Casteller Weinspaziergänge in „das deutsche weinmagazin“

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Casteller Weinspaziergänge in „das deutsche weinmagazin“
Weintourismus
Weinerlebnis
Neue Weinwege
Speisen bei der Siefersheimer Bänkelchesroute. Der Termin mitten in der Weinlese wurde
gewählt, „damit die Besucher die Trauben und
den Wein probieren können“, so Christine
Moebus. Die Großveranstaltung sorgt nicht
nur für einen gewissen Weinabsatz (Weinpakete, die auf Interesse stoßen, können bei der
Abreise am Dorfmittelpunkt direkt eingeladen
werden), sondern auch für eine Berichterstattung in den Medien. Seit geraumer Zeit bemüht man sich nun, die Siefersheimer Bänkelchesroute als Premiumwanderweg zertifizieren zu lassen. Dafür muss die naturbelassene Strecke unter anderem auf über zehn
Kilometer verlängert werden.
D
ie neuen Weinwege bieten viel mehr als
die althergebrachten Weinlehrpfade. Sie
verfolgen ein breiter angelegtes Konzept, erfordern meist bauliche Maßnahmen und folglich Gelder in gewöhnlich fünfstelliger Höhe
sowie viele ehrenamtliche Arbeitsstunden.
Nur einen kleinen Teil der (echten) Kosten
decken Fördergelder ab und eine aktive Organisation vor Ort, beispielsweise eine Quali­
tätsweinbauvereinigung, scheint unverzichtbar. Hier sind neun Beispiele, wie solche dem
Wein­tourismus förderlichen Projekte an verschiedenen Orten umgesetzt wurden.
Siefersheimer Bänkelchesroute
15 Bänke laden auf der acht Kilometer langen
„Siefersheimer Bänkelchesroute“ zur Rast ein.
Bei der Wanderung durch Weinberge und
Kultur in der Rheinhessischen Schweiz sollen
sich die Gäste Zeit nehmen, für ein Picknick
oder ein Glas Wein, so die Mitinitiatorin der
Route, Christine Moebus. Sie ist nicht nur
Kräuterführerin, sondern auch Winzermeis­
terin und bewirtschaftet mit ihrem Mann Michael ein Acht-Hektar-Weingut und eine
Straußwirtschaft mit Kreuzgewölbe. Ganz­
jährig bietet sie mit zwei Kolleginnen Kräuter26
das deutsche weinmagazin • 3/2. Februar 2013
und Kulturwanderungen an (www.kraeuterhexen.de). Gezeigt werden Wildkräuter, Bauwerke (zum Beispiel der Ajaxturm und ein
keltischer Ringwall) und beeindruckende
Landschaften (etwa Trockenrasen und Brandungsküste). Im Katalog Weinerlebnis Rheinhessen 2013 ist dieses Angebot für 200 € von
Gruppen buchbar.
Auch andere Winzer bieten Führungen auf
dem Weg an oder empfehlen ihren ortsfremden Übernachtungsgästen – es gibt rund
50 Gästebetten am Ort – den ausgeschilderten
Rundwanderweg. Beliebt ist die attraktive
Route auch bei Hochzeitsgesellschaften. So
wird sie „das ganze Jahr über stark genutzt.“
„Wir haben die Route eingerichtet, weil wir
auf ihr die Schönheiten der Rheinhessischen
Schweiz zeigen können“, sagt Christine Moebus. Zahlreiche Gespräche waren bis zur Rea­
lisierung notwendig. Die Kommune hat einen
Teil der Kosten, zum Beispiel für die Beschilderung, mitgetragen. Start und Ziel des 2005
angelegten Rundwanderweges ist die Ortsmitte von Siefersheim (www.siefersheim.de).
Am letzten Septembersonntag verwöhnen
von 10 bis 18 Uhr etwa acht Siefersheimer
Winzer über 1 000 Besucher mit Weinen und
Geo-ökologischer Lehrpfad, Iphofen
Im Rahmen des Konzeptes „terroir f – die magischen Orte des fränkischen Weines“ sollen
die bedeutendsten Orte im Weinland Franken
mit Themenpunkten rund um den Wein markiert werden. Am Schwanberg bei Iphofen
wurde nun der alte Aussichtsturm am JuliusEchter-Berg zur ersten Landmarke der Premiumweinlagen in Franken umgebaut. Folgen
sollen in diesem Jahr unter anderem die
Volkacher Mainschleife und der Würzburger
Stein. In Iphofen (www.iphofen.de) steht thematisch der weltweite Weinanbau im Fokus
des Informations- und Aussichtspunktes.
