Übergabe einer Immobilie gegen Nießbrauchsvorbehalt
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Übergabe einer Immobilie gegen Nießbrauchsvorbehalt
1 Übergabe einer Immobilie gegen Nießbrauchsvorbehalt von Rechtsanwältin/Steuerberaterin Agnes Fischl Sozietätspartnerin der Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl und Michael Lettl, Unterhaching Die Übergabe einer Immobilie gegen Vorbehalt des Nießbrauchs ist mittlerweile eine beliebte Form der vorweggenommenen Erbfolge geworden. Durch den Vorbehalt des Nießbrauchs bleibt die Übergebergeneration bis zum letzten Atemzug in der Vermieterstellung und kann damit weiterhin alle Entscheidungen im Zusammenhang mit der Vermietung treffen, so z.B. die Regelungen zum Abschluss eines Mietvertrags wie auch die Frage der Höhe der Instandhaltungsrücklagen etc. In diesem Zusammenhang sollte aber beachtet werden, dass sich die Teilnahmeberechtigung an Versammlungen von Wohnungseigentumsgemeinschaften sich eventuell nach den Regeln der Teilungs- oder Gemeinschaftsordnung richtet. Die Nießbrauchsberechtigung alleine gibt keine Vollmacht, an diesen Versammlungen teilzunehmen, insbesondere wenn die Bevollmächtigungen eingeschränkt sind. Diese Form der Übergabe birgt aber durchaus einkommensteuerliche und erbschaftsteuerliche Konsequenzen, die für den steuerlich nicht versierten Rechtsanwalt zu einem durchaus großen Haftungspotential werden kann. Mit diesem Beitrag sollen zwei Probleme aus steuerlicher Sicht durchleuchtet werden. I. Einfluss des Vorbehaltsnießbrauchs auf die Frage der Geltendmachung der Eigenheimzulage 1. Ausgangsfall Die Eltern V und M haben sich im Jahre 2000 eine Eigentumswohnung aus Eigenmitteln gekauft und bewohnen diese seit Oktober 2000 selbst zusammen mit ihrem minderjährigen Sohn S. Die Voraussetzungen für die Erlangung der Eigenheimzulage inklusive der Kinderzulage liegen vor. Sie entschließen sich zum 31.12.2005, diese Wohnung aufgrund der zu erwartenden Verteuerung der Immobilienbewertungen auf die volljährige Tochter T, die nicht mehr im Haushalt wohnt, zu übertragen. Um auch weiterhin die vollen Nutzungsmöglichkeiten zu erhalten, Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 2 erfolgt die Übertragung gegen Vorbehalt des Nießbrauchs, wobei neben den gesetzlichen Regeln, wonach der Nießbrauchsberechtigten die gewöhnlichen Erhaltungsaufwendungen zu übernehmen hat, zusätzlich vereinbart wird, dass die Eltern als Nießbrauchsberechtigte auch die außergewöhnlichen Kosten zu tragen haben. 1.1 Kostentragungspflicht des Nießbrauchsberechtigten Gemäß § 1041 Satz 2 BGB weist der Gesetzgeber dem Nießbrauchsberechtigten die Kostentragungspflicht für die Ausbesserungen und Erneuerungen nur insoweit zu, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Würde die Wohnung nicht eigengenutzt sein, sondern fremdvermietet, so bleiben die Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 EStG beim Nießbrauchsberechtigten. Ergeben sich aus der Nutzung des Hauses Aufwendungen, die nicht unter die gesetzlich vorgeschriebenen „gewöhnlichen Unterhaltspflichten“ zu subsumieren sind, würde die Verpflichtung den Nießbrauchsverpflichteten, also T treffen. Einkommensteuerlich kann aber nur derjenige, der die Einnahmen hat, auch die Werbungskosten geltend machen, so dass aufgrund des Fehlens einer individuellen Vereinbarung die Kostentragungspflicht zwar bei T liegt, diese jedoch die Kosten einkommensteuerlich nicht geltend machen kann. Eine sogenannte „außergewöhnliche“ Maßnahme wäre z.B. die Dachsanierung nach Ablauf dessen Lebensdauer. Mit der vertraglichen Regelung, dass der Nießbrauchsberechtigte neben den gewöhnlichen Kosten auch die außergewöhnlichen zu tragen hat, kann dieser auch diese Kosten bei seinen Einnahmen als Werbungskosten geltend machen. 