A k t e n v e r m e r k

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A k t e n v e r m e r k
Dr. Ulla Reisch
WS 2013/2014
Rechtsfragen der
Unternehmenskrise und -sanierung
D (2). INSOLVENZ – SCHULDENREGULIERUNGSVERFAHREN REORGANISATIONSVERFAHREN
A. Einleitung
1.
Quellen des Insolvenzrechtes
Gesetze:
Insolvenzordnung idF IRÄG 2010
Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz (IESG)
Unternehmensreorganisationsgesetz (URG)
Literatur:
Mohr, Insolvenz-, Ausgleichs- und Anfechtungsordnung10 (2006)
Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht – Insolvenz und Ausgleich5 (1996)
Rechberger/Thurnher, Insolvenzrecht² (2004)
Dellinger/Oberhammer, Insolvenzrecht² (2004)
Konecny, ZIK Spezial IRÄG 2010
Fink, Insolvenzrecht6 (2009), Lexis Nexis Rechtsskriptum
Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen (Kommentar)
Bartsch/Pollak/Buchegger, Österreichisches Insolvenzrecht4 (Kommentar)
2.
Wesen und Zweck des Insolvenzrechtes
Das moderne Insolvenzrecht verfolgt neben der geordneten, quotenmäßigen Befriedigung der Gläubigerschaft vermehrt auch das Ziel, bei entsprechender Aussicht auf Erfolg eine Sanierung des insolvent gewordenen Schuldners zu ermöglichen. Diese Tendenzen wurden va durch das IRÄG 1997 und zuletzt das IRÄG 2010 verstärkt.
Hierbei wird vor allem dem allgemeinen Interesse an der Erhaltung bzw. Rettung von
Unternehmen Rechnung getragen und solcherart nicht zuletzt ein wichtiger beschäftigungsrechtlicher Aspekt verfolgt.
Insolvenz und Sanierungsverfahren gewichten die genannten Zielsetzungen unterschiedlich. Der Insolvenz dient prinzipiell der möglichst optimalen Befriedigung der
Gläubigerinteressen und findet ohne Sanierungsplan grundsätzlich die Liquidierung
des Vermögens des Schuldners statt. Das Sanierungsverfahren strebt dagegen primär
die Sanierung des Schuldners an, der nach Erfüllung des Sanierungsplans schuldenfrei
ist. Aber auch im Insolvenzverfahren kann im Rahmen eines Sanierungsplanes die Sanierung des Schuldners erreicht werden.
3.
Insolvenzfähigkeit
Die Insolvenzfähigkeit ist Teil der privatrechtlichen Rechtsfähigkeit. Daher kann jeder, der Träger von Verbindlichkeiten sein kann, auch insolvenzfähig sein. Da es auf
die Geschäftsfähigkeit nicht ankommt, kann jede natürliche Person, aber auch jede juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts Schuldner sein. Insolvenzfähig
sind weiters Verlassenschaften, die OG, KG, nicht aber die stille Gesellschaft und die
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (Hier sind nur die einzelnen Gesellschafter insolvenzfähig).
B.
Insolvenzrecht
1.
Insolvenzvoraussetzungen
1.1.
Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung
Die Zahlungsunfähigkeit bildet bei allen Schuldnertypen einen Insolvenzgrund.
Die Überschuldung ist nur bei folgenden Schuldnern Insolvenzgrund: juristische
Personen, Verlassenschaften sowie Handelsgesellschaften, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (insbesondere Ges.m.b.H.
& Co KG).
Das Insolvenzverfahren ist zu öffnen, wenn alternativ Zahlungsunfähigkeit oder
Überschuldung vorliegt. Die Überschuldung ist der Zahlungsunfähigkeit insoweit
gleichgestellt.
Bei natürlichen Personen ist die Überschuldung kein Anlass für die Insolvenzeröffnung, weil davon ausgegangen wird, dass durch den Einsatz der persönlichen
Arbeitskraft dieser Zustand grundsätzlich wieder beseitigt werden kann.
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Die drohende Zahlungsunfähigkeit bildet nur einen Insolvenzeröffnungsgrund für
das Sanierungsverfahren. Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der
Schuldner voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Verbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.
1.1.1.
Zahlungsunfähigkeit
Der Begriff ist in der IO nicht definiert. Gemäß § 66 Abs 2 IO ist Zahlungsunfähigkeit insbesondere dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen
eingestellt hat.
Nach der Rechtsprechung liegt Zahlungsunfähigkeit vor, wenn „ein nicht bloß
vorübergehender, sondern dauernder Mangel an Zahlungsmitteln besteht, der den
Schuldner hindert, (alle) seine fälligen Schulden zu bezahlen“. Nicht fällige Verbindlichkeiten bleiben somit nach herrschender Meinung außer Betracht.
Ein Andrängen von Gläubigern ist bei der Zahlungsunfähigkeit nicht Voraussetzung. Vielmehr sind bei der Prüfung der Zahlungsunfähigkeit alle fälligen Zahlungspflichten zu berücksichtigen, auch wenn die Gläubiger noch keine aktiven
Schritte zur Rechtsdurchsetzung gesetzt haben (§ 66 Abs 3, Satz 1 IO). Der Umstand, dass der Schuldner einzelne Forderungen noch ganz oder teilweise befriedigt, rechtfertigt nicht den Schluss auf seine Zahlungsunfähigkeit (§ 66 Abs 3,
Satz 2 IO). Damit berücksichtigt das Gesetz, dass ein insolventer Schuldner oftmals noch, meist die gerade andrängendsten Gläubiger befriedigt (Loch auf –
Loch zu – Methode).
Eine bloße Zahlungsstockung begründet keine Zahlungsunfähigkeit. Dabei handelt es sich um einen vorübergehenden, binnen angemessener Frist behebbaren
Mangel an liquiden Mitteln. Die zeitliche Grenze zwischen Zahlungsstockung
und Zahlungsunfähigkeit wird jedoch vom Gesetzgeber nicht definiert. Die literarischen Stellungnahmen sprechen von zehn Tagen bis zu mehreren Monaten. Die
Rechtsprechung hat sich bis dato auf eine bestimmte Dauer jedoch nicht festgelegt (OLG Wien: 60 Tage; OGH: Angemessenheit ergibt sich im Einzelfall aus
der Verkehrsauffassung).
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Von der Rechtsprechung wurden Indizien für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit entwickelt:
 „Die Erklärung des Schuldners, die Zahlungen einzustellen, gilt als unwiderleglicher Beweis der Zahlungsunfähigkeit.“
 Bei anhängigen Exekutionen: „Eine größere Zahl von (vor allem erfolglosen) Exekutionsführungen gegen den Schuldner ist regelmäßig ein starkes Indiz für Zahlungsunfähigkeit.“ Es gibt aber auch zurückhaltendere
Entscheidungen („Die Verfolgung des Schuldners mit mehreren Exekutionen sei nur eines von mehreren Indizien für die Zahlungsunfähigkeit.
Läge nur dieses eine Indiz vor, so lasse dies zunächst einmal nur den
Schluss auf die schlechte Zahlungsmoral des Schuldners zu.). Als weiteres Indiz wertet die Rechtsprechung jedenfalls außergerichtliche Ausgleichsangebote.
1.1.2.
Überschuldung
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen nicht mehr die Verbindlichkeiten
deckt. Hierbei sind die Vermögenswerte zu Liquidationswerten zu berücksichtigen. Weiters sind nur die echten Verbindlichkeiten anzusetzen und beim Aktivvermögen etwaige stille Reserven zu berücksichtigen. Zusätzlich wird von der
Rechtsprechung seit 1986 eine zweistufige Überschuldensprüfung gefordert. Neben dem Vorliegen der rechnerischen Überschuldung muss die so genannte
„Fortbestehensprognose“ für das Unternehmen negativ sein.
OGH in SZ 59/216 „Die rechnerische Überschuldung bildet zwar eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für die Einleitung des Insolvenzverfahrens, weil in dieser Phase der Überschuldungsprüfung noch keine Aussage
darüber möglich ist, ob eine Kapitalgesellschaft ihren Verpflichtungen nicht im
Rahmen ihrer laufenden Betriebstätigkeit wird nachkommen können. Die Überschuldungsprüfung ist daher durch eine Fortbestehensprognose zu ergänzen, in
deren Rahmen mit Hilfe sorgfältiger Analysen von Verlustursachen, eines Finanzierungsplanes sowie der Zukunftsaussichten der Gesellschaft die Wahrscheinlichkeit der künftigen Zahlungsunfähigkeit und damit die Liquidation der Gesellschaft zu prüfen ist. Die Auswirkungen geplanter Sanierungsmaßnahmen sind in
diese Überlegungen einzubeziehen.“
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Eine insolvenzrechtliche Überschuldensprüfung ist immer dann zweckmäßig und
auch geboten, wenn der Fortbestand des Unternehmens zweifelhaft ist und die
Deckung der Schulden bei Ansatz von Liquidationswerten nicht gesichert ist. Sie
ist jedenfalls bei Ausweis eines negativen Eigenkapitals (Erläuterungspflicht
gem. § 225 Abs 1 UGB), bei Verlust des halben Nennkapitals und bei Vermutung
von Reorganisationsbedarf ratsam.
1.2.
Ein zur Deckung der Konkurskosten hinreichendes Vermögen
Gemäß § 71 Abs 1 IO ist das Vorliegen von zur Deckung der Insolvenzkosten
ausreichendes Vermögen eine weitere Voraussetzung für die Insolvenzeröffnung.
Das Insolvenzverfahren stellt nämlich keinen Selbstzweck dar, sondern soll die
Eröffnung nur dann erfolgen, wenn zumindest die damit verbundenen Kosten abgedeckt sind. Grundsätzlich hat das Gericht von Amts wegen zu erheben, ob kostendeckendes Vermögen vorhanden ist. Dass das Vermögen sofort und ohne
Aufwand verwertbar ist, ist nicht mehr notwendig. Zur Kostendeckung reichen
auch Sachwerte (z.B. Waren), Forderungen des Schuldners oder Anfechtungsansprüche aus. Letzteres unabhängig davon, dass die Anfechtungsansprüche aber
erst mit der Insolvenzeröffnung entstehen. Bei dieser Bewertung ist vom Veräußerungswert auszugehen. Von diesem sind die Verwertungskosten in Abzug zu
bringen. Die Forderungen sind auch im Hinblick auf ihre Einbringlichkeit zu bewerten.
Wenn es an einem kostendeckenden Vermögen voraussichtlich fehlt, so wird die
Insolvenzeröffnung (unabhängig davon, ob sie vom Schuldner oder von einem
Gläubiger beantragt wird) vom Erlag eines Kostenvorschusses abhängig gemacht.
Üblicherweise beträgt dieser bei den Gerichtshöfen derzeit € 4.000,--. Wird der
Kostenvorschuss nicht erlegt, ist der Insolvenzeröffnungsantrag mangels kostendeckenden Vermögens abzuweisen.
Gemäß §§ 72a, b und d IO ist bei juristischen Personen von den organschaftlichen Vertretern und Gesellschaftern mit einem Gesellschaftsanteil von mehr als
50% mittels sofort vollstreckbarem Beschluss ein Kostenvorschuss und – bei
Nichtzahlung – ein Vermögensverzeichnis abzufordern. Diese Haftung betrifft
auch alle Personen, die innerhalb der letzten drei Monate vor Einbringung des
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Antrags organschaftlich vertreten haben bzw eine entsprechende Gesellschafterstellung.
Rückforderungsanspruch des Erlegers des Kostenvorschusses: Der Gläubiger, der zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens einen Kostenvorschuss
erlegt hat, hat, soweit der Kostenvorschuss verbraucht wurde, einen Rückforderungsanspruch gegen die Masse. Dieser Rückforderungsanspruch ist eine „übrige“ Masseforderung im Sinne des § 47 Abs 2 IO. Reicht nun das Vermögen nicht
zur Deckung sämtlicher bevorzugter Masseforderungen aus, so erhält der Gläubiger den erlegten Kostenvorschuss nicht zurück. Um die Position des Gläubigers,
der im Interesse aller Gläubiger einen Kostenvorschuss erlegt, um eine Eröffnung
des Insolvenzverfahrens zu erreichen, zu verbessern, soll dessen Rückforderungsanspruch einen besseren Rang erhalten. Er ist daher im Rahmen der dritten Gruppe nach Abdeckung der Kosten des Verfahrens zu befriedigen. Nach Abdeckung
der Kosten des Verfahrens (darunter fällt zB auch der Entlohnungsanspruch des
Insolvenzverwalters) - und nur zu deren Abdeckung wird er erlegt – soll bereits
der Rückforderungsanspruch befriedigt werden.
Soweit der Kostenvorschuss nicht verbraucht wird, besteht ein Anspruch auf
Rückzahlung des erlegten Betrages. Es entsteht erst gar keine Masseforderung.
Wenn der Anspruch des Gläubigers aus der Masse nicht abgedeckt wird, kann der
Erleger des Vorschusses diesen Betrag binnen drei Jahren nach Insolvenzeröffnung von jeder Person zurückverlangen, die als Schuldner oder organschaftliche
Vertreter zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet war, diesen Antrag
aber schuldhaft nicht gestellt hat. Unabhängig von diesen Voraussetzungen kann
der den Kostenvorschuss erlegende Gläubiger, diesen auch von den organschaftlichen Vertretern oder Gesellschaftern, die gem §§ 72a und 6 IO zur Erlegung des
Kostenvorschusses verpflichtet gewesen wären verlangen. Über die Verpflichtung des Ersatzes des Kostenvorschusses entscheidet das Insolvenzgericht.
Die Abweisung mangels kostendeckenden Vermögens ist unter Anführung des
Abweisungsgrundes und Hinweises auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners
im Spruch öffentlich bekannt zu machen. Dieser Beschluss kann von jeder Person, deren Rechte dadurch berührt werden sowie von den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden angefochten werden.
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Rechtsfolgen der Abweisung mangels kostendeckenden Vermögens für den
Schuldner: er verliert die Berufsberechtigung eines Freiberuflers; es gibt keine
Entschuldung. Seit der Novelle der Gewerbeordnung 2002 sind Rechtsträger von
der Gewerbeausübung als Gewerbetreibende nur mehr dann ausgeschlossen,
wenn die Insolvenzeröffnung mangels kostendeckenden Vermögens abgewiesen
wurde und der Zeitraum, in dem in der Insolvenzdatei Einsicht in den genannten
Insolvenzfall gewährt wird, noch nicht abgelaufen ist. Die Befugnis der Gewerbebehörde von der Entziehung der Gewerbeberechtigung abzusehen, wenn die
Gewerbeausübung im Interesse der Gläubiger gelegen ist, wurde mit dem IRÄG
2010 gestrichen.
Für die Gläubiger: Entgeltforderungen allfälliger Dienstnehmer des Schuldners
sind nach dem IESG geschützt.
2.
Organe des Insolvenzverfahrens
Insolvenzgericht
Insolvenzverwalter
Gläubigerausschuss
Gläubigerversammlung
2.1. Das Insolvenzgericht
Sachlich zuständig ist der Gerichtshof erster Instanz. Das HG Wien ist Insolvenzgericht für den Bereich des LG für ZRS Wien. Im Schuldenregulierungsverfahren, das
an späterer Stelle im Detail zu behandeln sein wird, ist das Bezirksgericht zuständig.
Örtlich zuständig ist jener Gerichtshof, in dessen Sprengel der Schuldner sein Unternehmen betreibt oder mangels eines solchen seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Betreibt der Schuldner im Inland kein Unternehmen und hat er im Inland keinen gewöhnlichen Aufenthalt, so ist der Gerichtshof zuständig, in dessen Sprengel sich eine Niederlassung, mangels einer solchen das Vermögen des Schuldners befindet.
Sind mehrere Gerichte zuständig, so entscheidet das Zuvorkommen mit der Eröffnung
des Insolvenzverfahrens.
Wird neben dem Insolvenzverfahren über das Gesellschaftsvermögen auch das Insolvenzverfahren über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters
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beantragt, so ist auch für das Schuldenregulierungsverfahren das Gericht zuständig,
bei dem der Gesellschaftsinsolvenz anhängig ist.
Beim unzuständigen Gericht eingebrachte Einträge sind von Amts wegen zu überweisen.
Die Gerichtsbarkeit erster Instanz übt ein Einzelrichter aus.
Das Insolvenzgericht leitet und überwacht das gesamte Verfahren im Gesamtinteresse,
entscheidet über die Eröffnung und Aufhebung des Insolvenzverfahrens, die Bestellung des Insolvenzverwalters und der Mitglieder des Gläubigerausschusses und trifft
sonst die im Laufe des Verfahrens erforderlichen Entscheidungen.
2.2. Der Insolvenzverwalter
Der Insolvenzverwalter wird vom Insolvenzgericht im Gerichtshofverfahren obligatorisch bereits im Eröffnungsbeschluss bestellt.
Über die Rechtsstellung des Insolvenzverwalters haben sich in der Rechtslehre mangels genauer Definitionen in der Insolvenzordnung mehrere Theorien entwickelt. Diese sind jedoch mangels praktischer Relevanz vernachlässigbar (Amtstheorie, Vertretertheorie, Organtheorie sowie Mischtheorien).
Gemäß §§ 80ff IO ist zum Insolvenzverwalter eine unbescholtene, verlässliche, geschäftskundige, für den jeweiligen Einzelfall geeignete Person zu bestellen, die eine
zügige Durchführung des Insolvenzverfahrens gewährleistet und ausreichende Kenntnisse im Insolvenzrecht hat. Sie darf kein naher Angehöriger oder Konkurrent des
Schuldners sein und muss von diesem und den Gläubigern unabhängig sein. Umstände, die geeignet sind, seine Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen, hat der Insolvenzverwalter unverzüglich dem Gericht anzuzeigen. Auch juristische Personen können
zum Insolvenzverwalter bestellt werden. In diesem Fall ist dem Gericht eine natürliche
Person bekannt zu geben, die sie bei Ausübung der Insolvenzverwaltung vertritt.
Seit der InsNov 2002 wird zentral beim OLG Linz eine Insolvenzverwalterliste geführt, die nach dem Willen des Gesetzgebers ein umfassendes und möglichst vollständiges Bild über alle an der Insolvenzverwaltung interessierten Personen geben soll.
Die Bestellung einer nicht in der Liste vorhandenen Person ist dann möglich, wenn
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keine der in die Liste aufgenommenen Personen den in dem konkreten Insolvenzverfahren benötigten Anforderungen gerecht wird oder bereit ist, die Insolvenzverwaltung
zu übernehmen, aber auch dann wenn die nicht eingetragene Person besser geeignet
ist.
Ein bestimmter Berufsstand wird in der IO nicht genannt. In der Praxis werden überwiegend Rechtsanwälte bestellt, vereinzelt Wirtschaftstreuhänder.
Zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters gehören im einzelnen:
Prüfen der wirtschaftliche Lage des Schuldners, insbesondere
o
die bisherige Geschäftsführung,
o
die Ursachen des Vermögensverfalls,
o
das Ausmaß der Gefährdung von Arbeitsplätzen,
o
das Vorliegen von Haftungserklärungen Dritter und
o
alle für die Entscheidungen der Gläubiger wichtigen Umstände.
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass wohl die wichtigste Aufgabe
die Beurteilung der Frage, ob das Unternehmen fortgeführt bzw ein bereits geschlossenes Unternehmen wieder eröffnet werden kann, bis zur Berichtstagsatzung erfolgen
muss, da in dieser über das weitere Schicksal des Unternehmens beschlossen wird. Im
Rahmen dieser Prüfung ist auch festzustellen, ob ein Sanierungsplan im Interesse der
Gläubiger liegt und ob dieser voraussichtlich erfüllbar ist.
Weiters hat der Insolvenzverwalter den Stand der Aktiva unverzüglich zu ermitteln
und ein Inventar zu errichten sowie die Passiven zu prüfen und an ihrer Feststellung
mitzuwirken.
Der Insolvenzverwalter ist im Verhältnis zu Dritten kraft seiner Bestellung befugt, alle
Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen für die Insolvenzmasse vorzunehmen, die die
Erfüllung der Obliegenheiten seines Amtes mit sich bringt. Dazu zählen insbesondere
die Prozessführung, die Verwertung von zur Insolvenzmasse gehörigen Vermögens.
Hierbei kann einerseits das Insolvenzgericht im Einzelfall die Befugnisse des Insolvenzverwalters beschränken und andererseits bedürfen die in § 117 IO bestimmten
Rechtsgeschäfte zu ihrer Wirksamkeit der Genehmigung des Gläubigerausschusses
und des Insolvenzgerichtes.
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Gemäß § 116 IO hat der Insolvenzverwalter folgende Geschäfte zumindest 8 Tage im
vorhinein dem Insolvenzgericht mitzuteilen, falls der Wert € 100.000,- übersteigt:

