Effiziente Motoren

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Effiziente Motoren
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Effiziente Motoren
INNOVATIVE SCHAFTBESCHICHTUNGEN FÜR OTTO- UND DIESELMOTORKOLBEN
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ENT WICKLUNG TRIBOLO GIE
© Federal-Mogul
Innovative Schaftbeschichtungen
für Otto- und Dieselmotorkolben
Die Reibungsminimierung spielt eine wachsende Rolle für die Gesamteffizienz von Verbrennungsmotoren. Schaftbeschichtungen sind daher sowohl bei Otto- als auch bei Dieselkolben verbreitet.
Weiter steigende Anforderungen im Brennraum erfordern inzwischen Schaftbeschichtungen mit
noch höherem Leistungsvermögen. Federal-Mogul Powertrain hat deshalb seine Beschichtungsfamilie um zwei neue Formulierungen erweitert.
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PARASITÄRE VERLUSTE
REDUZIEREN
Effizienzfortschritte beim Verbrennungsmotor bewirken kontinuierlich steigende
Anforderungen an die Komponenten des
tribologischen Systems aus Kolben, Kolbenbolzen und Ringpaket. Um den Wirkungsgrad weiter zu erhöhen, mit dem
Primärenergie im Verbrennungsmotor
in kinetische Energie für den Vortrieb
umgesetzt wird, ist es nötig, den Anteil
der parasitären Verluste zu verringern.
Legt man einen 2,0-l-Vierzylinder-Ottomotor mit Direkteinspritzung und
Turboaufladung als Referenz zugrunde,
beträgt der Anteil verfügbarer mechanischer Arbeit 37 %. 25 % davon gehen für
Reibungs- und Nebenaggregatsverluste
verloren. Die Reibung spielt hier eine
wesentliche Rolle, da allein Kolbenschaft
und Kolbenbolzen für 17 % der gesamten Reibungs- und Nebenaggregatsverluste verantwortlich sind [1].
Neben der Definition von Kolbenspiel
und Schaftgeometrie haben sich Beschichtungen des Kolbenschafts als wirksame
Maßnahme erwiesen, um die beiden
eng verknüpften Ziele der Reibleistungsoptimierung und des Verschleißschutzes
zu erreichen. Federal-Mogul setzt für
die Schaftbeschichtung von Otto- und
Dieselmotorkolben Lebensdauerbeschichtungen ein, welche die Reibung
zwischen Kolbenschaft und Zylinderlauffläche reduzieren.
Höhere thermische und mechanische
Belastungen lassen die Bedeutung solcher Beschichtungen im Hinblick auf
Lebensdauer und Betriebseffizienz weiter
steigen. Gleichzeitig machen die wachsenden Belastungen Innovationen bei
den Schaftbeschichtungen erforderlich,
weil bisher bewährte Beschichtungen an
den Rand ihrer Dauerfestigkeit gelangen
können. Deshalb hat Federal-Mogul zwei
Hochleistungs-Schaftbeschichtungen für
noch höhere Anforderungen in Otto- und
Dieselmotoren entwickelt. Dabei wurde
jeweils bewusst ein gesonderter Ansatz
für Ottomotoren und für Dieselmotoren
gewählt, weil beide Aggregate trotz tendenziell zunehmend ähnlicher Betriebsbedingungen weiterhin spezielle Anforderungen haben, die eine Anpassung
des Schichtsystems sinnvoll machen.
SCHAF TBESCHICHTUNGEN
FÜR OTTOMOTOREN
Im Ottomotor kann die Reibung nachteilig beeinflusst werden, wenn es durch
unverbrannten Kraftstoff zur Ölverdünnung auf der Zylinderlauffläche kommt.
Damit steigt die Wahrscheinlichkeit
einer Mischreibungssituation mit Festkörperkontakt. Die logische Konsequenz
ist ein Anstieg der Reibleistung zwischen
den Reibpartnern Kolbenring/Kolbenschaft und Zylinderlauffläche. Auch bei
Fahrzeugen mit Start-Stopp-Funktion
nimmt die Zahl der Mischreibungsphasen beim Motorneustart zu. Neben dem
Effizienzverlust kann das erhöhten Verschleiß bedeuten, der die Lebensdauer
des Kolbens beeinträchtigt. Auch die
Geräuschentwicklung des Kolbens kann
dadurch nachteilig beeinflusst werden.
