CROSSRÄDER - TOUR Magazin

Transcrição

CROSSRÄDER - TOUR Magazin
CROSSRÄDER
QUERFELD
Der Winter hat noch nicht mal begonnen und Sie haben jetzt schon den Blues? Dann verlängern
aufs Crossrad! Unser Test von acht Stollenrennern bis 2.000 Euro verrät, womit die Quertreiberei
TEXT: MANUEL JEKEL FOTOS: THOMAS RATHAY
S
FEIN
Sie die Rennradsaison – und satteln um
besonderen Spaß macht
pätestens, wenn im Oktober die Uhren zurückgedreht werden, fragen sich viele Rennradler, wie sie
den langen Winter sportlich überbrücken sollen.
Laufen, Rollentraining, Muckibude? Wenn Ihnen
bei derlei Vorschlägen nicht warm ums Herz wird,
unser Tipp: Steigen sie aufs Crossrad um. Der lange Zeit
archaisch anmutende Geländerenner erlebt momentan eine
erstaunliche Renaissance. Wer’s nicht glaubt, der muss nur
mal einen Blick in den aktuellen Anzeigenteil von TOUR
werfen. Landauf, landab werben Hersteller und Händler für
das vor kurzem noch in Erinnerung an den vierfachen Weltmeister der 70er- und 80er-Jahre als „Klaus-Peter-ThalerGedächtnisrad“ verspottete Crossrad. Weiteres Indiz: Nach
Jahren des Rückgangs weist der BDR-Wettkampfkalender für
den Winter 06/07 wieder mehr Querfeldein-Rennen aus als
im Vorjahr. Viele Veranstalter bieten neben den Hauptrennen
auch Wettfahrten für Hobby-Crosser ohne Lizenz an (aktuelle Termine im Internet: www.rad-net.de).
Für Radsporthändler ist die steigende Nachfrage ein willkommenes Zusatzgeschäft in der kalten Jahreszeit – zumal das
Mountainbike als Winterrad seit einigen Jahren stagniert. Das
bestätigt Jan Smit, Rennradhändler aus Gustavsburg bei
Mainz: „Wir merken schon im dritten Jahr, dass das Interesse
an Crossrädern anzieht, vor allem im Herbst und Winter. Viele
Rennradler und Triathleten, die früher im Winter Mountainbike fuhren, sind auf einmal ganz heiß auf einen Crosser.“
Holger Petermann, Radhändler im badischen Emmendingen,
beobachtet schon seit längerem eine Trendwende zugunsten
des Crossrades: „Von einem Boom will ich noch nicht sprechen, aber das Crossrad wird wieder anerkannt. Alleine im
vergangenen Dezember haben wir acht Stück verkauft. Viele
Kunden nutzen die Räder nicht nur als Querfeldeinräder,
sondern als Allrounder für Gelände und Straße.“
Genau das macht die Radgattung wohl für viele attraktiv.
In Optik und Technik dem Rennrad sehr ähnlich, ist das
Crossrad deutlich vielseitiger. Ungefedert, aber zwei bis drei
Kilo leichter als ein Mountainbike-Hardtail, ermöglicht es
normales Straßentraining genauso wie wilde Slalomjagden
auf verwinkelten Waldwegen – ideal, um die Trainingsroutine
einmal zu durchbrechen. Zudem zwingt die Geländehatz zu
aktiver Fahrweise – so bleibt man warm und schult die Steuerkunst, von der man auch im Sommer auf dem Straßenrad profitiert. Sie glauben es nicht? Probieren Sie’s!
Zu unserem Test haben wir acht Crossrenner von 800 bis
2.000 Euro eingeladen, vom gutmütigen Trainings-Crosser
bis zum puristischen Wettkampfgerät. Und mit den Modellen
von Hai – eines der wenigen mit mechanischen Scheibenbremsen – und dem Carbonrad von Stevens sind sogar zwei
Räder dabei, die mögliche künftige Entwicklungen bei Crossrädern aufzeigen.
Der Rahmen des Crossrades nimmt viele Anleihen beim
Straßenrad, variiert sie aber, um den vielfältigen Anforderungen im Gelände gerecht zu werden. Augenfällig sind größere
Raddurchläufe in Hinterbau und Gabel sowie Sockel für
Cantilever-Bremsen, damit bis 38 Millimeter breite Stollenreifen ins Rad passen. Aluminium ist als Rahmenwerkstoff
weit verbreitet, Carbon langsam im Kommen, weil es Gewicht
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CROSSRÄDER
Gewollter Umweg: Hindernisse bringen Abwechslung ins Training und fordern den ganzen Körper
spart. Bei Gabeln hat sich der Verbundwerkstoff bereits
durchgesetzt – was angesichts mitunter brutaler, von keiner
Federung gedämpfter Erschütterungen nicht risikofrei ist.
