LAND TAGS - Der Sächsische Landtag

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LAND TAGS - Der Sächsische Landtag
VK 2B 03058F
LAND
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KURIER
Freistaat Sachsen
Seite 3
Seite 10
Seite 16
Ausgabe
7 | 13
Debattiert:
Gegen Bevormundung
der Bürger durch
grüne Verbotspolitik
Informiert:
Joachim Reinelt
sprach zum Tag der
Deutschen Einheit
Berichtet:
Kuratorium des Forums
Mitteleuropa tagte
in Görlitz
Seite 2
Editorial
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Inhalt
Plenum
82. Sitzung des Sächsischen Landtags
Gegen Bevormundung der Bürger
Koalitionsfraktionen werfen den GRÜNEN Verbotsund Gleichmacherwahn vor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
82. Sitzung des Sächsischen Landtags
Versprochen – gebrochen
DIE LINKE kritisiert Staatsregierung wegen mangelnder Initiative
für Einheit der Renten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
83. Sitzung des Sächsischen Landtags
Kostenexplosion stoppen
CDU und FDP fordern das Ende der Geldverschwendung
im Energiebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
83. Sitzung des Sächsischen Landtags
Eurokrise und kein Ende
NPD-Fraktion: Aus Bürgschaften werden
Zahlungsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
Aktuelles
»Trau Dich – hilf Leben retten« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Einer seelenlosen Politik christliche Werte entgegensetzen . . . . 10
Zeigen, was wir draufhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
Der 22. Tag der Sachsen – 2013 in Schwarzenberg . . . . . . . . . . . . 14
Geschichten von Zufallsdeutschen und Wahldeutschen
beim Einbürgerungsfest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Europa
Ethik, Freiheit, Solidarität
Kuratorium des Forums Mitteleuropa beim
Sächsischen Landtag tagte in Görlitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
Besucher
Besuch einer Delegation aus der Region Omsk . . . . . . . . . . . . . . . 19
Service
Weitere Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
| Titel: Festredner Joachim Reinelt zum
Tag der Deutschen Einheit | Foto: S. Füssel
Foto: S. Giersch
Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger,
zur Feierstunde am Tag der Deutschen Einheit war in diesem Jahr mit dem früheren Bischof von Dresden-Meißen
Joachim Reinelt eine der herausragenden Persönlichkeiten der sächsischen Zeitgeschichte als Festredner im
Landtag zu Gast. Er steht seit mehr als zwei Jahrzehnten
für die gemeinsamen Grundlagen des Welt- und Menschenverständnisses, wie es 1992 auch in der Verfassung des Freistaates Sachsen verankert worden ist.
Unser Wille, der Gerechtigkeit, dem Frieden und der
Bewahrung der Schöpfung zu dienen, hat seit der deutschen Einheit und der Wiedererrichtung Sachsens die
Chance, sich als geschichtsbildende Kraft im Herzen
Europas zu verwirklichen. Wie gut gelingt uns das? Wer
die Bilder auf den folgenden Seiten betrachtet und die
Texte aufmerksam liest, der sieht sich mit einer Momentaufnahme konfrontiert, die zumindest einen Teil der Lebensrealität in Sachsen zum Ausdruck bringt.
Die Debatten des Landtags, der Tag der offenen Tür,
der Tag der Sachsen, das Einbürgerungsfest oder das
Forum Mitteleuropa zeigen uns als eine pluralistische
Gesellschaft. Es ist eine Bürgergesellschaft, die den
öffentlichen Dialog pflegt, das die Menschen Verbindende fördert und die besten Lösungen für die Gestaltung und Entwicklung unserer Lebensqualität in sich
selber trägt. Diese Lebensqualität definiert sich aber
nicht an materiellen Standards allein.
Eine Gesellschaft, die sich wie die unsere auf dem
Wege befindet und um Orientierung, Halt und innere
Stützung bei der Wahrung ethischer und moralischer
Werte zu ringen hat, sollte den Stimmen aus Kirchen und
Religionsgemeinschaften in Sachsen auch in Zukunft
geöffnet sein.
Dr. Matthias Rößler
Präsident des Sächsischen Landtags
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Plenum
Seite 3
| 82. Sitzung des Sächsischen Landtags |
Autor | Uwe Nösner
| Christian Piwarz | Foto: R. Deutscher
Koalitionsfraktionen werfen den GRÜNEN Verbots- und Gleichmacherwahn vor
Gegen Bevormundung der Bürger
C
hristian Piwarz, CDU, nahm
auf die endlose Liste mit
irrwitzigen Verboten, die die
GRÜNEN in den vergangenen
Jahren gefordert hätten, Bezug.
Sie reiche vom Verbot von Doppelwaschbecken über Fahrverbot an Wochenenden und Verbot von Ponyreiten auf öffentlichen Veranstaltungen bis hin
zum Fleischverbot an einem
Tag in der Woche in Kantinen.
Mit diesem Verbots- und
Gleichmacherwahn beschnitten
die GRÜNEN nicht nur die Bürgerrechte, sondern schränkten
die Freiheit jedes einzelnen
Menschen ein. Er denke nicht,
dass Freiheit bedeute, so zu
leben, wie es die GRÜNEN
wollten. Das bürgerliche Konzept von Freiheit sehe anders
aus. Seine Fraktion traue den
Menschen zu, selbst zu entscheiden, was gut und was
falsch für sie sei, als Bürger
und Verbraucher aufzutreten
und zu entscheiden sowie die
Gesellschaft abseits von Verboten selbst zu gestalten. Für
Christdemokraten gehörten
Freiheit und Verantwortung
zusammen.
> Einen Schwerpunkt der Aktuellen Stunde der 82. Sitzung des Plenums bildete am 18. September 2013 eine von
den Fraktionen CDU und FDP beantragte Aktuelle Debatte
zum Thema »Nein zum grünen Umerziehungsstaat – Sachsen lässt sich nicht alles (ver)bieten!« Darin spricht sich die
Koalition gegen eine Bevormundung der Bürger aus. <
Grüne Verbotskultur
Wenn Deutschland Rot-RotGrün regiert würde, so Holger
Zastrow, FDP, dann stünde dem
Land mit Steuererhöhungen,
der Abschaffung der PendlerPauschale und des EhegattenSplittings ein Raubzug durch
die Mitte der Gesellschaft
bevor. Das Bündnis von SPD,
GRÜNEN und der LINKEN sei
ein Angriff auf die Berufstätigen und diejenigen, die den
Wohlstand erwirtschafteten.
Es wolle höhere Steuern und
eine Haftungsunion, bei der
wir die Schulden für Länder
wie Griechenland mitbezahlten.
Das werde es mit Schwarz-Gelb
nicht geben. Die FDP sei gegen
weitere Belastungen und höhere
Steuern. Wenn SPD und GRÜNE
etwas zu sagen bekämen,
dann würde Deutschland von
einem Land der Möglichkeiten
zu einer Verbotszone. Die
GRÜNEN seien von ihrer Unfehlbarkeit überzeugt. Wer
sich ihrem Gesellschaftsbild
nicht anschließe und sich eine
eigene Meinung und einen
eigenen Lebensstil leiste,
der solle durch Verbote und
Vorschriften zu seinem Glück
gezwungen werden.
nach der Arbeit noch zum Amt
müssten, weil sie von ihrem
Lohn nicht leben könnten, von
900.000 auf über 1,3 Millionen
gestiegen. In dieser Situation
blockiere Sachsens FDP-Wirtschaftsminister den von den
Tarifparteien, also Gewerkschaften und Arbeitgebern,
auch in Sachsen im Elektrohandwerk ausgehandelten
Mindestlohn und ein Vergabegesetz mit Mindestlohn. Stattdessen setze Sachsens FDP
auf ruinösen Wettbewerb und
Dumpinglöhne. Das sei mittelstandsfeindlich. CDU und FDP
verhinderten darüber hinaus
auch ein Mehr an Sicherheit
und demontierten stattdessen
die sächsische Polizei durch
Schließung von Polizeirevieren.
