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Klausur : Allgemeine und Anorganische Chemie
Di. 05.03.13 : 08.30 – 11.30 Uhr
1.
Wie ist der pH-Wert einer HCl-Lösung mit Konzentration (i) 2  10–2
M
(ii) 2  10–7
M?
pH = –log10[H+]
(i) pH = 1.70
(ii) Zwei Prozesse finden statt: H2O
H+ + OH– sowie HCl  H+ + Cl– (starke
Säure, läuft vollständig nach rechts ab)
Es dissoziieren a mol Wasser: [H+] = 10–7 + a, [OH–] = a
Ionenprodukt des Wassers: (2 × 10–7 + a)a = 10–14
Lösen auf a (quadratische Formel): a = (8–2)/2  10–7 = 0.41  10–7, [H+] = 2.41 
10–7 M
pH = 6.62
2.
Das Löslichkeitsprodukt für PbI2 beträgt 8.49 × 10–9 mol3 L–3. Wieviel PbI2 (in g) löst
sich in 100 g Wasser?
Die Löslichkeit von PbI2 sei  M. Dann ist [Pb2+] =  und [I–] = 2.
K = 43 = 8.49 × 10–9,  = 1.285 × 10–3 M.
Molmasse PbI2 = 461.01
Masse PbI2 in 100g Wasser = 1.285 × 10–3 × 461.01 / 10 = 0.059 g.
2
3.
Berechnen Sie die Reaktionsenthalpie für die Reaktion TlF
(f)
+ F2
(g)
 TlF3
(f)
aus
folgenden Werten (alle in kJ/mol): Gitterenergien von TlF bzw. TlF3 845 bzw. 5493;
Dissoziationsenergie von F2 158; Elektronenaffinität von Fluor 328; 2., 3.
Ionisierungspotentiale von Thallium 1971 bzw. 2878.
TlF (s)  Tl+ (g) + F– (g):
+845
Tl+ (g)  Tl3+ (g) :
+1971 + 2878
F2 (g)  2F (g):
+158
2F (g)  2F– (g):
–656
Tl3+ (g) + 3F– (g)  TlF3 (s):
–5493
____________________________________
TlF (s) + F2 (g)  TlF3 (s):
4.
–297
(a) Zeichnen Sie das MO-Diagramm für das Ion C22– (nur p-Orbitale der Valenzschale
berücksichtigen: alle Orbitale kennzeichnen!) Wie ist die Bindungsordnung des Ions?
Ist es paramagnetisch oder diamagnetisch? (b) Wie reagiert Calciumacetylid mit
Wasser?
(a)
3
BO = 3, diamagnetisch
(b) Es bildet sich Acetylen: CaC2 + 2H2O  Ca(OH)2 + C2H2
5.
Beschreiben Sie das Chlor-Alkali-Verfahren.
Durch die Chlor-Alkali-Elektrolyse (Elektrolyse einer Natriumchlorid-Lösung) wird Chlor
gewonnen. Wichtige Nebenprodukte sind Wasserstoff und Natriumhydroxid.
Die Gesamtgleichung lautet:
2NaCl + 2H2O  2NaOH + Cl2 + H2
Eigentlich müssten an den Elektroden Wasserstoff und Sauerstoff freigesetzt werden, denn
das dazu benötigte Potential wäre (bei weitem) kleiner als das für die Freisetzung von
Natrium und Chlor. Es spielen zwei Faktoren eine Rolle: erstens ist das Potential für die
Bildung von Natriumamalgam (Lösung in Quecksilber) niedriger als für Natrium pur,
zweitens weisen Sauerstoff bzw. (besonders) Wasserstoff an den Titan- (oder Graphit-) bzw.
Quecksilberelektroden hohe Überspannungen auf.
Das Natriumamalgam wird nach der Elektrolyse mit Wasser umgesetzt, wobei
Natriumhydroxid gebildet wird.
Na + H2O  NaOH + ½H2
4
6.
