Urteil - Arbeitsgericht Cottbus

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Urteil - Arbeitsgericht Cottbus
Verkündet am: 24.01.2008
Arbeitsgericht Cottbus
Geschäftsnummer:
6 Ca 1756/07
xxx, Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Im Namen des Volkes
Urteil
In dem Rechtsstreit
Stadt xxx
Klägerin
gegen
xxx
Beklagte
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte xxx
hat die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Cottbus aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 24.01.2008 durch den Richter am Arbeitsgericht Mittelstädt als Vorsitzenden
sowie die ehrenamtlichen Richterinnen Frau xxx und Frau xxx
für Recht erkannt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 952,19 Euro netto zu
zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Klägerin hat 20 % und die Beklagte 80 % der Kosten des
Rechtsstreits zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 1.199,02 Euro festgesetzt.
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2
Tatbestand
Die Parteien streiten nach einer rückwirkend erfolgten Rentenbewilligung über die
Rückzahlung überzahlter Krankengeldzuschüsse, vermögenswirksamer Leistungen,
einer
Jahressonderzahlung
und
über
Mahngebühren,
Auslagen
und
Säumniszuschläge.
Die Beklagte war seit dem 12.07.1993 im öffentlichen Dienst beschäftigt. Die Klägerin
beschäftige die Beklagte zuletzt als Sachbearbeiterin Bußgeld im Amt für Ordnung und
Sicherheit. Auf das Arbeitsverhältnis fanden die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes
in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.
Ab dem 21.09.2004 war die Beklagte arbeitsunfähig erkrankt. In den Monaten
November 04 bis November 05 rechnete die Klägerin u.a. vermögenswirksame
Leistungen, Krankengeldzuschüsse und Weihnachtszuwendungen ab und leistete
diese an die Beklagte. Hinsichtlich der Einzelheiten der abgerechneten und geleisteten
Beträge wird auf die eingereichten Abrechnungen (Blatt 11 bis 20 der Akte) Bezug
genommen. Mit Bescheid vom 09.02.2006 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung
der Beklagten eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem
01.10.2004 bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres (Blatt 18 Akte). Die Klägerin
erlangte am 15.02.2006 Kenntnis von dem Rentenbescheid. Die Klägerin machte am
26.01.2006 gegenüber der Deutschen Rentenversicherung nach § 22 Absatz 4 TVöD
übergegangene Ansprüche geltend (Anlage B4, Blatt 52 der Akte). Am 07.03.2006
teilte
die
Klägerin
der
Zusatzversorgungskasse
zunächst
mit,
dass
keine
Ersatzansprüche wegen überzahlter Bezüge, die als Vorschuss auf die gesetzliche
Rente gelten, auf die Betriebsrente geltend gemacht werden (Anlage B3, Blatt 51 der
Akte). Am 16.05.2006 und 08.06.2006 berichtigte die Klägerin diese Angabe
gegenüber der Zusatzversorgungskasse dahingehend, dass Ersatzansprüche, die
darin konkret beziffert wurden, geltend gemacht werden (Anlagen 1 und 2, Blatt 55 ff.
der Akte).
Die Deutsche Rentenversicherung teilte der Klägerin mit Schreiben vom 05.05.2006,
zugegangen am 09.05.2006, mit, dass keine Erstattung von Geldern wegen
überzahlter Bezüge vorgenommen werden könne. Die Rentenzahlung sei schon
vollständig für den Erstattungsanspruch einer vorrangig berechtigten Stelle verbraucht
worden. Die Zusatzversorgungskasse zahlte zunächst einen Betrag in Höhe von
637,36 € als Erstattung an die Klägerin. Mit Schreiben vom 08.09.2006 forderte die
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Zusatzversorgungskasse die Klägerin auf, diesen Betrag wieder zurückzuzahlen, da
die erstatteten Rentenzahlungen und die geltend gemachten Überzahlungszeiträume
nicht identisch seien (Anlage 3, Blatt 57 der Akte). Die Klägerin zahlte den Betrag in
Höhe von 637,36 € an die Zusatzversorgungskasse zurück.
