Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
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Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 1 von 42, Editorial Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Leserinnen und Leser, während sich nach einem allzu langen Winter nun, immerhin kurz vor Beginn des meteorologischen Sommers, die ersten Sonnenstrahlen zeigen, kann von einer Aufhellung am Himmel der Leiharbeitsbranche keine Rede sein. Nach der Flut von Equal-Pay-Klagen stehen nun neue Fragen zur Beantwortung an, die von der Instanzrechtsprechung, die Sie in diesem Heft finden, recht unterschiedlich beantwortet werden: Muss die Überlassung zwingend mit einer zeitlichen Begrenzung versehen sein und darf der Betriebsrat die Zustimmung zu der Einstellung eines nicht nur vorübergehend überlassenen Arbeitnehmers verweigern? Falls die dauerhafte Überlassung unwirksam ist, begründet dies ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher? Welche Anforderungen sind an die Transparenz einer Verweisungsklausel zu stellen und ist der Verweis auf einen unwirksamen CGZP-Tarifvertrag überhaupt wirksam? Einige dieser Fragen harren ihrer abschließenden Beantwortung durch das BAG, das seinerseits mit mehreren Urteilen vom 13.3.2013 zu anderen Punkten Klarheit geschaffen hat: Das Vertrauen in die Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge ist nicht geschützt und steht dem Equal-Pay-Anspruch nicht entgegen. Auch die in neueren Verträgen enthaltene Verweisung auf den mehrgliedrigen Tarifvertrag der CGZP ist mangels ausreichender Transparenz unwirksam. Zudem zählen regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer entgegen der bislang gefestigten Rechtsprechung nun doch mit bei der Zahl der Betriebsratsmitglieder gem. § 9 BetrVG. Allein die Frage des Verfalls von Equal-Pay-Ansprüchen durch (wirksame) vertragliche Ausschlussfristen ist zugunsten der Verleihunternehmen entschieden worden, indem das BAG bestätigt hat, dass die Ausschlussfristen bereits mit Fälligkeit des Zahlungsanspruchs, nicht erst mit der Kenntnis von der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge zu laufen begonnen haben. Diese Tendenz der Rechtsprechung, die Arbeitnehmerüberlassung einzuschränken, zieht alternative Vertragsgestaltungen nach sich. Immer häufiger werden in der betrieblichen Praxis an Stelle von Überlassungsverträgen Dienst- oder Werkverträge geschlossen, deren Abgrenzung zur verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ebenfalls Schwierigkeiten begegnet. Dem soll nun der Gesetzgeber abhelfen: Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom 19.2.2013 (BT-Drucks 17/ 12378), der in seiner Konzeption an die wenig geglückten Vermutungstatbestände zur Feststellung von Scheinselbständigkeit in § 7 Abs. 4 SGB IV in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung erinnert, soll verdeckte Arbeitnehmerüberlassung aufdecken und die Beteiligungsrechte der Betriebsverfassung erheblich ausweiten. Mit einer Umsetzung dieses Gesetzentwurfs in der laufenden Legislaturperiode ist zwar nicht zu rechnen, doch bleibt die Diskussion über Fluch oder Segen der Arbeitnehmerüberlassung nicht zuletzt aufgrund der immer wieder auftretenden Missbrauchsfälle, die in der Öffentlichkeit medienwirksam angeprangert werden, lebendig. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht ist bestrebt, diese Entwicklung aktiv zu begleiten 2/2013 35 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 2 von 42, Editorial und wird auf dem 1. Deutschen Arbeitsrechtstag am 23./24. Januar 2014 in Berlin einen besonderen Schwerpunkt auf den Umgang mit diesen Arbeitsformen legen. Auf Ihre rege Teilnahme an dieser spannenden Diskussion freuen wir uns bereits heute. Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer und eine anregende Lektüre. Möge sie Ihnen Nutzen bringen. Ihre Nathalie Oberthür 36 2/2013 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 3 von 42, Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Seite Aufsätze/Beiträge Andreas Hützen, Facebook & die Folgen, Arbeitsrechtliche Probleme bei der Nutzung sozialer Netzwerke Dr. Hans-Georg Meier, Achtung Haftungsfalle Martin Schafhausen, Kein Urteil, keine Anmerkung Volker Thiele, Kostenfallen bei Vergleichsschluss vermeiden PM Dr. Johannes Fiala/Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Hanseatisches Oberverwaltungsgericht: Auch rückgedeckte Unterstützungskasse ist nicht insolvenzsicher – Warum rückgedeckte Unterstüzungskassen zur Arbeitgeberhaftung führen Nachruf: Paul-Werner Beckmann Hinweis auf Vortrag von Dr. Stefan Röhrborn und Heike Krüger: Wenn aus Vertragspartnern Gegner werden 39 39 43 44 46 47 49 49 Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen 50 Entscheidungen 52 Rezensionen Busmann, Johanna, Chefsache Mandantenakquisition, Erfolgreiche Akquisition für Anwälte Röller, Jürgen (Hrsg.), Küttner – Personalhandbuch 2013 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht 2013/2014 Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Übersicht über das Sozialrecht 2013/2014 72 72 72 73 73 Stichwortverzeichnis 74 Impressum 76 2/2013 37 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 4 von 42, Liste der AE-Einsender Liste der AE-Einsender AE kann ihr Informationsziel nur erreichen, wenn möglichst viele Entscheidungen aus der Mitgliedschaft der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV kommen. Wir nennen daher hier regelmäßig mit Dank und Lob diejenigen, die sich um die AE besonders verdient gemacht haben. Einsender mit mehr als 40 Entscheidungen Bauer Berrisch Graumann Höser, Dr. Bertram Hansjörg Ingo Jürgen Ansbach Gießen Iserlohn Frechen Mansholt Puhr-Westerheide Schrader, Dr. Werner Christian Peter Darmstadt Duisburg Hannover Steffen Klaus Klemens Jürgen Gisbert Ulrich Johannes Rolf Iserlohn Hannover Hamm Stuttgart Berlin Gütersloh Berlin Berlin Gottfried Christian Rüdiger Klaus Wolfram Stephan Michael Gerhard Rolf Werner Joachim Georg R. Franz Dieter Volker Axel Thomas Frankfurt a.M. Berlin Ratingen Hamburg Lübeck Bonn Bad Honnef München Hannover Bremen Lübbecke München Aachen München Düren Frankfurt/M. Berlin Stefan Walter Reinhard Richard M. Wolfgang Albrecht Klaus Hanns-Uwe Dieter Johannes Marcus Bernhard Michael H. Joachim Karlsruhe Euskirchen Kaiserslautern Augsburg Neunkirchen Flensburg Bremen Heidelberg Essen Gütersloh Düsseldorf Kassel München Bottrop Ingo Hans Horst Silke Ulrich Hagen Frankfurt/M. Offenbach Darmstadt Nürnberg Einsender mit mehr als 20 Entscheidungen Brötzmann, Dr. Franzen Gussen, Dr. Hilligus Kelber, Dr. Koch, Dr. Link Lodzik Ulrich Klaus-Dieter Heinrich Kurt-Jörg Markus Friedemann Jochen Michael Mainz Bremen Rheda-Wiedenbrück Neustadt i.Holst. Berlin Berlin Villingen Darmstadt Müller Neef, Prof. Dr. Rütte Schmitt Seidemann, Dr. Tschöpe, Dr. Weberling, Prof. Dr. Zeißig, Dr. Einsender mit mehr als 10 Entscheidungen Banse, Dr. Bauer Behrens Chaudry Clausen Clemenz, Dr. Cornelius Dribusch Faecks Geus Gosda Gravenhorst, Dr. Heinemann Hertwig, Dr. Hesse, Dr. Jung KrügermeyerKalthoff Thomas Dietmar Walter Ijaz Dirk Susanne Astrid Bernhard Friedhelm Franz Ralf Wulf Bernd Volker Walter Nikolaus Düren Wiehl Hamburg Frankfurt/M. Nürnberg Gütersloh Darmstadt Detmold Marburg Schweinfurt Ahlen Düsseldorf St. Augustin Bremen Berlin Oberursel Rolf Köln Krutzki Lampe, Dr. Matyssek Müller-Knapp Müller-Wiechards Pauly, Dr. Peter Schäder, Dr. Schaefer Schmalenberg, Dr. Schramm Schulz, Dr. Sparla Straub, Dr. Thiele Weber Zahn Einsender mit 5 – 9 Entscheidungen Beckmann Böse Brammertz, Dr. Crämer Daniels Eckert, Dr. Fischer Fromlowitz Gehrmann Goergens Greinert, Grimm, Dr. Heimann Herbert, Dr. Hjort Karle Keller Kern Kistner Krafft 38 2/2013 Paul-Werner Rainer Dieter Eckart Wolfgang Helmut Ulrich Horst Dietrich Dorothea Jaqueline Detlev Marco Ulrich Jens Gerd Thomas Jan H. Heinz Alexander Herford Essen Aachen Dortmund Berlin Offenbach Frankfurt/Main Essen Aachen Hamburg Kassel Köln Cham Coburg Hamburg Balingen München Hamburg Hannover Öhringen Kühn Kunzmann, Dr. Matissek Pouyadou, Dr. Preßer Pütter, Dr. Richter Richter, Dr. Schäfer Schipp, Dr. Schneider-Bodien Striegel Struckhoff Sturm TheissenGraf Schweinitz Thieme Thon Vrana-Zentgraf Zirnbauer ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 5 von 42, Aufsätze/Beiträge Facebook & die Folgen – Arbeitsrechtliche Probleme bei der Nutzung sozialer Netzwerke* Rechtsanwalt Andreas Hützen, Düsseldorf I. Einleitung Die Vernetzung der Welt begann am 6.8.1991. An diesem Tag stellte Tim Berner Lee das für die europäische Forschungseinrichtung CERN entwickelte WorldWideWeb online.1 Seitdem hat sich das ursprünglich für den Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlern konzipierte elektronische Netz explosionsartig über die gesamte Welt verteilt. Inzwischen ist die online-Weltbevölkerung auf über 2,2 Milliarden Menschen angewachsen. Knapp die Hälfte davon, gut 1 Milliarde Nutzer, vereint das soziale Netzwerk Facebook nach eigenen Angaben inzwischen auf seiner Seite.2 Gemessen an den Nutzerzahlen wäre Facebook damit nach China und Indien das drittgrößte Land der Welt. Das ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass das Unternehmen Facebook bzw. die Website gerade einmal neun Jahre alt ist. Gegründet im Februar 2004 hat das soziale Netzwerk einen rasanten Aufstieg genommen. Benötigte der Hörfunk noch 38 Jahre um die Schwelle von 50 Millionen Nutzern zu überschreiten, gelang dies dem Fernsehen nach 13 Jahren. Facebook wiederum erreichte die Schwelle von 100 Millionen Nutzern bereits nach gut vier Jahren3. Facebook ist damit längst zum Synonym für die Vielzahl sozialer Netzwerke geworden.4 Von den über 53 Millionen Internetnutzern in Deutschland nutzen ca. 76% (38 Millionen) ein soziales Netzwerk. Etwa 9 Millionen Menschen nutzen ihre sozialen Netzwerke auch während ihrer Arbeitszeit – zu privaten Zwecken. Angesichts dieser Zahlen, der weiten Verbreitung und der weiterhin steigenden Nutzung sozialer Netzwerke ist es kein Wunder, dass soziale Netzwerke auch und gerade für das Arbeitsleben stetig größere Bedeutung erlangen. Welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen sich daraus ergeben, wird nachstehend im Überblick und begrenzt auf drei wesentliche Themenfelder aufgezeigt: II. Social Media Monitoring Soziale Netzwerke finden nicht nur bei Arbeitnehmern Anklang. Auch die Arbeitgeber haben längst die Möglichkeiten sozialer Netzwerke erkannt. Knapp die Hälfte der deutschen Unternehmen nutzen nach einer Umfrage des Branchendienstes BITKOM mittlerweile soziale Medien.5 Zum einen präsentieren sich Unternehmen in sozialen Netzwerken und rekrutieren neue Mitarbeiter über soziale Netzwerke. Zum anderen recherchieren Unternehmen aber auch in sozialen Netzwerken und allgemeiner im Internet über ihre Bewerber und Arbeitnehmer. Die Zulässigkeit einer Bewerber-/Mitarbeiterrecherche im Internet bzw. in sozialen Netzwerken („Mitarbeitergoogeln“) ist jedoch fraglich. III. Bewerberrecherche Informationen, die ein zukünftiger Arbeitgeber über einen Bewerber im Internet recherchiert, sind denknotwendig personenbezogen. Das Bewerber- oder Mitarbeitergoogeln stellt mithin eine Datenerhebung im Sinne des § 3 Abs. 3 BDSG dar. Gemäß § 3 Abs. 11 Nr. 7 BDSG zählen auch Bewerber als Beschäftigte. Nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 Abs. 1 BDSG bedarf es somit einer Einwilligung des Bewerbers oder aber eines durch Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift eingeräumten Erlaubnistatbestandes, um Daten des Bewerbers im Internet bzw. in sozialen Netzwerken erheben zu können. 1. Einwilligung Als Legitimation für die Beschaffung personenbezogener Angaben aus dem Netz kommt gemäß § 4 Abs. 1 Alt. 2 BDSG zunächst eine Einwilligung des Bewerbers in Betracht. In der Praxis wird es hieran regelmäßig fehlen. Die Einwilligung bedarf nach § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG der Schriftform und muss sich, soweit besondere personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 9 BDSG erhoben werden sollen, ausdrücklich auf diese Daten beziehen, § 4a Abs. 3 BDSG. Ohnehin ist die Einwilligung als Erlaubnistatbestand für eine Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung personenbezogener Daten fragwürdig, da die * Der Beitrag basiert auf dem auf der 65. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV durchgeführten Workshop „Facebook & die Folgen“. Die Vortragsform wurde beibehalten und um Fußnoten ergänzt. Auf einen umfassenden Fußnotenapparat wurde indes verzichtet. 1 Die erste Webadresse lautete: http://info.cern.ch. 2 Quelle: http://newsroom.fb.com/Key-Facts (Stand Dezember 2012). 3 https://blog.facebook.com/blog.php?post=28111272130. 4 Eine Übersicht aktiv genutzter sozialer Netzwerke ist unter http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_social_networking_websites abrufbar. 