Verzicht auf Nießbrauch steuerpflichtig

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Verzicht auf Nießbrauch steuerpflichtig
Steuern aktuell
buchholz - fachinformationsdienst gmbh
Juli 2004
von Dr. Christian Rödl und Carola Seifried
Verzicht auf Nießbrauch steuerpflichtig
Der Bundesfinanzhof hat den Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht als steuerpflichtige
Schenkung beurteilt. Welche Folgen hat diese Entscheidung für die Praxis?
Der Nießbrauch stellt ein wichtiges Gestaltungsinstrument
im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge dar. Er
dient der Absicherung des Übergebers, der weiterhin
die Erträge aus dem übertragenen Vermögen erhält.
Häufig kommt der Übergeber jedoch nach einiger Zeit
zu der Einsicht, dass er die Erträge aus dem Vermögen
nicht mehr benötigt. Aus diesem Grund möchte er auf
den Nießbrauch vorzeitig verzichten.
Lange Zeit war umstritten, ob dieser nachträgliche Verzicht erneut Schenkungsteuer auslöst. Denn der Wert
des vorbehaltenen Nießbrauchs wird bereits bei der ursprünglichen Schenkung mit besteuert. Die Schenkungsteuer wird nämlich so ermittelt, als ob der Nießbrauch
nicht bestehen würde. Die Belastung des geschenkten
Vermögens durch den Nießbrauch mindert nicht die
Schenkungsteuer. Das Gesetz sieht für die Dauer des
Nießbrauchs lediglich die Stundung der Schenkungsteuer
vor, die auf den Kapitalwert des Nießbrauchs entfällt.
Die Finanzverwaltung hat bereits in der Vergangenheit
bei einem Verzicht auf einen Nießbrauch eine weitere
steuerpflichtige Schenkung angenommen. Der Bundesfinanzhof hat zu dieser Frage nun erstmals Stellung
genommen und ebenfalls festgestellt, dass der unentgeltliche Verzicht auf einen Nießbrauch Schenkungsteuer
auslöst. Allerdings darf nicht der gesamte Wert des Nießbrauchs zur Besteuerung herangezogen werden. Nur
die Werterhöhung des Nießbrauchs zwischen der ursprünglichen Schenkung und dem Nießbrauchsverzicht
darf besteuert werden. Dadurch wird die doppelte Besteuerung des Nießbrauchs bei der ursprünglichen Schenkung und beim Verzicht auf den Nießbrauch vermieden.
Der Wert des Nießbrauchs ergibt sich aus den durchschnittlichen Erträgen aus dem geschenkten Wirtschaftsgut. Diese werden unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Lebensdauer des Nießbrauchsberechtigten
abgezinst. Der Wert des Nießbrauchs erhöht sich folglich,
wenn die Erträge aus dem Wirtschaftsgut steigen. Bei
der Ermittlung der Erträge ist jedoch eine Rendite von
maximal 5,5 Prozent anzusetzen. Diese Höchstgrenze
wird auf den Steuerwert bezogen. Eine Erhöhung des
Steuerwerts des geschenkten Vermögens führt deshalb
häufig auch zu einem höheren Wert des Nießbrauchs.
Besteht der Nießbrauch an einer Immobilie, ist im Regelfall von eher geringen Steigerungen der Erträge auszugehen. Doch auch in diesen Fällen kann eine hohe
Steuerlast aus dem Verzicht auf den Nießbrauch eintreten, wenn die ursprüngliche Schenkung vor 1996 erfolgt
ist. Damals galten noch die niedrigen Einheitswerte für
die Grundstücksbewertung. Die seither eingetretene
Erhöhung der Steuerwerte führt in vielen Fällen zu einem
höheren Wert des Nießbrauchs. Auch beim Nießbrauch
an Unternehmensvermögen ist Vorsicht geboten. Gerade
bei mittelständischen Unternehmen, die sich in einer
Wachstumsphase befinden, können die Erträge innerhalb
weniger Jahre erheblich ansteigen. Dies führt zu einer
entsprechenden Erhöhung des Werts des Nießbrauchs.
Der Wert des Nießbrauchs kann sich auch dann erhöht
haben, wenn der Steuerwert des Unternehmens angestiegen ist. Besonders brisant für den Nießbrauchsverzicht
ist daher die drohende Verschärfung der schenkungsteuerlichen Bewertungsvorschriften für Betriebsvermögen
und Grundbesitz. Eine erneute gesetzliche Anhebung
der Steuerwerte für diese Vermögensgattungen würde
auch die Kappungsgrenze für den Nießbrauchswert
nach oben verschieben.
Hat sich der Wert des Nießbrauchs erhöht, droht beim
vorzeitigen Verzicht eine erhebliche Schenkungsteuerbelastung. Diese kann deutlich höher sein als bei einer
Schenkung des Vermögensgegenstands von Anfang an
ohne einen Nießbrauch. Eine unerwünschte Steuerlast
kann vermieden werden, indem der Nießbrauch bereits
zu Beginn auf eine bestimmte Laufzeit beschränkt wird.
Dadurch kann beispielsweise eine Versorgungslücke
zwischen Vermögensübergabe und Rentenbeginn geschlossen werden. Ein Nießbrauch auf Lebenszeit sollte
nur dann vereinbart werden, wenn ein vorzeitiger Verzicht
nicht in Betracht kommt. Besteht die Möglichkeit, dass
der Nießbrauch nach einigen Jahren nicht mehr gewollt
wird, sollte besser von Anfang an auf die Vereinbarung
eines Nießbrauchs verzichtet werden.
Die neue Rechtsprechung eröffnet allerdings gegenüber
der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung auch
Gestaltungsmöglichkeiten.
Die vorgenannten Informationen wurden bfd mit freundlicher Unterstützung von
Rödl & Partner zur Verfügung gestellt.
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