LAND TAGS - Der Sächsische Landtag
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VK 2B 03058F LAND TAGS KURIER Freistaat Sachsen Seite 3 Seite 10 Seite 16 Ausgabe 7 | 13 Debattiert: Gegen Bevormundung der Bürger durch grüne Verbotspolitik Informiert: Joachim Reinelt sprach zum Tag der Deutschen Einheit Berichtet: Kuratorium des Forums Mitteleuropa tagte in Görlitz Seite 2 Editorial LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Inhalt Plenum 82. Sitzung des Sächsischen Landtags Gegen Bevormundung der Bürger Koalitionsfraktionen werfen den GRÜNEN Verbotsund Gleichmacherwahn vor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 82. Sitzung des Sächsischen Landtags Versprochen – gebrochen DIE LINKE kritisiert Staatsregierung wegen mangelnder Initiative für Einheit der Renten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 83. Sitzung des Sächsischen Landtags Kostenexplosion stoppen CDU und FDP fordern das Ende der Geldverschwendung im Energiebereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 83. Sitzung des Sächsischen Landtags Eurokrise und kein Ende NPD-Fraktion: Aus Bürgschaften werden Zahlungsverpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Aktuelles »Trau Dich – hilf Leben retten« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Einer seelenlosen Politik christliche Werte entgegensetzen . . . . 10 Zeigen, was wir draufhaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Der 22. Tag der Sachsen – 2013 in Schwarzenberg . . . . . . . . . . . . 14 Geschichten von Zufallsdeutschen und Wahldeutschen beim Einbürgerungsfest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Europa Ethik, Freiheit, Solidarität Kuratorium des Forums Mitteleuropa beim Sächsischen Landtag tagte in Görlitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Besucher Besuch einer Delegation aus der Region Omsk . . . . . . . . . . . . . . . 19 Service Weitere Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 | Titel: Festredner Joachim Reinelt zum Tag der Deutschen Einheit | Foto: S. Füssel Foto: S. Giersch Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger, zur Feierstunde am Tag der Deutschen Einheit war in diesem Jahr mit dem früheren Bischof von Dresden-Meißen Joachim Reinelt eine der herausragenden Persönlichkeiten der sächsischen Zeitgeschichte als Festredner im Landtag zu Gast. Er steht seit mehr als zwei Jahrzehnten für die gemeinsamen Grundlagen des Welt- und Menschenverständnisses, wie es 1992 auch in der Verfassung des Freistaates Sachsen verankert worden ist. Unser Wille, der Gerechtigkeit, dem Frieden und der Bewahrung der Schöpfung zu dienen, hat seit der deutschen Einheit und der Wiedererrichtung Sachsens die Chance, sich als geschichtsbildende Kraft im Herzen Europas zu verwirklichen. Wie gut gelingt uns das? Wer die Bilder auf den folgenden Seiten betrachtet und die Texte aufmerksam liest, der sieht sich mit einer Momentaufnahme konfrontiert, die zumindest einen Teil der Lebensrealität in Sachsen zum Ausdruck bringt. Die Debatten des Landtags, der Tag der offenen Tür, der Tag der Sachsen, das Einbürgerungsfest oder das Forum Mitteleuropa zeigen uns als eine pluralistische Gesellschaft. Es ist eine Bürgergesellschaft, die den öffentlichen Dialog pflegt, das die Menschen Verbindende fördert und die besten Lösungen für die Gestaltung und Entwicklung unserer Lebensqualität in sich selber trägt. Diese Lebensqualität definiert sich aber nicht an materiellen Standards allein. Eine Gesellschaft, die sich wie die unsere auf dem Wege befindet und um Orientierung, Halt und innere Stützung bei der Wahrung ethischer und moralischer Werte zu ringen hat, sollte den Stimmen aus Kirchen und Religionsgemeinschaften in Sachsen auch in Zukunft geöffnet sein. Dr. Matthias Rößler Präsident des Sächsischen Landtags LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Plenum Seite 3 | 82. Sitzung des Sächsischen Landtags | Autor | Uwe Nösner | Christian Piwarz | Foto: R. Deutscher Koalitionsfraktionen werfen den GRÜNEN Verbots- und Gleichmacherwahn vor Gegen Bevormundung der Bürger C hristian Piwarz, CDU, nahm auf die endlose Liste mit irrwitzigen Verboten, die die GRÜNEN in den vergangenen Jahren gefordert hätten, Bezug. Sie reiche vom Verbot von Doppelwaschbecken über Fahrverbot an Wochenenden und Verbot von Ponyreiten auf öffentlichen Veranstaltungen bis hin zum Fleischverbot an einem Tag in der Woche in Kantinen. Mit diesem Verbots- und Gleichmacherwahn beschnitten die GRÜNEN nicht nur die Bürgerrechte, sondern schränkten die Freiheit jedes einzelnen Menschen ein. Er denke nicht, dass Freiheit bedeute, so zu leben, wie es die GRÜNEN wollten. Das bürgerliche Konzept von Freiheit sehe anders aus. Seine Fraktion traue den Menschen zu, selbst zu entscheiden, was gut und was falsch für sie sei, als Bürger und Verbraucher aufzutreten und zu entscheiden sowie die Gesellschaft abseits von Verboten selbst zu gestalten. Für Christdemokraten gehörten Freiheit und Verantwortung zusammen. > Einen Schwerpunkt der Aktuellen Stunde der 82. Sitzung des Plenums bildete am 18. September 2013 eine von den Fraktionen CDU und FDP beantragte Aktuelle Debatte zum Thema »Nein zum grünen Umerziehungsstaat – Sachsen lässt sich nicht alles (ver)bieten!« Darin spricht sich die Koalition gegen eine Bevormundung der Bürger aus. < Grüne Verbotskultur Wenn Deutschland Rot-RotGrün regiert würde, so Holger Zastrow, FDP, dann stünde dem Land mit Steuererhöhungen, der Abschaffung der PendlerPauschale und des EhegattenSplittings ein Raubzug durch die Mitte der Gesellschaft bevor. Das Bündnis von SPD, GRÜNEN und der LINKEN sei ein Angriff auf die Berufstätigen und diejenigen, die den Wohlstand erwirtschafteten. Es wolle höhere Steuern und eine Haftungsunion, bei der wir die Schulden für Länder wie Griechenland mitbezahlten. Das werde es mit Schwarz-Gelb nicht geben. Die FDP sei gegen weitere Belastungen und höhere Steuern. Wenn SPD und GRÜNE etwas zu sagen bekämen, dann würde Deutschland von einem Land der Möglichkeiten zu einer Verbotszone. Die GRÜNEN seien von ihrer Unfehlbarkeit überzeugt. Wer sich ihrem Gesellschaftsbild nicht anschließe und sich eine eigene Meinung und einen eigenen Lebensstil leiste, der solle durch Verbote und Vorschriften zu seinem Glück gezwungen werden. nach der Arbeit noch zum Amt müssten, weil sie von ihrem Lohn nicht leben könnten, von 900.000 auf über 1,3 Millionen gestiegen. In dieser Situation blockiere Sachsens FDP-Wirtschaftsminister den von den Tarifparteien, also Gewerkschaften und Arbeitgebern, auch in Sachsen im Elektrohandwerk ausgehandelten Mindestlohn und ein Vergabegesetz mit Mindestlohn. Stattdessen setze Sachsens FDP auf ruinösen Wettbewerb und Dumpinglöhne. Das sei mittelstandsfeindlich. CDU und FDP verhinderten darüber hinaus auch ein Mehr an Sicherheit und demontierten stattdessen die sächsische Polizei durch Schließung von Polizeirevieren. Verhinderungspolitik Billigster Klamauk Rico Gebhardt, DIE LINKE, bezeichnete CDU und FDP als eine Koalition der Verhinderer. Acht Jahre Kanzlerin Merkel bedeuteten fast 50 Prozent mehr Armut trotz Arbeit. Seit dem Jahr 2005 sei die Zahl der Aufstocker, also der Menschen, die Dirk Panter, SPD, bezeichnete die Auslassungen der Koalition als billigsten Klamauk. Sie fabuliere von einem vermeintlichen Umerziehungsstaat, wolle die Sachsen aber ihrerseits umerziehen. Sie wolle kein Plenum Seite 4 LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Fotos: R. Deutscher | Christian Piwarz | | Holger Zastrow | Miteinander, keine Solidarität und möglichst auch keinen Gemeinsinn. 