«Christine und Christian Schneider riskierten in den Slums von
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«Christine und Christian Schneider riskierten in den Slums von
Nr. 62 / Mai 2011 servants news «Christine und Christian Schneider riskierten in den Slums von Manila Glauben und Leben. Doch Gott schenkte ihnen die Kraft, an ihrer inneren Überzeugung festzuhalten.» Rolf Höneisen, Seite 12 2 «Topdestination» Myanmar | 6 Servants Street | 10 Stadtpräsident an Buchvernissage | 14 Jahresrechnung 2010 M y a nm a r E D I T O RIA L PIONEERS Der Altar bei der Toilette Myanmar – eine «Topdestination» Obwohl ich meistens eine Kamera dabei habe, fotografiere ich selten. Nicht weil ich nicht will oder die Sujets nicht sehe, sondern aus Mitleid mit den Menschen in Not. Hier leben so viele arme Menschen, dass man sich daran gewöhnen kann. Aber ich schaffe es nicht, die Menschen so festzuhalten. Meistens merken sie, wenn sie fotografiert werden und stellen bitter fest, dass wenigstens ihr Bild ins Ausland reisen darf. Sie wissen, dass man mit eindrücklichen Fotos sogar Wettbewerbe gewinnen kann und fragen, wofür ihr Bild verwendet wird. Darum stehle ich keine Bilder und akzeptiere, wenn sich jemand nicht zeigen will. Ich mache aber gerne Bilder von Menschen, die zwar arm sind, aber deren Würde intakt ist, wie neulich bei Aling Cora. In einer Zeitung las ich neulich, dass Myanmar in der Leserumfrage eines englischen Reisemagazins als Topdestination beurteilt wurde. In den letzten Monaten sei Myanmar vom kontroversesten Reiseland zu einem der potenziell aufregendsten und angesagtesten Reiseziele geworden. Die Toilettenpflegerin drückt ihren Glauben mit Heiligenbildern aus und dekoriert die Unterführung mit Sternen Auffallend sauber Nach einem erfolgreichen Besuch im Immigrationsbüro gehe ich durch eine Unterführung, wo mir ein Hausaltar oben an der Wand auffällt. Ob hier wohl jemand wohnt? Eine beleibte, gemütliche Frau sitzt da mit ihren sieben Sachen und scheint sich auf ihren drei Quadratmetern einquartiert zu haben. Viele Wassertonnen stehen herum und es riecht nach Putzmitteln. Nun bemerke ich, dass hier eine öffentliche Toilette ist! Die Reinlichkeit fällt auf, normalerweise sind das hier keine wohlriechenden Orte. Die Frau lebt also hier in der Unterführung, pflegt die WCs und verkauft Toilettenartikel! Wir kommen ins Gespräch und ich drücke meine Wertschätzung für ihre Arbeit aus. Aling Cora ist sichtlich stolz auf ihre Klos und erlaubt mir gerne, ein Bild von ihr zu machen. Leider kann ich damit den angenehmen Duft nicht wiedergeben. Den meisten Touristen ist wohl weniger wichtig, dass das Land noch sehr fragil ist und vorsichtig behandelt werden sollte; ein Aspekt, der im Bericht auch erwähnt wurde. Ein junger Myanmare, der kürzlich die Lizenz als Reiseführer erhalten hat, erzählte uns von künftig geplanten Vereinfachungen des Reisens. Auch die neue Regierung lässt auf positive Schritte hoffen bis zu den nächsten Wahlen in fünf Jahren. Das Bild von Myanmar verändert sich. Zu wenig Geld Der erwähnte Zeitungsbericht war in meinen Gedanken noch sehr präsent, als mich kurz nacheinander zwei befreundete junge Frauen um Geld baten. Die eine hilft mir einmal pro Woche im Haushalt. Dies ist ihr einziges festes Einkommen. Zusammen mit ihrem alkoholkranken Ehemann und einem sechsjährigen Sohn lebt sie bei jemandem in Untermiete. Das Geld brauche sie für die Pflege des todkranken Mannes, der ans Bett gebunden ist. Die zweite Frau lebt als Unter-Untermieterin in einer Kammer, die gerade gross genug ist, um darin zu liegen. Ihr «Haus» ist also eher ein geräumiger Schrank. Ihr Ehemann hat sie verlassen, dafür hat sie ihre Fehlgeburt mitgenommen, wodurch sie ihre Arbeitsstelle verlor. Inzwischen arbeitet sie in einem der vielen Modeläden eines neu- en Supermarkts. Sie hat einen langweiligen zwölfstündigen Arbeitstag. In den letzten zwei Monaten hatte sie gerade einen Tag frei und ihr Lohn reicht auch bei gutem Haushalten nicht wirklich. Sie braucht Geld, um alte Schulden zurückzuzahlen, die Geldverleiher verfolgen sie. Diese Frauen leben zwar nicht auf der Strasse, haben ein Dach über dem Kopf und eine Arbeit. Sie müssen nicht mit dem vaterlosen Kind unter dem Arm durch die Strassen ziehen und Spatzenfutter verkaufen. Es geht ihnen vergleichsweise gut, obwohl das Geld nirgendwohin reicht. Diese Geschichten wiederholen sich immer wieder und wir sind ihrer vielleicht schon etwas müde geworden. Sie könnten irgendwo auf der Welt in irgendeiner Stadt gerade jetzt geschehen. Sie zeigen uns verschiedene Gesichter und die Ganzheitlichkeit des Lebens der unteren Gesellschaftsschichten. Und sie zeigen, dass wir der Armut ganzheitlich begegnen müssen und wir noch sehr weit davon entfernt sind, sie bekämpft zu haben. R. & M. aus Yangon, Myanmar (Burma) Regula Hauser Titelbild: Arbeitspause von Müllsammlern in Tondo, Manila 2 Viele Frauen leben mit ihren Kindern am Rande der Strassen von Yangon kanada se r v a nts Wer kennt Jochebed? Den Namen kennt wohl kaum jemand. Und doch spielt sie eine ganz wichtige Rolle, wenn auch eher im Hintergrund, im Leben des einflussreichsten Propheten in der Geschichte Israels. Seifenblasen vor unserem Haus als Gegenpol zum Drogenhandel Ohne diese Frau hätte es weder den grossartigen Gesetzgeber des Volkes Gottes gegeben noch den Begründer des Priestertums in Israel; und auch nicht die erste namentlich genannte Prophetin, die den Wendepunkt in der religiösen Entwicklung Israels zu einem Volk Gottes herbeiführte. Mirjam, Aaron und Mose stammen alle von dieser Diese Frauen haben nie ihre Würde als Geschöpfe Gottes erfahren. Sie haben keine Würde an eigene Kinder weiterzugeben, obwohl sie sich das zutiefst wünschen. Frau ab: Jochebed, «die ebenfalls dem Stamm Levi