Retten statt Ruinieren? - Rechtsanwaltskanzlei LIKAR
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Retten statt Ruinieren? - Rechtsanwaltskanzlei LIKAR
R e c h t s a n w a l t s k a n z l e i LI K A R G m b H , FN 318414g Pestalozzistraße 1/II/12, A-8010 Graz Tel. +43 (0) 316 823 723 [email protected] Fax +43 (0) 316 823 723 - 13 www.anwaltskanzlei-likar.at INSOLVEN ZRECHTSÄNDERUNGSGESET Z 2010 Retten statt Ruinieren? Das neue Insolvenzrechtsänderungsgesetz (IRÄG 2010) ging am 20.08.2009 in Begutachtung, wurde am 21.04.2010 vom Plenum des Nationalrats beschlossen und tritt am 01.07.2010 in Kraft. Kernpunkt der Reform ist der neu geschaffene Sanierungsplan. Des Weiteren soll mit dem IRÄG 2009 ein einheitliches Insolvenzverfahren mit einheitlichen Verfahrensregelungen geschaffen werden. Das Insolvenzverfahren ist entweder als Konkursverfahren oder – im Fall der Vorlage eines Sanierungsplans noch vor Eröffnung – als Sanierungsverfahren zu bezeichnen. Wird im Sanierungsplan eine Quote von zumindest 30 % angeboten und ist das Verfahren qualifiziert vorbereitet, soll der Schuldner die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Sanierungsverwalters erhalten. 1. Inhalt und Ziele: Das auf Sanierung ausgerichtete Ausgleichverfahren wird laut statistischen Erhebungen in der Praxis kaum genützt. Sanierungen kommen stattdessen häufig nur mit Hilfe des Zwangsausgleichs im Rahmen des Konkursverfahrens zustande. Bei Eröffnung eines Konkursverfahrens wird aber von Seiten der Schuldner eine Stigmatisierung befürchtet. Deshalb stellen Schuldner Konkurseröffnungsanträge häufig zu spät, wodurch die Sanierung erschwert wird. Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise werden Sanierungen nunmehr erleichtert. Anstelle der Unterteilung Insolvenzverfahren, in Konkurs- welches bei und Ausgleichsverfahren rechtzeitiger Vorlage eines tritt ein einheitliches Sanierungsplanes als Sanierungsverfahren, ansonsten als Konkursverfahren zu bezeichnen ist. Damit sollen die Schuldner zu einer früheren Antragstellung motiviert werden. Um die Sanierung im Insolvenzverfahren zu fördern, soll dem Schuldner für einen beschränkten Zeitraum der Spielraum zur Vorbereitung der notwendigen Maßnahmen gegeben werden: So ist die Auflösung von Verträgen durch Vertragspartner des Schuldners nur in Ausnahmefällen mehr möglich und der Zugriff der gesicherten Gläubiger weiter aufgeschoben. UID-Nummer ATU64482508, P-Code: P630339, DVR-Nummer 3000005 Firmenbuchgericht: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz Landes-Hypothekenbank Steiermark AG, BLZ 56000, Kto.Nr. 20101000061 -2- Der Zwangsausgleich wird ab 01.07.2010 als Sanierungsplan bezeichnet werden. Die Anforderungen an den Sanierungsplan werden im Wesentlichen beibehalten. Gegenüber dem Zwangsausgleich ist der Sanierungsplan vor allem in drei wesentlichen Punkten verbessert: Die Annahme eines Sanierungsplans wird dadurch erleichtert, dass die Kapitalquote von derzeit 3/4 auf die einfache Mehrheit (Kopfmehrheit der erschienenen Gläubiger) reduziert wird. Es wird daher ausreichen, wenn die Gesamtsumme der Forderungen der zustimmenden Konkursgläubiger mehr als die Hälfte der Gesamtsumme der Forderungen der anwesenden Konkursgläubiger beträgt. Weiters ist ein sogenanntes absolutes Wiederaufleben nicht mehr zulässig. Überdies wird nach vollständiger Erfüllung des Sanierungsplans dem Schuldner die Möglichkeit gegeben, eine Löschung aus der Insolvenzdatei zu erwirken, um im Geschäftsverkehr nicht mehr durch Bekanntmachung eines früheren Insolvenzverfahrens beeinträchtigt zu sein. 2. Verträge bei Konkurseröffnung: Die Fortführung und damit die Sanierung des Unternehmens kann derzeit auch am Verhalten von Vertragspartnern des Unternehmens scheitern, insbesondere wenn die Vertragspartner Verträge über wiederkehrende Leistungen kündigen, was derzeit aus Anlass der Konkurseröffnung zulässig ist. Es wird daher das ordentliche Kündigungsrecht und das Rücktrittsrecht des Vertragspartners wegen Verzugs des Schuldners vor Verfahrenseröffnung ausgeschlossen. Durch diese Maßnahmen soll die Fortführung des Unternehmens im Insolvenzverfahren erleichtert werden. 