Bereits vor bald zehn Jahren entstand in
Iphofen die Idee eines „geo-ökologischen
Lehrpfades“. Für die Realisierung – Eröffnung
war im Mai 2005 – arbeiteten Tourismusbüro
und Forstverwaltung, Landschaftspflegeverband, Naturschutzbehörde und die Bayeri­
sche Landesanstalt für Weinbau zusammen.
Es mussten Informationen recherchiert, aufbereitet und visualisiert sowie passende
Standorte für die einzelnen Themen gefunden
werden. Der 1,4 Kilometer lange, befestigte
Fotoquelle: C. Moebus
Weinlehrpfade gibt es seit einem halben Jahrhundert. Sie sind meist
wenig spektakulär und teilweise in die Jahre gekommen. Neue Wein­
erlebniswege, oftmals mit einem Erlebnisangebot für die ganze
Familie, verbinden den Wein mit anderen Natur- und Kulturgütern,
beispielsweise mit Wildkräutern und Wald, mit Kunstwerken, historischen Gebäuden oder dem Terroir. Die Winzer nutzen sie für Führungen und weinkulinarische Veranstaltungen. Thomas Köhr hat sich
in den Weinregionen umgeschaut und zeigt hier einige Beispiele.
Foto: BREVA e.V.
Der BREVA-Weg führt
durch die Steillage
Valwiger Herrenberg
und bietet imposante
Blicke ins Moseltal.
Die Siefersheimer Bänkelchesroute in der
Rheinhessischen Schweiz führt zu jeder Jahreszeit durch beeindruckende Landschaften.
Weintourismus
Flurbereinigungsweg zwischen Wald und
Weinberg bietet schöne Ausblicke auf das
Weinland und 14 unterhaltsame und lehrreiche Infotafeln, zu Wein und Wald, zur Geo­
logie des Berges (Gipsabbau), zu Flora und
Fauna und zu anderem. Die Stelen sollen sich
nach Darstellung der Macher „als harmonische Landschaftsmöblierung“ präsentieren.
Der geo-ökologische Lehrpfad ist an weitere
Wanderwege, zum Beispiel den Steigerwald
Weinwanderweg angeschlossen, zur Touris­
teninformation wurde ein Flyer aufgelegt.
Claudia Bellanti, Leiterin der Touristinfo
Iphofen: „Der Lehrpfad unterscheidet sich
insofern von traditionellen Weinlehrpfaden,
dass er nicht nur Lagen und Rebsorten erklärt,
sondern auch den Lebensraum links und
rechts der Weinberge….“ Die Realisierung
wurde mit Mitteln des Naturparks Steigerwald
gefördert. Auch der örtliche Heimat- und
Fremdenverkehrsverein trug einen Teil der
Kosten. Diese beliefen sich auf etwa 45 000 €,
im Wesentlichen für Konzept, Graphik, Stelen,
Tafeln, Betonfundamente und Arbeitsstunden
für Montage. Die Unterhaltskosten trägt die
Stadt Iphofen, Förster und Bauhof werden
eingesetzt. Die Gästeführer Weinerlebnis
Franken nutzen den Weg und auch Weingüter
laden ihre Kunden dorthin ein. „Die Resonanz
ist durchweg positiv“, so Claudia Bellanti.
Es gab Presseartikel und Radioberichte zur
Eröffnung und der Lehrpfad wurde als Tipp in
einigen Reiseführern aufgenommen. Auch bei
Pressereisen für Reisejournalisten steht der
Weg immer mal wieder auf dem Besuchsprogramm. Die Leiterin des Tourismusbüros fügt
hinzu: „Unsere touristischen Leistungsträger
nehmen gerne jede Erweiterung unserer
weintouristischen Infrastruktur an und die
Gäste freuen sich über alles, was die Landschaft erklärt und erlebbar macht“. Es sei für
eine Weinbaukommune ungemein wichtig,
immer wieder im Ort und in der Landschaft
sichtbar zu machen, dass es Weinanbau und
Weintourismus gibt. Etwa durch die Beschilde­
rung von historischen Gebäuden, Wegweiser
zu Winzern und Wirten oder eben durch Lehrpfade. Man könne sich zwar in anderen Orten
Ideen holen, aber dann gelte es, eine eigene,
authentische und für den Ort glaubwürdige
Lösung zu finden, so Claudia Bellanti.
von Rebsorten zu machen, sondern Wanderer,
Weinfreunde und ganze Familien mit innovativen Ideen, neuen Medien, Kunstwerken und
Ähnlichem an das Thema Wein und Stein
heran­zuführen“. Der Pfad ist ein Kooperationsprojekt der Bergsträßer Winzer eG und des
UNESCO-Geoparks Bergstraße-Odenwald.