Mit Schreiben vom 13.09.2006 forderte die Klägerin von der Beklagten einen Betrag in
Höhe
von
insgesamt
1.185,67
€
wegen
überzahlter
Krankengeldzuschüsse,
vermögenswirksamer Leistungen und Zuwendungen für die Jahre 2004 und 2005
zurück. Der Klägerin ging dieses Schreiben am 16.09.2006 per Einschreiben mit
Rückschein zu. Die Beklagte lehnte Zahlungen an die Klägerin ab.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Mahnbescheid erwirkt, gegen den die
Beklagte fristgemäß Widerspruch einlegte. Im Klageverfahren verfolgt die Klägerin die
begehrten
Rückforderungsansprüche
sowie
Mahngebühren,
Auslagen
und
Säumniszuschläge weiter. Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe gegen die
Beklagte einen Anspruch auf überzahlte Krankenbezüge, vermögenswirksame
Leistungen und überzahlte Weihnachtszuwendungen. Die Klägerin habe auf die
Geltendmachung dieser Ansprüche nicht verzichtet. Auch seien die Fristen der
Ausschlussklausel gewahrt, da die Ansprüche erst mit der Ablehnung der
Erstattungsansprüche
durch
die
Deutsche
Rentenversicherung
und
die
Zusatzversorgungskasse entstanden seien.
Die Klägerin stellt folgenden Antrag:
Die
Beklagte
wird
zur
Rückzahlung
von
Krankenbezügen
nach
Rentenbewilligung in Höhe von 1.185,87 € netto nebst Zahlung von 12,80 €
Mahngebühren, 0,55 € Auslagen und Säumniszuschlägen ab dem 20.10.2006
verurteilt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin sei nicht aktiv legitimiert, da beim Ehegatten durch die Klägerin der
hälftige Familienzuschlag nach § 40 Bundesbesoldungsgesetz seit dem Monat
November 2006 fortlaufend in Abzug gebracht werde, obwohl der Minderungsgrund
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rückwirkend seit Oktober 2004 entfallen sei. Die Klägerin könne nicht auf der einen
Seite Gelder zurückhalten und auf der anderen Seite einklagen. Die Klägerin habe
ferner gegenüber der Beklagten auf die Rechte aus § 94 SGB VI schriftlich verzichtet.
Des Weiteren seien Ansprüche der Klägerin nach der in § 37 TVöD geregelten
Ausschlussfrist verfallen. Die Frist zur Geltendmachung habe am 26.01.2006
begonnen, als die Klägerin Erstattungsansprüche nach § 22 Absatz 4 TVöD gegen die
Deutsche Rentenversicherung geltend gemacht habe. Rein vorsorglich werde die
Einrede der Verjährung und Verwirkung erhoben.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
wechselseitigen
Schriftsätze
der
Parteien
nebst
Anlagen
sowie
auf
die
Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist überwiegend zulässig und begründet.
I.
Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung von
952,19 € netto gemäß § 22 Absatz 4 TVöD. Zwischen den Parteien war unstreitig, dass
die Regelungen des TVöD auf das Arbeitsverhältnis Anwendung finden. Die
Voraussetzungen für den Rückzahlungsanspruch waren für den größten Teil der
geltend
gemachten
Ansprüche
gegeben.
Die
Klägerin
hat
nicht
auf
die
Geltendmachung der Ansprüche verzichtet. Die Ansprüche sind nicht verfallen, verwirkt
oder verjährt. Die Klägerin musste nicht von der Geltendmachung der Bezüge
absehen.
1.
Die Voraussetzungen für einen Rückzahlungsanspruch gemäß § 22 Absatz 4
TVöD sind für einen Großteil der Ansprüche gegeben.
a)
Nach § 22 Absatz 4 TVöD sind Angestellte des öffentlichen Dienstes bei einer
rückwirkenden Rentenbewilligung zur Rückzahlung überzahlter Krankengeldzuschüsse
und sonstige Überzahlungen verpflichtet. Überzahlte Krankengeldzuschüsse und
sonstige Überzahlungen gelten als Vorschuss auf die in demselben Zeitraum
zustehenden Leistungen aus einer gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer
zusätzlichen
Alters-
oder
Hinterbliebenenversorgung
oder
einer
sonstigen
Versorgungseinrichtung, die nicht allein aus Mitteln des Angestellten finanziert sind.