Abschluss von Vergleichen

Anerkenntnis von strittigen Aussonderungs-, Absonderungs- und Aufrechnungsansprüchen sowie von strittigen Masseforderungen

Erhebung von Anfechtungsklagen und Eintritt in Anfechtungsprozesse, die
zur Zeit der Insolvenzeröffnung anhängig sind

Erfüllung oder Aufhebung von zweiseitigen Verträgen, die vom Gemeinschuldner und dem anderen Teil zur Zeit der Insolvenzeröffnung noch nicht
oder nicht vollständig erfüllt worden sind
Gemäß § 117 IO bedürfen ohne Rücksicht auf den Wert des Gegenstandes der Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Insolvenzgerichtes folgende Geschäfte
des Insolvenzverwalters:

Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens des Schuldners oder seines
Anteils an einem Unternehmen

Veräußerung oder Verpachtung des gesamten beweglichen Anlage- oder Umlaufvermögen oder eines für den Betrieb notwendigen Teiles davon

Freiwillige Veräußerung oder Verpachtung einer unbeweglichen Sache (in
diesem Fall ist die Genehmigung durch Gläubigerausschuss nur notwendig,
wenn ein solcher bereits bestellt wurde)
Die Genehmigung durch das Insolvenzgericht und den Gläubigerausschuss setzt voraus, dass der Insolvenzverwalter die beabsichtigte Veräußerung oder Verpachtung öffentlich bekannt gemacht hat. Seit Beginn der Bekanntmachung müssen mindestens
14 Tage, oder wenn bei Aufschub der Genehmigung das Verkaufsobjekt beträchtlich
an Wert verlieren würde, 8 Tage vergangen sein. Die Veröffentlichung erfolgt in der
Regel in der Ediktsdatei.
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Der Insolvenzverwalter hat in den Fällen der §§ 116 und 117 IO dem Schuldner Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
Der Insolvenzverwalter hat gemäß § 114 IO das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen zu verwalten und zu verwerten.
Weiters hat der Insolvenzverwalter das Anfechtungsrecht für die Insolvenzmasse auszuüben.
Der Insolvenzverwalter hat Masseerlöse zu verteilen. Das heißt, er hat zunächst alle
Masseforderungen zu bezahlen und dann den verbleibenden Erlös an die Insolvenzgläubiger zu verteilen.
Der Insolvenzverwalter unterliegt der Überwachung durch das Insolvenzgericht und
durch den Gläubigerausschuss. In diesem Zusammenhang können dem Insolvenzverwalter Weisungen erteilt werden oder Berichte und Aufklärungen eingeholt werden.
Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzverwalter aus wichtigen Gründen von Amts
wegen oder auf Antrag entheben, Den Antrag kann jedes Gläubigerausschussmitglied
sowie auch der Schuldner stellen.
Der Insolvenzverwalter hat bei seiner Tätigkeit die durch den Gegenstand seiner Geschäftsführung gebotene Sorgfalt anzuwenden und über seine Verwaltung genaue
Rechnung zu legen (§ 81 Abs 1 IO). Er haftet daher gemäß § 1299 ABGB als Sachverständiger und ist allen Beteiligten verantwortlich, die durch seine pflichtwidrige
Amtsführung einen Vermögensnachteil erlitten haben.
Der Insolvenzverwalter hat für seine Mühewaltung Anspruch auf Ersatz von Barauslagen und einer Belohnung. Die Höhe des Honorars war bis zum IVEG 1999 nicht gesetzlich geregelt, sondern hat sich ein diesbezüglicher Gerichtsgebrauch entwickelt
gehabt. Nunmehr ist die Entlohnung des Insolvenzverwalters in den §§ 82 ff IVEG
1999 normiert.
2.3. Die Gläubigerversammlung
Die Gläubigerversammlung besteht aus allen verfahrensbeteiligten Insolvenzgläubigern. Ihre Aufgabe ist die Ausübung des Mitspracherechtes der Insolvenzgläubiger
und die Überwachung des Insolvenzverwalters und Gläubigerausschusses. Im Rahmen
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einer Gläubigerversammlung erfolgt die Beurteilung über die Unternehmensfortführung. In der Praxis ist die Bedeutung der Gläubigerversammlung gering.
2.4. Der Gläubigerausschuss
Mit der InsNov 2002 wurde die Bedeutung des Gläubigerausschusses aufgewertet.
War vor der Novelle ein solcher nur dann zu bestellen, wenn die Eigenart oder der besondere Umfang des Unternehmens des Schuldners es verlangt hat, so ist nunmehr zusätzlich immer dann zwingend ein Gläubigerausschuss zu bestellen, wenn der Insolvenzverwalter den Abschluss eines nach § 117 Abs 1 Z 1 oder 2 IO zustimmungspflichtigen Geschäfts (Veräußerung oder Verpachtung des Unternehmens des Schuldners oder seines Anteils an einem Unternehmen iSd § 228 Abs 1 und 2 UGB bzw Veräußerung oder Verpachtung des gesamten beweglichen Anlage- und Umlaufvermögens oder eines für den Betrieb notwendigen Teils davon) beabsichtigt.
Der Gläubigerausschuss hat aus drei bis sieben Mitgliedern zu bestehen. Diese Mitglieder werden vom Gericht ernannt und bestehen vorwiegend aus Gläubigern, Belegschaftsorganen des Unternehmens sowie der gesetzlichen oder freiwilligen Interessenvertretungen der Gläubiger. Die Beiordnung des Gläubigerausschusses und die Namen
der Mitglieder sind in der Ediktsdatei öffentlich bekannt zu machen.
Der Gläubigerausschuss hat den Insolvenzverwalter zu überwachen und zu unterstützen. Wie bereits erwähnt, ist bei wichtigen Vorkehrungen (insbesondere bei den in §
116 IO aufgezählten Geschäften) vom Insolvenzverwalter die Äußerung des Gläubigerausschusses einzuholen und für die in den § 117 IO genannten Rechtsgeschäfte ist
dessen Zustimmung sogar Wirksamkeitsvoraussetzung. Für die Beschlussfassung gilt
das Mehrheitsprinzip. In eigener Sache ist das Stimmrecht jedoch ausgeschlossen.
3.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und ihre Rechtswirkungen
3.1. Allgemein
Die Insolvenzeröffnung wird mit Edikt öffentlich bekannt gemacht.
Das Insolvenzedikt enthält:
Name und Ort des Schuldners, Sitz des Unternehmens, Geburtsdatum und allenfalls
Firmenbuchnummer,
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Name, Anschrift, Telefon und Faxnummer sowie e-mail Adresse des Insolvenzverwalters, und wenn eine juristische Person bestellt wurde, der Person, die sie bei Ausübung
der Masseverwaltung vertritt
Ort, Zeit und Zweck der ersten Gläubigerversammlung,
Die Aufforderung an die Insolvenzgläubiger, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist anzumelden,
Aufforderung an die Aussonderungsberechtigten und Absonderungsgläubiger an einer
Forderung auf Einkünfte aus einem Arbeitsverhältnis oder auf sonstige wiederkehrende Leistungen mit Einkommensersatzfunktion, ihre Aus- und Absonderungsrechte innerhalb der Anmeldefrist geltend zu machen,
Ort und Zeit der Prüfungs- und Berichtstagsatzung.
Seit 01.01.2000 erfolgt die Kundmachung durch Aufnahme in die Insolvenzdatei. In
diese
kann
jederzeit
über
das
Internet
unter
der
Internetadresse
www.edikte.justiz.gv.at. Einsicht genommen werden. In der Folge werden in der Insolvenzdatei auch alle wesentlichen Beschlüsse eingetragen.
Zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung trifft das Gericht Maßnahmen zur Sicherung
der Masse. Hierzu zählt zB die Postsperre. Durch diese wird veranlasst, dass die Postsendungen dem Insolvenzverwalter zugestellt werden.
Weiters wird in diesem Zusammenhang die Insolvenzeröffnung im Grundbuch bei
Liegenschaften des Gemeinschuldners angemerkt und in den Schiffs- und Patentregistern. Wenn der Schuldner im Firmenbuch eingetragen ist, erfolgt auch im Firmenbuch
die entsprechende Eintragung der Insolvenzeröffnung.
Die Rechtswirkungen der Insolvenzeröffnung treten mit Beginn des Tages ein, der der
öffentlichen Bekanntmachung des Edikts folgt. Da ein Rekurs gegen die Insolvenzeröffnung keine aufschiebende Wirkung hat, bleiben die Rechtswirkungen der Insolvenzeröffnung auch aufrecht, wenn gegen den Insolvenzeröffnungsbeschluss ein Rekurs eingebracht wird.
Die Insolvenzmasse umfasst das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen des
Gemeinschuldners. Darunter fällt auch der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens und
Vermögen, das der Schuldner während des Insolvenzverfahrens erwirbt. Seit BGBl I
2003/36 erstrecken sich die Wirkungen eines in Österreich eröffneten Insolvenzver13
fahrens auch auf im Ausland gelegenes Vermögen, es sei denn der Mittelpunkt der
hauptsächlichen Interessen des Schuldners liegt in einem anderen Staat, in diesem
Staat wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet und in dieses Insolvenzverfahren wurde
das Auslandsvermögen einbezogen. Im Bereich der EU-Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks) wird die Wirkung eines in Österreich eröffneten Insolvenzverfahrens
seit 31.5.2002 von der EU-Insolvenzverordnung geregelt. Das exekutionsfreie Vermögen (zB Werkzeug, das bei Kleingewerbetreibenden zur Berufsausübung dient; vgl
§ 250 EO) und das Vermögen, das der Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse
ausscheidet, fallen nicht in die Insolvenzmasse. Letzteres betrifft zB überlastete Liegenschaften, wertlose Gegenstände, uneinbringliche oder dubiose Forderungen.
Durch die Insolvenzeröffnung verliert der Schuldner seine Verwaltungs- und
Verfügungsbefugnis über das Vermögen der Masse, obwohl er Eigentümer der Masse
bleibt. Das Massevermögen ist ein Sondervermögen, das der gemeinschaftlichen Befriedigung der Insolvenzgläubiger dient. Der Insolvenzverwalter ist ab Insolvenzeröffnung zur Verwaltung und Verfügung über die Insolvenzmasse berechtigt. Unabhängig
davon bleibt der Schuldner zivilrechtlich geschäftsfähig. Rechtshandlungen, die nach
Insolvenzeröffnung gesetzt werden und die die Insolvenzmasse betreffen, sind gemäß
§ 3 Abs 1 IO den Insolvenzgläubigern gegenüber unwirksam. Gegenüber dem Vertragspartner bleiben sie aber gültig (Beispiel: Schuldner veräußert nach Insolvenzeröffnung einen in die Insolvenzmasse fallenden Tisch. Wird dieser dem Käufer übergeben, kann ihn der Insolvenzverwalter herausfordern. Der Käufer erhält den Kaufpreis
von der Masse aber nur dann zurück, wenn er auch tatsächlich in die Masse geflossen
ist. Da der Vertrag zwischen Schuldner und Käufer wirksam ist, hat der Käufer gegen
den Schuldner Schadenersatz- bzw. Gewährleistungsansprüche).
Zahlungen von Schuldnern der Masse können nach Insolvenzeröffnung grundsätzlich
nicht mehr schuldbefreiend an den Gemeinschuldner erfolgen. Eine Ausnahme hiervon besteht jedoch, wenn die Zahlung der Insolvenzmasse zufließt oder dem Zahlenden zum Zeitpunkt der Leistung die Insolvenzeröffnung weder bekannt war noch bekannt sein musste (Achtung: hohe Anforderungen an das Kennenmüssen der Insolvenzeröffnung bei Institutionen, Großgläubigern; Anforderungen wurden durch Einführung der Ediktsdatei verstärkt, leichte Fahrlässigkeit schadet bereits).
3.2. Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf Rechtsstreitigkeiten
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Ansprüche nicht vermögensrechtlicher Natur, wie Scheidungs- oder Vaterschaftsverfahren, sind von der Insolvenzeröffnung nicht betroffen. Betreffend sonstige zivilrechtliche Ansprüche auf das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen führt die Insolvenzeröffnung zur sogenannten „Prozesssperre“.
Dies hat den Zweck, das weitere Entstehen von Prozesskosten zu vermeiden.
Bereits zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung laufende Zivilprozessverfahren werden
gemäß § 7 Abs 1 IO durch die Insolvenzeröffnung ex lege unterbrochen. War der
Schuldner Beklagter („Passivprozess“), so hat der Kläger seinen Anspruch im Insolvenzverfahren anzumelden. Wird die Forderung in der Prüfungstagsatzung anerkannt,
hat der Gläubiger auf diesem Weg für die Zeit nach Insolvenzeröffnung einen Exekutionstitel erlangt. Das Prozessziel konnte daher kostensparend erreicht werden. Wird
aber der Anspruch in der Prüfungstagsatzung bestritten, so kann der Kläger/Gläubiger
das unterbrochene Verfahren als Feststellungsprozess (auch Prüfungsprozess genannt)
fortsetzen. In diesem Fall ist das Klagebegehren auf ein Feststellungsbegehren („Es
wird beantragt, S .... als Insolvenzforderung festzustellen“) und gegen den Insolvenzverwalter als Beklagten umzustellen. Obsiegt der klagende Gläubiger im Feststellungsprozess, muss der Insolvenzverwalter die geltend gemachte Forderung als Insolvenzforderung anerkennen und sind die Prozesskosten ab der Feststellungsklage bzw
ab dem Fortsetzungsantrag Masseforderungen.
Wenn der Schuldner Kläger (Aktivprozess) war, wird das Zivilverfahren ebenfalls
unterbrochen. Der Insolvenzverwalter kann anstelle des Schuldners als Kläger in das
unterworfene Verfahren eintreten. Gibt der Insolvenzverwalter keine Erklärung ab, so
kann der Prozessgegner beantragen, dass das Prozessgericht dem Insolvenzverwalter
eine Frist setzt, während der er bekannt zu geben hat, ob er in den Prozess eintritt oder
nicht. Die Nichtäußerung gilt als Nichteintritt. Dieser hat zur Folge, dass der Anspruch
aus der Insolvenzmasse ausscheidet und der Schuldner darüber wieder frei verfügen
kann und diesbezüglich wieder prozessfähig ist. Sofern der Schuldnerr den Prozess
gewinnt, muss er den Prozesserfolg nicht an den Insolvenzverwalter herausgeben.
Obsiegt der Insolvenzverwalter nach Eintritt in das Verfahren, so fließt der Prozesserfolg der Masse zu. Wenn der Insolvenzverwalter verliert, so sind die Prozesskosten eine Masseforderung.
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Eine Verfahrensunterbrechung wegen Insolvenzeröffnung ist auch im Rechtsmittelverfahren möglich. Die Rechtsmittelfristen werden daher ebenfalls unterbrochen. In
der Praxis ergeht trotz ex-lege-Unterbrechung ein deklarativer Beschluss über die Unterbrechung. Gemäß § 8a IO iVm § 25 AußstrG werden nunmehr auch Außerstreitverfahren durch die Insolvenzeröffnung unterbrochen.
Das bereits durchgeführte Verfahren wird gemeinsam mit dem Unterbrechungsbeschluss für nichtig erklärt.
Zivilverfahren betreffend das zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens können
nach Insolvenzeröffnung nicht anhängig gemacht werden. Derartige Klagen sind zurückzuweisen.
3.3. Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf Exekutionsverfahren
Ab der Insolvenzeröffnung können betreffend das zur Insolvenzmasse gehörende
Vermögen grundsätzlich keine neuen exekutiven Pfand- oder Befriedigungsrechte
gemäß § 10 Abs 1 IO erworben werden. Die Insolvenzeröffnung bewirkt somit auch
eine Exekutionssperre. Deren Zweck liegt darin, die Gleichbehandlung der Gläubiger
nach dem Prinzip der Parität zu gewährleisten.
Ebenso erlöschen die in den letzten 60 Tagen vor Insolvenzeröffnung erworbenen
richterlichen (Achtung - nicht vertragliche) Pfandrechte mit Ausnahme der für öffentliche Abgaben erworbenen. Das Erlöschen erfolgt nur bedingt. Die Pfandrechte leben
daher wieder auf, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens
aufgehoben wird.
Achtung: Vertragliche Pfandrechte bleiben wirksam, auch wenn sie erst 60 Tage vor
Insolvenzeröffnung begründet wurden. Sie können allenfalls aufgrund der Verwirklichung von Anfechtungstatbeständen beseitigt werden.
Achtung Sonderregelung: Richterliche Pfandrechte am Arbeitseinkommen erlöschen gemäß § 12a IO nicht sofort mit Insolvenzeröffnung, sondern erst mit Ablauf
des betreffenden Kalendermonats oder, sofern die Insolvenzeröffnung erst in der zweiten Monatshälfte erfolgt ist, mit Ablauf des folgenden Monats (auch betreffend öffentlicher Abgaben). Vertragliche Pfandrechte betreffend das Arbeitseinkommen erlöschen zwei Jahre nach Ablauf des Kalendermonats, in das die Insolvenzeröffnung
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fällt. Unabhängig davon können derartige richterliche oder vertragliche Pfandrechte
im Wege der Anfechtung beseitigt werden.
Die Zwangsverwaltung eines Unternehmens, einer Liegenschaft, eines Superädifikats
oder eines Liegenschaftsanteils erlischt gem § 12d IO mit Ablauf des Kalendermonats,
in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder, sofern die Insolvenzeröffnung erst
in der zweiten Monatshälfte erfolgt ist, mit Ablauf des folgenden Monats.
Räumungsexekution: auf Antrag des Insolvenzverwalters ist gem § 12c IO eine Exekution zur Räumung eines Bestandobjektes, in dem das Unternehmen betrieben wird,
wegen Nichtzahlung des Bestandzinses in der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufzuschieben solange ein Sanierungsplanverfahren nicht endgültig gescheitert
ist.
Ausnahme von der Exekutionssperre: Gemäß § 13 IO sind grundbücherliche Einverleibungen und Vormerkungen auch nach Insolvenzeröffnung zu bewilligen bzw zu
vollziehen, wenn sich der Rang der Grundbuchseintragung nach einem Zeitpunkt richtet, der vor der Insolvenzeröffnung liegt. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Einlangens des Antrags auf Exekutionsbewilligung beim Grundbuchsgericht. Liegt er vor
dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, dann kann die Grundbuchseintragung auch
trotz der Insolvenzeröffnung bewilligt und vollzogen werden. Bestand vor Insolvenzeröffnung eine Anmerkung der Rangordnung, so kann sie ausgenutzt werden, wenn
die Urkunde über das Geschäft vor der Insolvenzeröffnung ausgefertigt wird und sich
dies aus einer öffentlichen Beglaubigung ergibt. Dies hindert jedoch ebenfalls nicht
die Beseitigung im Rahmen des Anfechtungsrechtes bei Verwirklichung von Anfechtungstatbeständen.
3.4. Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf einzelne
Rechtsverhältnisse und Rechte
3.4.1
Verjährung gemäß § 9 IO
Die Forderungsanmeldung in der Insolvenz bewirkt eine Unterbrechung der