Immer wieder scheiden Fahrer bei Crossrennen nach
Gabelbrüchen aus – regelmäßige Kontrolle der sensiblen
Steuerinstrumente gerade nach Stürzen und harten Schlägen ist deshalb das mindeste Gebot der Sicherheit.
Crossrahmen haben im Vergleich zu Straßenrahmen ein
im Verhältnis zur Rahmenhöhe etwas kürzeres Oberrohr,
der Radstand ist geringfügig länger. Lenk- und Sitzwinkel
ähneln jenen des Straßenrades zunehmend, so dass sich die
Geländerenner sehr agil lenken. Einstige Insider-Features
gehören bei vielen Modellen inzwischen zum guten Ton:
Etwa ein auf der Unterseite abgeflachtes Oberrohr, das bei
Crosser sind anders
Das Testverfahren von TOUR, entwickelt für Straßenrennräder, ist auf Crossräder nur eingeschränkt anwendbar. Weil
die Rahmen-Sets von Crossrädern konstruktionsbedingt
schwerer sein müssen als die von Straßenrädern, würde die
Steifigkeit von Rahmen und Gabel bei bloßer Übertragung
überbewertet. Zudem lassen Praxiserfahrungen den Schluss
zu, dass Fahrstabilität und Seitensteifigkeit der Gabel bei
Crossrädern nicht die gleiche Bedeutung haben wie bei
Straßenrädern. Die Geschwindigkeiten sind geringer, das
Kurvenverhalten wegen der profilierten Reifen völlig anders.
So fiel unseren erfahrenen Testern die Gabel des StevensRenners nicht negativ auf, die mit ihrer unterdurchschnittlichen Seitensteifigkeit in einem Straßenradtest durchgefallen wäre. Die ebenfalls nicht sonderlich seitensteife Gabel
von Red Bull wurde sogar ausdrücklich gelobt. Deshalb
haben wir den Bewertungsschlüssel für Crossräder in diesem
Test an die dem Zweck entsprechenden Erfordernisse angepasst und – zur besseren Unterscheidung vom üblichen
Testverfahren – zehnstellige Skalen eingeführt.
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TOUR 12/ 2006
Tragepassagen bequem auf der Schulter ruht, oder Schaltzugführungen auf dem Oberrohr, damit beim Tragen keine
Züge am Unterrohr scheuern. Ebenfalls durchgesetzt haben
sich Flaschenhaltergewinde – sieben der acht Testräder
haben mindestens eine Flaschenhalterposition. Wer da
stutzt, muss wissen, dass Rennfahrer nie mit Trinkbehälter
unterwegs sind, da der beim Tragen stören würde.
Auch die Ausstattung der Crossrenner weicht in einigen
Punkten vom Straßenrad ab. Zwar sind Schaltbremshebel
und Getriebe mit zehn Ritzeln am Hinterrad inzwischen
Standard, bei den Kurbeln allerdings werden die Kettenblätter speziell kombiniert. Beliebt sind Abstufungen mit
48/38 oder 46/36 Zähnen in Verbindung mit 12/25eroder 12/27er-Kassetten. Die an zwei Testrädern montierten Kompaktkurbeln sind mit 50/34 oder 50/36 Zähnen für
kupiertes Gelände und häufige Rhythmuswechsel unharmonisch abgestuft und für Crosser weniger geeignet.
Bremsen bleiben ein Reizthema. Standard sind an den
meisten Crossrädern immer noch wenig überzeugende
Cantileverbremsen, die an Mountainbikes längst von
V-Brakes oder Scheibenbremsen verdrängt wurden. Sie
bremsen mäßig, sind fummelig einzustellen und fallen oft
dadurch auf, dass die Gabel beim Bremsen kurz vor dem
Stillstand zu vibrieren anfängt – im Test bei Corpus, Focus,
Red Bull und Stevens der Fall. Manche Anbieter experimentieren deshalb mit anderen Bremsen, Ridley etwa mit
seltenen kurzen-V-Bremsen, Hai gar mit mechanischen
Scheibenbremsen, die spezielle Aufnahmen an Rahmen
und Gabel erfordern. Beide Lösungen bieten gegenüber
Cantis zwar einige Vorteile, konnten allerdings nicht vollauf überzeugen. Eine mittlerweile crosstypische Besonderheit sind Zusatzbremshebel, die an sieben der acht Räder
montiert sind – nur Crossrennfahrer Oliver Corpus hat bei
seinem Rad darauf verzichtet. Die Hebel links und rechts
neben dem Vorbau machen vor allem Steilabfahrten sicherer, weil der Lenker oben gefasst und der Körperschwerpunkt deutlich nach hinten verlagert werden kann.