Insoweit gehen die Ansprüche des Angestellten auf den Arbeitgeber über. Dadurch
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tragen
die
Tarifvertragsparteien
dem
Umstand
Rechnung,
dass
der
Rentenversicherungsträger oft zu einem viele Monate zurückliegenden Zeitpunkt den
Eintritt von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit anerkennt und von diesem
Zeitpunkt an rückwirkend die Rentenversicherungsleistung zahlt. Der arbeitsunfähige
Angestellte soll in diesem Fall nicht neben dem Rentenanspruch den Anspruch auf
Krankenbezüge behalten. Deshalb endet die Zahlung der Krankenbezüge an dem Tag,
der im Bescheid des Rentenversicherungsträgers als der Tag bezeichnet ist, von dem
an die Versicherungsleistung erstmals gewährt wird. Unbedeutend ist, wann der
Rentenbescheid erstellt wurde, dem Empfänger zugegangen ist oder wann der
Angestellte
die
erste
Rentenzahlung
erhalten
hat.
Dadurch,
dass
die
Tarifvertragsparteien die über den Beginn der Rentenversicherungsleistung hinaus
gezahlten Krankenbezüge und sonstigen überzahlten Bezüge als Vorschüsse auf die
Rentenversicherungsleistung fingiert haben, haben sie geregelt, dass diese Bezüge
ihre Arbeitsentgelteigenschaft verlieren. Die Bezeichnung dieser Zahlung als
Vorschüsse bewirkt, wie bereits die Auslegung nach dem Tarifwortlaut ergibt, dass der
Angestellte als Empfänger der Leistung zur Rückzahlung verpflichtet ist, wenn die
tariflichen Voraussetzungen der Vorschussfiktion vorliegen (BAG vom 25.02.1993
– 6 AZR 334/91, juris; BAG vom 30.09.1999 – 6 AZR 130/98, juris Rn. 11).
b)
Bei Anwendung dieser Grundsätze kommt die Kammer zum Ergebnis, dass die
Klägerin insgesamt einen Betrag in Höhe von 952,19 € netto an die Beklagte zu viel
ausgezahlt hat, die zurückgefordert werden können. Die Klägerin hat insgesamt
1.040,43 € überzahlt. Von dieser Summe sind insgesamt 88,24 € aufgrund erstatteter
Sozialversicherungsbeiträge und Zusatzversorgungsumlagen in Abzug zu bringen (vgl.
hierzu die in Abzug gebrachten Beträge in der Abrechnung September 06, Blatt 19 der
Akte).
(1)
Eine Überzahlung von Krankengeldzuschüssen liegt in Höhe von insgesamt
323,05 € vor.
Die
Summe
setzt
sich
zusammen
aus
den
von
der
Klägerin
geleisteten
Krankengeldzuschüssen in den Monaten November 2004, Dezember 2004, Januar
2005 und Februar 2005. Auf diese unstreitig geleisteten Zahlungen hatte die Beklagte
keinen
Anspruch.
§
22
Absatz
4
Satz
2
TVöD
bestimmt,
dass
der
Krankengeldzuschuss nicht über den Zeitpunkt hinaus gezahlt wird, von dem an ein
Beschäftigter eine Rente oder eine vergleichbare Leistung aufgrund eigener
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Versicherung aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus einer zusätzlichen Altersund Hinterbliebenenversorgung oder aus einer sonstigen Versorgungseinrichtung
erhält, die nicht allein aus Mitteln des Beschäftigten finanziert ist. Die Klägerin erhielt
ab dem 01.10.2004 eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente, so dass ihre Ansprüche
auf Krankengeldzuschuss nachträglich entfielen.
Die von der Klägerin darüber hinaus geltend gemachten Krankengeldzuschüsse für die
Monate März und April 2005 können nicht zurückgefordert werden. Die Kammer
konnte nicht feststellen, dass die Beträge tatsächlich an die Klägerin geleistet worden
wären. Eine Auszahlung der Beträge an die Klägerin hat nach den eingereichten
Abrechnungen nämlich nicht stattgefunden. Die Krankengeldzuschüsse für März und
April 2005 sind von der Klägerin in der Abrechnung April 2005 abgerechnet worden.
