Das internationale Genf meldet sich zurück und streicht

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Das internationale Genf meldet sich zurück und streicht
Karriere & Trends Internationales Genf
CharmeOffensive
Das internationale Genf meldet sich zurück und streicht seine Bedeutung
für die Aussenpolitik heraus – aber auch für den Alltag der Bürger.
FLORENCE V UICHARD TEXT
Genf: Gastgeberin von über 2700 internationalen Konferenzen pro Jahr.
72 BILANZ 19/2014
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Foto: Stefan Huwiler / Keystone
E
r muss jedes Mal
schmunzeln, wenn er
in Davos am WEF ist
und sieht, wie Schweizer Politiker, Chefbeamte und Medien
ausländischen Ministern hinterherhecheln und die einmalige
Gelegenheit unterstreichen, die das Treffen im Bündner Ferienort bietet. «In Genf
kann man die gleichen Minister mehrmals pro Jahr treffen», sagt Luzius Wasescha, langjähriger Chefunterhändler des
Bundes im Ruhestand und Präsident des
Club Diplomatique de Genève. «Genf ist
Davos – aber einfach täglich. Doch das
hat man in der Deutschschweiz noch
immer nicht begriffen.»
In der Tat: Die Calvin-Stadt empfängt
jedes Jahr an die 3000 Staats- und Regierungschefs oder Minister, ist Gastgeberin für mehr als 2700 internationale
Konferenzen mit über 220 000 Delegier-
ten und Experten aus aller Welt. Das ist
ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die
lokale Gastronomie und Hotellerie, für
die Uhrenboutiquen und andere Geschäfte. Und für den Flughafen. Eigentlich wäre es eine grosse Chance für die
Schweizer Aussenpolitik. Doch das internationale Genf, einst Zentrum der Diplomatie und Vorzeigeort für die humanitäre Tradition der Schweiz, ist in
Vergessenheit geraten, jedenfalls diesseits des Röstigrabens. Was in den Köpfen bleibt, ist die Machtlosigkeit der Uno,
in Konflikten Lösungen durchzusetzen,
das renovationsbedürftige Palais des
Nations und das Feilschen um Hunderte
von Bundesmillionen, die Bern zahlen
oder wenigstens vorschiessen soll.
Genf ist weit weg von Bern und noch
weiter von Zürich. Dass der Kanton im
Abseits steht, ist zum Teil selbst verschuldet, hat er doch die Beziehungen zur
Bundeszentrale und zur Deutschschweiz
in der Vergangenheit stark vernachlässigt. Er war mit sich selber beschäftigt,
mit seiner unmittelbaren Umgebung,
was auch mit den geografischen Gegebenheiten zu tun hat. 100 Kilometer
Grenze trennen Genf von Frankreich,
nur 5 Kilometer von der Schweiz. Bundesbern galt bei den Genfer Politikern als
langweilig, eine Karriere als Nationaloder Ständerat als wenig erstrebenswert
oder gar als Zeitverschwendung. Ganz
im Gegensatz etwa zum Amt des Genfer
Stadtpräsidenten, für das weltweit der
rote Teppich ausgerollt wird.