Der weitaus größte Teil der Arbeiten wurde
von privaten Sponsoren – derzeit sind es über
100 – ausgeführt oder finanziert. Hauptsponsoren sind die Rebenveredlung Antes, die
Bergsträßer Winzer eG, der UNES­CO-Geo­
park, die Röhrig (Granit) GmbH und die Stadt
Heppenheim. Eine Liste der weiteren Sponsoren findet sich auf der Website. Etwa 20.000
Euro kamen aus öffentlichen Mitteln des Landes Hessen und der Hessenagentur.
„Wenn man die Arbeitsleistungen, Spenden
und Gegenwerte für Fotos und Ähnliches mit
marktüblichen Preisen ansetzt, kommt man
auf den ideellen Gegenwert von über
300 000 Euro“, sagt Antes. Für den Unterhalt
des Erlebnispfades sorgen die oben genannten Haupt­sponsoren. Das „offene Projekt“
wird immer dann weiter ausgebaut, wenn
neue Sponsoren oder Spender gefunden sind.
Ehrenamtliche Führungen auf dem Erlebnispfad finden gut 30-mal im Jahr statt. Gruppen
fragen oft individuelle Termine an, bevorzugt
mit einer Weinprobe entlang der Wanderstrecke. Auch wird der Weg für zahlreiche Veranstaltungen der Bergsträßer Winzer eG genutzt,
etwa bei der Weinlese historischer Rebsorten.
Der Erlebnispfad ist Teilstrecke der jährlich
am 1. Mai stattfindenden Weinlagenwanderung an der Hessischen Bergstraße und wird
allein dadurch von mehr als 20 000 Menschen
besucht. Die Herbstwanderung der Jungwinzer der Bergsträßer Winzer eG am 3. Oktober
lockt ebenfalls mehrere Tausend Besucher an.
Auch dadurch erklärt sich die umfangreiche
Berichterstattung in den Medien.
Erlebnispfad Wein & Stein, Heppenheim
„Typische Weintouristen wollen nicht nur
Verkaufsräume mit Weinregalen sehen, sondern sie möchten Hintergründe erkennen und
eine Beziehung zum Produkt aufbauen… eine
Weinregion lebt daher sehr stark vom ästhetischen Erscheinungsbild ihrer Landschaft“,
sagte Weinbauingenieur Reinhard Antes in
seiner Ansprache zur Eröffnung des Erlebnispfades Wein und Stein im Frühjahr 2007. Der
Rebveredler und Vorstandsvorsitzende der
Bergsträßer Winzer eG ist Initiator des inzwischen vom Deutschen Weininstitut als Höhepunkt der Weinkultur ausgezeichneten Erlebnispfads (www.weinundstein.net) an der
Hessischen Bergstraße. Der sieben Kilometer
lange Weg weist einige Superlative auf, die
hier nicht alle aufgeführt werden können,
beispielsweise 50 Stationen zu Reben und
Geologie, Kunstwerke, Vino-Kino, Aromabar,
Webcams und anderes.
Zwei Jahre Vorlaufzeit, die auf der Website
genau beschrieben sind, benötigte das Projekt. Reinhard Antes: „Ziel war es nicht, den
hundertsten Lehrpfad mit einer Aufzählung
Foto: Heike Antes
Foto: Tourist Information Iphofen
Der geo-ökolo­gi­sche Lehrpfad
Iphofen bietet neben schönen Ausblicken aufs Weinland auch 14 Infotafeln zu Wein und
Wald, zur Geo­logie
des Berges, zu
Flora und Fauna
und noch mehr.
Zu den „Höhepunkten der Weinkultur“ zählt der
Erlebnispfad Wein & Stein: mit 50 Stationen zu
Reben und Geologie, Kunstwerken, Vino-Kino
oder etwa der solarbetriebenen Weinaromabar
der wichtigsten Bergsträßer Rebsorten.