Verhinderungspolitik
Billigster Klamauk
Rico Gebhardt, DIE LINKE, bezeichnete CDU und FDP als eine
Koalition der Verhinderer. Acht
Jahre Kanzlerin Merkel bedeuteten fast 50 Prozent mehr
Armut trotz Arbeit. Seit dem
Jahr 2005 sei die Zahl der Aufstocker, also der Menschen, die
Dirk Panter, SPD, bezeichnete
die Auslassungen der Koalition
als billigsten Klamauk. Sie
fabuliere von einem vermeintlichen Umerziehungsstaat, wolle
die Sachsen aber ihrerseits
umerziehen. Sie wolle kein
Plenum
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LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Fotos: R. Deutscher
| Christian Piwarz |
| Holger Zastrow |
Miteinander, keine Solidarität
und möglichst auch keinen Gemeinsinn. 40 Prozent der Sachsen arbeiteten an der Niedriglohnschwelle. Das bedeute Aufstocker, niedrige Renten und
dass der Staat für all die Probleme, die CDU und FDP verursachten, einstehen müsse. Was
die Steuererhöhung betreffe,
so zahlten zwei Prozent der
Sachsen den Spitzensteuersatz. Wenn diese mehr Steuer
zahlen müssten, dann seien
das genau die Richtigen.
| Rico Gebhardt |
Grillfreundschaften zorniger
junger Männer von der CDU
und der FDP aus Dresden mit
missionarischem Eifer in die
Debatte eingriffen und der
Fraktion GRÜNE die politische
Leidenschaft und das Verantwortungsgefühl vorwürfen,
dann frage sie sich, wohin das
alles führen solle. Theoretisch
sei in den 90er-Jahren aus dem
konziliaren Prozess heraus und
über die Verfassung hinaus
in der Sächsischen Union ein
mögliches politisches Erbe
angelegt worden. Praktisch
werde es aber nicht umgesetzt.
| Dirk Panter |
| Antje Hermenau |
schauliche Kehrtwendung hin
zu den zerstörerischen linksgrünen Utopien vollzogen. Als
Beispiel nannte Storr die frühere
CDU-Position, Deutschland sei
kein Einwanderungsland, die
heute nur noch von seiner
Partei vertreten werde. Maßgebliche sächsische CDU-Politiker wie Innenminister Markus
Ulbig oder der Ausländerbeauftragte Martin Gillo propagierten jetzt das genaue Gegenteil
davon.
Über dem Durchschnitt
Niveau unterirdisch
Antje Hermenau, GRÜNE, kritisierte den Debattenbeitrag von
Christian Piwarz. Wenn das
seine Bewerbungsrede um den
Fraktionsvorsitz gewesen sei,
dann werde sie in Zukunft Steffen Flath noch mehr vermissen,
denn das Niveau sei unterirdisch gewesen. Wenn jetzt
Kehrtwendung
Der Umerziehungsstaat, so
Andreas Storr, NPD, sei heute
das gemeinsame Ziel aller
Bundestagsparteien, also auch
CDU und FDP, denn beide
Parteien hätten schon in den
1980er Jahren eine weltan-
Frank Kupfer, Staatsminister für
Umwelt und Landwirtschaft, erinnerte
an die Verhältnisse
und Folgen der SEDHerrschaft. Wenn die
Regierung so verfahren würde, wie es die
Opposition heute auf
ihren Wahlplakaten
| Frank Kupfer |
| Andreas Storr |
verkünde, dann würde Deutschland bald wieder pleite sein.
Der Politik der GRÜNEN warf er
Technologiefeindlichkeit vor.
Zudem habe das, was sie der
Gesellschaft immer als Agrarpolitik vorgaukelten, nichts mit
Tierschutz zu tun. Ein Beleg dafür, dass Tierschutz in Sachsen
auch ohne grüne Propaganda
funktioniere, sei die Leistungsfähigkeit der sächsischen Landwirtschaft. So liege die Milchleistung der Kühe in Sachsen
weit über dem Durchschnitt der
Bundesrepublik.
Plenum
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Versprochen –
gebrochen
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| 82. Sitzung des Sächsischen Landtags |
DIE LINKE kritisiert Staatsregierung
wegen mangelnder Initiative für Einheit
der Renten
Foto: © farbkombinat | Fotolia.com
D
r. André Hahn, DIE LINKE,
erklärte, dass seine Partei
die Rentenlüge von 2009 nicht
durchgehen lassen wolle und
CDU und FDP immer wieder mit
ihrem Versprechen der Rentenangleichung in den alten und
neuen Bundesländern konfrontiere. Die Menschen im Land
müssten daran erinnert werden, was die Regierenden einmal versprochen hätten. Im Koalitionsvertrag von 2009 hätten
CDU/CSU und FDP vereinbart,
die deutsche Renteneinheit bis
2013 herzustellen.
Alexander Krauß, CDU,
sprach sich für eine schrittweise Rentenangleichung aus. Er
wies darauf hin, dass die Einkommen in West und Ost noch
unterschiedlich seien, und zog
einen Vergleich zur Situation in
der DDR. So, wie die Gehälter
jetzt stiegen und sich die Schere nach und nach schließe,
werde das auch beim Rentenniveau der Fall sein. Das brauche
zwar seine Zeit, aber es sei der
bei Weitem effektivere Weg.
Angleichung
Auch seine Partei, so Martin
Dulig, SPD, schlage vor, die
Rentenangleichung schrittwei-
Autor | Uwe Nösner
> Die 2. Aktuelle Debatte der 82. Sitzung des Sächsischen
Landtags war ebenfalls einem bundespolitischen Thema
gewidmet. Sie stand unter dem Titel »Versprochen – gebrochen: Staatsregierung sieht der Verabschiedung von der
deutschen Renteneinheit tatenlos zu!« und wurde auf Antrag
der Fraktion DIE LINKE auf die Tagesordnung gebracht. <
| Dr. André Hahn | Foto: R. Deutscher
se abzuschließen, um ab dem
Jahr 2020 ein einheitliches Rentenrecht zu haben. Die Grundvoraussetzung dafür seien aber
gleiche Löhne. Wer, wie der
sächsische Wirtschaftsminister,
der Allgemeinverbindlichkeit
von Mindestlöhnen widerspreche, der betreibe Politik gegen
eine Rentenangleichung, weil
auf diese Weise nicht für gemeinsame, bessere Löhne ge-
kämpft werde. Kristin Schütz,
FDP, zog aus Sicht ihrer Partei
eine positive Bilanz. In der Bundesregierung sei viel erreicht
worden. Es seien vier gute Jahre gewesen. Deutschland sei
gerechter geworden und den
Rentnern gehe es besser. Von
der erfolgreichen Wirtschaftsund Arbeitsmarktpolitik der
schwarz-gelben Koalition hätten gleichzeitig Rentner und
Beitragszahler profitiert. Die
Umstellung auf ein einheitliches Rentenrecht stehe allerdings erst noch bevor.
Gleichheit sofort
Dr. Johannes Müller, NPD, bezeichnete das gebrochene Rentenversprechen als ein Bruchstück der Kette gebrochener
Versprechen der etablierten
Politik. Für seine Partei sei die
grundgesetzlich geforderte
Gleichheit auch gleichbedeutend mit einer Angleichung der
Bedingungen in Ost und West,
und zwar sofort. Ihre Partei,
so Elke Herrmann, GRÜNE,
schlage eine Garantierente
von 850 Euro für alle Geringverdiener vor, die mindestens
30 Jahre Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen seien. Abschließend
erklärte Sozialministerin
Christine Clauß, dass die
Staatsregierung keinen Aktionismus betreiben werde, der
den Menschen in unserem
Land schade. In diesem Jahr
sei eine Rentensteigerung im
Osten in Höhe von 3,29 Prozent
zu verzeichnen gewesen. Das
hätten sich die Rentner in
Sachsen sehr wohl verdient.
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LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
| 83. Sitzung des Sächsischen Landtags |
| Mike Hauschild und Frank Heidan | Fotos: S. Giersch
Autor | Uwe Nösner
Kostenexplosion stoppen
CDU und FDP fordern das Ende der Geldverschwendung im Energiebereich
> Auf Antrag der Fraktionen CDU und FDP stand eine Aktuelle Debatte zur Energiepolitik auf der Tagesordnung der
83. Sitzung des Plenums. Sie trug den Titel »Energiekostenexplosion für sächsische Verbraucher stoppen – Geldverschwendung durch EEG beenden«. Die Kostenexplosion
bei erneuerbaren Energien hat den Landtag immer wieder
beschäftigt. Daher lohnt es die Mühe, die Hintergrundinformationen zu erneuerbaren Energien und dem ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) in Ausgabe 9/12 auf Seite 5 nachzuschlagen. <
| Dr. Karl-Heinz Gerstenberg und Antje Hermenau |
N
ach Auffassung von GeorgLudwig von Breitenbuch
habe der zunehmende Kostendruck durch steigende Energiepreise für private Verbraucher
und Unternehmen durch den
unkontrollierten Ausbau der erneuerbaren Energien existenzbedrohende Ausmaße erreicht.
Deshalb müsse noch in diesem
Jahr das Erneuerbare-EnergienGesetz angepackt werden, um
die weitere Geldverschwendung durch dieses Gesetz zu
beenden.
Saftige Rechnungen
Torsten Herbst, FDP, rief in Erinnerung, dass Jürgen Trittin als
ehemaliger Bundesumweltminister zu Beginn des EEG-Abenteuers versprochen habe, die
finanzielle Pro-Kopf-Belastung
jedes Bürgers durch sogenannte erneuerbare Energien werde
eine Kugel Eis ausmachen.