Verjährung, wenn die angemeldete Forderung nicht bestritten wird. Nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens beginnt die Verjährung neu zu laufen.
Wird die angemeldete Forderung in der Prüfungstagsatzung bestritten, so bewirkt die Forderungsanmeldung lediglich eine Hemmung der Verjährung, und
17
zwar bis zum Ablauf der für die Geltendmachung der Forderung im Prüfungsprozessverfahren bestimmten Frist.
3.4.2.
betagte und bedingte Forderungen gemäß §§ 14, 16 IO
Betagte Forderungen gelten im Insolvenzverfahren als fällig.
Bedingte Forderungen können als solche angemeldet werden. Derjenige Gläubiger, dessen Forderung aufschiebend bedingt ist, kann Sicherstellung der Zahlung begehren. Ist die Forderung auflösend bedingt, so kann der Gläubiger Zahlung begehren, wenn er Sicherheit für den Fall des Eintritts der Bedingung leistet.
3.4.3.
Aufrechnung gemäß §§ 19, 20 IO
Grundsätzlich begünstigt das Insolvenzverfahren die Kompensation, da mit
Insolvenzeröffnung alle Forderungen als fällig behandelt werden. Außerdem
sind auch solche Forderungen, die nicht auf Geld gerichtet sind, nach ihrem
Schätzwert geltend zu machen. Auch der Umstand, dass die Forderung eines
Gläubigers bedingt war, hindert die Kompensation nicht.
Der Gläubiger, der im Insolvenzverfahren gegen eine Forderung des Schuldners
aufrechnen kann, erhält wertmäßig die volle Befriedigung seiner Forderung. Sie
wird ihm zwar nicht mehr ausbezahlt, er wird jedoch in Höhe der Insolvenzforderung von seiner Schuld befreit. Insolvenzgläubiger mit aufrechenbaren Forderungen müssen diese daher, soweit sie in der Gegenforderung Deckung finden,
im Insolvenzverfahren nicht anmelden.
Wenn die Aufrechnung im Insolvenzverfahren grundsätzlich zulässig ist, kann
sie während des gesamten Insolvenzverfahrens gegenüber dem Insolvenzverwalter erklärt werden. Die IO modifiziert die im ABGB normierten Voraussetzungen der Aufrechnung. Im Insolvenzverfahren können auch bedingte oder betagte oder nicht auf Geld gerichtete Forderungen aufgerechnet werden. Die Aufrechnungslage muss jedoch zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bestehen.
Zulässigkeit der Aufrechnung:
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Für jenen Insolvenzgläubiger, der zur Zeit der Insolvenzeröffnung Gläubiger
und Schuldner der Masse ist.
Wenn es sich um Ansprüche aus einem Rücktritt des Insolvenzverwalters bzw
Schuldners nach den §§ 21 bis 25 IO handelt.
Ausschluss der Aufrechnung:
Wenn ein Insolvenzgläubiger erst nach der Insolvenzeröffnung Schuldner der
Masse geworden ist,
wenn ein Schuldner des späteren Gemeinschuldners erst nach der Insolvenzeröffnung eine Forderung gegen den Gemeinschuldner erworben hat.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass eine Aufrechnung immer dann
möglich ist, wenn es sich um wechselseitige Forderungen handelt, die zum
Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung aufrechenbar waren. Wechselseitige Forderungen dürfen daher nie verschiedene Zeiträume (vor Insolvenzeröffnung und
nach Insolvenzeröffnung) betreffen.
3.4.4.
beidseitige Verträge gemäß § 21 IO
Wurde von einem Vertragspartner die Leistung bereits vor Insolvenzeröffnung
erbracht, die Gegenleistung vom Gemeinschuldner jedoch noch nicht, so ist der
vorleistende Vertragspartner nur Insolvenzgläubiger und als solcher auf die
Quote verwiesen, obwohl er seine Leistung bereits voll erbracht hat. Eine Ausnahme hiervon liegt nur vor, wenn der Vorleistende ein insolvenzfestes Sicherungsrecht hat. Wurde dagegen die Leistung vom Schuldner bis zur Insolvenzeröffnung voll erbracht, so muss der andere Vertragspartner seine Gegenleistung an die Masse erbringen.
Für den Fall, dass von beiden Seiten ein zweiseitiger Vertrag noch nicht oder
nicht vollständig erfüllt wurde, wurde im § 21 IO eine besondere Bestimmung
normiert. In diesem Fall kann der Insolvenzverwalter entweder anstelle des
Schuldners den Vertrag erfüllen oder vom anderen Teil Erfüllung verlangen
oder vom Vertrag zurücktreten. Tritt der Insolvenzverwalter zurück, so entfallen
die gegenseitigen Erfüllungsansprüche und der Vertragspartner hat einen ver-
19
schuldensunabhängigen Schadenersatzanspruch sui generis. Dieser kann jedoch
nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden, da gleichzeitig mit den Erfüllungsansprüchen auch die Gewährleistungsansprüche erlöschen.
Das Wahlrecht kann vom Insolvenzverwalter formfrei ausgeübt werden. Auf
Antrag des Vertragspartners hat das Gericht dem Insolvenzverwalter eine Erklärungsfrist zu setzen. Die Nichterklärung gilt als Rücktritt. In der Prüfphase bis
zur Berichtstagsatzung, in der endgültig über das weitere Schicksal des Unternehmens entschieden wird, soll möglichst keine Entscheidung darüber getroffen
werden, ob bestehende Vertragsverhältnisse weiter aufrecht bleiben sollen oder
nicht. Um zu verhindern, dass die Frist zu einem Zeitpunkt abläuft, in dem über
das weitere Schicksal des Unternehmens noch nicht entschieden ist, wird die
richterliche Entscheidungsbefugnis dahingehend eingeschränkt, dass die zu setzende Frist frühestens drei Tage nach der Berichtstagsatzung enden darf. Wenn
der Schuldner allerdings zu nicht in Geld bestehenden Leistungen verpflichtet
ist, muss der Insolvenzverwalter sein Wahlrecht unverzüglich, längstens aber
innerhalb von 5 Tagen nach Einlangen des Ersuchens des Vertragspartners erklären. Im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung kann nur der Schuldner
(nicht der Sanierungsverwalter) den Eintritt erklären.
Bei teilbaren Leistungen, die der Vertragspartner zur Zeit der Insolvenzeröffnung bereits teilweise erbracht hat, hat er für diese nur einen Entgeltanspruch,
der Insolvenzforderung ist. Hinsichtlich des noch offenen Teils der Leistung
gelten die oben angeführten Regeln über das Wahlrecht des Insolvenzverwalters.
3.4.5.
Bestandverträge gemäß §§ 23, 24 IO
Grundsätzlich tritt hier im Unterschied zu § 21 IO die Insolvenzmasse bzw der
Insolvenzverwalter vorerst in den Bestandvertrag ein, und zwar unabhängig davon, ob der Bestandgeber oder der Bestandnehmer insolvent ist. In der Folge ist
jedoch zwischen den Rechtsfolgen des §§ 23 und 24 IO zu unterscheiden:
Im Insolvenzverfahren des Bestandnehmers kann gemäß § 23 IO der Insolvenzverwalter den Vertrag unter Einhaltung der gesetzlichen oder kürzeren vertraglichen Kündigungsfrist kündigen. Eine längere vertragliche Frist ist somit nicht
einzuhalten, wohl aber die Kündigungstermine. Macht der Insolvenzverwalter
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von der Möglichkeit zur vorzeitigen Auflösung Gebrauch, so steht dem Bestandgeber ein Schadenersatzanspruch als Insolvenzforderung zu.
§ 23 IO ist grundsätzlich auch auf Leasingverträge anzuwenden, und zwar auch
beim Finanzierungsleasing mit Kaufoption, wobei im Einzelfall die jeweilige
Vertragsgestaltung entscheidend ist. Daher sind die nach Insolvenzeröffnung bis
zur Wirksamkeit der Kündigung anfallenden Leasingraten Masseforderungen.
In der Insolvenz des Bestandgebers besteht gemäß § 24 IO weder ein außerordentliches Kündigungsrecht noch ein Wahlrecht nach § 21 IO und sind daher die
allgemeinen Bestimmungen des Bestandrechtes wirksam.
3.4.6.
Arbeitsverträge gemäß § 25 IO
Die Insolvenz des Arbeitnehmers hat keinen Einfluss auf das bestehende Arbeitsverhältnis.
Auch im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des
Arbeitgebers besteht das Arbeitsverhältnis grundsätzlich fort. In diesem Fall haben jedoch Insolvenzverwalter und Arbeitnehmer verschiedene Möglichkeiten,
das Arbeitsverhältnis im Rahmen des § 25 IO aufzulösen. Die Bestimmungen des
§ 25 IO sind daher für den Unternehmensinsolvenz von großer Bedeutung, da
durch ihre richtige Nutzung zum Erfolg eines Insolvenzverfahrens maßgeblich
beigetragen werden kann. § 25 IO ermöglicht, überflüssige und wirtschaftlich unrentable Arbeitsverhältnisse kostengünstig zu beenden.
Zur Verwirklichung dieser Zielsetzung wurde dem Insolvenzverwalter ein privilegiertes Kündigungsrecht eingeräumt. Es besteht insbesondere darin, dass der Insolvenzverwalter nur die gesetzliche, kollektivvertragliche oder zulässigerweise
vereinbarte kürzere Kündigungsfrist, nicht aber eine längere vertragliche First zu
beachten hat. Weiters ist er bei der Kündigung nicht an Kündigungstermine gebunden. Die gesetzlichen Kündigungsbeschränkungen (z.B. § 105, 120, 121
ArbVG) müssen aber beachtet werden. Eine Beendigung des Dienstverhältnisses
auf die oben angeführte Art muss jedoch innerhalb bestimmter Frist erklärt werden:
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-
Im Schuldenregulierungsverfahren innerhalb eines Monats nach Insolvenzeröffnung,
-
sonst innerhalb eines Monats nach öffentlicher Bekanntmachung des Beschlusses, mit dem die Schließung des Unternehmens oder eines Unternehmensbereiches angeordnet, bewilligt oder festgestellt wird, oder
-
innerhalb eines Monats nach der Berichtstagsatzung, es sei denn, das Gericht hat dort die Fortführung des Unternehmens beschlossen
-
im 4. Monat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn bis dahin
keine Berichtstagsatzung stattgefunden hat und die Fortführung des Unternehmens nicht in der Insolvenzdatei bekannt gemacht wurde (diese
Bestimmung soll bei ausländischen Insolvenzverfahren, bei denen mangels Berichtstagsatzung ein Anknüpfungspunkt fehlt, einen solchen
schaffen. Dem (ausländischen) Insolvenzverwalter wird jedoch in § 242
IO die Möglichkeit eingeräumt, die Fortführung des Unternehmens
in
der Insolvenzdatei bekannt zu machen und dadurch die Austritts- und
Kündigungsrechte entfallen zu lassen)
Ausdrücklich klargestellt wird in der nunmehrigen Fassung des § 25 IO, dass bei
Schließung eines Unternehmensbereiches, das Austritts- bzw Kündigungsrechtes
nur den Arbeitnehmern bzw nur hinsichtlich jener Arbeitnehmer zusteht, die in
diesem betreffenden Unternehmensbereich beschäftigt sind. Ist in der Berichtstagsatzung die Fortführung beschlossen worden, so kann der Insolvenzverwalter nur Arbeitnehmer, die in einzuschränkenden Bereichen beschäftigt sind,
innerhalb eines Monats nach der Berichtstagsatzung kündigen. Den gekündigten
Arbeitnehmern steht ein entsprechendes Austrittsrecht zu. Damit soll die Unternehmensfortführung und die Erfüllung des Sanierungsplanes im gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger erleichtert werden. Da im Vordergrund dieser
Neuregelungen die Sanierung des Unternehmens entsteht und daher meist auch
Rationalisierungen, insbesondere auch der Abbau von Arbeitnehmern, erforderlich ist, soll dem Insolvenzverwalter dadurch jedenfalls das Recht eingeräumt
werden, in einzuschränkenden Bereichen auch bei Fortführung auf einstweilen
unbestimmte Zeit ohne Schließungsbeschluss für das Unternehmen oder einen
Unternehmensbereich Kündigungen vorzunehmen. Danach liegt es in der Verantwortung des Insolvenzverwalters, Überkapazitäten abzubauen, unter Umstän-
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den auch nur einen Arbeiternehmer. Er darf jedoch nicht alle Arbeitnehmer eines
Bereiches kündigen. Dies würde einen Teilschließungsbeschluss voraussetzen.
Dem Insolvenzverwalter steht für die Rationalisierungskündigung eine Frist von
einem Monat offen, die mit der Berichtstagsatzung beginnt. Davor kann der Insolvenzverwalter einzelne Bereiche nur zur Gänze schließen oder nach arbeitsrechtlichen Bestimmungen Kündigungen vornehmen. Im letzteren Fall sind die
Beendigungsansprüche der Arbeitnehmer jedoch Masseforderungen. Wurde das
Arbeitsverhältnis nach § 25 IO aufgelöst, sind die Beendigungsansprüche nur Insolvenzforderungen. Darüber hinaus kann der Arbeitnehmer – und zwar unabhängig davon, ob er vom Insolvenzverwalter gekündigt worden ist oder selbst den
Austritt erklärt hat – den verursachten Schaden als Insolvenzforderung verlangen.
Dieser Anspruch umfasst jenen Betrag, der dem Arbeitnehmer bei fiktiver Kündigung unter Einhaltung der Fristen und Termine gebührt hätte. Der Arbeitnehmer muss sich aber auch in den ersten drei Monaten anrechnen lassen, was er anderweitig verdient hat.
Im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung kann der Schuldner Arbeitnehmer, die in einzuschränkenden Bereichen beschäftigt sind, bereits innerhalb eines
Monats nach der öffentlichen Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses mit
Zustimmung des Sanierungsverwalters kündigen, wenn die Aufrechterhaltung der
Arbeitsverhältnisse das Zustandekommen oder die Erfüllbarkeit des Sanierungsplans oder die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte. Dem gekündigten Arbeitnehmer steht ein Austrittsrecht zu.
Achtung: Neben § 25 IO bleibt sowohl den Arbeitnehmern als auch dem Insolvenzverwalter das Recht, das Dienstverhältnis nach den allgemeinen Regeln des
Arbeitsrechtes zu beenden (berechtigter Austritt des Arbeitnehmers, wenn das
Entgelt nicht bezahlt wird, Entlassung, Kündigung wegen Pensionsantrittes, etc.
).
Achtung: Wegen vor Insolvenzeröffnung nicht bezahlter Entgelte steht dem
Dienstnehmer nach Insolvenzeröffnung kein berechtigter Austritt gemäß § 25 IO
zu (§ 25 Abs 3 IO).
Weiters ist darauf hinzuweisen, dass bei Kündigung von Arbeitnehmern mit besonderem gesetzlichem Kündigungsschutz die jeweilige Monatsfrist gewahrt ist,
23
wenn die Klage bzw. der Antrag auf Zustimmung zur Kündigung innerhalb der
Monatsfrist eingebracht wird. Gleiches gilt für die Anzeigeverpflichtung gemäß §
45a AMFG. Letzteres gilt nicht im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung, da
hier vom Schuldner eine entsprechende Vorbereitung auch in Hinblick auf die
Anzeigeverpflichtung nach § 45a AMFG erwartet wird.
Achtung: Gemäß § 45a AMFG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die beabsichtigte
Reduzierung von Dienstverhältnissen innerhalb von 30 Tagen ab einer gewissen
Anzahl von zu kündigenden Dienstnehmern im Verhältnis zum gesamten Beschäftigungsstand der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice schriftlich anzuzeigen, widrigenfalls die Kündigung seitens des Arbeitgebers rechtsunwirksam ist. Das Kündigungsfrühwarnsystem umfasst neben der Kündigung auch
andere Beendigungsarten wie zB die einvernehmliche Auflösung. Diese Bestimmung ist zur Rechtswirksamkeit von Auflösungen von Arbeitsverhältnissen auch
im Insolvenzfall anzuwenden.
Exkurs: Insolvenzausfallgeld
Die finanziellen Ansprüche der Arbeitnehmer sind im Insolvenzfall vorwiegend
durch den Insolvenzausfallgeldfonds gesichert. Insolvenzausfallgeld gebührt für
gesicherte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche des Dienstnehmers. Der Dienstnehmer muss binnen sechs Monaten ab Insolvenzeröffnung einen Antrag auf Insolvenzausfallgeld einbringen. Seine Nettoforderung geht auf
den Insolvenzausfallgeldfonds über. Übergegangene Masseforderungen des
Dienstnehmers sind vom Gemeinschuldner voll, Insolvenzforderungen quotenmäßig zu befriedigen. Die gesicherten Ansprüche sind aber durch bestimmte
Höchstgrenzen beschränkt. Die verbleibenden Restbeträge stellen für den Arbeitnehmer eine Insolvenzforderung dar.
Gesicherte Ansprüche gemäß § 1 Abs 2 IESG:
-
laufende Entgeltansprüche
-
Beendigungsansprüche (Kündigungsentschädigung, Urlaubsentschädigung/Urlaubsabfindung, Abfertigung)
-
Schadenersatzansprüche; Zinsen bis längstens sechs Monate ab Antragstellung, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen
Kosten.
24
Die Insolvenzabweisung mangels kostendeckenden Vermögens steht der Voraussetzung der Insolvenzeröffnung gleich.
3.4.7.
Auflösung von Verträgen durch Vertragspartner des Schuldners
Vertragsauflösungen, die die Fortführung eines Unternehmens gefährden, sind
gem § 25a IO nur aus wichtigem Grund möglich. Ausdrücklich nicht als wichtiger Grund gelten eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des
Schuldners und der Verzug des Schuldners mit der Erfüllung von vor Eröffnung
des Insolvenzverfahrens fällig gewordener Forderungen. Damit wird die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung von Verträgen, die für die Fortführung des
Unternehmens notwendig sind, beschränkt. Diese Beschränkung gilt nur solange
das Unternehmen fortgeführt wird und endet darüber hinaus jedenfalls 6 Monate
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Die Beschränkungen gelten weiters
nicht bei Arbeitsverträgen, Ansprüchen auf Auszahlung von Krediten und wenn
die Auflösung des Vertrages zur Abwendung schwerer persönlicher oder wirtschaftlicher Nachteile des Vertragspartners unerlässlich ist. Nicht erfasst werden
Verträge, für die spezielle Auflösungsbestimmungen gerade für den Insolvenzfall
gesetzlich vorgesehen sind.
Achtung: gem § 25b IO sind Vereinbarungen, welche die Anwendung der §§ 21
bis 25a IO im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner im Voraus ausschließen oder beschränken, unwirksam. Darüber hinaus ist die Vereinbarung eines Rücktrittsrechts oder der Vertragsauflösung für den Fall der Eröffnung eines
Insolvenzverfahrens unzulässig.
3.4.8.
Aufträge, Vollmachten, Offerte gemäß § 26 IO
Ein vom Schuldner erteilter Auftrag oder eine Vollmacht erlöschen mit der Insolvenzeröffnung. Ebenso erlischt mit Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines
Bevollmächtigten oder eines Machthabers die ihm erteilte Vollmacht. Ein dem