Skulpturenweg, Abenheim
Vor einem halben Jahrhundert wurden in der
Abenheimer Gemarkung rund um den Klausenberg sechs Hochstände aus Metall zur
Starenabwehr errichtet. Inzwischen werden
sie nicht mehr genutzt. Daher entwickelte der
Heimatverein Abenheim (www.heimatvereinabenheim.de) die Idee, die vier Meter hohen
Hochstände von Künstlern zu Skulpturen umarbeiten zu lassen. Entstehen soll so bis zum
Jubiläum „200 Jahre Rheinhessen“ im Jahr
2016 ein sechs Kilometer langer Skulpturenweg. Zwei Kilometer sind bislang geschafft
und mit vier Kunstwerken bestückt. Diese
heißen „Traum der Stare“, „Wonnefrau“,
„Turmspringerin taucht ins Rebenmeer“ und
„Singender Hase“. Getragen wird die Initiative
vor allem durch den Ingenieur Ulrich Volz und
die Kunstexpertin Ilse Kron-Weber. 2006 gab
es erste Treffen dazu, 2009 wurde der Skulpturenweg eröffnet, die Mittel dafür kamen von
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Sponsoren und aus Aktionen des Heimatvereins. Unterstützung gab es zudem durch die
Stadt Worms. Am Projekt sind auch einige
Weingüter beteiligt, etwa der Boxheimer Hof
oder der Klosterhof Lösch, auch das Weingut
Hemer gab eine großzügige Spende. „Jede
Skulptur kostet einige Tausend Euro, die Kos­
ten haben sich längst auf eine fünfstellige Zahl
summiert“, sagt Ulrich Volz. Der künstlerische
Aspekt steht klar im Vordergrund, Hinweistafeln zu den angebauten Rebsorten sind bislang nur angedacht. Dabei „profitieren die
ansässigen Weingüter durchaus von dem
Skulpturenweg“, stellt Ulrich Volz fest. Der
Klosterhof Lösch (www.weingut-klosterhofloesch.de) stellt das Projekt auf seiner Internetseite heraus und der Boxheimerhof bietet
Weinbergsrundfahrten mit dem Traktor über
den Skulpturenweg an.
BREVA-Weg, Valwiger Herrenberg
An der Fachhochschule Trier entstand 2006
in einer Projektarbeit die Markengestaltung
für „BREVA Wein & Weg“ (www.brevaweinundweg.de). Mit dem Projekt soll eine Verbindung zwischen einem Premium-Moselwein
und dem aktiven Erleben der Mosellandschaft
hergestellt werden. BREVA-Weg und BREVAWein werden seit 2011 in der neuen BREVAVinothek am Ernster Moselufer präsentiert.
Der drei Kilometer lange, in mühsamer Handarbeit und mehr als 1 000 Arbeitsstunden von
70 Vereinsmitgliedern und anderen Helfern
ehrenamtlich angelegte Weg führt durch die
Steillage Valwiger Herrenberg, bietet imposante Blicke ins Moseltal und an markanten
Punkten Themen- und Objekttafeln mit Informationen. Es ist ein anspruchsvoller Wanderund Klettersteig. „Die Weinkulturlandschaft
lässt sich am besten verstehen, wenn man
diese erkunden kann …. Entlang schroffer
Felsen und steiler Weinberge sehen die Wanderer, … welch harte Arbeit hinter der Erzeugung eines Premium-Rieslings wie dem BREVA-Wein steckt“, sagt der Sprecher des BREVA
e.V., Jonas Schunk. Realisiert wurde der Weg
Foto: Thomas Müller
Weintourismus
Kunst statt Starenabwehr – die alten Hochstände erwachen auf dem Skulpturenweg Abenheim
zu neuem Leben – hier der „Traum der Stare“.
durch die Zusammenarbeit der Winzer, privater Sponsoren, ehrenamtlicher Helfer und
der drei von dem Weg tangierten Ortsgemeinden Bruttig-Fankel, Ernst und Valwig. Sponsoren sind Weingüter, Hotels und Raiffeisenbank, „auf Fördergelder außerhalb der privaten und kommunalen Ebene wurde bewusst
verzichtet“, so Jonas Schunk. Über die Höhe
der privaten Sponsorengelder möchte er keine Auskunft geben.
