nick cave warren ellis

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nick cave warren ellis
Februar 15 | #527
Das Kommunale Kino Wiens, Akademiestraße 13, 1010 Wien
Iain Forsyth & Jane Pollard, „20,000 Days on Earth“, ab 6. 2. im Stadtkino
Nuri Bilge Ceylan, „Winterschlaf“, ab 20. 2. im Stadtkino
Die Weisheit des Herrn Höhle
Das Genre des Musik-Dokumentarfilms ist oft geschändet worden. Doch „20,000 Days on
Earth“ über einen erfundenen Tag im Leben von Nick Cave ist anders. Es könnte passieren,
dass man dem Sänger verfällt. JENS-CHRISTIAN RABE
M
an kann sein Glück immer mal wieder kaum fassen, wenn man diesen Film sieht. Dann beugt man
sich ungläubig nach vorne, als könne man ihn besser
verstehen, genauer sehen, wenn man nur nahe genug dran ist.
Zunächst ist 20,000 Days On Earth, inszeniert von den beiden
britischen Filmemachern Iain Forsyth und Jane Pollard, eine
Dokumentation über den 1957 geborenen australischen Musiker Nick Cave. Also den Sänger, Songwriter, Dichter, Schriftsteller, Ex-Junkie und Ex-Punk, den man den „Bob Dylan der
Achtziger“ nannte und der lange einer der sagenumwobenen
lebenden Toten des Rock 'n' Roll war.
Später - als er die harten Drogen hinter sich hatte - wurde er
dann schwarzer Dandy, Mörderballadier, schließlich hochverehrter schwermütiger Schmerzensmann des Pop und endlich
einer der großen Weisen dieser Kunst. Ja, man muss das jetzt
doch genau so sagen, denn spätestens nach 20,000 Days On
Earth kann es daran keinen Zweifel mehr geben. Aber vielleicht
erst mal eins nach dem anderen und zum Schluss noch ein
Wort zur Weisheit.
Für seine Fans, die mindestens in den vorderen Reihen selbstverständlich Jünger sind, besteht über die Unvergleichlichkeit
Nick Caves natürlich schon lange Einigkeit. Unter den begnadeten Rampensäuen des Pop ist er ja der Publikumsbeschwörer.
In einer langen Konzertszene im Film wird das eindrucksvoll
gezeigt. Die quasi-religiöse Verzückung, die er da zu erwecken
vermag, ist ein großes Schauspiel. Die Frau im Publikum, zu der
er sich herunterbeugt und deren linke Hand er zu der mantrahaft
wiederholten, heiser geflüsterten Songzeile „Can you feel my
heart beat“ über das weit aufgeknöpfte goldene Glitzer-Hemd
an sein Herz führt, nickt wie in Trance. Ein Wunder, dass sie nicht
in Ohnmacht fällt, als er ihr am Ende auch noch ganz leicht mit
dem Handballen auf die Stirn tippt. Der Cave-Segen.
Fortsetzung auf Seite 2 »
Inhalt
Personal Nick
Christian Fuchs
über Nick Cave.
3
Gemischte Gefühle
Nuri Bilge Ceylan im Gespräch
über „Winterschlaf“.
6
FrauenFilmTage
Das beliebte Festival,
wieder im Filmhaus Kino.
Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
7
02
Iain Forsyth & Jane Pollard, „20,000 Days on Earth“
StadtkinoZeitung
» Fortsetzung von Seite 1
Aber das war, wenn man so will, der Stand
der Dinge. Und alle, die sich nicht zur Gemeinde zählen, befremdet dieser Pathos-Irrsinn gelegentlich, mit dem Nicholas Edward
Cave - er heißt wirklich Cave mit Nachnamen, Herr Höhle - da vor aller Augen und
Ohren durch die tiefsten Tiefen seiner Seelenhöhlen taumelt. 20,000 Days On Earth ist ganz
in diesem Sinne auch eine große Inszenierung
geworden, aber eben doch keine orthodoxe
Dokumentation. Weniger wahrhaftig nämlich,
dafür wahrer. Und klüger, lustiger, kompletter,
gültiger.
Ästhetik wie von David Lynch
Cave ist nicht nur Gegenstand und Erzähler
des Films, er wird hier auch als Co-Autor des
Drehbuchs geführt. Bei den meisten Szenen
ist die Kamera eindeutig nicht nur dabei gewesen - die Szenen wurden unübersehbar
für sie konzipiert. Die Ästhetik der Bilder
ist wohl am ehesten mit der der Filme von
David Lynch zu vergleichen. Also immer etwas schattig, düster, minimalistisch, nüchtern,
rätselhaft bedrohlich. Aber Nick Cave selbst
könnte ja auch sehr gut eine Figur aus einem
David-Lynch-Film sein.
Dieser Wille zu Kunst und Stilisierung hätte sehr leicht ins Nirgendwo führen können,
aber das Gegenteil ist der Fall. Der Effekt ist
eher eine Art Befreiung von den Konventionen des Musik-Dokumentarfilms - und damit dem elenden Zwang zur Selbst-Identität,
der die Protagonisten dieser Filme gerne auffrisst. Hier nicht. Wir erleben vielmehr einen
erfundenen Tag im Leben Nick Caves im englischen Seebad Brighton.
Er wacht um sieben Uhr neben seiner Frau
auf, spricht mit seinem Psychotherapeuten
über seine frühesten erotischen Erfahrungen,
kommentiert im Nick-Cave-Archiv alte Fotos und plaudert, während er in seinem Rolls
durch die Gegend fährt, mit Weggefährten wie
Blixa Bargeld, Ray Winstone oder Kylie Minogue. Über die Frage, wohin es führt, wenn
man unbedingt jemand anderes sein möchte,
darüber, was man mit einem Pop-Song überhaupt sagen kann oder darüber, wie weit das
Charisma eines Stars eigentlich wirkt - bis
zum letzten Zuschauer oder doch nur bis in
die erste Reihe.
„Wer kennt schon seine
eigene Geschichte?“
Von den Sätzen, die dabei dann plötzlich in
der Welt sind, ist einer schöner als der andere: „Who knows their own story? Certainly
it makes no sense when we are living in the
midst of it. It's all just clamor and confusion. It
only becomes a story when we tell it, and retell
it.“ - Wer kennt schon seine eigene Geschichte? Sie ergibt gewiss keinen Sinn, während wir
sie erleben. Da ist nur Chaos und Geschrei. Es
wird erst eine Geschichte, wenn wir sie uns
wieder und wieder erzählen.
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Eine Szene wie bei Jim Jarmusch: Nick Cave und Kylie Minogue in „20,000 Days on Earth“.
Das Genre des Musik-Dokumentarfilms ist
in den vergangenen Jahrzehnten oft geschändet worden. Viel zu oft. Zufall ist das nicht.
Die Versuchung scheint zu groß zu sein, einen Star einfach nur zu beobachten, also auf
den geprüften Zauber der Aura zu setzen und
das Ganze mit ein paar spektakulären Bildern
aus der ruhmreichen Vergangenheit und ein
paar Aufnahmen aus dem privaten Leben zu
garnieren. Den Rest erledigt der von Ruhm,
Neugier und Verehrung geblendete Fan dann
schon selbst.