1.2. Auswirkung auf die Eigenheimzulage Fallfortsetzung: Seit dem Jahr 2000 haben die Eltern die Eigenheimzulage beantragt und auch in vollem Umfang erhalten. Für das Jahr 2006, und damit nach der Übertragung an T, wird ihnen diese Zulage verwehrt. Die Eltern schalten einen Steuerberater ein und fragen ihn, ob die Entscheidung zu Recht ergangen ist. Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 3 1.2.1. Eigenheimzulagenberechtigung für den wirtschaftlichen Eigentümer Um die Eigenheimzulage zu erhalten, muss der Anspruchsberechtigte bürgerlich-rechtlicher Eigentümer oder wirtschaftlicher Eigentümer im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr.1 Satz 1 AO sein1. Grundsätzlich ist der zivilrechtliche Eigentümer auch wirtschaftlicher Eigentümer. Der BFH hat in seiner Entscheidung vom 18.07.2001 2 die Förderung des damaligen § 10 e EStG dem wirtschaftlichen und nicht dem zivilrechtlichen Eigentümer zugestanden. Hintergrund der Entscheidung war das Bauen auf fremden Grund. Aufgrund der gesetzlichen Regelung „…ist der Grundstückseigentümer nach der Rechtsprechung des BFH grundsätzlich zivilrechtlicher und zugleich wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes, ….“ Wurde aber „…aufgrund eindeutiger im Voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft – unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers – …“ vorgenommen, so ist der Gebäudeersteller wirtschaftlicher Eigentümer. Ihm allein steht dann die Förderung des § 10 e EStG zu. 3 1.2.2. Nießbrauchsberechtigter als wirtschaftlicher Eigentümer Die Frage der Anspruchsberechtigung für den Nießbrauchsberechtigten ist also dahingehend zu beantworten, inwieweit auch der Nießbrauchsberechtigte dem wirtschaftlichen Eigentümer „unter Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers“ gleich zu stellen ist. Das vorgenannte BMF-Schreiben gibt zunächst keine Erkenntnis im Hinblick auf den Nießbrauch, sondern nimmt nur zum „Dauerwohnberechtigten im Sinne der §§ 31 WEG“ Stellung4. Im ersten Moment mag man den Nießbrauch mit dem Dauerwohnrecht gleich stellen. Denn beide Rechte berechtigen zur Nutzung mit Aneignungsbefugnis gemäß § 954 BGB5. Im Gegensatz zu § 33 Abs. 1 Satz 2 WEG, wonach das Dauerwohnrecht veräußerlich und vererb- 1 Schreiben betreffend Zweifelsfragen zum Eigenheimzulagengesetz vom 21. Dezember 2004, Rz 3, BStBl I 2002, Seite 305. 2 ) BFH v. 18.07.2001, X R 23/99, „Die von der Rechtsprechung zu § 39 AO 1977 entwickelten Grundsätze zum Begriff des wirtschaftlichen Eigentums gelten im Rahmen des § 10e EStG uneingeschränkt … . Wirtschaftlicher Eigentümer ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977 derjenige, der die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer auf Dauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Einen wirtschaftlichen Ausschluss in diesem Sinn nimmt die Rechtsprechung an, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse kein Herausgabeanspruch besteht oder der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat.“ 3 4 5 BFH v. 18.07.2001, X R 23/99 Schreiben betreffend Zweifelsfragen zum Eigenheimzulagengesetz vom 21. Dezember 2004, Rz 7, BStBl I 2002, Seite 305. So Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl. 2006, § 1030, Rn. 4 und Bärmann/Pick/Merle/Pick, WEG, 7. Aufl. 1997, § 31 Rn. 5 Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 4 lich ist, ist in § 1059 1. HS. BGB aber ausdrücklich die Unübertragbarkeit des Nießbrauchs geregelt. Wohl in dieser Unterscheidung muss man auch die Antwort zur Eigenheimzulagenberechtigung des Dauerwohnberechtigten sehen. Die Finanzverwaltung subsumiert den Dauerwohnberechtigten unter die Voraussetzung des wirtschaftlichen Eigentums, „… wenn er aufgrund des Dauerwohnrechtsvertrags bei Beendigung des Dauerwohnrechts eine angemessene Entschädigung erhält.“ 6 Ein bloßes Nießbrauchrecht allein begründet aufgrund der vorgenannten Voraussetzungen daher kein wirtschaftliches Eigentum an der Wohnung Wirtschaftliches Eigentum wird dem Nießbrauchsberechtigten auch dann nicht vermittelt, „wenn neben dem Nießbrauch ein schuldrechtliches Veräußerungsverbot vereinbart und dieses durch eine Rückauflassungsvormerkung gesichert ist.“ 7 Weiter führt der BFH in dieser Entscheidung aus: „Schuldrechtliche Veräußerungsverbote führen für sich genommen nicht dazu, dass das betroffene Wirtschaftsgut nicht dem rechtlichen Eigentümer zuzurechnen wäre …“. Auch die vorgenannte, über die gesetzlichen Regelungen hinausgehende Kostentragungspflicht wird den Nießbrauchsberechtigten nicht zum wirtschaftlichen Eigentümer werden lassen. 1.3. Nießbrauchsberechtigter in der Regel kein wirtschaftlicher Eigentümer In unserem Beispielsfall wird der Steuerberater also aufgrund der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Ergebnis kommen, dass auch für den Fall, dass sich die Eltern die Zustimmung zur Veräußerung vorbehalten, einer der „rechtlichen Herrschaftshandlungen, das die Rechtsordnung an einer beweglichen und unbeweglichen Sache; … .“ 8 dem Eigentümer alleine zugesteht, die Eltern dadurch nicht wirtschaftlicher Eigentümer werden. 2. Ausweg? Dennoch drängt aufgrund der zu erwartenden Erbschaftsteuererhöhungen die lebzeitige Immobilienübertragung, so dass sich die Frage nach einem Ausweg stellt, um die Eigenheimzulage auch weiterhin geltend machen zu können. 6 Schreiben betreffend Zweifelsfragen zum Eigenheimzulagengesetz vom 21. Dezember 2004, Rz 7, BStBl I 2002, Seite 305. 7 BFH v. 26.11.1998, IV R 39/98 8 Palandt/Bassenge, BGB, 65. Aufl. 2006, Überbl v § 903, Rn 14 Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 5 2.1 Wirtschaftliches Eigentum durch uneingeschränktes Rücktrittsrecht? Dabei kann eine Entscheidung des BFH zur Frage der Vereinbarung des uneingeschränkten Rücktrittsrechts behilflich sein9. Bei der lebzeitigen Übergabe werden oftmals für bestimmte Fälle Rücktrittsrechte vereinbart. Dabei handelt es sich z.B. um den Fall des Vorversterbens des Erwerbers, wenn Zwangsvollstreckungsmaßnahmen von Gläubigern der Erwerber in das übergebene Vermögen betrieben werden sollen, wenn ohne Zustimmung zu Lebzeiten der Übergeber das Anwesen verkauft, belastet oder die Auseinandersetzung in Form der Zwangsversteigerung betrieben werden soll, um nur einige Fälle zu nennen. In einigen, vor allem alten, Überlassungsurkunden findet sich immer wieder die Formulierung, dass sich die Übergeber uneingeschränkt, also auch ohne Angabe von Gründen das Rücktrittsrecht vorbehalten. 