Stattdessen habe sich der
Strompreis für eine dreiköpfige
Familie seit dem Jahr 2000
von jährlich 560 auf 1.150 Euro
nahezu verdoppelt. Die grünen
Solar- und Windkraftanlagenbetreiber bekämen satte
Profite, alle anderen saftige
Rechnungen.
Preisgenehmigungspflicht
könnten die Energiepreise
gesenkt werden. Gleichzeitig
müsse das EEG gründlich
reformiert werden.
Preise senken
Initialzündung
Dr. Monika Runge, DIE LINKE,
führte die Preissteigerungen
auf die Marktbeherrschung der
Energieversorger zurück. Durch
den Abbau von Überkapazitäten bei der Braunkohleverstromung, eine kartellrechtliche
Preishöhenkontrolle und eine
Thomas Jurk, SPD, bewertete
das EEG als ein nach wie vor
herausragendes Gesetz zur
Implementierung der erneuerbaren Energien in unser Energiesystem. Es habe die Initialzündung für die erneuerbaren
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| Thomas Jurk |
| Georg-Ludwig
von Breitenbuch |
| Torsten Herbst |
Energien geliefert. Er sehe sich
darin auch von Angela Merkel
bestätigt, die es 2011 als den
Grundpfeiler der bisher so erfolgreichen Förderung der erneuerbaren Energien bezeichnet
und sich vor dem Hintergrund
der Energiewende für dessen
Fortbestand eingesetzt habe.
Ein gutes Gesetz
Antje Hermenau, GRÜNE, bezeichnete die Energiewende
und das Erneuerbare-Energien-
| Dr. Monika Runge |
Gesetz als gut. Sie würden aber
schlecht gemanagt. Eckpfeiler
eines zukünftigen energiewirtschaftlichen Konzepts, das die
Interessen der ostdeutschen
Bundesländer berücksichtige,
müssten die Stärkung des
Klimaschutzes durch ehrliche
CO2 -Preise, die Erhaltung und
Stärkung des Einspeisevorrangs für erneuerbare Energien, verpflichtende Einspeiseund Ertragsprognosen für alle
Betreiber, die Förderung des
standortorientierten Ausbaus
und Investitionen sein.
| Thomas Jurk |
| Antje Hermenau |
Stromsteuer streichen
Alexander Delle, NPD, forderte
die Streichung der Stromsteuer.
Dies wäre eine Entlastung
für die Menschen im Lande.
Weiterhin fordere seine Partei
die Kürzung der Förderung der
erneuerbaren Energien bei der
EEG-Umlage. Bei rund 25 Prozent Anteil der erneuerbaren
Energien am Strom-Mix seien
diese kein Nischenprodukt
mehr.
Ein soziales Problem
Hohe Strompreise, so Sven
Morlok, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, würden zu einem sozialen Problem
und zu einem Arbeitsplatzproblem in Sachsen. Dagegen setze
sich die Sächsische Staatsregierung zur Wehr. CDU und FDP
im Freistaat Sachsen lehnten
es ab, dass grüne Ökoinvesto-
| Sven Morlok |
| Alexander Delle |
ren über 20 Jahre hinweg Investitions- und Ertragssicherheit
garantiert bekämen, während
die Zeche dafür der kleine Mann
in Sachsen zahlen müsse.
Info
Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG)
Das deutsche Gesetz für den
Vorrang erneuerbarer Energien
regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen und garantiert deren
Erzeugern feste Einspeisevergütungen. Es soll im Interesse des
Klima- und Umweltschutzes eine
nachhaltige Entwicklung der
Energieversorgung ermöglichen.
Als Vorläufer des EEG galt von
1991 bis 2000 das Gesetz über
die Einspeisung von Strom aus
erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz. Ungeachtet ihres
Bedarfs müssen die Betreiber
öffentlicher Netze allen Strom,
der von in Deutschland betriebenen Anlagen nach dem EEG gewonnen wird, mit Vorrang vor
solchem Strom abnehmen, der
aus anderen Energiequellen
wie fossilen Brennstoffen oder
Atomkraft erzeugt wird.
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LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
| 83. Sitzung des Sächsischen Landtags |
Foto: © mik ivan | Fotolia.com
Autor | Uwe Nösner
Eurokrise und kein Ende
NPD-Fraktion: Aus Bürgschaften werden Zahlungsverpflichtungen
H
olger Apfel, NPD, warnte
vor Zahlungsverpflichtungen aus dem rechtswidrigen
und ökonomisch verfehlten Anleiheankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB)
und weiteren GriechenlandHilfen. Vabanque-Spielern wie
Schäuble und Asmussen müsse schnellstens das Handwerk
gelegt werden. Durch den
Ankauf der Anleihen drohe
Deutschland noch tiefer in den
Strudel der Euro-Krise gezogen
zu werden. Wenn die aufgekauften Ramschpapiere südeuropäischer Pleitestaaten fällig
würden und sie dann verständlicherweise niemand haben
wolle, führe dies zu einer Verlustabschreibung der EZB, für
die die Bundesrepublik mit
mindestens 27 Prozent hafte.
Verlässlicher Partner
Deutschland, so Aloysius Mikwauschk, CDU, könne es nur
gut gehen, wenn es auch seinen Nachbarn gut gehe in ei-
> Die 2. Aktuelle Debatte der 83. Sitzung des Sächsischen
Landtags am 19. September 2013 war der Europapolitik gewidmet. Beantragt hatte sie unter dem Titel »Eurokrise und
kein Ende … Aus Bürgschaften werden Zahlungsverpflichtungen« die Fraktion der NPD. <
nem Europa in Eintracht und
Vielfalt, als Zone der Freiheit
und als anerkannter und verlässlicher Partner in der Welt.
Durch seine Hilfskredite sichere Deutschland maßgeblich gemeinsam mit weiteren Staaten
den Reformprozess in Ländern,
die zu neuem, nicht mehr kre-
ditfinanziertem Wachstum finden sollten. Das eigentliche
Problem stelle sich mit Blick
auf die Wiedergewinnung der
Wettbewerbsfähigkeit der Krisenstaaten bei der Rückkehr zu
einem subsidiären Prinzip mit
eigener Haftung der Staaten für
ihre Schulden.
Situation ausgenutzt
Nach Auffassung von Sebastian
Scheel, DIE LINKE, nutze die
NPD die Situation, um gegen
Europa und gegen die nationale
Zusammenarbeit zu wettern.
Das lasse ihr seine Fraktion
nicht durchgehen. Es gebe
durchaus Kritik an der Eurorettung. Es habe sich eine neue
Partei gegründet, die Alternative für Deutschland, die die
Kritik sehr viel seriöser als die
NPD vortrage. Auch das Staatsministerium der Finanzen habe
immer wieder darauf hingewiesen, dass mit der Eurorettung
unabwendbare Zahlungsströme auch auf das Land Sachsen
zukommen könnten. Die Stabilisierung Europas und des Euro
erfordere einen Aufbau der betroffenen Staaten. Es müsse
gemeinsam dafür gestritten
werden, Europa und diese Länder, die gegenwärtig unter der
Schulden- oder Bankenkrise zu
leiden hätten, stark zu machen.
| Holger Apfel | Foto: S. Giersch
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
> Unter dem Motto
»Ein Leben retten« empfing
der Sächsische Landtag
160 Schüler aus verschiedenen Oberschulen
und Gymnasien Dresdens
zu einem Aktionstag <
Aktuelles
»Trau Dich – hilf Leben retten«
Autoren | Benedikt Hecking, André Thoß
A
m 16. und 20. September
nahmen etwa 160 Schüler
am Aktionstag »Trau Dich – hilf
Leben retten« des Sächsischen
Landtags teil. Anästhesisten
und Intensivmediziner des
Städtischen Klinikums Friedrichstadt zeigten den Jugendlichen, wie man mit dem
Handlungsschema »prüfen,
rufen, drücken« Menschen in
lebensbedrohlichen Situationen helfen kann.
Als Schirmherr lud Landtagspräsident Dr. Matthias
Rößler zu diesem Aktionstag,
der sich in die bundesweit initiierte »Woche der Wiederbelebung« eingliedert und unter
der Ägide des Bundesministeriums für Gesundheit ins Leben
gerufen wurde.
Anlass dieser Aktion ist die
Unsicherheit und Unkenntnis
vieler Menschen, lebensrettende Sofortmaßnahmen durchzuführen. Statistiken zufolge
werden in der Bundesrepublik
Deutschland in lediglich 17 %
aller Fälle von Herz-Kreislaufstillstand Reanimationsmaßnahmen durch Laien ergriffen,
wohingegen es in Norwegen
70 % sind.