angehörte und noch in Ägypten geboren worden war. Sie gebar Amram zwei Söhne: Aaron und Mose, und dazu eine Tochter Mirjam» (4. Mose 26,59; 2. Mose 6,20). Die einzige längere Geschichte über sie ist eine leidvolle, aber trotzdem hoffnungsvolle: wie sie ihren Sohn aufgibt und ihn in die Hände Gottes legt (2. Mose 2). In Leiden und Not hat sie keine andere Wahl, als sich ganz auf Gott zu verlassen und dabei weise, Leben spendende Entscheidungen zu treffen. Trotz Gefahr, Bedrohung und nackter Angst vor dem Befehl des Pharao lebt sie mutig und treu – ihrem Gott und ihren Kindern gegenüber. Gott erhört ihre Gebete, rettet ihren Sohn und schenkt ihr die Möglichkeit, ihren eigenen Sohn zu erziehen. Zweite Chance So viele Frauen unserer Nachbarschaft verlieren ihre Kinder wegen den schlechten Entscheidungen, die sie getroffen haben und weiterhin treffen. Von ihren eigenen Eltern wurden sie nicht geliebt, sondern vernachlässigt und missbraucht – genauso wie von Freunden und Pseudoliebhabern. So haben diese Frauen nie ihre Würde als Geschöpfe Gottes erfahren. Sie haben keine Würde an eigene Kinder weiterzugeben, obwohl sie sich das zutiefst wünschen und gern schaffen würden. Wenn sie nur wüssten, woher sie solche Würde bekommen könnten, wo die Heilung aller Gebrochenheit zu finden ist, wer sie in dieser harten Welt überhaupt liebt! Wenn niemand sie liebt, wie sollen sie ihre Kinder recht lieben? Mein Gebet ist, dass auch diese Frauen eine zweite Chance bekommen, ihre Kinder zu erziehen, und so den Teufelskreis zwischen Drogenabhängigkeit und Kindesentzug zu durchbrechen. Ohne Glauben an einen grossartigen, gnädigen, liebenden Gott hat eine Mutter keine Quelle, aus der sie für ihre Kinder schöpfen kann. Wie Jochebed sehe ich mich herausgefordert, die hohe Berufung Gottes als Mutter zweier Töchter nicht aus den Augen zu verlieren und sie unter herausfordernden Umständen bewusst zu fördern und sich entwickeln zu lassen. «Sie lebt weiter... nicht dadurch, dass sie viele grossen Aufgaben bewältigt hat, sondern dadurch, wie weise und gut sie als Mutter gedient hat.» Möge dieser Spruch eines Tages auch über mein Leben gesagt werden können. Ashleen Wartenweiler 3 PHILIPPINEN LILOK Schulalternativen bei fehlendem Abschluss Arcie und Richard wohnen auf dem Friedhof von Pasay in Manila. Zusammen mit ihren Angehörigen haben sie sich in den Grabmälern der Reichen eingerichtet. Die Wohnungen auf dem Friedhof sind nicht schlechter als in irgendeinem Slum. Anstatt eine Miete zu bezahlen, halten die Bewohner die Grabumgebung in Ordnung. So herrscht dort eine Wir freuen uns über alle, die nach einem Kurs von Lilok eine neue Vision für ihr Leben erhalten. bizarre Symbiose zwischen Arm und Reich. Indem sich die Armen um das Wohl der Toten der Reichen kümmern, gewinnen sie selbst Raum zum Leben! Schule im Kirchenraum Conrad arbeitet als Assistent bei Lilok und die Jungen auf dem Friedhof sind ihm ans Herz gewachsen. Arcie hatte zu wenig Geld für einen Schulabschluss und besucht nun das Alternative Schulsystem (ALS), das Lilok dort organisiert und wo Conrad unterrichtet. Zwölf Teilnehmer aus dem Slum treffen sich in einem Kirchenraum, wo sie einen praxis- orientierten Unterricht erhalten. Das ALS-Programm wird an mehreren Orten erfolgreich für Jugendliche und Erwachsene eingesetzt. Nach zehn Monaten findet ein staatlicher Abschlusstest statt. ALS hat sehr grossen Zulauf, denn viele Bürger haben keinen Schulabschluss. Darum dauert es lange, bis Arcie erfährt, dass er bestanden hat. Er hat tolle Fähigkeiten, kann sehr gut schreiben und könnte noch eine weiterführende Schule besuchen. Aber er ist voller Selbstzweifel, weil früher niemand an ihn geglaubt hat. Nun besucht er den Jugendleiterkurs von Lilok und wir hoffen, dass er dabei Vertrauen für seine weiteren Lebensentscheidungen gewinnt. Berufsbegleitender Unterricht Auch im Gebiet von Bagong Silangan läuft ein ALS-Programm. Die Teilnehmer sind hier rund fünfzehn Jahre älter und haben schon Kinder im Teenageralter. In ihrer Jugend konnten sie die Schule nicht abschliessen und müssen nun vor allem ihre Familie ernähren. Romy und Josephine zum Beispiel arbei- teten tagsüber und besuchten abends die ALS. Nach bestandener Prüfung können sie nun sogar an eine höhere Schule denken, weil ihre Kinder langsam selbstständiger werden. Viele Arme mit einem späten Bildungsweg leisten dann noch Bemerkenswertes. Vielleicht werden auch Romy und Josephine zu ihnen gehören. Wir freuen uns über alle, die nach einem Kurs von Lilok eine neue Vision für ihr Leben erhalten. Für alle ein Gewinn Auch wer die Prüfung nicht besteht, profitiert vom lebensnahen Schulprogramm, das sogar wichtige Module enthält, welche die konventionelle Schule nicht bietet. Die Prüfung kann auch wiederholt werden und in der Zwischenzeit können sich die Schüler mit neuen Modulen weiterbilden. Falls Sie das Lilok Bildungsprogramm finanziell unterstützen möchten, können Sie dies auf dem Einzahlungsschein entsprechend vermerken. Regula Hauser Trainer-Ausbildung für das von Lilok/Onesimo organisierte alternative Schulsystem 4 P h i l i pp i nen l i lo k Zu Gast auf der Lilokfarm Andrea Kropf gehört zum Discovery Team, welches letzten Sommer Manila besuchte. Sie verbrachte auch eine Woche auf der Lilokfarm und schildert ihre Eindrücke: Manila, eine Riesenstadt mit Millionen Menschen; Menschen, die, wie wir auch, täglich Abfall hinterlassen. Was geschieht damit? «Aus den Augen, aus dem Sinn», heisst bei vielen das Motto. Es wird nicht mehr darüber nachgedacht, was passiert, nachdem die Müllabfuhr den Abfall abgeholt hat. Egal, ob der Abfall auf einen Müllberg oder zur Müllverbrennungsanlage gebracht wird, er verschwindet nie mehr endgültig. Einfach inspirierend Letzten Sommer hatte ich die Chance, eine