Herz fassen kann. Oder umgekehrt. Und dann
ist natürlich doch alles, was einmal zwischen
einem selbst und seinen Songs stand, völlig
egal. Dann kann der Mann so pathetisch sein,
wie er will. Also beinahe wenigstens. Oder
vielmehr: Das Pathos ist nicht mehr dasselbe.
Womit wir bei der Weisheit wären.
Die Weisheit der Popkultur hat ja generell
einen schweren Stand. Der Schriftsteller Will
Self etwa hat im New Statesman kürzlich eine
zornige Kolumne geschrieben, in der er seine Generation (der auch Nick Cave angehört,
„Es scheint, als ob Cave es geschafft hätte,
die eigenen Dämonen zu bändigen.“
Und so sind sogar die ambitionierteren Musik-Dokumentationen bestenfalls geschickte
Montagen von ein paar guten Momenten und
alten Geschichten (wie Malik Bendjellouls
Searching For Sugar Man), schlimmstenfalls aber
einfallslos aufgemotzte Konzertmitschnitte
(wie Martin Scorseses Rolling-Stones-Doku Shine A Light). Der Magie des jeweiligen
Künstlers ist man besser schon vorher verfallen.
Und zwar idealerweise schon seit Jahrzehnten
- denn dann verhelfen einem auch noch die
verklärten Erinnerungen an die eigene Jugend
zu einem wohligen kleinen Nostalgieschauer.
Bei diesem Film ist das alles ausnahmsweise nicht nötig. Es könnte eher passieren, dass
man Nick Cave hinterher verfallen ist. Diesem
Sänger, der einem durch den Kopf direkt ins
Self ist nur unwesentlich jünger) wortgewaltig
für die herrschende „Bullshit-Kultur“ verantwortlich machte: „Wir Mittfünfziger sind
schuld. Wir sind die tattooten, gepiercten, kurze Hosen tragenden, Joints rauchenden, neurotischen Deppen, die die kommerzielle Ausbeutung der Gegenkultur angeführt haben.
Wir haben uns die Avantgarde geschnappt und
sie zu einer Hilfseinheit des kapitalistischen
Blitzkriegs gemacht. Wir sind die Vollidioten,
die behaupteten, dass es keinen Unterschied
gebe zwischen Hoch- und Populärkultur und
dass Werbung Kunst sei.“ Nun, Werbung meistens vielleicht wirklich nicht.
Aber wenn man bei Nick Cave ganz genau
hinhört, dann scheint es, als ob er es geschafft
hat, seine inneren Dämonen zu bändigen, in-
dem er sie davon überzeugt hat, lieber erst mal
nach ihren eigenen Dämonen zu suchen. Er ist
nicht auf der Suche nach den bösen Geistern,
um sie mit großer Geste auszutreiben. Er sucht
sie, um mit ihnen so lange zu tanzen, bis sie
sich auch vor ihm fürchten. Ein kleines bisschen wenigstens. Gerade so viel, dass es reicht
für das merkwürdige Gleichgewicht des inneren Schreckens, das dieser Mann ausstrahlt. •
Zuerst erschienen am 19. Oktober 2014 in der
Süddeutschen Zeitung. Nachdruck mit freundlicher
Genehmigung.
Iain Forsyth,
Jane Pollard
20,000 Days on Earth
(Großbritannien 2014)
Regie Iain Forsyth, Jane Pollard
Drehbuch Nick Cave, Iain Forsyth,
Jane Pollard
Darsteller Nick Cave, Warren Ellis, Kylie Minogue, Ray Winstone, u.a.
Kamera Erik Wilson
Schnitt Jonathan Amos
Musik Warren Ellis
Produktion Corniche Pictures, BFI, Film4,
Pulse Films
Verleih Stadtkino Filmverleih
Format DCP / Farbe
Länge 97 Min.
Fassung OmU
Auszeichnungen
Sundance Film Festival: Beste Regie,
Bester Schnitt
Ab 6. Februar 2015 unter anderem
im Stadtkino im Künstlerhaus.
10.06.14 12:10
Iain Forsyth & Jane Pollard, „20,000 Days on Earth“
StadtkinoZeitung
03
Nick Cave bei der Arbeit an der Metamorphose des Alltags in etwas Magisches: Eine Szene aus „20,000 Days on Earth“.
Der Lebens-Lehrer
Eine ganz persönliche Liebeserklärung an Nick Cave. CHRISTIAN FUCHS
V
ielleicht fange ich am besten mit
einem unvergesslichen Nachmittag im Mai 1987 an. I’m waiting for
my man, vor den verschlossenen Türen des
Wiener Raimundtheaters. Eigentlich sind es
zwei Männer, auf die ich als junges männliches Rock’n’Roll-Groupie warte. Der
eine, Nick Cave, damals so etwas wie mein
geistiger Ratgeber in Sachen Sex, Tod und
kathartischem Krach, soll mit seiner Band
The Bad Seeds jeden Moment zum Soundcheck eintreffen. Der andere, Werner Geier,
Ausnahmemoderator der Ö3-„Musicbox“
und mein späterer beruflicher Mentor, hat
versprochen, mich diskret in den Saal einzuschleusen.
Tatsächlich sitze ich bald im menschenleeren Konzertraum, mit pochendem Herzen. Auf der Bühne wird der Blues geprobt,
gedehnt, seziert. Abseits herrscht Unruhe,
es gibt heftige Diskussionen um ungesunde
Substanzen, die für den abendlichen Auftritt
essentiell seien. Ich bin im siebenten Himmel.
An den eigentlichen, furiosen Gig erinnere
ich mich nur bruchstückhaft, ohne ausgiebigen Barbesuch vorher konnte man seinerzeit kein Konzert anschauen, it’s an eighties
thing you wouldn’t understand. Nur Werner Geier, der viel zu früh verstorbene, blitzgescheite,
leidenschaftliche Prophet aus dem Äther,
blieb immer nüchtern. Mit seiner Gänsehautstimme dozierte er am nächsten Tag, zur
Ö3-Primetime, über Mr. Nicholas Cave. Wir
schwarzgekleideten Kinder der Nacht, die
wir uns an Orten wie dem U4 oder der Blue
Box um die Ohren schlugen, lauschten. Es
ging in diesen Radioessays um fiebrige Obsessionen als zentrales künstlerisches Gut. Um
den Kadaver des Rock’n’Roll, der dank Reanimatoren wie Nick Cave plötzlich wieder
energetisch herumzuckte, beseelt vom Geist
des späten, tragischen Elvis wie von dem der
Schmerzens-Ikone Antonin Artaud.
Schneller Vorlauf. September 1998. Obwohl
ich noch einigen Soundchecks des Meisters
beiwohne und noch viel mehr Konzerten
von ihm, kommt es nie zu einer persönlichen
Begegnung mit Nick Cave. Bis zu dem Moment, wo ich wegen ihm wieder die Schulbank drücke. Der spindeldürre Australier hat
eine Einladung der Wiener Schule für Dichtung angenommen. Und zugesagt, eine kleine
Schar von Auserwählten in der Kunst des Liebeslieds zu unterrichten. Es ist mucksmäuschenstill, als der Herr Lehrer mit Verspätung
eintrifft. Nicht der irrlichternde Saint Nick
der Drogenzeiten betritt unser Klassenzimmer, sondern ein bestimmt wirkender Gentleman, dessen rosa Socken sämtliche DandyKnöpfe in meinem Kopf drücken.