Im Ottomotor mit Direkteinspritzung
und Turboaufladung (T-GDI) führen die
immer weiter steigenden Zünddrücke
(zurzeit ≥130 bar) – und damit auch
höheren Seitenkräfte – zu negativen Auswirkungen hinsichtlich Reibleistung und
Verschleiß. In diesem Punkt nähert sich
der aufgeladene Ottomotor mit Direkteinspritzung tendenziell den bekannten,
anspruchsvollen Bedingungen im Diesel-
AUTOREN
Dr. Monika Blümm
ist Manager Surface
Technology Global Pistons
bei Federal-Mogul Powertrain
in Nürnberg.
Dipl.-Ing. Arnd Baberg
ist Chief Engineer Design,
Analysis and Product
Engineering Global Pistons
bei Federal-Mogul Powertrain
in Nürnberg.
Dr. Frank T. H. Dörnenburg
ist Leiter Technology
Global Pistons bei
Federal-Mogul Powertrain
in Nürnberg.
Dominik Leitzmann
ist Projektleiter im Bereich Surface
Technology Global Pistons
bei Federal-Mogul Powertrain
in Nürnberg.
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BILD 1 Mikroschliff zur Darstellung
der unterschiedlichen Bestandteile
der Beschichtung EcoTough-New
Generation (© Federal-Mogul)
motor an. Für die bisherigen und aktuellen
Anforderungen haben sich die Standardund sogenannten EcoTough-Beschichtungssysteme von Federal-Mogul im
Ottomotor bewährt. Bei sehr hohen
Belastungen in T-GDI-Aggregaten können
jedoch auch diese Sonderschichten in
naher Zukunft in den Grenzbereich ihrer
Festigkeit gelangen. Für weiter verschärfte
Bedingungen in hochbelasteten Motoren
wurde daher eine neue Beschichtung
namens EcoTough-New Generation entwickelt. Äußerlich ist sie sofort an ihrem
rotbraunen Farbton zu erkennen, der
sie von den anderen, typischerweise
dunkelgrauen Schaftbeschichtungen
unterscheidet. Die neue, ebenfalls im
bewährten Siebdruckverfahren aufgebrachte Schaftbeschichtung besteht aus
einem Harzsystem mit Metalloxidanteil
zur Bewehrung und eingebetteten Festschmierstoffpartikeln. Die angestrebte
Schichtdicke liegt bei 15 μm. BILD 1 zeigt
die neue Schaftbeschichtung im Schliff.
Deutlich sind die unterschiedlichen
Bestandteile zu erkennen.
Ihre Formulierung gibt der Schicht
eine erhöhte Verschleißbeständigkeit bei
gleichzeitig niedriger Reibleistung. BILD 2
zeigt im Test ermittelte Verschleißwerte
für die Schaftbeschichtung EcoToughNew Generation im Vergleich zum heute
100
100
90
∆: bis zu 15 %
∆: bis zu 40 %
Reibungsverluste [%]
Verschleiß [%]
im Markt verbreiteten Standard. Mit
einer Reduzierung des Verschleißes
um bis zu 40 % gegenüber dem Marktstandard weist die neue Schaftbeschichtung eine deutlich höhere Beständigkeit
unter extremen Anforderungen auf.
Und mit etwa 15 % Reibleistungsoptimierung gegenüber Standardbeschichtungen trägt sie zudem zur Effizienz
des Grundmotors bei.
Umfangreiche Testverfahren bestätigten die Eigenschaften der neuen Schaftbeschichtung. Dazu wurde zunächst der
Verschleiß außermotorisch in einem RigTest ermittelt. Die erfolgversprechendsten Varianten wurden dann in einem
80
70
60
90
80
70
50
40
Marktübliche
OttokolbenSchaftbeschichtungen
Beschichtung
EcoToughNew
Generation
60
Marktübliche
OttokolbenSchaftbeschichtungen
Beschichtung
EcoToughNew
Generation
BILD 2 Verschleiß und Reibung der neuen Schaftbeschichtung EcoTough-New Generation für Ottomotoren im Vergleich zum Marktstandard (© Federal-Mogul)
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befeuerten Kaltstartmotorlauf validiert.
Der verwendete Motor zeichnete sich
durch äußerst anspruchsvolle tribologische Bedingungen aus: enges Spiel
und sehr raue Zylinderlauffläche. Die
Reibungseigenschaften wurden in einem
Floating-Liner-Motor bestimmt [2].