Woche auf der Lilokfarm in Tanay zu verbringen. Nach drei Wochen in Manila inmitten von Armut und Hitze fühlte sich die Reise hinaus ins Grüne befreiend an. Das Leben dort ist einfach und vielleicht gerade deshalb so inspirierend. Früher habe ich mir nie Gedanken darüber gemacht, wie es wäre, von Selbstversorgung zu leben. Erst auf der Farm habe ich realisiert, wie viel Energie es benötigt, auch nur annähernd so zu leben. Doch es ist befriedi- Slum in Quezon-City gend: Wir tranken frische Kokosnussmilch, assen Bambussprossen und kochten auf dem Feuer. Oft diskutierten wir über die Natur und über Themen, die mich vorher nicht wirklich interessierten: zum Beispiel, wie man effektiv Regenwasser sammeln kann und dieses anschliessend zu Trinkwasser filtert. Oder dass alles, was wir machen, Energie benötigt, entweder die eigene Kraft oder Strom, welcher irgendwo produziert werden muss. Zudem wurde mir klarer, dass alles nur in begrenzten Mengen zur Verfügung steht und dass wir deshalb sorgfältig mit unseren Ressourcen umgehen sollten. Ich habe auch angefangen, mir Gedanken darüber zu machen, wie man Sachen praktisch recyclen kann oder welches Material man anstelle von Plastik benutzen könnte. Dann gab es auch Zeiten, wo ich einfach die Ruhe und die Natur genossen habe. Die Weite und das Grüne. Die wunderbare Schöpfung Gottes. Auf dem Weg zurück nach Manila wurde mir bewusst, dass es Auswirkungen haben wird, wenn jeder, der auf der Lilok- farm war, anfängt nachzudenken; wenn wir nicht mehr nach dem Motto «aus den Augen, aus dem Sinn» leben. Andrea Kropf Das «Oktagon-Haus» auf der Lilok Farm in Tanay 5 P h i l i pp i nen S e r v a nts Servants Street Im Gebiet des ehemaligen Slums von Pajo in Quezon City wurde auf eine Initiative von Servants Switzerland ein hübsches Wohnquartier für die arme Bevölkerung gebaut. Im Dezember wurde die Einweihung gefeiert. Ehemalige Slumbewohner bei den Bauarbeiten wurde, stand es zur Verfügung, musste aber wieder zurückbezahlt werden für den nächsten Notfall. Dies funktionierte auf beeindruckende Weise. Die Bewohner sind der Meinung, dass sie es ohne die Kontinuität von Servants nicht geschafft hätten. Die Strassen wurden nach Organisationen benannt, die bei der Entwicklung mitgeholfen haben. Darum gibt es nun auch eine Servants Street in Quezon City! Wir sind Gott dankbar für die Energie und Ausdauer aller Beteiligten und für die nötigen Ressourcen. Auch viele Leser der Servants News haben dazu beigetragen. Zusammenarbeit macht stark Die Zusammenarbeit war sehr breit und Servants stand den Bewohnern oft bei, wenn nichts mehr weiterging. Das gesammelte Geld wurde auf Wunsch des Quartiervereins bei Servants verwaltet. Wenn kurzfristig Geld benötigt Eine Kapelle fehlt noch Nun ist das Gebiet sehr schön geworden. Breite Strassen laden die Kinder zum Spielen ein. Auch ein Quartierzentrum und ein Kindergarten wurden gebaut, ein Fahrradverleih eröffnet und ein kleiner Markt ist noch in Planung. Die Verhandlungen zum Kauf des Geländes begannen bereits 1991. Christian Auer sammelte in der Schweiz in kurzer Zeit einen substanziellen Geldbetrag für eine Anzahlung. Dann begann eine lange Odyssee, bis das Land via Stadtverwaltung zum Eigentum der armen Familien wurde. In der Folge haben verschiedene Organisationen in Nach einer langen Odyssee wurde das Land zum Eigentum der armen Familien. das Projekt investiert. Zuletzt war eine einheimische katholische Organisation für die Infrastruktur und den Wohnungsbau besorgt. Die begünstigten Familien mussten mitarbeiten und auch für den Innenausbau aufkommen. Am Richtfest wurde die grosse Arbeit der Bautruppe gewürdigt 6 P h i l i pp i nen se r v a nts Aling Nena Bago hat jahrelang als Präsidentin viel für den Quartierverein geleistet und ist nun alt und gebrechlich. Ihre Unterkunft brannte zweimal ab und wurde einmal überschwemmt. Nun lebt sie mit ihrem Enkel in einem violetten Häuslein. Wie mag ich ihr das gönnen! Ich frage sie, ob sie ihre grosse Lebensaufgabe nun erfüllt sehe. «Nein, wir wollen noch eine Kapelle bauen. Das gehört auch hierher. Danach kann ich ‹gehen›.» Die Armut geht weiter Während die Wohnsituation als wichtiges Grundbedürfnis nun gut gelöst ist, gehen die Herausforderungen der Armut weiter. Manche Bewohner sind arbeitslos und müssen dennoch das Land innert zwanzig Jahren abzahlen. Bei einem Notfall wie einem Spitalaufenthalt ist die finanzielle Stabilität schnell bedroht und das Haus wird zur Kapitalan- In einem Haus wohnt ein Ehepaar mit seinen erwachsenen Kindern, die bereits selber wieder Kinder haben, aber kein Einkommen, um auf eigenen Füssen zu stehen. Um nicht auf der Strasse leben zu müssen, rücken sie in ihrem Häuschen zusammen. Aus dem früheren Slum ist ein schönes Wohnquartier geworden, aber Hunger gibt es immer noch und die Armen sind weiterhin auf Unterstützung angewiesen. Kleiner Lebensmittelladen Regula Hauser lage. So haben einzelne Familien ihr Haus leider bereits wieder verloren. Das erschüttert uns und wir überlegen, wie wir diesen neuen Problemen begegnen können. Vielleicht lässt sich das Geld, das noch für den Quartierverein da ist, für solche Notsituationen einsetzen. Die Strassen wurden nach Organisationen benannt, die bei der Entwicklung mitgeholfen haben 7 P h i l i pp i nen ones i mo k i ds Rechte für Kinder – alles nur Theater?! Jay ist neun Jahre alt und lebt mit seinen Eltern in einem Slumgebiet in Manila. Sein Vater hat keine regelmässige Arbeit, da er nie die Chance hatte, auch nur die Primarschule abzuschliessen. Das magere Einkommen seiner Mutter, welches sie mit Wäschewaschen verdient, muss ausreichen. Doch ein grosser Teil davon fliesst in den Alkohol, mit dem der Vater seine Sorgen zu ertränken versucht. Das Slumgebiet, in dem schon Jays Eltern aufwuchsen, ist