Was uns in den nächsten Tagen eingehämmert wird: Dass jeder leidenschaftliche Song
auch immer ein Lovesong ist und umgekehrt.
Dass richtige Liebeslieder immer vom Irrationalen erzählen, zumindest ein Quäntchen
Absurdität und Melancholie und Wahnsinn
enthalten. Denn die Liebe, sagt Nick, ist irrational, absurd, verrückt. Wir erfahren auch
schlichtere, handwerkliche Dinge und bekommen Hausaufgaben und Übungen. Noch
erheblich prägender als alle Lektionen ist für
mich aber der menschliche Eindruck, der
von dem Seminar zurückbleibt. Trotz seinem
Stock, den er scheinbar autoritär vor der Tafel herumschwingt, ist dieser Lehrer wohl
der liebenswürdigste und unprätentiöste, den
man sich vorstellen kann. Nick Cave umarmt
und küsst uns alle zum Abschied, es fließen
Tränen. Ich flüstere danach anderen Mitgliedern der Fangemeinde verschwiegen zu: Der
angebliche Prinz der Finsternis versprüht
Witz und Esprit und ist ein Pädagoge wie aus
dem Bilderbuch.
Schnitt in die Gegenwart. Die vielen, herrlich widersprüchlichen Facetten des Nick
Cave sind kein Geheimnis mehr. Er hat sie,
nach der Loslösung von den zerstörerischen
Giften, durchaus öffentlich kultiviert. Die interessierte Popwelt weiß längst, dass enorme
Produktivität und ein Rückzug ins Familien-
leben den ruinösen Lifestyle ablösten. In der
Spieldoku 20,000 Days On Earth lässt uns
Cave sogar einen Blick in sein Büro werfen,
wo all die Songtexte, Drehbücher und Romane regelmäßig entstehen.
Mit diesem grandiosen Film auf der Kinoleinwand und zuvor einem Gänsehaut-Konzert beim Frequency Festival 2013 schließt
sich, frei von billiger Nostalgie, ein privater
Kreis für mich. Schließlich hatten sich in all
den Jahren andere Musiker, Sounds, Werke
stark in den Vordergrund gedrängt. Auf einmal wird mir die fundamentale Bedeutung
von Nick Cave aber bewusst, nicht nur für
meinen bescheidenen Teil. Hier haben wir
einen besessenen Künstler, der aus dem dazugehörigen Klischee-Gefängnis ausbricht. Einen dunklen Rockstar, der die Mitgliedschaft
im suizidären Klub 27 ebenso verweigerte
wie eine Existenz als geriatrischer BackstageJunkie. Einen begnadeten Bühnen-Poseur,
der dennoch auf würdiges Altern im erzlangweiligen Sinn verzichtet. Es geht bei Songs,
Filmen und Literatur um Transformation, sagt
Cave sinngemäß in 20,000 Days On Earth.
Um die Metamorphose des Alltags in etwas
Magisches, oft nur für einen glorreichen Augenblick. Mit einem Lehrer wie Nick Cave
reihen sich ganz schön viele solcher Momente aneinander, ein ganzes Leben lang. •
„Long Time Man“ - Nick Cave mit seinem Band-Kollegen Warren Ellis
04
Iain Forsyth & Jane Pollard, „20,000 Days on Earth“
StadtkinoZeitung
Die Erforschung einer Ikone
Iain Forsyth und Jane Pollard arbeiten bereits seit sieben Jahren an einer Vielzahl von Projekten
mit Nick Cave zusammen. Jetzt haben sie einen Kinofilm über ihn gemacht.
Gespielt oder gelebt?
„Nick kann nicht schauspielern,“ sagt Pollard
lächelnd, „aber er ist wundervoll darin, Nick
Cave zu sein. Wir mussten also Szenarien kreieren, die für ihn zumindest irgendetwas Reelles oder Überraschendes enthielten, damit
er wirklich unbefangen reagieren, frei denken
und die Situation fühlen konnte.“ Um also den
20.000sten Tag, der in Nick Caves Wahlheimat
Brighton, an der Südküste Englands spielt, darzustellen, erschufen Forsyth und Pollard eine
intensive, hyper-realistische Welt. Ihr Ziel: All
das, was an diesem „Tag“ passierte, sollte sich
völlig echt anfühlen und – sobald eine Szene
im Gange war – mit so wenig Input ihrerseits
wie möglich auskommen.
Der Tag wurde um zwei Schlüsselszenen
konstruiert, die Nick Cave die Möglichkeit
gaben, so über sich selbst und seine Ideen zu
sprechen, dass darin etwas Sinnstiftendes und
Bedeutsames zum Vorschein kommen konnte.
In dem ersten Setting trifft Nick auf den berühmten Psychoanalytiker Darian Leader. Das
zweite Szenario ist ein Besuch im Nick-CaveArchiv. „Wir bauten auf Darian und seine Art
andere als die üblichen Journalistenfragen zu
stellen“, erklärt Forsyth. „Es gab kein Script
und wir stellten sicher, dass sich beide nicht
trafen bevor die Kameras liefen. Nick wusste,
dass Darian tatsächlich ein Psychoanalytiker
ist. Letztendlich unterhielten sie sich zwei Tage
lang für mehr als zehn Stunden.“
Viele von Nicks persönlichen Aufzeichnungen und Besitztümern werden in der
Nick-Cave Collection in Melbourne aufbewahrt und gepflegt. Forsyth und Pollard bauten diesen Ort in einem Keller des Rathauses
von Brighton nach und brachten Teile der
tatsächlichen Sammlung dorthin. Der dritte
wichtige Ort ist das Zuhause von Warren Ellis,
Nick Caves stetiger Kollaborateur bei den Bad
Seeds. „Die Szene ist in der Mitte des Films
und wir sahen es als Chance, jemand anderes
als Nick sprechen zu lassen. Warren ist ein
großartiger Erzähler und Nick fühlt sich in
seiner Gegenwart sehr wohl“, beschreibt Pollard den Tempowechsel zu diesem Zeitpunkt
des 20.000sten Tages. Wie im Archiv und im
Büro des Psychoanalytikers hatten Iain &
Jane eine genaue Vorstellung davon, wie Ellis‘
erdachtes Zuhause aussehen sollte: „Warrens
Haus zeugt von seinem Charakter und seiner Persönlichkeit, von dem Zustand, sich an
der Grenze von etwas zu bewegen, losgelöst
und den Elementen nahe“, beschreibt Forsyth
die zugewachsene Hütte, die in Wirklichkeit
ein historisches Haus der Küstenwache von
Seaford ist, nahe Caves Heimat Brighton.