Wie bei Straßenrädern dominiert auch im Cross
die Schalttechnik von Shimano. Komponenten des
italienischen Anbieters Campagnolo spielen, weil
vergleichsweise teurer, bei Serienrädern kaum eine
Rolle, sind aber bei Individualaufbauten durchaus
beliebt. In den USA, wo der Cross-Sport seit Jahren
boomt, versucht seit dieser Saison der amerikanische
Komponentenhersteller Sram mit Macht, seine beiden neuen Rennradgruppen „Force“ und „Rival“ in
der Szene zu etablieren. Auch die beiden derzeit besten Crossrennfahrerinnen, Marianne Vos und Hanka
Kupfernagel, sind seit dieser Saison mit den SramKomponenten unterwegs. Auf das Angebot zumindest
im Cross wirkt sich dieses Sponsoring bislang allerdings noch nicht aus. Lediglich Versandhändler Rose
baute – auf unseren Wunsch hin – ein Testrad mit der
preiswerteren Rival-Gruppe auf.
Für den Praxistest sind wir an einen mythischen
Ort im deutschen Querfeldeinsport gereist. Der
Rundkurs „An den Buchen“ im schwäbischen Magstadt nahe Sindelfingen gehört zu den ältesten und
bekanntesten Querfeldeinstrecken in Deutschland.
Wenige Fahrer kennen den schweren Parcours dort
besser als Hannes Genze und Thorsten Struch, die wir
kurzerhand als Testfahrer engagierten. Genze, 24, war
zweimal – 1999 bei den Junioren, 2001 in der Klasse
U23 – Deutscher Querfeldeinmeister und fährt seit
2005 erfolgreich als Mountainbike-Profi. Sein langjähriger Trainingspartner, Thorsten Struch, 22, wurde
im Januar 2006 zum zweiten Mal Deutscher U23Meister im Cross. Er fährt in diesem Winter seine erste Saison in der Elite-Klasse und gilt als größtes deutsches Cross-Talent seit Jahren.
Die Testfahrer
Thorsten Struch,
22, aus Stuttgart
Beruf: Radprofi (Einzelstarter), Soldat (Sportförderkompanie Todtnau)
Cross-Fahrer seit 1997
Erfolge: Deutscher Crossmeister 2000 (Jugend),
2001 (Junioren), 2003 und
2006 (jeweils U23); 15.
Platz Weltcup-Elite-Rennen
in Wortegem-Petegem 2004
Hannes Genze,
24, aus Sindelfingen
Beruf: Radprofi (Team
Alb-Gold Mountainbike),
Student (Maschinenbau)
Cross-Fahrer seit 1997
Erfolge: Deutscher Crossmeister 1999 (Jugend), 2001
(U23); Deutscher Meister
MTB-Marathon 2004 und
2006; Europameister MTBMarathon 2005
Kritikpunkt Bremse
Typisch für Crossräder: CantileverBremsen, eine seit mehr als 50 Jahren bekannte Felgenbremse, die
beim Mountainbike längst von den
wirksameren V-Brakes verdrängt
wurde. Ihr Vorteil: Im Gegensatz zu
den V-Bremsen harmoniert ihr Übersetzungsverhältnis mit den Schaltbremshebeln von Shimano und
Campagnolo. Außerdem hassen es
Querfeldeinrennfahrer, wenn die
Räder beim Bremsen plötzlich blo-
Cane Creeks Cantileverstopper (oben rechts) überzeugten als einzige Bremse
dieses Typs; kurze V-Brakes (unten links) bremsen besser als Cantis, sind aber
schlechter dosierbar. Quietscht leider: Avid-Scheibenbremse bei Hai
ckieren; die mäßige Wirkung der
Cantilever mit ihrem unbeabsichtigten „ABS“-Effekt wird so zum
Pro-Argument. Dafür sehen viele
Crosser sogar über ein weitverbreitetes Problem hinweg: Bei geringer
Geschwindigkeit und kurz vor dem
Stillstand kommt es mit CantileverBremsen oft zu mehr oder weniger
heftigem Vibrieren der Gabel.