Abhängig von Bern. Doch jetzt, pünktlich
zum 200. Geburtstag des Beitritts zur
Eidgenossenschaft, meldet sich der Kanton zurück. Er musste schmerzlich erfahren, dass er innen- wie aussenpolitisch
von der Bundespolitik abhängig ist. Es ist
Bern, das die Gelder spricht für Infrastrukturprojekte, es ist Bern, das die 4
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Karriere & Trends Internationales Genf
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Flughafen Genf
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Pâquis-Nations
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Pâquis-Centre
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Parc Mon Repos
Quai Wilson
Mekka der internationalen Organisationen
1 Akademie für Menschenrechte
2 Internationale Luftverkehrs-Vereinigung (IATA)
3 Europäische Freihandelsassoziation (EFTA)
4 Internationales Handelszentrum (ITC)
5 Kongresszentrum
6 Zentrum für Dialog und Friedensförderung (HD Centre)
7 Südzentrum, eine zwischenstaatliche Organisation
der Entwicklungsländer
13 Internationaler Fonds für den Kampf gegen Aids,
Tuberkulose und Malaria
24 Internationale Organisation für geistiges
Eigentum (WIPO)
14 Impf-Allianz GAVI
25 Internationale Organisation für Normierungen (ISO)
15 Büro des Uno-Hochkommissars für
Menschenrechte (OHCHR)
26 Internationale Organisation für Arbeit (ILO)
16 Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR)
17 Hochschulinstitut für internationale Studien und
Entwicklung (IHEID)
27 Internationale Organisation für Migration (IOM)
28 Welthandelsorganisation (WTO)
29 Weltgesundheitsorganisation (WHO)
30 Weltorganisation für Meteorologie (WMO)
8 Internationales Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)
18 La Pastorale – Willkommenszentrum für das Internationale Genf und Fondation pour Genève
9 Internationale Elektronik-Kommission (CEI)
19 Internationales Umwelthaus I
32 Uno-Programm zur Bekämpfung von Aids
33 Gesellschaft für Luftfahrts-Kommunikation (SITA)
31 Kongresszentrum Palexpo
10 Ökumenischer Rat der Kirchen (COE)
20 Internationales Umwelthaus II
11 Föderation des Roten Kreuzes und
des Roten Halbmondes (FICR)
21 Ärzte ohne Grenzen
34 Europäische Rundfunkunion (EBU)
22 Uno
35 Internationale Telekommunikationsunion (ITU)
12 Uno-Kinderhilfswerk Unicef
23 Europäische Organisation für Kernforschung (CERN)
36 Interparlamentarische Union (IPU)
Regeln ausarbeitet für den Rohstoffhandel, es ist Bern, das mit Paris um ein
Erbschaftssteuerabkommen ringt. Die
Genfer Offensive gegenüber der Restschweiz erfolgt mit Charme, aber auch
mit viel Selbstvertrauen. Immerhin ist
der Kanton mit rund 260 Millionen Franken nach Zürich und Zug der drittgrösste
Beitragszahler beim Finanzausgleich.
Und Genf ist das Tor zur Welt. «Jetzt, da
die Schweiz so isoliert ist wie noch nie, ist
das internationale Genf von grösstem
Wert», sagt Regierungspräsident François
Longchamp. «Vielleicht ist es sogar der
beste Trumpf, den Bern heute hat.»
Alles begann vor gut 150 Jahren, als in
Genf das Internationale Komitee vom
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Roten Kreuz gegründet wurde. Weitere
Meilensteine: 1945 liess sich die Uno hier
nieder, 1954 folgte das europäische Kernforschungszentrum (CERN), 1995 die
Welthandelsorganisation (WTO). Heute
ist der Kanton Hort von nicht weniger als
30 internationalen Organisationen, die so
ziemlich alles normieren und regeln, was
das global vernetzte Wirtschafts- und Gesellschaftsleben definiert. Von der WTO,
welche die Zölle und technischen Handelshemmnisse abbaut, über die Weltgesundheitsorganisation (WHO), die den
Impfplan bestimmt, bis zur Internationalen Fernmeldeunion, die mit globalen
Roaming-Standards dafür sorgt, dass das
SMS auch ankommt, egal von wo aus es
verschickt wurde. Selbst die Strassenschilder werden weltweit von Genf aus
harmonisiert. Kaum zu überschätzen ist
die Rolle des CERN mit seiner internationalen Forschergemeinschaft, die auf der
Suche nach dem «Gottesteilchen» en passant – als Nebenprodukt zum Austausch
und zur Lagerung von Daten – das World
Wide Web erfunden hat.