Schuldner vor Insolvenzeröffnung erteilter Auftrag erlischt zwar nicht, jedoch hat
der Auftraggeber gemäß § 1020 ABGB das Recht, den Auftrag jederzeit zu widerrufen.
Hat der Schuldner noch vor Insolvenzeröffnung ein Offert erhalten, das er noch
nicht angenommen hat, so bleibt es aufrecht und kann vom Insolvenzverwalter
angenommen oder abgelehnt werden.
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Hat der Schuldner vor der Insolvenzeröffnung ein Offert gestellt, so ist der Insolvenzverwalter nicht daran gebunden.
3.4.9.
Gesellschaftsverhältnisse
OG:
Wird über das Vermögen einer OG oder eines ihrer Gesellschafter das Insolvenzverfahren eröffnet, ist die Gesellschaft damit ex lege aufgelöst (§ 131 Zif 3 und 5
UGB). Liegt der Auflösungsgrund in der Insolvenz des Gesellschafters, so können die übrigen Gesellschafter einen Fortsetzungsbeschluss fassen und dem Insolvenzverwalter gegenüber die Erklärung abgeben, dass die OG unter ihnen
fortgesetzt wird. In diesem Fall fließt das Abschichtungsguthaben des Schuldners,
der damit aus der OG ausscheidet, in die Insolvenzmasse.
Wird zugleich sowohl über das Vermögen der OG als auch eines ihrer Gesellschafter das Insolvenzverfahren eröffnet, so können die Gläubiger der Gesellschaft im Insolvenzverfahren des Gesellschafters nur wegen des Ausfalls, den sie
in der Gesellschaftsinsolvenz erleiden, Befriedigung suchen. Dies bedeutet daher
eine gewisse Subsidiarität der Haftung eines persönlich haftenden Gesellschafters
dem Gläubiger der Gesellschaft gegenüber.
KG:
Es gilt das zu OG ausgeführte. Auch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen
des Kommanditisten löst die Gesellschaft auf. Geht eine GmbH, die persönlich
haftender Gesellschafter einer KG ist, in Insolvenz, so ist damit auch die KG aufgelöst. Geht eine KG in Insolvenz und hat der Kommanditist seine Hafteinlage
noch nicht geleistet, so hat der Gläubiger der Gesellschaft keine Möglichkeit
mehr, auf den Kommanditisten zu greifen. Der Gläubiger hat vielmehr seine Forderung im Insolvenzverfahren der Gesellschaft anzumelden und der Insolvenzverwalter zieht die offene Forderung gegen den Kommanditisten zugunsten der
Masse ein.
GmbH:
Wenn über das Vermögen der GmbH ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, so ist
dies gemäß § 84 Abs 1 Z 4 GmbHG ein Auflösungsgrund. Wird hingegen über
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das Vermögen eines Gesellschafters der Insolvenz eröffnet, so berührt dies die
GmbH nicht.
Auch durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines Geschäftsführers
einer GmbH wird weder die Gesellschaft noch die Position des Geschäftsführers
in seiner Funktion als Organ der juristischen Person betroffen.
Lehnt das Insolvenzgericht die Insolvenzeröffnung über das Vermögen einer
GmbH mangels kostendeckenden Vermögens ab, so bewirkt dies gemäß § 1
Amtslöschungsgesetz die Auflösung der Gesellschaft. Das Insolvenzgericht hat
von Amts wegen an die für die Führung des Firmenbuchs zuständige Abteilung
eine beglaubigte Abschrift des Beschlusses, mit dem die Insolvenzeröffnung abgelehnt wurde, zu übermitteln. Die Auflösung der Gesellschaft wird von Amts
wegen in das Firmenbuch eingetragen.
AG:
Hier gilt das zur GmbH gesagte sinngemäß.
Gesellschaft bürgerlichen Rechts:
Über das Vermögen der Gesellschaft selbst kann kein Insolvenzverfahren eröffnet
werden, weil die Gesellschaft als solche nicht Insolvenzfähig ist. Die Insolvenzeröffnung über das Vermögen eines der Gesellschafter bewirkt, dass er gemäß §
1210 ABGB aus der Gesellschaft vorzeitig ausgeschlossen werden kann.
Stille Gesellschaft:
Die stille Gesellschaft ist nicht Insolvenzfähig. Die Insolvenzeröffnung sowohl
über das Vermögen des Kaufmanns als auch über das des stillen Gesellschafters
löst die stille Gesellschaft auf. Fällt der Kaufmann in den Insolvenz, so hat der
stille Gesellschafter hinsichtlich seines Auseinandersetzungsanspruches eine Insolvenzforderung.
4.
Gläubigeransprüche im Insolvenzverfahren
4.1. Aussonderungsansprüche
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Das Aussonderungsrecht umfasst Sachen, die sich zwar beim Schuldner faktisch befinden, diesem jedoch ganz oder teilweise nicht gehören. Aussonderungsrechte werden durch die Insolvenzeröffnung nicht berührt. Ob ein Aussonderungsrecht vorliegt,
ist nach dem allgemeinen Zivilrecht zu beurteilen.
Der wichtigste Aussonderungsgrund ist das Eigentum. Ist jemand der Eigentümer
einer in der Insolvenzmasse befindlichen Sache, so kann er sie aussondern. Auch der
Eigentumsvorbehalt begründet im Insolvenzverfahren des Käufers ein Aussonderungsrecht zugunsten des Verkäufers, wenn die Ware nicht bezahlt ist. Ein rechtswirksam begründeter Eigentumsvorbehalt liegt vor, wenn aufgrund einer Vereinbarung
entgegen § 1053 ABGB das Eigentum nicht bereits mit Übergabe der Sache an den
Käufer, sondern erst nach vollständiger Bezahlung des Kaufpreises übergehen soll.
Nach Übergabe des Vertragsgegenstandes ist die Begründung eines Eigentumsvorbehaltes nicht mehr möglich (Übermittlung von Rechnungen, Lieferscheinen und Auftragsbestätigungen ist zur Begründung nicht ausreichend). Im Fall rechtswirksamer
Begründung kann der Gläubiger die Sache aussondern, sofern sie zum Zeitpunkt der
Insolvenzeröffnung noch vorhanden und individualisierbar ist. Ist hingegen der Eigentumsvorbehalt nicht rechtswirksam zustande gekommen, ist der Gläubiger auf die Insolvenzquote beschränkt und der Insolvenzverwalter kann die Sache verwerten.
Daneben entstehen Aussonderungsansprüche auch aus Leihe- und Verwahrungsverträgen, Marken-, Patent- und Urheberrecht sowie für den Wohnungseigentumsbewerber im Insolvenzverfahren des Liegenschaftseigentümers (Voraussetzung hierfür ist
jedoch, dass die Anmerkung der Einräumung des Wohnungseigentums oder die Klage
auf Verbücherung des Rechts im Grundbuch angemerkt war). Im Insolvenzverfahren
des Treuhänders kann der Treugeber das Treugut aussondern.
Dagegen begründet der schuldenrechtliche Anspruch des Käufers auf Übereignung der
Kaufsache kein Aussonderungsrecht (zB: der Käufer einer Liegenschaft hat den Kaufpreis vorgeleistet, ist aber bei Insolvenzeröffnung noch nicht im Grundbuch eingetragen. Er hat keinen Anspruch auf Aussonderung, sondern nur eine Insolvenzforderung.
Ist der Käufer bei Insolvenzeröffnung jedoch im Besitz einer einverleibungsfähigen
Urkunde sowie eines Rangordnungsbeschlusses, dann kommt er auch nach Insolvenzeröffnung gemäß § 13 IO noch ins Grundbuch).
Ist die auszusondernde Sache zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung nicht mehr vorhanden, so ist der Aussonderungsberechtigte mit seinen Ansprüchen in die Quote ver-
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wiesen. Wird das Aussonderungsgut nach der Insolvenzeröffnung veräußert, kann der
Aussonderungsberechtigte Aussonderung des bereits geleisteten Entgelts aus der Masse verlangen.
Aussonderungsansprüche sind gegenüber dem Insolvenzverwalter geltend zu machen.
Würde die Erfüllung eines Aussonderungsanspruches die Fortführung des Unternehmens gefährden (zB Produktionsmittel, Maschinen, Fahrzeuge, die für den Betrieb benötigt werden), so kann der Aussonderungsanspruch gemäß § 11 Abs. 2 IO nicht vor
Ablauf von 6 Monaten ab Insolvenzeröffnung gefordert werden.
4.2.
Absonderungsansprüche
Absonderungsrechte sind Ansprüche auf abgesonderte Befriedigung aus einer bestimmten Sache des Schuldners. Dazu gehören (gesetzliche, richterliche und vertragliche) Pfandrechte, Zurückbehaltungsrechte, sowie Sicherungseigentum (Achtung: Die
Begründung von Sicherungseigentum ist nur möglich, wenn die Publizitätsvorschriften des Pfandrechtes, die analog anzuwenden sind, eingehalten werden.) und Sicherungszession.
Die Absonderungsgläubiger gehen, soweit ihre Forderungen gesichert sind, sowohl
den Insolvenzgläubigern als auch den Massegläubigern vor. Eine Hyperocha aus der
Verwertung des Absonderungsgutes fließt in die gemeinschaftliche Insolvenzmasse.
Die Absonderungsrechte bleiben daher durch die Insolvenzeröffnung grundsätzlich
unberührt. Absonderungsrechte können auch während des laufenden Insolvenzverfahrens weiter verfolgt werden.
Ausnahme: Exekutiv erworbene Pfandrechte, die in den letzten 60 Tagen vor der
Insolvenzeröffnung neu erworben wurden, erlöschen gemäß § 12 IO mit der Insolvenzeröffnung. Davon ausgenommen sind Absonderungsrechte zugunsten öffentlichrechtlicher Abgabenforderungen. Ein laufendes Verwertungsverfahren ist daher einzustellen.
(Vgl. weiters Ausführungen nach 3.2. zu § 12a IO.)
Hinsichtlich Absonderungsansprüche gibt es keine Prozess- und Exekutionssperre.
Aus dem Verwertungserlös sind, wenn keine vorher genannten Einschränkungen vorliegen, grundsätzlich die Absonderungsberechtigten entsprechend ihrem rechtlichen
Rang zu befriedigen. In diesem Umfang schließen sie die Insolvenzgläubiger aus. Der
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Absonderungsberechtigte ist grundsätzlich auch Insolvenzgläubiger. Als solcher kann
er vorerst mit seiner gesamten Forderung im Insolvenzverfahren teilnehmen. Gläubiger, deren Forderungen durch Absonderungsrechte zum Teil gedeckt sind, nehmen mit
dem Ausfall am Sanierungsplanverfahren teil; solange dieser Ausfall jedoch noch
nicht endgültig feststeht, sind sie bei der Sanierungsplanerfüllung mit dem mutmaßlichen Ausfall zu berücksichtigen (§ 149 IO).
Auch hier gilt, dass ein Absonderungsanspruch gemäß § 11 Abs. 2 IO nicht vor Ablauf von 6 Monaten ab Insolvenzeröffnung gefordert werden, sofern er die Fortführung des Unternehmens gefährden würde.
4.3. Masseforderungen
Unter Masseforderungen versteht man bestimmte, im Gesetz taxativ aufgezählte,
grundsätzlich erst nach der Insolvenzeröffnung entstehende Forderungen gegen die Insolvenzmasse, die voll zu befriedigen sind und für die weder Prozess- noch Exekutionssperre gelten.
Diese Forderungen unterliegen nicht der Anmeldung im Insolvenzverfahren und können ohne Einschränkung gegen den Insolvenzverwalter geltend gemacht werden.
Die Massenforderungen sind Kosten, die mit der Erhaltung und der Bewirtschaftung
der Masse verbunden sind.
Taxative Aufzählung der Masseforderungen in § 46 IO:
-
Kosten des Insolvenzverfahrens
-
Auslagen, die mit der Erhaltung, Verwaltung und der Bewirtschaftung verbunden sind (sogenannte Verwaltungskosten; dazu zählt auch die Belohnung
des Insolvenzverwalters)
Dazu zählen auch alle die Masse treffenden Steuern, Sozialversicherungsbeiträge und andere öffentliche Abgaben, wenn und soweit der die Abgabepflicht
auslösende Sachverhalt nach der Insolvenzeröffnung verwirklicht wird.
-
Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt für die Zeit nach der Insolvenzeröffnung
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-
Ansprüche aus der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, wenn dieses
vor Insolvenzeröffnung eingegangen worden ist und im Insolvenzverfahren
nicht nach § 25 IO durch den Insolvenzverwalter oder - wenn die Beendigung
auf eine Rechtshandlung oder ein sonstiges Verhalten des Insolvenzverwalters, insbesondere auf die Nichtzahlung des Entgelts, zurückzuführen ist durch den Arbeitnehmer gelöst wird oder wenn dieses während des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter neu eingegangen wurde; das gilt
auch, wenn nach Eintritt der Masseunzulänglichkeit das Entgelt nicht bezahlt
wurde.
-
Ansprüche auf Erfüllung zweiseitiger Verträge, in die der Insolvenzverwalter
eingetreten ist
-
Ansprüche aus Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters
-
Ansprüche aus einer grundlosen Bereicherung der Masse
-
Kosten einer einfachen Bestattung des Gemeinschuldners
-
Kosten der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände, soweit sie für die Vorbereitung eines Sanierungsplanes sowie die Ermittlung und Sicherung des Vermögens im Insolvenzverfahren oder im Insolvenzeröffnungsverfahren zum
Vorteil aller Gläubiger aufgewendet wurden.
Die Masseforderungen sind grundsätzlich ohne Rücksicht auf den Stand des Verfahrens zur Gänze aus der Masse zu bezahlen, sobald sie feststehen und fällig sind.
Reicht die Masse zur Bezahlung der Masseforderungen nicht aus, so ist bei der Bedienung der Masseforderungen die Rangordnung des § 47 Abs 2 IO einzuhalten. Danach
bestehen sechs Gruppen, die nacheinander zu befriedigen sind. Innerhalb der gleichen
Gruppen sind die Ansprüche verhältnismäßig zu bedienen. Der Insolvenzverwalter hat
die Masseunzulänglichkeit gemäß § 124a IO dem Insolvenzgericht unverzüglich anzuzeigen. Die Masseunzulänglichkeit wird in der Ediktsdatei veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt besteht eine Exekutionssperre auch für Masseforderungen. Masseforderungen in Zusammenhang mit der noch gebotenen Verwaltung und Verwertung der
Masse sind vorrangig zu befriedigen und kann für diese Forderungen auch noch ein
richterliches Pfand- oder Befriedigungsrecht erwirkt werden.
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Die Rangfolge gemäß § 47 Abs 2 IO lautet wie folgt:
1. Gruppe:
Barauslagen des Insolvenzverwalters
2. Gruppe:
übrige Verfahrenskosten (Belohnung des Insolvenzverwalters, Belohnung der Gläubigerschutzverbände, Pauschalgebühr)
3. Gruppe:
der vom Dritten erlegte Kostenvorschuss, soweit er zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens benötigt wurde
4. Gruppe:
Forderungen der Arbeitnehmer auf laufendes Entgelt, soweit sie nicht nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz gesichert sind
5. Gruppe:
Beendigungsansprüche der Arbeitnehmer, soweit sie nicht nach dem Insolvenzentgeltsicherungsgesetz gesichert sind und
6. Gruppe:
die übrigen Masseforderungen
4.4. Insolvenzforderungen
Es handelt sich dabei um vermögensrechtliche Ansprüche zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung eines Gläubigers gegen den Schuldner. Diese Forderungen sind im Insolvenzverfahren anzumelden. Sie unterliegen der Prozess- und Exekutionssperre. Sie
werden aus der Verwertung der Insolvenzmasse nach dem Prinzip der Gleichbehandlung verhältnismäßig, dh quotenmäßig bedient (Achtung: Seit dem IVEG 1982 gibt es
nur mehr eine Klasse von Insolvenzgläubigern, die alle gleichberechtigt sind).
Folgende Forderungen können gemäß § 58 IO nicht geltend gemacht werden:
-
Zinsen von Insolvenzforderungen seit der Insolvenzeröffnung
-
Ansprüche auf laufenden Unterhalt
-
Ansprüche aus Schenkungen und Ansprüche aus Vermächtnissen im Verlassenschaftskonkurs
-
Kosten der Gläubiger aus der Teilnahme am Insolvenzverfahren
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-
Geldstrafen wegen strafbarer Handlungen
Die Insolvenzforderungen sind schriftlich beim Insolvenzgericht binnen der im Insolvenzedikt genannten Anmeldefrist anzumelden. Dies gilt auch für Forderungen, für
die bereits ein Exekutionstitel besteht oder ein Rechtsstreit anhängig ist. Diese Anmeldungsfrist ist jedoch keine Präklusivfrist. Auch verspätete Anmeldungen nehmen
am Insolvenzverfahren teil. Forderungen, die später als 14 Tage vor der Tagsatzung
zur Prüfung der Schlussrechnung angemeldet werden, sind nicht mehr zu berücksichtigen. Für verspätete angemeldete Forderungen hat der Gläubiger einen Kostenersatz
in Höhe von € 50,-- zuzüglich USt. pro verspäteter Anmeldung an den Insolvenzverwalter zu leisten, es sei denn, die fristgerechte Anmeldung war im Einzelfall nicht
möglich.
5.
Überblick über das Insolvenzverfahrens
Im Anschluss wird ausgehend vom Konkursverfahren ein Ablauf über die verschiedenen Varianten des Insolvenzverfahrens geboten.
5.1. Konkursverfahren
Ein Konkursverfahren lässt sich wie folgt gliedern:
-
Insolvenzantrag
-
Insolvenzeröffnung
-
Insolvenzedikt
33
-
Prüfung der wirtschaftlichen Situation durch den Insolvenzverwalter
-
Berichts- und Prüfungstagsatzung
-
Allenfalls Tagsatzung zur Abstimmung über den Sanierungsplan
-
Verwertung der Masse
-
Verteilung des Erlöses und Beendigung des Insolvenzverfahrens (Rechnungslegungs- und Verteilungstagsatzung)
5.1.1.
Insolvenzeröffnung
bis
zur
Berichts-
und
Prüfungstagsat-
zung/Sanierungsplansantrag
Nach der Insolvenzeröffnung nimmt der Insolvenzverwalter umgehend mit dem
Gemeinschuldner Kontakt auf und beginnt, die wirtschaftliche Lage des Schuldners zu
überprüfen. In diesem Zusammenhang erteilt er Vollmacht an den bisherigen Steuerberater, lässt das bewegliche und unbewegliche Vermögen inventarisieren und schätzen
und prüft die angemeldeten Forderungen. Die angemeldeten Forderungen werden in
ein Anmeldungsverzeichnis aufgenommen. Die Feststellung der angemeldeten Forderungen erfolgt im sogenannten Prüfungsverfahren. Zu diesem Zweck wird schon im
Insolvenzedikt die allgemeine Prüfungstagsatzung anberaumt.
Der Zeitraum zwischen Verfahrenseröffnung und Berichtstagsatzung, die spätestens 90
Tage nach der Verfahrenseröffnung stattfindet, wird als Prüfphase bezeichnet. In der
Prüfphase hat der Insolvenzverwalter die Vermögenssituation des Schuldners zu erheben und darüber hinaus zu prüfen, ob eine Unternehmensfortführung auf einstweilen
unbestimmte Zeit möglich ist und ob ein Sanierungsplan dem gemeinsamen Interesse
der Gläubiger entspricht und dessen Erfüllung voraussichtlich möglich sein wird. Dabei hat er zu untersuchen, welches der drei Verfahrensergebnisse im konkreten Fall
angestrebt werden kann:

Entschuldung des Unternehmensträgers und Erhaltung des Unternehmens durch
Abschluss eines Sanierungsplans

Erhaltung des Unternehmens durch „übertragende Sanierung“ auf einen neuen Unternehmensträger (eventuell begleitet durch eine Entschuldung des Unternehmensträgers durch Abschluss eines Sanierungsplans)
34

Liquidation des Unternehmens durch Verwertung (eventuell begleitet durch eine
Entschuldung des Unternehmensträgers durch Abschluss eines Sanierungsplans)
Während der Prüfphase ist das Unternehmen grundsätzlich fortzuführen. Eine (teilweise) Unternehmensschließung bedarf der Bewilligung durch das Insolvenzgericht und
ist gem § 115 Abs 1 iVm § 114a IO nur zulässig, wenn anders eine Erhöhung des Ausfalls für die Gläubiger nicht zu vermeiden ist. Solange das Unternehmen fortgeführt
wird, darf es gem § 114 a Abs 1 IO – unter der Voraussetzung, dass der Verkauf offenkundig dem gemeinsamen Interesse der Konkursgläubiger entspricht – nur als Ganzes veräußert werden. Mit Zustimmung des Schuldners ist jedoch auch während der
Prüfphase einer Veräußerung von Unternehmensbereichen und Teilbetrieben möglich,
ansonsten kann eine solche nur nach vorheriger Schließung der betreffenden Unternehmensbereiche erfolgen.
Im Rahmen der Fortführung bis zur Berichtstagsatzung hat der Insolvenzverwalter mit
dem Gemeinschuldner im Fall eines Einzelunternehmens oder mit dem Geschäftsführer im Fall der Ges.m.b.H. sämtliche unternehmerisch notwendigen Entscheidungen
zu treffen und auch sämtliche Erklärungen gegenüber den Behörden (zB Abgabenbehörden) abzugeben. In diesem Zusammenhang hat er auch die Fortführung gegenüber
der Gewerbebehörde anzuzeigen. Hierzu ist festzuhalten, dass mit Insolvenzeröffnung
ein Fortbetriebsrecht des Insolvenzverwalters entsteht, das bis zur Insolvenzaufhebung
fortdauert (§ 44 GewO).
In der Berichtstagsatzung wird vom Insolvenzverwalter berichtet, ob das Unternehmen
sofort zu schließen ist, oder ob es einstweilen unbefristet fortgeführt werden kann.
Weiters berichtet er, ob ein Sanierungsplan im gemeinsamen Interesse der Insolvenzgläubiger liegt und ob dessen Erfüllung voraussichtlich möglich sein wird. Gemäß §
114 b Abs 2 IO hat das Gericht die Fortführung des Unternehmens zu beschließen und
dem Schuldner auf dessen Antrag eine Frist zur Stellung des Sanierungsplanantrages
einzuräumen, wenn die Voraussetzungen für eine einstweilen unbefristete Fortführung
gegeben sind und ein Sanierungsplan im Gläubigerinteresse liegt. Diese Frist zur Stellung des Sanierungsplanantrags darf 14 Tage nicht übersteigen.
Auch in der Berichtstagsatzung darf die Schließung des Unternehmens vom Insolvenzgericht nur angeordnet oder genehmigt werden, wenn feststeht, dass anders eine
Erhöhung des Ausfalls für die Gläubiger unvermeidlich ist. Die Gefahr der Ausfallserhöhung kann insbesondere durch eine Fortführungsgarantie entschärft werden. Da35
bei handelt es sich um Haftungserklärungen Dritter, den Insolvenzgläubigern in
betraglich und zeitlich ausreichendem Umfang für jenen Ausfall zu haften, den diese
aufgrund der Fortführung erleiden können. Während dieser 14-tägigen Frist darf das
Unternehmen nicht verwertet werden. Beantragt der Schuldner nicht fristgerecht einen
Sanierungsplan, so ist das Unternehmen zu verwerten. Gleiches gilt, wenn ihm gar
keine Frist zur Antragstellung eingeräumt wird.
Ist der Sanierungsplanantrag fristgerecht und zulässig, so hat das Gericht eine Sanierungsplantagsatzung auf längstens sechs Wochen anzuordnen. Wurde seitens des
Schuldners kein Sanierungsplanvorschlag erstattet oder ein solcher nicht binnen 90
Tagen angenommen, ist das schuldnerische Vermögen zu verwerten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gesamtveräußerung des Unternehmens oder einzelner Bereiche
idR vorteilhafter ist als die Zerschlagung. Das Unternehmen ist jedenfalls ein Jahr
nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu schließen und zu verwerten, wenn nicht
innerhalb dieser Frist ein Sanierungsplan angenommen wurde. Diese Frist kann auf
Antrag des Insolvenzverwalters mehrmals erstreckt werden, wenn eine Schließung
dem gemeinsamen Interesse der Gläubiger widerspricht (etwa die gewinnbringendere
Veräußerung des gesamten Unternehmens in Aussicht genommen wurde). Eine Erstreckung ist insgesamt höchstens um 2 Jahre möglich.
Zum Sanierungsplan vergleiche zu Punkt 6.
5.1.2. Verwertung der Insolvenzmasse:
Der Insolvenzverwalter hat die Insolvenzmasse zu verwalten und zu verwerten. Er
unterliegt bei dieser Tätigkeit jedoch gewissen gesetzlichen Beschränkungen.
5.1.2.a) Kridamässige Versteigerung gemäß § 119 IO:
Die zur Insolvenzmasse gehörenden Sachen sind nur dann gerichtlich zu veräußern,
wenn dies auf Antrag des Insolvenzverwalters vom Insolvenzgericht beschlossen wird.
Zuständig für die Bewilligung der kridamäßigen Veräußerung ist das Insolvenzgericht,
das jedoch die Vollziehung dem zuständigen Exekutionsgericht überträgt.
36
Zur Bewilligung der gerichtlichen Veräußerung benötigt der Insolvenzverwalter
keinen Exekutionstitel; auch die Begründung eines Pfand- oder Befriedigungsranges
ist nicht vorgesehen.
Dem Insolvenzverwalter kommt in diesem Verwertungsverfahren die Stellung eines
betreibenden Gläubigers zu. Das Verwertungs- und Verteilungsverfahren ist weitgehend entsprechend der Bestimmungen der EO durchzuführen. Für das Verwertungsverfahren sind jedoch Abweichungen zur Exekutionsordnung vorgesehen: Es sind die
Bestimmungen nicht anzuwenden, die als Schutzbestimmungen im Interesse der Erhaltung des Vermögens des Verpflichteten anzusehen sind und die in der Regel zu
Verzögerungen im Exekutionsverfahren führen: Wenn zB das geringste Gebot beim
Versteigerungstermin nicht erreicht wird, sind die Bestimmungen nicht anzuwenden,
wonach erst nach Ablauf eines halben Jahres die neuerliche Einleitung eines Versteigerungsverfahrens beantragt werden kann.
Der Insolvenzverwalter kann auch in jedes bereits anhängige Exekutionsverfahren als
betreibender Gläubiger eintreten. In diesem Fall kommt dem Insolvenzverwalter die
Position eines betreibenden – nicht aber eines führenden – Gläubigers zu. Der Gemeinschuldner aber ist verpflichtete Partei und wird daher in diesem Verfahren nicht
vom Insolvenzverwalter vertreten.
Das Exekutionsgericht kann auf Antrag des Insolvenzverwalters oder auf Ersuchen
des Insolvenzgerichts das Exekutionsverfahren gem § 120a IO für maximal 90 Tage
aufzuschieben, wenn eine andere Verwertung in Aussicht genommen ist.
Die kridamäßige Versteigerung ist trotz Ausschaltung der Bestimmungen der
Exekutionsordnung, die der Erhaltung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners
dienen, für eine effiziente und rasche Insolvenzabwicklung nicht geeignet. Im Bereich
der Liegenschaftsverwertung wirkt sich insbesondere die lange Verfahrensdauer negativ aus. Vor allem bei der Veräußerung von Betriebsliegenschaften spielt der Zeitfaktor, insbesondere die Gewissheit des Zuschlages, der fixe bzw kalkulierbare Preis und
die sofortige Benützbarkeit der Liegenschaft nach dem Kaufpreiserlag eine wesentliche Rolle. Muss erst ein gerichtliches Verwertungsverfahren abgewartet werden, ist
die rasche Übernahme einer Liegenschaft durch den Erwerber nicht möglich.
5.1.2.b) Freihändiger Verkauf:
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Sachen, an denen ein Absonderungsrecht besteht, können anders als durch gerichtliche
Veräußerung nur verwertet werden, wenn der Insolvenzverwalter den Absonderungsberechtigten von der beabsichtigten Veräußerung verständigt hat und der Berechtigte
nicht innerhalb von 14 Tagen Widerspruch erhoben hat. Der Widerspruch ist nur dann
wirksam, wenn der Absonderungsberechtigte glaubhaft macht, dass die gerichtliche
Veräußerung für ihn erheblich vorteilhafter wäre. Durch diese Bestimmung wird verhindert, dass Gläubiger im aussichtslosen Rang durch die Weigerung, Löschungsquittungen auszufolgen, die Verwertung blockieren. Die Zustimmung solcher Gläubiger
wird durch unanfechtbaren Beschluss des Insolvenzgerichtes ersetzt.
Nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens bei freihändiger Insolvenzverwertung und Insolvenzgerichtlicher Genehmigung des Kaufvertrages sind die Buchberechtigten, die bei der Verteilung nicht berücksichtigt werden können, in der Regel bereit, dem Insolvenzverwalter zur entsprechenden Lastenfreistellung Löschungsquittungen zur Verfügung zu stellen bzw anhängige Realexekutionsverfahren einzustellen.
Dann ist dem Insolvenzverwalter eine lastenfreie Übergabe der veräußerten Liegenschaft leicht möglich.
Weniger kooperative Gläubiger können zur Ausfolgung von Löschungsquittungen
nicht durch das Insolvenzgericht beschlussmäßig verpflichtet werden, sondern hat das
Insolvenzgericht nach Rechtskraft des Verteilungsbeschlusses über Antrag des Käufers die Löschung der auf der Liegenschaft eingetragenen und nicht übernommenen
Lasten und Rechte zu bewilligen. Sollte die veräußerte Liegenschaft von den Käufern
weiter veräußert werden, muss von Sprungeintragungen abgeraten werden. Hindernisse für die Verbücherung werden in diesen Fällen meist erst dann offensichtlich, wenn
das Amt des Insolvenzverwalters infolge Insolvenzaufhebung beendet ist; Ergänzungen und Korrekturen können daher nur unter erschwerten Voraussetzungen vorgenommen werden.
Die Errichtung des Kaufvertrages durch den Insolvenzverwalter ist zweckmäßig, da
auch die Erlösverteilung im Fall des Verwertungsverfahrens in die Zuständigkeit des
Insolvenzgerichtes fällt. Das Insolvenzgericht wiederum wird durch den Insolvenzverwalter in seiner Funktion als Vertragserrichter und Treuhänder dahingehend unterstützt, dass der Vollzug der Geldflüsse durch den Insolvenzverwalter über Auftrag des
Insolvenzgerichtes durchgeführt wird. Die Vertragserrichtung durch den Insolvenzverwalter erleichtert für das Insolvenzgericht den Genehmigungsvorgang. Der Vertrag
selbst ist aufschiebend bedingt durch die einzuholende Zustimmung des Gläubigeraus-
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schusses und die beschlussmäßige Genehmigung bzw Nichtuntersagung durch das Insolvenzgericht. Mit der Genehmigung durch das Insolvenzgericht wird auch bestätigt,
dass der Insolvenzverwalter als Veräußerer zur Unterfertigung des Kaufvertrages berechtigt war. Diese richterliche Bestätigung der Zeichnungsberechtigung ersetzt die
notarielle Beglaubigung der Unterschrift des Insolvenzverwalters.
5.1.3. Verteilung der Masse – Aufhebung des Insolvenzverfahrens
Aus der allgemeinen Insolvenzmasse sind vorrangig die Masseforderungen zu befriedigen.
Reicht die Insolvenzmasse zur vollen Abdeckung der Massegläubiger nicht aus, so ist
in der vom Insolvenzverwalter vorzunehmenden Schlussrechnung, in der die Einnahmen und Ausgaben und der Überschuss dargestellt werden müssen, eine Gliederung
der Masseforderung entsprechend der im § 47 Abs 2 IO vorgesehenen Rangordnung
vorzunehmen. In der Folge kommt es nach der Schlusstagsatzung zur Insolvenzaufhebung gemäß § 123a IO.
Die Verteilung an die Insolvenzgläubiger erfolgt quotenmäßig. Die Quoten errechnen
sich nach dem Verhältnis des zu verteilenden Erlöses zur Gesamtsumme der Forderungen.
Grundsätzlich können bereits nach der allgemeinen Prüfungstagsatzung Verteilungen
sooft stattfinden, als etwas zu verteilen ansteht. An Abschlagsverteilungen nehmen alle angemeldeten Insolvenzforderungen teil. Die verspätete Anmeldung einer Insolvenzforderung hat in diesem Fall keine Ausschlusswirkungen im Hinblick auf vorangegangene Verteilungen, sondern sind die sogenannten „Nachzügler“ bei der folgenden Verteilung durch eine Vorauszahlung mit den übrigen Gläubigern gleichzustellen.
Hingegen hat der Gläubiger eines bestrittenen Anspruches, der nicht rechtzeitig die
Prüfungsklage eingebracht hat und daher bei einer Verteilung unberücksichtigt blieb,
nach der verspäteten Einbringung der Klage keinen Anspruch auf Gleichstellung bei
nachfolgenden Verteilungen.