Weggefährten als
innerer Dialog
Forsyth und Pollards frühere Werke setzen
sich mit der Faszination des Konzepts veränderter Bewusstseinszustände, Tagträumen,
Halluzinationen und den Momenten zwischen Traum und Wachsein auseinander. Vor
diesem Hintergrund entstand auch die Idee
zu den drei Szenen, die Caves tägliche Autofahrten repräsentieren. Im Auto tauchen die
Stimmen dreier Menschen auf, die in Nicks
früherem Leben eine Rolle spielten: Der britische Schauspieler Ray Winstone, der im
von Cave verfassten und von John Hillcoat
inszenierten Film The Proposition (2006) mitspielte, der deutsche Musiker Blixa Bargeld,
der zwanzig Jahre lang in der Originalbesetzung von Nick Cave and the Bad Seeds Gitarre spielte, und die australische Sängerin und
Schauspielerin Kylie Minogue, mit der Nick
1996 seine bisher erfolgreichste Single Where
The Wild Roses Grow im Duett sang.
Ist der Film am Ende so geworden, wie Cave
es sich erhofft hat?
„Ja. Obwohl er einerseits fiktional ist, ist er gleichzeitig sehr real. Das ist das Schöne darin. Wir sind
dadurch Fiktion etwas näher gekommen, und genau
darum geht es in dem Film, der die Bedeutung der
realen Welt im Kontrast zur imaginären Welt hinterfragt. Oder besser: Der Film versucht dort zu leben, wo beide Ebenen zusammenfließen. Aus diesen
Schöpfungen entstand etwas sehr Rohes und Enthüllendes.“
(Nick Cave)
Nick Cave oder: Ein etwas anderer Blick auf die Welt …
Filmpremiere „Dear John“ von Hans Scheugl
DER ÖSTERREICHISCHE FILMEMACHER, AUTOR UND KULTURHISTORIKER IST AM 3. MÄRZ
IM RAHMEN DER KÜNSTLERHAUS-REIHE „FREIES KINO“ IM STADTKINO ZU GAST
D
ear John“ ist die Anrede an einen amerikanischen Freund, mit dem sich vor 50
Jahren die Möglichkeit öffnete, aus meinem
damaligen Leben auszusteigen und in Amerika ein anderes, neues Leben zu beginnen. Das
entnehme ich mehr als meiner Erinnerung den
Briefen, die er mir geschrieben hat und die ich
vor einiger Zeit in einer Schachtel gefunden
und gelesen habe. Sie zeichnen das Bild einer
Konstellation in seinem wie meinem Leben,
das mir mit den Jahren fremd geworden ist und
mich nicht zuletzt deshalb neugierig machte.
Bei den Briefen wäre es geblieben, hätte ich
im Internet nicht jenes Haus entdeckt, in dem
John jetzt wohnt und mit dem sich mir auf
unerwartete Weise die imaginäre, da fast vergessene Person der Vergangenheit in ein reales
Bild seines gegenwärtigen Lebens verwandelte.
Diese Transformation bewegte mich dazu,
den Film zu machen, allerdings ohne die Absicht, mit „Dear John“ real einen Dialog aufzunehmen. Der unvermutete Blick auf das
Haus ließ plötzlich die vergangenen 50 Jahre
als Leerstelle ins Bewusstsein treten, ohne das
abhanden gekommene Leben – dessen Sinnbild dieses Haus ist – nachträglich mit Inhalten
füllen zu können. Nicht dass ich das gewollt
hätte, die zeitliche und räumliche Distanz ist
real uneinholbar. Mit dem Film hingegen kann
ich versuchen, der in den Briefen entworfenen
Idee von einem anderen Leben in Amerika aus
der Gegenwart und von dem Ort aus, in dem
ich lebe, zu begegnen.
Hans Scheugl 2015
Ein A, unscharf auf rosa Hintergrund – ein
erster Buchstabe auf einer Reise, die nicht
alphabetisch zum Z geht, auch wenn viele
letters vorkommen: nicht Buchstaben, sondern Briefe. Der Briefwechsel verbindet zwei
Welten: ein Leben in den USA und eines in
Wien. Das Zeichen mit dem A markiert ein
Haus irgendwo in Amerika, das der Filmema-
Foto: sixpackfilm
W
ir kamen mit Nick schnell überein, was uns an Musik-Dokus
nicht gefällt: dieser angeblich unaufdringliche, beobachtende Stil. Den ‚echten’
Nick Cave zu sehen, würde irgendwie mehr
von Nick Cave offenbaren. Einem Rockstar
dabei zuzusehen, wie er den Abwasch macht
oder die Kinder zur Schule bringt, mag als
eine stumpfsinnige Art von Promi-Verfolgung
interessant sein, fesselt einen aber nicht intellektuell“, sagt Forsyth.
Im Geiste visionärer Filme wie The Song Remains the Same (1976) über Led Zeppelin und
Jean-Luc Godards One plus One/Sympathy
for the Devil (1968) begannen Iain & Jane die
visuelle und strukturelle Sprache zu entwerfen, die sie verwenden wollten. Beiden Regisseuren war klar, dass sie kein ehrfürchtiges
Porträt des Künstlers anstrebten, ihn aber auch
nicht demaskieren wollten, um Gewöhnliches
aufzudecken. Vielmehr wollten Iain & Jane
mit Rockmythologie spielen und betonen,
was Nick Cave so herrlich außerordentlich
macht. Mit 20,000 Days on Earth stemmen sie
sich gegen den Teil unserer Kultur, der Genie
und Talent durch Casting-Shows zu normalisieren versucht.
Hans Scheugls neuer Film „Dear John“.
cher Hans Scheugl mittels Google Street View
gefunden hat, für ihn die unerwartete Wiederentdeckung eines fast vergessenen Freundes. Mit diesem Freund, er heißt John, hätte
Scheugl vor 50 Jahren in den USA ein neues
Leben anfangen können.
„Dear John“, sagt Scheugls Stimme mit
schön akzentbehaftetem Englisch zu ersten
Wien-Bildern: Momentaufnahmen und Beginn einer Straßenbahnfahrt in Richtung Prater. Die Kamera gleitet durch Straßen, über
die immer wieder Zeilen aus Johns Briefen
treiben. Spiegelungen überall. Dear John ist ein
verquerer Erinnerungsfilm, eine dokumentarische Reflexions-Fantasie über eine imaginäre Existenz. Johns Stimme hat er vergessen,
seinen Körper erinnert er unscharf, erzählt
Scheugls Voice-Over, so unscharf wie das A zu
Beginn als Zeichen für Johns heutige Existenz.
Die Idee des abhanden gekommenen Lebens
rekonstruiert Scheugl poetisch mittels vielfäl-
tiger Korrespondenzen, geschriebenen und visuellen: Beiläufige Beisl-Bilder von heute zur
Erzählung von Abenden im Glück der Jugend,
dazwischen Johns Einladungen und Berichte
von brotloser Kunst, denkwürdigen Begegnungen und seinem Schrecken über die Einberufung zur Armee am Beginn des VietnamKrieges, leitmotivisch der Beefcake-Kurzfilm
The Cyclist and the Werewolf als Traumbild-Gegenstück zu Geisterbahnen im Prater, wo der
Film am Ende wieder ein A an der Basis des
Riesenrades entdeckt. Dear John beschreibt einen Kreis, der sich nicht schließen kann, weil
die Distanz zwischen den zwei Leben unüberbrückbar bleibt, egal wie aufmerksam man sich
aufeinander zubewegt – in jeder Hinsicht ein
bewegender Film.