Einige Hersteller montieren deshalb so genannte Mini-V-Bremsen
mit 82 Millimeter langen Bremsarmen, deren Hebelverhältnis zu
den gängigen Rennrad-Schaltbremshebeln passt. Sie bieten
mehr Bremskraft und sind, weil die
Zuggegenhalter an der Bremse sitzen, leichter zu montieren als Cantilever. So fein modulieren wie gute
Rennradbremsen lassen sie sich
aber nicht, außerdem müssen die
Beläge eng an die Felge ein- und
häufig nachgestellt werden, weshalb sie sich bei Rennfahrern nicht
durchsetzen konnten. Corpus, Hai,
Red Bull, Ridley und Stevens bieten
Mini-V-Bremsen aber als Option al-
ternativ zu Cantilever-Bremsen an.
Im Prinzip spräche auch nichts
dagegen, Crossräder wie moderne
Mountainbikes mit Scheibenbremsen auszustatten – außer dass der
Radsport-Weltverband UCI Scheibenbremsen in Crossrennen aus
schwer nachvollziehbaren Gründen
verbietet. Für die überlegene
Bremswirkung einer hydraulischen
Scheibenbremse würden viele Hobby-Crosser wohl über das Mehrgewicht von einigen hundert Gramm
hinwegsehen. Das Problem: Bisher
gibt es keine serienmäßige hydraulische Scheibenbremse, die mit
Rennrad-Schaltbremshebeln kompatibel ist. Per Seilzug angesteuerte mechanische Scheibenbremsen,
die Shimano (getestet am RotwildCrosser in TOUR 10/06) und Avid (in
diesem Test bei Hai) anbieten, sind
zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Ihre Verbreitung wird aber
bislang noch dadurch behindert,
dass es bisher kaum Crossrahmen
und -gabeln mit den erforderlichen
Anbauteilen gibt.
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CROSSRÄDER
CORPUS TEAM ISSUE
Dass der saarländische Versandhändler Oliver Corpus aktiver Cross-Rennfahrer ist,
merkt man seinen Rahmen an, die er in Tschechien bauen lässt. Die Tester lobten das
agile Lenkverhalten und crosstypische Details wie das tragefreundliche Oberrohr
und auf dem Oberrohr verlegte Schaltzüge. Auch die Bremsen – Cantilever-Stopper
von Cane Creek – überzeugten, nicht zuletzt dank guter Koolstop-Beläge, mit ordentlichem Biss und guter Dosierbarkeit und erwiesen sich im Test als klar beste Bremse
dieses Typs. Die Tester monierten indes die fürs
Kraftübertragung (96 Nm/°)
9
Gelände nicht ideale Centaur-Kompaktkurbel von
Campagnolo mit 50/34 Zähnen. Zumindest gewöhnungsbedürftig sind die neuen Centaur2
7
Komfort
Bremsschalthebel, mit denen das Hochschalten
Fahrstabilität
(77 Nm/°)
auf kleinere Ritzel nicht mehr „in einem Rutsch“,
sondern nur noch gangweise möglich ist. Da
7
3
Corpus Räder nach Kundenwunsch aufbaut,
Gewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
lassen sich solche Details aber ändern.
(1.689 g/678 g)*
(47 N/mm)
DAS RAD IM URTEIL DER TESTER:
Hannes Genze: Super wendig – man muss die Kurve nur andeuten, schon will das Rad rum.
Thorsten Struch: Ein Renngerät nach meinem Geschmack. Die Bremsen sind bissig und fein dosierbar.
Preis: 2.000 Euro
Gewicht: 8,85 Kilogramm
Gesamtpunkte: 102
FOCUS CROSS EXPERT
Das zweitgünstigste Rad im Test kam bei den Profis gut an. Lob gab es für das wendige Lenkverhalten, das unten abgeflachte, schulterfreundliche Oberrohr und
Schaltzugführungen auf dem Oberrohr – hier merkt man deutlich die Handschrift
des zweimaligen Deutschen Crossmeisters Jörg Arenz, der inzwischen als Produktmanager für Focus arbeitet. Auch bei der Ausstattung mit Ultegra-Schaltgruppe von
Shimano, attraktiven Easton-Laufrädern und
Kraftübertragung (114 Nm/°)
10
schnellen, griffigen Racing-Ralph-Reifen von
Schwalbe zeigt das Rad kaum Schwächen – bis
auf den merkwürdig geformten Lenker mit sehr
9
1
Komfort
kurzer Vorbiegung und klassischem Bogen,
Fahrstabilität
(87 Nm/°)
den Genze und Struch einhellig ablehnten. Eine
weitere Stärke des Rades: der schlagfeste Lack.