Zusätzlich musste das Schichtsystem
im Zuge der Entwicklung und Validierung einen Test durchlaufen, bei dem
die Beschichtung künstlich vorgeschädigt
und anschließend mit einem scharfen
Ölstrahl unter hohem Druck beaufschlagt
wird (Oil-Jet-Test). Die Haftung der Schicht
auf dem Aluminiumsubstrat ist so gut
ausgeprägt, dass der Oil-Jet-Test trotz
Vorschädigung positiv bestanden wurde.
Der Test quantifiziert die Adhäsion und
Kohäsion der Schaftbeschichtung. Da die
Applizierung der Schicht auf den Kolbenschaft in einem vollautomatisierten Großserienprozess erfolgt, lassen sich diese
Verschleiß- und Reibungsvorteile kostenoptimiert erreichen, BILD 3. Kolbenmuster
mit der neuen Beschichtung befinden
sich inzwischen zur Validierung bei
Fahrzeugherstellern.
SIMULATIONSVERFAHREN
Für die Entwicklung von Schaftbeschichtungen und insbesondere für die Validierung ihres Betriebsverhaltens spielt die
numerische Simulation eine große Rolle.
Die Hauptaufgabe dieser Simulation liegt
natürlich in der konstruktiven Optimierung von Kolben, zum Beispiel im Hinblick auf Leichtbau und reduzierte Kompressionshöhen. Ebenso hilfreich sind
Simulationsverfahren jedoch für die
Bewertung von Testergebnissen: So
wurde vor der motorischen Erprobung
der neuen Beschichtung der Schaftkontaktdruck für den Kolben im verwendeten 1,6 l-Ottomotor berechnet. Diese
Simulation erlaubt eine zielgerichtete
Untersuchung des gelaufenen Kolbens,
da sie Bereiche mit hohem Kontaktdruck
identifiziert, in denen vorrangig Verschleißanzeichen zu erwarten wären.
BILD 4 zeigt jedoch, dass auch in den
Zonen mit hohem Kontaktdruck kein
Verschleiß der gelaufenen Schaftbeschichtung zu erkennen ist. Diese
Fähigkeit, vor allem lokale Flächenpressungen schadensfrei zu ertragen,
ist eine wichtige Voraussetzung für
die Verschleißbeständigkeit des Kolbenschafts und der Zylinderlauffläche
in hochbelasteten Motoren.
BILD 3 Siebdruckverfahren zum Aufbringen der Kolbenschaftbeschichtung
(© Federal-Mogul)
SCHAF TBESCHICHTUNGEN
FÜR DIESELMOTOREN
Im Dieselmotor sind es vor allem die
hohen Spitzendrücke, die Reibung und
Verschleiß am Kolbenschaft verursachen
können. Hochbelastete Dieselkolben sind
im Vergleich zu Ottokolben wesentlich
struktursteifer und haben eine für den
Dieselmotor optimierte Schaftgestaltung.
Durch den steiferen Schaft steigt allerdings die „Fressgefahr“. Ein erhöhter
Schmierstoffgehalt vermindert diese
„Fressneigung“. Zusätzlich führt dies zu
deutlich geringeren Reibwerten als bei
Schaftbeschichtungen auf Ottomotorkolben. Auch schmiert Dieselkraftstoff besser, sodass im Vergleich zu Ottokraftstoff
weniger Abrieb entsteht. Dadurch ist
es möglich, eine reibungsoptimierte
dieselspezifische Schaftbeschichtung
zu entwickeln. Die bisherige Schaftbeschichtung für Dieselkolben hat sich über
viele Jahre bewährt. Analog zur Entwicklung beim Ottomotor steigt jedoch auch
die mechanische Belastung im Dieselmotor weiter, sodass auch hier ein erhöhter
Verschleißschutz erforderlich ist. Für
diese Anforderung wurde die sogenannte
EcoTough-D-Beschichtung (EcoToughDiesel) in Serie gebracht. Dieses Schichtsystem eignet sich gleichermaßen zur
Applizierung auf Aluminium- und Stahlkolben, wie sie inzwischen auch in Pkw
und leichten Nutzfahrzeugen zunehmend
verwendet werden, BILD 5.