2.1.1 Schenkungsteuerliche Auswirkung Schenkungsteuerlich gilt die Schenkung als durchgeführt, da der Erwerber bürgerlichrechtlicher Eigentümer wird und das Steuerrecht dem Zivilrecht folgt, wobei auch diese Konsequenz in der Literatur durchaus kritisch betrachtet wird10. 2.1.2. Einkommensteuerliche Auswirkung Etwas anderes gilt für die einkommensteuerliche Konsequenz einer solchen Regelung, die oftmals unbekannt ist. In einer Entscheidung des BFH 11 war folgender Sachverhalt zu prüfen: Der Ehemann hatte seiner Ehefrau Kommanditanteile an einer GmbH & CO. KG geschenkt und zwar mit der Maßgabe, dass die Ehefrau ihrem Ehemann das „unwiderrufliche und unbefristete Angebot“ machte, diesen Kommanditanteil jederzeit unentgeltlich zurückzuübertragen. Aufgrund dieser Regelung wurde der Ehemann seitens des Finanzgerichts des Saarlandes als Mitunternehmer angesehen und wies ihm die Gewinnanteile aus dieser Kommanditbeteiligung weiterhin zu. Der BFH hat dieser Entscheidung Recht gegeben und führte hierzu folgendes aus: „Nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 (…) sind die Wirtschaftsgüter steuerrechtlich demjenigen zuzurechnen, der die tatsächliche Sachherrschaft über sie in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf 9 BFH v. 16.05.1989, VIII R 196/84 Klaus Korn in DStR 1999, Seite 1461, 1472 11 BFH v. 16.05.1989, VIII R 196/84 10 Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 6 das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. … Es kommt … nicht darauf an, dass“ sie (die Übergeber)„ von ihrem Recht keinen Gebrauch gemacht haben“. In einer weiteren Entscheidung des BFH 12 war die Frage zu beantworten, inwieweit ein im Betriebsvermögen stehendes Grundvermögen auch wirtschaftlich in das Eigentum des Sohnes übergegangen sei. Dieser wirtschaftliche Übergang wurde seitens der Steuerpflichtigen mit dem Hinweis auf die vertragliche Regelung des Rücktrittsrechts verneint. Zum Sachverhalt heißt es: „Den Eltern wurden Leibgedinge eingeräumt. Ferner erhielten sie den Anspruch, bei Aufgabe des Geschäfts zu ihren Lebzeiten, die westliche Hälfte des Grundstücks zurückzuverlangen. Dieser Anspruch wurde durch eine Auflassungsvormerkung gesichert.“ In den Entscheidungsgründen heißt es: „Wird ein Wirtschaftsgut unter Rücktrittsvorbehalt des Erwerbers veräußert, geht das wirtschaftliche Eigentum an dem Gegenstand gleichwohl im Regelfall auf diesen über.“ 13 „Vergleichbar steht eine Rückfallklausel, nach der die Unterbeteiligung ersatzlos an den Vater zurückfällt, wenn das Kind vor dem Vater stirbt und keine leiblichen ehelichen Nachkommen hinterlässt… .“14 „Hingegen kann ein unbegrenztes Rückübertragungsrecht den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums verhindern.“ 15 Der BFH kommt in diesem Fall zu dem Ergebnis, dass die Eltern und Übergeber gerade kein unbegrenztes Rückübertragungsrecht besessen hatten, das sie jederzeit voraussetzungslos hätten ausüben können. „Nur für den Fall der Aufgabe des Geschäfts zu ihren Lebzeiten sollten sie berechtigt sein, die Hälfte des Grundstücks zurückzuverlangen.