Solche Abschlagsverteilungen müssen nicht formgebunden sein. Dagegen ist die
Schlussverteilung stets formgebunden. In diesem Fall hat der Insolvenzverwalter einen
vom Gläubigerausschuss genehmigten Verteilungsentwurf dem Gericht vorzulegen.
Im Verteilungsentwurf sind sämtliche Forderungen aufzunehmen und das gesamte
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Verteilungsvolumen sowie die auf die einzelnen Forderungen entfallenden Beträge
anzuführen. Dieser Entwurf ist vom Gericht zu prüfen und dann öffentlich bekannt zu
machen. Der Gemeinschuldner und die Gläubiger sind mit dem Hinweis zu verständigen, dass es ihnen freisteht, Einsicht zu nehmen und binnen 14 Tagen allfällige Erinnerungen vorzubringen. Über diesen Verteilungsentwurf wird in einer eigenen Verteilungstagsatzung entschieden. Wenn keine Bedenken bestehen und auch keine Erinnerungen vorgebracht wurden, ist der Entwurf zu genehmigen. Über aufrechte Einwendungen entscheidet das Insolvenzgericht im Rahmen des Insolvenzverfahrens. Der
streitige Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Üblicherweise wird gleichzeitig mit der Einbringung des Verteilungsentwurfes vom
Insolvenzverwalter Schlussrechnung gelegt. Diese Rechnung ist vom Insolvenzgericht
zu genehmigen, wenn nach dem Ergebnis der Prüfungen keine Bedenken dagegen bestehen und Bemängelungen dagegen nicht vorgebracht worden sind oder wenn bei der
anzuberaumenden Rechnungslegungstagsatzung eine Einigung erzielt worden ist.
Auch hier entscheidet andernfalls das Insolvenzgericht nach Vornahme der erforderlichen Erhebungen unter Ausschluss des Rechtsweges. Die Verteilungstagsatzung wird
üblicherweise mit der Rechnungslegungstagsatzung gleichzeitig anberaumt.
Nach Rechtskraft der Schlussrechnung und des Verteilungsentwurfes erfolgt die Vornahme der Schlussverteilung durch den Insolvenzverwalter.
Wenn nach der Schlussverteilung weiteres Insolvenzvermögen hervorkommt, ist dieses als Nachtragsverteilung an die Gläubiger auszuzahlen.
5.1.4. Insolvenzaufhebung
Nachdem der Vollzug der Schlussverteilung dem Insolvenzgericht durch Verteilungsnachweis, nachgewiesen worden ist, ist das Insolvenzverfahren gemäß § 139 IO aufzuheben.
Weiters ist das Insolvenzverfahren aufzuheben, wenn das Vermögen zur Deckung der
weiteren Verfahrenskosten nicht hinreicht (§ 123a IO) oder wenn nach Ablauf der
Anmeldungsfrist alle Masse- und Insolvenzgläubiger der Aufhebung zustimmen
(§ 123b IO). Das Insolvenzverfahren ist weiters mit Eintritt der Rechtskraft der Bestätigung des Sanierungsplans aufgehoben (§ 152b IO).
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5.1.5. Rechtsfolgen der Insolvenzaufhebung
Der Schuldner hat wieder das Recht, über sein Vermögen frei zu verfügen. Die Rechte
und Pflichten des Insolvenzverwalters erlöschen. Die Gläubiger können ihre Forderungen im Klage- und Exekutionsweg geltend machen, soweit sie noch nicht Befriedigung erlangt haben oder eine Entschuldung im Rahmen eines Sanierungsplanes stattgefunden hat. Soweit Forderungen im Insolvenzverfahren festgestellt wurden und vom
Schuldner nicht ausdrücklich bestritten wurden, können die Gläubiger Exekution aufgrund eines Auszugs aus dem Anmeldungsverzeichnis führen.
Die Aufhebung des Insolvenzverfahrens unterbricht die vom Insolvenzverwalter begonnenen Prozesse nicht. Der Schuldner tritt vielmehr ex lege an dessen Stelle.
Masseforderungen bleiben aufrecht und der Schuldner haftet jedoch grundsätzlich nur
mit der ihm vom Insolvenzverwalter ausgefolgten Masse. Dies mit der Begründung,
weil er am Entstehen dieser Masseforderungen nicht selbst mitgewirkt hat.
5.2. Sanierungsplan
Der Sanierungsplan entspricht mit geringfügigen Änderungen dem bisherigen
Zwangsausgleich. Dieser hat sich neben dem außergerichtlichen Ausgleich zum bedeutendsten Sanierungsinstrument entwickelt. Er bringt dem Schuldner nach vollständiger Erfüllung Schuldenfreiheit und zwar grundsätzlich unter Vermeidung der Verwertung seines Vermögens. Für die Gläubiger liegt der Vorteil eines Sanierungsplans
meist darin, dass sie trotz der eher geringen 20%-igen Mindestquote idR noch immer
mehr erhalten, als bei Verwertung und Verteilung der Konkursmasse.
Der Antrag auf Annahme eines Sanierungsplans kann nur vom Schuldner gestellt werden, der ihn während des gesamten Insolvenzverfahrens bis zur Fassung des Aufhebungsbeschlusses stellen kann. Wird ein entsprechender Antrag bis zur Eröffnungsentscheidung eingebracht, ist das Insolvenzverfahren gem § 167 IO als Sanierungsverfahren zu bezeichnen.
Zwingender Inhalt eines Sanierungsplans ist das Angebot an die Insolvenzgläubiger,
innerhalb von längstens 2 Jahren eine Quote von mindestens 20% zu bezahlen. Eine
allenfalls angebotene höhere Quote ist ebenfalls in der gesetzlich vorgesehenen 2-
41
Jahresfrist zu bezahlen. Natürliche Personen, die kein Unternehmen betreiben, können
eine Zahlungsfrist von bis zu 5 Jahren in Anspruch nehmen. Die Rechte von Ab- und
Aussonderungsgläubigern dürfen durch den Sanierungsplan nicht berührt werden, die
Massegläubiger sind voll zu befriedigen und die Insolvenzgläubiger gleich zu behandeln. Wenn der Sanierungsplanvorschlag diese Mindesterfordernisse nicht erfüllt, ist er
vom Insolvenzgericht zurückzuweisen. Zu beachten sind auch die in § 141 IO genannten Unzulässigkeitsgründe, die an die Person oder das Verhalten des Schuldners bzw
dessen organschaftlichen Vertreters anknüpfen. IdS ist der Antrag etwa unzulässig,
wenn der Schuldner bzw dessen organschaftlicher Vertreter flüchtig ist, nach Eintritt
der Zahlungsunfähigkeit wegen betrügerischer Krida rechtskräftig verurteilt wurde,
kein Vermögensverzeichnis vorgelegt hat, den Sanierungsplan missbräuchlich vorschlägt oder der Sanierungsplan offensichtlich nicht erfüllbar ist.
Die Sanierungsplantagsatzung dient der Abstimmung über den Antrag auf Annahme
eines Sanierungsplans. Die Beschlussfähigkeit setzt die Anwesenheit von zumindest
einem Gläubiger voraus. Für die Annahme eines Sanierungsplans sind zwei Mehrheiten erforderlich:

Kopfmehrheit von mehr als der Hälfte der bei der Tagsatzung anwesenden stimmberechtigten Insolvenzgläubiger

sowie eine Kapitalmehrheit von mehr als der Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der bei der Tagsatzung anwesenden stimmberechtigten Insolvenzgläubiger.
Beide Mehrheiten müssen kumulativ erzielt werden. Die Stimmen naher Angehöriger
(§ 32 IO) werden nur mitgezählt, wenn sie gegen den Ausgleich stimmen. Stimmberechtigt sind die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen im Rahmen der Prüfungstagsatzung festgestellt bzw vorläufig festgestellt wurden.
Der angenommene Sanierungsplan bedarf der gerichtlichen Bestätigung. Diese setzt
voraus, dass die Entlohnung des Insolvenzverwalters und der Gläubigerschutzverbänden sowie alle Masseforderungen bezahlt bzw sichergestellt sind und die im Sanierungsplan vorgesehenen Bedingungen für die Bestätigung erfüllt sind (hierbei ist va an
den Erlag der in der Praxis üblichen Barquote von etwa 5% zu denken). Die gerichtliche Bestätigung ist zwingend zu versagen, wenn der Sanierungsplan den in § 141 IO
42
genannten gesetzlichen Erfordernissen widerspricht, bei wesentlichen Mängeln des
Sanierungsplanverfahrens sowie bei Einräumung von Sondervorteilen an bestimmte
Gläubiger (§ 150a IO). Weiters kann im Rahmen einer Ermessensentscheidung die Bestätigung versagt werden, wenn der Vorschlag den Interessen der Gläubiger zuwiderläuft, in Widerspruch mit den Vermögensverhältnissen des Schuldners steht, oder
wenn die Insolvenzgläubiger weniger als 30 % ihrer Forderungen erhalten und der
Schuldner durch Unredlichkeit, Leichtsinn oder übermäßigen Aufwand den Vermögensverfall veranlasst oder beschleunigt oder er die Insolvenzanmeldung verzögert hat.
Bei Bestätigung des Sanierungsplans ist zugleich auch über die Schlussrechnung des
Masseverwalters abzusprechen. Das Insolvenzverfahren ist mit Eintritt der Rechtskraft
der Bestätigung aufgehoben.
Für die Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kann gem §§ 157 ff IO im Sanierungsplan die Überwachung der Erfüllung desselben durch einen Sachwalter oder
die Übergabe des schuldnerischen Vermögens an einen Sachwalter zur Erfüllung vereinbart werden. In letztem Fall kann der Sachwalter auch mit der Verwertung des
Vermögens beauftragt werden.
Der bestätigte Sanierungsplan führt dazu, dass der Schuldner nur die Sanierungsplanquote zahlen braucht und von seinen restlichen Verbindlichkeiten befreit wird. Der
Schuldner wird auch gegenüber seinem Bürgen und Mitschuldner im Rahmen des
Ausgleichs befreit. Der Bürge muss daher dem Gläubiger voll zahlen und kann vom
Schuldner im Regressweg nur die Ausgleichsquote fordern.
Diese Wirkungen des Sanierungsplans erstrecken sich auf alle Insolvenzgläubiger,
auch wenn sie an der Abstimmung gar nicht teilgenommen oder gegen den Ausgleich
gestimmt haben.
Bei Verzug des Schuldners mit der Erfüllung des Ausgleichs kommt es zum sogenannten quotenmäßigen Wiederaufleben der Forderungen. Ein Verzug ist jedoch erst
dann anzunehmen, wenn der Schuldner eine fällige Quote nicht bezahlt hat, obwohl
ihn der Gläubiger unter Setzung einer mindestens 14-tägigen Nachfrist schriftlich gemahnt hat. Ist der Schuldner eine natürliche Person, die kein Unternehmen betreibt,
und der Sanierungsplan in Raten mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr zu erfüllen, so muss die offene Verbindlichkeit überdies seit sechs Wochen fällig sein. Quo-
43
tenmäßiges Wiederaufleben bedeutet, dass teilweise befriedigte Forderungen nur mit
dem Bruchteil als getilgt anzusehen sind, der dem Verhältnis des bezahlten Betrages
zu der nach dem Sanierungsplan zu bezahlenden Quote entspricht (zB Die Insolvenzforderung beträgt € 100.000,- und die Sanierungsplanquote 20 %. Die Sanierungsplanforderung beträgt sohin € 20.000,-. Hat der Schuldner bloß die Hälfte Sanierungsplanquote, also € 10.000,- bezahlt, lebt die ursprüngliche Forderung zur Hälfte, sohin mit €
50.000,-- wieder auf. Der Schuldner schuldet dann neben den bezahlten €10.000,-noch
weitere € 50.000,-). Die Rechtsfolge des relativen Wiederauflebens kann seit dem
IRÄG 2010 nicht abbedungen werden.
Nach Erfüllung des Sanierungsplans kann der Schuldner die frühzeitige Löschung des
betreffenden Eintrags in der Insolvenzdatei verlangen.
5.3. Sanierungsverfahren
5.3.1. Allgemeines
Als Sanierungsverfahren gem §§ 166ff IO werden jene Verfahren bezeichnet, bei denen der Schuldner zugleich mit dem Insolvenzantrag, spätestens aber bis zur Insolvenzeröffnung einen Sanierungsplan vorlegt und dessen Annahme beantragt. Das Sanierungsverfahren ersetzt seit dem IRÄG 2010 das bisher selten in Anspruch genommene Ausgleichsverfahren.
Die Verfahrensregeln des Sanierungsverfahrens entsprechen im wesentlichen jenen eines Konkursverfahrens, allerdings mit folgenden Besonderheiten:

Die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens kann bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit beantragt werden

Das Gericht hat bereits mit der Eröffnungsentscheidung eine Sanierungsplantagsatzung auf 60 bis 90 Tage nach der Eröffnung anzusetzen

Das Unternehmen darf gem § 168 Abs 2 IO erst verwertet werden, wenn der Sanierungsplanvorschlag nicht innerhalb von 90 Tagen nach der Eröffnung angenommen wird.
5.3.2. Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung
44
Das Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung ist eine besondere Variante des Sanierungsverfahrens, die Schuldnern einen Anreiz zur möglichst rechtzeitigen Eröffnung
eines Insolvenzverfahrens zu bieten soll.
Damit dem Schuldner die Eigenverwaltung verbleibt, bedarf das Verfahren auf
Schuldnerseite besonderer Vorbereitung. Gleichzeitig mit dem Eröffnungsantrag sind
dem Gericht gem § 169 IO folgende Unterlagen vorzulegen:

Ein Sanierungsplan, in dem den Insolvenzgläubigern eine Quote von mindestens
30% zahlbar innerhalb von 2 Jahren angeboten wird.