BILD 4 Gegenüberstellung der Simulation
des Kontaktdrucks
(rechts) und gelaufene
Schaftbeschichtung
nach dem Test im
1,6-l-Ottomotor (links)
(© Federal-Mogul)
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BILD 5 Pkw-Stahlkolben mit
der neuen EcoTough-D-Schaftbeschichtung für Dieselmotoren
(© Federal-Mogul)
100
100
Verschleiß [%]
∆: bis ∆:
zu~15%
30 %
80
70
60
Reibungsverluste [%]
∆: bis zu 35 %
90
90
80
70
50
40
Marktübliche
Marktübliche
OttoDieselkolbenSchaftSchaftbeschichtungen
beschichtungen
Beschichtung
F-M
EcoToughEcoTough-D
New
Generation
60
Marktübliche
DieselkolbenSchaftbeschichtungen
Beschichtung
EcoTough-D
BILD 6 Verschleiß und Reibung der EcoTough-D-Schaftbeschichtung für Dieselkolben im Vergleich zu herkömmlichen Beschichtungen auf Graphitbasis
(© Federal-Mogul)
Auch diese Schicht auf Polymerbasis
verfügt über eine Bewehrung, allerdings
erfolgt sie hier durch kurze Carbonfasern.
Zusätzlich ist Graphit als Festschmierstoff in diese Beschichtung eingebettet.
BILD 6 zeigt Verschleiß- und Reibwerte
der EcoTough-D-Beschichtung im Vergleich zu herkömmlichen Beschichtungen. Hier liegt die Reibung um bis zu
35 % unter den marktüblichen Schaftbeschichtungen, bei gleichzeitig verbesserter Verschleißfestigkeit von bis
zu 30 %. Der vollautomatisierte Applikationsprozess liefert die erforderliche
Schichtdicke, um zu verhindern, dass
beispielsweise ein vergrößertes Schaftspiel laterale Bewegungen des Kolbens
ermöglicht, die zur ungewollten Geräuschentwicklung beitragen.
Impressum: Sonderausgabe 2016 in Kooperation mit Federal-Mogul Nürnberg
GmbH, Nopitschstraße 67, 90441 Nürnberg; Springer Vieweg | Springer
Fachmedien Wiesbaden GmbH, Postfach 1546, 65173 Wiesbaden, Amtsgericht
Wiesbaden, HRB 9754, USt-ldNr. DE81148419
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ZUSAMMENFASSUNG
UND AUSBLICK
Die Oberflächentechnik wird in Zukunft
eine immer wichtigere Rolle für die Effizienzsteigerung des Verbrennungsmotors spielen. Kolbenschaftbeschichtungen tragen im Wechselspiel mit der Kolbenkonstruktion und den verwendeten
Kolbenwerkstoffen dazu bei, die Reibleistung zu optimieren und den Verschleiß
des Schafts trotz verschärfter Randbedingungen zu verringern. Darüber hinaus kann die EcoTough-D-Beschichtung
einen Beitrag zur Geräuschoptimierung
im Dieselmotor leisten.
Mit den neuen Schichtsystemen stehen
sowohl für den Ottomotor als auch für
den Dieselmotor innovative Kolben-
Geschäftsführer: Joachim Krieger, Dr. Niels Peter Thomas
Verkaufsleitung (verantwortlich für den Anzeigenteil): Volker Hesedenz
Gesamtleitung Magazine: Stefanie Burgmaier
Chefredakteur: Dr. Alexander Heintzel
schaftbeschichtungen zur Verfügung,
die auch in hochbelasteten Motoren die
geforderte Verschleißbeständigkeit bei
geringer Reibung aufweisen.
LITERATURHINWEISE
[1] Jückstock, R.: Perspektiven zur Reibungsreduzierung im Grundmotor. In: MTZ 75 (2014), Sonderausgabe „75 Jahre MTZ“, S. 114-118
[2] Dermot, M.; Kwangsoo, K.; Masaaki, T.: Part 1:
Piston Friction and Noise Study of Three Different
Piston Architectures for an Automotive Gasoline
Engine. SAE Paper 2006-01-0427
Projektmanagement: Melanie Malsch-Kranz, Martin Westerhoff
Druck: PRINT PRODUKTION-SERVICE, W. Hiese GmbH,
Tilsiter Weg 9, 61273 Wehrheim
Titelbild: © Volkswagen
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