40 Prozent der Sachsen arbeiteten an der Niedriglohnschwelle. Das bedeute Aufstocker, niedrige Renten und dass der Staat für all die Probleme, die CDU und FDP verursachten, einstehen müsse. Was die Steuererhöhung betreffe, so zahlten zwei Prozent der Sachsen den Spitzensteuersatz. Wenn diese mehr Steuer zahlen müssten, dann seien das genau die Richtigen. | Rico Gebhardt | Grillfreundschaften zorniger junger Männer von der CDU und der FDP aus Dresden mit missionarischem Eifer in die Debatte eingriffen und der Fraktion GRÜNE die politische Leidenschaft und das Verantwortungsgefühl vorwürfen, dann frage sie sich, wohin das alles führen solle. Theoretisch sei in den 90er-Jahren aus dem konziliaren Prozess heraus und über die Verfassung hinaus in der Sächsischen Union ein mögliches politisches Erbe angelegt worden. Praktisch werde es aber nicht umgesetzt. | Dirk Panter | | Antje Hermenau | schauliche Kehrtwendung hin zu den zerstörerischen linksgrünen Utopien vollzogen. Als Beispiel nannte Storr die frühere CDU-Position, Deutschland sei kein Einwanderungsland, die heute nur noch von seiner Partei vertreten werde. Maßgebliche sächsische CDU-Politiker wie Innenminister Markus Ulbig oder der Ausländerbeauftragte Martin Gillo propagierten jetzt das genaue Gegenteil davon. Über dem Durchschnitt Niveau unterirdisch Antje Hermenau, GRÜNE, kritisierte den Debattenbeitrag von Christian Piwarz. Wenn das seine Bewerbungsrede um den Fraktionsvorsitz gewesen sei, dann werde sie in Zukunft Steffen Flath noch mehr vermissen, denn das Niveau sei unterirdisch gewesen. Wenn jetzt Kehrtwendung Der Umerziehungsstaat, so Andreas Storr, NPD, sei heute das gemeinsame Ziel aller Bundestagsparteien, also auch CDU und FDP, denn beide Parteien hätten schon in den 1980er Jahren eine weltan- Frank Kupfer, Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft, erinnerte an die Verhältnisse und Folgen der SEDHerrschaft. Wenn die Regierung so verfahren würde, wie es die Opposition heute auf ihren Wahlplakaten | Frank Kupfer | | Andreas Storr | verkünde, dann würde Deutschland bald wieder pleite sein. Der Politik der GRÜNEN warf er Technologiefeindlichkeit vor. Zudem habe das, was sie der Gesellschaft immer als Agrarpolitik vorgaukelten, nichts mit Tierschutz zu tun. Ein Beleg dafür, dass Tierschutz in Sachsen auch ohne grüne Propaganda funktioniere, sei die Leistungsfähigkeit der sächsischen Landwirtschaft. So liege die Milchleistung der Kühe in Sachsen weit über dem Durchschnitt der Bundesrepublik. Plenum LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Versprochen – gebrochen Seite 5 | 82. Sitzung des Sächsischen Landtags | DIE LINKE kritisiert Staatsregierung wegen mangelnder Initiative für Einheit der Renten Foto: © farbkombinat | Fotolia.com D r. André Hahn, DIE LINKE, erklärte, dass seine Partei die Rentenlüge von 2009 nicht durchgehen lassen wolle und CDU und FDP immer wieder mit ihrem Versprechen der Rentenangleichung in den alten und neuen Bundesländern konfrontiere. Die Menschen im Land müssten daran erinnert werden, was die Regierenden einmal versprochen hätten. Im Koalitionsvertrag von 2009 hätten CDU/CSU und FDP vereinbart, die deutsche Renteneinheit bis 2013 herzustellen. Alexander Krauß, CDU, sprach sich für eine schrittweise Rentenangleichung aus. Er wies darauf hin, dass die Einkommen in West und Ost noch unterschiedlich seien, und zog einen Vergleich zur Situation in der DDR. So, wie die Gehälter jetzt stiegen und sich die Schere nach und nach schließe, werde das auch beim Rentenniveau der Fall sein. Das brauche zwar seine Zeit, aber es sei der bei Weitem effektivere Weg. Angleichung Auch seine Partei, so Martin Dulig, SPD, schlage vor, die Rentenangleichung schrittwei- Autor | Uwe Nösner > Die 2. Aktuelle Debatte der 82. Sitzung des Sächsischen Landtags war ebenfalls einem bundespolitischen Thema gewidmet. Sie stand unter dem Titel »Versprochen – gebrochen: Staatsregierung sieht der Verabschiedung von der deutschen Renteneinheit tatenlos zu!« und wurde auf Antrag der Fraktion DIE LINKE auf die Tagesordnung gebracht. < | Dr. André Hahn | Foto: R. Deutscher se abzuschließen, um ab dem Jahr 2020 ein einheitliches Rentenrecht zu haben. Die Grundvoraussetzung dafür seien aber gleiche Löhne. Wer, wie der sächsische Wirtschaftsminister, der Allgemeinverbindlichkeit von Mindestlöhnen widerspreche, der betreibe Politik gegen eine Rentenangleichung, weil auf diese Weise nicht für gemeinsame, bessere Löhne ge- kämpft werde. Kristin Schütz, FDP, zog aus Sicht ihrer Partei eine positive Bilanz. In der Bundesregierung sei viel erreicht worden. Es seien vier gute Jahre gewesen. Deutschland sei gerechter geworden und den Rentnern gehe es besser. Von der erfolgreichen Wirtschaftsund Arbeitsmarktpolitik der schwarz-gelben Koalition hätten gleichzeitig Rentner und Beitragszahler profitiert. Die Umstellung auf ein einheitliches Rentenrecht stehe allerdings erst noch bevor. Gleichheit sofort Dr. Johannes Müller, NPD, bezeichnete das gebrochene Rentenversprechen als ein Bruchstück der Kette gebrochener Versprechen der etablierten Politik. Für seine Partei sei die grundgesetzlich geforderte Gleichheit auch gleichbedeutend mit einer Angleichung der Bedingungen in Ost und West, und zwar sofort. Ihre Partei, so Elke Herrmann, GRÜNE, schlage eine Garantierente von 850 Euro für alle Geringverdiener vor, die mindestens 30 Jahre Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung gewesen seien. Abschließend erklärte Sozialministerin Christine Clauß, dass die Staatsregierung keinen Aktionismus betreiben werde, der den Menschen in unserem Land schade. In diesem Jahr sei eine Rentensteigerung im Osten in Höhe von 3,29 Prozent zu verzeichnen gewesen. Das hätten sich die Rentner in Sachsen sehr wohl verdient. Plenum Seite 6 LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) | 83. Sitzung des Sächsischen Landtags | | Mike Hauschild und Frank Heidan | Fotos: S. Giersch Autor | Uwe Nösner Kostenexplosion stoppen CDU und FDP fordern das Ende der Geldverschwendung im Energiebereich > Auf Antrag der Fraktionen CDU und FDP stand eine Aktuelle Debatte zur Energiepolitik auf der Tagesordnung der 83. Sitzung des Plenums. Sie trug den Titel »Energiekostenexplosion für sächsische Verbraucher stoppen – Geldverschwendung durch EEG beenden«. Die Kostenexplosion bei erneuerbaren Energien hat den Landtag immer wieder beschäftigt. Daher lohnt es die Mühe, die Hintergrundinformationen zu erneuerbaren Energien und dem ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG) in Ausgabe 9/12 auf Seite 5 nachzuschlagen. < | Dr. Karl-Heinz Gerstenberg und Antje Hermenau | N ach Auffassung von GeorgLudwig von Breitenbuch habe der zunehmende Kostendruck durch steigende Energiepreise für private Verbraucher und Unternehmen durch den unkontrollierten Ausbau der erneuerbaren Energien existenzbedrohende Ausmaße erreicht. Deshalb