Sein Eindruck bei der Projektrealisierung:
„Wenn man Dinge selbst richtig anpackt und
nur die zwingend notwendigen Schritte über
Behörden geht, funktioniert die Umsetzung
bedeutend schneller und kostengünstiger“,
auch wenn dadurch auf die eine oder andere
Fördermöglichkeit verzichtet wird. 50 Euro
beträgt der jährliche Mitgliedsbeitrag des
BREVA e.V., dafür erhält man drei Flaschen
BREVA-Wein, der zu einem Endverbraucherpreis von 13,80 Euro/Flasche angeboten wird.
Als Verkaufsstellen für den Wein fungieren
neben der Vinothek die örtlichen Weingüter
und gastronomische Betriebe. Touristinformationen und Weinerlebnisbegleiter bieten
regelmäßige Führungen auf dem BREVA-Weg
an. Der Themenweg findet auch bei den Wan-
Foto: Bernhard Adamski
Ziel beim Weinerlebnispfad Nußdorf in der Pfalz war
eine „Symbiose von
Kunst, Kultur und
Wein“. Das Herzstück „Kunst und
Klang“ zeigt sich in
einigen Kunstwerken
entlang des Weges
in der Weinbergslage
Kaiserberg.
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derwochen der Region Cochem Berücksichtigung und wird beispielsweise beim Ernster
Weinfest stimmungsvoll beleuchtet. Wie auf
der genannten Internetseite nachzulesen ist,
hat der Weg ein beachtliches Medieninteresse gefunden. Jonas Schunk stellt heraus, das
Projekt finanziere sich, im Unterschied zu
anderen Projekten dieser Art, schon nach kurzer Zeit selbst, vor allem durch den Verkauf
von 3 000 Flaschen BREVA-Wein im Jahr und
durch die Mitgliedsbeiträge.
Weinerlebnispfad Nußdorf
Circa 200 000 Euro hat der Weinerlebnispfad
Nußdorf mit allen Kunstwerken bisher verschlungen, so die überschlägige Berechnung
von Bernhard Adamski, Geschäftsführer der
Qualitätsweinbauvereinigung Nußdorf
(www.quali-nussdorf.de). Im Jahr 2007 wurde
der zwei Kilometer lange Weg oberhalb der
Stadt Landau eröffnet und wird seitdem immer weiter ausgebaut. Um den Unterhalt
kümmern sich vornehmlich die 20 beteiligten
Weingüter und ein Förderverein. 40 Euro kos­
tet die Mitgliedschaft im Jahr, für 80 Euro erhalten Interessenten eine Baumpatenschaft
mit Urkunde und Namensschild. Die Verwirklichung ermöglichten neben Winzern und
Baumpaten „großherzige“ Künstler, Sponsoren (eine Liste dazu findet sich im Internet
und auf dem Flyer zum Erlebnispfad), Architekten und Grafiker. Entstanden ist „ein Pfad
der Sinne mit Erlebnischarakter“. Ziel war eine
„Symbiose von Kunst, Kultur und Wein“ mit
dem Herzstück „Kunst und Klang“, das sich in
einigen Kunstwerken entlang des Weges in
der Weinbergslage Kaiserberg manifestiert.
Die Begegnungsstätte von Kunst- und Wein­
freunden zieht bei zwei Weinpräsentatio­nen
im Januar und im Mai (Erlebnis in Weiß/Rot)
Tausende Besucher an. Über den Sommer­
unterhalten die Winzer einen sonntäglichen
Weinausschank, Kultur- und Weinbotschafter
bieten Führungen an. „Es ist ein attraktiver
Anziehungspunkt für auswärtige und einheimische Gäste“, weiß Bernhard Adamski. Jährlich wechselnde Ausstellungsobjekte – neuerdings gibt es auch ein Kneippbecken – bieten
immer wieder einen Anlass für einen Besuch.
Passend zur thematischen Ausrichtung des
Weges verkaufen die beteilig­ten Weingüter
einen Secco aus Portugieser und Burgunder
„Klangperle“ (5 Euro). Auch die Medien haben
von dem Weinerlebnispfad Notiz genommen,
durch „gezielte Information“ und „in Verbindung mit Anzeigen“, so Adamski.
Sommerhäuser Wein-Kultur-Weg
2005 geplant und noch im gleichen Jahr realisiert wurde ein Wein-Kultur-Weg im fränkischen Sommerhausen (www.sommer­
hausen.de). Zwölf Tafeln zeigen auf einem gut
drei Kilometer langen Rundweg die Besonderheiten des pittoresken 1 700-Einwohner-
Ortes als Künstlerdorf und Weinbaugemeinde. Dietrich Jänicke, Galerist und Vorsitzender
des örtlichen Verkehrsvereins, schätzt, dass
das Projekt etwa 40.000 Euro gekostet hat.