Christoph Huber
Dear John und Hans Scheugls erster Kurzspielfilm Miliz in der Früh (1966) sind am 3. März
im Stadtkino im Künstlerhaus zu sehen.
StadtkinoZeitung
Nuri Bilge Ceylan, „Winterschlaf“
05
Grandiose Landschaftstableaus gegen wortreiche Beziehungsgemetzel: Nuri Bilge Ceylans Meisterwerk „Winterschlaf“.
Diktatur der Güte
Wenn alle schweigen, heißt es, haben die Schweigenden eine Stimme. In einem Film, in dem jeder
beinahe andauernd spricht, kann vielleicht nur gehört werden, wer verzichtet. ALEXANDRA ZAWIA
N
uri Bilge Ceylans neuer Film Winterschlaf offenbart so eine bedeutende
Entsagung gegen Ende hin. Zweifellos ist diese dann ein Sieg über Konstrukte, die
vor allem auch durch Worte aufrechterhalten,
gestärkt und weitergegeben werden - durch
Reden, durch Phrasen, durch Floskeln, durch
Täuschung. Es ist ein Sieg über eine Idee, sogar
Ideologie, über eine Illusion, über ein System,
in dem - schlicht formuliert - jemand diktiert.
Aydin (Haluk Bilginer), ein gepflegter, attraktiver Mann Ende Fünfzig, Anfang Sechzig,
verbringt vor allem die Winter gerne in dem
kleinen Hotel, das er inmitten einer FelsenhausSiedlung in Kappadokien besitzt. Hierhin folgte
ihm schon vor längerer Zeit, aus ihrer Heimatstadt Istanbul, seine Schwester Necla (Demet
Akbag), nachdem sie sich scheiden ließ sowie
seine beträchtlich jüngere Frau, die schöne
Nihal (Melisa Sözen). Als ehemaliger Schauspieler schreibt Aydin nun ein Buch über das
türkische Theater und regelmäßig moralische
Kolumnen für eine Zeitung. Abseits seines
Schreibtisches bleibt er aber konsequent tatenlos. Vor allem ergeht er sich gerne in Debatten
über Politik, Religion und Literatur. Vorzugsweise mit wenigen Freunden oder - dann meist
als Streitgespräch - mit seiner Schwester, die in
Ansätzen immer wieder aufbegehrt. So gut wie
nie allerdings setzt er sich ernsthaft mit seiner
Frau auseinander, die er für ihr Engagement in
Wohltätigkeits-Aktivitäten insgeheim belächelt.
Seine Emotionen, so scheint es, hat Aydin unter
einem Panzer von intellektueller Überlegenheit
und einstudiertem Zynismus verborgen. „Ich
wünschte meine Schwelle zur Selbsttäuschung
wäre so niedrig wie deine“, sagt ihm Necla.
Die Ruhe, die über Aydins gediegener Herberge liegt, in der vereinzelt, wie vom Weg
abgekommene Touristen auf Zwischenstation
immer nur ein paar Nächte bleiben, hat sich
längst auch wie ein dämpfender Schleier auf
die in weiter Ausdehnung umliegende Siedlung
gelegt, in der ihm ebenfalls Wohnungen gehören, die er vermietet; in einer Gegend, in der es
keine Arbeit gibt und kein Geld.
Ein Steinwurf vertieft gleich zu Beginn
des Films den unsichtbaren Graben, der zwischen Aydin, dem intellektuellen Hofherren
und der Notgemeinschaft der anderen verläuft,
als der kleine Ilyas (Emirhan Doruktutan) einen Felsbrocken gegen die Windschutzscheibe
jenes Autos wirft, in dem sich Aydin von seinem treuen Assistenten (Ayberk Pekcan) täglich
durch die Gegend chauffieren lässt, als würde er
- immer gütig lächelnd - patrouillieren. Ilyas Vater Ismail (Nejat Isler) kann die Reparatur des
Risses nicht bezahlen, Aydin besteht allerdings
auf die Wiederherstellung der Oberfläche, gibt
Ilyas - als Geste großer Güte - dafür aber vorerst
alle Zeit, die er brauchen mag.
Nicht das erste Mal nimmt Ceylan (der
dieses Drehbuch mit seiner Frau Ebru schrieb)
deutliche Anleihen bei Anton Tschechow;
in Once upon a Time in Anatolia hatte er ganze Szenen aus dessen Kurzgeschichten adaptiert. Hier nun folgt er deutlich wieder einer
von der russischen Literatur beeinflussten
moralisch-philosophischen Dramaturgie und
konzentriert die Dialoge auf die Gefühlslagen
und Haltungen und das Verhältnis der Figuren
zueinander, oftmals unterlegt mit Klängen aus
Schuberts 20. Klaviersonate (und darin eine
Anspielung auf Bressons Au hasard Balthazar).
Wie als Spiegel der Dynamik eines jeden dieser großartigen, ausufernden, tiefreichenden
und perfekt choreografierten Dialoge, in dem
die Figuren jedes Mal in feinen Manövern
gleich unmerklicher Schachzüge ins Taumeln
gebracht werden, kreiert der Film im Schnitt
oft den Kuleshov-Effekt, in dem sich die Bedeutung einer Szene erst durch zwei aufeinanderfolgende Einstellungen erschließt und
nicht in einer Einstellung alleine.
Es ist eine brodelnde Sprache, die jede der
Figuren hier benutzt; aufgeladen mit Unterschwelligkeit, wie man sie in Gefühls-Kriegen
abfeuert, also dann, wenn man rücksichtslos
parieren will und Wörter wie Waffen einsetzt.
Nach außen hin jedoch merkt man ihnen den
Kampf nicht an, auch nicht dem Onkel von
Ilyas zum Beispiel, Hamdi (Serhat Kiliç), einem
Imam ohne Rückgrat, der Ilyas eines Tages zur
Entschuldigung vor Aydin zwingen möchte.
Ein sichtbares Schlachtfeld offenbart aber
auch diese Szene nicht und nur einmal führt
Ceylan erneut in diese Nähe, als er Aydin
während eines seiner nächtlichen Spaziergänge Zeuge des Todeskampfes eines Pferdes
werden lässt, das sich in Seilen in einem Fluss
verheddert hat.
Die subtile Ambiguität dieser Szene, in der
Aydin wie ein Gnadenbringer fungieren wird,
entsteht zu diesem Zeitpunkt bereits aus der
Figur dieses Fädenziehers selbst. Die Machtund Hierarchieverhältnisse in diesem wie aus
der Welt gefallenen Ort, der Aydin gewissermaßen als Bühne dient, sind nun in einer Dimension erahnbar, die ihren ganzen Abgrund
noch entfalten wird.
Wie greifen Mechanismen, erst unbemerkt
und unterschwellig, die eine Diktatur entstehen lassen? Wie leicht tauscht man Widerstand
gegen Wohlstand?
Nahtlos fügt sich entlang dieser Gedanken
eine der letzten Szenen in diesem Film ein:
Auf einer ihrer Patrouillenfahrten durch die
pittoreske Einöde kommen Aydin und sein Assistent eines frühen Morgens an einem bisher
unentdeckten Ortsschild vorbei. Aydin lässt
das Auto auf der Anhöhe zurückschieben und
anhalten, und dann ist es, als täte sich ein Vorhang auf. Mit Aydin blickt die Kamera über
dessen Schulter die Böschung hinab auf ein
friedvoll schlummerndes Dorf, und der Hüter
des Winterschlafs lächelt gütig.