vom Abbruch bedroht. Die Stadtregierung hat hier einen neuen Einkaufstempel geplant. Nach einem Feuer im Slum erscheint eines Tages plötzlich ein Abrissteam der Regierung mit Polizeischutz. Wer ihnen Widerstand leistet, wird brutal niedergeschlagen. Jay fleht einen Polizisten um Gnade an, doch er muss mitansehen, wie ihre Hütte abgerissen wird. Jays Vater ist tief gedemütigt, und an diesem Abend verlässt er betrunken seine Familie. Er verspricht, Arbeit zu suchen. Jay und seine Mutter haben nun kein Dach mehr über dem Kopf und Das Theaterstück gibt den Kindern Wert und Würde – und eine Stimme. auch kein Einkommen mehr. Abends schlafen sie hungrig auf dem nackten Betonboden ein. Bald macht sich die Mutter auf, um auf dem Markt Arbeit zu suchen. Das ist das letzte Mal, dass Jay seine Mutter sieht. Alleingelassen Hungrig sucht er seine Mutter, kann sie aber nicht finden. Er beginnt zu betteln, doch viele Leute wollen nichts mit ihm zu tun haben. Er ist schmutzig und stinkt. Der quälende Hunger lässt ihn abends kaum einschlafen: «Ich gehe ziellos durch die Strassen. Meine Gedanken kreisen ständig um die gleichen Fragen: Warum ist das Leben so? Wo bist du, Vater? Wo bist du, Mutter? Ich bin alleine, sie haben mich alleingelassen. Ich habe Angst, weiterzugehen, aber ich möchte leben. Ich suche ständig nach etwas Essbarem, allein auf mich angewiesen.» Irgendwann trifft er auf eine Gruppe Kinder, die ihn zum Leimschnüffeln einladen. Bei ihnen findet er eine neue Heimat, und der Leim hilft, über den Hunger hinwegzukommen. Eines Tages wird er von einem jungen Mann mitgenommen, der ihm verspricht, ihn zu versorgen. Er saugt die Aufmerksamkeit auf wie ein trockener Schwamm, doch bald findet er heraus, dass er dafür mit Sex zu bezahlen hat. Er schreit auf: «Warum tun sie all das mit mir, ich habe doch gar keine Schuld!» So läuft er weg, zurück zur «Sicherheit» der Strasse. Kinderrechte Die Geschichte von Jay wurde als erste kleine Produktion der Theatergruppe von Onesimo Kids aufgeführt. Die Kin- der haben sie aus ihrer eigenen Lebenserfahrung heraus geschrieben und einstudiert. Die Aufführung endete damit, dass die Kinder die Rechte verlasen, die ihnen gemäss UN-Kinderrechtskonvention zustehen: Alle Kinder haben das Recht … … auf ein Zuhause und eine Familie, die für sie sorgt. … auf genügend Nahrung und eine gesunde Ernährung. … zu spielen. … auf Schutz und Sicherheit. …, mit ihrer Meinung angehört zu werden. Mit diesem Theaterstück wollen die Kinder auf die Situation von Strassenkindern aufmerksam machen und Menschen für das Einhalten ihrer Rechte mobilisieren. Durch das Theaterspielen können sie ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und bekommen mehr Selbstvertrauen. Für viele ist es eine ganz neue Erfahrung, auf der Bühne zu stehen. Auch kleine Erfolge zeigen ihnen, dass sie etwas können. Ihr Leben auf die Bühne zu bringen, ist für sie ein Weg, sich mit ihrer Vergangenheit zu versöhnen und sich gleichzeitig für etwas Gutes einzusetzen. Das Theaterstück gibt ihnen Wert und Würde – und eine Stimme. Theaterworkshop In Partnerschaft mit der Gruppe Sinagbayan («Kunst für das Volk») konnten wir einen sechstägigen Theaterworshop mit zwölf Kindern durchführen. An den letzten beiden Tagen wurde das oben genannte Stück einstudiert. Sinagbayan benutzt Theaterstücke, um auf Menschenrechtsfragen aufmerksam zu machen. Im Mai werden sie mit uns eine Theaterfreizeit durchführen mit dem Ziel, eine volle Produktion einzustudieren. Wir hoffen, dass wir diese dann in verschiedenen Kirchen und Schulen aufführen können. Daniel Wartenweiler Theaterworkshop mit Pantomime 8 P h i l i pp i nen ones i mo Zusammenarbeit lohnt sich für alle Die Arbeit von Onesimo zieht immer breitere Kreise. Die verstärkte Partnerschaft mit staatlichen Behörden, Schulen und Universität hilft, die Kluft zwischen Arm und Reich zu überbrücken. Philippinische Studenten betreuen Arme Unter der Supervision der Psychologin Prof. Annabel Manalo (Vorstandsmitglied von Onesimo) begleiten Studenten ein Jahr lang die jungen Menschen bei Onesimo, und lösen bei ihnen tiefgreifende Veränderungen aus. Die meisten Studenten stammen aus der Ober- und Mittelschicht und kommen aus drei verschiedenen Universitäten in Manila. Sie stellen ihre Zeit und ihr Wissen unentgeltlich zur Verfügung Die Freiwilligen erhalten einen tiefen Einblick in das Leben ihrer verarmten Landsleute. und suchen gemeinsam mit den Hauseltern und Sozialarbeitern nach Lösungen. Die jungen Strassenteens und ehemaligen Müllsammler nehmen an acht obligatorischen Gruppentherapien teil und werden auch individuell beraten. Ende März wurde der Abschluss des ersten Jahres in einem Stadtpark gefeiert. 52 Jugendliche verdanken ihren «Seelsorgern» ein Stück Heilung. Und die freiwilligen Begleiter erhalten einen tiefen Einblick in das Leben ihrer ver- armten Landsleute, was ihr soziales Verantwortungsgefühl weiter fördert. Onesimo ist offizieller Trainer Das alternative Lernsystem (ALS) für Erwachsene wurde von Onesimo mitentwickelt und wird von der Regierung anerkannt. Neu darf Onesimo auch offiziell Trainer ausbilden und zertifizieren, welche mit ALS arbeiten. Damit können zahlreiche Gruppen und Gemeinden in Armutsgebieten ihre Jugendlichen auf anerkannte Schulexamen vorbereiten. Die ersten 34 Lernbegleiter wurden im Onesimo Trainingszentrum eine Woche lang ausgebildet und erhielten am Schluss ein Zertifikat. Bei der Kursleitung halfen auch bekannte Persönlichkeiten aus dem Erziehungsdepartement mit und trugen zu einem packenden, praxisnahen Programm bei. 80 neue Zertifikate und Diplome Achtzig Jugendliche von Onesimo durften an einer Abschlussfeier ein Diplom der Grund- oder Oberschule oder ein Berufszertifikat entgegennehmen. Darunter sind dreizehn Schweisser und Elektroinstallateure, acht Bäcker, acht Schneiderinnen, sieben Automechani- ker, sechs Köchinnen und Köche sowie fünf Handyreparateure, die den Jahreskurs abgeschlossen haben. Auch kürzere Kurse in den Bereichen Kosmetik, Schreinerei und Computer wurden erfolgreich absolviert. Sommerlager in Camp Rock Zurzeit finden in Camp Rock wieder die Jugendfreizeiten statt. In sechs verschiedenen Camps erleben gegen fünfhundert Teilnehmende aus fünf Slumsiedlungen Natur pur, ganz ohne Strassenlärm, Abgase und Überlebenskampf. 