müsse noch in diesem Jahr das Erneuerbare-EnergienGesetz angepackt werden, um die weitere Geldverschwendung durch dieses Gesetz zu beenden. Saftige Rechnungen Torsten Herbst, FDP, rief in Erinnerung, dass Jürgen Trittin als ehemaliger Bundesumweltminister zu Beginn des EEG-Abenteuers versprochen habe, die finanzielle Pro-Kopf-Belastung jedes Bürgers durch sogenannte erneuerbare Energien werde eine Kugel Eis ausmachen. Stattdessen habe sich der Strompreis für eine dreiköpfige Familie seit dem Jahr 2000 von jährlich 560 auf 1.150 Euro nahezu verdoppelt. Die grünen Solar- und Windkraftanlagenbetreiber bekämen satte Profite, alle anderen saftige Rechnungen. Preisgenehmigungspflicht könnten die Energiepreise gesenkt werden. Gleichzeitig müsse das EEG gründlich reformiert werden. Preise senken Initialzündung Dr. Monika Runge, DIE LINKE, führte die Preissteigerungen auf die Marktbeherrschung der Energieversorger zurück. Durch den Abbau von Überkapazitäten bei der Braunkohleverstromung, eine kartellrechtliche Preishöhenkontrolle und eine Thomas Jurk, SPD, bewertete das EEG als ein nach wie vor herausragendes Gesetz zur Implementierung der erneuerbaren Energien in unser Energiesystem. Es habe die Initialzündung für die erneuerbaren Plenum LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Seite 7 | Thomas Jurk | | Georg-Ludwig von Breitenbuch | | Torsten Herbst | Energien geliefert. Er sehe sich darin auch von Angela Merkel bestätigt, die es 2011 als den Grundpfeiler der bisher so erfolgreichen Förderung der erneuerbaren Energien bezeichnet und sich vor dem Hintergrund der Energiewende für dessen Fortbestand eingesetzt habe. Ein gutes Gesetz Antje Hermenau, GRÜNE, bezeichnete die Energiewende und das Erneuerbare-Energien- | Dr. Monika Runge | Gesetz als gut. Sie würden aber schlecht gemanagt. Eckpfeiler eines zukünftigen energiewirtschaftlichen Konzepts, das die Interessen der ostdeutschen Bundesländer berücksichtige, müssten die Stärkung des Klimaschutzes durch ehrliche CO2 -Preise, die Erhaltung und Stärkung des Einspeisevorrangs für erneuerbare Energien, verpflichtende Einspeiseund Ertragsprognosen für alle Betreiber, die Förderung des standortorientierten Ausbaus und Investitionen sein. | Thomas Jurk | | Antje Hermenau | Stromsteuer streichen Alexander Delle, NPD, forderte die Streichung der Stromsteuer. Dies wäre eine Entlastung für die Menschen im Lande. Weiterhin fordere seine Partei die Kürzung der Förderung der erneuerbaren Energien bei der EEG-Umlage. Bei rund 25 Prozent Anteil der erneuerbaren Energien am Strom-Mix seien diese kein Nischenprodukt mehr. Ein soziales Problem Hohe Strompreise, so Sven Morlok, Staatsminister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, würden zu einem sozialen Problem und zu einem Arbeitsplatzproblem in Sachsen. Dagegen setze sich die Sächsische Staatsregierung zur Wehr. CDU und FDP im Freistaat Sachsen lehnten es ab, dass grüne Ökoinvesto- | Sven Morlok | | Alexander Delle | ren über 20 Jahre hinweg Investitions- und Ertragssicherheit garantiert bekämen, während die Zeche dafür der kleine Mann in Sachsen zahlen müsse. Info Erneuerbare-EnergienGesetz (EEG) Das deutsche Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien regelt die bevorzugte Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Quellen und garantiert deren Erzeugern feste Einspeisevergütungen. Es soll im Interesse des Klima- und Umweltschutzes eine nachhaltige Entwicklung der Energieversorgung ermöglichen. Als Vorläufer des EEG galt von 1991 bis 2000 das Gesetz über die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien in das öffentliche Netz. Ungeachtet ihres Bedarfs müssen die Betreiber öffentlicher Netze allen Strom, der von in Deutschland betriebenen Anlagen nach dem EEG gewonnen wird, mit Vorrang vor solchem Strom abnehmen, der aus anderen Energiequellen wie fossilen Brennstoffen oder Atomkraft erzeugt wird. Plenum Seite 8 LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) | 83. Sitzung des Sächsischen Landtags | Foto: © mik ivan | Fotolia.com Autor | Uwe Nösner Eurokrise und kein Ende NPD-Fraktion: Aus Bürgschaften werden Zahlungsverpflichtungen H olger Apfel, NPD, warnte vor Zahlungsverpflichtungen aus dem rechtswidrigen und ökonomisch verfehlten Anleiheankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) und weiteren GriechenlandHilfen. Vabanque-Spielern wie Schäuble und Asmussen müsse schnellstens das Handwerk gelegt werden. Durch den Ankauf der Anleihen drohe Deutschland noch tiefer in den Strudel der Euro-Krise gezogen zu werden. Wenn die aufgekauften Ramschpapiere südeuropäischer Pleitestaaten fällig würden und sie dann verständlicherweise niemand haben wolle, führe dies zu einer Verlustabschreibung der EZB, für die die Bundesrepublik mit mindestens 27 Prozent hafte. Verlässlicher Partner Deutschland, so Aloysius Mikwauschk, CDU, könne es nur gut gehen, wenn es auch seinen Nachbarn gut gehe in ei- > Die 2. Aktuelle Debatte der 83. Sitzung des Sächsischen Landtags am 19. September 2013 war der Europapolitik gewidmet. Beantragt hatte sie unter dem Titel »Eurokrise und kein Ende … Aus Bürgschaften werden Zahlungsverpflichtungen« die Fraktion der NPD. < nem Europa in Eintracht und Vielfalt, als Zone der Freiheit und als anerkannter und verlässlicher Partner in der Welt. Durch seine Hilfskredite sichere Deutschland maßgeblich gemeinsam mit weiteren Staaten den Reformprozess in Ländern, die zu neuem, nicht mehr kre- ditfinanziertem Wachstum finden sollten. Das eigentliche Problem stelle sich mit Blick auf die Wiedergewinnung der Wettbewerbsfähigkeit der Krisenstaaten bei der Rückkehr zu einem subsidiären Prinzip mit eigener Haftung der Staaten für ihre Schulden. Situation ausgenutzt Nach Auffassung von Sebastian Scheel, DIE LINKE, nutze die NPD die Situation, um gegen Europa und gegen die nationale Zusammenarbeit zu wettern. Das lasse ihr seine Fraktion nicht durchgehen. Es gebe durchaus Kritik an der Eurorettung. Es habe sich eine neue Partei gegründet, die Alternative für Deutschland, die die Kritik sehr viel seriöser als die NPD vortrage. Auch das Staatsministerium der Finanzen habe immer wieder darauf hingewiesen, dass mit der Eurorettung unabwendbare Zahlungsströme auch auf das Land Sachsen zukommen könnten. Die Stabilisierung Europas und des Euro erfordere einen Aufbau der betroffenen Staaten. Es müsse gemeinsam dafür gestritten werden, Europa und diese Länder, die gegenwärtig unter der Schulden- oder Bankenkrise zu leiden hätten, stark zu machen. | Holger Apfel | Foto: S. Giersch LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) > Unter dem Motto »Ein Leben retten« empfing der Sächsische Landtag 160 Schüler aus verschiedenen Oberschulen und Gymnasien Dresdens zu einem Aktionstag < Aktuelles »Trau Dich – hilf Leben retten« Autoren | Benedikt Hecking, André Thoß A m 16. und 20. September nahmen etwa 160 Schüler am Aktionstag »Trau Dich – hilf Leben retten« des Sächsischen Landtags teil. Anästhesisten und Intensivmediziner des Städtischen Klinikums Friedrichstadt zeigten den Jugendlichen, wie man mit dem Handlungsschema »prüfen, rufen, drücken« Menschen in lebensbedrohlichen Situationen helfen kann. Als Schirmherr lud Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler zu diesem Aktionstag, der sich in die bundesweit initiierte »Woche der Wiederbelebung« eingliedert und unter der Ägide des Bundesministeriums für Gesundheit ins Leben gerufen wurde. Anlass dieser Aktion ist die Unsicherheit und Unkenntnis vieler Menschen, lebensrettende Sofortmaßnahmen durchzuführen. Statistiken zufolge werden in der Bundesrepublik Deutschland in lediglich 17 % aller Fälle von Herz-Kreislaufstillstand Reanimationsmaßnahmen durch Laien ergriffen, wohingegen es in Norwegen 70 % sind. In der theoretischen Einführung staunten die Gäste über die Information, dass innerhalb Seite 9 von vier Minuten Zellen im Gehirn irreversibel absterben, wenn keine Wiederbelebung eingeleitet wird. Im Anschluss daran folgte der praktische Teil des Kurses. Kleinere Schülergruppen saßen in einem Halbkreis um eine lebensgroße Puppe, die es zu reanimieren galt. Bereits die ersten Versuche, das erlangte Wissen nun praktisch anzuwenden, glückten und die Ärzte kommentierten: »Patient gerettet«. Doch nicht nur die Herzdruckmassage musste an dem Dummy geprobt werden; die Schüler verinnerlichten auch – dem Rhythmus »prüfen, rufen, drücken« folgend –, wie Puls und Atmung geprüft werden und welche Informationen in einem Rettungsnotruf anzugeben sind, bevor mit der eigentlichen Reanimation zu beginnen ist. »Für den Notruf ist wichtig: Was ist wo passiert, wie viele Personen sind betroffen und konnten Bewusstlosigkeit oder Atemstillstand festgestellt werden«, schilderte Dr. Nowak, Chefarzt der Anästhesiologie. Auch er und seine Kollegen reihten sich in die Übungsrunden ein. Den Schülern gefiel es sichtlich, dass nicht nur Frontalunterricht geboten wurde, sondern die Ärzte sich selbst auf den Fußboden knieten und das Schema vorführten. »Hände auf’s Brustbein und dann fünf bis sechs Zentimeter tief rhythmisch drücken. Einhundert Mal pro Minute, da denken Sie am besten an ›Stayin‘ alive‹ von den BeeGees, das ist der richtige Takt. Fotos: S. Füssel So einfach ist das«, erklärte Dr. Nowak. »Es kann passieren, dass durch den großen Druck, der auf das Brustbein ausgeübt wird, eine Rippe bricht. Das ist aber nichts Schlimmes. Wenn das Opfer überlebt, wird es dankbar sein«, schloss sein Kollege an. Im Gespräch brachte die Schülerin Karolina S. die Stimmung auf den Punkt: »Die Atmosphäre war angenehm und die Ärzte nett.« Auf die Frage, wie sie den Kurs fand, antwortete sie pragmatisch: »Nun bin ich für die Zukunft gewappnet.« »Das kann ja immer und überall passieren«, schloss sich ihr Mitschüler Nico K. an. »Es hat auf alle Fälle etwas gebracht.« Im Anschluss nahmen die Schüler noch an einer Führung durch den Sächsischen Landtag teil. Hier weckte allerlei Wissenswertes über Aufgaben und Arbeitsweise des Parlaments das Interesse der Jugendlichen. Nach einem Aufenthalt am Architekturmodell und auf der Besuchertribüne nahmen sie im Plenum Platz und konnten in Erfahrung bringen, wie eine Plenarsitzung abläuft und wie der Arbeitsalltag der Politiker aussieht. Seite 10 Aktuelles | Joachim Reinelt | Fotos: S. Füssel D em Präsidenten des sächsischen Parlamentes, Dr. Matthias Rößler, war die Freude über den Festredner an diesem 3. Oktober sichtbar ins Gesicht geschrieben: »Ich erinnere mich, wie Bischof Joachim Reinelt am Abend des 9. Oktobers 1989 zu uns sagte, dass alles friedlich bleiben wird.« Viele, so Rößler weiter, hätten damals Zuversicht und Mut aus diesen Worten geschöpft. Das, was damals in Angriff genommen wurde, sei nur möglich gewesen mit einem verlässlichen Partner an der Seite: »Unter dem schützenden Dach der Kirche leisteten wir Widerstand!« In seiner Begrüßungsansprache stellte Rößler einen LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Autor | Hans-Peter Maier Einer seelenlosen Politik christliche > Traditionsgemäß bietet der Tag der Deutschen Einheit die Möglichkeit der Vergangenheitsbewältigung. Der Blick zurück sei unendlich wichtig, weil nur dadurch jener nach vorn klarer werde. Wer nicht wisse, wo er herkomme, könne auch nicht wirklich sagen, wo die Reise hingehen solle. Eine Weisheit, die all jene in eine Botschaft kleideten, die in den zurückliegenden Jahren seit 1993 zum Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober im Neubau des Sächsischen Landtags als Festredner aufgetreten waren – von Horst Teltschik bis Gyula Horn und von Avi Primor bis Helmut Kohl. Dem trug auch der MDR Rechnung und übertrug die Festveranstaltung live. < Zusammenhang her zwischen einem diktatorischen und seelenlosen Regime und den Werten, die in der »Bewahrung der Schöpfung« und der »Bergpredigt« thematisiert würden. Die Gegenwehr gegen »sozialistischen Einheitsbrei« sei mit Hilfe der Kirche geformt worden. »Durch die Propaganda der atheistischen Ideologie«, fasste Rößler zusammen, »rückten die Christen beider Konfessionen näher zusammen und bemühten sich um ökumenische Gesinnung und ökumenische Gemeinsamkeiten, die zu einem Zeugnis christlichen Lebens wurden.« Schließlich sei die ökumenische Versammlung 1988/89 ein Versuch zur Bewältigung der Probleme der | Dr. Matthias Rößler | untergehenden DDR aus dem Geist des Evangeliums heraus gewesen. Für ihn, Rößler, sei der Bischof ein wunderbares Beispiel für einen aufrechten Wegbegleiter der friedlichen Revolution. An ihm habe er, Rößler, stets dieses »fröhliche Gottvertrauen« bewundert, das ihn nie habe zweifeln lassen. Rößler zitierte zum Ende seiner Rede einen Aphorismus aus einem Hirtenbrief Reinelts: »Jetzt ist Zeit zum Reden.« Der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, griff in seiner Ansprache diese Worte gerne auf. »Wir wissen, was Worte wirken können, wir wissen aber auch, dass Worte manchmal nichts mehr ausrichten können.« Es habe Opfer gegeben. Das dürfe nie vergessen werden. Viele, die damals »Wir wollen freie LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Aktuelles Werte entgegensetzen Menschen sein« gerufen hätten, seien von Panzern und Gewehren übertönt worden. Selbstbewusst dürften die Sachsen sein: »Wir wollen das sagen können, was wir meinen – ohne Gefahr für Leib und Leben.« Aus Tillich sprach Stolz: »Seit dem 3. Oktober 1990 können die Worte Einigkeit und Recht und Freiheit in ganz Deutschland gelebt werden!« Gleichzeitig aber mahnte der Ministerpräsident zur Vorsicht. Es sei richtig, dass jeder in Sachsen und in Deutschland stolz sein könne auf die eigene Aufbauleistung. Die kritischen Stimmen müssten ernst genommen werden: »Ich bin der festen Überzeugung: In Europa muss niemand mehr Angst haben vor einer deutschen Übermacht!« Sachsen und Deutsche seien sich darüber im Klaren, dass Freiheit auch Verantwortung bedeute. Wer befreit sei, der trage auch die Last der Freiheit, so Tillich weiter. Wer aber Verantwortung gemeinsam wahrnehme, sich Hand in Hand gegen Unrecht wehre, der trete für eine freie Gesellschaft ein: »So entsteht aus Freiheit und Verantwortung Solidarität.