Folgende Gleichungen sind zu ergänzen und auszugleichen:
(i)
NO3– + Zn + OH–  NH3 + [Zn(OH)4]2–
(ii)
Cr(OH)3 + OH– + H2O2  CrO42–
("alkalischer Sturz")
(iii)
Mn(OH)2 (f) + O2  Mn(OH)3 (f)
(in alkalischer Suspension)
(iv)
MnO4– + H2O2  MnO2 + O2
(i)
9H+ + NO3– + 8e–  NH3 + 3H2O
(Nitratnachweis)
(in alkalischer Lösung)
Zn + 4OH–  [Zn(OH)4]2– + 2e–
×4
________________________________
9H+ + NO3– + 4Zn + 16OH–  NH3 + 3H2O + 4[Zn(OH)4]2–
vereinfacht
(ii)
6H2O + NO3– + 4Zn + 7OH–  NH3 + 4[Zn(OH)4]2–
H2O + Cr(OH)3  CrO42– + 3e– + 5H+
×2
2H+ + 2e– + H2O2  2H2O
×3
________________________________
2H2O + 2Cr(OH)3 + 6H+ + 3H2O2  2CrO42– + 10H+ + 6H2O
vereinfacht
2Cr(OH)3 + 3H2O2  2CrO42– + 4H+ + 4H2O
4OH– + 2Cr(OH)3 + 3H2O2  2CrO42– + 8H2O
oder
(iii)
Mn(OH)2 + H2O  Mn(OH)3 + e– + H+
(alkalisch!)
×4
O2 + 4e– + 4H+  2H2O
________________________________
4Mn(OH)2 + 4H2O + O2 + 4H+  4Mn(OH)3 + 4H+ + 2H2O
vereinfacht
(iv)
4Mn(OH)2 + 2H2O + O2  4Mn(OH)3
4H+ + MnO4– + 3e–  MnO2 + 2H2O
×2
H2O2  O2 + 2e– + 2H+
×3
________________________________
8H+ + 2MnO4– + 3H2O2  2MnO2 + 4H2O + 3O2 + 6H+
vereinfacht
2H+ + 2MnO4– + 3H2O2  2MnO2 + 4H2O + 3O2
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7.
Welche folgender Oxide sind wichtig als Verursacher des "sauren Regens": N2O, NO,
NO2, SO2, P4O10, CO? (ohne Begründung/Erklärung keine Punkte!)
N2O, NO, NO2, SO2, CO werden anthropogen erzeugt – durch Dünger (N2O), über
Auto- und Flugzeugabgase (NO, NO2), durch Verbrennung von schwefelhaltigen
Brennstoffen (SO2) bzw. durch unvollständige Verbrennung von Kohle und
Kohlenwasserstoff (CO). P4O10 wird in signifikanten Mengen nicht erzeugt (und ist
nicht flüchtig).
N2O : nein, es ist in Wasser schlecht löslich und reagiert nicht sauer.
NO : ja, es wird an der Luft sofort oxidiert, NO + ½O2  NO2 (s. nächster Absatz)
NO2 : ja, es löst sich gut in Wasser, 2NO2 + H2O  HNO2 + HNO3. Die salpetrige
Säure lässt sich durch Luftsauerstoff zu HNO3 (Salpetersäure) oxidieren.
SO2 : ja, es löst sich gut in Wasser, SO2 + H2O  "H2SO3". Die schwefelige Säure
(oder
das
SO2/H2O-Gemisch)
lässt
sich
durch
Luftsauerstoff
zu
H2SO4
(Schwefelsäure) oxidieren.
P4O10 : nein, es ist zwar sauer, spielt aber als Feststoff keine Rolle in der Atmosphäre.
CO : nein, es ist nicht sauer und löst sich kaum in Wasser. Die Oxidation zum nur
schwach sauren CO2 erfolgt an der Luft bestenfalls langsam.
8.
Was verstehen Sie unter: (i) Soda (ii) einem Kronenether (iii) Fluorit (iv) Kalkmilch?
(i) Soda ist Natriumcarbonat, Na2CO3.
(ii) Kronenether sind cyclische Polyether (–CH2–CH2–O–)x, in deren Hohlräume M+Ionen gerade hineinpassen (z.B. K+ zu 18-Krone-6). Ein Kronenether "n-Krone-m"
hätte n Ringatome, darunter m Sauerstoffe (üblich ist also n = 3m!).
CH2
CH2
CH2
O
CH2
O
O
CH2
CH2
CH2
CH2
O
O
CH2
O
CH2
CH2
CH2
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(iii) Fluorit ist das Mineral Calciumfluorid CaF2.
(iv) Kalkmilch ist eine Suspension von Calciumhydroxid Ca(OH)2 in Wasser,
üblicherweise erzeugt durch die Reaktion von Calciumoxid mit Wasser, CaO + H2O 
Ca(OH)2.
9.