67 neue Gruppenleiter sind durch ihren Glauben motiviert, die Teenager mit Spiel, Sport und Gesprächskreisen anzuleiten und haben sich dazu ausbilden lassen. Neben dem schönen Strand steht nun auch ein neuer Spielplatz mit gedecktem Basketballfeld und Feuerstelle zur Verfügung. Christian Schneider Abschlussfeier und Diplomübergabe in der Onesimo-Schule 9 P h i l i pp i nen ones i mo – se r v a nts c h Basler Stadtpäsident an der Buchvernissage Wir wollten immer, dass unser Buch «Himmel und Strassenstaub» auch von Menschen gelesen wird, die dem Glauben vielleicht kritisch gegenüberstehen. Also suchten wir für unsere Preview einen Ort, wo die Presse gerne hinkommt; keine Kirche. Die Basler Müllverwertung bot sich für die geladenen Gäste an. Der Basler Müll in Anlehnung an die Müllberge in Manila! Wir beteten noch für eine prominente Person, die sich für ein Grusswort gewinnen liesse. Peter Casaulta, der ehemalige Schweizer Generalkonsul von Manila war begeistert und versprach, auch jemanden von der DEZA in Bern zu mobilisieren. Zwei VIPs hatten wir auf sicher. Wir bildeten ein Patronatskomitee aus Bildung, Wirtschaft Ansprache des Stadtpräsidenten von Basel, Dr. Guy Morin Dann sagte er schlicht, «der einzige freie Termin in dieser Woche ist der Mittwochabend. Ich komme.» Und weg war er. Wow! Habe ich geträumt? Musikalische Begleitung von Norbert Ardioli, Harfe weg war er. Was für eine Fügung. Oder nur Zufall? Vorsichtig formulierten wir eine offizielle Anfrage und sandten den Brief an das Regierungspräsidium der Stadt Basel. Nach einiger Zeit kam eine Absage des Generalsekretariats. Ich war enttäuscht und liess ein paar Wochen verstreichen. Dann kam mir der Gedanke, Guy Morin persönlich anzurufen. Mit klopfendem Herzen wählte ich die Nummer. Frau Morin nahm ab und ich stammelte mein Anliegen mit trockenem Mund vor Aufregung. «Sie haben Glück», antwortete die freundliche Stimme, «mein Mann ist gerade zu Hause.» Ich wiederholte meine Anfrage und Herr Morin hörte mir geduldig zu. Bestseller in Basel Die Zusage des Stadtpräsidenten wirkte Wunder und öffnete weitere Türen. Thalia übernahm den Buchverkauf. Telebasel, Radio Basel, Basellandschaftliche Zeitung, Kirchenbote, 20 Minuten – alle wollten Interviews und berichteten über unser Buch. Das Besucherzentrum ist für 50 Personen gedacht, 120 erhielten eine Einladung, 150 kamen. Freunde halfen überall mit: Harfenmusik, Moderation, Apéro, Bilderausstellung und eine Performance am Eingang mit Müll, Feuer und Rauch. Es war ein gelungener Start für das Buch, und nicht nur der Stadtpräsident war sichtlich bewegt! «Himmel und Strassenstaub» war während Wochen in den Top Ten der wichtigsten Basler Buchläden! Und der Verlag meldete unlängst: Die zweite Auflage muss bereits gedruckt werden. Christian Schneider und Kirche. Eine lokale Grösse musste noch her! Unbescheiden dachten wir an Dr. Guy Morin, unseren Stadtpräsidenten. Ein Zufall? Mir kam Benedict Schubert, Gemeindepfarrer und Dozent an der Uni Basel in den Sinn. Er gehört zu unserem langjährigen Freundeskreis und war selbst einmal Missionar in Afrika. Ich fragte ihn für das Patronat der Preview an und erklärte unsere Absicht, Guy Morin einzuladen. Benedict lachte: «Guy ist ein Jugendfreund von mir und er kommt heute zu uns zum Nachtessen.» Gleichzeitig nahm ich im Hintergrund die Türglocke wahr, «das sind sie, ich werde ein Wort für eure Sache einlegen und freue mich auf euer Buch.» Und Christine und Christian Schneider lesen aus ihrem Buch 10 P h i l i pp i nen ones i mo – se r v a nts c h Benefizkonzert in Basel Vor elf Jahren luden wir in Manila das staatliche Fernsehen zu einem Anlass ein, den wir mit grossem Aufwand vorbereitet hatten. Von der gemieteten Festhalle versprachen wir uns einen würdigen Rahmen. Am Morgen des Anlasses kam der Schock: Das Gebäude war über Nacht abgebrannt! Wir feierten dann mit Leintüchern im Stadtpark und das Fernsehen kam trotzdem! 19. Februar 2011 in der Thomaskirche, ein Déjà-vu? Seit Wochen kein Lebenszeichen vom Singer-Songwriter Emanuel Heitz, dessen Zusage noch aussteht und der nun auf einer Indienreise ist. Zwei andere Musiker sagen ab. Missverständnisse führen dazu, dass die Musikband samt Übungslokal nicht verfügbar sind. Cinemobil hat aus Versehen die Grossleinwand und Kinobeamer zum gleichen Zeitpunkt anderwei- Isabel Schneider Der Rapper Blessedstate tig im Einsatz. Zeitweise steht alles in Frage. Zum Glück zeigt Dimitri König, der Pianist und Musikverantwortliche, nicht nur grossen Sachverstand, sondern auch Nerven wie aus Stahl! Sein SMS an mich am Vorabend: «Wenn du bis zum Hals in der Sch… steckst, lass den Kopf nicht hängen – bete!» Am Abend strömen die Besucher herein, Emanuel ist mit Freunden bereit, seine genialen und hinreissenden Songs vorzutragen. Armina Riethmuller kommt mit zehn Stunden Flugverspätung aus Australien direkt vom Flugplatz auf die Bühne und trägt uns mit ihrer Stimme ins Inselparadies der Philippinen. Etwa sechshundert Besucher erleben einen unvergesslichen Abend. Carmen Hengartner, der Rapper Blessedstate und Sa- rah Ott bewegen die Herzen. Barblina und Isabel fegen mit einem feurigen Flamenco über die Bühne. Etwa dreissig freiwillig Mitarbeitende hinter und vor den Kulissen machen es möglich – Gott macht es möglich! Danke! Wir hören eindrückliche Berichte von Elim, Haus Spalen, Sela, Mittenand-Gottesdienst; alles Gruppen, welche Menschen begleiten, die unter uns in Basel Not leiden. Dazu hören wir auch Neuigkeiten Christoph Rast aus Manila. Wir freuen uns, dass nicht nur die Armen im Fernen Osten, sondern auch die Schwachen unter uns eine Stimme erhalten haben! Christian Schneider Noel Schneider Armina Riethmuller 11 P h i l i pp i nen ones i mo Medienspiegel der Buchvernissage Das Buch «Himmel und Strassenstaub» gibt zu reden. Hier ein paar Zitate aus verschiedenen Medienberichten: Mörder, Stricher und Junkies als Nachbarn Die Kraft für das Leben im Elend und in der Nähe einer Müllhalde schöpfte das Paar aus dem christlichen Glauben, dem Gebet und der Erkenntnis, dass die Lebensfreude bei den armen Leuten trotzdem vorhanden ist. Basellandschaftliche Zeitung, 8. Februar 2011 Basler lebten neun Jahre in den Slums von Manila Nebst netten Nachbarn, die sich um sie kümmerten, war die Familie gleichzeitig von Ganoven, Mördern, Strichern und Junkies umgeben. «Innerhalb der Slums waren wir recht sicher, weil wir dazugehörten.» 20 Minuten, 8. Februar 2011 Der Reichtum findet sich in der Freundschaft Das Buch zeigt, wie ein Ehepaar versucht, das christliche Gebot der Nächstenliebe zu leben. Kompromisslos verschliessen sie nicht die Augen vor der Not, sondern suchen den «Nächsten» auf den Müllhalden in Manila. Durch Christine und Christian Schneider Himmel und Strassenstaub Unser Leben als Familie in den Slums von Manila 320 Seiten, gebunden CHF 26.50, € 16.99 (D) € 17.40 (A) Best.-Nr. 111798 ISBN 978-3-7655-1798-3 Dazu farbiges Lesezeichen Best.-Nr. 990260 Leseprobe, 16 Seiten A5 Best.-Nr. 990259 Das Buch kann über den Buchhandel oder bei [email protected] bezogen werden. 12 das Zusammenleben mit der Familie Schneider bekommen diese Ärmsten ein Gesicht und eine Biografie. Sie werden zu Jon-Jon, zu Jolli, zu Noel und Reymond. Kirchenbote, März 2011 Hoffnung für Manilas Kinder Christine und Christian Schneider riskierten in den Slums von Manila Glauben und Leben. Doch Gott schenkte ihnen die Kraft, an ihrer inneren Überzeugung festzuhalten und Orte der Hoffnung zu schaffen, ein bisschen Himmel im Strassenstaub. Ihr Buch rührt am wohltemperierten Christsein. Die ungeschönten Berichte führen zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung in Bezug auf Armut, Luxus und sozialer Verantwortung. Es entlarvt aber gleichzeitig auch eine sentimentale Sicht von Armut. Ethos, März 2011 Ein Buch, das den Bogen schlägt Wer mit Christian und Christine Schneider durch den Slum watet, wird mitgenommen in eine ganz besondere Sinnesschule – durch ein verloren gegangenes Paradies. Man riecht förmlich die Notdurft zwischen den Zeilen, hört das Kratzen der Schaben unterm Bett und spürt den Zorn in der eigenen Brust angesichts der Ungerechtigkeit, die Menschen im Slum widerfährt. Dennoch bleibt die gemeinsame Tour nicht auf den Parcours für die Sinne beschränkt, sondern sie wird zu einer Herzensreise. Salzkorn OJC 1/2011 Mit unseren Kindern im Slum Wir wussten auch um die guten Seiten des Zusammenlebens im Slum. Dort gibt es nicht nur Not und Gewalt, sondern auch spürbare Lebensfreude und Dankbarkeit auch für kleine Dinge. Viele Siedler haben eine ausgeprägte Fähigkeit zu feiern und den Moment auszukosten, gerade weil es kein sicheres Morgen gibt. Family, erscheint im Juni 2011 Fernsehinterview Muba Unser Sohn Noel war in seinen sieben Jahren in den Slums ganze zweimal kurz im Spital, wegen Durchfall aufgrund von Amöben und wegen Dengue-Fieber. Nach unserem Umzug in die Schweiz kletterte er über einen Zaun bei seinem Schulhaus, um einen Ball zurückzuholen, rutschte ab und schnitt sich am Stahldraht des Zaunes derart seinen Hals auf, dass er nur knapp mit dem Leben davon kam. Telebasel, 5. Februar 2011 Buchpreview mit Guy Morin Wichtig ist das Engagement des Einzelnen und die Bereitschaft, Risiken einzugehen. Nur so kann man eine Veränderung bewirken, sei dies mit der offiziellen Entwicklungszusammenarbeit oder auch mit einer direkten Zusammenarbeit von Leuten wie Familie Schneider. Herbert Schmid, DEZA Telebasel, 10. Februar 2011 Radiointerview: Betroffenheit Orte, wo laufend Kinder sterben, dürfte es gar nicht geben. Das macht uns betroffen. Wir haben das Buch geschrieben, damit sich viele dazu bewegen lassen, genügsam zu leben und mit andern zu teilen. Radio Basel, 10. Februar 2010 Die vollständigen Presseberichte, Radio- und Fernsehinterviews finden Sie im Internet: www.onesimo.ch und Link auf Facebook: Onesimo-Foundation P h i l i pp i nen se r v a nts Die Armen sind stark Christian Schneider hat über zehn Jahre in den Slums von Manila gelebt und berichtet in loser Folge über seine Erlebnisse, die er in seinem Tagebuch festgehalten hat. Morgens um zehn Uhr ist es bereits unerträglich heiss. Kein Lüftchen ist zu spüren und die Ventilatoren stehen seit Wochen still: Stromausfall! Zu viele Siedler haben illegal den Strom angezapft. Dadurch sind die Transformatoren durchgebrannt und Geld für neue ist nicht vorhanden. Ich sitze auf meiner Holzpritsche und versuche, ein paar Wörter auf Tagalog zu lernen. «Ich krieg das einfach nicht in mein unterbelichtetes Hirn hinein. Aber ohne Worte kann ich die Sprache nicht anwenden und ohne Anwendung kann Was, wenn ich diese Sprache nie sprechen und verstehen lerne? Habe ich die Schweiz vergebens verlassen? ich diese verrückte Sprache nie lernen, und ohne Sprache kann ich hier nichts ausrichten, also bin ich hier am falschen Ort.» Sprachidiot! Dunkle Gedanken ziehen mich immer tiefer nach unten. Ich werde von alten Zweifeln geplagt, die in mein letztes Schuljahr zurückreichen. Als ich fünfzehn Jahre als war, hat mich mein Französischlehrer