« Bischof Reinelt ging in seinen anschaulichen und mit vielen konkreten Beispielen gespickten Ausführungen auf die Rolle der Christen bei der friedlichen Überwindung der sozialistischen Diktatur ein. Der Bischof empfand es auch am 3. Oktober als »unannehmbar«, dass sich »Hundertprozentige« als Lehrer dazu hinreißen ließen, die gesamte Klasse aufzufordern, ein einzelnes Mädchen im Unterricht geschlossen auszulachen, weil es noch an Gott glaubte. Reinelt berichtete auch von kleinen Nadelstichen, die »von unten« gesetzt wurden – »ohne Sonnenschein und Gott macht die GPG bankrott« – und den verzweifelten Gegenschlägen »von oben«, wenn auf solche Reime Verfahren wegen »gesellschaftlicher Unzuverlässigkeit« folgten. Die Kraft sei aus der Kirche gekommen, erklärte Reinelt und erinnert an zwei »Offiziere des Unterdrückungsapparates«, die bei der Stürmung der Stasi in Dresden zu ihm gekommen seien und um Schutz durch einen Medienaufruf für Gewaltlosigkeit gebeten hatten. | Stanislaw Tillich | Seite 11 Für Joachim Reinelt war der 18. März 1990 ein enorm wichtiges Datum: »Ich konnte frei und demokratisch wählen, das war etwas ganz Besonderes!« Der Zerfall der DDR und das Zusammengehen beider deutscher Staaten sei aber nicht nur Menschenwerk gewesen: »Wir Christen sind überzeugt, dass diese großen Tage unserer Geschichte nicht nur glückliche Zufälle sind, sondern auch eine Frucht unzähliger Gebete und leidenschaftlicher Sehnsüchte nach der Einheit Deutschlands durch alle Jahrzehnte der Spaltung hindurch.« Es werde darauf ankommen, so Reinelt weiter, ob der Schwung des Anfangs immer wieder neu entfacht werden kann. Ganz wichtig sei dabei ein zufriedenes Volk, das sich auch seiner Pflichten bewusst sei und sie gern annehme. Erfindergeist, Kreativität und der Mut »unnötige Paragrafen« zu löschen, sei von ebenso wesentlicher Bedeutung wie ein Wohlempfinden. Reinelt schloss mit einer Hoffnung: »Wo der Segen Gottes auf den jungen Leuten ruht, da bekommen sie Lust auf Kinder. Ein solches Sachsen, Deutschland und Europa wünsche ich uns von ganzem Herzen!« Aktuelles Seite 12 LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Tag der offenen Tür Zeigen, was wir draufhaben Autor | Hans-Peter Maier > Traditionell beging der Sächsische Landtag als einziges Parlament eines deutsches Bundeslandes den Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober 2013 mit einem Tag der offenen Tür. < S ie hören auf die Namen Lisa und Anja und Lara-Sophia, sie sind zwischen fünf und neun Jahre alt und die Anspannung steht deutlich in ihren Gesichtern geschrieben. Es war ja schon so viel passiert. Der Spielmannszug aus Zabeltitz hatte gespielt und war in den Plenarsaal einmarschiert. Er hatte ganz viele Leute mit hereingebracht. Und danach sind immer mehr in den Plenarsaal gekommen und hatten gespannt zugehört und die bekannten Rhythmen mitgeklatscht. Dann hatte der Präsident gesprochen und den Tag der offenen Tür offiziell begonnen. Er hatte davon berichtet, dass es eine Menge Informationen gebe und die Fraktionen mit eigenen Ständen und Programmen allen Besuchern für Fragen zur Verfügung stünden. Besonders aber freue er sich, dass sich die Stadt Großenhain so wunderbar darstellen würde. Großenhains Oberbürgermeister, Burkhard Müller, hatte ins Mikrofon gerufen, wie glücklich und zufrieden er sei, dass sich seine Stadt hier im Sächsischen Landtag präsentieren könne, und hatte das Mikrofon wieder an den Zabeltitzer Spielmannszug abgegeben. Und jetzt waren sie dran: die Dancing Kids aus Großenhain, im Plenarsaal, vor gefühlt 500 Menschen. Wie konnte man sich denn da konzentrieren? Wir, die Zuschauer, haben es alle gesehen, wie das geht: sich auf die Nachbarin konzentrieren und auf die Choreografie, die in mehreren Stunden und zähem Ringen einstudiert worden war. Der Takt stimmte, die Bewegungen auch. Das Schönste aber war das Lächeln der Erleichterung, das uns aus den Gesichtern der jungen Künstlerinnen entgegenblitzte. Rechnen wir den 13. Februar 1994 – den Tag der Schlüsselübergabe durch den damaligen Finanzminister Georg Milbradt an den damaligen Landtagspräsidenten Erich Iltgen – mit, dann war es in diesem Jahr der 20. Tag der offenen Tür im Sächsischen Landtag. Das große Jubiläum aber – zwei Jahrzehnte Tag der offenen Tür – wird erst im nächsten Jahr gefeiert. Vielleicht mit mehr Schuss und Pulverdampf, so wie es uns die Radebeuler Karl-May-Aktivisten auf dem Bernhard-von Lindenau-Platz mit einer eigenen Stuntman-Show zeigen konnten? Dort war ein eher jahrmarktähnliches Treiben mit der Landesverkehrswacht und der »Banda Comunale«, einer Zehn-Mann-Formation, die, wie sie selbst sagen, »live die härtesten Töne für Blechblasinstrumente« spielte. Auf dem Vorplatz befanden sich auch die viel genutzte Bühne von LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Aktuelles Seite 13 Fotos: O. Killig »Dresden-Radio« und eine »Dependance« der Landeszentrale für politische Bildung. Der Tag der offenen Tür ist ein Nachmittag der Unterhaltung, drinnen und draußen und immer am Nachmittag des 3. Oktober zwischen 14 und 18 Uhr, der den Fraktionen die Chance einräumt – ähnlich wie beim Tag der Sachsen – Flagge zu zeigen und Werbung für die Arbeit der Fraktion zu machen. Davon haben auch in diesem Jahr alle sechs im sächsischen Parlament vertretenen Fraktionen regen Gebrauch gemacht. Gute Sitte ist mittlerweile auch geworden, dass sich immer die Stadt am Tag der offenen Tür an verschiedenen Stellen im Gebäude vorstellt, die im Folgejahr den Tag der Sachsen ausrichten wird. In diesem Jahr war dies Großenhain und im nächsten Jahr werden wir die Stadt Wurzen zu Gast haben, die im Jahr 2015 den Tag der Sachsen austragen wird. Im Obergeschoss ist neben den Fraktionen auch die Landtagsverwaltung mit den Ständen des Datenschützers, des Ausländerbeauftragten, der Geschäftsstelle des Petitionsdienstes und der Interaktiven Wanderausstellung. Ebenfalls seit mehreren Jahren ist dort oben auch das Statistische Landesamt mit von der Partie. Im Plenarsaal war mittlerweile der Männerchor Großenhain-Reinersdorf e. V. zu hören gewesen. »Wir sind kein klassischer Männerchor«, hatten uns die Herren gesagt und damit ihr Repertoire gemeint, das von Klassik über Pop und deutschen Schlager bis hin zu Jazz reicht. Nun waren die Damen des VdK Sozialverband Sachsen e.V., Ortsverband Riesa-Großenhain, mit ihren Formationstänzen Herrinnen der Tanzfläche in der Mitte des Plenarsaals. »Dies ist reine Frauensache, wir möchten zeigen, was wir machen können und was wir noch draufhaben«, erklärten uns die selbstbewussten Damen, die sich in Ermangelung männlicher Kollegen abwechselnd ein blaues T-Shirt und eines in rosa übergezogen hatten. Nach einer zweiten Sequenz des Spielmannzugs gab uns der Showtanzverein Königsbrück/Reichenau e. V. mit »Dance United« des MSV Bautzen einen Eindruck professioneller Tanz- darbietung, wie sie uns im kommenden Jahr in Großenhain erwarten wird. Auch hier war sie deutlich erkennbar: die Freude darüber, gute Kunst abgeliefert zu haben und mit großem Applaus dafür bedankt worden zu sein. Den Abschluss des Programms leistete die Bigband der Musikschule Landkreis Meißen, Bezirk Großenhain. Ein fulminantes Ende mit hochwertiger Kunst und tiefgründiger Musik. Aktuelles Seite 14 | Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst Prof. Dr. Dr. Sabine Freifrau von Schorlemer | Autor | Hans-Peter Maier LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) | Im Gespräch: Dr. Matthias Rößler | Der 22. Tag der Sachsen – | Ministerpräsident Stanislaw Tillich | M acht der »Tag der Sachsen« süchtig? Offenbar. 