Tour-Bus. Die simple Botschaft aus dem
fernen Westen der Schweiz: Was in Genf
passiert, geht uns alle an. Das will nun
auch eine private und vom Bankier Ivan
Pictet präsidierte Stiftung, die Fondation
pour Genève, im nächsten Jahr in die
Schweiz hinaustragen (siehe auch Inter-
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Karte: Kanton Genf; Fotos: Keystone
Quelle: Kanton Genf
view auf Seite 76). Von April bis Juni 2015
tourt sie in einem Bus durchs Land und
zeigt auf, wie der Alltag jedes Bürgers
durch die Normen und Regeln geprägt
ist, die in Genf ausgearbeitet wurden. Es
gibt weltweit keine einzige Person, die in
ihrem Tagesablauf von 24 Stunden nicht
mit einer Entscheidung konfrontiert ist,
die in Genf getroffen wurde. Das jedenfalls behauptet Michael Møller, der Generaldirektor des Genfer Uno-Sitzes. «Genf
ist weit mehr als multilaterale Diplomatie», sagt er. «Es ist der Ort, wo Normen gesetzt werden. Nirgends auf der
Welt findet man so viele Akteure von internationalen Organisationen wie hier.»
Das mache die Zusammenarbeit viel effizienter. Auch für seine Organisation.
«New York ist zwar das politische Zentrum der Uno, die konkrete Arbeit wird
aber hier gemacht», sagt Møller. «Genf ist
die operationelle Hauptstadt der Uno.»
Doch die internationale Bastion zeigt
erste Risse, gegen innen wie auch gegen
aussen. Und das nicht nur wegen des renovationsbedürftigen Gebäudeparks. Die
Wohnungsnot, das Verkehrschaos, der
ausbaubedürftige öffentliche Verkehr
sowie die zunehmende Kriminalität
haben vor Ort den Druck auf die internationale Gemeinschaft erhöht. Auch im
traditionell offenen Genf werden Stimmen laut, welche die ausländische Bevölkerung und die Grenzgänger verantwortlich machen für die Missstände. Die
rechtspopulistische Partei Mouvement
Citoyens Genevois konnte ihren Wähleranteil im Kanton ausbauen und kam zuletzt auf knapp 20 Prozent.
Møller geht jetzt in die Offensive: Der
Däne, der seit Anfang Jahr an der Spitze
der Uno in Genf steht, will die Expats
besser mit der lokalen Bevölkerung mischen, will die internationalen Organisationen mehr fürs Publikum öffnen und
geht gleich mit gutem Beispiel voran,
etwa mit Filmvorführungen im denk-
Weltweit wird jede
Person täglich mit
Entscheidungen
aus Genf
konfrontiert.
malgeschützten Palais. Weiter sollen
trotz hohen Sicherheitsvorschriften die
Genfer künftig im Park des Uno-Sitzes
joggen dürfen – etwa als Vorbereitung auf
die «Course de l’Escalade», den Volkslauf, der jeden Dezember durch die Stadt
Genf führt und an dem jeweils 30 000
Läufer teilnehmen.
Einen Rückschlag musste Genf am
9. Februar einstecken. Zwar haben der
Kanton und die Stadt die SVP-Zuwanderungsinitiative mit über 60 Prozent abgelehnt – trotz dem auch für Schweizer
Verhältnisse hohen Ausländer- und
Grenzgängeranteil. Doch jetzt muss sich
auch Genf auf Kontingente einstellen.
Die ersten Reaktionen aus der Regierung
gegen die Abschottungs-Deutschschweiz
fielen geharnischt aus. Immerhin beschäftigen die 30 internationalen Organisationen, die 173 ständigen Missionen
und die über 250 Nichtregierungsorganisationen an die 30 000 Personen und tragen rund 11,3 Prozent zum Genfer Bruttoinlandprodukt (BIP) bei.
Konkurrenz. Jede zehnte neu geschaffene
Stelle geht aufs Konto des internationalen
Genf. Hier nicht eingerechnet sind die gut
70 000 Personen, die für die ebenfalls in
Genf und der Region niedergelassenen
multinationalen Konzerne arbeiten. «Je
komplizierter es wird, Personal zu rekrutieren, je umständlicher die Bürokratie,
desto schlechter sind Genfs Karten – für
internationale Firmen ebenso wie für
internationale Organisationen», fürchtet
Regierungspräsident Longchamp.