In der theoretischen Einführung staunten die Gäste über
die Information, dass innerhalb
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von vier Minuten Zellen im
Gehirn irreversibel absterben,
wenn keine Wiederbelebung
eingeleitet wird. Im Anschluss
daran folgte der praktische Teil
des Kurses. Kleinere Schülergruppen saßen in einem Halbkreis um eine lebensgroße
Puppe, die es zu reanimieren
galt. Bereits die ersten Versuche,
das erlangte Wissen nun praktisch anzuwenden, glückten
und die Ärzte kommentierten:
»Patient gerettet«. Doch nicht
nur die Herzdruckmassage
musste an dem Dummy geprobt werden; die Schüler verinnerlichten auch – dem Rhythmus »prüfen, rufen, drücken«
folgend –, wie Puls und Atmung
geprüft werden und welche Informationen in einem Rettungsnotruf anzugeben sind, bevor
mit der eigentlichen Reanimation zu beginnen ist. »Für den
Notruf ist wichtig: Was ist wo
passiert, wie viele Personen
sind betroffen und konnten
Bewusstlosigkeit oder Atemstillstand festgestellt werden«,
schilderte Dr. Nowak, Chefarzt
der Anästhesiologie. Auch er
und seine Kollegen reihten sich
in die Übungsrunden ein. Den
Schülern gefiel es sichtlich,
dass nicht nur Frontalunterricht
geboten wurde, sondern die
Ärzte sich selbst auf den Fußboden knieten und das Schema
vorführten. »Hände auf’s Brustbein und dann fünf bis sechs
Zentimeter tief rhythmisch drücken. Einhundert Mal pro Minute, da denken Sie am besten
an ›Stayin‘ alive‹ von den BeeGees, das ist der richtige Takt.
Fotos: S. Füssel
So einfach ist das«, erklärte
Dr. Nowak. »Es kann passieren,
dass durch den großen Druck,
der auf das Brustbein ausgeübt
wird, eine Rippe bricht. Das ist
aber nichts Schlimmes. Wenn
das Opfer überlebt, wird es
dankbar sein«, schloss sein
Kollege an.
Im Gespräch brachte die
Schülerin Karolina S. die Stimmung auf den Punkt: »Die Atmosphäre war angenehm und
die Ärzte nett.« Auf die Frage,
wie sie den Kurs fand, antwortete sie pragmatisch: »Nun bin
ich für die Zukunft gewappnet.«
»Das kann ja immer und
überall passieren«, schloss
sich ihr Mitschüler Nico K. an.
»Es hat auf alle Fälle etwas gebracht.«
Im Anschluss nahmen die
Schüler noch an einer Führung
durch den Sächsischen Landtag teil. Hier weckte allerlei
Wissenswertes über Aufgaben
und Arbeitsweise des Parlaments das Interesse der Jugendlichen. Nach einem Aufenthalt am Architekturmodell
und auf der Besuchertribüne
nahmen sie im Plenum Platz
und konnten in Erfahrung bringen, wie eine Plenarsitzung abläuft und wie der Arbeitsalltag
der Politiker aussieht.
Seite 10
Aktuelles
| Joachim Reinelt | Fotos: S. Füssel
D
em Präsidenten des sächsischen Parlamentes, Dr.
Matthias Rößler, war die Freude
über den Festredner an diesem
3. Oktober sichtbar ins Gesicht
geschrieben: »Ich erinnere mich,
wie Bischof Joachim Reinelt am
Abend des 9. Oktobers 1989 zu
uns sagte, dass alles friedlich
bleiben wird.« Viele, so Rößler
weiter, hätten damals Zuversicht und Mut aus diesen
Worten geschöpft. Das, was
damals in Angriff genommen
wurde, sei nur möglich gewesen mit einem verlässlichen
Partner an der Seite: »Unter
dem schützenden Dach der Kirche leisteten wir Widerstand!«
In seiner Begrüßungsansprache stellte Rößler einen
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Autor | Hans-Peter Maier
Einer seelenlosen Politik christliche
> Traditionsgemäß bietet der Tag der Deutschen Einheit die Möglichkeit der Vergangenheitsbewältigung. Der Blick zurück sei unendlich wichtig, weil nur dadurch jener nach vorn
klarer werde. Wer nicht wisse, wo er herkomme, könne auch nicht wirklich sagen, wo die
Reise hingehen solle. Eine Weisheit, die all jene in eine Botschaft kleideten, die in den zurückliegenden Jahren seit 1993 zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober im Neubau
des Sächsischen Landtags als Festredner aufgetreten waren – von Horst Teltschik bis Gyula
Horn und von Avi Primor bis Helmut Kohl. Dem trug auch der MDR Rechnung und übertrug
die Festveranstaltung live. <
Zusammenhang her zwischen
einem diktatorischen und seelenlosen Regime und den Werten, die in der »Bewahrung
der Schöpfung« und der »Bergpredigt« thematisiert würden.
Die Gegenwehr gegen »sozialistischen Einheitsbrei« sei mit
Hilfe der Kirche geformt worden. »Durch die Propaganda
der atheistischen Ideologie«,
fasste Rößler zusammen,
»rückten die Christen beider
Konfessionen näher zusammen
und bemühten sich um ökumenische Gesinnung und ökumenische Gemeinsamkeiten, die
zu einem Zeugnis christlichen
Lebens wurden.« Schließlich
sei die ökumenische Versammlung 1988/89 ein Versuch zur
Bewältigung der Probleme der
| Dr. Matthias Rößler |
untergehenden DDR aus dem
Geist des Evangeliums heraus
gewesen.
Für ihn, Rößler, sei der Bischof ein wunderbares Beispiel
für einen aufrechten Wegbegleiter der friedlichen Revolution. An ihm habe er, Rößler,
stets dieses »fröhliche Gottvertrauen« bewundert, das
ihn nie habe zweifeln lassen.
Rößler zitierte zum Ende seiner
Rede einen Aphorismus aus
einem Hirtenbrief Reinelts:
»Jetzt ist Zeit zum Reden.«
Der Ministerpräsident des
Freistaates Sachsen, Stanislaw
Tillich, griff in seiner Ansprache
diese Worte gerne auf. »Wir
wissen, was Worte wirken
können, wir wissen aber auch,
dass Worte manchmal nichts
mehr ausrichten können.« Es
habe Opfer gegeben. Das dürfe
nie vergessen werden. Viele,
die damals »Wir wollen freie
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Aktuelles
Werte entgegensetzen
Menschen sein« gerufen hätten, seien von Panzern und
Gewehren übertönt worden.
Selbstbewusst dürften die
Sachsen sein: »Wir wollen das
sagen können, was wir meinen
– ohne Gefahr für Leib und Leben.« Aus Tillich sprach Stolz:
»Seit dem 3. Oktober 1990
können die Worte Einigkeit
und Recht und Freiheit in ganz
Deutschland gelebt werden!«
Gleichzeitig aber mahnte
der Ministerpräsident zur Vorsicht. Es sei richtig, dass jeder
in Sachsen und in Deutschland
stolz sein könne auf die eigene
Aufbauleistung. Die kritischen
Stimmen müssten ernst genommen werden: »Ich bin der
festen Überzeugung: In Europa
muss niemand mehr Angst
haben vor einer deutschen
Übermacht!«
Sachsen und Deutsche seien
sich darüber im Klaren, dass
Freiheit auch Verantwortung
bedeute. Wer befreit sei, der
trage auch die Last der Freiheit,
so Tillich weiter. Wer aber Verantwortung gemeinsam wahrnehme, sich Hand in Hand gegen Unrecht wehre, der trete
für eine freie Gesellschaft ein:
»So entsteht aus Freiheit und
Verantwortung Solidarität.«
Bischof Reinelt ging in seinen
anschaulichen und mit vielen
konkreten Beispielen gespickten Ausführungen auf die Rolle
der Christen bei der friedlichen
Überwindung der sozialistischen
Diktatur ein. Der Bischof empfand es auch am 3. Oktober
als »unannehmbar«, dass sich
»Hundertprozentige« als Lehrer
dazu hinreißen ließen, die gesamte Klasse aufzufordern, ein
einzelnes Mädchen im Unterricht geschlossen auszulachen,
weil es noch an Gott glaubte.
Reinelt berichtete auch von
kleinen Nadelstichen, die »von
unten« gesetzt wurden – »ohne
Sonnenschein und Gott macht
die GPG bankrott« – und den
verzweifelten Gegenschlägen
»von oben«, wenn auf solche
Reime Verfahren wegen »gesellschaftlicher Unzuverlässigkeit« folgten.