22 Jahre nennt der Sozialwissenschaftler fast eine Generation. So lange geht das nun schon und es ist kein Ende abzusehen. Und: Es scheint weit und breit niemanden zu geben, der da bremsen möchte. Im Gegenteil. Er sei keineswegs ein Auslaufmodell, sagt der Präsident des Sächsischen Landtags, Dr. Matthias Rößler, über den Tag der Sachsen. Er sei jünger denn je und zeige keinerlei Ermüdungserscheinungen: »Wir haben Anmeldungen bis ins Jahr 2021!« Schwarzenberg sei ein wunderbarer Gastgeber und reihe sich ganz vorzüglich ein in die Riege der früheren Ausrichter. »Ihre Oberbürgermeisterin Heidrun Hiemer hat mit ihrem Team einen ganz ausgezeichneten Job gemacht und dafür gebührt ihr große Anerkennung«, ruft Rößler den Besuchern an der Bühne des Sächsischen Landtags zu. Zuversichtlich sei er, dass auch der 23. Tag der Sachsen im nächsten Jahr in Großenhain und ein Jahr später der in Wurzen große Erfolge werden würden. Stolz spricht aus ihm: »Es gelingt immer wieder, Menschen in Sachsen für das Fest »Vereine für Vereine« zu mobilisieren!« Wenige Stunden später bestätigt der Ministerpräsident des Freistaates, Stanislaw Tillich, an gleicher Stelle, wie unverzichtbar der Tag der Sachsen mittlerweile für das gesellschaftliche Leben geworden sei. »Wenn wir uns anschauen, was die Menschen in den vergangenen Jahren und besonders hier in Schwarzenberg auf die Beine gestellt haben, wird klar, wie wichtig Veranstaltern und Besuchern der Tag der Sachsen geworden ist.« > Vom 6. bis 8. September 2013 präsentierte sich der Sächsische Landtag beim »Tag der Sachsen« in Schwarzenberg. Als Vorsitzender des Kuratoriums »Tag der Sachsen« eröffnete Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler das größte sächsische Volks- und Heimatfest und besuchte an allen drei Tagen zahlreiche Vereine und Verbände im Festgebiet. 2015 wird Wurzen das Fest ausrichten – das beschloss das Kuratorium am Festwochenende einstimmig. < Innovation und Kreativität Tillich unterstreicht außerdem die Bedeutung von Innovation und Kreativität: »Die Erfindermeile hier ist ein hervorragendes Beispiel für Ideenreichtum und den Mut, neue Wege zu beschreiten.« Die große Besu- cherzahl sei der entscheidende Beweis für die Richtigkeit und Nachhaltigkeit solcher Neuerungen. Im Zelt des Sächsischen Landtags fragen sie derweil nach Schülerkalendern und den richtigen Antworten für das an der interaktiven Wanderausstellung ausgerichtete Quiz. Aktuelles LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Seite 15 Fotos: O. Killig 2013 in Schwarzenberg Der erste Preis – zwei Karten für die Semperoper und zwei Abendessen – steht dabei gar nicht so sehr im Vordergrund. »Worin besteht die Aufgabe eines Untersuchungsausschusses?« oder »Welche Kontrollfunktionen hat denn nun das Parlament?« Antworten stehen auch im Schülerkalender. Die Mutter von Eileen hat ihn bereits durchgeblättert und lächelt in Richtung ihres Mannes: »Der ist auch was für uns!« Die 12-jährige Tochter der dank ihres achtjährigen Bruders Timo bereits mit mehreren Luftballons bewaffneten vierköpfigen Familie aus Freiberg beschreibt ihre Gefühle: »Hier ist viel los und überall ist Musik. Mir macht’s Spaß!« Timo hat längst das Glücksrad entdeckt und zieht in Richtung Luftballons. »Als ob wir nicht schon genug hätten«, schüttelt Eileen den Kopf. Zeit für Quiz? »Zeit für das Quiz haben wir nicht«, flüstert der Mann seiner Frau zu, wohl wissend, dass die Verweildauer im Zelt von den Jüngsten bestimmt wird. »Ich geh mal rüber zur Bühne«, kommt ihm seine Tochter zu Hilfe, »da kann ich Timo mitnehmen.« Da bliebe Zeit. Wir versichern, dass er nicht mehr als zehn Minuten investieren müsse, und geben ihnen Quizzettel und Kugelschreiber in die Hand. »Wenn Sie die entsprechenden Tafeln durchlesen, werden Sie die Antworten finden«, sagen wir noch und merken, dass sich die beiden längst auf die Texte konzentriert haben. »Geschichte, das ist doch Geschichte« hören wir und wissen, dass sie schnell die Antworten auf die ersten beiden Fragen unseres Quiz finden können: Der Name »Bernhard von Lindenau« ist mit der ersten sächsischen Verfassung von 1831 untrennbar verbunden. Die drei Tage – in der Retrospektive – sind schnell vergangen. Am Freitag hatten wir irgendwie das Gefühl, als ob das Ganze nicht so richtig in Schwung kommen würde, doch kamen wir am Samstag nicht wirklich zum Durchatmen. »Haben Sie einen Schülerkalender, bitte, und vielleicht auch ’ne Tüte?« Freundliche Fragen mischten sich unter Despektierliches: »Geben Sie mal noch drei Kugelschreiber!« Und der Griff nach den Gummibärchentüten – ganz unbeobachtet, versteht sich – hat immer noch etwas Baggerartiges. Selbst sonntags, nach dem traditionellen Umzug der Vereine, war, wie in jedem Jahr, noch mal reger Besuch im Zelt. Am Ende bleibt, wie in jedem Jahr, die Gewissheit, für eine wichtige Sache dagewesen zu sein und, ebenfalls wie all die Jahre zuvor der Wunsch, auch 2014 in Großenhain mit dabei sein zu wollen. Seite 16 Europa LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Ethik, Freiheit, Solidarität Kuratorium des Forums Mitteleuropa beim Sächsischen Landtag tagte in Görlitz > Über Jahrhunderte hat Mitteleuropa in besonderer Weise Kultur und Wissenschaft, Wirtschaft und Politik unseres Kontinents geprägt. Das Forum Mitteleuropa beim Sächsischen Landtag will Wege aufzeigen, wie die mitteleuropäische Bürgergesellschaft die Gestaltung unserer gemeinsamen Zukunft selbst in die Hand nehmen kann. < | Prof. Ludger Kühnhardt, Ulf Großmann, Prof. Gabor Erdödy, Magdalena Vasaryova, Dr. Matthias Rößler, Dr. Erhard Busek | D er Weg nach Görlitz führte diesmal über Breslau, die Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien. Das Kuratorium für das Forum Mitteleuropa beim Sächsischen Landtag traf sich am 12./13. September 2013 in Görlitz zur diesjährigen Herbstsitzung. Schon ganz zu Beginn konnte Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler als Kuratoriumsvorsitzender einen erfreulichen Erfolg vermelden: Frühmorgens hatte er sich gemeinsam mit dem Präsidenten der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, Ulf Großmann, zu einem Besuch beim Stadtpräsidenten von Breslau, Rafał Dutkiewicz, aufgemacht. In einem einstündigen, sehr guten Gespräch erklärte dieser nicht nur seine Bereitschaft, zukünftig als polnischer Vertreter im Kuratorium mitzuwirken. Der Stadtpräsident bot auch an, die Frühjahrsveranstaltung im Jahr 2014 in der Aula Leopoldina der Universität Breslau stattfinden zu lassen. Angedacht ist ein Termin um den 4. Juni herum, den Jahrestag der ersten demokratischen Wahlen in Polen nach der kommunistischen Herrschaft im Jahr 1989. Damit verlässt das 2011 gegründete Forum Mitteleuropa zum zweiten Mal mit einer Konferenz Sachsen und richtet diese in einem der mitteleuropäischen Autor | Dr. Christopher Metz Mitgliedsländer aus. Bereits am 28. Juni 2013 hatte die Tagung zum Thema »Heimat Mitteleuropa: Gesichter, Biografien, Identitäten« auf Einladung des Präsidenten des tschechischen Senats, Herrn Milan Štĕch, im Palais Waldstein in Prag stattgefunden. Nun können wir uns also – darauf hat sich das Kuratorium verständigt – auf eine Konferenz im ersten Halbjahr des nächsten Jahres in Breslau freuen! Als