10
1
Ein Manko: das Bremsstottern vorne, insbesonGewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
dere bei langsamer Fahrt.
(1.898 g/721 g)*
(69 N/mm)
DAS RAD IM URTEIL DER TESTER:
Hannes Genze: Das Rad gefällt mir sehr gut – bis auf den Lenker.
Thorsten Struch: Ein agiles, rundum gutes Rad. Nur der Lenker passt überhaupt nicht.
Preis: 1.399 Euro
Gewicht: 9,2 Kilogramm
Gesamtpunkte: 101
HAI NOON
Der Hai-Crosser überrascht durch agile Geometrie und breites Einsatzspektrum, das –
je nachdem, welche Ausstattungsoption der Kunde aus dem reichhaltigen Baukastenprogramm wählt – vom Wettkampfrenner bis zum Reiserad reicht. Die auf
Wunsch der Redaktion montierte mechanische Scheibenbremse von Avid konnte die
Tester anfangs nicht überzeugen. Nach längerer Einfahrzeit verbesserten sich
Dosierbarkeit und Standfestigkeit zwar deutlich,
Kraftübertragung (122 Nm/°)
10
doch leider stellte sich ein markerschütterndes
Quietschen ein, das mögliche Vorteile gegenüber
Cantileverbremsen aufwog. Alternativ lassen sich
1
10
Komfort
an Rahmen und Gabel auch Cantis oder V-Brakes
Fahrstabilität
(103 Nm/°)
montieren, was nebenbei einige hundert Gramm
Gewicht sparen würde. Größter Kritikpunkt der
8
1
Tester: Das dreieckige Oberrohr schneidet bei
Gewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
Tragepassagen schmerzhaft in die Schulter.
(1.959 g/709 g)*
(56 N/mm)
DAS RAD IM URTEIL DER TESTER:
Hannes Genze: Auf dem Rad fühle ich mich sauwohl. Die Bremsen brauchen wohl eine längere Einfahrzeit.
Thorsten Struch: Klasse Geometrie; die steife Gabel bewirkt ein sehr direktes Lenkverhalten.
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TOUR 12/ 2006
Preis: 1.724 Euro
Gewicht: 9,6 Kilogramm
Gesamtpunkte: 98
CROSSRÄDER
RED BULL ULTRA CROSS 3300
Der Rahmen des „Ultra Cross“, den Versandhändler Rose vom belgischen Experten
Ridley bezieht, hat als einziger im Test keine Flaschenhaltergewinde – typisch für
Wettkampfräder, da eine Flasche bei Tragepassagen nur stören würde. Für Renneinsätze sprechen auch das tragefreundliche Oberrohr, auf dem Oberrohr verlaufende
Schaltzüge und das geringe Gewicht. Leichtere Laufräder mit Schlauchreifen dazu –
und das erste Crossrennen kann kommen. Laune machten die sportliche Sitzposition und das direkte Lenkverhalten der superleichKraftübertragung (96 Nm/°)
9
ten Vollcarbon-Gabel. Weniger Gefallen fanden
die Profi-Tester an den Sram-Schaltbremshebeln;
zur Gewöhnung an das neue System war die Test4
7
Komfort
runde zu kurz. Auf Wunsch gibt’s das Rad auch
Fahrstabilität
(77 Nm/°)
mit Shimano- oder Campagnolo-Ausstattung.
Zwei Kritikpunkte: Die vordere Bremse neigt zum
5
4
Stottern, das Übersetzungsverhältnis der ZusatzGewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
bremshebel harmoniert nicht mit den Bremsen.
(1.768 g/414 g)*
(37 N/mm)
DAS RAD IM URTEIL DER TESTER:
Hannes Genze: Die Sram-Schaltung ist für mich als Shimano-Fahrer gewöhnungsbedürftig.
Thorsten Struch: Das geringe Gewicht merkt man. Die Gabel ist sehr direkt.
Preis: 1.549 Euro
Gewicht: 8,7 Kilogramm
Gesamtpunkte: 103
RIDLEY CROSSBOW
Das Einstiegsmodell in der Cross-Palette des belgischen Herstellers tritt auf wie eine
echte Wettkampfmaschine: Weltmeister-Streifen im Pulverlack, tragefreundliches
Oberrohr und am Oberrohr verlegte Schaltzüge. Dem entgegen steht allerdings das
recht hohe Gesamtgewicht, das auch die Trägheit im Lenkverhalten erklärt, die
unseren Testern auffiel. Maßgeblich dafür sind die robusten, aber schweren AksiumLaufräder von Mavic. Lob gab’s für die Sitzposition
Kraftübertragung (109 Nm/°)
10
und die weitere, solide Ausstattung. Eine Besonderheit sind die montierten kurzen V-Bremsen,
die bissiger, aber etwas schwerer dosierbar sind
1
7
Komfort
als Cantileverbremsen. Außerdem muss man
Fahrstabilität
(80 Nm/°)
zum Radausbau die Luft aus dem Vorderreifen ablassen. Aufgebaut und vertrieben wird das Test10
1
modell von der „Rennradallianz“, einem Verbund
Gewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
von acht Rennradhändlern in Deutschland.