“ Die Frage des wirtschaftlichen Eigentums ist demnach zu verneinen, wenn durch ein „neues Ereignis“ von diesem Rücktrittsrecht Gebrauch gemacht werden kann, also bestimmte Voraussetzungen vorliegen, die auch nicht in der Person der Übergeber entstehen können, sondern in der Person der Erwerber. Also z.B. das „Vorversterben“ des Erwerbers, oder – wie im vorgenannten Fall – die „Aufgabe des Geschäfts zu Lebzeiten der Übergeber“. Der BFH hat in zahlreichen Entscheidungen die Geltendmachung des uneingeschränkten Rücktrittsrechts nicht als „neues Ereignis“ interpretiert, sondern als aus der „Übergabe heraus stammend“. Diese Interpretation ist auch richtig und nachvollziehbar. Anderer Meinung ist Prof. Dr. Peter Fischer16. Er verweist hier auf die besprochene BFHRechtsprechung und nimmt dazu wie folgt Stellung: „Hingegen soll ein „jederzeit ausübbares und voraussetzungsloses“ Rückfallrecht den Übergang des wirtschaftlichen Eigentums verhindern. Dem ist nicht uneingeschränkt zuzustimmen: Auch hier kommt es darauf an, ob die Ausübung dieses Rechtes überwiegend wahrscheinlich ist. … Es wird sich dabei regelmäßig um Übertragungen durch die Eltern handeln, die ihre beschenkten Kinder noch „in der Furcht des Herrn halten wollen“; diese Rückfallklauseln sind de facto und wohl auch von Rechts wegen nicht „voraussetzungslos“, sondern sind an Akte einer wie auch immer verstandenen Unbotmäßigkeit geknüpft; … . “ Fischer sieht die Entscheidung des BFH be12 BFH v. 17.06.1998, XI R 55/97 (nicht amtlich veröffentlicht) Hinweis auf BFH-Urteil v. 25.01.1993, XI R 114/94 14 Hinweis auf BFH-Urteil v. 27.01.1994, IV R 114/91 15 Hinweis auf BFH-Urteile v. 05.05.1983, IV R 43/80, sowie v. 16.05.1989 VIII R 196/84 13 Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 7 züglich des Kommanditanteils 17 gerade wegen der Besonderheit im Zusammenhang mit Mitunternehmerschaften unter einem anderen Aspekt und will diese Rechtsprechung gerade nicht für alle anderen Fälle somit auch der Übertragung von im Privatvermögen stehenden Immobilienvermögen anwenden. So führt er aus: „Die Zuordnung von Vermögen folgt anderen Regeln als die – in dieser Hinsicht strengere – Dogmatik der Mitunternehmerschaft.“ Die Begründung vermag vor allem wegen der zahlreichen höchstrichterlichen Entscheidungen nicht zu überzeugen. Auch Jülicher bestätigt18„Zumindest für Schenkungsverträge unter Angehörigen ist aber von umfassenden Widerrufsrechten abzuraten, weil sie die Anerkennung des Vertrags gefährden können. Im Ergebnis wird deshalb bei diesen Problemkonstellationen auch für die Schenkung z.B. von Grundstücken gelten, dass weitgehend freie Widerrufsvorbehalte der Einkünftezurechnung auf den Beschenkten entgegenstehen, Widerrufsklauseln für bestimmte, vom Schenker nicht ohne weiteres beeinflussbare Sonderfälle dagegen unschädlich sind.“ Dieser Meinung folgt auch die Autorin. Das bedeutet im Ergebnis, dass bei der Vereinbarung eines uneingeschränkten Rücktrittvorbehalts einkommensteuerlich der Übergeber – wie bisher – die Einkünfte z.B. aus Vermietung und Verpachtung zu versteuern hat. Ist im Rahmen dieser Übertragung nicht gleichzeitig auch ein Nießbrauchsvorbehalt vereinbart worden, der die Einkünfte sowieso dem Übergeber weiterhin zurechnet, so kann die Unkenntnis dieses Sachverhalts katastrophale Folgen haben. 2.2. Wirtschaftliches Eigentum durch uneingeschränkte Rücktrittsrechte Die Entscheidungen des BFH gehen also davon aus, dass derjenige, der sich das uneingeschränkte Rücktrittsrecht vorbehält, so genannter „wirtschaftlicher Eigentümer“ im Sinne des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO bleibt. 