ein genaues Vermögensverzeichnis (vgl § 100a IO)

Status („aktuelle und vollständige Übersicht über den Vermögens- und Schuldenstand, in der die Bestandteile des Vermögens auszuweisen und zu bewerten und
die Verbindlichkeiten mit dem Rückzahlungsbetrag anzusetzen und aufzugliedern
sind“)

ein Finanzplan für die kommenden 90 Tage, aus dem sich ergibt, wie die für die
Unternehmensfortführung und die Bezahlung der Masseforderungen nötigen Mittel
aufgebracht und verwendet werden sollen

Gläubigerverzeichnis

Jahresabschlüsse der letzten drei Jahre

Angaben zu den im Unternehmen beschäftigten Dienstnehmern und deren im Unternehmen errichteten Organe
Im Insolvenzeröffnungsantrag muss der Schuldner Angaben zu den zur Erfüllung des
Sanierungsplans nötigen Reorganisations- insb Finanzierungsmaßnahmen sowie zur
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Aufbringung der zur Erfüllung des Sanierungsplans notwendigen Mittel machen.
Sämtliche Angaben sind zu belegen.
Die inhaltliche Prüfung der Unterlagen erfolgt durch den Sanierungsverwalter. Dieser
hat spätestens in der Berichtstagsatzung, die 3 Wochen nach Eröffnung des Sanierungsverfahrens stattzufinden hat, über die Einhaltung des Finanzplans, die Aussichten
der Erfüllbarkeit des Sanierungsplans sowie das mögliche Vorliegen von Gründen zur
Entziehung der Eigenverwaltung zu berichten.
Die Eigenverwaltung ist ua zu entziehen, wenn der Sanierungsplan nicht 90 Tagen angenommen wurde. Die Annahme des Sanierungsplans bleibt weiterhin möglich, es ist
jedoch anstelle des Sanierungsverwalters ein Masseverwalter zu bestellen.
Der Umfang der Eigenverwaltung ist nicht unbeschränkt. Bestimmte Rechtshandlungen (§ 172 IO) sind dem Sanierungsverwalter vorbehalten oder bedürfen seiner Genehmigung (§ 171 IO). Der Schuldner hat darüber hinaus alle Rechtshandlungen zu
unterlassen, wenn der Sanierungsverwalter dagegen Einspruch erhebt.
C. Schuldenregulierungsverfahren
1.
Allgemeines
Durch die am 01.01.1995 in Kraft getretene Insolvenzordnungsnovelle 1993 wurden
in der Insolvenzordnung Sonderbestimmungen zur Entschuldung von natürlichen Personen – besser bekannt als sogenannter „Privatkonkurs“ – geschaffen, weil die Schuldenbereinigung für Verbraucher bislang mit erheblichen Hindernissen verbunden war.
Der Gesetzgeber der Novelle 1993 musste sich mit der steigenden Verschuldung der
Privathaushalte auseinandersetzen. Die für eine kollektive Befriedigung der Gläubiger
eines zahlungsunfähigen Schuldners vorgesehenen Insolvenzverfahren, die von der
gleichrangigen Befriedigung aller Gläubiger ausgehen, haben weder den Interessen
des typischen „Verbraucherschuldners“ noch denen der Gläubiger Rechnung getragen.
Aufgrund der Kostenintensität, verursacht vor allem durch die Bestellung eines Insolvenzverwalters, war es einem Schuldner oft nicht möglich, die Voraussetzungen für
eine Insolvenzeröffnung (voraussichtlich hinreichendes Vermögen zur Deckung der
Kosten des Insolvenzverfahrens/bei dessen Fehlen Erlag eines Kostenvorschusses) zu
46
erfüllen. Zumeist war dessen einziges Vermögen, der pfändbare Teil seines laufenden
Einkommens, zum Zeitpunkt der Antragstellung regelmäßig mit Sicherungsrechten
Dritter belastet, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens weiter bestanden haben.
Der Abschluss eines Zwangsausgleichs war daher oft nur mit Unterstützung von Verwandten möglich, weil das Einkommen des Schuldners nicht zur gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger zur Verfügung stand.
Schließlich waren auch die Bestimmungen über die Ausgleichsquote und die Fristen
zu deren Bezahlung zu starr. Selbst wenn dem Schuldner sein laufendes Arbeitseinkommen zur freien Verfügung steht, reichte dieses meist nicht aus, die geforderten
Mindestquoten in der vom Gesetz eingeräumten Frist aufzubringen.
Ist der Abschluss eines Zwangsausgleichs oder Ausgleichs (zB mangels Zustimmung
der Gläubiger) gescheitert, so war eine Verteilung des Schuldnervermögens an die
Gläubiger vorgesehen. Soweit deren Forderungen dadurch nicht befriedigt wurden,
blieben sie weiter aufrecht und die Zinsen liefen weiter. Die Situation des Schuldners
hat sich dadurch jedenfalls verschlechtert (Kosten des Insolvenzverfahrens, weitere
Zinsen). Der Schuldner war nach wie vor Exekutionen ausgesetzt und hat auch noch
die wenigen „Vermögenswerte“, die er besessen hat, verloren. Diese Rechtslage hat
nicht dazu beigetragen, den Schuldner zu motivieren, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Diese Situation war daher auch für die Gläubiger nicht befriedigend.
Daher wurde vom Gesetzgeber bei der Normierung des gerichtlichen Schuldenregulierungsverfahrens davon ausgegangen, dass für gewisse Schuldner eine Zukunftsperspektive eröffnet werden soll.
Durch die Insolvenzordnungsnovelle 1993 wurde es natürlichen Personen durch die
Bestimmung des § 183 IO ermöglicht, auch ohne ein kostendeckendes Vermögen, eine Insolvenzeröffnung zu erreichen, wenn eine Bereinigung der Insolvenzsituation im
Verfahren zu erwarten ist. Als Voraussetzung hierfür muss der Schuldner ein eigenhändig unterschriebenes Vermögensverzeichnis und einen zulässigen Zahlungsplan
vorlegen, seine Annahme beantragen und seine Erfüllung bescheinigen. Er muss überdies bescheinigen, dass seine Einkünfte die Kosten des Verfahrens voraussichtlich decken werden.
Wenn die Insolvenzgläubiger nach Ablauf der Zeit der Abtretungserklärung nicht 10
% ihrer Forderungen erhalten haben, entscheidet das Gericht nach Billigkeit, ob der
47
Schuldner die Restschuldbefreiung erlangt. Wird vom Schuldner der Antrag gestellt,
dann ist ihm nach dem Wortlaut des § 213 Abs 2 IO „insbesondere“ stattzugeben,
wenn die 10 % Quote nur geringfügig oder wegen hoher Verfahrenskosten unterschritten wird.
Kommen diese Billigkeitsvoraussetzungen nicht zum Tragen, kann gemäß § 213 Abs
3 IO das Abschöpfungsverfahren für beendet erklärt werden, die Entscheidung über
die Restschuldbefreiung bis zu drei Jahren ausgesetzt und nach Billigkeit entschieden
werden, inwieweit der Schuldner den sich auf die 10 %ige Quote ergebenden offenen
Forderungsbetrag noch erfüllen muss, damit ihm eine Schuldbefreiung erteilt werden
kann.
Wenn auch diese Billigkeitsgründe nicht greifbar sind, kann das Abschöpfungsverfahren um höchstens drei Jahre verlängert werden. Gründe hierfür werden im Gesetz
nicht genannt. Zusammenfassend haben natürliche Personen daher folgende Entschuldungsmöglichkeiten:
-
Außergerichtlicher Ausgleich
-
Im gerichtlichen Insolvenzverfahren: Sanierungsplan, Zahlungsplan und Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung
2. Anwendungsbereich, zuständiges Gericht
Das Schuldenregulierungsverfahren ist ein Insolvenzverfahren für natürliche Personen, die kein Unternehmen betreiben. Es steht daher als Entschuldungsinstrument jedenfalls auch jenen Schuldnern offen, deren Unternehmen erst im Rahmen des Insolvenzverfahrens geschlossen und verwertet wurden.
Das Bezirksgericht ist sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach
dem gewöhnlichen Aufenthalt des Schuldners. Bei jenen Schuldnern, die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung Unternehmer waren und daher die Insolvenzeröffnung
durch den Gerichtshof erster Instanz (in Wien durch das Handelsgericht Wien) erfolgt
ist, bleibt die Zuständigkeit auch nach Verwertung des Unternehmens bei diesem Gericht.
Wird neben dem Insolvenzverfahren über das Gesellschaftsvermögen auch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Privatvermögen eines persönlich haftenden
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Gesellschafters beantragt, ist für dessen Insolvenzverfahren das Bezirksgericht zuständig, wenn der Betrieb der Gesellschaft beendet ist.
Das Bezirksgericht ist auch zuständig für einen Schuldner, der nur das vertretungsbefugte Organ einer Kapitalgesellschaft ist (Geschäftsführer einer GmbH); auch dann,
wenn er einen Anteil an der Kapitalgesellschaft (GmbH) hält. An der Zuständigkeit des
Bezirksgerichtes ändert auch der Umstand nichts, dass der Schuldner Geschäftsführer
und Mehrheits- oder Alleingesellschafter einer GmbH ist. Auch die Tätigkeit als Liquidator führt nicht dazu, dass der Schuldner selbst das Unternehmen betreibt. Dies
wird damit begründet, dass der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft kein Handelsgewerbe betreibt und daher kein Kaufmann ist bzw nicht er selbst, sondern die Kapitalgesellschaft das Unternehmen betreibt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung
ist jener der Antragstellung.
3. Außergerichtlicher Ausgleich
Die Verpflichtung vorab, einen außergerichtlichen Ausgleichsversuch zu versuchen, ist
nur dann vorgesehen, wenn es an einem kostendeckenden Vermögen fehlt. Von diesem
kann jedoch abgesehen werden, wenn der Ausgleichsversuch von vornherein aussichtslos zu sein scheint. Aussichtslosigkeit liegt daher jedenfalls vor, wenn ein Gläubiger
Sozialversicherungsträger ist, der vermeint, von Gesetzes wegen nicht zustimmen zu
dürfen oder eine große Anzahl von Gläubigern mit verschiedenen Besicherungen besteht.
Im Rahmen eines außergerichtlichen Ausgleichs muss den Gläubigern ein der Vermögens- und Einkommenslage entsprechender, sohin angemessener Zahlungsvorschlag
unterbreitet werden. Dieser soll der Einkommenslage des Schuldners in den folgenden
sieben Jahren – der Dauer des Abschöpfungsverfahrens – und dem Erlös einer vorweggenommenen Verwertung entsprechen. Auch Forderungsstundungen und Vereinbarungen mit einzelnen Gläubigern werden unter der Voraussetzung der Offenlegung der
Verschiedenbehandlung als ausreichend erachtet. Gläubiger, zu deren Gunsten das Arbeitseinkommen verpfändet oder abgetreten ist, werden oft besser behandelt werden
müssen als andere, um deren Zustimmung auf einen Verzicht auf die Geltendmachung
des Aus- oder Absonderungsrechtes zu erreichen.
Zwischen dem Scheitern des außergerichtlichen Ausgleichs und dem anschließenden
Insolvenzverfahren für natürliche Personen muss nach herrschender Rechtsprechung
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ein zeitlicher Konnex (nicht mehr als sechs Monate) bestehen. Der außergerichtliche
Ausgleich muss eine angemessene Überlegungsfrist von sechs Wochen enthalten.
Ein außergerichtlicher Ausgleich ist kein unter § 33 Gebührengesetz fallendes Rechtsgeschäft und daher nicht gebührenpflichtig.
4. Eigenverwaltung – Insolvenzverwalterbestellung
Durch die Insolvenzeröffnung wird das gesamte, der Exekution unterliegende Vermögen, das dem Schuldner gehört und das er während des Insolvenzverfahrens erlangt,
zur Insolvenzmasse. Der unpfändbare Teil des Arbeitseinkommens und die unpfändbaren Fahrnisse fallen nicht in die Insolvenzmasse. Darüber ist der Schuldner auch
während des Insolvenzverfahrens voll verfügungsberechtigt. Wenn das Gericht nichts
anderes anordnet, steht dem Schuldner im Schuldenregulierungsverfahren auch die
Verwaltung der Insolvenzmasse (= Eigenverwaltung) zu.
Wird dem Schuldner die Eigenverwaltung entzogen, so verliert er die Verfügungsmacht über die Insolvenzmasse. In diesem Fall ist ein Insolvenzverwalter zu bestellen,
der alle Rechtshandlungen und Rechtsgeschäfte mit Wirkung für die Masse und für
die Insolvenzgläubiger vornehmen kann.
Die Eigenverwaltung des Schuldners ist schon wegen einer Interessenkollision ausgeschlossen, wenn hinsichtlich eines für einen nahen Angehörigen vor Insolvenzeröffnung begründeten Belastungs- und Veräußerungsverbotes und hinsichtlich eines
Pfandrechts die Anfechtungsfrist des § 28 Z 1 IO noch nicht abgelaufen war. In jedem
Fall ist dem Schuldner die Eigenverwaltung auch dann zu entziehen, wenn er kein genaues Vermögensverzeichnis vorgelegt hat.
Wurde im Schuldenregulierungsverfahren ein Insolvenzverwalter bestellt, so ist dieser
legitimiert, Anfechtungsklagen einzubringen. Bei Eigenverwaltung ist hierzu jeder Insolvenzgläubiger berechtigt.
Bei Eigenverwaltung ist der Schuldner grundsätzlich auch zur Führung von Prozessen
berechtigt. Er bedarf jedoch gemäß § 187 Abs 1 Z 3 IO der Zustimmung des Insolvenzgerichtes. Das Prozessführungsrecht des Schuldners hinsichtlich der pfändbaren
Einkommensteile wird aber dahingehend beschränkt, dass ihm die gerichtliche Geltendmachung seiner Ansprüche zwar möglich ist, er aber im Prozess nicht die Zahlung
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seiner pfändbaren Ansprüche an sich selbst, sondern statt dessen Zahlung an das Insolvenzgericht begehren muss. Der Schuldner ist zur Empfangnahme des pfändbaren
Teiles seines Einkommens nicht berechtigt, er darf darüber auch nicht verfügen. Verfügungen des Schuldners über Gegenstände, die zur Insolvenzmasse gehören, sind daher nur wirksam, wenn das Insolvenzgericht zustimmt.
Nimmt der Schuldner nach Insolvenzeröffnung bei Eigenverwaltung ein Darlehen auf,
so liegt weder eine Insolvenz- noch eine Masseforderung vor, wenn das Insolvenzgericht der Darlehensaufnahme nicht zugestimmt hat oder wenn der Darlehensbetrag
weder ganz noch teilweise der Masse zugekommen ist. Es liegt vielmehr nur eine Forderung aus einer Rechtshandlung des Schuldners vor, die den Gläubigern des Schuldners gegenüber unwirksam ist und aus der er nur persönlich – bei Haftung bloß mit
dem Insolvenzfreien Vermögen – in Anspruch genommen werden kann.
5. Sanierungsplan, Zahlungsplan, Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung
5.1. Sanierungsplan
Im Schuldenregulierungsverfahren bietet nur der Sanierungsplan dem Schuldner die Möglichkeit, die Verwertung seines Vermögens zu verhindern. Hierzu wird auf die obigen Ausführungen verwiesen, die auch im Schuldenregulierungsverfahren gelten. Ergänzend ist
darauf hinzuweisen, dass natürliche Personen, die kein Unternehmen betreiben, die Möglichkeit haben statt der 20 %igen Quote zahlbar in zwei Jahren eine Quote von zumindest
30 % zahlbar in maximal fünf Jahren anzubieten.
5.2. Zahlungsplan, Abschöpfungsverfahren mit Restschuldbefreiung
Der Zahlungsplan ist ein Sanierungsplan ohne zahlenmäßige Mindestquote. Vor Abstimmung über den Antrag auf Annahme des Zahlungsplans muss das Vermögen des Schuldners verwertet sein. Den Verwertungserlös erhalten die Gläubiger zusätzlich zur Zahlungsplanquote. Der Antrag kann im Laufe des Insolvenzverfahrens gestellt werden.
Die Quote muss der Einkommenslage des Schuldners in den folgenden 5 Jahren entsprechen. Die Zahlungsfrist darf 7 Jahre nicht übersteigen. Wenn statt der Quote ein Gesamtausschüttungsbetrag angeboten wird, liegt ein unzulässiger Zahlungsplan vor.
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Auch für den Zahlungsplan ist wie für den Sanierungsplan die voraussichtliche Möglichkeit der Erfüllung Zulässigkeitsvoraussetzung. Der Schuldner muss daher bescheinigen,
dass er den Zahlungsplan erfüllen wird. Zur Beurteilung der Erfüllbarkeit aus dem laufenden Einkommen wird ein Vergleich zwischen den Einnahmen sowie den Ausgaben und
den im Zahlungsplan angebotenen Zahlungen angestellt. Entsprechen daher die im Zahlungsplan angebotenen Leistungen dem pfändbaren Einkommensteil, so muss der Schuldner bescheinigen, dass er mit dem unpfändbaren Einkommensbezug zur Finanzierung des
Lebensunterhalts auskommt. Die Erfüllung des Zahlungsplans wird auch dadurch bescheinigt, dass Erklärungen Dritter vorgelegt werden, die sich verpflichten, den erforderlichen
Betrag zu finanzieren. Gegen die Einhaltung dieser Verpflichtung dürfen keine Bedenken
bestehen (Bankgarantie, Treuhanderlag).
Ein Vergleich der Bestimmungen über den Sanierungsplan mit jenen über den Zahlungsplan lässt erkennen, dass ein Schuldner ohne Vermögen besser den für ihn günstigeren
Zahlungsplan anstreben wird.
Der Zahlungsplan bedarf zur Gültigkeit der gleichen Zustimmungserfordernisse wie der
Sanierungsplan und ebenfalls der gerichtlichen Bestätigung. Die Versagungsgründe entsprechen im Wesentlichen jenen des Sanierungsplanes. Das Insolvenzgericht hat aber bei
der Entscheidung über die Bestätigung des Zahlungsplans die Angemessenheit des von den
Insolvenzgläubigern angenommenen Zahlungsplans iS des § 154 Z 1 IO nicht zu prüfen.
Selbst nach Ablehnung des Zahlungsplans durch die Gläubiger ist der Insolvenz nicht aufzuheben, wenn der Schuldner bescheinigt, dass die Verfahrenskosten voraussichtlich gedeckt sein werden und innerhalb von längstens 2 Jahren eine Verbesserung seiner Einkommenslage zu erwarten ist. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Schuldner derzeit auf Karenz ist oder Präsenz- oder Zivildienst leistet, wenn der Abschluss einer beruflichen (Zusatz-) Ausbildung bevorsteht oder ein arbeitsloser Schuldner die Voraussetzungen
für einen Pensionsbezug erwirbt. Die Fortsetzung des Verfahrens ist von einem Antrag des
Schuldners in der Zahlungsplantagsatzung abhängig.
Ändert sich die Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners ohne dessen Verschulden, sodass er fällige Zahlungsplanraten nicht zahlen kann und daher in Verzug gerät, ist
eine verschlechternde Änderung des Zahlungsplanes gemäß § 198 IO möglich. Der
Schuldner kann binnen 14 Tagen nach Mahnung durch den Gläubiger neuerlich die Abstimmung über einen Zahlungsplan mit geringeren Quoten und die Einleitung eines Abschöpfungsverfahrens beantragen. Die bereits verstrichene Laufzeit des ersten Zahlungs-
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plans wird auf die Laufzeit des zweiten Zahlungsplans oder des Abschöpfungsverfahrens
zur Hälfte angerechnet.
Erfüllt worden ist der Zahlungsplan erst mit fristgerechter Zahlung der letzten im Zahlungsplan festgelegten Rate.
Der Antrag auf Durchführung des Abschöpfungsverfahrens kann im Laufe des Insolvenzverfahrens, jedoch spätestens zugleich mit dem Antrag auf Annahme eines Zahlungsplans
gestellt werden. Inhaltlich hat damit der Schuldner seine Einkommensbezüge für 7 Jahre an
einen vom Gericht zu bestellenden Treuhänder abzutreten.
Ein Antrag auf Einleitung des Abschöpfungsverfahrens ist von Amts wegen nur dann abzuweisen, wenn ein in § 201 IO aufgezähltes Einleitungshindernis vorliegt oder die Kosten
des Abschöpfungsverfahrens durch die dem Treuhänder zukommenden Beträge voraussichtlich nicht gedeckt sind.
Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass der Schuldner einen pfändbaren Bezug hat, weil es
ausreicht, dass der Schuldner aufgrund besonderer Umstände eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation erwartet, sohin in Zukunft voraussichtlich ein höheres Einkommen
beziehen wird.
Die Durchführung des Abschöpfungsverfahrens ist davon abhängig, dass sämtliche andere
Entschuldungsinstrumentarien gescheitert sind.
Wird der Zahlungsplan von den Gläubigern nicht angenommen, so sind, wenn der Schuldner die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens beantragt hat, noch in der gleichen Tagsatzung die Gläubiger zu diesem Antrag zu hören. Die Gläubiger stimmen darüber jedoch
nicht ab.
Sie können nur Einleitungshindernisse wie rechtskräftige Verurteilung des Schuldners wegen betrügerischer Krida, Begünstigung eines Gläubigers, Vollstreckungsvereitelung oder
Abgabe eines falschen Vermögensverzeichnisses geltend machen, die auch zu bescheinigen
sind. Die Einleitungshindernisse des § 201 Abs 1 Z 3 IO sind nur dann erfüllt, wenn der
Schuldner Verbindlichkeiten im Widerspruch zur bisherigen Gestaltung seiner Lebensverhältnisse eingegangen ist, in der Absicht bzw der grob fahrlässigen Unkenntnis, dadurch
die Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu schmälern. Unverhältnismäßig sind Verbindlichkeiten immer dann, wenn der Schuldner Ausgaben macht, die in keinem vernünftigen
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Verhältnis zu seiner Einkommenssituation stehen. Ein weiteres Einleitungshindernis ist es,
wenn der Schuldner während des Insolvenzverfahrens Auskunfts- und Mitwirkungspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt. Von Amts wegen hat das Gericht das Vorliegen von Einleitungshindernissen nicht zu überprüfen.
Das Gericht hat das Abschöpfungsverfahren für beendet zu erklären und dem Schuldner die
Restschuldbefreiung zu gewähren, wenn drei Jahre der Laufzeit der Abtretungserklärung
verstrichen sind und die Insolvenzgläubiger während des Insolvenz- und Abschöpfungsverfahrens zumindest 50% der Forderungen erhalten haben oder die Laufzeit der Abtretungserklärung abgelaufen ist und die Insolvenzgläubiger während des Insolvenz- und Abschöpfungsverfahrens zumindest 10% der Forderungen erhalten haben.
Ist die 10%-Quote bei Ablauf von 7 Jahren nicht erreicht worden, dann hat das Gericht auf
Antrag des Schuldners nach Billigkeit zu entscheiden, ob das Abschöpfungsverfahren beendet und der Schuldner von den im Verfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber
den Insolvenzgläubigern befreit ist. Dies kann insbesondere ausgesprochen werden, wenn
die Insolvenzgläubiger während des Insolvenz- und Abschöpfungsverfahrens nur geringfügig weniger als 10% der Forderungen erhalten haben oder die Quote wegen hoher Verfahrenskosten unterschritten wurde.
Wenn eine Restschuldbefreiung danach jedoch nicht der Billigkeit entspricht, kann das
Gericht das Abschöpfungsverfahren für beendet erklären, die Entscheidung über die Restschuldbefreiung bis zu 3 Jahren aussetzen und festlegen, inwieweit der Schuldner den sich
auf die 10%-Quote ergebenden offenen Forderungsbetrag einzelner oder aller Verbindlichkeiten noch erfüllen muss, damit die Restschuldbefreiung erteilt werden kann. Bei der Entscheidung ist insbesondere zu berücksichtigen, ob

