstanden.
Fall
G hat den Maler S mit der Renovierung seiner Wohnung beauftragt. Während der Arbeit
stößt S aus Unachtsamkeit immer wieder seinen Farbeimer um. Da er Möbel und Teppich
des G nur ungenügend abgedeckt hat, werden diese mit Farbe bekleckert. G fordert S auf,
besser aufzupassen. Gleichwohl verschmutzt er weitere Einrichtungsgegenstände. G hat nun
endgültig genug. Er schickt S fort und beauftragt den Maler D, die Arbeiten zu beenden.
Dafür muss er 500 € aufwenden. Die Beseitigung der Verschmutzungen kostet ihn 200 €.
Kann sich G diese Ausgaben von S ersetzen lassen?
Lösung
− Anspruch des G gegen S auf Schadenersatz statt der Leistung aus §§ 280 I, III, 282, 241
II?
− Verletzung von Obhutspflichten durch S (+)
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− Verschulden des S (+)
− Unzumutbarkeit der Leistungsannahme durch G (+) da trotz Abmahnung weiterhin
Schäden verursacht werden
− ERGEBNIS: Anspruch auf Ersatz des positiven Interesses = G ist so zu stellen, als hätte
S ordnungsgemäß erfüllt Æ Ersatz der 700 € (+)
Fall
Züchter S verkauft G ein Rennpferd. Beide vereinbaren, dass G das Pferd am 1.11. um 9.00
Uhr bei S abholen soll. G kommt jedoch erst 2 Wochen später vorbei. Zwischenzeitlich
musste S 100 € für das Tierfutter ausgeben und zudem eine Aushilfskraft für 200 €
einstellen, die das Pferd versorgt. Kann S sich diese Kosten von G ersetzen lassen?
Lösung
− Anspruch des S gegen G auf Ersatz der Mehraufwendungen aus § 304?
− Annahmeverzug des G (+)
• Nichtannahme der Leistung, § 293 (+)
• Problem: S hat die Leistung nicht nach § 294 angeboten Æ hier aber entbehrlich nach
§ 296, da G eine Handlung vornehmen musste (= Abholen der Pferdes), für die ein
kalendermäßig bestimmter Zeitpunkt vereinbart war (= 1.11. um 9.00 Uhr)
− Mehraufwendungen (+) S hätte kein Futter kaufen und keine Aushilfskraft einstellen
müssen, wenn G das Tier rechtzeitig angeholt hätte
− ERGEBNIS: Anspruch des S gegen G (+)
Fall
S verkauft G sein Auto für 2000 €. Beide vereinbaren, dass S den Wagen am 1. 11. um 9.00
Uhr bei G abliefert. Als S bei G erscheint, ist dieser nicht zu Hause und S muss
unverrichteter Dinge wieder abfahren. Während der Rückfahrt verursacht S leicht fahrlässig
einen Unfall, bei dem der Wagen völlig zerstört wird. G hätte den Wagen mit 5000 € Gewinn
an D weiterveräußern können. Er verlangt nun von S Schadenersatz statt der Leistung.
Lösung
− Anspruch auf Schadenersatz, §§ 275 IV, 280 I, III, 283?
− Unmöglichkeit der Leistung (+) Totalschaden am PKW, daher Befreiung des S von der
Leistungspflicht
− Verschulden des S, §§ 280 I 2, 276, 300 I (-)
• § 300 I: kein Vertretenmüssen von leichter Fahrlässigkeit, wenn G im Annahmeverzug
war
• Annahmeverzug des G, § 293 (+) da tatsächliches Angebot nicht angenommen
• S muss nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vertreten
− ERGEBNIS: Anspruch des G gegen S auf Schadenersatz statt der Leistung (-)
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