(1.879 g/824 g)*
(77 N/mm)
DAS RAD IM URTEIL DER TESTER:
Hannes Genze: Optisch sehr ansprechend. Die V-Bremsen sind bissiger, aber schwerer dosierbar als Cantis.
Thorsten Struch: Das Design mit den Weltmeisterstreifen ist super. Das Fahrverhalten könnte spritziger sein.
Preis: 1.499 Euro
Gewicht: 9,5 Kilogramm
Gesamtpunkte: 99
STEVENS CYCLOCROSS CARBON TEAM
Das (neben Corpus) teuerste Rad im Test ist zugleich das einzige mit Carbonrahmen.
Das zeigt sich vor allem beim Gewicht. Obwohl bei der Komplettierung nicht aufs
Gramm geachtet wurde, sind 8,75 Kilo sehr ordentlich und auch im Gelände spürbar:
Ein leichter Crosser beschleunigt besser und trägt sich angenehmer. Lob gab es von
den Testern auch für das agile Lenkverhalten und die attraktive Lackierung. Größter
Kritikpunkt war die zum Stottern neigende VorderKraftübertragung (91 Nm/°)
8
radbremse. Die Steifigkeit von Rahmen und Gabel
liegt nur im mittleren Bereich, was im Praxistest
aber nicht weiter störte. Um die Kaufentschei5
6
Komfort
dung zu erleichtern, krönt Stevens das Rad mit
Fahrstabilität
(74 Nm/°)
einem edlen Dura-Ace-Schaltwerk. Nicht nur deshalb sondern auch wegen der weitgehend guten
6
4
Ausstattung und des Entwicklungsaufwandes für
Gewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
den Rahmen geht der Preis in Ordnung.
(1.363 g/596 g)*
(33 N/mm)
DAS RAD IM URTEIL DER TESTER:
Hannes Genze: Ein leichtes Rad mit klasse-Optik.
Thorsten Struch: Das Design ist ein Knaller. Dass der Rahmen aus Carbon ist, habe ich nicht gespürt.
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TOUR 12/ 2006
Preis: 2.000 Euro
Gewicht: 8,75 Kilogramm
Gesamtpunkte: 103
CROSSRÄDER
TRENGA DE TEAM-Q 07
Mit hohen Steifigkeitswerten von Rahmen und Gabel und toller Verarbeitung erarbeitet sich das „Team-Q 07“ ein gut gefülltes Punktekonto. Schwächen zeigt das Rad
bei Gewicht und Rahmengeometrie, die für unsere Tester zu wenig sportlich ausfällt.
Dafür verantwortlich ist vor allem der mit fast sieben Zentimetern üppig bemessene
Gabelnachlauf. Eindruck macht dagegen der toll verarbeitete Rahmen mit robuster,
schwarz eloxierter Oberfläche, hübschen Zuganschlägen und eleganter Sattelklemmschelle. Weitgehend gut gewählt auch die
Kraftübertragung (109 Nm/°)
10
Ausstattung mit Cantileverbremsen und UltegraSchaltung von Shimano, Schwalbe-Reifen sowie
als Upgrade montierten, steifen Citec-Laufrädern;
1
10
Komfort
allerdings ist die Kettenblattkombination mit
Fahrstabilität
(92 Nm/°)
50/36 Zähnen fürs Gelände keine ideale Wahl.
Insgesamt ein prima Rad für den Wechsel zwi10
1
schen Waldweg und Straße, weniger eins für kurGewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
vige Trails und Wettkämpfe.
(1.840 g/809 g)*
(73 N/mm)
DAS RAD IM TESTERURTEIL:
Hannes Genze: Viele schöne, durchdachte Details, aber kein Sportler.
Thorsten Struch: Selbst wenn man den Vorbau nach unten dreht, ist die Sitzposition zu aufrecht.
ANBIETER
Modell
Preis Komplettrad
Gewicht Komplettrad ohne Pedale
Bezug/Händlernachweis
Telefon
www.