Gelder kamen von der öffentlichen Hand –
von der Gemeinde über das Land bis zur EU.
Hauptkostenfaktor waren die aufwendigen
Tafeln. Darauf wird an die Sommerhäuser
Tradition klassischer Konzerte und Theater­
aufführungen oder an Persönlichkeiten des
Ortes erinnert. Auch der Weinbau findet Berücksichtigung auf dem Weg mit Ausblicken
ins Maintal. Verkehrsverein, Winzer oder
Weingästeführer begleiten regelmäßig Gruppen, teilweise werden die Führungen mit einer Weinpräsentation verbunden. Bemerkenswerte 40.000 Übernachtungen werden
pro Jahr in Sommerhausen registriert. Über
100 Beschäftigungsverhältnisse entfallen auf
Touristik, Gastronomie und Weinbau. Auch
die Zahl der Galerien und Künstlerateliers ist
außergewöhnlich hoch.
Casteller Weinspaziergänge
„Bekannte Weingegenden nehmen sich unser
Konzept zum Vorbild“, heißt es auf der Website
der weithin bekannten Südtiroler Weinbaugemeinde Kaltern. Dort wurde schon zur Jahrtausendwende ein Erlebnisprofil für das
Weindorf geschaffen, im Detail nachzulesen
auf http://wein.kaltern.com. Auch der fränkischen Weinbaugemeinde Castell lieferte das
beim Weintourismustag 2005 in Iphofen vorgestellte Konzept „Wein.Kaltern“ einige Anregungen, wie Miriam Meier vom Fürstlich
Castell´schen Domänenamt berichtet. Umgesetzt wurde das Weintourismusprojekt „Cas­
teller Weinspaziergänge“ in den Jahren 2009
bis 2011. Ein Flyer – auch zu finden unter
www.casteller-weinspaziergaenge.de – weist
vier, miteinander verknüpfbare Weinspaziergänge auf mit einer Länge von zwei bis acht
Kilometern. Der Weinspaziergang „Schlossberg“ wurde mit einer Themenbeschilderung
zum Wein ausgestattet. Ansonsten dienen die
informativen Schilder eher der Unterhaltung
entlang der Wanderwege am Fuß des Steigerwaldes. Die Weinspaziergänge „sind kein
Lehrpfad im eigentlichen Sinn“, so Miriam
Meier. Die Inhalte seien bereichsübergreifend – Architekturstil, Adelsgeschichte, Weinbautradition, das Leben damals und heute
und anderes. An besonderen Stellen wurden
Aussichtspunkte geschaffen, „für den Weitblick und zum Innehalten“. Es handelt sich
um ein kommunales Gemeinschaftsprojekt.
Akteure sind die Gemeinde, der Weinbauverein, das Fürstlich Castell‘sche Domänenamt,
Landschaftsarchitekten und Grafiker. Die
Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in
Veitshöchheim begleitete das Projekt. Dessen
Kosten beliefen sich auf rund 150 000 Euro.
Gefördert wurde es im Rahmen des „inte­
grierten Entwicklungsprogramms für den
Foto: Fürstlich Castell‘sches Domänenamt
Weintourismus
Auf der Schlossberg-Route der Casteller Weinspaziergänge gibt‘s Infos zu Weinlagen, Reb-­
sorten und zur Geschichte derer von Castell.
Weinbau“, der Freistaat steuerte 60 000 Euro
bei. Sehr viele Besucher unternehmen einen
der Weinspaziergänge am 1. Septembersonntag beim Casteller Weinwandertag. Vor allem
die regionalen Medien berichten zum Thema.
Zwei Gästeführerinnen vom Weinerlebnis
Franken bieten Führungen an.