3. Gesicherte Gläubiger: Absonderungsrechte werden durch die Konkurseröffnung nicht berührt. Die Absonderungsgläubiger können versuchen, ihre Ansprüche durch Verwertung des Absonderungsguts auch während des Konkursverfahrens geltend zu machen. Eine Ausnahme ist schon derzeit in § 11 KO für eine Frist von 90 Tagen ab Konkurseröffnung vorgesehen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Erfüllung des Absonderungsanspruchs die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte. Die Praxis zeigt, dass diese Frist zu kurz ist, weil die Berichtstagsatzung in der die Weichenstellung über das weitere Schicksal des Unternehmens getroffen werden soll, spätestens nach 90 Tagen stattzufinden hat und hierauf dem -3- Unternehmer jedoch noch weitere 90 Tage zur Verfügung stehen, um im Rahmen des Verfahrens einen Zwangsausgleich zu erreichen. Es wird daher diese Frist von 90 Tagen verdoppelt. 4. Verwertung: Der Absonderungsgläubiger kann auch die seit der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens laufenden Zinsen begehren. Es wird in § 48 Abs 1 IO aber eine Einschränkung der Zinsen auf die bei vertragsgemäßer Zahlung vereinbarte Höhe vorgesehen. Diese Beschränkung der Zinsen gilt während des Insolvenzverfahrens, höchstens aber sechs Monate. Außerdem fällt die Beschränkung weg, wenn das Insolvenzverfahren mangels kostendeckenden Vermögens nach § 123a IO aufgehoben wird. Ist der Absonderungsgläubiger zugleich Insolvenzgläubiger und sind die (weiteren) Zinsen nicht mehr gedeckt, so wirkt sich dies nicht mehr auf den Teilnahmeanspruch des Absonderungsgläubigers an der allgemeinen Masse aus (s § 132 Abs 6 IO). Das bedeutet, dass durch den Zinsenlauf (und Kosten) kein Ausfall entstehen kann, wenn der Absonderungsgläubiger bei Eröffnung voll besichert ist; ein zu diesem Zeitpunkt bereits bestehender Ausfall kann sich nicht mehr vergrößern. Um die Insolvenzmasse und damit den zu verteilenden Betrag zu vergrößern, wird vorgesehen, dass gem § 12d IO die Zwangsverwaltung mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt. Eine Sanierung des Unternehmens kann auch durch dessen Übertragung auf einen Dritten geschehen. Um das Unternehmen nicht zu einem unangemessen niedrigen Preis verkaufen zu müssen, kann in Zukunft das Unternehmen vom Masseverwalter nicht nur ein Jahr, verlängerbar um ein weiteres Jahr, fortgeführt werden, sondern kann nach § 115 Abs 4 IO die Jahresfrist auch mehrmals, jedoch höchstens insgesamt um zwei Jahre, erstreckt werden. Voraussetzung hiefür ist wie derzeit, dass die Schließung dem gemeinsamen Interesse der Gläubiger widerspricht oder andere gleich wichtige Gründe vorliegen. 