der Insolvenzgläubiger vom Schuldner vor Insolvenzeröffnung oder von einem
Mitschuldner oder Bürgen bereits einen Teil seiner Forderungen erhalten hat

die Zahlungen die Höhe des Kapitals ohne Zinsen- und Kosten erreichen

die der Insolvenzforderung zugrundeliegende Leistung keinen Vermögensvorteil
für den Schuldner oder die von ihm als Organ vertretene Gesellschaft brachten
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
der Insolvenzgläubiger bei Einräumung des Kredites und Abschluss des Abzahlungsgeschäftes wusste oder wissen musste, dass der Schuldner die Forderung bei
Fälligkeit nicht zahlen kann.
Wenn eine derartige Billigkeitsentscheidung nicht getroffen werden kann, kann das Gericht
das Abschöpfungsverfahren um höchstens 3 Jahre verlängern.
Es ist kein Billigkeitsgrund, wenn es dem Schuldner trotz Anspannung seiner Kräfte nicht
möglich war, die Mindestquote auch nur annähernd zu erreichen. Liegen Billigkeitsgründe,
die den Schuldner von der weiteren Erfüllung der Forderungen befreien, bezüglich aller
Forderungen vor, so ist dies schon im Rahmen der Entscheidung nach § 213 Abs 2 IO zu
berücksichtigen, weil sich dann eine Aussetzung der Entscheidung nach § 213 Abs 3 IO
mangels verbleibender, vom Schuldner noch bis zum Erreichen der Mindestquote zu erfüllender Forderungen erübrigen würde.
Die Restschuldbefreiung befreit den Schuldner von sämtlichen noch offenen Verbindlichkeiten gegenüber seinen Insolvenzgläubigern. Ausgenommen von der Restschuldbefreiung
sind jedoch Verbindlichkeiten aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen, vorsätzlich strafgesetzwidrigen Unterlassungen und solchen, die nur aus Verschulden des
Schuldners unberücksichtigt geblieben sind.
Auf Antrag eines Insolvenzgläubigers hat das Gericht die Erteilung der Restschuldbefreiung zu widerrufen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass der Schuldner eine seiner Obliegenheiten vorsätzlich verletzt und dadurch die Befriedigung der Insolvenzgläubiger erheblich beeinträchtigt hat. Dieser nachträgliche Widerruf der Restschuldbefreiung ist jedoch nur innerhalb von 2 Jahren nach Eintritt der Rechtskraftentscheidung über die Restschuldbefreiung möglich.
Die Exekutionssperre für die Insolvenzgläubiger dauert während des Abschöpfungsverfahrens weiter an. Wird die Entscheidung über die Restschuldbefreiung nach § 213 Abs 3 IO
ausgesetzt, sind Exekutionen nur zur Hereinbringung der in der Billigkeitsentscheidung
aufgetragenen Leistungen zulässig.
Die Verteilung der den Gläubigern im Rahmen des Abschöpfungsverfahrens zukommenden Beträge nimmt der Treuhänder vor. Die Masseforderungen, die gleichrangig zu berücksichtigen sind, und die Kosten des Abschöpfungsverfahrens sind vor den Forderungen
der Insolvenzgläubiger zu befriedigen.
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6. Berücksichtigung nicht angemeldeter Forderungen
Beim Sanierungsplan hat ein Insolvenzgläubiger, der seine Forderung nicht angemeldet
hat, auch Anspruch auf die Sanierungsplanquote.
Im Zahlungsplanverfahren wird eine Forderung eines Gläubigers, der diese zum Zeitpunkt
der Abstimmung über den Zahlungsplan nicht angemeldet hat, gemäß § 197 IO unter Umständen weiter gekürzt. Der Gläubiger hat auf die Quote nur Anspruch, wenn dies der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht. Dies wird meist nur bei einer
von vornherein nicht erwarteten Verbesserung der Einkommenssituation gegeben sein.
Gläubiger, deren Forderungen nur aus Verschulden des Schuldners unberücksichtigt
geblieben sind, weil der Schuldner sie zB im Verzeichnis seiner Verbindlichkeiten nicht
angegeben hat, obwohl er sie kannte, können nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens wie
im Sanierungsplanverfahren gemäß § 156 Abs 6 IO die Bezahlung ihrer Forderungen im
gesamten Betrag vom Schuldner verlangen.
Ob die zu zahlende Quote der nachträglichen Forderung der Einkommens- und Vermögenslage des Schuldners entspricht hat das Insolvenzgericht auf Antrag vorläufig zu entscheiden. Ein Insolvenzgläubiger, der seine Forderung nicht angemeldet hat, kann nur dann
Exekution führen, als ein solcher Beschluss des Insolvenzgerichts ergangen ist.
Im Abschöpfungsverfahren sind Forderungen von Insolvenzgläubigern, die diese im Insolvenzverfahren nicht angemeldet haben, bei den Verteilungen nur dann zu berücksichtigen,
wenn die Forderungen feststehen und die Insolvenzgläubiger dies dem Treuhänder angezeigt haben.
D. Reorganisationsverfahren:
Das Reorganisationsverfahren ist systematisch gesehen der Nachfolger des Vorverfahrens,
welches sich in der Praxis nicht durchsetzen konnte. Die einschlägigen Bestimmungen der
AO wurden deshalb mit dem IRÄG 1997 außer Kraft gesetzt. Neu eingeführt wurden die
Bestimmungen des Unternehmensreorganisationsgesetzes (URG).
Auch das Reorganisationsverfahren leidet unter Anlaufschwierigkeiten, weshalb in der
Folge vor allem die Ziele und Möglichkeiten dieser Verfahrensart näher dargestellt werden.
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Das Verfahren ist auf die Reorganisation eines Unternehmens ausgerichtet, nicht aber auf
die Gewährung eines Schuldnachlasses durch die Gläubiger. Die Einleitung des Verfahrens
erfolgt ausschließlich auf Antrag des Unternehmens selbst und ist grundsätzlich nicht verpflichtend (Kann-Bestimmung). Voraussetzung und daher im einleitenden Antrag auch zu
behaupten ist, dass das Unternehmen der Reorganisation bedarf, jedoch keine Insolvenz
vorliegt.
Die Reorganisation selbst wird vom Gesetzgeber als eine nach betriebswirtschaftlichen
Grundsätzen durchgeführte Maßnahme zur Verbesserung der Vermögens-, Finanz- und
Ertragslage eines im Bestand gefährdeten Unternehmens definiert. Sie soll die nachhaltige
Weiterführung des Unternehmens ermöglichen.
Im Unterschied zu den übrigen Insolvenzverfahren wird zur Vermeidung negativer Publizitätswirkung die Einleitung des Verfahrens nicht öffentlich bekanntgemacht. Der Unternehmer hat jedoch die Möglichkeit, die Mitwirkung der bevorrechteten Gläubigerschutzverbände in Anspruch zu nehmen. Der Verfahrensablauf ist so gestaltet, dass der Unternehmer entweder bereits mit dem Antrag oder binnen einer vom Gericht aufzutragenden
60-Tage-Frist einen Reorganisationsplan vorlegt, dessen Zweckmäßigkeit und Erfolgsaussichten von einem gerichtlich zu bestellenden Reorganisationsprüfer zu begutachten sind.
Auf eine positive Begutachtung folgt die Aufhebung des Verfahrens. Hingegen wird das
Verfahren eingestellt, wenn der Unternehmer insolvent wird, einen Reorganisationsplan
nicht rechtzeitig vorlegt, den Kostenvorschuss nicht zeitgerecht erlegt, Mitwirkungspflichten verletzt oder wenn die Begutachtung durch den Reorganisationsprüfer zu einem negativen Ergebnis gelangt.
Für die Zeit nach Aufhebung des Reorganisationsverfahrens sieht das Gesetz zwei Varianten vor. Entweder berichtet der Unternehmer selbst halbjährlich sämtlichen in den Reorganisationsplan einbezogenen Personen über die Lage des Unternehmens und den Stand der
Maßnahmen oder er unterwirft sich der Überwachung durch den Reorganisationsprüfer,
den diesfalls die Berichtspflicht trifft. Der Reorganisationsprüfer hat dann auch zu beobachten, ob ein Insolvenztatbestand eintritt.
Das Reorganisationsverfahren entfaltet folgende Wirkungen:
-
Die Anfechtungsfristen für ein möglicherweise nachfolgendes Insolvenzverfahren
werden um die Dauer des Reorganisationsverfahrens verlängert, wenn es während
der Anfechtungsfrist eingestellt wird.
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-
Eine der wichtigsten Wirkungen des Verfahrens liegt darin, dass sogenannte
Überbrückungsmaßnahmen, denen der Reorganisationsprüfer zugestimmt hat, und
Reorganisationsmaßnahmen nur unter besonderen Voraussetzungen der Anfechtung im Sinne der §§ 28, 30 und 31 IO unterliegen. Hier ist insbesondere an Kreditwährungen zu denken, mit denen entweder eine Zahlungsstockung überbrückt
oder eine Reorganisationsmaßnahme finanziert werden soll. Man ist daher davon
ausgegangen, dass insbesondere die jeweilige Hausbank, die in einer kritischen
Phase neuen Kredit gewähren soll, zur Vermeidung von Anfechtungsfolgen auf
die Durchführung eines Reorganisationsverfahrens drängen wird. Diese Erwartung hat sich jedoch bis dato nicht bestätigt.
-
Eine weitere wesentliche Wirkung des Reorganisationsverfahrens liegt darin, dass
Reorganisationsmaßnahmen nicht den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts unterliegen. Hier ist etwa an Gewährung von Darlehen durch Gesellschafter zu denken.
Mit der Erwähnung des Eigenkapitalersatzrechtes in § 21 URG hat dieses Rechtsinstitut erstmals Erwähnung und damit Anerkennung durch den Gesetzgeber gefunden.
-
Wenngleich § 1 URG die Einleitung eines Reorganisationsverfahrens lediglich fakultativ vorsieht, so wird doch über den Umweg der Haftung der Organmitglieder
von juristischen Personen eine Verpflichtung zur Verfahrenseinleitung über größere Unternehmen normiert. Wird nämlich über das Vermögen einer iSd § 221
UGB prüfpflichtigen juristischen Person ein Insolvenzverfahren eröffnet, so haften die Organmitglieder jeweils bis zu einem Betrag von S 1 Mio. für die durch
die Insolvenzmasse nicht gedeckten Verbindlichkeiten, wenn sie trotz des Vorliegens bestimmter Kriterien im Zeitraum von zwei Jahren vor einem Insolvenzoder Ausgleichsantrag kein Reorganisationsverfahren beantragt haben. Diese Kriterien liegen in einem Sinken der Eigenmittelquote unter 8 % bei Vorliegen einer
fiktiven Schuldentilgungsdauer von mehr als 15 Jahren sowie im Unterlassen Aufstellung eines Jahresabschlusses bzw. der rechtzeitigen Beauftragung eines Abschlussprüfers.
Haftungsvermeidend wirkt die Einholung eines Gutachtens eines Wirtschaftstreuhänders, mit dem das Vorliegen eines Reorganisationsbedarfes verneint wird.
Die praktischen Auswirkungen der Bestimmungen des URG haben sich bis jetzt
auf das Vorliegen zahlreicher solcher Gutachten iSd § 26 URG beschränkt. Ob in
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Zukunft auch andere Bestimmungen des URG zur Anwendung kommen werden,
bleibt abzuwarten.
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