GEOMETRIE
FOCUS
HAI
RED BULL
Team Issue
2.000 Euro
8,85 kg
Oliver Corpus
0 68 69/14 53
occp.de
Cross Expert
1.399 Euro
9,2 kg
Derby Cycle
0 44 71/9 66-0
focus-bikes.de
Noon
1.724 Euro
9,6 kg
Winora-Staiger
0 97 21/65 94-0
haibike.de
Ultra Cross 3300
1.549 Euro
8,7 kg
Rose Versand
0 28 71/27 55 55
rose.de
55,6
73°
74°
59,5
BEWERTUNG
AUSSTATTUNG
42,0
Vorbau/Lenker
Sattel/-stütze
Antriebsgruppe (40)
Laufräder (20)***
Sonstige Komponenten (15)
Gewicht Ausstattung (20)
Lack/Finish/BA/Garantie****
Punktzahl Komponenten (95)
Punktzahl Rahmenset (65)
Gesamtpunktzahl (160)
58,9
100,4
56,9
72,8°
75°
58,5
4,3
5,3
Kurbelsatz
Laufräder/Reifen
Gesamtpunkte: 103
CORPUS
72,6°
Rahmenhöhen**
Gabel; Material Schaft/Scheiden
Lenkkopflager
Schaltgruppe
Bremsen
Preis: 1.849 Euro
Gewicht: 9,45 Kilogramm
42,3
6,5
60,6
101,9
73°
56,0
4,3
6,9
54,1
72,5°
42,5
6,4
62,0
4,3
7,0
59,3
100,8
56,3
72,2°
4,3
5,3
42,4
6,5
60,1
102,0
6,8
52,54,56,58, 60,62 cm
Corpus, Alu/Carbon
Pro, klassisch
Campagnolo Centaur
Cane Creek SCX-5,
Cantilever
Campa Centaur CT, 50/34 Z.
Fervor Falco/Vittoria Cross
XG Pro
Pro/Pro
Pro/Pro
33
15
7
11
2/4/0/2
66
36
52,54,56,58, 60,62 cm
Focus, Alu/Carbon
CH 290, klassisch
Shimano Ultegra
Tektro Oryx, Cantilever
52,54,56,58 cm
Hai, Alu/Carbon
Cane Creek, klassisch
Shimano Ultegra
Avid BB7, Scheibenbremse
52,54,56,58,60, 62,64 cm
4ZA Python, Carbon/Carbon
FSA, teilintegriert
SRAM Rival
Avid Shorty 6, Cantilever
Truvativ Elita, 48/39 Z.
Easton Vista/Schwalbe
Racing Ralph
Concept/FSA
Focus/Concept
30
14
5
10
4/4/2/1
59
42
Truvativ Elita, 48/39 Z.
FSA RD460/Schwalbe
Racing Ralph
XLC/XLC
SLR XP/XLC
30
14
7
7
5/3/2/0
58
40
Truvativ Elita, 48/39 Z.
Xtreme Light Wheels/
Continental Twister
Xtreme/Xtreme
Arione Ti/Xtreme
30
13
6
11
5/4/2/3
60
43
102
101
98
103
* Rahmengewicht inklusive Sattelklemmschelle, Umwerferschelle, Zugführung unterm Tretlager und Steuerlager (auch bei Rahmen mit klassischem Steuerlager), bereinigt auf Rahmenhöhe 57; Gabelgewicht
für eine gute Bedienungsanleitung (BA) zwei, für eine Standard-BA einen, für keine BA keinen Punkt. Für zehn Jahre Garantie auf das Rahmen-Set gibt es drei, für fünf Jahre oder mehr zwei Punkte, für mehr als
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TOUR 12/ 2006
2DANGER CROSSROAD COMP DUE
Bei Preis und Gewicht spielt das „Cross Comp Due“ von 2Danger, der Marke des
Direktvertreibers BOC, in einer eigenen Liga. 799 Euro für die gezeigte Ausstattung
mit 105-Zehnfach-Schaltung von Shimano, Cantileverbremsen von Avid, Zusatzbremshebeln und robust wirkenden Laufrädern sind ebenso wenig ein Druckfehler wie andererseits stattliche 10,5 Kilogramm Gesamtgewicht. Kein Problem vermutlich für viele Gelegenheits-Crosser und Einsteiger, die vor allem einen robusten
Trainingsbegleiter suchen – zumal das exorbitant
Kraftübertragung (131 Nm/°)
10
steife Rahmen-Set dank Schutzblechösen und
und langem Radstand auch eine Nutzung als Reise- oder Winterrad denkbar macht. Vom Gewicht
1
10
Komfort
abgesehen, hatten unsere Testfahrer nur einen
Fahrstabilität
(103 Nm/°)
Änderungswunsch: Bessere Bremsbeläge. Gestottert haben die Bremsen übrigens nicht – das
10
1
wusste die extrem steife Alu-Gabel wirksam zu
Gewicht Rahmen/Gabel Seitensteifigkeit Gabel
verhindern.