5. Sanierungsplan: Ein notwendiges Element des Sanierungsverfahrens ist der Sanierungsplan, der jedoch auch im Konkursverfahren dem Schuldner zur Verfügung steht. Er entspricht im Wesentlichen dem alten Zwangsausgleich. -4- • Abstimmung: Die Annahme eines Sanierungsplans wird dadurch erleichtert, dass die Kapitalmehrheit von derzeit drei Viertel auf die einfache Mehrheit der bei der Tagsatzung anwesenden Insolvenzgläubiger, die schon derzeit bei der Kopfmehrheit maßgebend ist, reduziert wird (§ 147 Abs 1 IO). • Ist eine Forderung strittig oder durch ein Absonderungsrecht gesichert, so ist eine Entscheidung über das Stimmrecht nicht immer zu treffen, sondern nur, wenn dies aufgrund des Abstimmungsergebnisses von Bedeutung ist (§ 93 Abs 3 und 4 IO). • Einem Absonderungsgläubiger, der zugleich Insolvenzgläubiger ist, steht ein Stimmrecht als Insolvenzgläubiger überhaupt nur dann zu, soweit er dies begehrt (§ 93 Abs 2 IO). • Wirkungen: Bei Bestätigung des Sanierungsplans ist die gesicherte Forderung mit dem Wert der Sache begrenzt, an der das Absonderungsrecht besteht (§ 149 Abs 1 IO). Der Absonderungsgläubiger hat im Fall des Sanierungsplans somit das Absonderungsgut freizugeben, wenn die gesicherte Forderung mit einem Betrag in der Höhe des Werts des Absonderungsguts beglichen wird. Ein neuerliches Ansteigen der gesicherten Forderung durch das Anfallen von Zinsen bei verspäteter Zahlung (ausgehend vom bereinigten, mit dem Wert des Absonderungsguts begrenzten Stand) wird dadurch nicht gehindert. • Das so genannte absolute Wiederaufleben kann nur mehr ausnahmsweise vereinbart werden, uzw wenn bereits in den letzten fünf Jahren vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Sanierungsplan abgeschlossen worden ist. • Erfüllung: § 66 AO über die vorläufige Feststellung bestrittener oder des Ausfalls der durch ein Absonderungsrecht teilweise gesicherter Forderungen zur Verhinderung des Verzugs wird als § 156b IO übernommen. Gegen diese vorläufige Entscheidung ist in Zukunft kein Rekurs zulässig. Um Verzug bei einer strittigen Forderung zu verhindern, reicht es aus, wenn die Forderung mit dem festgesetzten Betrag sichergestellt wird, Zahlung ist nicht mehr geboten. • Nach vollständiger Erfüllung des Sanierungsplans wird dem Schuldner ermöglicht, eine Löschung aus der Insolvenzdatei und dem Firmenbuch zu erwirken (§ 256 Abs 3 -5- IO), um auch im Geschäftsverkehr nicht mehr durch Bekanntmachung eines früheren Insolvenzverfahrens behindert zu sein. • Im Treuhändersanierungsplan kann nach § 157i Abs 1 IO vorgesehen werden, dass der Treuhänder bestimmt zu bezeichnende Ansprüche geltend zu machen hat, aus deren Beträgen die Insolvenzgläubiger zu befriedigen sind; insb die Hereinbringung offener Forderungen und Anfechtungsansprüche. 6. Sonstige Änderungen Neben diesen grundsätzlichen Änderungen gibt es noch zahlreiche Einzeländerungen. Zu erwähnen sind: • Dem Insolvenzverwalter gebührt der Entlohnungsbaustein für die Fortführung ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wenn er einen Kostenvoranschlag innerhalb eines Monats ab Eröffnung vorlegt (§ 82 Abs 3 IO); • die Rekursentscheidung ist bekannt zu machen, wenn auch die erstgerichtliche Entscheidung bekannt zu machen war und nicht zur Gänze bestätigt worden ist (§ 260 Abs 5 IO); • ein Gläubigerschutzverband kann sich auf die ihm erteilte Vollmacht berufen und muss sie nicht vorlegen (§ 253 Abs 3 IO). Das IRÄG 2010 bringt eine umfassende Reform des Unternehmensinsolvenzrechts, bei der die Sanierung im Vordergrund steht. Sie ist grundsätzlich auf neu eröffnete Verfahren anzuwenden. Ausnahmen hievon gibt es va für die Änderungen beim Zwangsausgleich/Sanierungsplan, wo es nach § 273 Abs 5 IO auf das Einlangen des Sanierungsplanantrags bei Gericht ankommt. Die neuen Mehrheitserfordernisse gelten bereits dann, wenn die Tagsatzung nach dem 30. 6. 2010 stattfindet. Mit dem IRÄG 2010 wird ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen. Die größte Bedeutung in der Praxis werden aber die neu geschaffenen Auflösungsverbote für Verträge haben.