Die Kraft sei aus der Kirche
gekommen, erklärte Reinelt
und erinnert an zwei »Offiziere
des Unterdrückungsapparates«,
die bei der Stürmung der Stasi
in Dresden zu ihm gekommen
seien und um Schutz durch
einen Medienaufruf für Gewaltlosigkeit gebeten hatten.
| Stanislaw Tillich |
Seite 11
Für Joachim Reinelt war der
18. März 1990 ein enorm wichtiges Datum: »Ich konnte frei und
demokratisch wählen, das war
etwas ganz Besonderes!« Der
Zerfall der DDR und das Zusammengehen beider deutscher
Staaten sei aber nicht nur Menschenwerk gewesen: »Wir Christen sind überzeugt, dass diese
großen Tage unserer Geschichte
nicht nur glückliche Zufälle sind,
sondern auch eine Frucht unzähliger Gebete und leidenschaftlicher Sehnsüchte nach der Einheit Deutschlands durch alle Jahrzehnte der Spaltung hindurch.«
Es werde darauf ankommen, so
Reinelt weiter, ob der Schwung
des Anfangs immer wieder neu
entfacht werden kann.
Ganz wichtig sei dabei ein
zufriedenes Volk, das sich auch
seiner Pflichten bewusst sei
und sie gern annehme. Erfindergeist, Kreativität und der
Mut »unnötige Paragrafen«
zu löschen, sei von ebenso
wesentlicher Bedeutung wie
ein Wohlempfinden. Reinelt
schloss mit einer Hoffnung:
»Wo der Segen Gottes auf den
jungen Leuten ruht, da bekommen sie Lust auf Kinder. Ein
solches Sachsen, Deutschland
und Europa wünsche ich uns
von ganzem Herzen!«
Aktuelles
Seite 12
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Tag der offenen Tür
Zeigen, was wir draufhaben
Autor | Hans-Peter Maier
> Traditionell beging der Sächsische Landtag als einziges
Parlament eines deutsches Bundeslandes den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2013 mit einem Tag der offenen
Tür. <
S
ie hören auf die Namen Lisa
und Anja und Lara-Sophia,
sie sind zwischen fünf und
neun Jahre alt und die Anspannung steht deutlich in ihren
Gesichtern geschrieben.
Es war ja schon so viel passiert. Der Spielmannszug aus
Zabeltitz hatte gespielt und war
in den Plenarsaal einmarschiert.
Er hatte ganz viele Leute mit
hereingebracht. Und danach sind
immer mehr in den Plenarsaal
gekommen und hatten gespannt
zugehört und die bekannten
Rhythmen mitgeklatscht.
Dann hatte der Präsident
gesprochen und den Tag der
offenen Tür offiziell begonnen.
Er hatte davon berichtet, dass
es eine Menge Informationen
gebe und die Fraktionen mit
eigenen Ständen und Programmen allen Besuchern für Fragen
zur Verfügung stünden. Besonders aber freue er sich, dass
sich die Stadt Großenhain so
wunderbar darstellen würde.
Großenhains Oberbürgermeister, Burkhard Müller, hatte
ins Mikrofon gerufen, wie
glücklich und zufrieden er sei,
dass sich seine Stadt hier im
Sächsischen Landtag präsentieren könne, und hatte das
Mikrofon wieder an den Zabeltitzer Spielmannszug abgegeben. Und jetzt waren sie dran:
die Dancing Kids aus Großenhain, im Plenarsaal, vor gefühlt
500 Menschen. Wie konnte man
sich denn da konzentrieren?
Wir, die Zuschauer, haben es
alle gesehen, wie das geht:
sich auf die Nachbarin konzentrieren und auf die Choreografie,
die in mehreren Stunden und
zähem Ringen einstudiert worden war. Der Takt stimmte,
die Bewegungen auch. Das
Schönste aber war das Lächeln
der Erleichterung, das uns aus
den Gesichtern der jungen
Künstlerinnen entgegenblitzte.
Rechnen wir den 13. Februar
1994 – den Tag der Schlüsselübergabe durch den damaligen
Finanzminister Georg Milbradt
an den damaligen Landtagspräsidenten Erich Iltgen – mit,
dann war es in diesem Jahr
der 20. Tag der offenen Tür im
Sächsischen Landtag. Das große
Jubiläum aber – zwei Jahrzehnte
Tag der offenen Tür – wird erst
im nächsten Jahr gefeiert.
Vielleicht mit mehr Schuss
und Pulverdampf, so wie es uns
die Radebeuler Karl-May-Aktivisten auf dem Bernhard-von
Lindenau-Platz mit einer eigenen Stuntman-Show zeigen
konnten? Dort war ein eher
jahrmarktähnliches Treiben mit
der Landesverkehrswacht und
der »Banda Comunale«, einer
Zehn-Mann-Formation, die,
wie sie selbst sagen, »live die
härtesten Töne für Blechblasinstrumente« spielte. Auf dem
Vorplatz befanden sich auch
die viel genutzte Bühne von
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Aktuelles
Seite 13
Fotos: O. Killig
»Dresden-Radio« und eine »Dependance« der Landeszentrale
für politische Bildung.
Der Tag der offenen Tür
ist ein Nachmittag der Unterhaltung, drinnen und draußen
und immer am Nachmittag des
3. Oktober zwischen 14 und
18 Uhr, der den Fraktionen die
Chance einräumt – ähnlich wie
beim Tag der Sachsen – Flagge
zu zeigen und Werbung für die
Arbeit der Fraktion zu machen.
Davon haben auch in diesem
Jahr alle sechs im sächsischen
Parlament vertretenen Fraktionen regen Gebrauch gemacht.
Gute Sitte ist mittlerweile
auch geworden, dass sich immer die Stadt am Tag der offenen Tür an verschiedenen Stellen im Gebäude vorstellt, die
im Folgejahr den Tag der Sachsen ausrichten wird. In diesem
Jahr war dies Großenhain und
im nächsten Jahr werden wir
die Stadt Wurzen zu Gast haben, die im Jahr 2015 den Tag
der Sachsen austragen wird.
Im Obergeschoss ist neben den Fraktionen auch
die Landtagsverwaltung
mit den Ständen des
Datenschützers, des
Ausländerbeauftragten,
der Geschäftsstelle des
Petitionsdienstes und
der Interaktiven Wanderausstellung. Ebenfalls seit mehreren Jahren ist dort oben auch
das Statistische Landesamt mit
von der Partie.
Im Plenarsaal war mittlerweile der Männerchor Großenhain-Reinersdorf e. V. zu hören
gewesen. »Wir sind kein klassischer Männerchor«, hatten uns
die Herren gesagt und damit
ihr Repertoire gemeint, das von
Klassik über Pop und deutschen
Schlager bis hin zu Jazz reicht.
Nun waren die Damen des
VdK Sozialverband Sachsen e.V.,
Ortsverband Riesa-Großenhain,
mit ihren Formationstänzen
Herrinnen der Tanzfläche in der
Mitte des Plenarsaals. »Dies ist
reine Frauensache, wir möchten
zeigen, was wir machen können
und was wir
noch draufhaben«, erklärten
uns die selbstbewussten
Damen, die
sich in
Ermangelung männlicher Kollegen abwechselnd ein blaues
T-Shirt und eines in rosa übergezogen hatten.
Nach einer zweiten Sequenz
des Spielmannzugs gab uns
der Showtanzverein Königsbrück/Reichenau e. V. mit
»Dance United« des
MSV Bautzen einen
Eindruck
professioneller
Tanz-
darbietung, wie sie uns im
kommenden Jahr in Großenhain erwarten wird. Auch hier
war sie deutlich erkennbar:
die Freude darüber, gute Kunst
abgeliefert zu haben und mit
großem Applaus dafür bedankt
worden zu sein.
Den Abschluss des
Programms leistete
die Bigband der
Musikschule Landkreis Meißen,
Bezirk Großenhain. Ein
fulminantes
Ende mit hochwertiger Kunst
und tiefgründiger Musik.
Aktuelles
Seite 14
| Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst
Prof. Dr. Dr. Sabine Freifrau von Schorlemer |
Autor | Hans-Peter Maier
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
| Im Gespräch: Dr. Matthias Rößler |
Der 22. Tag der Sachsen –
| Ministerpräsident Stanislaw Tillich |
M
acht der »Tag der Sachsen« süchtig? Offenbar.
22 Jahre nennt der Sozialwissenschaftler fast eine Generation. So lange geht das nun
schon und es ist kein Ende abzusehen. Und: Es scheint weit
und breit niemanden zu geben,
der da bremsen möchte. Im Gegenteil. Er sei keineswegs ein
Auslaufmodell, sagt der Präsident des Sächsischen Landtags, Dr. Matthias Rößler, über
den Tag der Sachsen. Er sei jünger denn je und zeige keinerlei
Ermüdungserscheinungen:
»Wir haben Anmeldungen bis
ins Jahr 2021!«
Schwarzenberg sei ein wunderbarer Gastgeber und reihe
sich ganz vorzüglich ein in die
Riege der früheren Ausrichter.
