Sanktionen gegen Island und die Färöer Inseln
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Sanktionen gegen Island und die Färöer Inseln
Ressource Makrelenkrieg im Nordostatlantik Sanktionen gegen Island und die Färöer Inseln wären ein Problem Seit drei Jahren schwelt ein Konflikt um die Makrelenfischerei im Nordostatlantik. Island und die Färöer haben sich hohe Fangquoten genehmigt, die von der Europäischen Union und Norwegen nicht akzeptiert werden. Jetzt hat das EU-Parlament den Weg geebnet für Sanktionen gegen die beiden Inselstaaten. Doch was hat es für Folgen, wenn jegliche Fischeinfuhr von dort in die EU verboten wird ? D er Makrelenkrieg zwischen Island und den Färöer Inseln auf der einen Seite sowie der Europäischen Union und Norwegen auf der anderen eskaliert allmählich. Mitte 46 FischMagazin 12 / 2012 September hat das Europäische Parlament der Möglichkeit zugestimmt, Wirtschaftssanktionen gegen die beiden Inselstaaten zu verhängen. Damit kann die EUKommission die Einfuhr sämtli- cher Fischprodukte aus Staaten verbieten, denen eine nicht nachhaltige Befischung gemeinsamer Fischbestände vorgeworfen wird. Das betrifft im konkreten Fall die Makrele im Nordost-Atlantik. Der Auslöser eines möglichen Wirtschaftskrieges: weil Island und die Färöer für die nordostatlantische Makrele die Hälfte der empfohlenen TAC beanspruchen, droht die EU mit einem Einfuhrverbot für sämtlichen Fisch aus den beiden Inselstaaten. Hintergrund: Island hat seine Fangquote für die Makrele von 363 Tonnen im Jahre 2005 auf derzeit 147.000 Tonnen (2012) angehoben, während die Färöer sich selbst eine Steigerung ihrer TAC von 27.830 Tonnen (2009) auf jetzt 149.000 Tonnen (2012) genehmigt haben. Das sind fast 50 Prozent jener 600.000 Tonnen, die der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) gegenwärtig als für den Bestand nachhaltig empfiehlt. Da sich Norwegen und die EU im Rahmen eines bilateralen Abkommens als eigene Fangquoten 181.085 Tonnen bzw. 396.468 Tonnen zugesprochen haben, www.fischmagazin.de [ Ressource ] liegt die Gesamt-TAC für die nordostatlantische Makrele mit 873.553 Tonnen fast 50 Prozent über der wissenschaftlich empfohlenen Fangmenge. Fischindustrie besorgt über Sanktionspläne In Fischerkreisen, insbesondere in Schottland, wird die Sanktionsdrohung der EU gutgeheißen. Bertie Armstrong, Chef der Scottish Fishermen‘s Federation (SFF), hält ein derartiges Einfuhrverbot für die einzige Möglichkeit und auch der Vorstand der Scottish Pelagic Fishermen‘s Association, Ian Gatt, begrüßt die Boykott-Pläne. Doch was den EU-Fischern leicht von der Zunge geht, treibt der In Fischerkreisen, insbesondere in Schottland, wird die Sanktionsdrohung der EU gutgeheißen. Doch was den EU-Fischern leicht von der Zunge geht, treibt der europäischen Fischindustrie die Sorgenfalten auf die Stirn. (Foto: Schiffe im Hafen von Peterhead) Emder Wintermatjes – der feine Zarte. Würziger Zimt in Kombination mit Rotwein verleihen der Marinade unseres Wintermatjes den typisch weihnachtlichen Geschmack, der durch Nelken, Kardamom und Piment zusätzlich verfeinert wird. Genießen Sie das Geschmackserlebnis des Winters. Fokken & Müller GmbH & Co. KG | Am Eisenbahndock 9-13 | D-26725 Emden | Tel. 0 49 21-97 89-0 | Fax 0 49 21-97 89 11 | [email protected] Echte Matjeslets • Matjes • Marinaden • Feinkostsalate www.fischmagazin.de FischMagazin 12 / 2012 47 [ Ressource ] europäischen Fischindustrie – ob in Großbritannien oder auf dem Kontinent – die Sorgenfalten auf die Stirn. Wenngleich Dr. Matthias Keller, Geschäftsführer des Bundesverbandes der deutschen Fischindustrie und stellvertretender Vorsitzender des europäischen Fischgroßhandelsverbandes (CEP), nicht ernsthaft mit der Umsetzung dieser Drohgebärde rechnet, hat sich das Portal IntraFish die Frage gestellt: Wie stünde es um die Versorgung der Fischwirtschaft, wenn jeglicher Fischimport aus Island und von den Färöer Inseln in die EU wegfiele ? Island liefert jeden zweiten Rotbarsch, jeden fünften Kabeljau „Die Konsequenzen derartiger Sanktionen sind ersichtlich, wenn wir uns die entsprechenden Zahlen in unserer jüngst erschienenen ‚Finfish Study 2012‘ anschauen“, meint