Via Vinea, Sprendlingen
Schon nach Abschluss eines ersten Flurbereinigungsabschnittes am Wißberg im Jahr 2001
sahen die Winzer im rheinhessischen Sprendlingen ideale Voraussetzungen zur Anlage
eines neuen Weinlehrpfades. Im Herbst 2004
erfolgte der erste Spatenstich, bereits zwölf
Monate später die Eröffnungsfeier. Der Bauern- und Winzerverein Sprendlingen wollte
mit der Via Vinea (www.via-vinea.de) einen
besonderen Erlebnisweg errichten, zur Imagesteigerung der Gemeinde und zur Förderung des Tourismus, auch als Schauplatz für
weitere Events. Zwischenzeitlich hat der Weg
eine beachtliche Medienresonanz gefunden
und wird beispielsweise auch von der Bahn
(www.der-takt.de) als Ausflugsziel beworben.
Es fanden zahlreiche Beratungsgespräche mit
der Ortsgemeinde, dem DLR, der Rheinhes-
sen-Information und anderen Stellen statt,
auch Verhandlungen mit Ämtern und Behörden, wegen erforderlicher Baugenehmigun­
gen und für Zuschüsse.
Die Via Vinea mit dem zentralen Anlaufpunkt Schutzhütte sollte kein traditioneller
Weinlehrpfad werden und die vielfältigen
Stationen „weder belehrend noch langweilig
sein“. Eine Tafel am Start des Weges nennt die
einzelnen Stationen. Mal geht es um Wasser
und Lehm, mal um Sonne und Wind. Es gibt
Stationen zum Weinbergsterroir, aber auch
einen Kräutergarten, Plätze zur Ruhe, zum
Spielen und mit Aussicht. In diesem Jahr soll
eine weithin sichtbare Wißberg Arena in Anlehnung an ein römisches Theater gestaltet
werden, mit Sandsteinsäulen, die von Künstlern in einem Symposium behauen werden
sollen. Regelmäßig werden meist am ersten
Sonntag im Monat Themenführungen angeboten, auch werden die Kultur- und Weinbotschafter für geführte Wanderungen gebucht.
„Besonderes Augenmerk legten wir auf Familien mit Kindern – die Weintrinker der Zukunft“, betont Via Vinea-Sprecher Jürgen Geil.
Dabei entstanden die Stationen „mit möglichst geringen finanziellen Mitteln“. Unter
anderem wurden dafür Materialien aus abgetragenen Weinbergen verwendet, Pfähle für
Labyrinth und Barfußpfad oder große Steine
für die neu hinzugekommene „Arena“. Unterhalten wird die Via Vinea vornehmlich von
Mitgliedern des Bauernvereins und der Jagdgenossenschaft sowie der Gemeinde. Eine
Kostenaufstellung von Jürgen Geil lässt die
erforderliche Eigenleistung und die notwendigen Finanzmittel erkennen. Insgesamt fielen rund 32 000 Euro Kosten an, im Wesentlichen für die Schutzhütte (20 000 Euro) und
die Hinweisschilder (6 000 Euro). Damit blieb
man deutlich unter dem Kostenvoranschlag;
die ADD Trier förderte das Projekt mit etwa
10 000 Euro. Etwa 1 800 Stunden unberechneter Eigenleistung wurden eingebracht, dazu
kamen über 1 000 Arbeitsstunden durch sogenannte 1-Euro-Jobber. Fördermöglichkeiten in Rheinland-Pfalz
Das Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz teilt folgendes
mit: In Rheinland-Pfalz können touristisch bedeutende Projekte im Bereich Weinerlebniswege im
Rahmen des EU-Fonds ELER und insbesondere über LEADER gefördert werden. Aktuelle Beispiele sind
der Würzlaysteig (www.lehmen-moselsuersch.de), hier gab es 2010 65 Prozent der zuwendungsfähigen
Kosten von etwa 125 000 Euro, oder der Kulturweg Zeller Schwarze Katz (www.zell-mosel.de). Hier gab
es 2012 60 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten von 123 000 Euro. In der Regel müssen die
Kommunen in enger Abstimmung mit den Grundstückseigentümern, die zustimmen müssen, entsprechende Anträge stellen und tragen dann auch Verantwortung für die Verkehrssicherung. Die Förderung
beläuft sich einschließlich nationaler Kofinanzierungsmittel – sofern die Maßnahme touristisch
besonders bedeutsam ist – auf bis zu 65 Prozent der Bruttokosten. Im Einzelfall entstehen interessante
Projekte auch im Rahmen von Bodenordnungsverfahren, wie etwa die Via Vinea in Sprendlingen.
Ansprechpartner dafür ist das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Ernährung, Weinbau und
Forsten, Mainz. Mehr unter: www.mulewf.rlp.de
das deutsche weinmagazin • 3/2. Februar 2013
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