»Ihre Oberbürgermeisterin
Heidrun Hiemer hat mit ihrem
Team einen ganz ausgezeichneten Job gemacht und dafür gebührt ihr große Anerkennung«,
ruft Rößler den Besuchern an
der Bühne des Sächsischen
Landtags zu. Zuversichtlich
sei er, dass auch der 23. Tag
der Sachsen im nächsten Jahr
in Großenhain und ein Jahr
später der in Wurzen große
Erfolge werden würden. Stolz
spricht aus ihm: »Es gelingt
immer wieder, Menschen in
Sachsen für das Fest »Vereine
für Vereine« zu mobilisieren!«
Wenige Stunden später bestätigt der Ministerpräsident
des Freistaates, Stanislaw
Tillich, an gleicher Stelle,
wie unverzichtbar der Tag der
Sachsen mittlerweile für das
gesellschaftliche Leben geworden sei. »Wenn wir uns
anschauen, was die Menschen
in den vergangenen Jahren und
besonders hier in Schwarzenberg auf die Beine gestellt
haben, wird klar, wie wichtig
Veranstaltern und Besuchern
der Tag der Sachsen geworden
ist.«
> Vom 6. bis 8. September 2013 präsentierte sich der
Sächsische Landtag beim »Tag der Sachsen« in Schwarzenberg. Als Vorsitzender des Kuratoriums »Tag der Sachsen«
eröffnete Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler das größte sächsische Volks- und Heimatfest und besuchte an allen
drei Tagen zahlreiche Vereine und Verbände im Festgebiet.
2015 wird Wurzen das Fest ausrichten – das beschloss das
Kuratorium am Festwochenende einstimmig. <
Innovation und
Kreativität
Tillich unterstreicht außerdem
die Bedeutung von Innovation
und Kreativität: »Die Erfindermeile hier ist ein hervorragendes Beispiel für Ideenreichtum
und den Mut, neue Wege zu
beschreiten.« Die große Besu-
cherzahl sei der entscheidende
Beweis für die Richtigkeit und
Nachhaltigkeit solcher Neuerungen.
Im Zelt des Sächsischen
Landtags fragen sie derweil
nach Schülerkalendern und
den richtigen Antworten für das
an der interaktiven Wanderausstellung ausgerichtete Quiz.
Aktuelles
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Seite 15
Fotos: O. Killig
2013 in Schwarzenberg
Der erste Preis – zwei Karten
für die Semperoper und zwei
Abendessen – steht dabei gar
nicht so sehr im Vordergrund.
»Worin besteht die Aufgabe
eines Untersuchungsausschusses?« oder »Welche Kontrollfunktionen hat denn nun das
Parlament?« Antworten stehen
auch im Schülerkalender. Die
Mutter von Eileen hat ihn bereits durchgeblättert und lächelt in Richtung ihres Mannes:
»Der ist auch was für uns!«
Die 12-jährige Tochter der
dank ihres achtjährigen Bruders Timo bereits mit mehreren
Luftballons bewaffneten vierköpfigen Familie aus Freiberg
beschreibt ihre Gefühle: »Hier
ist viel los und überall ist Musik. Mir macht’s Spaß!« Timo
hat längst das Glücksrad entdeckt und zieht in Richtung
Luftballons. »Als ob wir nicht
schon genug hätten«, schüttelt
Eileen den Kopf.
Zeit für Quiz?
»Zeit für das Quiz haben wir
nicht«, flüstert der Mann seiner
Frau zu, wohl wissend, dass die
Verweildauer im Zelt von den
Jüngsten bestimmt wird. »Ich
geh mal rüber zur Bühne«,
kommt ihm seine Tochter zu
Hilfe, »da kann ich Timo mitnehmen.« Da bliebe Zeit. Wir
versichern, dass er nicht mehr
als zehn Minuten investieren
müsse, und geben ihnen Quizzettel und Kugelschreiber in
die Hand. »Wenn Sie die entsprechenden Tafeln durchlesen,
werden Sie die Antworten
finden«, sagen wir noch und
merken, dass sich die beiden
längst auf die Texte konzentriert haben. »Geschichte, das
ist doch Geschichte« hören wir
und wissen, dass sie schnell
die Antworten auf die ersten
beiden Fragen unseres Quiz
finden können: Der Name
»Bernhard von Lindenau« ist
mit der ersten sächsischen Verfassung von 1831 untrennbar
verbunden.
Die drei Tage – in der Retrospektive – sind schnell vergangen. Am Freitag hatten wir
irgendwie das Gefühl, als ob
das Ganze nicht so richtig in
Schwung kommen würde, doch
kamen wir am Samstag nicht
wirklich zum Durchatmen. »Haben Sie einen Schülerkalender,
bitte, und vielleicht auch ’ne
Tüte?« Freundliche Fragen
mischten sich unter Despektierliches: »Geben Sie mal noch
drei Kugelschreiber!« Und der
Griff nach den Gummibärchentüten – ganz unbeobachtet,
versteht sich – hat immer noch
etwas Baggerartiges. Selbst
sonntags, nach dem traditionellen Umzug der Vereine, war,
wie in jedem Jahr, noch mal
reger Besuch im Zelt.
Am Ende bleibt, wie in jedem
Jahr, die Gewissheit, für eine
wichtige Sache dagewesen zu
sein und, ebenfalls wie all die
Jahre zuvor der Wunsch, auch
2014 in Großenhain mit dabei
sein zu wollen.
Seite 16
Europa
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Ethik, Freiheit,
Solidarität
Kuratorium des Forums Mitteleuropa
beim Sächsischen Landtag tagte in Görlitz
> Über Jahrhunderte hat Mitteleuropa in besonderer Weise
Kultur und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik unseres
Kontinents geprägt. Das Forum Mitteleuropa beim Sächsischen Landtag will Wege aufzeigen, wie die mitteleuropäische
Bürgergesellschaft die Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft selbst in die Hand nehmen kann. <
| Prof. Ludger Kühnhardt, Ulf Großmann, Prof. Gabor Erdödy, Magdalena Vasaryova,
Dr. Matthias Rößler, Dr. Erhard Busek |
D
er Weg nach Görlitz führte
diesmal über Breslau, die
Hauptstadt der Woiwodschaft
Niederschlesien. Das Kuratorium für das Forum Mitteleuropa
beim Sächsischen Landtag traf
sich am 12./13. September
2013 in Görlitz zur diesjährigen
Herbstsitzung. Schon ganz zu
Beginn konnte Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler als
Kuratoriumsvorsitzender einen
erfreulichen Erfolg vermelden:
Frühmorgens hatte er sich gemeinsam mit dem Präsidenten
der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, Ulf Großmann, zu
einem Besuch beim Stadtpräsidenten von Breslau, Rafał Dutkiewicz, aufgemacht. In einem
einstündigen, sehr guten Gespräch erklärte dieser nicht nur
seine Bereitschaft, zukünftig
als polnischer Vertreter im
Kuratorium mitzuwirken. Der
Stadtpräsident bot auch an, die
Frühjahrsveranstaltung im Jahr
2014 in der Aula Leopoldina der
Universität Breslau stattfinden
zu lassen. Angedacht ist ein
Termin um den 4. Juni herum,
den Jahrestag der ersten demokratischen Wahlen in Polen
nach der kommunistischen
Herrschaft im Jahr 1989.
Damit verlässt das 2011 gegründete Forum Mitteleuropa
zum zweiten Mal mit einer Konferenz Sachsen und richtet diese
in einem der mitteleuropäischen
Autor | Dr. Christopher Metz
Mitgliedsländer aus. Bereits
am 28. Juni 2013 hatte die
Tagung zum Thema »Heimat
Mitteleuropa: Gesichter, Biografien, Identitäten« auf Einladung des Präsidenten des
tschechischen Senats, Herrn
Milan Štĕch, im Palais Waldstein in Prag stattgefunden.
Nun können wir uns also –
darauf hat sich das Kuratorium
verständigt – auf eine Konferenz im ersten Halbjahr des
nächsten Jahres in Breslau
freuen! Als Oberthema für
diese Veranstaltung legte
sich das Kuratorium auf die
Headline »Ethik, Freiheit,
Solidarität« fest.