Eine Auszahlung an die Beklagte ist in diesen Monaten nicht vorgenommen worden,
da die Klägerin mit einem Rückzahlungsanspruch aus März 2005 aufgerechnet hat.
Eine Leistung der Klägerin ist auch nicht in dem Erlöschen der aufgerechneten
Rückforderung zu sehen. Die Aufrechnung verstieß nämlich gegen § 394 BGB, 850 ff.
ZPO. Bei den von der Klägerin abgerechneten Bezügen handelt es sich um
unpfändbare Bezüge, mit denen eine Aufrechnung nicht erfolgen durfte. Die Beklagte
hat von der Klägerin nichts erhalten, was zurückgefordert werden könnte.
(2)
Die Klägerin hat an die Beklagte vermögenswirksame Leistungen in Höhe von
insgesamt 26,60 € überzahlt.
Die vermögenswirksamen Leistungen werden den Angestellten nämlich nur für
Kalendermonate gewährt, für die dem Angestellten Vergütung, Urlaubsvergütung oder
Krankenbezüge zustehen. Für Zeiten, für die Krankengeldzuschuss zusteht, ist die
vermögenswirksame Leistung Teil des Krankengeldzuschusses (§ 1 Absatz 4 des
Tarifvertrages über vermögenswirksame Leistungen an Angestellte vom 08. Mai 1991).
Nach der Rentenbewilligung standen der Beklagten keine der vorgenannten
Leistungen mehr zu und sie hatte demzufolge auch keinen Anspruch mehr auf
vermögenswirksame Leistungen. Die Leistungen sind im oben genannten Umfang
auch an die Beklagte erfolgt. Zwar zahlte die Klägerin nicht an die Beklagte direkt,
sondern auf die Vermögensanlage der Klägerin. Da die Zahlungen dem Vermögen der
Klägerin jedoch zugeflossen sind, können diese auch direkt von ihr zurückgefordert
werden.
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Die Kammer konnte nicht feststellen, dass für den ebenfalls geltend gemachten Monat
April 2005 vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 6,65 € abgeführt worden
wären. Aus den oben genannten Gründen ist eine Leistung aufgrund der
vorgenommenen, unzulässigen Aufrechnung nicht erfolgt.
(3)
Die Klägerin hat an die Beklagte Weihnachtszuwendungen für die Jahre 2004
und 2005 in Höhe von 690,78 € insgesamt zu viel gezahlt. Zwischen den Parteien war
unstreitig, dass dieser Betrag insgesamt in den Monaten November 2004 und
November 2005 an die Klägerin ausgezahlt worden ist. Ein Anspruch der Beklagten auf
Zahlung der Sonderzuwendung ist nachträglich gemäß § 2 Absatz 2 TV Zuwendung
entfallen. Da es hierbei um Ansprüche vor Inkrafttreten des TVöD geht, finden die
entsprechenden Regelungen des BAT-O und den diese ergänzenden Tarifverträge
Anwendung. § 2 des TV Zuwendung regelt die Höhe der Zuwendung. Nach § 2 Absatz
2 vermindert sich die Zuwendung um ein Zwölftel für jeden Kalendermonat, für den der
Angestellte keine Bezüge von seinem Arbeitgeber erhalten hat. Die Beklagte hat im
Jahr 2004 im Dezember keinen Anspruch auf Bezüge oder Krankengeldzuschuss
gehabt
und
im
Rentenvorschüsse
gesamten
gezahlte
Jahr
2005.
Hierbei
ist
Krankengeldzuschüsse
zu
und
beachten,
sonstige
dass
als
Bezüge
(Fiktionswirkung) keine Bezüge im Sinne von § 2 Absatz 2 TV Zuwendung darstellen
(so auch Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, BAT, Loseblattsammlung Stand 07/01, § 2
TV Zuwendung Rn. 20). Damit entfielen nachträglich auch die Ansprüche auf Zahlung
der streitigen Weihnachtszuwendung.