•
Nuri Bilge Ceylan
Winterschlaf
(Deutschland, Frankreich,
Türkei 2014)
Regie Nuri Bilge Ceylan
Drehbuch Ebru Ceylan, Nuri Bilge Ceylan
Darsteller Haluk Bilginer, Melisa Sözen, Demet
Akbag, Ayberk Pekcan, Serhat Mustafa Kiliç,
Nejat Isler
Kamera Gökhan Tiryaki
Schnitt Nuri Bilge Ceylan, Bora Göksingöl
Produktion Zeynofilm, Bredok Filmproduction,
Memento Films Production
Verleih Stadtkino Filmverleih
Format DCP / Farbe
Länge 196 Min.
Fassung OmU
Auszeichnungen
Cannes Film Festival: Goldene Palme,
FIPRESCI-Preis
Ab 20. Februar 2014 im
Stadtkino im Künstlerhaus.
Daniel Glattauer
Die Wunderübung
ab 21. Jänner
Regie
Michael Kreihsl, Bühnenbild Conrad Reinhardt,
Kostüme Erika Navas
Mit Aglaia
Szyszkowitz, Bernhard Schir
und Jürgen Tarrach
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Trailer zu sehen auf
www.josefstadt.org
Karten und Info unter:
T +43 1 42700-300
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Nuri Bilge Ceylan, „Winterschlaf“
StadtkinoZeitung
Die Seele des Zuschauers
mit Emotionen füllen
„Winterschlaf“ gewann genau in dem Jahr die Goldene Palme, in dem sich der Geburtstag
des türkischen Kinos zum hundertsten Mal jährte.
W
ie die meisten von Ceylans Filmen
ist auch Winterschlaf inspiriert von
den Werken Tschechows, außerdem finden sich Anleihen von Shakespeare und
Molière. Tonal wird der Film von Schuberts
Klaviersonate in A-Dur gerahmt. Das Drehbuch, das Ceylan mit seiner Frau Ebru verfasste, umfasst 183 Seiten und ähnelt in seinem
Umfang laut Hauptdarsteller Haluk Bilginer
dem New Yorker Telefonbuch. Der Name der
Hauptfigur, Aydin, ist Türkisch für „Intellektueller“ und die Geschichte enthält laut Ceylan
einige autobiographische Elemente, ist aber
größtenteils inspiriert durch Erlebnisse von
Freunden des Regisseurs, darunter auch viele
ehemalige Schauspieler. Laut Ceylan befinden
sich viele türkische Intellektuelle – besonders
ehemalige Schauspieler – in einer Art Winterschlaf: „Denn sie haben ihr ganzes Leben lang
in Shakespeare-Stücken gespielt. Sie leben ein
sehr intellektuelles Leben in geschlossenen
Kreisen zusammen mit anderen Schauspielern.
In jedem Land gibt es solche Unterschiede,
die Intellektuellen sind immer ein wenig von
der Gesellschaft isoliert.Vielleicht kommt dieses Phänomen in der Türkei etwas mehr zum
Tragen.“
Der Hauptdarsteller Haluk Bilginer spielte
bereits in einigen internationalen Produktionen wie The International (2009) mit, während
Melisa Sözen bisher vor allem in türkischen
TV-Serien zu sehen war. Demet Akbag hingegen ist einem größeren Publikum durch ihre
Mitwirkung in erfolgreichen türkischen Komödien wie Organize Isler (2005) und Eyyvah
„Ein Mensch
bleibt natürlich
ein Mensch …“
Eyvah (2010) bekannt. Gedreht wurde Winterschlaf über zwei Monate in der spektakulären
Landschaft des UNESCO Weltkultur- und
Weltnaturerbes Kappadokien und weitere vier
Wochen in einem Istanbuler Studio.
Nachdem sie verschiedene Kameras getestet hatten, entschieden sich Ceylan und sein
Kameramann Gökhan Tiryaki für eine Sony
F65. Seit Iklimer – Jahreszeiten dreht Ceylan
ausschließlich digital: „Ich mag am digitalen
Filmen, dass ich alles kontrollieren kann. Für
mich bedeutet Film, durch künstliche Elemente Wahrheiten zu erzählen. Alles ist künstlich, aber das Ergebnis sollte etwas über Wahrheit erzählen. Mithilfe des Digitalen kann ich
all die künstlichen Elemente kontrollieren. Ich
kann sie so verändern, wie ich die Wahrheit
herausarbeiten möchte.“
Auf der Suche nach einem literarischen Kino: Der türkische Palmen-Gewinner in Cannes 2014, Nuri Bilge Ceylan (re.).
Ceylan verfügte nach den Dreharbeiten über
200 Stunden Material, das er auf ursprünglich
4 ½ Stunden verkürzte. Nuri Bilge Ceylan
ist kein offen politischer Filmemacher. Wenn,
dann äußert er sich in seinen Dankesreden,
wie auch dieses Jahr in Cannes, wo er seine
Goldene Palme „den jungen Menschen in
der Türkei und denjenigen, die im vergangenen Jahr ihr Leben verloren haben“ widmete
und sich dabei indirekt auf die Proteste in der
Türkei gegen die Regierung Erdoğan bezog.
Zudem riefen er und sein Ensemble auf dem
roten Teppich mit Zetteln zum Gedenken an
die Opfer des Grubenunglücks in dem türkischen Ort Soma auf.
In einem seiner seltenen Interviews lässt der
Regisseur kleine Einblicke in seine Arbeitsweise zu.
„Winterschlaf“ ist sehr dialoggetrieben, was im
Gegensatz zu früheren Filmen einen neuen Ansatz darstellt.Wie kommt das?
Ich mag Dialoge sehr gerne und zufälligerweise gab es auch sehr viele davon in
meinem Spielfilmdebut Kasaba; da wir aber
keine Live-Tonaufnahmen gemacht haben,
gab es einige Probleme. Seitdem war ich
Dialogen gegenüber etwas ängstlich eingestellt. Aber mir gefällt Theater ebenfalls sehr.
Diesmal habe ich also nicht nur viel mehr
Dialoge im Film als sonst, er ist auch sehr
literarisch. Es handelt sich um eine Sprache,
die im Theater und in der Literatur weit
verbreitet, aber im Kino sehr riskant ist,
weil sie in diesem Medium vielleicht nicht
funktioniert. In meinen frühen Filmen war
ich sehr gewissenhaft darin, natürliche und
realistische Dinge zu tun und zu zeigen. Ich
habe eingesehen, dass das heutzutage gang
und gäbe ist, sogar in der Fernsehwerbung,
wo zum Beispiel oft schon Umgangssprache benutzt wird. Deshalb habe ich mich
hin zu einer literarischen Form des Dialogs
gearbeitet, um herauszufinden, ob Shakespeare oder Dostojewski heute noch im
Kino funktionieren würden. Da die Dialoge
ziemlich elaboriert sind, brauchte ich professionelle Schauspieler, da Laien mit diesen
Texten Schwierigkeiten hätten.