2.3. Folgerung für die Eigenheimzulage Auf eben diese Eigentümerstellung verweist auch das vorgenannte BMF-Schreiben in Rz 319, so dass es doch zwangsläufig erscheint, dass bei Vereinbarung eines uneingeschränkten Rücktrittsrechts die Eigenheimzulagenberechtigung nicht verloren gehen kann. 16 Fischer in Hübschmann/Hepp/Spitaler (HHSp), § 39 AO Rz 57, mit weiteren Nachweisen BFH v. 16.05.1989, VIII R 196/84 18 Dr. Marc Jülicher in DStR 1998, Seite 1977, 1979/1980, mit weiteren Nachweisen 19 Schreiben betreffend Zweifelsfragen zum Eigenheimzulagengesetz vom 21. Dezember 2004, Rz 3, BStBl I 2002, Seite 305 17 Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 8 2.4. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu fehlt Aufgrund der Tatsache, dass diese Entscheidung für die Eigenheimzulage noch nicht höchstrichterlich vorliegt, wurde durch eine verbindliche Auskunft dieser Sachverhalt einem Finanzamt vorgetragen und die Frage nach dem Bestand der Eigenheimzulage gestellt. Die der Verfasserin vorliegende Antwort lautete im Hinblick auf die Vereinbarung des uneingeschränkten Rücktrittsrechts folgendermaßen20: „Auch ein jederzeit ausübbares, voraussetzungsloses Rücktrittsrecht als Sicherungsmittel für den Altenteil, begründet kein wirtschaftliches Eigentum des Nießbrauchers. Alleine das „Ausmaß“ des Rückforderungsrechts macht den Eintritt des Rückforderungsanspruchs „nicht wahrscheinlich“. Der Erwerber ist als zivilrechtlicher Eigentümer nicht von der wirtschaftlichen Einwirkung auf das Hausanwesen ausgeschlossen, da davon auszugehen ist, dass ein durch Auflassungsvormerkung gesicherter Rückübertragungsanspruch vom Übergeber nicht willkürlich ausgeübt werden kann.“ Diese Meinung ist nicht richtig. Sie hat sich mit der Frage des uneingeschränkten Rücktrittsrechts und der sich hieraus ergebenden Folgerung im Hinblick auf § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO nicht auseinandergesetzt. Als weiteren Ablehnungsgrund wurde die Tatsache festgestellt, dass der Übergeber ja nicht willkürlich von diesem Rücktrittsrecht Gebrauch machen könne. Eben das ist aber bei einem uneingeschränkten Rücktrittsrecht möglich, auch wenn es nur selten vorkommen mag. Der BFH hat ja auch in der vorgenannten Entscheidung ganz klar zum Ausdruck gebracht, dass es eben nicht darauf ankomme, ob der Übergeber tatsächlich von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht21. Vor allem kann der Übergeber die Frage des Rücktritts ohne weiteres beeinflussen, wenn ihm ein uneingeschränktes Rücktrittsrecht eingeräumt worden ist, wohingehend bei der Geltendmachung des Rücktrittsrechts nur unter bestimmten Voraussetzungen die Ausübung ausschließlich vom Verhalten des Erwerbers beeinflusst wird. Zusammenfassung Aufgrund der vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, die für den Fall der Vereinbarung eines uneingeschränkten Rücktrittsrechts dem Übergeber die wirtschaftliche Eigentümerstellung gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO zuweist, muss dies Konsequenzen nicht nur in einkommensteuerlicher Hinsicht haben, sondern auch für die Geltendmachung der Eigenheimzulage. Nachdem eine höchstrichterliche Rechtsprechung bisher nicht vorliegt und die Finanzverwaltung augenscheinlich eine andere Meinung vertritt, ist aber dennoch Vorsicht geboten. 