Die internationalste Stadt der Schweiz
muss sich aber auch gegen mögliche
Konkurrenten aus dem Ausland wappnen. Die Alarmglocken gingen in Genf –
und auch in Bundesbern – richtig los, als
der neu gegründete Uno-Klimafonds,
der Green Climate Fund, sich Ende 2012
nicht für Genf entschied, sondern für
Südkorea. «Das hat uns deutlich aufgezeigt, wie isoliert die Schweiz mittlerweile ist», sagt Longchamp. Genf war als
eine von acht Kandidatinnen ins Rennen
gestiegen und erhielt letztlich nur eine
einzige Stimme – diejenige von Russland. Die Lehre: Eine Organisation behalten, das können die Genfer, wie die
Beispiele der kurz mit Zügelfantasien
spielenden WTO oder der zum Rat
umgewandelten Kommission für Menschenrechte zeigen. Eine neue Institution anzulocken, ist hingegen 4
Promotoren
Sie werben für das
internationale Genf.
Michael
Møller,
Chef der
Uno in Genf.
François
Longchamp,
Genfer
Regierungs­
präsident.
Didier
Burkhalter,
Aussenmi­
nister und
Preisträger
der Stiftung
Fondation
pour
Genève.
Normierer
Was sie entscheiden
in Genf, betrifft alle.
Roberto
Azevêdo,
Chef der
Welt­
handels­
organisation
WTO.
Margaret
Chan,
Chefin der
Weltge­
sundheits­
organisation
WHO.
Peter Maurer,
Präsident des
Internationa­
len Komitees
vom Roten
Kreuz (IKRK).
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Karriere & Trends Internationales Genf
IVAN PICTET
«Hätten totales Chaos»
Ohne internationale Dimension
wäre Genf für den früheren Privatbankier
Ivan Pictet nicht Genf.
BILANZ: Herr Pictet, Sie en-
gagieren sich seit 15 Jahren in
Stiftungen für das internationale Genf. Hatten Sie als
Bankier nicht genug zu tun?
Ivan Pictet: Ich mache das
als Bürger. Ich fühle mich als
Genfer, weil Stadt und Kanton
diese Offenheit haben. Genf
ohne die internationale Dimension wäre nicht Genf.
Profitiert denn die Schweiz
vom internationalen Genf?
Aber natürlich. Genf und der
«Esprit de Genève» strahlen
weit über die Landesgrenzen
hinaus und sind wichtig für
die Schweizer Aussenpolitik.
Zudem ist Genf der dritte Kanton, der positiv zum Finanzausgleich beiträgt. Aber Genf
ist vor allem auch ein Trumpf
für die globalen Herausforderungen. Nirgendwo sonst findet man eine so hohe Konzentration an Talenten, die sich
disziplinenübergreifend eines
Problems annehmen können.
Hier kann man in kürzester
Zeit eine Sitzung zwischen
den Spitzen verschiedenster
Organisationen einberufen.
Ist das nicht das Problem dieser Organisationen, dass sie
Ivan Pictet,
Präsident der
Fondation pour
Genève.
viele Treffen abhalten, aber
dann wenige Probleme lösen?
Ohne internationale Organisationen hätten wir ein totales
Chaos. Man darf nicht die Organisationen für diese Schwäche verantwortlich machen.
Es sind die Mitgliedsstaaten,
die über ihre Botschafter die
Organisation lähmen können.
Also kein Reformbedarf?
Doch. Natürlich braucht es
Reformen. Aber wir müssen
auch sehen, dass die Probleme in den letzten Jahren
immer komplexer werden und
die geopolitische Lage zum
Beispiel im Nahen Osten, in
Afrika und jetzt in der Ukraine immer schwieriger.
Sie präsidieren neu auch den
Uno-Pensionskassenfonds
mit 50 Milliarden Dollar. Wie
kamen Sie zu dem Amt?
Einst waren es aus praktischen
Überlegungen immer Amerikaner, denn das Team, das den
Fonds betreut, ist in New York.
Als mein Vorgänger abtrat, war
kein Nordamerikaner mehr
im Gremium. Dann wurde ich
angefragt, schliesslich habe
ich ja Erfahrung in der Vermögensverwaltung.