5 Presseinformation des BITKOM e.V. vom 17.05.2012, abrufbar unter http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Presseinfo_Hintergrund_Soziale_Medien_17_05_ 2012.pdf 2/2013 39 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 6 von 42, Aufsätze/Beiträge gemäß § 4a Abs. 1 S. 1 BDSG erforderliche Freiwilligkeit einer solchen Erklärung zweifelhaft ist.6 2. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG Als Erlaubnistatbestand bleibt somit nur eine Rechtsvorschrift übrig. Der Blick fällt damit auf die für Beschäftigungsverhältnisse geschaffene Norm des § 32 BDSG. Nach § 32 BDSG dürfen personenbezogene Daten jedoch nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung des Arbeitsverhältnisses oder für dessen Durchführung erforderlich ist. Zur Begründung des Arbeitsverhältnisses erforderlich wird eine online-Datenrecherche über den Bewerber jedoch in den seltensten Fällen sein. Schließlich besteht gerade im Bewerbungsverfahren die Möglichkeit des Bewerbungsgesprächs und nur dies entspricht auch dem in § 4 Abs. 2 S. 1 BDSG aufgestellten Grundsatz der Direkterhebung. § 32 BDSG scheidet daher als Erlaubnistatbestand aus. potentielle Arbeitgeber im Besonderen rechnen muss. Wer eine nicht gewünschte Informationsbeschaffung verhindern will, hat eigenverantwortlich dafür Sorge zu tragen, wem gegenüber er seine Daten und Informationen über sich offenlegen will. Die Anbieter sozialer Netzwerke sehen in den Privatsphäreeinstellungen regelmäßig verschiedene Freigabestufen vor.9 Gegen eine Informationsbeschaffung aus frei zugänglichen Quellen ist daher nichts einzuwenden. Anders sieht dies hingegen bei nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Daten aus. Sind die Daten eines Bewerbers etwa nur innerhalb eines sozialen Netzwerkes oder nur für den dortigen Freundeskreis sichtbar, taugt § 28 Abs. 1 Nr. 3 in der Regel nicht als Erlaubnistatbestand, da es sich hier um keine allgemein zugänglichen Daten handelt. Außerdem schließen die AGB der Netzwerkbetreiber oftmals eine geschäftliche Nutzung aus. Erst recht nicht möglich ist eine „Erschleichung von Informationen unter Täuschung des Bewerbers oder Arbeitnehmers möglich à la „Ich bin Britney Spears und möchte alles über Dich wissen“.10 3. § 28 Abs. 1 S. 3 BDSG Ob § 32 BDSG als spezielle, für den Beschäftigtendatenschutz 2009 ins Gesetz eingefügte Norm sämtliche anderen in Frage kommenden Erlaubnistatbestände des BDSG verdrängt, ist seit Inkrafttreten der Vorschrift umstritten. Die h.M. bejaht jedoch die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG neben § 32 BDSG.7 § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG erlaubt die Erhebung personenbezogener Daten, wenn die Daten allgemein zugänglich sind. Als allgemein zugänglich gelten Daten des Bewerbers, die mittels Suchmaschinen (Bing, Google, Yahoo etc.) im Internet gefunden werden können. Über die allgemeine Zugänglichkeit der Daten hinaus verlangt § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG eine Interessenabwägung. Überwiegt das schutzwürdige Interesse des Betroffenen (des Bewerbers) an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung offensichtlich das berechtigte Interesse der verantwortlichen Stelle (des Arbeitgebers), bleibt eine Datenerhebung unzulässig. Das wiederum führt dazu, dass eine Relevanz der recherchierten Daten für die arbeitsvertragliche Beziehung vorliegen muss. Hier liegt eine Parallele zum Fragerecht des Arbeitgebers vor. Nach der Rechtsprechung des BAG steht dem Arbeitgeber im Einstellungsverfahren ein Fragerecht jedoch nur insoweit zu, als ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage für das Arbeitsverhältnis besteht.8 Danach dürften nur solche Daten recherchiert und verwendet werden, die einen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Bewerbers haben. Alle übrigen Informationen dürften weder recherchiert noch genutzt werden. Eine solche Filterung im Vorfeld einer Datenrecherche im Internet dürfte praktisch kaum möglich sein. Hinzu kommt, dass wer persönliche Informationen frei zugänglich ins Internet stellt, zumindest mit der Kenntnisnahme dieser Informationen durch Dritte im Allgemeinen und 40 2/2013 IV. Mitarbeiterrecherche Für die Online-Recherche über Informationen von Arbeitnehmern im laufenden Arbeitsverhältnis gelten grundsätzlich die gleichen arbeits- und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen wie für die Recherche von Informationen über Bewerber.11 Insoweit kann auf vorstehende Ausführungen verwiesen werden. V. Social Media Nutzung Im laufenden Arbeitsverhältnis stehen insbesondere Fragen im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Netzwerke im Vordergrund. Zu welchen Nutzungsvorgaben und Einschränkungen ist der Arbeitgeber berechtigt? Unterteilen lassen sich zunächst die dienstlichen und außerdienstlichen Aktivitäten: 1. Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit Eindeutig ist das Ergebnis für den Freizeitbereich. Dieser Bereich gehört zur Privatsphäre des Mitarbeiters und ist einer 6 Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 364; Kort, DuD 2012, 722, 723 m.w.N. 7 Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 363 m.w.N. 8 BAG v. 20.2.1986, NZA 1986, 739. 9 Facebook beispielsweise unterscheidet zwischen öffentlich zugänglichen Informationen, Informationen die Freunden oder auch Freunden von Freunden oder nur einem vorher festgelegten, „benutzerdefinierten“ Personenkreis zugänglich sind. 10 Ernst, NJOZ 2011, 953, 956. 11 Ernst, NJOZ 2011, 953, 957. ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 7 von 42, Aufsätze/Beiträge Regelung durch den Arbeitgeber entzogen. Aufforderungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sich in ihrer Freizeit in ihren sozialen Netzwerken positiv über den Arbeitgeber zu äußern oder den „Gefällt mir“-Button zu drücken, sind daher ebenso wenig möglich, wie Aufforderungen des Arbeitgebers, für ihn in der Freizeit Werbung zu machen oder gar geschäftliche Aktivitäten in Netzwerken zu entwickeln. Unzulässig ist auch eine Untersagung des Arbeitgebers, soziale Netzwerke in der Freizeit zu nutzen, etwa um sich vor Abwerbungen oder kritischen Äußerungen zu schützen.12 Allerdings dürften je nach Aufgabengebiet, Verantwortungsbereich und Stellung des Arbeitnehmers Rücksichtsnahmepflichten für den Arbeitnehmer bestehen. Von dem Pressesprecher eines Unternehmens wird man beispielsweise erwarten dürfen, an der Unternehmenspolitik in privat genutzten sozialen Netzwerken, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend Kritik zu üben.13 2. Aktivitäten während der Arbeitszeit a) Private Nutzung Auch die Reglementierung der privaten Nutzung während der Arbeitszeit verursacht keine größeren Probleme. Hier gelten die bereits für die private Internet- und E-Mail-Nutzung entwickelten Grundsätze. Der Arbeitgeber kann über die Verwendung der Betriebsmittel entscheiden und demgemäß eine private Nutzung des Internets im Allgemeinen sowie die private Nutzung sozialer Netzwerke im Besonderen während der Arbeitszeit reglementieren.14 Das heißt, der Arbeitgeber kann die Nutzung vollständig untersagen oder sie erlauben. Er kann Vorgaben hinsichtlich der Zeit und der Dauer der Nutzung machen oder den Zugang auf bestimmte Webseiten bzw. Netzwerke beschränken. Eine inhaltliche Zensur, wie der Arbeitnehmer soziale Netzwerke nutzen darf, etwa welche Beiträge erlaubt oder verboten sind, wird indes nicht möglich sein. Soweit der Arbeitgeber eine private Nutzung erlaubt, ist die Art und Weise der Nutzung mit Blick auf die grundrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dem Direktionsrecht des Arbeitgebers entzogen. Ebenso sind keine erhöhten Rücksichtsnahmepflichten anzuerkennen, nur weil der Arbeitnehmer von dem Computer seines Arbeitgebers aus agiert. Ist die private Nutzung erlaubt, liegt gerade keine dienstliche Nutzung vor, die dem Arbeitgeber Weisungen gestatten könnte. Insoweit können einschränkende, über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinausgehende Verhaltensregeln nicht aufgestellt werden. b) Dienstliche Nutzung Vorgaben zur privaten Nutzung sozialer Netzwerke stellen, wie vorstehend erörtert, einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer dar und sind dem Arbeitgeber daher verwehrt. Ein vollständiges Nutzungsverbot ist deshalb unzulässig.15 Demgegenüber möglich und vom Direktionsrecht ge- deckt ist jedoch die Anweisung, bei Ausübung der geschuldeten Arbeitsleistung auf die Nutzung sozialer Netzwerke zurückzugreifen. Entscheidet sich ein Arbeitgeber gegen die Nutzung sozialer Netzwerke, so wird diese Vorgabe von den Arbeitnehmern zu beachten sein. Weder der Personalbereich noch das Marketing werden in diesem Fall soziale Netzwerke zum Zweck der Rekrutierung neuer Mitarbeiter bzw. zur Werbung für die Produkte des Arbeitgebers nutzen dürfen. Problematischer ist dagegen der umgekehrte Fall der Verpflichtung zur dienstlichen Nutzung sozialer Netzwerke. Bei einer dienstlichen Nutzung wird der Arbeitnehmer nicht umhin kommen seine personenbezogenen Daten – meist auch eine Fotografie – online zu stellen und damit einem unbekannten Personenkreis offenzulegen. Dies greift in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung ein. In der Regel wird das Interesse des Arbeitnehmers an einer Vermeidung solcher Beeinträchtigung das Interesse des Arbeitgebers an einer Nutzung des sozialen Netzwerkes überwiegen.16 Andererseits gibt es im Berufsleben kein Recht auf Anonymität. Ein Schauspieler wird nicht hinter dem Vorhang spielen können. Gehört die Nutzung sozialer Netzwerke zum Unternehmenszweck und zur geschuldeten Arbeitsleistung, wird das Arbeitgeberinteresse (Art. 12 GG) das Arbeitnehmerinteresse überwiegen. Beispielsweise wird ein Personalberater, der für ein auf Social-Media-Recruiting spezialisiertes Unternehmen tätig ist, die Nutzung sozialer Netzwerke jedenfalls dann, wenn sie vornehmlich Geschäftszwecken dienen (etwa XING oder LinkedIn), anweisen dürfen. 3. „Herausgabe“ von Social-Media-Accounts Ist die Nutzung sozialer Netzwerke vorgeschrieben oder zumindest erwünscht, stellt sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Frage, was mit dem Account, dem Konto oder dem Profil des Arbeitnehmers in dem sozialen Netzwerk und den dort – auf den Servern des Anbieters – gespeicherten Daten geschieht. Der Arbeitgeber wird ein Interesse daran haben, bestehende Geschäftskontakte und Kunden- oder Lieferantenverbindungen auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers weiter zu nutzen. Soweit ersichtlich, gibt es zu dieser Thematik noch keine höchstrichterliche Entscheidung. Einen Anspruch des Arbeitgebers auf „Herausgabe“ der Daten wird man auf § 667 BGB analog stützen können, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, alle Vorteile herauszugeben, die er aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erlangt hat. Bei einem für seinen Arbeitgeber betreuten und als 12 Melot de Beauregard, DB 2012, 2044, 2045. 13 Zu den Grenzen von Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken s.u. unter 7. 14 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433. 15 Frings/Wahlers, BB 2011, 3126, 3129. 16 Göpfert/Wilke, NZA 2010, 1329, 1333. 2/2013 41 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 8 von 42, Aufsätze/Beiträge Teil seiner Arbeitsleistung geführten Konto in einem sozialen Netzwerk wird der Herausgabeanspruch daher zu bejahen sein. Wie aber, wenn der Mitarbeiter sein Konto mitgebracht hat oder auf einem auf Veranlassung des Arbeitgebers eröffnetem Konto in einem sozialen Netzwerk auch private Daten gelangt sind? Diese Sachverhaltskonstellationen dürften nur über eine arbeitsvertragliche Regelung bei Eingehung des Beschäftigungsverhältnisses zu lösen sein. 4. Kündigung wegen der Nutzung sozialer Netzwerke Als kündigungsrelevante Pflichtverletzungen kommen, neben der Kündigung wegen Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken, die verbotswidrige Nutzung, die exzessive private Nutzung sozialer Netzwerke sowie der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. 5. Verbotswidrige/exzessive private Nutzung sozialer Netzwerke Bei der verbotswidrigen und bei der exzessiven privaten Nutzung sozialer Netzwerke kann auf die Rechtsprechung des BAG zur Kündigung wegen verbotswidriger/exzessiver Internetnutzung verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des BAG können sowohl eine verbotswidrige als auch eine exzessive private Nutzung des Internets, unter Umständen auch ohne vorherige Abmahnung, zur fristlosen Kündigung berechtigen.17 Ob und in welchen Fällen eine verbotswidrige Nutzung den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt ist, jedoch ebenso eine Frage des Einzelfalls wie die Frage, wann eine exzessive Nutzung vorliegt. 6. Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen Der in der Literatur18 häufig genannte Kündigungsgrund des Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bei der Nutzung sozialer Netzwerke spielt in der Praxis keine größere Rolle. Soweit ersichtlich, haben sich die Arbeitsgerichte bislang nicht mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Kündigung wegen einer Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch Äußerungen über Betriebsund Geschäftsinterna in sozialen Netzwerken gerechtfertigt sein kann. Dem Grunde nach wird ein Geheimnisverrat des Arbeitnehmers je nach Schwere des Verstoßes jedoch eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können.19 7. Kündigung wegen Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken Soziale Netzwerke verleiten offenbar dazu, Meinungen über den Arbeitgeber, die Kunden und Kollegen oftmals vorschnell und mit drastischen Worten kundzutun. Die den bisher veröffentlichten Entscheidungen zu Kündigungen wegen Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken zugrunde liegenden Sachverhalte20 zeugen jedenfalls von wenig Zurückhal- 42 2/2013 tung und sind an Deutlichkeit und Deftigkeit zum Teil kaum noch zu überbieten. Mögen Art und Tonfall auch nicht gefallen, ist grundsätzlich nichts gegen öffentliche Kritik einzuwenden. Schließlich gewährt Art. 5 Abs. 1 GG das Recht auf freie Meinungsäußerung. Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik ist noch von dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Formalbeleidigungen, Schmähungen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen sind hingegen von Art. 5 Abs. 1 GG nicht geschützt.21 Die allgemeinen Gesetze, die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre beschränken das Recht auf Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 2 GG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes können grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und seiner Vertreter und Repräsentanten einerseits oder von Arbeitskollegen andererseits einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtsnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen und eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG rechtfertigen.22 Die Beleidigung oder Schmähung muss allerdings nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den bzw. die Betroffenen bedeuten.23 Im Rahmen der Interessenabwägung ist des Weiteren stets auch zu berücksichtigen, ob die Äußerungen im privaten Bereich (vertraulich) oder öffentlich getätigt wurden. Als Ausdruck der Persönlichkeit ist eine vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre geschützt.24 Erfolgte die beleidigende oder ehrverletzende Äußerung etwa im vertraulichen Gespräch unter Arbeitskollegen, ist eine deshalb ausgesprochene Kündigung im Regelfall unwirksam.25 Ob und inwieweit Äußerungen in sozialen Netzwerken (noch) als vertraulich einzustufen sind, ist umstritten und hängt insbesondere davon ab, welcher zur Verfügung stehende Kommunikationsweg des sozialen Netzwerks (Öffentlich, Gruppe, Privat, Chat, Nachricht, Chronik etc.) verwendet wurde.26 Die Rechtsprechung geht bislang regelmäßig davon aus, dass Äußerungen in sozialen Netzwerken grundsätzlich keinen ver17 BAG v. 12.01.2006, NZA 2006, 980; BAG v. 27.04.2006, NZA 2006, 977; BAG v. 31.05.2007, NZA 2007, 922. 18 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433, 2435; Oberwetter, NJW 2011, 417, 420. 19 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2019, 2433, 2435. 20 Einen Überblick über die veröffentlichten Entscheidungen geben Bauer/Günther, NZA 2013, 67. 21 BAG v. 10.10.2002, NZA 2003, 1295. 22 BAG v. 12.1.2006, NZA 2006, 917. 23 BAG v. 12.1.2006, NZA 2006, 917; v. 10.10.2002, NZA 2003, 1295. 24 BVerfG v. 24.6.1996 , NJW 1997, 185; BAG 25 Bauer/Günther, NZA 2013, 67, 68. 26 Bauer/Günther, NZA 2013, 67, 68. ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 9 von 42, Aufsätze/Beiträge traulichen Charakter haben.27 Die verschiedenen Möglichkeiten der Kommunikation in sozialen Netzwerken erfordern jedoch regelmäßig eine Prüfung, ob die Äußerung als vertraulich und damit nicht kündigungsrelevant zu qualifizieren ist.28 8. Beweisverwertung Im Fall der Kündigung wegen grob beleidigender oder ehrverletzender Äußerungen in sozialen Netzwerken können sich im Kündigungsschutzprozess Beweisverwertungsfragen stellen.29 Ein Beweisverwertungs- oder Sachvortragsverbot existiert grundsätzlich weder im allgemeinen Zivil- noch im Arbeitsgerichtsprozess.30 Lediglich im Ausnahmefall, wenn ein Beweismittel unter erheblichem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht gewonnen wird, kann ein Beweisverwertungsverbot in Frage kommen.31 Ob bereits bei einem unter Verstoß gegen § 32 BDSG erlangten Beweismittel eine erhebliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist umstritten.32 Mit Blick auf das von der Rechtsprechung nur ausnahmsweise anerkannte Beweisverwertungsverbot wird nicht jeder Verstoß gegen das Datenschutzrecht ein Beweisverwertungsverbot nach sich ziehen.33 VI. Fazit Soziale Netzwerke sind längst im (Arbeits-)Alltag angelangt. Arbeitgeber kommen nicht umhin, sich Gedanken über den Umgang mit sozialen Netzwerken zu machen. Empfehlenswert ist eine klare Unternehmensstrategie zum aktiven Einsatz sozialer Netzwerke und Web 2.0-Anwendungen einerseits und der erlaubten privaten Nutzung sozialer Netzwerke andererseits. Die mit einer (erlaubten) Nutzung einhergehenden arbeitsrechtlichen Risiken können durch Verhaltensrichtlinien und arbeitsvertragliche Regelungen weitgehend minimiert werden. 27 ArbG Dessau-Roßlau v. 21.3.2012, ZD 2012, 344; ArbG Duisburg v 26.09.2012, NZA-RR 2013, 18; LAG Hamm v. 10.10.2012, ZD 2013, 93. 28 Bauer/Günther, NZA 2013, 67, 68. 29 Kort, NZA 2012, 1321, 1324. 30 Göpfert/Wilke, ArbRAktuell 2011, 159; Kort, NZA 2012, 1321, 1325. 31 BAG 21.06.2012, NZA 2012, 1025. 32 Bejahend ArbG Düsseldorf v. 3.5.2011, ZD 2011, 85; a.A. LAG Hamm v. 10.7.2012, ZD 2013, 135; offen gelassen BAG v. 13.12.2008, NZA 2008, 1008. 33 Kort, NZA 2012, 1321, 1325; a.A. Göpfert/Wilke, ArbRAktuell 2011, 159. Achtung Haftungsfalle: Ahnen muss der Anwalt, nicht wissen! Dr. Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss nach § 91a ZPO vom 21.11.2012, 2 U 16/12, ausführlich einen Haftungsanspruch gegen einen arbeitsrechtlich tätigen Rechtsanwalt festgestellt. Dieser hatte im Auftrag eines Mandanten eine Kündigungsschutzklage erhoben (jedoch ohne Schleppnetzantrag), nicht aber gegen eine weitere Kündigung des Arbeitgebers, von der der Anwalt gar nichts wusste. Diese Zweitkündigung, so meinte das Oberlandesgericht, hätte der Anwalt ahnen und die dagegen gebotenen Schritte einleiten müssen. Im Einzelnen: trag – zunächst – unzulässig gewesen. Es hätte an dem für den Erfolg einer entsprechenden Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse gefehlt. Dabei ist nicht ausreichend allein der Umstand, dass eine bestimmte Kündigung ausgesprochen worden und wegen dieser Kündigung ein Kündigungsrechtsstreit anhängig ist. Der klagende Arbeitnehmer hat vielmehr durch Tatsachenvortrag weitere streitige Beendigungsgründe in den Prozess einzuführen oder wenigstens deren Möglichkeit glaubhaft zu machen und damit zu belegen, warum an der Feststellung ein rechtliches Interesse bestehen soll. Zunächst ist hervorzuheben, dass das OLG die Nichterhebung der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die auf Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist (Schleppnetzantrag), nicht für haftungsrelevant hielt. Dazu bedürfe es konkreter Anzeichen dafür, dass der Arbeitgeber weitere Kündigungen nachschicken würde. Da in dem zugrunde liegenden Kündigungsschutzverfahren Grund der Kündigung ein einmaliger Vorfall war und keine Anhaltspunkte dafür existierten, dass weitere Vorfälle und damit weitere Kündigungen zu erwarten waren, wäre ein solcher An- Der unter dem Kündigungsschutz des Schwerbehindertengesetzes stehende Kläger war zunächst gekündigt worden, ohne dass der Arbeitgeber zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt hatte. Der Kläger beauftragte die später in Regress genommene Rechtsanwältin mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage. Während des daraufhin eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens erhielt der Arbeitgeber Kenntnis von der Anerkennung des Klägers als Schwerbehinderter und leitete daraufhin ein Zustimmungsverfahren ein. Auch in diesem Zustimmungsverfahren war die Prozessanwäl- 2/2013 43 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 10 von 42, Aufsätze/Beiträge tin für den Arbeitnehmer und späteren Haftungskläger tätig. Deshalb ging ihr auch der Bescheid des Integrationsamtes über die Zustimmung zu der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Kündigung zu. Für die Haftungsfrage besonders relevant hielt das OLG den Hinweis in dem Zustimmungsbescheid über den Eintritt der Fiktion gemäß § 91 SGB XI, wonach die Kündigung unverzüglich auszusprechen sei, anderenfalls sich die Arbeitgeberseite nicht mehr auf die Zustimmung berufen könne. Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitnehmer dann auch fristgerecht in der Folge des Zustimmungsbescheides. Von dem Zugang dieser Kündigung unterrichtete der Arbeitnehmer seine Prozessbevollmächtigte jedoch nicht, die demgemäß auch nicht rechtzeitig die Kündigungsschutzklage erweiterte. Einer solchen Kenntnis der Prozessbevollmächtigten von der weiteren Kündigung bedurfte es nach Auffassung des OLG für einen haftungsbegründenden Tatbestand aber auch nicht. Vielmehr habe es für die Prozessbevollmächtigte aufgrund des Zustimmungsbescheides feststehen müssen, dass der Arbeitgeber dem Kläger ordnungsgemäß kündigen werde. Es entlaste sie nicht, dass sie von ihrem Auftraggeber nichts mehr hörte. Vielmehr hätte sie vorsorglich eine entsprechende Anfrage an den Kläger stellen und in jedem Falle ohne eine Reaktion des Klägers vorsorglich eine Kündigungsschutzklage erheben müssen. Denn, wenn die erste Kündigung schon mangels Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam war, stand zu erwarten, dass der Arbeitgeber nunmehr erneut kündigen würde, so das OLG. Die Pflicht, alle Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind, hätte die Prozessbevollmächtigte nur eingehalten, wenn sie die erste Kündigungsschutzklage entweder vorsorglich um einen Schleppnetzantrag erweitert oder zumindest ihren Mandanten auf die Möglichkeit einer erneuten Kündigung mit dem Hinweis informiert hätte, dass dieser sich ggfs. sofort bei ihr melden müsse, damit die not- wendigen Schritte eingeleitet werden könnten. Weder das Eine noch das Andere hatte sie jedoch getan. Die Konsequenzen aus dieser Entscheidung sind nicht neu aber weiterhin unbefriedigend. Geht der Anwalt auf „Nummer Sicher“, erhebt er in jedem Falle den allgemeinen Feststellungsantrag und übt damit eine gebührenpflichtige Tätigkeit aus, die sich in der Regel jedoch auf einen unzulässigen Antrag richtet, der im schlimmsten Fall auch noch Gerichtskosten auslöst, für den er aber jedenfalls – da unzulässig – wiederum in der Regel nicht liquidieren kann. Will er diesen ärgerlichen Umstand unbezahlter Tätigkeit vermeiden, muss er den Mandanten darüber schriftlich belehren, zugleich darüber, dass die Rechtsschutzversicherung den Antrag nicht decken wird, er von dem Auftraggeber aber die Bezahlung fordert. Das wird das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant nicht gerade fördern. Nur wenige Mandanten werden die Einsicht haben zu erkennen, dass die Maßnahme ihrem Schutz dient und nicht nur der anwaltlichen Gebührenerhöhung, denn nochmals: In der Regel wird sich der Antrag als unzulässig erweisen. Wartet der Anwalt dagegen, bis er Anlass zu der Vermutung hat, eine neue Kündigung sei ausgesprochen worden und erhebt er dann ohne Kontakt mit dem Mandanten die allgemeine Feststellungsklage, setzt er sich dem Argument aus, er habe ohne Auftrag gehandelt, dieser Kündigung habe der Auftraggeber gar nicht entgegentreten wollen. Auch in diesem Fall hat er ohne Lohn gearbeitet. Begnügt er sich schließlich damit, lediglich den Arbeitnehmer zu informieren, droht ihm der Streit um die Frage, ob seine Information dem Auftraggeber überhaupt zugegangen sei und ob er nicht im Falle einer ausbleibenden Reaktion damit habe rechnen müssen, dass seine Information den Auftraggeber nicht erreicht hatte, was ihn ebenfalls zur auftragslosen Klageerhebung zwingen würde. Es mag sich jeder heraussuchen, welchen Weg er gehen will, um seine Haftung zu beschränken. Angenehm ist weder der eine oder der andere. Kein Urteil, keine Anmerkung Rechtsanwalt Martin Schafhausen, Frankfurt/M. Wieder einmal soll aus einem kurzen Hinweis in einem Terminbericht des Bundessozialgerichts (Nr. 64/12 vom 6.12.2012) „Kaffeesatz gelesen werden“. Dem Bericht ist zu entnehmen, dass sich die Beteiligten in dem Revisionsverfahren gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 2.9.2011 – L 9 AL 107/09, ASR 2011, 241–250, auf einen Vergleich verständigt haben. Was