mit Schimpf und Schande aus dem Schulzimmer gejagt und mir nachgerufen: «Schneider, du bist ein Sprachidiot und wirst nie eine Fremdsprache lernen! Ich will dich nie mehr sehen in meiner Klasse.» Diese Worte hallen mir bis heute nach. Über zehn Jahre lang wagte ich mich nicht mehr an eine Fremdsprache heran. Dann zog ich nach England und bestand nach einem dreijährigen Aufenthalt und Studium alle Sprachexamen in Englisch, die für Ausländer zugänglich waren. Immerhin! Aber diese exotischen Laute hier im fernen Asien sind eine andere Geschichte! «Was, wenn ich diese Sprache nie sprechen und verstehen lerne? Habe ich die Schweiz vergebens verlassen? Ich bin ein Versager!» Es juckt und es ist heiss Mutlos rutsche ich auf meinem unbequemen Sitz hin und her. Irgendwas juckt mich am Rücken, während ich an einem älteren Moskitostich am Bein kratze. Vielleicht sind es Ameisen, die überall und ungefragt in allen erdenklichen Farben und Grössen herumkriechen. Vielleicht sind es auch nur Schweisstropfen, die langsam über meinen Rücken gleiten – es ist sauheiss! Und es juckt mich da, wo ich mit der Hand nicht hinkomme. Alles ist zum Verzweifeln! Mir stinkt es total! Weshalb stellt die Regierung nicht wenigstens Strom für einen Ventilator und eine Glühbirne pro Familie zur Verfügung? Tausende Leuchtreklamen strahlen in den schicken Geschäftsvierteln der gleichen Stadt und wir hier draussen «im Hinterhof» der Welt bekommen nicht das Geringste davon ab. Man hat uns schlicht vergessen. Uns gibt es gar nicht mehr. Time-out Weil ich hier wohne, zähle ich mich immer mehr zu den Menschen in den Gettos und spüre die körperliche und seelische Ohnmacht. Ich teile mein Leben und Leiden mit einer grossen Anzahl Menschen, aber ich habe das Privileg, dies freiwillig zu tun. Und ich muss zugeben, ich teile dieses Leben nur teilweise und halte mir Fluchtwege offen. Wenn es mir zu viel wird, setze ich mich in einen offenen Jeepneybus, halte ein Tuch vor die Nase und bin in vierzig Minuten staubiger Rumpelfahrt in einem klimatisierten Restaurant oder Kino. Ich habe ja das nötige Kleingeld und brauche diese Abwechslung, die mir etwas Luft und Abstand zu diesem glühend heissen Jammertal verschafft. Im Gegensatz zu den Armen schaffe ich es nicht ohne diese Time-outs. Die Armen sind stark! Ich bin schwach. Christian Schneider, 1988 Zwei Veranstaltungshinweise zum Buch «Himmel und Strassenstaub» 7. Mai, 15.00 Uhr In der Johannes-Kapelle, Pflegehotel St. Johann, St. Johannsring 122, Basel 13. Mai, 19.00 Uhr Im Zunftsaal Schmiedenhof, Rümelinsplatz 4, Basel Lesung mit Christine und Christian Schneider Livemusik von Ernie und Armina aus den Philippinen Eintritt frei Lesung mit Christine und Christian Schneider Klassisches Konzert mit Bruno Agnoli, Gitarre und Irmtrud Agnoli, Violine (Werke von Bach, Mozart, M. de Falla, G. Kurtág) Bruno und Irmtrud Agnoli Weitere informationen: www.onesimo.ch oder Facebook: Onesimo-Foundation 13 se r v a nts c h Jahresrechnung 2010 Kommentar Erfolgsrechnung, 1. Januar bis 31. Dezember 2010 Ertrag Aufwand CHF Ertrag CHF Vergleich 2009 Spendeneingang Spendeneingang Kambodscha Task, diverse Projekte 7 135.00 9 140.00 Kambodscha Task, Child to Child 900.00 32 569.00 39 372.90 Manila, diverse Projekte Manila, Lilok 11 548.85 44 750.00 13 416.05 52 950.00 Manila, Tanay Manila, Ad-hoc-Projekte 9 919.76 Onesimo, Jugendarbeit 471 177.47 468 945.05 250.00 33 613.74 Onesimo, Camp Rock Onesimo, Häuser 7 600.00 205 838.00 203 450.40 Onesimo, Patenschaften Onesimo, Kids (Bulilit) 99 379.90 129 823.20 Onesimo, Ad-hoc-Projekte 2 310.00 45 506.55 Indien, ConneXions370.00370.00 Burma, diverse Projekte 500.00 4 201.60 5 216.90 International coordinated fundings, Zahlungen Missionare Mitarbeitertransfers, diverse 69 578.73 47 440.00 Übriger Ertrag Fair Trade 120.00 92.50 Spesen Fundraising, allgemein, Kalender, DVD 13 649.66 18 536.20 1 800.45 2 234.50 Administrationsbeiträge, Missionare Administration, allgemeine Spenden 13 675.00 16 755.00 80.00 100.00 Verein Servants, Mitgliederbeiträge Zinserträge, Bank/Post 5 377.38 7 115.16 952 477.09 1 144 331.86 Aufwand Spendenausgang Kambodscha Task, diverse Projekte 10 355.00 5 750.00 Kambodscha Task, Child to Child 1 000.00 Manila, diverse Projekte 26 710.95 40 829.95 Manila, Lilok 15 548.85 45 250.00 Manila, Tanay 12 316.05 52 950.00 Manila, Ad-hoc-Projekte 9 919.76 Onesimo, Jugendarbeit 307 001.00 323 847.76 Onesimo, Camp Rock 31 513.74 Onesimo, Patenschaften 168 849.00 370 104.63 Onesimo, Kids (Bulilit) 100 000.00 46 707.20 Onesimo, Ad-hoc-Projekte 12 064.80 35 751.75 Indien, ConneXions 720.00 Burma, diverse Projekte 500.00 Mitarbeitertransfers, diverse 63 617.88 42 580.00 Übrige Aufwendungen Fair Trade 232.00 Spesen Fundraising, allgemein, Kalender, DVD 11 996.75 12 958.20 Servants News, Druck/Versand 5 318.57 18 988.50 Bankspesen 1 055.09 1 813.69 Öffentlichkeitsarbeit, Jahresbeiträge/SEA usw. 970.00 1 030.00 Übriger Betriebsaufwand 912.00 17.00 Wechselkursdifferenzen 22.164.25 768 751.84 1 010 454.69 Kreditoren Bilanz 2009, fällig Zahlung 2010 1 145 535.48 Kreditoren Bilanz 2010, fällig Zahlung 2011 1 316 605.72 Mehrertrag, Verein Servants 2010 12 655.01 2 098 012.57 2 098 012.57 Bilanz, 1. Januar bis 31. Dezember 2010 Aktiven Aktiven CHF Passiven CHF PostFinance, CHF 572 254.60 PostFinance, E-Deposito 242 961.30 UBS Basel, Privatkonto CHF 129 197.97 UBS Basel, Sparkonto CHF 147 238.70 UBS Basel, Kontokorrent USD 13.35 Basler Kantonalbank, USD 81.01 Basler Kantonalbank, CHF -2.55 Migrosbank a, CHF, 252 425.40 Migrosbank b, CHF -0.85 Verrechnungssteuer 1 861.80 Vergleich 2009 112 470.52 241 392.25 407 356.34 146 841.00 2.24 14.37 251 201.80 3 026.96 1 162 305.48 Passiven Kreditoren Kambodscha Task, diverse Projekte/Child to Child 800.00 4 020.00 