20 21 Verbindliche Auskunft vom Finanzamt XXX, vom Dezember 2005, Aktenzeichen liegt der Autorin vor. BFH-Urteil vom 16.05.1989, VIII R 196/84 Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 9 II. Zusammenrechnung von Vor- und Nacherwerben im Fall der Übergabe gegen vorbehaltenen Nießbrauch Bei der Übergabe gegen vorbehaltenen Nießbrauch wird selten die Frage geprüft, welche Konsequenzen diese Übergabe auf die Regelung des § 14 Abs. 1 ErbStG hat. Diese Vorschrift befasst sich mit der Zusammenrechnung der Erwerbe innerhalb des Zeitraums von 10 Jahren. An einem Fall sei die Problematik, die zu einer fehlerhaften Beratung führen könnte, dargestellt: Fall: Der 65-jährige Vater (V) überträgt im Jahre 2002 an seinen Sohn (S) ein Grundstück mit einem steuerlichen Bedarfswert in Höhe von € 600.000,00 (Verkehrswert € 800.000,00). Er behält sich bei der Übertragung ein lebenslanges Nießbrauchsrecht an dem Grundstück vor. Der Jahreswert dieses Nutzungsrechtes bemisst sich nach den Nettomieteinnahmen. Gemäß § 16 BewG wird dieser Jahreswert begrenzt auf das 18,6-fache des für dieses Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes anzusetzenden Wertes. Somit € 600.000,00 : 18,6 = € 32.258,00. Der steuerliche Kapitalwert des Nießbrauches beträgt unter Anwendung der Anlage 9 zum Bewertungsgesetz somit € 290.935,00 (65 Jahre, männlich, Multiplikator 9,019). Bereits bei der Berechnung des Kapitalwertes des Nießbrauchs kann man in Kenntnis der höchstrichterlichen Entscheidungen zu einer Erhöhung des Nießbrauchs und somit zu einer Minderung des gestundeten Betrags kommen. Die Multiplikatoren aus Anlage 9 zum Bewertungsgesetz errechnen sich aus der „Sterbetafel für die Bundesrepublik Deutschland 1986/88 nach dem Gebietsstand seit dem 3. Oktober 1990“. Diese Statistik wurde immer wieder angepasst. Mittlerweile liegt die Sterbetafel Stand 2002/2004 vor, die z.B. die Lebenserwartung des 65-jährigen V mit 16,26 Jahren ansetzt. Die Sterbetafel Stand 03.10.1990 unterstellt noch eine Lebenserwartung von 14 Jahren. Für die Frage der Ablösung des gestundeten Betrags liegt nun eine Verwaltungsanweisung vor, die die aktuelle Lebenserwartung ansetzt. Für die Bewertung des Kapitalwerts des Nießbrauchs gibt es noch keine gefestigte Regel. Gemäß § 14 Abs. 1 BewG wird für die Berechnung auf Anlage 9 (Stand Lebenserwartung 01.10.1999) verwiesen. Nachdem diese Regel nunmehr auch für § 25 Abs. 1 Satz 3 ErbStG geändert worden ist, muss man konsequenterweise dies auch für diesen Bereich vornehmen. Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching 10 Gemäß § 25 Abs. 1 Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) ist der Wert des Vorbehaltnießbrauchs kein steuermindernder Abzugsposten, die darauf entfallenen Steuer kann lediglich gestundet werden. Dies führt zu folgender Berechnung: Bruttoerwerb: Grundstückswert abzüglich persönlicher Freibetrag Sohn steuerlicher Erwerb x 15 % Steuersatz =tatsächliche Steuer € € € € 600.000,00 205.000,00 395.000,00 59.250,00 Nettoerwerb: Grundstückswert abzüglich Kapitalwert des Nießbrauchsrechtes abzüglich persönlicher Freibetrag steuerlicher Nettoerwerb gerundet x 11 % Steuertarif = sofort fällige Steuer € € € € € € 600.000,00 290.935,00 205.000,00 104.065,00 104.000,00 11.440,00 gestundete Steuer tatsächliche Steuer abzüglich sofort fällige Steuer € € 59.250,00 11.440,00 gestundete Steuer € 47.810,00 Copyright bei Rechtsanwalts- und Steuerberatungskanzlei Agnes Fischl, Michael Lettl und Dr. Ulrike Tremel, Unterhaching