war geschehen? Die Arbeitgeberin der Klägerin des dortigen Verfahrens hatte, nachdem sie einen Reinigungsauftrag 44 2/2013 verloren hatte, der Klägerin wiederholt ordentlich und außerordentlich gekündigt. Das Landesarbeitsgericht hatte die Unwirksamkeit der ersten Kündigungen festgestellt, im zweiten Kündigungsschutzverfahren hatten sich die Beteiligten auf eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses verständigt. Parallel dazu waren Entgeltansprüche in Leistungsklagen geltend gemacht und aus den entsprechenden Entscheidungen die Zwangsvollstreckung betrieben worden. Die Klägerin hatte das Arbeitslosengeld „gleichwohl“ erhalten ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 11 von 42, Aufsätze/Beiträge und die Bundesagentur für Arbeit gegenüber der Arbeitgeberin den gesetzlichen Forderungsübergang angezeigt. Für einen ersten Zeitraum hatte die Bundesagentur den auf sie übergegangenen Vergütungsbestandteil realisieren können. Einige Zeit bevor vor dem Arbeitsgericht über den Vergütungsanspruch für den Folgezeitraum verhandelt wurde, hatte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin die Bundesagentur darauf aufmerksam gemacht, dass er die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin, soweit der Anspruch auf die Bundesagentur übergegangen wäre, zurücknehmen müsse, wenn die Klägerin von der Bundesagentur nicht zur Geltendmachung ermächtigt würde. An den Kosten könne sich die Bundesagentur dann anteilig beteiligen. Die Bundesagentur antwortete auf dieses Schreiben nicht. Die Klägerin musste daraufhin die Klage insoweit zurücknehmen. Obwohl auch in der Folgezeit noch einmal darauf hingewiesen wurde, dass die Bundesagentur wegen tariflicher Ausschlussfristen, die allgemeinverbindlich waren, ihrer Ansprüche verlustig gehen könne, veranlasste die Bundesagentur zunächst nichts und sah sich später dem Einwand ausgesetzt, die auf sie übergegangenen Vergütungsansprüche seien verfallen. Die Klägerin beantragte bei der Bundesagentur nach Ablauf der Förderungshöchstdauer, ihr weiter Arbeitslosengeld zu gewähren; an ihr habe es nicht gelegen, dass die Bundesagentur die ihr zustehenden Forderungen nicht realisieren konnte. Den Antrag lehnte die Bundesagentur ab, der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht Darmstadt gab der Klage, mit der die Klägerin diesen Anspruch weiterverfolgte, mit Urt. v. 5.3.2009 – S 11 AL 259/08 – statt und stützte dies auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die hiergegen von der Bundesagentur eingelegte Berufung blieb erfolglos. Das Hessische Landessozialgericht begründete sein Urt. v. 2.9.2011 – L 9 AL 107/09, ASR 2011, 241–250, nur hilfsweise über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, machte stattdessen darauf aufmerksam, dass die von der Rechtsprechung gebilligte Verwaltungspraxis, dass Zeiten, in denen Arbeitslosengeld gleichwohl gewährt wurde, dann „gutzuschreiben“ sind, wenn die Bundesagentur den auf sie übergegangenen Vergütungsanspruch realisiert, auf Billigkeitsgesichtspunkten beruht, die im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin alles in ihrer Macht stehende veranlasst hatte, die Bundesagentur zur Geltendmachung der auf sie übergegangenen Vergütungsansprüche zu veranlassen, ebenfalls zu einer „Gutschrift“ führen müssten. Es sei unbillig, der Klägerin nicht auch den Zeitraum, in der sie das Arbeitslosengeld gleichwohl erhalten habe, gutzuschreiben. Die von dem Hessischen Landessozialgericht zugelassene und von der Bundesagentur eingelegte Revision führte dann in der mündlichen Verhandlung zu einem Vergleich. Hintergrund des von dem Senat vorgeschlagenen Vergleichs war dabei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, auf die zunächst aufmerksam gemacht werden soll, dass auch aus einem während des Bezuges von Arbeitslosengeld im Wege der Gleichwohlgewährung (§ 157 Abs. 3 SGB III; § 143 Abs. 3 SGB III a.F., § 117 Abs. 4 AFG) fortbestehenden Arbeitsverhältnisses eine neue Anwartschaft auf Arbeitslosengeld entstehen kann (BSG, Urt. v. 11.6.1987 – 7 RAr 16/86; Urt. v. 3.6.2004 – B 11 AL 70/03 R; Urt. v. 4.7.2012 – B 11 AL 16/11 R). In der Praxis bedeutet dies, dass in solchen „Gleichwohlgewährungsfällen“, in denen der auf die Bundesagentur übergegangene Vergütungsanspruch realisiert werden, der Mandant zu veranlassen ist, gegebenenfalls einen neuen Bewilligungsantrag zu stellen. Kein Urteil, keine Anmerkung … eines so begründeten Vergleichs hätte es nicht bedurft, wenn die von den Vordergerichten vertretene Rechtsauffassung – in dieser besonderen Fallgestaltung entspräche die „Gutschrift“ der Billigkeit, obwohl der Vergütungsanspruch nicht realisiert werden konnte oder die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs griffen – auch vor dem Bundessozialgericht Bestand gehabt hätte. Daher ist der Schluss, die Bundesagentur hätte mit ihrer Revision Erfolg haben können, mehr als naheliegend. Man muss wohl annehmen, dass die Bundesagentur zumindest nicht zur Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung der übergegangenen Vergütungsansprüche gegen eine Kostenbeteiligung verpflichtet gewesen ist. Eine solche Schlussfolgerung lässt den arbeitsrechtlichen Berater durchaus ratlos zurück. Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung verneint – zu Recht – die Aktivlegitimation der Arbeitnehmerin in solchen Fallgestaltungen. Es liegt eine cessio legis vor, die dazu führt, dass nicht mehr die Arbeitnehmerin, wohl aber die Bundesagentur für Arbeit aktivlegitimiert ist. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung verneint eine Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit, die hiervon betroffenen Arbeitslosen zur Ermächtigung der Geltendmachung der Vergütungsansprüche gegen eine Kostenbeteiligung zu veranlassen. Ein Kostenersatz für die gerichtliche Geltendmachung ist wegen der arbeitsgerichtlichen Besonderheiten erstinstanzlich nicht zu erreichen. Das Kostenrisiko trägt also allein der Arbeitslose, nicht nur in den Fällen, in denen eine Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz gewährt, ein Problem. Es kommt hinzu, dass die Praxis zeigt, dass es durchaus schwierig ist, insbesondere bei nahendem Verfall der Ansprüche, von der Bundesagentur überhaupt eine (positive) Reaktion auf solche Anfragen, ob man denn zur Geltendmachung ermächtigt werde, zu erhalten. Die Bundesagentur täte gut daran, ihre diesbezügliche Verwaltungspraxis zu überprüfen und eine Weisungslage zu schaffen, die den Arbeitsagenturen vor Ort ein verbindliches Vorgehen vorschreibt. Auf solche Weisungen könnte man sich in der anwaltlichen Praxis gegenüber „zögerlichen“ Arbeitsagenturen durchaus berufen. In den nicht so seltenen Verfahren, in denen nicht nur Kündigungen angegriffen werden, sondern auch Vergütungsansprüche geltend zu machen sind, um sie vor dem Verfall bei (zweistufigen) Ausschlussfristen zu schützen, sind die Mandanten über die arbeitsförderungsrechtlichen Auswirkungen 2/2013 45 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 12 von 42, Aufsätze/Beiträge und Notwendigkeiten umfassend zu unterrichten und zu belehren. Kein Urteil, keine Anmerkung – die Angelegenheit zeigt, dass auch solche „Nichtentscheidungen“ in der anwaltlichen Praxis zu beachten sind. Kostenfallen beim Vergleichsschluss vermeiden Volker Thiele, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Düren Schließen die Parteien einen Vergleich, der das gesamte Verfahren erledigt, entfällt die gerichtliche Verfahrensgebühr gemäß Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz Nr. 8210 Abs. 2. Wird jedoch über Teile des anhängigen Verfahrens anderweitig entschieden, sind die Voraussetzungen der Norm nicht erfüllt und die Verfahrensgebühr muss bezahlt werden. Dieser Sachverhalt sollte weitgehend bekannt sein. Es gibt allerdings Sachverhalte, die so versteckt zur Aufrechterhaltung der Verfahrensgebühr führen, dass sie selbst das Arbeitsgericht Köln zu folgender Bemerkung veranlasst haben: „Die Kammer möchte jedoch keinen Hehl daraus machen, dass die Regelungen in Teil 8 des Kostenverzeichnisses wenig praxisnah sind und teilweise – sowohl zu Lasten der Kostenschuldner als auch zu Lasten der Staatskasse – zu ungerechten Ergebnissen führen können. Die Kammer ist aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und es steht ihr nicht zu, die gesetzgeberischen Entscheidungen durch eigene Wertungen zu ersetzen.“ (Beschl. v. 12.4.2013, 2 Ca 9003/12). Hintergrund dieses Beschlusses war ein Verfahren, in dem der Kläger sich gegen eine Kündigung wehrte und zugleich die Zahlung diverser Lohnbestandteile einforderte. Unmittelbar vor dem Gütetermin erfüllte der Arbeitgeber einige der Zahlungsforderungen, was die Parteien übereinstimmend im Termin erklärten. Das nahm der Vorsitzende Richter zum Anlass, in das Protokoll aufzunehmen, dass die Parteien die hierauf bezogenen Anträge übereinstimmend für erledigt erklären würden. Im unmittelbaren Anschluss daran schlossen die Parteien über die Kündigung und die verbleibenden Zahlungsanträge einen abschließenden Vergleich. Am Schluss des Gütetermins war das Verfahren also umfassend beendet. Die Parteivertreter gingen von einem Wegfall der Verfahrensgebühr aus. Das war jedoch ein Irrtum, denn alsbald danach erhielt der Kläger von der Gerichtskasse eine Kostenrechnung über eine Verfahrensgebühr. Als er sich dagegen unter Hinweis darauf, dass der Vergleich mit Rücksicht auf das vorangegangene Geschehen doch abschließenden Charakter hatte, zur Wehr setzte, wurde er belehrt, dass ja durch den Vergleich nicht das gesamte Verfahren erledigt worden sei. Ein Teil wäre ja schon zuvor durch schlichte Erledigungserklärung beendet worden, also nur der restliche Teil durch den Vergleich. Über die Kos- 46 2/2013 ten des für erledigt erklärten Teils sei daher von Amts wegen gesondert entschieden worden. Die Beendigung des Verfahrens insgesamt beruhe also z.T. auf einem Vergleich, zum Teil auf einer gerichtlichen Entscheidung. Deshalb entfalle die Verfahrensgebühr eben nicht. Dem schloss sich das Gericht in dem bereits wiedergegebenen Beschluss an. Was hätte geschehen müssen, um diese doch etwas kuriose Kostenfolge zu vermeiden? Die Parteien hätten vor Abgabe jeglicher prozessbeendender Erklärung den gesamten Streitstoff erörtern und auf eine Einigungsmöglichkeit überprüfen müssen. In diesem Fall hätten sie in einem Gesamtvergleich nur noch geregelt, was bezüglich der Kündigung zu geschehen habe und welche der eingeklagten Forderungen noch zu erfüllen seien, wobei die bereits erfüllten nicht mehr erwähnt worden wären. Das hätte zur umfassenden Erledigung des Rechtsstreits genügt. Eine Ausgleichsklausel hätte das zwar noch deutlicher machen können, wäre aber nicht erforderlich gewesen. Was manchmal aus verhandlungstaktischen Gründen sinnvoll ist, nämlich einen umfangreichen Streitgegenstand Stück für Stück abzuarbeiten, kann also zur Kostenfalle werden. Als angenehmer Nebeneffekt eines umfassenden Vergleichs wäre der Streitwert für die Einigungsgebühr gestiegen. Aber auch das kann man vermeiden. Es hätte genügt, wenn die Parteien im Zusammenhang mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung von Zahlungsanträgen auch ihre Einigung darüber zu Protokoll gegeben hätten, wer die Gerichtskosten des erledigten Teils zu tragen habe. Sie hätten das aber auch noch im Rahmen des abschließenden Vergleichs nachholen können. Eine solche Regelung kann bei sachlicher Betrachtung keinen materiellen Streit unter den Parteien auslösen, denn die Folge der Regelung der Kostenpflicht wäre ja mit Rücksicht auf die einleitend dargestellte Bestimmung des Kostenverzeichnisses der Wegfall der Gerichtskosten gewesen, über deren Tragungspflicht man sich gerade geeinigt hat. Übrig bleiben allein Zustellungskosten, die zumeist wegen Geringfügigkeit nicht erhoben werden. Diese Vermeidungsstrategien können aber an der Richtigkeit des Zitats aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Köln nichts ändern. DAV und BRAK sind aufgerufen, auf eine Änderung der Bestimmung zum Gerichtskostengesetz hinzuwirken. ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 13 von 42, Aufsätze/Beiträge Hanseatisches Oberverwaltungsgericht: Auch rückgedeckte Unterstützungskasse ist nicht insolvenzsicher – Warum rückgedeckte Unterstützungskassen zur Arbeitgeberhaftung führen – PM Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm, München Das Hamburger OVG stellt in seinem Urt. v. 14.1.2010 (Az. 4 Bf 22/08) klar, dass auch bei rückgedeckten Unterstützungskassen (UK) ein im Vergleich zu Pensionsfonds und Direktversicherungen erhöhtes Insolvenzrisiko für Arbeitnehmer besteht. Denn die Rückdeckungsversicherungen einer UK bieten keinerlei Insolvenzschutz, sondern stellen lediglich ein Finanzierungsinstrument dar. 1. Folgen einer Insolvenz des Arbeitgebers für die UK Wenn der Arbeitgeber in der Insolvenz seine Prämienzahlungen an die UK einstellt, wird die UK regelmäßig gezwungen sein, seine Leistung sogar unter die zugesagten Versorgungsleistungen zu reduzieren. Dann haftet der Arbeitgeber für die Differenz alleine, und bei seiner Insolvenz muss der Pensionssicherungsverein einspringen. Der beklagte PSVaG weist auch auf die Möglichkeit hin, dass der Arbeitgeber sogar den Rückkauf der Rückdeckungsversicherungen über die Gremien der UK erreichen könnte, so dass dieses Deckungskapital der UK für die Arbeitnehmer verloren geht und die nun ausschließlich gegen den Arbeitgeber gerichteten Ansprüche bei dessen Insolvenz vom PSVaG getragen werden müssen. Auch der Insolvenzverwalter kann von der UK die Herausgabe der Rückdeckungsversicherungen verlangen, sofern etwa die Versorgungszusagen gegenüber den Arbeitnehmern widerrufen werden, wenn eine Sanierung geplant ist (BAG, Urt. v. 29.9.2010, Az. 3 AZR 107/08). 2. Zillmerung belastet die Versorgungszusagen des Arbeitgebers 3. 80 %, 90 % oder mehr für Abschluss- und Verwaltungskosten Die Rückdeckungsverträge der Versicherer sind meist so gestaltet, dass in den ersten 12 bis 24 Monaten gar kein Deckungskapital für die UK gebildet wird, und der Rückkaufswert „null“ ist oder bei weniger als der Hälfte der eingezahlten Beiträge liegt. Von diesen Beiträgen ernähren sich Versicherer und Vermittler. Dennoch haftet der Arbeitgeber für die zugesagten Versorgungsleistungen. Problematisch aus Haftungssicht des Arbeitgebers ist insbesondere auch eine Entgeltumwandlung über die UK, weil das Gesetz hier die Wertgleichheit mit dem umgewandelten Entgelt verlangt. 4. Keine Kongruenz zwischen Deckungskapital und Versorgungszusage Dass das bei der UK gebildete Vermögen so gut wie nie ausreichen wird, die zusagten Versorgungen vollständig zu finanzieren, wird Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelmäßig verschwiegen. Denn die Versorgungszusagen sind so auf die Rückdeckungsversicherung abgestimmt, dass sie einen ungestörten Verlauf bis zum Pensionsbeginn voraussetzen, der jedoch in der Praxis eine seltene Ausnahme darstellt. Die vom Vermittler gebotenen hübschen Beispielsrechnungen zur Illustration, mit Renditen und Wertsteigerungen der Rückdeckungsversicherung gehen allenfalls nur mit planmäßiger Beitragszahlung bis zum Ablauf auf – bei näherer Prüfung müssen sie aber allenfalls als Phantasiegebilde nach dem Prinzip Hoffnung gesehen werden, weil oft mit allzu optimistischen Prognosen gerechnet wird. 5. Insolvenz der UK ist nicht vom Schutz durch Wenn der Arbeitgeber überraschend insolvent wird, oder Mit- den PSVaG erfasst arbeiter nach einigen Jahren beim Arbeitgeber ausscheiden, stellen die Arbeitnehmer regelmäßig fest, dass nur ein kleiner Bruchteil der in die UK einbezahlten Beiträge noch als Kapital zur Altersversorgung vorhanden ist. Das ist an sich nicht schlimm, denn die Versorgungsansprüche richten sich nach der Versorgungszusage und nicht nach dem, was in einem Finanzierungsinstrument der Unterstützungskasse – der Rückdeckungsversicherung – tatsächlich vorhanden ist. Für den Rest haftet der Arbeitgeber und nur im Insolvenzfall des Arbeitgebers der PSVaG, eben aus dem Grunde der stets vorhandenen Arbeitgeberhaftung. Das OVG Hamburg stellt klar, dass die Insolvenz bzw. Zahlungsunfähigkeit der UK oder anderer Versorgungsträger in der BAV gerade nicht vom Betriebsrentengesetz erfasst wird. In allen diesen Fällen haftet nämlich der Arbeitgeber für seine Zusage. Wird hingegen der Arbeitgeber insolvent, ist der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wirtschaftlich wertlos, und die UK kann die lediglich ohne Rechtsanspruch zugesagten Leistungen jederzeit einstellen – etwa, wenn das infolge ausbleibender weiterer Beiträge viel zu geringe Deckungskapital aufgebraucht ist. Die UK hat dem Ein- 2/2013 47 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 14 von 42, Aufsätze/Beiträge wand des fehlenden Rechtsanspruchs auch nicht mehr entgegenzusetzen, als dass dieser keine praktische Bedeutung hätte, da ja eine rechtsverbindliche Zusage des Arbeitgebers bestehe. 6. Kaum Schutz für geschäftsführende Gesellschafter (GGF) und Top-Manager Der PSVaG schützt nur die Versorgung echter Arbeitnehmer, so dass der GGF im Zweifel im Insolvenzfall buchstäblich „mit dem Ofenrohr ins Gebirge schaut“, also leer ausgeht. Handelt es sich um Top-Manager, als echte Arbeitnehmer, wird über den PSVaG meist nur ein relativ geringer Anteil der Altersrente im Insolvenzfall bezahlt werden, denn der PSVaG leistet nicht in beliebiger Höhe. 7. UK als Finanzierungsinstrument mit aufgeschobener Insolvenz des Arbeitgebers In der Vertriebspraxis werden Arbeitnehmern und Arbeitgebern zahlreiche Vorteile, insbesondere bei den Abgaben angepriesen. Dass jedoch Versorgungszusagen dann leider etwa in 25 Jahren auch einzulösen sein werden, wird in der Gegenwart oft als nebensächliches Problem angesehen. Für die Masse des Mittelstandes kommt das böse Erwachen erst spät, weil es keine Pflicht für Steuerberater gibt, die real bereits aufgetürmten Schulden aus Versorgungszusagen in der Steuerbilanz (mit) auszuweisen. 8. Haftungsmaximierung für Arbeitgeber durch Kostenmaximierung bei der UK Den Betreibern von UK kommt es auf die Erzielung hoher Courtagen an, weshalb vielfach auch noch ein Makler in den Vertrieb eingebunden ist. Dessen hohe Courtagen zu Lasten der Versorgung der Arbeitnehmer und bei Entgeltumwandlung von diesen finanziert, relativieren sich allerdings, wenn man die Erkenntnis mehrere Staatanwaltschaften berücksich- 48 2/2013 tigt, dass oft auch Betriebsräte oder Geschäftsführer davon zu bestechen sind. Dabei könnte die UK z.B. auf die Idee kommen, dass die ursprünglichen Rückdeckungsversicherungen nicht mehr optimal sind, sie kündigen und neue mit neuer Provision abschließen. Die Mehrheit der Arbeitgeber, selbst DAX-Konzerne, haben selten irgendwelche Vorkehrungen getroffen, damit die UK nicht durch unnötige Abschluss- und Verwaltungskosten die Arbeitgeberhaftung laufend maximiert. Doch zeichnet sich hier eine Notbremse ab, da manches kostenlose Vertragsmuster von der Stange aus dem Versicherungsvertrieb, gestaltet von Betriebswirten unter Verstoß gegen beispielsweise das Rechtsberatungsgesetz, zum praktikablen Ansatz für die vollständige Rückabwicklung wird, sobald der Arbeitgeber seine bisher wenig beachtete Haftungsvielfalt erkennt. 9. Keine Aufklärungspflicht der UK zu Kosten der Rückdeckungsversicherung Den Arbeitnehmern wie auch dem Arbeitgeber wird erklärt, dass die Beiträge zu 100 % der UK zugute kommen und von dieser zu 100 % in die Rückdeckungsversicherungen eingezahlt werden. Dass diese dann an den vermittelnden Makler einen Großteil der ersten 5 Jahresprämien jeder einzelnen Entgeltumwandlung als Courtage zahlt, zulasten des angesammelten Versorgungsvermögens, wird hingegen verschwiegen. Dies völlig zu Recht, denn es liegt bei der Vermittlung einer UK-Versorgung keinerlei regulierte Versicherungsvermittlung gegenüber dem Arbeitgeber und erst recht nicht in Bezug auf den Arbeitnehmer vor. Damit entfallen alle Pflichten des Maklers wie auch des Versicherers zur Aufklärung über die enthaltenen Kostenverrechnungen. Selbst über den laufenden Rückkaufswert jeder Versicherung muss der Versicherer nur die UK informieren – was diese dann dem Arbeitgeber berichtet, bleibt ihr selbst überlassen. Erst versicherungsmathematische Gutachten haben hier schon oft zu gesteigerter Transparenz und dazu geführt, dass Arbeitnehmer wie Arbeitgeber sich ihres Irrtums über die tatsächlichen Verhältnisse bewusst wurden. ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 15 von 42, Aufsätze/Beiträge Nachruf: Paul-Werner Beckmann † Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe die traurige Pflicht, Ihnen berichten zu müssen, dass unser Kollege Paul-Werner Beckmann nach kurzer Krankheit am 1. Mai 2013 verstorben ist. Paul-Werner Beckmann gehörte zu den Kollegen, die im Frühjahr 1981 die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht in Dortmund aus der Taufe gehoben und seitdem praktisch immer dabei waren. Wir alle kennen Paul-Werner Beckmann von unzähligen Tagungen, auf denen er mit beachtenswerten Beiträgen mitgewirkt hat. Neben dem Engagement in unserem Kreis war Paul-Werner Beckmann langjähriges Vorstandsmitglied im Deutschen Anwaltverein und kraft dieses Amtes von 2001 bis 2011 entsandtes Mitglied in unserem Geschäftsführenden Ausschuss und bis 2010 auch im Arbeitsrechtsausschuss des DAV. Im Jahre 2011 wurde ihm für seine besonderen Verdienste das Ehrenzeichen der Deutschen Anwaltschaft verliehen. Seine zweite juristische „Liebe“ galt bekanntermaßen dem Sportrecht. Er gehörte zu den Mitbegründern der Arbeitsge- meinschaft Sportrecht und war insbesondere an den Kontaktstellen zum Arbeitsrecht sehr interessiert. Wir haben Paul-Werner Beckmann als fairen und gradlinigen Vertreter des DAV wahrgenommen. Er hat sich gleichermaßen stets mit großem Erfolg und Geschick beim DAV für die Belange der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht eingesetzt. Seine menschliche und sympathische Art haben wir immer geschätzt. Ihm gebührt deshalb unser besonderer Dank und unsere Anerkennung, auch über seinen Tod hinaus. Wir werden ihn stets in angenehmer Erinnerung behalten. Wer Paul-Werner Beckmann auf unserer letzten Tagung im März in München gesehen hat, wusste, dass er gesundheitlich sehr angegriffen war. Ich habe bei der Abendveranstaltung mit ihm an einem Tisch gesessen, er war voller Pläne, noch für den Juni war er als Referent auf dem Deutschen Anwaltstag fest eingeplant. Uns hat deshalb sein Tod überrascht und sehr betroffen gemacht. Dr. Johannes Schipp Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV Wenn aus Vertragspartnern Gegner werden Das komplexe Verhältnis von Unternehmern, Führungskräften und D&O-Versicherern im Haftpflicht/Schadenprozess Dr. Stephan Röhrborn, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Düsseldorf, hat unter dem genannten Titel zusammen mit der Juristin und führenden Mitarbeiterin der Allianz Sondergesellschaft für D&O Versicherungen, Heike Krüger, einen sehr informativen Vortrag gehalten, für den es zwar keinen druckreifen Fließtext gibt, aber zahlreiche übersichtliche und dennoch textreiche Präsentationen, die Sie als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft unter folgendem Link abrufen können: http://www.rbj.de/files/pdf/RBJ-SR-Workshop-DO-13-03.pdf 2/2013 49 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 16 von 42, Inhalt: Entscheidungen Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen Seite 93. Allgemeines Vertragsrecht 76. 77. Seite Betriebliche Altersversorgung, Gesamtzusage durch Errichtung einer Versorgungseinrichtung 56 Bewerbungsverfahren, Bestenauswahl im öffentlichen Dienst, befristete Stellenbesetzung 52 94. AGG, Bewerbungsverfahren, fehlender Zugangsnachweis bei Bewerbung per E-mail 52 Betriebliche Altersversorgung, Auslegung, Berücksichtigung von Nachtzulagen 56 95. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung einer Anpassungsregelung 56 78. AGG, Bewerbungsverfahren, Eignungsbeurteilung nur anhand objektiver Kriterien 52 79. AGG, Benachteiligung, Mehrurlaub für ältere Arbeitnehmer 52 Bestandsschutz 96. Abmahnung, Entfernung aus der Personalakte 56 80. Entgeltfortzahlung, fehlende Kausalität bei vermeintlich ruhendem Arbeitsverhältnis 53 97. Kleinbetrieb, Zusammenrechnung mehrerer Betriebsteile 56 81. Mobbing, Ausgrenzung innerhalb der Belegschaft, keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch wahre Tatsachenbehauptung 53 98. Kleinbetrieb, Treuwidrige Kündigung nach mutterschutzrechtlichem Beschäftigungsverbot; zusätzlicher Entschädigungsanspruch nach AGG 56 82. Urlaub, Verzugslohn bei unzureichender Anordnung von Betriebsurlaub, Brückentage, keine Benachteiligung von Schwerbehinderten, die keine Mehrarbeit leisten 53 99. Betriebsbedingte Kündigung, Vorbereitung eines Betriebsübergangs 58 83. Ausschlussfrist, Wahrung der Frist durch Beschäftigungsklage 54 84. Ausschlussfrist, Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag 54 85. Zeugnis, kein Verzicht auf Ehrlichkeitsvermerk nach unberechtigter Verdachtskündigung 54 86. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Karenzentschädigung, Ermessensentscheidung 54 87. Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsmissbrauch bei konzerninterner Überlassungsgesellschaft, nicht nur vorübergehende Überlassung, Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (I) 54 88. 89. Arbeitnehmerüberlassung, nicht nur vorübergehende Überlassung, Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (II) 55 Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag im Fleischereigewerbe 55 90. Arbeitnehmerüberlassung, Equal-Pay, unzulässige Tarifwechselklausel 55 91. Arbeitnehmerüberlassung, transparenz 92. 