(a) Geben Sie je eine korrekte Lewis-Formel (einschl. aller freien Paare und
Formalladungen) für folgende Moleküle/Ionen an: Kohlenmonoxid CO, Stickstoff N2,
Cyanid CN–, Stickstoffmonoxid NO. (b) Welche der vier Spezies sind isoelektronisch
zueinander? (Um Raten zu vermeiden, werden bei b falsche Angaben mit
Minuspunkten bewertet)
(a)
(b) CO, N2, CN– sind isoelektronisch zueinander, NO zu den anderen drei aber nicht
(NO+ hätte gepasst!)
10.
Sind folgende Behauptungen richtig oder falsch (Begründungen!) ? : (i) Aluminiumtrichlorid ist eine Lewis-Säure (ii) "Phosphortrioxid" ist das Anhydrid der
Phosphorsäure (iii) Schwefelwasserstoff bildet starke Wasserstoffbrücken (iv)
Nichtmetalle gibt es nur in den Hauptgruppen.
(i) Richtig! Aluminiumtrichlorid ist ein ionischer Feststoff. In der Gasphase, in der
Flüssigkeit und in Lösungen in organischen Lösungsmitteln ist die Verbindung
Cl
Cl
Al
kovalent und dimer: Cl
Cl
Al
Cl
Cl
Der Feststoff, obwohl ionisch, reagiert so,
als wäre er kovalent und monomer AlCl3. Das (genau genommen fiktive) Sextett führt
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dazu, dass Aluminiumtrichlorid in wasserfreier Form ist eine starke Lewis-Säure ist;
z.B. nimmt es Chlorid auf und bildet das Ion AlCl4–.
(ii) Nein, es reagiert mit Wasser, aber zur phosphorigen Säure H3PO3 – vgl.
 III
V
Oxidationszahlen des Phosphors, P 4O6 bzw. H3 P O4! P4O6 + 6H2O  4H3PO3.
(iii) Nein, Schwefelwasserstoff ist nicht sehr polar. (Schwefel ist nicht sehr
elektronegativ).
(iv) Nichtmetalle gibt es nur in den Hauptgruppen. Ja, es stimmt. Eigentlich gibt es
keine Begründung, bis auf die ungünstigen Ionisierungspotentiale der p-Elemente mit
mehreren p-Elektronen (Abnahme der Atomgröße mit Zunahme der Kernladungszahl
innerhalb einer p-Untergruppe).
11.
Natürliches Magnesium besteht aus drei Isotopen mit Massenzahl 24, 25 bzw. 26. Die
prozentualen Häufigkeiten sind 78.99, 10.00 bzw. 11.01, und die exakten Massen sind
23.99, 24.99 bzw. 25.98. Berechnen Sie die mittlere Atommasse.
M = ( mihi) / 100
mi, hi sind die einzelnen Massen und Häufigkeiten
= (23.99 × 78.99 + 24.99 × 10 + 25.98 × 11.01) / 100 = 24.31
12.
Wie sind die Hauptquantenzahlen n sowie die Nebenquantenzahlen l für folgende
Orbitale: 4s, 5d? Welche Werte dürfen die magnetische Quantenzahl mz und die
Spinquantenzahl sz für diese Orbitale aufweisen?
4s: Haupt-QZ 4 (!), Neben-QZ 0, magnetische QZ 0, Spin-QZ ±½
5d: Haupt-QZ 5 (!), Neben-QZ 2, magnetische QZ 0, ±1, ±2; Spin-QZ ±½
Der Spin-QZ ist genau betrachtet eine intrinsische Eigenschaft des Elektrons und nicht
eines bestimmten Orbitals!!
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13.
Der Komplex [TiF6]3– hat eine Kristallfeldaufspaltung von 17000 cm–1. (i) Skizzieren
Sie die Aufspaltung und Besetzung der 3d-Orbitale für diesen Komplex. (ii)
Berechnen Sie die entsprechende Energie in kJ/mol. [Geschwindigkeit des Lichts c =
2.9979  108 m s–1; Planck-Konstante h = 6.6262  10–34 J s.]
(i):
(ii)
 J/Atom = hc ~
 NA J/mol
E = h = hc/ = hc ~
~
 = 1.7  104 cm–1 = 1.7  106 m–1
E = (6.6262  10–34)  (2.9979  108)  (1.7  106)  (6.02  1023) / 103 kJ/mol
= 203 kJ/mol
14.
(a) Definieren Sie den van-der-Waals-Radius eines Atoms. (b) Was sind
Dispersionskräfte, und wie kommen sie zustande? (c) Warum ist der Siedepunkt von
HBr höher als der Siedepunkt von HCl? (d) Warum ist der Siedepunkt von HF höher
als der Siedepunkt von HCl?