Gespräche in
Zgorzelec
Bewusst war für die Kuratoriumssitzung diesmal Görlitz/
Zgorzelec als Tagungsort ausgewählt worden: Nach einem
Stadtrundgang traf sich das
Kuratorium am 12. September
bei einem Abendessen mit
Dr. Jerzy Margańzki, dem Botschafter der Republik Polen in
der Bundesrepublik Deutschland, sowie dem Oberbürgermeister der Stadt Görlitz und
dem Bürgermeister der Stadt
Zgorzelec, Siegfried Deinege
und Rafał Gronicz. Dabei wurden nicht nur die besondere
Situation und die vielfältigen
Ebenen der Zusammenarbeit in
der Neiße-Stadt, sondern auch
mögliche Verbesserungen in
der Kooperation zwischen polnischen und deutschen Mandatsträgern erörtert. Da passt
es gut, dass eine Delegation
von Abgeordneten der Woiwodschaft Niederschlesien am
13. November 2013 den Sächsischen Landtag besuchen und
dabei nach einer Begrüßung
durch den Landtagspräsidenten ein Austausch mit den
Mitgliedern des Verfassungs-,
Rechts- und Europaausschusses stattfinden wird.
Zur eigentlichen Kuratoriumssitzung begrüßte Oberbürgermeister Siegfried Deinege
die Mitglieder am nächsten
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Europa
Seite 17
Fotos: Y. Zaremba
Morgen im historischen kleinen
Saal des Görlitzer Rathauses.
Er sprach dabei die besonderen
Herausforderungen der Zusammenarbeit an der Grenze wie
die »verlagerte« Geschichte,
die Stärkung der Wirtschaft sowie die Themen demografische
Entwicklung und Mobilität an
und verwies mit Stolz darauf,
dass inzwischen der Altersdurchschnitt in der Innenstadt
von Görlitz auf 37 Jahre gesunken sei.
Die Sicht der Künstler
Mit großer Spannung sahen
sich die Kuratoriumsmitglieder
anschließend vier Kurzfilme an:
Frau Vášáryová, Abgeordnete
des Slowakischen Nationalrates, hatte in ihrer Heimat
slowakische Künstler aufge-
fordert, Kurzfilme zum Thema
»Wie sehe ich Mitteleuropa?«
zu drehen. Auffallend war, dass
das Thema zum Teil nostalgisch,
zum Teil auch ironisierend,
aber kaum gegenwartsbezogen
und analytisch bearbeitet wurde. Jetzt war hinreichend Stoff
für eine sehr lebendige Diskussion gegeben zur Frage, was
Mitteleuropa heute tatsächlich
ausmacht. Einigkeit bestand
darin, dass dies auf jeden Fall
die gemeinsame Kultur sei. Ein
Kuratoriumsmitglied formulierte
salopp und mit Augenzwinkern:
»Mitteleuropa ist da, wo man
die Heiligen Drei Könige kennt,
Federbetten hat und eine ungerade Zahl an Rosen verschenkt.«
Ernsthaftere Aspekte waren
etwa die gemeinsame Kultur in
Mitteleuropa, die Tatsache, dass
in allen mitteleuropäischen
Metropolen sehr ähnliche Programme in Theatern, Opern
und in Konzerthäusern aufgeführt würden, oder der Umstand, dass es in Mitteleuropa
eine sehr lange wissenschaftliche Gemeinsamkeit gebe.
Betont wurde aber auch, dass
eine der Stärken der Region
gerade die Vielfalt der Erfahrungen und Fähigkeiten sei. Ein
abendfüllendes, interessantes
Thema …
Themen genug!
Munter ging es auch bei der
Themenbeschreibung für die
nächste Konferenz in Breslau
zu. Dabei wurden neben zahlreichen anderen etwa folgende
Fragestellungen erörtert: Welche Erfahrungen wurden in den
einzelnen Staaten durch die
Freiheitsbewegungen gemacht
und was ist daraus geworden?
In welcher Relation stehen die
Komponenten Freiheit, Verantwortung und Mündigkeit oder
Freiheit und Gleichheit? Wie
gelingt es, Mitteleuropa eine
stärker positive und in die Zukunft gerichtete Wahrnehmung
zu geben? Viele Aspekte, die
eine spannende Konferenz
erwarten lassen.
Schließlich wurde der
mitteleuropäische Bogen von
Sachsen über Tschechien und
Polen weiter nach Ungarn geschlagen: Die nächste Kuratoriumssitzung im September 2014
soll im Benediktinerkloster
Pannonhalma in Ungarn stattfinden, das zum Welterbe der
UNESCO gehört. Pannonhalma
ist ein wichtiges Symbol der
mitteleuropäischen Kultur, älter
als der ungarische Staat, und
repräsentiert die gemeinsame
christlich geprägte Kultur in
Mitteleuropa.
Aktuelles
Seite 18
Fotos: S. Giersch, O. Killig (oben)
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Autor | Markus Guffler
Geschichten von Zufallsdeutschen und
Wahldeutschen beim Einbürgerungsfest
ygül Özkan war die erste
Landesministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration mit Migrationshintergrund. Neugierig
kommt sie an der Seite des
groß gewachsenen Ausländerbeauftragten Martin Gillo in
die Lobby und wendet sich
den Besuchern zu. Mit großen
dunklen Augen schaut sie sie
freundlich an und hört aufmerksam zu. Sie bleibt ernsthaft, ob im Interview mit einer
Reporterin italienischer Herkunft, mit dem Videoteam vom
Deutschen Hygienemuseum
oder im Gespräch mit der Frau
aus dem Irak, die sich freut,
heute als Deutsche zur Feier
mit dem Landtagspräsidenten
eingeladen worden zu sein.
Später tritt Özkan souverän
an das Rednerpult und zieht
die Zuhörer in den Bann. Sie
beginnt mit einer banalen Geschichte, die wohl jeder der Zuhörer nachvollziehen kann: Ein
Freund sprach sie an, was denn
da bei ihr im Land (gemeint ist
www.offenes-sachsen.de
> Sachsens Innenminister Markus Ulbig und der Ausländerbeauftragte Martin Gillo hatten für den letzten Samstag
im August in den Landtag eingeladen. Als Festrednerin konnten sie die Ministerin a. D. Aygül Özkan aus Niedersachsen
gewinnen. <
| Aygül Özkan | Foto: SAB
die Türkei) wieder los sei. Das
wisse sie nicht, aber sie stellte
klar, dass sie zwar türkische
Eltern und einen türkischen Namen habe, aber in Deutschland
geboren und sozialisiert wurde
– und damit sehr deutsch sei.
Ihre Schilderung des skurrilen
Gespräches mit Hin und Her
lässt die Zuhörenden mitlachen. Da ist von Zufallsdeutschen und Wahldeutschen die
Rede. Özkan bezeichnet sich
>
A
Link
selbst als Wahldeutsche: sie
habe sich bewusst für die
Staatsangehörigkeit entschieden, viele Urkunden vorgelegt
und Gebühren bezahlt. Sie
engagiere sich in einer deutschen Partei und übernehme
Verantwortung. Ihr Gesprächspartner, so bringt sie es auf
den Punkt, habe die deutsche
Staatsangehörigkeit streng
genommen nur zufällig, weil
seine Eltern eben zufällig in
Deutschland gelebt hätten.
Die Rede der ehemaligen
Ministerin ist unterhaltsam und
trotzdem ernst. Es berührt sie
persönlich, dass im Freistaat
Sachsen die Einbürgerungen
würdig gefeiert werden. Özkan
betont, dass Zuwanderer ganz
unterschiedliche Qualifikationen, Fähigkeiten und Wissen
haben und sich deshalb in vielen Bereichen mit ihren Erfahrungen einbringen können.
So beispielsweise in der Wirtschaftspolitik oder – auch
wenn das noch etwas dauern
würde – als Innen-, Wissenschafts- oder Kultusminister.
Dann nimmt Özkan die etwa
280 Zuhörer im Saal in die
Pflicht. Sie fordert gesellschaftliches Engagement. »Beteiligt
Euch! Warum wir Migranten in
der Politik brauchen«, ist das
Thema ihrer Rede. Es geht ihr
darum mitzugestalten, wählen
zu gehen und sich einzubringen. Die Rednerin wendet sich
dagegen, dass Menschen mit
sogenanntem Migrationshintergrund nur auf Themen der Integration reduziert werden. Jeder
solle sich mit seinen unterschiedlichen Qualifikationen,
Fähigkeiten und Wissen in vielen Bereichen in dieses Land
einbringen.
Info
1094 Menschen haben 2012 in
Sachsen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten – alle Reden
unter www.offenes-sachsen.de.
Besucher
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Besuch einer
aus der
Fotos: T. Schlorke
D
er Vorsitzende der Gesetzgebenden Versammlung
des Verwaltungsgebietes
Omsk, Wladimir Alexejewitsch
Warnawskij, führte die Delegation an. Begleitet wurden
die Abgeordneten von Viktor
Germanowitsch Sabelfeld, Leiter
der Gemeinden des Verwaltungsgebietes Omsk, und Michail
Alexandrowitsch Sutjaginskij,
Leiter der Unternehmen des
Verwaltungsgebietes Omsk.