Oberthema für diese Veranstaltung legte sich das Kuratorium auf die Headline »Ethik, Freiheit, Solidarität« fest. Gespräche in Zgorzelec Bewusst war für die Kuratoriumssitzung diesmal Görlitz/ Zgorzelec als Tagungsort ausgewählt worden: Nach einem Stadtrundgang traf sich das Kuratorium am 12. September bei einem Abendessen mit Dr. Jerzy Margańzki, dem Botschafter der Republik Polen in der Bundesrepublik Deutschland, sowie dem Oberbürgermeister der Stadt Görlitz und dem Bürgermeister der Stadt Zgorzelec, Siegfried Deinege und Rafał Gronicz. Dabei wurden nicht nur die besondere Situation und die vielfältigen Ebenen der Zusammenarbeit in der Neiße-Stadt, sondern auch mögliche Verbesserungen in der Kooperation zwischen polnischen und deutschen Mandatsträgern erörtert. Da passt es gut, dass eine Delegation von Abgeordneten der Woiwodschaft Niederschlesien am 13. November 2013 den Sächsischen Landtag besuchen und dabei nach einer Begrüßung durch den Landtagspräsidenten ein Austausch mit den Mitgliedern des Verfassungs-, Rechts- und Europaausschusses stattfinden wird. Zur eigentlichen Kuratoriumssitzung begrüßte Oberbürgermeister Siegfried Deinege die Mitglieder am nächsten LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Europa Seite 17 Fotos: Y. Zaremba Morgen im historischen kleinen Saal des Görlitzer Rathauses. Er sprach dabei die besonderen Herausforderungen der Zusammenarbeit an der Grenze wie die »verlagerte« Geschichte, die Stärkung der Wirtschaft sowie die Themen demografische Entwicklung und Mobilität an und verwies mit Stolz darauf, dass inzwischen der Altersdurchschnitt in der Innenstadt von Görlitz auf 37 Jahre gesunken sei. Die Sicht der Künstler Mit großer Spannung sahen sich die Kuratoriumsmitglieder anschließend vier Kurzfilme an: Frau Vášáryová, Abgeordnete des Slowakischen Nationalrates, hatte in ihrer Heimat slowakische Künstler aufge- fordert, Kurzfilme zum Thema »Wie sehe ich Mitteleuropa?« zu drehen. Auffallend war, dass das Thema zum Teil nostalgisch, zum Teil auch ironisierend, aber kaum gegenwartsbezogen und analytisch bearbeitet wurde. Jetzt war hinreichend Stoff für eine sehr lebendige Diskussion gegeben zur Frage, was Mitteleuropa heute tatsächlich ausmacht. Einigkeit bestand darin, dass dies auf jeden Fall die gemeinsame Kultur sei. Ein Kuratoriumsmitglied formulierte salopp und mit Augenzwinkern: »Mitteleuropa ist da, wo man die Heiligen Drei Könige kennt, Federbetten hat und eine ungerade Zahl an Rosen verschenkt.« Ernsthaftere Aspekte waren etwa die gemeinsame Kultur in Mitteleuropa, die Tatsache, dass in allen mitteleuropäischen Metropolen sehr ähnliche Programme in Theatern, Opern und in Konzerthäusern aufgeführt würden, oder der Umstand, dass es in Mitteleuropa eine sehr lange wissenschaftliche Gemeinsamkeit gebe. Betont wurde aber auch, dass eine der Stärken der Region gerade die Vielfalt der Erfahrungen und Fähigkeiten sei. Ein abendfüllendes, interessantes Thema … Themen genug! Munter ging es auch bei der Themenbeschreibung für die nächste Konferenz in Breslau zu. Dabei wurden neben zahlreichen anderen etwa folgende Fragestellungen erörtert: Welche Erfahrungen wurden in den einzelnen Staaten durch die Freiheitsbewegungen gemacht und was ist daraus geworden? In welcher Relation stehen die Komponenten Freiheit, Verantwortung und Mündigkeit oder Freiheit und Gleichheit? Wie gelingt es, Mitteleuropa eine stärker positive und in die Zukunft gerichtete Wahrnehmung zu geben? Viele Aspekte, die eine spannende Konferenz erwarten lassen. Schließlich wurde der mitteleuropäische Bogen von Sachsen über Tschechien und Polen weiter nach Ungarn geschlagen: Die nächste Kuratoriumssitzung im September 2014 soll im Benediktinerkloster Pannonhalma in Ungarn stattfinden, das zum Welterbe der UNESCO gehört. Pannonhalma ist ein wichtiges Symbol der mitteleuropäischen Kultur, älter als der ungarische Staat, und repräsentiert die gemeinsame christlich geprägte Kultur in Mitteleuropa. Aktuelles Seite 18 Fotos: S. Giersch, O. Killig (oben) LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Autor | Markus Guffler Geschichten von Zufallsdeutschen und Wahldeutschen beim Einbürgerungsfest ygül Özkan war die erste Landesministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration mit Migrationshintergrund. Neugierig kommt sie an der Seite des groß gewachsenen Ausländerbeauftragten Martin Gillo in die Lobby und wendet sich den Besuchern zu. Mit großen dunklen Augen schaut sie sie freundlich an und hört aufmerksam zu. Sie bleibt ernsthaft, ob im Interview mit einer Reporterin italienischer Herkunft, mit dem Videoteam vom Deutschen Hygienemuseum oder im Gespräch mit der Frau aus dem Irak, die sich freut, heute als Deutsche zur Feier mit dem Landtagspräsidenten eingeladen worden zu sein. Später tritt Özkan souverän an das Rednerpult und zieht die Zuhörer in den Bann. Sie beginnt mit einer banalen Geschichte, die wohl jeder der Zuhörer nachvollziehen kann: Ein Freund sprach sie an, was denn da bei ihr im Land (gemeint ist www.offenes-sachsen.de > Sachsens Innenminister Markus Ulbig und der Ausländerbeauftragte Martin Gillo hatten für den letzten Samstag im August in den Landtag eingeladen. Als Festrednerin konnten sie die Ministerin a. D. Aygül Özkan aus Niedersachsen gewinnen. < | Aygül Özkan | Foto: SAB die Türkei) wieder los sei. Das wisse sie nicht, aber sie stellte klar, dass sie zwar türkische Eltern und einen türkischen Namen habe, aber in Deutschland geboren und sozialisiert wurde – und damit sehr deutsch sei. Ihre Schilderung des skurrilen Gespräches mit Hin und Her lässt die Zuhörenden mitlachen. Da ist von Zufallsdeutschen und Wahldeutschen die Rede. Özkan bezeichnet sich > A Link selbst als Wahldeutsche: sie habe sich bewusst für die Staatsangehörigkeit entschieden, viele Urkunden vorgelegt und Gebühren bezahlt. Sie engagiere sich in einer deutschen Partei und übernehme Verantwortung. Ihr Gesprächspartner, so bringt sie es auf den Punkt, habe die deutsche Staatsangehörigkeit streng genommen nur zufällig, weil seine Eltern eben zufällig in Deutschland gelebt hätten. Die Rede der ehemaligen Ministerin ist unterhaltsam und trotzdem ernst. Es berührt sie persönlich, dass im Freistaat Sachsen die Einbürgerungen würdig gefeiert werden. Özkan betont, dass Zuwanderer ganz unterschiedliche Qualifikationen, Fähigkeiten und Wissen haben und sich deshalb in vielen Bereichen mit ihren Erfahrungen einbringen können. So beispielsweise in der Wirtschaftspolitik oder – auch wenn das noch etwas dauern würde – als Innen-, Wissenschafts- oder Kultusminister. Dann nimmt Özkan die etwa 280 Zuhörer im Saal in die Pflicht. Sie fordert gesellschaftliches Engagement. »Beteiligt Euch! Warum wir Migranten in der Politik brauchen«, ist das Thema ihrer Rede. Es geht ihr darum mitzugestalten, wählen zu gehen und sich einzubringen. Die Rednerin wendet sich dagegen, dass Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund nur auf Themen der Integration reduziert werden. Jeder solle sich mit seinen unterschiedlichen Qualifikationen, Fähigkeiten und Wissen in vielen Bereichen in dieses Land einbringen. Info 1094 Menschen haben 2012 in Sachsen die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten – alle