Dr. Keller. Ein Blick in die aktuelle Untersuchung, gemeinsam erstellt von der CEP und der Vereinigung der europäischen Fischverarbeiter (AIPCE), zeigt, dass Island im vergangenen Jahr fast 305.000 Tonnen Weißfisch in die EU exportiert hat – das sind mehr als zehn Prozent Bei Kabeljau und Seelachs stammt jeder fünfte in der EU konsumierte Fisch aus Island, beim Rotbarsch nahezu jeder zweite: 2011 exportierte Island 203.000 Tonnen Kabeljau in die EU, 38.000 Tonnen Seelachs, 37.000 Tonnen Rotbarsch. des Gesamtmarktes. Bei Kabeljau und Seelachs stammt jeder fünfte in der Gemeinschaft konsumierte Fisch aus Island, beim Rotbarsch nahezu jeder zweite: 2011 exportierte Island fast 203.000 Tonnen Kabeljau in die EU, 38.000 Tonnen Seelachs und 37.000 Tonnen Rotbarsch. Von den Färöer Inseln kommen weitere 71.500 Tonnen Weißfisch, davon die Hälfte Kabeljau. Ein Blick auf die Rangliste der für die EU (27) wichtigsten Lieferländer für Weißfisch aus Wildfischerei zeigt Island auf Platz 5 und die Färöer auf Platz 9. Unter den Fischlieferländern für Deutschland liegt Island mit ei- nem Anteil von zwei Prozent immerhin auf Rang 10, gleichauf mit Litauen und Russland. „Sowohl für Island als auch für die EU sind die jeweiligen Anteile ziemlich hoch“, erklärt Guus Pastoor, Präsident der AIPCE-CEP, und urteilt: „Ein Boykott wäre die schlimmste Situation, die wir bekommen Isländischer Anteil an EU-Marktversorgung bei ausgewählten Fischarten 2011 Fischart EU-Markt insgesamt in Tonnen Island Färöer Inseln 2.935.300 1.010.188 185.703 80.020 222.280 82.769 936.976 936.574 484.504 967.511 386.241 5.292.766 304.955 202.770 38.231 37.165 26.788 3.188 99 69.697 9.981 25.119 717.993 71.512 37.033 28.045 1.169 227 54.687 24.201 35.275 614 116.173 wichtige Weißfischarten Kabeljau Seelachs Rotbarsch Schellfisch Scholle Lachs Hering Makrele Garnelen Surimi zusammen 48 FischMagazin 12 / 2012 Import in Tonnen von Anteil am EU-Verbrauch in Prozent Island 10,4 % 20,1 % 20,6 % 46,4 % 12,1 % 3,9 % 0,0 % 7,4 % 2,1 % 2,6 % - Färöer 1,4 % 3,6 % 15,1 % 1,5 % 0,2 % 5,8 % 2,6 % 7,2 % 0,2 % Island + Färöer 11,8 % 23,7 % 35,7 % 47,9 % 12,1 % 4,1 % 5,8 % 10,0 % 9,3 % 2,6 % 0,2 % Quelle: AIPCE-CEP, Finfish Study 2012 www.fischmagazin.de fast 30 Fallen durch ein Einfuhrverbot 240.000 Tonnen Kabeljau aus Island und von den Färöern weg, gibt es Probleme: „Nur weil Norwegen Fisch hat, können Sie nicht einfach von gefrorenem Kabeljau H&G auf frische, vorverpackte Filets umsteigen.“ könnten, denn Kriege produzieren niemals Sieger – deshalb sollte das nicht passieren.“ Umstieg auf Alternativen wäre aufwendig Gäbe es Alternativen zur Fischeinfuhr aus Island ? „Selbst wenn anderer Fisch zur Verfügung steht, wird es zumindest kurzfristig Probleme geben“, ist sich Steven Norton sicher, Geschäftsführer der Grimsby Fish Merchants Association. In dem englischen Ostküstenhafen Grimsby sind etwa 54 Prozent des Fischs isländischer Provenienz. EU-Vertreter haben sich das 2013 zur Verfügung stehende Angebot an Kabeljau insbesondere aus Russland und Norwegen angeschaut und haben angesichts im kommenden Jahr steigender Fangmengen notiert, dass es im nächsten Jahr genug Kabeljau gebe. Doch die Situation ist komplizierter, meint der Einkäufer eines führenden europäischen Verarbeiters www.fischmagazin.de von Frostfisch, und verweist auf logistische Probleme: „Nur weil Norwegen Fisch hat, können Sie nicht einfach von gefrorenem Kabeljau H&G auf frische, vorverpackte Filets umsteigen. Die Lieferketten hierfür existieren noch nicht.“ In Großbritannien treffen sich deshalb demnächst Vertreter der Fischwirtschaft mit Fischereiminister Richard Lochhead, um ihm die Folgen für die nachgelagerte Lieferkette bewusst zu machen. Auch isländische Stimmen bedauern, wenn die Chance vertan würde, im kommenden Jahr etwa mit Kabeljau zu vernünftigen Preisen bestimmte Käuferschichten wiedergewinnen zu können. Letztendlich zweifelt aber der namentlich nicht genannte isländische Akteur ebenso wie Deutschlands Verbandsfunktionär Dr. Matthias Keller daran, dass es tatsächlich zu Sanktionen kommen wird. Doch solange sich im „Makrelenkrieg“ keine der beiden Seiten bewegt, tickt die Uhr. bm