Der Film berührt eine Vielzahl von Themen: Ehe,
Politik, soziale Probleme. Ist er eine Bestandsaufnahme der Ereignisse, die derzeit die Türkei
bewegen?
In meinem Film gibt es keine Verweise auf
die aktuelle Situation in der Türkei. Ich bin
der Meinung, ein Regisseur sollte nicht auf
gegenwärtige Vorkommnisse in seinem Land
anspielen, denn er oder sie hat die Pflicht,
Dinge mit einem größeren Blick zu untersuchen. Denn alles, was auf dieser Erde
passiert, kann erklärt werden, indem man
über die Natur des Menschen nachdenkt. Ein
Filmemacher ist kein Journalist. Natürlich
kann er oder sie die Arbeit wie ein Journalist
auffassen, aber darüber hinaus glaube ich, dass
er oder sie auch die Seele des Zuschauers ansprechen, sie mit Emotionen füllen soll. Wenn
das Publikum sich dann ein bisschen für
bestimmte Dinge schämt, bedeutet das, der
Film hat in gewisser Weise Erfolg. Die Seele
des Menschen zu verstehen ist stets meine
Motivation Filme zu machen.
Weshalb haben Sie einen derartig außergewöhnlichen Drehort ausgesucht?
Eigentlich wollte ich dort nicht drehen,
aber nach einiger Recherche hatte ich keine
andere Wahl. Die Landschaft sollte einfach
sein, gleichzeitig aber auch touristisch. Nur in
Kappadokien gab es im Winter noch Touristen im Winter. Der Ort durfte zudem nicht
in der Nähe großer Städte sein, somit war das
die einzige Möglichkeit. Ich hatte etwas Angst
vor dem Dreh dort, denn es handelt sich um
eine wunderschöne Region, schöner, als ich
sie mir je erträumen hätte können, und ich
hoffe, der Film wird ihr gerecht.
Was war der Ausgangspunkt für den Film?
Er basiert auf drei Kurzgeschichten von
Tschechow, die auch Teile der Dialoge inspirierten. Uns begegnen ähnliche
Situationen wie in diesen Geschichten in
unserem täglichen Leben und ich hatte den Eindruck, diese wären wie für die
Türkei geschrieben worden. Wo immer man
hingeht, ein Mensch bleibt natürlich ein
Mensch, aber ich würde nicht sagen, dass
ich einen Film über einen ganz bestimmten
Menschen gemacht hätte. Mir gefällt es,
mehrdeutige Filme zu machen, die einen
mit gemischten Gefühlen zurück lassen.
Manchmal werde ich gefragt, wie ich meine
Filme mit einem Wort oder Satz beschreiben würde und ich schaffe es nicht.
Verkörpern Ihre Figuren einen pessimistischen
Blick auf die Welt?
In meinen Charakteren findet sich so viel
Hoffnung wie im Leben selbst. Manche Regisseure tendieren dazu, am Ende eines Films
noch eine optimistische Note einzuführen
– ich nicht. Ich bin ziemlich realistisch und
manchmal muss man eben wissen, wie man
ein Pessimist sein kann. Zuerst hielt ich den
Schluss des Films sogar für etwas zu optimistisch, deshalb habe ich Aydins Passage etwas
undeutlicher gemacht, damit seine Last auch
etwas von seiner Ehefrau getragen werden
kann. Es gefällt mir nicht, wenn wir im Film
sofort verstehen, worauf Personen hinaus
wollen, und am Ende hätte Aydin was er sagt
auch sagen können um sich selbst zu befreien.
Damit wäre er aber nicht ehrlich, und so habe
ich das etwas verschleiert.
Nuri Bilge Ceylan über „Winterschlaf“: „Ich liebe es Filme zu machen, die einen mit gemischten Gefühlen zurück lassen."
StadtkinoZeitung
Festivalzeit im Filmhaus Kino
07
FrauenFilmTage 2015
Ab dem 27. Februar 2015 im Filmhaus Kino am Spittelberg.
ist, gerade dann, wenn es um kritische gesellschafts- oder frauenpolitische Themen geht.
So hatte Difret die Unterstützung von Angelina Jolie als Co-Produzentin und erlangte damit hohe Aufmerksamkeit. Diverse Preise wie
der Sundance Audience Award zeigen, dass das
Publikum diese Zielsetzung honoriert.
Auch andere Filmschaffende engagieren
sich in dieser Weise, so Tom Tykwer und Marie Steinmann mit One Fine Day Films. 2011
entstand Something Necessary von Judy Kibinge
über die Folgen der Unruhen nach der Präsidentschaftswahl in Kenia 2007. Wie bereits
zuvor der vielfach ausgezeichnete Nairobi Half
Life - entstand Something Necessary im Rahmen
eines Workshops in Nairobi als gemeinsame
Initiative von One Fine Day Films, Deutsche
Welle Akademie und der kenianischen Produktionsfirma Ginger Ink. Das Ziel dieser Kooperation ist, die Entwicklung des modernen
afrikanischen Films zu unterstützen und talentierten FilmemacherInnen die Möglichkeit
zu geben, ihre Geschichten einem größeren
Publikum zugänglich zu machen. Die FrauenFilmTage sehen es folgerichtig auch als ihre
Aufgabe, diese Filme ins Programm aufzunehmen. Weder Difret noch Something Necessary
werden aus heutiger Sicht regulär in österreichischen Kinos laufen.
Dass gesellschaftspolitische Themen auch in
humorvollen Filmen aufgearbeitet werden, ist
selten der Fall. Der große Erfolg von Filmemacherinnen wie Nadine Labaki (Caramel) bestätigt allerdings, dass gerade die Kombination aus
Humor und Gesellschaftspolitik nicht nur bei
den JurorInnen gut ankommt. Die kommenden
FrauenFilmTage werden der Frage nachgehen,
was für einen gesellschaftspolitischen und humorvollen Film notwendig ist. •
Engagiertes Kino von Frauen aus aller Welt
Fotos: Alamode Film
D
… „Difret“ aus Äthiopien
Opre Roma Film-Festival
Das vollständige Programm gibt es ab 5. März auf
www.frauenfilmtage.at.
17. FEBRUAR – 12. MAI 2015
Foto: www.cure-film.com
ie kommenden FrauenFilmTage
starten mit Cure – Das Leben einer
anderen von Andrea Štaka. Nach acht
Jahren und ihrem großen Erfolg Das Fräulein
(u.a. Goldener Leopard in Locarno 2006) widmet sich die Regisseurin abermals dem Thema
Fremdsein und der Suche nach Geborgenheit.
Kamera führte Martin Gschlacht, Ko-Drehbuchautorin war Marie Kreutzer.
Seit 2010 bildet die Personale zu einer
Filmschaffenden ein Highlight im Programm
der FrauenFilmTage. Die kommende ist Katharina Wöppermann und dem Thema Szenebild gewidmet. Im Rahmen der Personale
werden Amour Fou von Jessica Hausner und
der humorvolle Film Im Kreise der Lieben von
Hermine Huntgeburth gezeigt. Beide Regisseurinnen haben sich zu einem Gespräch
angekündigt. Außerdem ist Teil der Personale
Women Without Men von Shirin Neshat mit
Kameramann Martin Gschlacht, der für das
Publikumsgespräch seine aktuellen Dreharbeiten unterbrechen wird.