Burma, diverse Projekte 500.00 Indien, ConneXions 370.00 Manila, diverse Projekte 12 131.00 6 272.95 Manila, Spezialprojekte 2 100.00 5 000.00 Onesimo, Jugendarbeit 1 064 548.13 900 371.66 Onesimo, Patenschaften 90 888.00 53 899.00 Onesimo, diverse Projekte 92 445.90 134.084.54 International coordinated fundings, Zahlungen Missionare 10 846.50 6 644.90 Diverse Mitarbeitertransfers 11 570.85 5 610.00 Spesen Fundraising, allgemein, Kalender, DVD 7 230.91 5 578.00 Fair Trade 23 674.43 23 554.43 Mehrertrag Verein Servants 2010 12 655.01 4 351.22 Eigenkapital per 31.12.2009 16 770.00 12 418.78 1 346 030.73 1 346 030.73 1 162 305.48 Vereinsvermögen per 31.12.2009 Mehrertrag Verein Servants 2010 Vereinsvermögen per 31.12.2010 16 770.00 12 655.01 29 425.01 Basel, 31. Dezember 2010 Verantwortlich für Buchhaltung: Rahel Haldemann, Morgartenring 89, 4054 Basel 14 Ihr Geld arbeitet Als Spender von Servants haben Sie auch im Jahr 2010 Menschen in den Slums Hoffnung gebracht. Bei Onesimo Manila wurden zum Beispiel alle Ausgaben gedeckt: Täglich wurden dort rund um die Uhr etwa 150 Kinder und Jugendliche in den verschiedenen Einrichtungen betreut. Weit über tausend Menschen aus den Slums schöpften in Camps, Kursen und Retraiten neue Hoffnung. In der eigenen Onesimo Schule und in Berufskursen in geschützten Werkstätten wurden rund 80 Menschen in ein produktives Leben begleitet. Und Hunderte von Menschen fanden Zuwendung, Freude und Lebenshilfe in Tagesstätten, SlumBibelwochen und Sportanlässen. Ein neuer, dringend nötiger Spielplatz in Camp Rock ist entstanden. Und als die grosse Flutkatastrophe viele Slums von Manila unter Wasser setzte und ein anderer Slum brannte, konnte zielgerichtet geholfen werden. Die rund 40 vollzeitlichen Mitarbeitenden – fast alle leben selber in Armenvierteln – erhielten immer pünktlich ihren Lohn und deren Kinder wurden unterstützt, damit sie ebenfalls zur Schule gehen können. Ihre Hilfe kommt an! 100% für Projekte Der Verein Servants Switzerland verwaltet die Projektgelder in einer Durchlauffunktion. Jede zweckgebundene Spende wird zu hundert Prozent an die vom Spender bestimmten Projekte weitergeleitet. Administrative Aufwendungen sind durch zweckgebundene Spenden gedeckt. Die Druckkosten der Servants News konnten durch eine gezielte Spende gedeckt werden, was im Vergleich zum Vorjahr zu einem erhöhten Einnahmenüberschuss geführt hat. Danke! All unseren treuen Unterstützern danken wir herzlich! Wir freuen uns, wenn Sie unsere Arbeit auch in Zukunft mittragen. Rahel Haldemann Onesimo Die detaillierten englischsprachigen Jahresberichte und Abrechnungen aus Manila (Kids und Jugend) erhalten Sie auf Anfrage bei: [email protected] Impressum Servants Switzerland Rotbergerstrasse 12 CH-4054 Basel Telefon: +41 61 382 80 30 E-Mail: [email protected] Auflage: 2 300 Exemplare Druck: Jost Druck AG, Hünibach Redaktion: Melanie Böhm, Markus Siegenthaler Layout: wortbild gmbh, David Meyle Zweckgebundene Spenden gehen zu 100% an den Bestimmungsort. Wählen Sie unter folgenden Projekten: • Administration • Onesimo Kids • Onesimo Patenschaften • Onesimo Youth • Projekte Lilok • Projekte Indien • Projekte Kambodscha • Projekte Manila • Unterstützung für (Name angeben) Zahlungen innerhalb der Schweiz Postfinance: 40-38079-9 IBAN: CH83 0900 0000 4003 8079 9 Oder: UBS AG 8098 Zürich Postkonto: 80-2-2 zugunsten von: Servants Switzerland CH29 0023 3233 9078 4640J Konto für Onesimo in Deutschland Sparda-Bank Hessen BIC: GENODEF1S12 zugunsten von: AFEK e.V. Oder IBAN: DE52 5009 0500 0000 2414 89 Verwendungszweck: Onesimo Links www.servantsasia.org www.onesimo.ch www.asatrade.ch www.kamay-krafts.org www.bornpoor.com Servants Kambodscha G.P.O. Box 538 Phnom Penh Cambodia E-Mail: [email protected] Servants Philippinen P.O. Box AC-569 1109 Quezon City Metromanila, Philippines Telefon: +632 926 76 88 E-Mail: [email protected] Servants Indien c/o Servants Switzerland Rotbergerstrasse 12 CH-4054 Basel Telefon: +41 61 382 80 30 E-Mail: [email protected] den Kantonssteuern von Appenzell Aus serrhoden, Basel-Stadt, Baselland, Bern, Freiburg, Graubünden, Solothurn und Thurgau. Bei allfälligen Problemen in an deren Kantonen rufen Sie Nicolai Fullin zu Bürozeiten an: 061 264 90 20. Spenden für Onesimo lassen sich auch in Deutschland von der Steuer abziehen. Ehrenkodex Servants Switzerland hat den Ehrenkodex der Schweizerischen Evangelischen Allianz unterzeichnet. Dies verpflichtet zu einer wahren, sachgerechten und ak tuellen Informationspolitik, Datenschutz in Bezug auf Adressen von Spendern und Freunden und zum wirtschaftlichen Einsatz der anvertrauten Mittel für den statutarischen Zweck. Steuerabzug Liebe Freunde, bitte betrachten Sie diesen Einzahlungsschein nicht als Zahlungsaufforderung. Er soll für diejenigen eine Erleichterung sein, die unser Werk un terstützen möchten. Unser Aufwand für Druck und Versand der Servants News beläuft sich im Jahr auf etwa CHF 10.– pro Adresse. Spenden an Servants werden zu 100 % für die begünstigten Projekte eingesetzt und lassen sich in der Schweiz weitgehend von den Steuern abziehen. Die Abzugsberechtigung gilt auf jeden Fall bei den Bundessteuern und bei Servants Switzerland ist Teil der internationalen Bewegung Servants to Asia’s Urban Poor Projekte Indien Projekte Kambodscha Lilok Onesimo Patenschaft Onesimo Onesimo Kids (Bulilit) Projekte Manila Administration Anderes: «Nichts kann den Menschen mehr stärken als das Vertrauen, das man ihm entgegenbringt.» Paul Claudel Junger Bandenführer wird in die Onesimo-Gemeinschaft aufgenommen, Foto 2002 Schlusspunkt Weniger Hunger Der Welthungerindex sank von 1990 bis 2010 um fast einen Viertel von 19,8% auf 15,1%. Das Millenniumsziel, bis 2015 den Hunger um die Hälfte zu senken, ist aber noch weit entfernt.