Seite 19
Delegation
Region Omsk
Autorin | Katja Ciesluk
> Vom 23. bis 26. September besuchte eine Abgeordnetendelegation des Regionalparlamentes Omsk den Freistaat Sachsen. Im Mittelpunkt der Reise standen Gespräche
mit hiesigen Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft.
Die Gäste besuchten u. a. die SolarWorld AG in Freiberg sowie die VW-Manufaktur in Dresden. <
Vernetzung
der Wirtschaft
Die Region Omsk stellte in einer
Präsentation im Ständehaus
ihre Stärken als Wirtschaftsstandort vor. Dazu hatte der
Landtag auch mehrere sächsische Unternehmer sowie Dr.
Günter Bruntsch, Präsident
der IHK Dresden, eingeladen.
»Ich hoffe, dass der Sächsische
Landtag somit Kontakte knüpfen
und vermitteln konnte, aus denen später konkrete wirtschaftliche Kooperationsmaßnahmen
erwachsen«, sagte Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler
am Rande der Veranstaltung.
Abstecher nach
Freiberg
Einen Tag verbrachten die
Gäste in Freiberg, wo sie an der
TU Bergakademie und bei der
SolarWorld AG weitere Ansatzpunkte einer Zusammenarbeit
ausloteten. Prof. Dr.-Ing. Bernd
Meyer, Rektor der TU Bergakademie, verwies stolz auf die
langjährigen Beziehungen
zwischen seiner Universität
und Russland, insbesondere
der Universität in St. Petersburg, sowie auf Kooperationen
im Bereich der Wissenschaft,
z. B. das 2006 gegründete
Deutsch-Russische Rohstoff-
forum. Im Anschluss besichtigten die Gäste noch die Baustelle
des »Lomonossow-Hauses« in
Freiberg, das künftig an den
russischen Universalgelehrten
Michail Lomonossow erinnert.
Das Haus, das am früheren
Arbeitsort von Lomonossow
in Freiberg saniert wird, soll
als deutsch-russisches Begegnungszentrum dienen und im
November 2013 eröffnet werden.
Dem Besuch der russischen
Delegation war eine Reise des
Sächsischen Landtags in die
Region Omsk im Februar dieses
Jahres vorausgegangen.
Info
Hintergrund Region Omsk
Gesetzgebende Versammlung
Das Regionalparlament des Verwaltungsgebietes Omsk besteht
aus 44 Abgeordneten und tagte
erstmals im April 1994. Die
mit 27 Sitzen größte Fraktion
ist »Einheitliches Russland«.
Verwaltungsgebiet Omsk
Das Verwaltungsgebiet Omsk
liegt im Süden Westsibiriens an
der Grenze zu Kasachstan und
hat knapp zwei Millionen Einwohner. Die Region ist ein wichtiges
Industriezentrum Russlands.
Wichtige Wirtschaftssektoren
sind die verarbeitende Industrie,
die Ölraffinierung sowie der
Maschinenbau. Das Verwaltungsgebiet Omsk gehört
außerdem zu den zehn größten
Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse in der
Russischen Föderation.
Service
Seite 20
LANDTAGSKURIER ( 7|13 )
Ausstellung
Sachsen und seine Regionen –
voller Reichtum, voller Herz
Abs.: SDV – Die Medien AG, Tharandter Straße 23–35, 01159 Dresden,
PVSt. – AG, Entgelt bezahlt, F 13058
Impressum Herausgeber: Sächsischer Landtag, Bernhard-von-Lindenau-Platz 1,
01067 Dresden | Redaktion: V. i. S. d. P.: Hans-Peter Maier, Sächsischer Landtag |
Redakteur: Uwe Nösner | Redaktionelle Mitarbeit: Katja Ciesluk, Martina Findeisen,
Thomas Gey, Falk Hentschel, Katrin Lindner, Christin Morgenstern, Heiner Ridder |
Gastautoren: Markus Guffler, Benedikt Hecking, Dr. Christopher Metz, André Thoß |
Textbearbeitung und Gestaltung: Ö Grafik, Dresden | Druck und Vertrieb: SDV –
Die Medien AG, Dresden, Anschrift s. o. | Redaktionsschluss: 04.10.2013
im Bürgerfoyer des Sächsischen Landtags
bis zum 09.01.2014
Der Eintritt ist frei.
öffentlichen Vernissage
im Bürgerfoyer des Landtags eröffnet.
Plenarsitzungen
des Sächsischen
Landtags
Weitere
Informationen
Am 16. November 2013
wird in der Zeit von
10:00 bis 17:00 Uhr ein
»Vogtlandtag« durchgeführt, an dem neben
Wissenswertem über den
Vogtlandkreis und den
Sächsischen Landtag
auch regionale Besonderheiten zu erfahren
und zu erleben sind.
16. – 17.10. 2013
Beginn jeweils 10:00 Uhr
Am 23. Oktober 2013,
um 18:00 Uhr, wird die
Ausstellung mit einer
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag
10:00 bis 18:00 Uhr
Fraktionen
CDU
Tel. 0351 493-5555
DIE LINKE
Tel. 0351 493-5800
SPD
Tel. 0351 493-5700
FDP
Tel. 0351 493-4700
GRÜNE
Tel. 0351 493-4800
NPD
Tel. 0351 493-4900
Der Sächsische Landtag
überträgt die Plenarsitzungen live als Videostream
auf der Internetseite
www.landtag.sachsen.de.
Auch die Tagesordnungen,
die Wortprotokolle und
die Videoaufzeichnungen
finden Sie in unserem
Internetauftritt.
Weiterhin werden die
Aktuellen Debatten der
Plenarsitzungen auch im
Regionalfernsehen ausgestrahlt. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem
Programm Ihres Senders.
Im MDR-Radio werden die
Landtagsdebatten zudem
live und digital auf DAB+ auf
dem Kanal MDR SACHSEN
EXTRA übertragen. Weitere
Informationen erhalten Sie
unter www.mdr.de.
Foto: Landtag
Erntekrone an den Sächsischen Landtag übergeben
Einer schönen und langjährigen Tradition folgend hat der
Sächsische Landfrauenverband am 26. September 2013
eine Erntekrone an den Sächsischen Landtag übergeben.
Vizepräsidentin Andrea Dombois nahm die Krone im Altbaufoyer entgegen. Die Krone wurde vom Ortsverband
Beerendorf gefertigt und errang den 2. Platz beim diesjährigen Wettbewerb »Schönste Erntekrone und schönster
Erntekranz gesucht«.
Weitere Plenarsitzungen
finden wie folgt statt:
27.– 28.11. 2013
17.– 18.12. 2013
Publikationsbestellung
und Leserbriefe
Sächsischer Landtag
Veranstaltungen,
Besucherdienst und
Publikationen
Bernhard-von-Lindenau-Platz 1
01067 Dresden
Tel. 0351 493-5133
[email protected]
Besucherdienst
Anmeldungen für die
Besucherbetreuung
und den Besuch von
Plenarsitzungen erfolgen
unter Tel. 0351 493-5131
Bürgerfoyer
Öffnungszeiten:
Montag bis Freitag von
10:00 bis 18:00 Uhr
An Wochenenden und
Feiertagen geschlossen.
www.landtag.sachsen.de
CHIAVERI – Restaurant
im Sächsischen Landtag
Öffnungszeiten:
täglich von 11:00 Uhr
bis 23:00 Uhr
Tel. 0351 496-0399
Kein Zugang für elektronisch signierte sowie verschlüsselte elektronische
Dokumente.
Eine elektronische
Version des Landtagskuriers
finden Sie unter
www.landtag.sachsen.de/
Aktuelles/Landtagskurier.
Die Beiträge der Gastautoren
geben nicht zwangsläufig
die Meinung der Redaktion
wieder.
Diese Publikation wird vom
Sächsischen Landtag im
Rahmen der parlamentarischen Öffentlichkeitsarbeit
herausgegeben. Die Abgabe
erfolgt kostenfrei. Eine Verwendung für die eigene
Öffentlichkeitsarbeit von
Parteien, Fraktionen, Mandatsträgern oder Wahlbewerbern – insbesondere
zum Zwecke der Wahlwerbung – ist unzulässig.
Ebenso die entgeltliche
Weitergabe der Publikation.
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Mit der Ausstellungsreihe »Sachsen und
seine Regionen – voller
Reichtum, voller Herz«
bietet der Sächsische
Landtag den Regionen
ein zentrales Podium,
um ihre Leistungen in
Geschichte und Gegenwart einem großen
Publikum vorzustellen.
Den Anfang dieser
Veranstaltungsreihe
macht der Vogtlandkreis.
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