Focus - 1-Kind-Politik - Verband kinderreicher Familien Deutschland

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Focus - 1-Kind-Politik - Verband kinderreicher Familien Deutschland
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Ehemann und ihre sieben Klnder auf der Tribtjne
Großfamilie Bei der Vereidigung von Verteidigungsministerin ursula von der Leyen saßen ihr
l-Kind-Potitik
ln Deutschland gibt es wenig Mehrkindfamilien. lm Haus von Familienministerin
Manueta Schwäsig Iiegt ein"e interessante Studie, die aber kaum Beachtung findet
inderwünsche erfüllen.
Dazu wolle sie mit ihrer
,,modernen Politik" bei-
I I tragen, versprach Familienministerin Manuela Schwesig
vergangene Woche in Berlin. Bei
ihrem ersten großen Auftritt nach
der Sommerpause stellte die SPDPolitikerin eine,, Gesamtevaluation" der rund 150 Leistungen für
Familien vor. 70 Wissenschaftler
hatten vier Jahre lang untersucht,
wie staatliche GeldsPritzen wirken. Um die bescheidene Gebur'
tenrate von 1,4 Kindem je Frau zu
steigem, emPfahlen die ExPerten
vor allem mehr und bessere Kitas'
Doch zu einem KernProblem
schwieg die Ministerin: luVie lassen sich Paare motivieren, mehr
als ein Kind zu bekommen? Denn
neben der weit verbreiteten Kinderlosigkeit trägt zum demografischen Debakel auch bei, dass es
immer wenigerEitem mit drei oder
mehr Kindem gibt.
Der Tiend geht zur 1-Kind- Schwesig weiß das. Ihrc
Vorgängerin im Amt hatte eine
Studie über,,Mehrkindfamilien
in Deutschland" beim renomFamilie
mierten Prognos-Institut in Auftrag
gegeben. Das 90-seitige Dossier
war bereits im Dezember fertig.
r
Doch irn Ministerium fand das
Therna offenbar wenig Interesse.
Homepage des Ministeriums - im
Juli, während das poütische Berlin
Urlaub machte.
Dabei birgt die AnalYse deutliche Zahlen: Nur nochjede neunte
Familie hat mindestens drei Kinder
- vor 40 Jahren war es immerhin
noch jede fünfte. \teie kiagen über
Schwierigkeiten, eine bezahlbare
Wohnung zu finden, 55 Prozent finden ihre Bleibe zu klein.
Ein Viertel der Mehrkindfamilien verfügt nur über ein geringes
Einkommen. Bereits Eltern mit
drei Kindem sind laut der Studie
doppelt so oft armutsgefährdet (16
familien profitierten von mehr
I&ippenplätzen, Doch die Studienautoren zeichnen ein anderes
Bild:,^Mehrkindfamilien wünschen sich eher einen Ausbau
ExotenFamilien
Anteil und Zahl der
Familien nach Zahl der
minderiähriBen l(inder
20ll
in Prozent
Familienmit:
a llfind
ill +,3 Mio.
2Kinder
2,9 Mio,
Dauer des beruflichen Ausstiegs
der Mütter. Die Forscher schreibenr ,,Mit steigender Kinderzahl
wächst die Wahrscheinlichkeit für
lange währende Erwerbsunterbre-
chungen, Insgesamt bleiben 28
Prozent der Frauen mit drei oder
..:
mehr Kindem länger als zehn Jahre zu Hause. "
Würde ein besseres l0ta-Ange-
r
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4l(inder r-3Kindet
rzito.ffio;nrio
SKinder
45 tsd.
Queller ProSnos
gibt kaum noch
Eltern mit mehr als
der zu bekornmen? Tatsächiich
ist der Anteil größerer Familien
Es
in Ländern mit mehr ltiPPenPlätzen höher: In den Niederlanden,
Belgien, Finnland und Frankreich
liegt er bei rund 20 Prozent Dort
drei minderjährigen
Kindern in Deutsch-
arbeiten auch mehr \Iütter ron
Eine öff entliche Vorstellung sparte
drei und mehr Kindem' oft \b.1zett.
sich Schwesig. Das Dossier landete ohne Ankündigung auf der
Schwesig, gerade \lehrkrnd-
Gegenüber FOCUS bekräftigt
oder besseren Betreuungsmöglichkeiten präferieren 48 Prozent
die Erhöhung des Kindergelds
und 35 Prozent den Ausbau der
Betreuungsinfrastruktur.
"
Fami-
Iien mit vier und mehr Kindem
nutzen Kitas deutlich weniger als
andere Eltern, weil sie ohnehin
viet Zeit zu Hause verbringen.
Schwesig weist darauf hin, dass
Mehrkindf amilien Kindergeld bekommen, ,, das je nach Kinderzahl
deutlich gestaffelt ist". Doch diese
Prozent) wie kleinere Familien, Ein
Grund dafür ist wahrscheinlich die
bot Eltern ermutigen, mehr Kin-
der finanziellen Unterstützung als
Verbesserungen der Betreuungs'
infrastruktur ", schreiben sie.,, Bei
der Entscheidung zwischen einer
Kindergelderhöhung um 30 Euro
land. lhr Anteil liegt
bei drei Prozent
Staffelung ist marginal: Für das
erste und das zweite Kind gibt es
jeweils 184 Euro im Monat, für das
dritte je 190 und für jedes weitere
Kind 215 Euro.
Elisabeth Müller erzieht sechs
Kinder und engagiert sich als Vorsitzende des Verbands kinderreicher Familien, Sie bedauert, dass
sich nach Familienministerin
Ursula von der LeYen niemand
mehr für ihre Belange einsetze:
,,Die Regierung betreibt eine
1-Kind-Politik,'
r
ULRIKE PLEWNIA
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FOCUS 36/2014