(a) Der Van-der-Waals-Radius ist der halbe Abstand zwischen zwei benachbarten,
jedoch nicht miteinander gebundenen, gleichen Atomen desselben Elements in einem
Feststoff (Abb.). In der Regel nähern sich Atome nur bis zur Summe der vdW-Radien, soweit
keine anderen Kräfte beteiligt sind. Der vdW-Radius kann je nach Hybridisierungszustand,
chemischer Umgebung usw. variieren.
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Abb. Vergleich kovalenter Radius (rechts, hier nicht direkt relevant) / vdW-Radius (links) für Chlor
(Abstände in pm)
Abb. Dispersionskräfte, Entstehung durch induzierte Dipole.
(b) Schwankungen in der Elektronendichte eines Atoms führen zu momentanen
Dipolen; diese induzieren Dipole in den Nachbarmolekülen (Abb.). Die attraktive
Wechselwirkung zwischen den Dipolen ist die Ursache der Dispersionskräfte. Im Vergleich
zu kovalenten Wechselwirkungen ist die Dispersionsenergie sehr niedrig und der Abstand
zwischen Atomen lang. Dispersionskräfte sind bei größeren Atomen größer.
(c) Dispersionskräfte sind größer beim größeren Atom Br.
(d) Dipol-Dipol-Kräfte des polareren Moleküls HF (Wasserstoffbrücken!).
Sonderfragen 15—18
15.
Was verstehen Sie unter Disproportionierung? Welche Beispiele kennen Sie bei den
Oxoanionen des Chlors?
Disproportionierungen sind eine besondere Art Redoxreaktion, bei der ein Element in
einer mittleren Oxidationsstufe in eine niedrigere sowie eine höhere Oxidationsstufe
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übergeht. Beispiele: Verhalten von Cu+ in Wasser, Zerfall von Wasserstoffperoxid;
I
 II
0
2Cu+  Cu2+ + Cu (f) bzw. 2H2 O 2  2H2 O + O 2
Chlorwasser unterliegt einer Gleichgewichtsreaktion, die zur Salzsäure und
I
hypochlorigen Säure HClO [ Cl ] führt:
Cl2 + H2O
H+ + Cl– + HClO
Alkalische Lösungen der hypochlorigen Säure disproportionieren beim Erwärmen
V
weiter (zu Chlorat [ Cl ] und Chlorid) nach
3ClO–  ClO3– + 2Cl–
Wird festes Kaliumchlorat erhitzt, so erfolgt eine Disproportionierung zu Perchlorat
 VII
[ Cl ] und Chlorid:
4KClO3  3KClO4 + KCl
16.
Die Trimerisierung 3C2H2  C6H6 sei eine Reaktion dritter Ordnung bezogen auf
[C2H2]. Wie ist die Normalform bzw. (bei einer Anfangskonzentration [C2H2]0) die
integrierte Form des Geschwindigkeitsgesetztes?
Man setze A ≡ C2H2
d[A]
= k [A]3
dt
t
[ A ] d[A ]
= k  dt
– 
3
0
[ A ]0 [ A ]
1
1
=
+ kt
2[A]02
2[A]2
–
Integrieren:
17.
(a) Wie sind die Torsionswinkel Cl–C=C–Cl in den Molekülen cis- bzw. transDichlorethen (ClHC=CHCl)? (b) Wie sind die Torsionswinkel C–C–C–C bzw. H–C–
C–C im Benzolmolekül?
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(a) cis 0°, trans 180°; (b) C–C–C–C 0° bzw. H–C–C–C 180°. Im Nachhinein vielleicht keine
so gute Aufgabe, denn Zufallstreffer sind gut möglich!
18.
(a) Erklären Sie den Begriff schwacher Elektrolyt. (b) Essigsäure ist ein schwacher
Elektrolyt. Eine 0.1
M
Essigsäure-Lösung hat einen spezifischen Leitwert  von
0.0528 –1 m–1. Berechnen Sie die molare Leitfähigkeit . Welche Einheiten hat diese
Größe?
(a) Ein schwacher Elektrolyt dissoziiert nur teilweise zu Ionen (normalerweise auf
wässrige Lösung bezogen), z.B. Essigsäure HAc
(b)
H+ + Ac–
 = /C, wo C die Konzentration ist. Da alles SI ist, muss die Dimension
Länge in Einheiten Meter sein. Die Konzentration ist also 100 mol/m3,  = 0.000528
–1 mol–1 m2. Es ist für Teil b irrelevant, ob es sich um einen starken oder einen
schwachen Elektrolyt handelt.