(2.129 g/1.018 g)*
(83 N/mm)
DAS RAD IM TESTERURTEIL:
Hannes Genze: Ein sehr solides Rad – und mit den Anbauteilen an Rahmen und Gabel extrem vielseitig.
Thorsten Struch: Für Renneinsätze zu schwer, aber bei dem Preis ein prima Angebot für Cross-Einsteiger.
RIDLEY
STEVENS
TRENGA DE
2DANGER
Crossbow
1.499 Euro
9,5 kg
Rennradallianz 53/12
01 72/2 32 87 45
dierennradallianz.de
Cyclocross Carbon Team
2.000 Euro
8,75 kg
Stevens
0 40/71 60 70-0
stevensbikes.de
Team-Q 07
1.849 Euro
9,45 kg
Trenga De
0 40/32 31 00 70
trenga.de
Crossroad Comp Due
799 Euro
10,5 kg
BOC
0 40/20 20 94
boc24.de
73°
59,5
42,4
59,1
101,0
74°
61,0
4,5
5,2
57,1
72,3°
42,3
6,4
61,3
102,6
73°
61,0
4,8
7,0
56,5
72°
42,2
6,2
61,2
102,4
56,7
71,7°
59,4
4,3
6,9
ANBIETER
Modell
Preis Komplettrad
Gewicht Komplettrad ohne Pedale
Bezug/Händlernachweis
Telefon
www.
GEOMETRIE
4,5
6,6
42,9
6,9
61,2
103,3
6,9
45,52,54,56,58,60,62,64 cm
4ZA Zornyc, Alu/Carbon
FSA, teilintegriert
Shimano Ultegra
Tektro RX5, kurze V-Bremse
52,55,58,61 cm
Stevens, Carbon/Carbon
FSA, integriert
Shimano Ultegra/Dura-Ace
Shimano, Cantilever
52,55,58,61 cm
Trenga De, Alu/Carbon
FSA, teilintegriert
Shimano Ultegra
Shimano, Cantilever
52,54,56,58,60,62,64 cm
2Danger, Stahl/Alu
FSA, teilintegriert
Shimano 105
Avid Shorty 4, Cantilever
Rahmenhöhen**
Gabel; Material Schaft/Scheiden
Lenkkopflager
Schaltgruppe
Bremsen
FSA Gossamer, 46/34 Z.
Mavic Aksium/Schwalbe
Racing Ralph
Ritchey Pro/Ritchey Pro
4ZA/Ritchey Pro
32
13
6
8
5/4/0/2
59
40
FSA Gossamer, 48/38 Z.
Mavic Ksyrium Equipe/
Schwalbe Racing Ralph
Oxygen/Oxygen
Cyrius/Oxygen
32
17
4
8
5/5/2/1
61
42
Truvativ Elita, 50/36 Z.
Citec 3000R/Schwalbe
Racing Ralph
TD HPL/TD HPL
TD/TD RPL
29
16
5
8
5/4/2/2
58
45
Truvativ Elita, 48/39, Z.
Alex A-Class/Continental
Twister
2Danger/2Danger
2Danger/2Danger
28
12
4
5
4/3/2/3
49
44
Kurbelsatz
Laufräder/Reifen
99
103
103
93
Gesamtpunktzahl (160)
Vorbau/Lenker
Sattel/-stütze
Antriebsgruppe (40)
Laufräder (20)***
Sonstige Komponenten (15)
Gewicht Ausstattung (20)
Lack/Finish/BA/Garantie****
Punktzahl Komponenten (95)
Punktzahl Rahmenset (65)
bereinigt auf Schaftlänge 225 mm. ** Die getestete Rahmenhöhe ist fett gedruckt. *** Laufradbewertung inklusive Reifen. **** Für Lack und Finish gibt es je bis fünf Punkte,
zwei Jahre einen Punkt, darunter null Punkte. Bei Rennausschluss oder wenn die Gabel von der Garantie ausgenommen ist, wird ein Punkt abgezogen.
TOUR 12/ 2006
25
AUSSTATTUNG
55,1
72,4°
Gesamtpunkte: 93
BEWERTUNG
73°
Preis: 799 Euro
Gewicht: 10,5 Kilogramm

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