Reden unter www.offenes-sachsen.de. Besucher LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Besuch einer aus der Fotos: T. Schlorke D er Vorsitzende der Gesetzgebenden Versammlung des Verwaltungsgebietes Omsk, Wladimir Alexejewitsch Warnawskij, führte die Delegation an. Begleitet wurden die Abgeordneten von Viktor Germanowitsch Sabelfeld, Leiter der Gemeinden des Verwaltungsgebietes Omsk, und Michail Alexandrowitsch Sutjaginskij, Leiter der Unternehmen des Verwaltungsgebietes Omsk. Seite 19 Delegation Region Omsk Autorin | Katja Ciesluk > Vom 23. bis 26. September besuchte eine Abgeordnetendelegation des Regionalparlamentes Omsk den Freistaat Sachsen. Im Mittelpunkt der Reise standen Gespräche mit hiesigen Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft. Die Gäste besuchten u. a. die SolarWorld AG in Freiberg sowie die VW-Manufaktur in Dresden. < Vernetzung der Wirtschaft Die Region Omsk stellte in einer Präsentation im Ständehaus ihre Stärken als Wirtschaftsstandort vor. Dazu hatte der Landtag auch mehrere sächsische Unternehmer sowie Dr. Günter Bruntsch, Präsident der IHK Dresden, eingeladen. »Ich hoffe, dass der Sächsische Landtag somit Kontakte knüpfen und vermitteln konnte, aus denen später konkrete wirtschaftliche Kooperationsmaßnahmen erwachsen«, sagte Landtagspräsident Dr. Matthias Rößler am Rande der Veranstaltung. Abstecher nach Freiberg Einen Tag verbrachten die Gäste in Freiberg, wo sie an der TU Bergakademie und bei der SolarWorld AG weitere Ansatzpunkte einer Zusammenarbeit ausloteten. Prof. Dr.-Ing. Bernd Meyer, Rektor der TU Bergakademie, verwies stolz auf die langjährigen Beziehungen zwischen seiner Universität und Russland, insbesondere der Universität in St. Petersburg, sowie auf Kooperationen im Bereich der Wissenschaft, z. B. das 2006 gegründete Deutsch-Russische Rohstoff- forum. Im Anschluss besichtigten die Gäste noch die Baustelle des »Lomonossow-Hauses« in Freiberg, das künftig an den russischen Universalgelehrten Michail Lomonossow erinnert. Das Haus, das am früheren Arbeitsort von Lomonossow in Freiberg saniert wird, soll als deutsch-russisches Begegnungszentrum dienen und im November 2013 eröffnet werden. Dem Besuch der russischen Delegation war eine Reise des Sächsischen Landtags in die Region Omsk im Februar dieses Jahres vorausgegangen. Info Hintergrund Region Omsk Gesetzgebende Versammlung Das Regionalparlament des Verwaltungsgebietes Omsk besteht aus 44 Abgeordneten und tagte erstmals im April 1994. Die mit 27 Sitzen größte Fraktion ist »Einheitliches Russland«. Verwaltungsgebiet Omsk Das Verwaltungsgebiet Omsk liegt im Süden Westsibiriens an der Grenze zu Kasachstan und hat knapp zwei Millionen Einwohner. Die Region ist ein wichtiges Industriezentrum Russlands. Wichtige Wirtschaftssektoren sind die verarbeitende Industrie, die Ölraffinierung sowie der Maschinenbau. Das Verwaltungsgebiet Omsk gehört außerdem zu den zehn größten Produzenten landwirtschaftlicher Erzeugnisse in der Russischen Föderation. Service Seite 20 LANDTAGSKURIER ( 7|13 ) Ausstellung Sachsen und seine Regionen – voller Reichtum, voller Herz Abs.: SDV – Die Medien AG, Tharandter Straße 23–35, 01159 Dresden, PVSt. – AG, Entgelt bezahlt, F 13058 Impressum Herausgeber: Sächsischer Landtag, Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden | Redaktion: V. i. S. d. P.: Hans-Peter Maier, Sächsischer Landtag | Redakteur: Uwe Nösner | Redaktionelle Mitarbeit: Katja Ciesluk, Martina Findeisen, Thomas Gey, Falk Hentschel, Katrin Lindner, Christin Morgenstern, Heiner Ridder | Gastautoren: Markus Guffler, Benedikt Hecking, Dr. Christopher Metz, André Thoß | Textbearbeitung und Gestaltung: Ö Grafik, Dresden | Druck und Vertrieb: SDV – Die Medien AG, Dresden, Anschrift s. o. | Redaktionsschluss: 04.10.2013 im Bürgerfoyer des Sächsischen Landtags bis zum 09.01.2014 Der Eintritt ist frei. öffentlichen Vernissage im Bürgerfoyer des Landtags eröffnet. Plenarsitzungen des Sächsischen Landtags Weitere Informationen Am 16. November 2013 wird in der Zeit von 10:00 bis 17:00 Uhr ein »Vogtlandtag« durchgeführt, an dem neben Wissenswertem über den Vogtlandkreis und den Sächsischen Landtag auch regionale Besonderheiten zu erfahren und zu erleben sind. 16. – 17.10. 2013 Beginn jeweils 10:00 Uhr Am 23. Oktober 2013, um 18:00 Uhr, wird die Ausstellung mit einer Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 10:00 bis 18:00 Uhr Fraktionen CDU Tel. 0351 493-5555 DIE LINKE Tel. 0351 493-5800 SPD Tel. 0351 493-5700 FDP Tel. 0351 493-4700 GRÜNE Tel. 0351 493-4800 NPD Tel. 0351 493-4900 Der Sächsische Landtag überträgt die Plenarsitzungen live als Videostream auf der Internetseite www.landtag.sachsen.de. Auch die Tagesordnungen, die Wortprotokolle und die Videoaufzeichnungen finden Sie in unserem Internetauftritt. Weiterhin werden die Aktuellen Debatten der Plenarsitzungen auch im Regionalfernsehen ausgestrahlt. Nähere Informationen entnehmen Sie bitte dem Programm Ihres Senders. Im MDR-Radio werden die Landtagsdebatten zudem live und digital auf DAB+ auf dem Kanal MDR SACHSEN EXTRA übertragen. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.mdr.de. Foto: Landtag Erntekrone an den Sächsischen Landtag übergeben Einer schönen und langjährigen Tradition folgend hat der Sächsische Landfrauenverband am 26. September 2013 eine Erntekrone an den Sächsischen Landtag übergeben. Vizepräsidentin Andrea Dombois nahm die Krone im Altbaufoyer entgegen. Die Krone wurde vom Ortsverband Beerendorf gefertigt und errang den 2. Platz beim diesjährigen Wettbewerb »Schönste Erntekrone und schönster Erntekranz gesucht«. Weitere Plenarsitzungen finden wie folgt statt: 27.– 28.11. 2013 17.– 18.12. 2013 Publikationsbestellung und Leserbriefe Sächsischer Landtag Veranstaltungen, Besucherdienst und Publikationen Bernhard-von-Lindenau-Platz 1 01067 Dresden Tel. 0351 493-5133 [email protected] Besucherdienst Anmeldungen für die Besucherbetreuung und den Besuch von Plenarsitzungen erfolgen unter Tel. 0351 493-5131 Bürgerfoyer Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 10:00 bis 18:00 Uhr An Wochenenden und Feiertagen geschlossen. www.landtag.sachsen.de CHIAVERI – Restaurant im Sächsischen Landtag Öffnungszeiten: täglich von 11:00 Uhr bis 23:00 Uhr Tel. 0351 496-0399 Kein Zugang für elektronisch signierte sowie verschlüsselte elektronische Dokumente. Eine elektronische Version des Landtagskuriers finden Sie unter www.landtag.sachsen.de/ Aktuelles/Landtagskurier. Die Beiträge der Gastautoren geben nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wieder. Diese Publikation wird vom Sächsischen Landtag im Rahmen der parlamentarischen Öffentlichkeitsarbeit herausgegeben. Die Abgabe erfolgt kostenfrei. Eine Verwendung für die eigene Öffentlichkeitsarbeit von Parteien, Fraktionen, Mandatsträgern oder Wahlbewerbern – insbesondere zum Zwecke der Wahlwerbung – ist unzulässig. Ebenso die entgeltliche Weitergabe der Publikation. > Mit der Ausstellungsreihe »Sachsen und seine Regionen – voller Reichtum, voller Herz« bietet der Sächsische Landtag den Regionen ein zentrales Podium, um ihre Leistungen in Geschichte und Gegenwart einem großen Publikum vorzustellen. Den Anfang dieser Veranstaltungsreihe macht der Vogtlandkreis. Link