Kämpferische Frauen bilden einen weiteren
Programmschwerpunkt. Ganz bewusst stehen
Aktivistinnen im Vordergrund, die für ihre
Rechte, ihre Selbstbestimmung und ihre Visionen einstehen. Der vielfach prämierte Spielfilm Difret (Das Mädchen Hirut) nach einer
wahren Geschichte über die mutige Anwältin
Meaza Ashenafi ist ein Beispiel. In Äthiopien
erlangte sie Bekanntheit, weil sie mit ihrer
Organisation für die Rechte von Frauen und
Kindern kämpft. Ashenafi vertrat mit Erfolg
den Fall der 14-jährigen Hirut, die verschleppt
und vergewaltigt wurde, und daraufhin ihren
Peiniger tötete. Aufgrund der Hilfe der Anwältin wurde das Mädchen nicht zum Tode
verurteilt. Der Film arbeitet Ashenafis und Hiruts Kampf auf. Diese Produktion ist ein Beispiel dafür, dass in vielen Ländern Filmschaffen ohne ausländische Hilfe kaum möglich
... Andrea Štakas aufwühlendes Coming-of-Age-Drama „Cure“
Impressum Telefonische Reservierungen von Mo. bis Do. 8.30-17 Uhr, Fr, 8.30-14 Uhr
unter 522 48 14 – während der Kassaöffnungszeiten: Stadtkino im Künstlerhaus Akademiestraße 13, 1010 Wien, Tel. 712 62 76 / Filmhaus Kino am Spittelberg Spittelberggasse
3, 1070 Tel. 522 48 16. Online www.stadtkinowien.at Herausgeber, Medieninhaber
Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H., Spittelberggasse 3/3, 1070 Wien
Graphisches Konzept Markus Raffetseder Redaktion Claus Philipp Druck
Druck Styria GmbH & Co KG, Styriastraße 20, 8042 Graz Offenlegung
gemäß Mediengesetz 1. Jänner 1982 Nach § 25 (2) Stadtkino Filmverleih und Kinobetriebsgesellschaft m.b.H. Unternehmungsgegenstand Kino, Verleih, Videothek Nach § 25 (4) Vermittlung von Informationen auf dem Sektor Film und Kino-Kultur. Ankündigung von Veranstaltungen des Stadtkinos. Preis pro Nummer 7 Cent / Zulassungsnummer GZ 02Z031555
Verlagspostamt 1150 Wien / P.b.b.
„Geronimo“ – Der neue Film von Tony Gatlif
E
rstmals widmet sich ein Filmfestival dem
Leben der Roma, ihrem Kampf um ein
würdiges Leben und ihrem Recht auf
Bildung und Anerkennung.
Das Festival möchte ein neues, differenziertes Bild und vor allem eine neue Perspektive auf dieses Thema ermöglichen. Besondere Einflüsse wie das Cinéma Vérité oder Direct
Cinema haben die Arbeit und Sichtweisen
der jungen Roma-FilmemacherInnen dahingehend geprägt, dass sie ihre filmischen Geschichten mutig und mit geschärftem Blick
auf die oft mehr als triste Realität erzählen.
Das Filmfestival läuft parallel zur Ausstellung
Romane Thana. Orte der Roma und Sinti (12.
Februar – 17. Mai) im Wien Museum am
Karlsplatz und ergänzt so den historischen
Blick auf dieses Thema durch eine aktuelle
Schwerpunktsetzung im Opre Roma FilmFestival Programm.
Weitere Programmpunkte des Festivals stellen
wir in unserer kommenden Ausgabe vor.
DI., 17.2.15 19:30 UHR
ERÖFFNUNG – STADTKINO IM
KÜNSTLERHAUS
Eröffnungsfilm GERONIMO
Regie:Tony Gatlif, 2014, 104 min., frz. OmeU
Eine Braut läuft durch die menschenleeren Straßen eines Vorortes in Südfrankreich. Nil (Nailia Harzoune) flieht vor der Zwangsheirat mit
einem älteren Mann. Mit schmutzigem Kleid
und fliegendem Spitzenschleier ist Nil auf dem
Weg zu jenem Mann, den sie liebt. Als Lucky
(David Murgia) seine Geliebte am Hochzeitstag befreit, entfacht er den Zorn der Familie der
jungen Frau. Die Familie setzt alles daran, ihre
Ehre zu retten und die Liebenden zu töten. Geronimo (Céline Sallette) ist eine junge und engagierte Sozialarbeiterin, die versucht alles daran
zu setzen, ein Blutvergießen zu verhindern.
IM ANSCHLUSS
LIVE PERFORMANCE: Mindj Panter
(Sandra Selimovic, Simonida Selimovic und
Saša Barbul), Musik:Trio Pilerovi
MEMENTO FILMS PRÄSENTIERT
EIN ATEMBERAUBENDER FILM.
THE GUARDIAN
WINTERSCHLAF
EIN FILM VON
NURI BILGE CEYLAN
PRODUZIERT VON ZEYNEP ÖZBATUR ATAKAN KOPRODUZIERT VON ALEXANDRE MALLET-GUY MUSTAFA DOK MIT HALUK BİLGİNER MELİSA SÖZEN DEMET AKBAĞ AYBERK PEKCAN SERHAT KILIÇ TAMER LEVENT NADİR SARIBACAK MEHMET ALİ NUROĞLU UND NEJAT İŞLER DREHBUCH EBRU CEYLAN NURİ BİLGE CEYLAN FREI NACH DREI ERZÄHLUNGEN VON ANTON TCHEKHOV KAMERA GÖKHAN TİRYAKİ REGIE-ASSISTENZ ÖZGÜR SEVİMLİ AUSSTATTUNG GAMZE KUŞ SCHNITT NURİ BİLGE CEYLAN BORA GÖKŞİNGÖL TON ANDREAS MÜCKE NIESYTKA THOMAS ROBERT BENOIT GARGONNE LARS GINZEL AUSFÜHRENDER PRODUZENT SEZGİ
ÜSTÜN NATIONAL NATIONALE KOPRODUZENTEN MUZAFFER YILDIRIM MÜGE KOLAT OLIVIER PÈRE RÉMİ BURAH NURİ BİLGE CEYLAN EIN ZEYNO FILM - MEMENTO FILMS PRODUCTION - BREDOK FILM PRODUCTION KOPRODUKTION IN ZUSAMMENARBEIT MIT ARTE FRANCE CINÉMA - MARS ENTERTAINMENT
GROUP - IMAJ GEFÖRDERT VON EURIMAGES - KULTUR- UND TURISMUSMINISTERIUM – TÜRKISCHE REPUBLIK - ARTE FRANCE - MEDIENBOARD BERLIN BRADENBURG - WORLD CINEMA SUPPORT - CENTRE NATIONAL
DU CINÉMA ET DE L’IMAGE ANIMÉE - MINISTERY OF FOREIGN AFFAIRS (FRANCE) - INSTITUT FRANÇAIS - POST REPUBLIC - SONY - WELTVERTRIEB MEMENTO FILMS INTERNATIONAL BREDOK FILM
AB 20. FEBRUAR 2015 IM STADTKINO IM KÜNSTLERHAUS

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