2.
Einer Rückforderung der Beklagten stehen nicht die Streitigkeiten über den
Familienzuschlag des Ehegatten entgegen. Die Rückforderung betrifft nicht den
Familienzuschlag, sondern anderweitige Bezüge. Es ist für die Kammer nicht
ersichtlich, aus welchen Gründen Streitigkeiten des Ehegatten über anderweitige
Bezüge Einfluss auf die vorliegende Streitigkeit haben sollen.
3.
Die Klägerin hat nicht auf die Geltendmachung der Rückforderungsansprüche
gemäß § 22 TVöD gegenüber der Beklagten verzichtet. Die von der Klägerin als
Verzichtserklärung ausgelegte Erklärung der Klägerin vom 07.03.2006 beinhaltet
keinen Verzicht gegenüber der Beklagten. In dem als Anlage B3 eingereichten
Formular hat die Klägerin lediglich erklärt, dass Ersatzansprüche wegen überzahlter
Bezüge, die als Vorschuss auf die gesetzliche Rente gelten, auf die Betriebsrente nicht
geltend gemacht werden. Diese Erklärung ist lediglich im Verhältnis Klägerin
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Zusatzversorgungskasse abgegeben worden. Rechtswirkung kann von der Beklagten
hieraus nicht abgeleitet werden.
4.
Der Rückforderungsanspruch scheitert nicht an § 37 TVöD.
a)
Nach dieser Vorschrift verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie
nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom
Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit
tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist. Diese Ausschlussfrist hat die Klägerin mit
dem Geltendmachungsschreiben vom 13.09.2006, der Beklagten zugegangen am
16.09.2006, gewahrt. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts wird ein
Rückforderungsanspruch wegen überzahlter Bezüge zwar grundsätzlich im Zeitpunkt
der Überzahlung fällig. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Gläubiger nicht in der Lage ist,
die tatsächlichen Voraussetzungen seines Anspruchs zu erkennen und ihn wenigstens
annähernd zu beziffern. Dann tritt die Fälligkeit erst ein, wenn der Gläubiger über die
zur Geltendmachung fälligen Tatsachen und Kenntnisse erlangt. Bei einem
Rückforderungsanspruch
auf
überzahlte
Bezüge
wegen
einer
rückwirkenden
Rentenbewilligung ist dies erst der Fall, wenn der Rentenversicherungsträger eine
Erstattung gegenüber dem Arbeitgeber ablehnt (BAG vom 30.09.1999 – 6 AZR 130/98,
juris Rn. 40).
b)
Dem folgt die Kammer uneingeschränkt. Die Tarifvertragsparteien haben
nämlich in § 22 Absatz 4 Satz 3 TVöD geregelt, dass die überzahlten Beträge als
Vorschuss der Rentenzahlungen gelten. Grundsätzlich entsteht aufgrund dieser
Fiktionswirkung zunächst kein Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers gegenüber
dem Angestellten. Der Arbeitgeber soll sich nach dem Willen der Tarifvertragsparteien
zunächst an den Rentenversicherungsträger wenden, um von diesem die als
Vorschuss geleisteten Beträge erstattet zu bekommen. Ein Rückforderungsanspruch
des Arbeitgebers gegen den Angestellten entsteht erst, wenn, aus welchen Gründen
auch immer, eine Erstattung des Rentenversicherungsträgers unterbleibt. Damit
erlangt der Arbeitgeber erst Kenntnis von allen möglichen Rückforderungsansprüchen
gegenüber
den
Angestellten
Rentenversicherungsträgers.
Ausschlussfristen
nicht
vor
Im
der
mit
der
ablehnenden
vorliegenden
ablehnenden
Fall
Entscheidung
bedeutet
Entscheidung
dies,
der
dass
des
die
Deutschen
Rentenversicherung mit Schreiben vom 05.05.2006 zu laufen begannen. Das
Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 13.09.2006 ging der Beklagten innerhalb
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von sechs Monaten ab diesem Zeitpunkt gerechnet zu, so dass die Ausschlussfrist
gewahrt war.