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Foto: The Image Gate
4 schwieriger geworden. Und Møller
warnt: «Es hat 150 Jahre gedauert, das
aufzubauen.» Das sei aber keine Garantie, dass es immer so bleibe. «Es ist fragil,
man muss dazu Sorge tragen.» Møller
verweist auf das Beispiel von Detroit, das
einst als Zentrum der Automobilindustrie für Fortschritt stand und heute nur
noch Synonym für den Abstieg ist.
Die schmerzliche Einsicht: Genf ist
also nicht einfach mehr erste Wahl, weil
es Genf ist. Die Niederlage hat in Genf,
aber auch in der Bundesverwaltung, in
der Regierung und im Parlament Aktivismus ausgelöst. Bundesrat Didier Burkhalter gründete vorübergehend eine Task
Force und versprach, den Think Tank
«Genève+» ins Leben zu rufen, dessen
Zusammensetzung «sehr wahrscheinlich» noch bis Ende Jahr bekanntgegeben
werden soll, wie es in seinem Aussendepartement heisst. Sein Ziel: die langfristige Evolution der globalen Gouvernanz zu verfolgen und eine Strategie zu
entwickeln, wie die Attraktivität und
Wettbewerbsfähigkeit des internationalen Genf weiter gestärkt werden kann.
Zudem wird Burkhalter noch vor Ende
Jahr eine Botschaft und eine mehrjährige
Finanzplanung zuhanden des Parlaments vorlegen, auch im Hinblick auf die
anstehenden Gebäudesanierungen. Er
stellt Mittel in Aussicht, «finanzielle,
technische, materielle und intellektuelle», damit das internationale Genf seinen Vorsprung sichern könne.
Parlamentariergruppe. Dieses will jedoch
nicht nur warten. Der Genfer Carlo Sommaruga hat für einen Vorstoss zur Stärkung des internationalen Genf und der
Schweiz als Sitz der multilateralen Diplomatie bereits 120 seiner Nationalratskollegen aus allen Parteien hinter sich geschart. Das Anliegen wurde kürzlich
ganz zur Freude von Burkhalter und
gegen den Willen eines Teils der SVP von
beiden Kammern gutgeheissen. Und er
hat gemeinsam mit dem Zürcher Ständerat Felix Gutzwiller im Juni die Parlamentarische Gruppe «Internationales
Genf» gegründet. «Wir müssen einer
möglichen Erosion in Zukunft entgegenwirken», sagt Gutzwiller. «Das internationale Genf soll auch noch in zehn Jahren eine entscheidende Plattform für die
Schweiz sein.» Und wenn nächstes Mal
eine Organisation einen Sitz suche, dann
muss es gemäss Sommaruga wieder heissen: «Geneva, what else!» Zur Diskussion
steht etwa die Schaffung einer neutralen
Internetplattform für Regierungen, Industrie und Organisationen. Die «Geneva
Internet Platform», ein im Frühjahr gestartetes Projekt des Bundes, könnte
dazu die Basis liefern.
Das Engagement Burkhalters wird von
den Genfern gerne gesehen. Bei seiner
Wahl in die Regierung waren sie skeptisch und fürchteten, dass er als Neuenburger nicht das gleiche Verständnis für
sie habe wie seine Amtsvorgängerin, die
Genferin Micheline Calmy-Rey. Doch
Burkhalter machte das internationale
Genf zu einem wichtigen Pfeiler seiner
Aussenpolitik und hofft damit, dass
etwas vom Genfer Glanz bei der internationalen Konfliktvermittlung und Friedensstiftung auf die Schweiz abfärbt.
Genf bedankt sich auf seine Weise. Die
Fondation de Genève verlieh heuer ihren
Preis an Didier Burkhalter. Ein Novum,
hat sie doch bis anhin noch nie einen
aktiven Schweizer Politiker geehrt.
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Unsere Werte:
Familienbesitz & Tradition
Die nachhaltige Entwicklung Ihres
Familienbesitzes geniesst bei uns oberste
Priorität. Eigentum und Vermögen zu
erhalten und sie über Generationen
hinweg zu vermehren, gehört seit 1841 zu
unseren Grundwerten.
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