5.
Es ist nicht ersichtlich und von der Beklagten auch nicht näher vorgetragen
worden, aus welchen Gründen die Forderung verjährt oder verwirkt sein sollte. Eine
Verjährung oder Verwirkung konnte von der Kammer nicht festgestellt werden.
6.
Die Klägerin musste nicht gemäß § 22 Absatz 4 Satz 4 TVöD von der
Rückforderung absehen. Die Tarifvertragsbestimmung räumt dem Arbeitgeber die
Entscheidungsbefugnis darüber ein, ob er auf eine Rückforderung verzichtet. Dem
Arbeitgeber steht insoweit ein einseitiges Bestimmungsrecht zu. Dabei kann der
Arbeitgeber nach freiem Ermessen entscheiden und ist nicht an Billigkeitserwägungen
gebunden (BAG vom 30.09.1999 - 6 AZR 130/98, juris Rn. 32). Es ist insoweit nicht zu
beanstanden, wenn die Klägerin nur dann auf Rückforderung verzichtet, wenn es sich
lediglich um geringe Beträge handelt, die im keinem Verhältnis zu dem erwartenden
Verwaltungsaufwand stehen.
II.
Die Klage hinsichtlich der Mahngebühren, Auslagen und Säumniszuschläge ist
unzulässig. Die Klage erfüllt insoweit nicht die Voraussetzungen des § 253 Absatz 2
Ziffer 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Nach dieser Vorschrift muss die Klageschrift u.a.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen
Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Hinsichtlich der Mahngebühren
und Auslagen sind die vermeintlichen Ansprüche der Klägerin nicht näher begründet
worden. Hinsichtlich der geltend gemachten Säumniszuschläge fehlt es an einem
bestimmten Antrag. Für das Gericht ist nicht erkennbar, in welcher Höhe
Säumniszuschläge begehrt werden.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits waren gemäß § 92 Absatz 1 ZPO im Verhältnis
des Obsiegens und Unterliegens der Parteien aufzuteilen.
IV.
Die
Festsetzung
des
Streitwertes
erfolgt
gemäß
§
61
Absatz
1
Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG). Die Zahlungsansprüche sind in der geltend gemachten
Höhe berücksichtigt worden.
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V.
Die Berufungsmöglichkeit für die Klägerin war nicht gesondert gemäß § 64
Absatz 3 ArbGG zuzulassen. Es lag keiner der dort aufgezählten Zulassungsgründe
vor.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei
Berufung
eingelegt werden,
a) wenn sie in dem Urteil zugelassen worden ist,
b) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c) in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die
Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d) wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich
nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt
wird, dass der Fall schuldhafter Versäumung nicht vorgelegen habe.
Die Berufungsschrift muss von einem zugelassenen Rechtsanwalt oder einem
Vertreter einer Gewerkschaft beziehungsweise einer Arbeitgebervereinigung oder
einem Zusammenschluss solcher Verbände eingereicht werden.
Die Berufungsschrift muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin
eingegangen sein.
Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung
gerichtet wird, sowie die Erklärung enthalten, dass Berufung gegen dieses Urteil
eingelegt werde.
Die Berufung ist gleichzeitig oder innerhalb einer Frist von zwei Monaten in gleicher
Form schriftlich zu begründen.
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Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgesetzten
Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.
Dabei ist zu beachten, dass das Urteil mit der Einlegung in den Briefkasten oder eine
ähnliche Vorrichtung für den Postempfang als zugestellt gilt.
Wird bei der Partei eine schriftliche Mitteilung abgegeben, dass das Urteil auf der
Geschäftsstelle eines Amtsgerichts oder einer von der Post bestimmten Stelle
niedergelegt ist, gilt das Schriftstück mit der Abgabe der schriftlichen Mitteilung als
zugestellt, also nicht erst mit der Abholung der Sendung.
Das Zustelldatum ist auf dem Umschlag der Sendung vermerkt.
Für die klagende Partei ist keine Berufung gegeben.
Von der Begründungsschrift werden zwei zusätzliche Abschriften zur Unterrichtung der
ehrenamtlichen Richter erbeten.
Mittelstädt
...