50 Ausschlussfrist, In55 Betriebsübergang, Unterrichtungsschreiben, Information über die Möglichkeit des Widerspruchs und dessen Folgen 55 2/2013 100. Verhaltensbedingte Kündigung, Silvesterknaller im Dixie-Klo 59 101. Verhaltensbedingte Kündigung, vorsätzlich fehlerhafte Arbeitszeiterfassung 59 102. Verhaltensbedingte Kündigung, Manipulation der Zeiterfassung zugunsten eines Kollegen 59 103. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzung 60 104. Änderungskündigung, keine soziale Rechtfertigung durch Bedürfnis nach Tarifeinheit 60 105. Auflösungsantrag, keine Auflösung bei auch maßregelnder Kündigung 60 106. Befristung, Sachgrund, nachträgliche Vereinbarung einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen des Rentenalters 60 107. Befristung, Sachgrund, mittelbare Vertretung, Darlegungslast des Arbeitgebers zur Vertretungskette 60 108. Befristung, Erweiterung der sachgrundlosen Befristung durch Tarifvertrag mit Öffnungsklausel, wirksame Bildung paritätischer Ausschüsse 61 Betriebsverfassungsrecht / Personalvertretungsrecht 109. Status, Leitender Angestellter, Personalkompetenz 61 110. Betriebsrat, Kostenerstattung, Erforderlichkeit des Rechtsmittelzuges 62 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 17 von 42, Inhalt: Entscheidungen Seite 111. Betriebsrat, Kostenerstattung, Begünstigungsverbot, pauschale Kostenerstattung und Mehrarbeitsvergütung 62 Seite 125. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung nach Fristversäumnis, Zurechnung des Anwaltsverschuldens 66 112. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Arbeitszeit, kein Unterlassungsanspruch gegen vorläufigen Dienstplan 62 126. Prozessfähigkeit, Anfechtung eines Vergleichs wegen Geschäftsunfähigkeit 66 113. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Vergütungssystem 62 114. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (I) 63 115. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (II) 63 116. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (III) 63 117. Betriebsratsmitglied, Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, Unwirksamkeit der Beschlussfassung bei Verhinderung beteiligter Betriebsratsmitglieder 63 118. Einigungsstelle, gerichtliche Einsetzung gem. § 98 ArbGG, „offensichtliche Unzuständigkeit“ bei älterer Rechtsprechung 63 119. Personalvertretungsrecht, keine Versetzung bei bloß personalvertretungsrechtlicher Zuordnung 63 127. Einstweilige Verfügung, Beschäftigungsanspruch, Verfügungsgrund bei Erteilung eines Hausverbots 66 128. Berufung, Zulässigkeit, unzureichende Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung (EqualPay-Vergütung) 66 129. Errichtung einer Einigungsstelle, kein Erfordernis außergerichtlichen Einigungsversuchs 68 130. Errichtung des Wirtschaftsausschusses, Klärung im Beschlussverfahren 68 131. Nichtzulassungsbeschwerde, Aktenwidrige Feststellungen, Anspruch auf AGG-Entschädigung 68 132. Kostenerstattung, Übersetzung der Verfahrensunterlagen für ausländische Partei 69 Sonstiges 133. Schwerbehinderung, Integrationsamt, keine Zustimmung zur Kündigung ohne Prüfung der Namensliste, „Schlecker-Kündigung“ 69 134. Schadenersatz, Verhängung einer Sperrzeit wegen vereinbarungswidriger Angabe des Kündigungsgrundes 69 135. PKH, Verwertung von Immobilienbesitz 69 Tarifvertragsrecht 136. PKH, „steckengebliebener“ Antrag bei Tod der Partei 69 120. Tarifrecht, CGZP-Tarifverträge, kein Vertrauensschutz in die Tariffähigkeit einer Vereinigung, Ablehnung des „faktischen Tarifvertrages“ jedenfalls bei fehlender Rückabwicklung 64 137. PKH, Vergleichsmehrwert, rechtzeitige Antragstellung, kein konkludenter Antrag auf zukünftige Streitgegenstände 70 121. Tarifvertrag, Arbeitnehmerüberlassung, Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag 64 Streitwert und Gebühren 122. AVR-Caritas, Stichtagsregelung bei kinderbezogener Entgeltzulage 64 138. Streitwert, Abmahnung, keine pauschale Bewertung mit einem Monatsgehalt, sondern nach der Gefährdung des Arbeitsverhältnisses 70 139. Streitwert, Versetzung Prozessuales 123. Gerichtsbarkeit, Beschäftigung durch ausländischen Staat mit hoheitlichen Aufgaben 64 124. Rechtsweg, Streitigkeit über Beitragszuschuss zum Versorgungswerk bei angestelltem Rechtsanwalt 65 71 140. Streitwert, gespaltener Kündigungsschutzantrag, Freistellung 71 141. Streitwert, Beschlussverfahren, Anfechtung der Betriebsratswahl 71 142. RVG, keine Terminsgebühr für Telefonat über Rechtsmittelrücknahme 71 2/2013 51 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 18 von 42, Rechtsprechung Allgemeines Allgemeines Vertragsrecht Vertragsrecht Allgemeines Vertragsrecht 76. Bewerbungsverfahren, Bestenauswahl im öffentlichen Dienst, befristete Stellenbesetzung 1. Ein öffentlicher Arbeitgeber kann aus sachlich vertretbaren Gründen festlegen, dass eine Stelle nur befristet besetzt werden soll. 2. Wird ein Bewerber nicht berücksichtigt, der in seiner Person nicht die Möglichkeit bietet, mit ihm einen wirksamen befristeten Vertrag abzuschließen, verstößt dies nicht gegen Art. 33 Abs. 2 GG. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 16.1.2013, 15 SaGa 1738/12 77. AGG, Bewerbungsverfahren, fehlender Zugangsnachweis bei Bewerbung per E-mail Aus den Entscheidungsgründen: Jedenfalls hat der Antragsteller nicht ausreichend dargelegt, dass er zum Kreis der Bewerber gehört. Insofern fehlt der Nachweis, dass seine als E-Mail abgeschickte Bewerbung vom 20.11.2011 bei dem Antragsgegner zugegangen ist. Eine Willenserklärung geht unter Abwesenden zu, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (Palandt/Ellenberger, § 130 BGB Rn 5). Eine E-Mail geht insofern zu, wenn sie in der Mailbox des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert wird. Die Beweislast kommt demjenigen zu, der sich auf den Zugang beruft (OLG Düsseldorf v. 26.3.2009 – 7 U 28/08). Für den Zugang einer E-Mail kann möglicherweise eine Eingangs- oder Lesebestätigung einen Nachweis erbringen. Ein Ausdruck der E-Mail ohne Eingangs- oder Lesebestätigung reicht für einen Anscheinsbeweis nicht aus (AG Bremen v. 15.4.2009 – 23 C 494/06). Ein Beweis des ersten Anscheins für den Eingang in die Mailbox des Empfängers ergibt sich auch nicht bereits dann, wenn der Erklärende die Absendung der E-Mail beweisen kann (OLG Köln v. 5.12.2006 – 3 U 167/05). ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 27.11.2012, 15 Ta 2066/12 78. AGG, Bewerbungsverfahren, Eignungsbeurteilung nur anhand objektiver Kriterien Aus den Entscheidungsgründen: Der Kläger hätte gemäß § 62 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, weil ihm nach § 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung für die angestrebte Stelle auf der Grundlage eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der Stelle – unter besonderer Berücksichtigung der konstitutiven Elemente – und seinem Leistungsprofil nicht offensichtlich fehlte. Als „konstitutiv“ einzustufen sind diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspiel- 52 2/2013 räume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten – bejahend oder verneinend – festgestellt werden können. Bei Letzteren geht es um Merkmale, die sich erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in den Blick nehmenden Werturteils erschließen (VGH BadenWürttemberg v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10). Die Beklagte hat eine Stelle als Rechnungsamtsleiter ausgeschrieben. In der Stellenausschreibung wurde lediglich angegeben, die Stelle sei besonders für Absolventen der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen geeignet. Eine besondere Ausbildung oder ein Examensergebnis mit einer Mindestpunktzahl wurde nicht verlangt. Darüber hinausgehende, besondere Fachkenntnisse im Sinne einer einzelnen Fachrichtung oder einer einzelnen Befähigung wurden in der Ausschreibung nicht zwingend vorausgesetzt; ebenso wenig Berufsoder gar Leitungserfahrung. Die Ausschreibung stellt damit keine Anforderungen, welche nicht durch die vom Kläger absolvierte Ausbildung an einer staatlichen Hochschule für Verwaltung als erfüllt angesehen werden können. Daher ergibt sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist. (…) Die Beklagte macht geltend, der Kläger sei persönlich nicht geeignet für die ausgeschriebene Stelle. Damit bezieht sich die Beklagte ausdrücklich nicht auf Merkmale, die die fachliche Eignung des Klägers berühren; die bessere Eignung von Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung auch nicht aus, wie sich aus § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG ergibt (BVerwG v. 3.3.2011 – 5 C 16.10). Es kann dahinstehen, ob die Beklagte Gründe, die die persönliche Eignung betreffen, für den Nachweis, dass für die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch ausschließlich andere Gründen als die Behinderung erheblich waren, heranziehen kann (so VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 21.8.2012 – 4 S 530/12) Jedenfalls hat die Beklagte – selbst unter Zugrundelegung dieser Möglichkeit – nicht den vollen Beweis darüber erbracht, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. ■ Verwaltungsgericht Karlsruhe vom 8.2.2013, 8 K 1153/12 eingereicht von Rechtsanwalt Jochen Link Niedere Straße 63, 78050 Villingen-Schwenningen Tel.: 07721/33166, Fax: 07721/33197 [email protected]; www.anwaltskanzlei-vs.de 79. AGG, Benachteiligung, Mehrurlaub für ältere Arbeitnehmer Ein zweitägiger Mehrurlaub für über 58-Jährige dient der Sicherstellung des Schutzes der Beschäftigung älterer Arbeit- ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 19 von 42, Rechtsprechung Allgemeines Vertragsrecht nehmer in objektiv, angemessen legitimer Weise i.S.d. § 10 Satz 1 und 3 Nr. 1 AGG. Die verlängerte Urlaubsgewährung verhilft älteren Beschäftigten bei genereller Betrachtung zur Absicherung ihrer Erwerbsfähigkeit. Die ILO-Empfehlung Nr. 162 vom 23.6.1980 nennt in Ziff. III Nr. 14 Buchst. b und c sowohl die Verkürzung der Arbeitszeit als auch die Verlängerung des bezahlten Jahresurlaub in Referenz zum zunehmenden Lebensalter als betrieblich probates Mittel zum Schutz der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 7.9.2012, 6 Sa 709/11 80. Entgeltfortzahlung, fehlende Kausalität bei vermeintlich ruhendem Arbeitsverhältnis Ansprüche auf Vergütung von Feiertagen und Krankheitszeiten setzen voraus, dass die Arbeitsleistung allein wegen des Feiertags oder der Erkrankung ausfallen. Daran fehlt es, wenn die Parteien aufgrund einer zunächst gewährten, nachträglich wieder entzogenen Erwerbsminderungsrente von dem Ruhen der beiderseitigen Hauptpflichten ausgegangen sind. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 15.1.2013, 1 Sa 363/12 81. Mobbing, Ausgrenzung innerhalb der Belegschaft, keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch wahre Tatsachenbehauptung 1. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Dritte, auf die er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung zu gelten, und es daher gilt, so genanntes folgenloses oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen müssen in der Regel hingenommen werden, und zwar auch dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbesondere das berufliche Wirken des Einzelnen. 2. Die (zutreffende) Äußerung, die aus anhängigen Vergütungsklagen resultierenden wirtschaftlichen Risiken stünden Allgemeines Vertragsrecht der Gewährung von Sonderzahlungen entgegen, ist zur Stigmatisierung oder sozialen Ausgrenzung der Kläger nicht geeignet, auch wenn sie innerhalb der Belegschaft zu Anfeindungen führt. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 7.9.2012, 6 Sa 703/11 82. Urlaub, Verzugslohn bei unzureichender Anordnung von Betriebsurlaub, Brückentage, keine Benachteiligung von Schwerbehinderten, die keine Mehrarbeit leisten Aus den Entscheidungsgründen: 1. (…) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht dargelegt, dass sie die erforderliche Freistellungserklärung im Hinblick auf die Gewährung von Erholungsurlaub gegenüber dem Kläger abgegeben hat. Sie hat vielmehr vorgetragen, dass die Belegschaft und damit auch der Kläger darüber informiert wurde, dass der Betrieb an den Brückentagen, das heißt auch am 30.4.2012, geschlossen bleibt und die Mitarbeiter sich entscheiden können, ob sie an diesem Tag Urlaub nehmen wollen oder eine Verrechnung mit Mehrarbeit an anderen Tagen (Ausgleich über Arbeitszeitkonto) vornehmen möchten. Damit wurde keine Freistellungserklärung im oben dargestellten Sinne abgegeben. Die Beklagte hat es als Arbeitgeberin vielmehr den Arbeitnehmern überlassen, ob diese einen Antrag auf Gewährung von Erholungsurlaub für den fraglichen Tag stellen möchten oder den Ausgleich über das Arbeitszeitkonto vorziehen. Die Beklagte selbst hat im Vorfeld des 30.4.2012 keine Freistellungserklärung bezüglich der Urlaubsgewährung abgegeben, sondern nur entschieden, dass der Betrieb geschlossen bleibt, und im Übrigen den Mitarbeitern zwei verschiedene Vorgehensweisen bezüglich der Arbeitszeit angeboten. Mangels konkreter Freistellungserklärung bezüglich Urlaubsgewährung hat die Beklagte auch keinen sogenannten Betriebsurlaub bzw. Betriebsferien wirksam angeordnet. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob eine solche Anordnung nur für einzelne „Brückentage“ rechtswirksam möglich wäre. Hieran bestehen Zweifel, weil gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG der Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen (vgl. Hommerich/Boecken/DüweII-DüwelI, Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 7 BurlG, Rn 70; ErfK/Gallner, 13. Aufl., § 7 BUrlG, Rn 26). Ein dringender betrieblicher Grund für die Schließung des Betriebes an einem bestimmten einzelnen Tag könnte zum Beispiel darin liegen, dass der Betrieb an diesem Tag mangels Belieferung nicht produktionsfähig ist oder andere Gründe vorliegen, die es dem Arbeitgeber unmöglich oder unzumutbar machen, den Betriebsablauf durchzuführen. Solche Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen. (…) 2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung aufgrund Diskriminierung wegen seiner Behinderung gemäß § 15 Abs. 2 AGG. (…) Es liegt auch keine mittelbare Benachtei- 2/2013 53 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 20 von 42, Rechtsprechung Allgemeines Allgemeines Vertragsrecht Vertragsrecht ligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG vor. Die Beklagte stellte allen Arbeitnehmern, das heißt sowohl schwerbehinderten als auch nicht schwerbehinderten Mitarbeitern, die Wahlmöglichkeit zur Verfügung, ob sie an den Brückentagen Erholungsurlaub oder einen Ausgleich über ein Arbeitszeitkonto in Anspruch nehmen wollen. Auch schwerbehinderte Menschen können somit den Arbeitsausfall an den Brückentagen durch Mehrarbeit an anderen Tagen zum Ausgleich bringen. Diese Ausgleichsmöglichkeit besteht dann nicht, wenn sie gemäß § 124 SGB IX die Freistellung von Mehrarbeit verlangen und somit keinen Zeitausgleich durchführen können. Schwerbehinderte sind gemäß § 124 SGB IX berechtigt, Mehrarbeit abzulehnen. Der Kläger hat von diesem Recht Gebrauch gemacht und konnte somit einen Ausgleich bzgl. der an den Brückentagen entfallenen Arbeitszeit nicht über Mehrarbeit an anderen Tagen herbeiführen. Dieser Umstand bewirkt aber keine mittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG durch die Beklagte. Der Kläger wird durch die Vorgehensweise der Beklagten nicht als Schwerbehinderter benachteiligt. Der Unterschied zu den Nichtbehinderten ergibt sich allein daraus, dass der Kläger von einer gesetzlichen Schutzvorschrift zu seinen Gunsten Gebrauch macht. Die Beklagte hat das Verlangen des Klägers gemäß § 124 SGB IX respektiert. Der eine gesetzliche Schutzvorschrift anwendende Arbeitgeber nimmt keine mittelbare Benachteiligung des geschützten Arbeitnehmers vor, wenn gerade die Anwendung der Schutzvorschrift eine unterschiedliche Behandlung im Verhältnis zu anderen (nicht geschützten) Arbeitnehmern bewirkt. ■ Arbeitsgericht Nürnberg vom 7.1.2013, 3 Ca 5563/12 eingereicht von Rechtsanwalt Bertram Bauer Martin-Luther-Platz 6-8, 91522 Ansbach Tel.: 0981/9712700, Fax: 0981/97127030 [email protected]; www.rae-pbw.de 83. Ausschlussfrist, Wahrung der Frist durch Beschäftigungsklage Die Frist sowohl zur außergerichtlichen als auch zur gerichtlichen Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen des Arbeitnehmers i.S.v. § 15 BRTV-Bau wird durch die Klage des Arbeitnehmers gerichtet auf tatsächliche Beschäftigung gewahrt. ■ Landesarbeitsgericht Hannover vom 30.11.2012, 6 Sa 513/12 84. Ausschlussfrist, Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag Die in einem unwirksamen Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist wird auch durch arbeitsvertragliche Bezugnahme auf diesen Tarifvertrag nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages. Die Arbeitsvertragsparteien wollen einen Tarifvertrag re- 54 2/2013 gelmäßig nur so in Bezug nehmen, wie er auch tarifrechtlich gilt (entgegen LAG Düsseldorf vom 8.12.2011 – 11 Sa 852/11). ■ Landesarbeitsgericht Hannover vom 28.11.2012, 2 Sa 76/12 85. Zeugnis, kein Verzicht auf Ehrlichkeitsvermerk nach unberechtigter Verdachtskündigung Ist der Arbeitgeber im Kündigungsrechtsstreit mit einer Verdachtskündigung unterlegen, weil ein triftiger Tatverdacht nicht feststellbar war, so kann er dem Arbeitnehmer, dem er wegen dessen Umgangs mit Geld und/oder Sachwerten (hier: „Abteilungsaufsicht“ im Einzelhandel) nach allgemeinen zeugnisrechtlichen Grundsätzen den sogenannten „Ehrlichkeitsvermerk“ schuldet, die Bescheinigung besagter Ehrlichkeit nicht deshalb verweigern, weil er seine subjektiven Zweifel daran nicht ausgeräumt sieht. ■ Arbeitsgericht Berlin vom 14.12.2012, 28 Ca 16143/12 86. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Karenzentschädigung, Ermessensentscheidung Die Wettbewerbsabrede, die die Höhe der Karenzentschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist nicht nichtig. Bei der gerichtlichen Bestimmung der Höhe der Karenzentschädigung gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist die Regelung des § 74 Abs. 2 HGB zu berücksichtigen. ■ Landesarbeitsgericht Hannover vom 9.1.2013, 16 Sa 563/12 87. Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsmissbrauch bei konzerninterner Überlassungsgesellschaft, nicht nur vorübergehende Überlassung, Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (I) 1. Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung stellt es einen institutionellen Rechtsmissbrauch dar, wenn das verleihende Konzernunternehmen nur an einen oder mehrere Konzernunternehmen Arbeitnehmer verleiht, nicht am Markt werbend tätig ist und die Einschaltung dieses verleihenden Unternehmens nur dazu dient, Lohnkosten zu senken oder kündigungsschutzrechtliche Wertungen ins Leere laufen zu lassen. Dies hat zur Folge, dass dem Scheinentleiher die Arbeitgeberstellung zukommt. 2. Für die Zeit ab dem 1.12.2011 ist eine schon erteilte Erlaubnis nach § 1 AÜG auf die vorübergehende Überlassung von Arbeitnehmern beschränkt. Die Überlassung auf Dauer ist nicht (mehr) erlaubnisfähig. Erfolgt die Überlassung eines Arbeitnehmers an den Entleiher nicht nur vorübergehend, kommt nach §§ 10 Abs. 1 S. 1 2. Alt, 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zu Stande. 3. Eine Überlassung von Arbeitnehmern, die auf Dauer angelegt ist, erfolgt nicht mehr vorübergehend. Dies ist der Fall, wenn die verliehenen Arbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 21 von 42, Rechtsprechung Allgemeines Vertragsrecht eingesetzt werden, für die keine Stammarbeitnehmer vorhanden sind. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 9.1.2013, 15 Sa 1635/12 88. Arbeitnehmerüberlassung, nicht nur vorübergehende Überlassung, Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (II) 1. Verfügt der Verleiher über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG wird auch bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis nicht mit dem Entleiher begründet. Auch wenn in diesen Fällen Arbeitsvermittlung zu vermuten wäre, fehlt es nach Wegfall von § 13 AÜG sowie der Vermutungswirkung in § 1 Abs. 2 2. Alt. an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (vgl. BAG v. 28.6.2000 – 7 AZR 100/99; BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 946/ 08). 2. Ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher kann auch nicht im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung von §§ 1 Abs. 2, 10 Abs. 1, 9 Nr. 1 AÜG begründet werden. Im Hinblick auf die langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in der eine solche Sanktion verneint wurde, ist davon auszugehen, dass sich der Gesetzgeber bei der letzten Änderung des AÜG aufgrund der Richtlinie bewusst gegen eine entsprechende Sanktion entschieden hat. 3. Jedenfalls für Verträge, die vor Änderung von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG abgeschlossen wurden, kann auch kein nach § 242 BGB rechtsmissbräuchliches Schein- oder Strohmanngeschäft angenommen werden. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 16.10.2012, 7 Sa 1182/12 89. Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag im Fleischereigewerbe 1. Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem Bedarf des Auftraggebers, so spricht dies ganz erheblich gegen das Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages und für eine Eingliederung der Arbeitnehmer in den Betrieb des Auftraggebers. 2. Insofern fehlt es an einer abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen Werkes. Dies deutet auf Arbeitnehmerüberlassung hin, wenn der Auftraggeber durch seine Anweisungen den Gegenstand der von dem Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen überhaupt erst bestimmt und damit Arbeit und Einsatz bindend organisiert. Gleiches gilt für die Abgrenzung zu einem Dienstvertrag. 3. Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerüberlassung spricht nicht entscheidend, dass in einem Leistungsverzeichnis zum Werkvertrag die Vergütung der Arbeiten der Fleischund Wurstproduktion nach kg oder Stück berechnet wird. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 12.12.2012, 15 Sa 1217/12 Allgemeines Vertragsrecht 90. Arbeitnehmerüberlassung, Equal-Pay, unzulässige Tarifwechselklausel 1. Die einzelvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers, einseitig den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag zu ändern, stellt eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam. 2. Die richtlinienkonforme Auslegung von § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG ergibt, dass dann, wenn der Entleiherbetrieb im Aufgabengebiet des Leiharbeiters keine eigenen Stammkräfte, sondern ausschließlich Leiharbeitnehmer einsetzt, der Leiharbeitnehmer die Vergütung beanspruchen kann, die für ihn gelten würde, wenn er beim Entleiher für die gleiche Aufgabe eingestellt worden wäre. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 25.1.2013, 6 Sa 737/12 91. Arbeitnehmerüberlassung, Ausschlussfrist, Intransparenz Eine vertragliche Regelung, die einerseits vorsieht, dass die Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen des Arbeitsvertrages vorgehen sollen, wenn nicht die arbeitsvertraglichen Bestimmungen eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergeben, andererseits aber auch bestimmt, dass die vertragliche Ausschlussfrist nicht gelten soll, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten, ist intransparent und Verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Bei einer derartigen Wechselwirkung ist für den Arbeitnehmer nicht hinreichend deutlich, welche Ausschlussfrist für ihn nun mehr maßgeblich ist. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 15.11.2012, 7 Sa 1787/11 92. Betriebsübergang, Unterrichtungsschreiben, Information über die Möglichkeit des Widerspruchs und dessen Folgen 1. Die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt. 2. Auch über das Recht zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ist als rechtliche Folge nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu informieren (vgl. BAG v. 13.7.2006 – 8 AZR 305/05). Der Sinn der Unterrichtungspflicht besteht darin, den betroffenen Arbeitnehmern eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung ihres Widerspruchsrechts zu verschaffen (vgl. BAG v. 20.3.2008 – 8 AZR 1016/06). 3. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben vom 27.6.2011 nicht. Es wäre zumindest auch auf die nicht ganz fern liegende Möglichkeit eines Ausscheidens mit einer Prämie nach der VV-Prämie im Falle des Widerspruchs hinzuweisen gewesen. 2/2013 55 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 22 von 42, Rechtsprechung Bestandsschutz Bestandsschutz 4. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kam es hier nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Mitteilung entsprechende Prämienzahlungen bereits in Aussicht genommen worden waren. Die Hinweispflicht ergibt sich hier bereits aus § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB, nicht erst aus § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB, der nach der Rechtsprechung des BAG ein gewisses Planungsstadium voraussetzt. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 14.6.2012, 26 Sa 658/12 93. Betriebliche Altersversorgung, Gesamtzusage durch Errichtung einer Versorgungseinrichtung Aus den Entscheidungsgründen: Gründet ein Arbeitgeber eine rechtlich selbstständige Einrichtung zum Zweck der Altersversorgung seiner Mitarbeiter, liegt darin regelmäßig die Zusage an die Arbeitnehmer ihnen durch diese Einrichtung betriebliche Altersversorgung nach deren Satzung oder Richtlinien zu gewähren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Bestehen der Einrichtung bei den Arbeitnehmern bekannt ist. Hat der Arbeitgeber eine solche Einrichtung gegründet, ist es seine Sache darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ausnahmsweise die Einrichtung und deren Zweck den Arbeitnehmern nicht bekannt gemacht wurden. Der erste Anschein spricht dafür, dass die Gründung und der Bestand einer solchen Einrichtung im Betrieb bekannt gemacht worden ist. Das entspricht dem regelmäßigen Geschehensablauf (Hessisches LAG v. 14.12.2011 – 8 Sa 777/ 11). ■ Arbeitsgericht Köln vom 23.1.2013, 2 Ca 7629/11 eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser Kölner Straße 2, 50226 Frechen Tel.: 02234/1820-0, Fax: 02234/1820-10 [email protected]; www.hdup.de 94. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung, Berücksichtigung von Nachtzulagen Eine tarifliche Nachtzulage, die für regelmäßig im Schichtwechsel geleistete Nachtarbeit gezahlt wird, gehört nicht zum versorgungsberechtigten Einkommen einer Betriebsrentenzusage, wenn dies in der Zusage als das „tariflich vereinbarte Bruttomonatsentgelt“ definiert ist. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 18.10.2012, 2 Sa 216/12 95. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung einer Anpassungsregelung Die Regelung in einer betrieblichen Vorruhestandsregelung: „Das zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens aus unserem Unternehmen gültige ruhegeldfähige Diensteinkommen gemäß § 5 Ihrer Ruhegeldzusage wird entsprechend der in dieser Zeit erfolgten Vergütungsentwicklung für aktive Mitarbeiter (prozentuale Veränderung der Vergütungstabelle für Arbeitneh- 56 2/2013 mer der Mitglieder des Arbeitgeberverbandes von Gas-, Wasser- und Elektrizitätsunternehmungen e.V.) angepasst.“ ist gem. §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Vergütungsentwicklung aller aktiven Tarifmitarbeiter zugrunde zu legen ist, nicht lediglich die Vergütungsentwicklung derjenigen Mitarbeitergruppe, der der Arbeitnehmer zuzuordnen ist. ■ Arbeitsgericht Köln vom 29.1.2013, 6 Ca 9047/12 eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser Kölner Straße 2, 50226 Frechen Tel.: 02234/1820-0, Fax: 02234/1820-10 [email protected]; www.hdup.de Bestandsschutz 96. Abmahnung, Entfernung aus der Personalakte Der Arbeitnehmer kann die Entfernung einer unzutreffenden Abmahnung aus den Personalakten verlangen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der erhobenen Vorwürfe trägt der Arbeitgeber. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 21.12.2012, 9 Sa 447/12 97. Kleinbetrieb, Zusammenrechnung mehrerer Betriebsteile Auch ein Hauptbetrieb und eine räumliche weit entfernte Betriebsstätte i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen Betrieb i.S.d. § 23 KSchG bilden, so dass auf die Gesamtzahl der Arbeitnehmer abzustellen ist. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 8.11.2012, 10 Sa 224/12 98. Kleinbetrieb, Treuwidrige Kündigung nach mutterschutzrechtlichem Beschäftigungsverbot; zusätzlicher Entschädigungsanspruch nach AGG Aus den Entscheidungsgründen: 1. Auch in einem sogenannten „Kleinbetrieb“ ist der Arbeitnehmer jedoch vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt (…). a) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt beim Arbeitnehmer. Dabei ist durch eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast dem verfassungsrechtlich gebotenen Schutz des Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. In einem ersten Schritt muss der Arbeitnehmer, soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu seiner Kündigung geführt haben, nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert. Sodann muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften. Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, so gilt der schlüssige Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 23 von 42, Rechtsprechung Bestandsschutz zugestanden (vgl. BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, und v. 23.4.2009 – 6 AZR 533/08, jeweils m.w.N.). b) Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen, dass die Beklagte nur die Klägerin gekündigt hat. Die Beklagte ist der entsprechenden Behauptung der Klägerin zunächst mit der bloßen Behauptung entgegengetreten, die Klägerin sei nicht als Einzige gekündigt worden. Auf das Vorbringen der Klägerin, dass ihr nur ein Aufhebungsvertrag auf Wunsch des Arbeitnehmers bekannt sei, hat die Beklagte dann ausgeführt, die Klägerin habe damit bestätigt, dass noch ein weiteres Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht mehr zu erkennen, ob die Beklagte noch weiter behaupten will, dass eine weitere Kündigung ausgesprochen worden ist. Jedenfalls ist ihr Bestreiten unsubstantiiert und damit nach § 138 ZPO unbeachtlich. Die Beklagte trägt weder vor, wer gekündigt worden ist, noch wann und aus welchem Grund. (…) c) Zu Recht ist das Arbeitsgericht des Weiteren zu dem Ergebnis gelangt, es stehe nach § 138 Abs. 3 ZPO fest, dass der Geschäftsführer auf das Beschäftigungsverbot verärgert reagiert und die Klägerin gedrängt habe, weiter zu arbeiten. Aus den Schriftsätzen und Protokollen erster Instanz ergibt sich nicht, dass die Beklagte den entsprechenden Sachvortrag überhaupt bestritten hat. Jedenfalls hat die Beklagte die Feststellung des Arbeitsgerichts, sie habe den Sachvortrag der Klägerin nicht substantiiert bestritten, im Berufungsverfahren nicht angegriffen. d) Unter Berücksichtigung des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Entfall des Mutterschutzes und dem Ausspruch der Kündigung ergibt sich aus den vorstehenden Umständen ein hinreichendes Indiz für die Annahme, dass die Kündigung eine Reaktion der Beklagten auf das Beschäftigungsverbot und die Weigerung der Klägerin, während diesem zu arbeiten, gewesen ist. e) Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen nicht entkräftet. Sie ist dem Vorbringen der Klägerin nicht ausreichend entgegengetreten. Trotz des gerichtlichen Hinweises erschöpft sich der Vortrag der Beklagten zur Rechtfertigung der Kündigung darin, zu behaupten, sie habe eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen; der Arbeitsanfall im Bereich Vertrieb habe sich in einem Umfang verringert, dass dort eine Mitarbeiterstelle habe gestrichen werden müssen. Dies ist selbst unter Berücksichtigung dessen, dass dem Kleinunternehmer nicht die im Kündigungsschutzgesetz vorgesehenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden dürfen, völlig unzureichend. Um dem Gericht die Möglichkeit zu geben, festzustellen, dass die Kündigung nicht auf willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruht, muss der Arbeitgeber wenigstens konkrete Tatsachen vortragen, die einen irgendwie einleuchtenden Grund für die Kündigung plausibel und nachvollziehbar machen. Bloße pauschale Behauptungen und Allgemeinplätze genügen insoweit nicht. Es hätte daher der Beklagten oblegen, Tatsachen vorzutragen, aus denen sich die von ihr behauptete Verringerung des Arbeitsanfalls Bestandsschutz im Bereich Vertrieb nachvollziehbar ergab. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil nur zehn Tage vor der Kündigung offenbar noch soviel Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin bestand, dass der Geschäftsführer der Beklagten sie auffordern musste, trotz des bestehenden Beschäftigungsverbots zu arbeiten. Warum die Beklagte dann in der Folge gleichwohl glaubte, auf die Klägerin verzichten zu können, obwohl unstreitig ein weiterer Mitarbeiter durch Aufhebungsvertrag ausgeschieden war, ist nicht ansatzweise erkennbar. 2. Der Antrag (auf Entschädigung) ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von EUR 3.000,00 gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG. a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Entschädigungsanspruch setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG voraus. Dies stellt zwar § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht ausdrücklich klar, es ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen in § 15 AGG (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/ 08 m.w.N.). Liegt eine ungerechtfertigte Benachteiligung aus einem in § 1 AGG genannten Grund vor, sind damit automatisch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit ein immaterieller Schaden verknüpft (vgl. KR/Treber, 9. Aufl., § 15 AGG Rn 26/27, m.w.N.). b) Die Beklagte hat die Klägerin durch die Kündigung unmittelbar wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten verpönten Merkmals eine weniger günstige Behandlung erleidet als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Es ist erforderlich, dass die betreffende Person einer weniger günstigen Behandlung ausgesetzt ist als eine in einer vergleichbaren Situation befindliche Person, bei der das Merkmal nicht vorliegt (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08 m.w.N.). Die Klägerin beruft sich auf eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 AGG auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor. Da für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt sein muss, ist ein Kausalzusammenhang erforderlich. Dieser ist dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen oder mehrere der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft oder dadurch motiviert ist. Ausreichend ist, dass ein in § 1 AGG genannter Grund Bestandteil eines Motivbündels ist, das die Entscheidung beeinflusst hat. Nach der gesetzlichen Beweisregelung gemäß § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchsteller im Streitfalle Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Sodann trägt die andere Partei die Beweislast da- 2/2013 57 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 24 von 42, Rechtsprechung Bestandsschutz Bestandsschutz für, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. BAG v 22.10.2009 – 8 AZR 642/08 m.w.N.). Der Anspruchsteller genügt seiner Darlegungslast, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals erfolgt ist. Es genügt, Indizien vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die Annahme rechtfertigen, dass sie gegeben ist. Dabei ist kein zu strenger Maßstab an die Vermutungswirkung der Hilfstatsachen anzulegen. Werden vom Arbeitnehmer Tatsachen vorgetragen, die je für sich genommen nicht zur Begründung der Kausalität ausreichen, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Zu prüfen ist, ob die Hilfstatsachen, werden sie im Zusammenhang gesehen, geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen (vgl. BAG, Urt. v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10 m.w.N.). Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen hat die Klägerin ausreichende Tatsachen vorgetragen, die aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass sie durch die Beklagte eine Benachteiligung wegen ihrer (vormaligen) Schwangerschaft und damit unmittelbar wegen ihres Geschlechts erfahren hat. (…) c) Als Ausgleich für die durch die ungerechtfertigte Benachteiligung eingetretene Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts und damit für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, erscheint die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von EUR 3.000,00 als angemessen. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung durch das Tatgericht sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie etwa die Art und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und Beweggrund des Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit verbundene abschreckende Wirkung (vgl. BAG, Urt. v. 17.8.2010 – 9 AZR 839/08 m.w.N.). Ausgehend hiervon bedurfte es vorliegend der Festsetzung einer Entschädigung in Höhe des von der Klägerin genannten Mindestbetrages von EUR 3.000,00. Die Benachteiligung der Klägerin durch die Kündigung ist schwerwiegend. Sie ist aus Sicht des Gerichtes die völlig unangemessene Reaktion der Beklagten auf die Weigerung der Klägerin, während des Beschäftigungsverbotes zu arbeiten. Berücksichtigt man des Weiteren den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und die Tatsache, dass die Beklagte die Klägerin bewusst und gewollt benachteiligt hat, so kann man das Verhalten der Beklagten getrost als auf moralisch unterster Stufe stehend bezeichnen. Um der Sanktionswirkung des § 15 Abs. 2 AGG Rechnung zu tragen und um die Beklagte in Zukunft von einem vergleichbaren Fehlverhalten abzuschrecken, bedarf es der Festsetzung eines erheblichen und für die Beklagte fühlbaren Entschädigungsbetrages. Vor dem Hintergrund der geringen Betriebsgröße der Beklagten erscheint insoweit ein Be- 58 2/2013 trag in Höhe von EUR 3.000,00 als angemessen aber auch ausreichend. d) Der Entschädigungsanspruch der Klägerin ist entgegen der Ansicht der Beklagten und des Arbeitsgerichts nicht durch § 2 Abs. 4 AGG ausgeschlossen. Gemäß § 2 Abs. 4 AGG gelten für Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderem Kündigungsschutz. Hieraus wird – jedenfalls in Fällen, in denen wie hier die Unwirksamkeit der Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage festgestellt worden ist – gefolgert, dass es daneben nach dem Gesetz keinen Raum für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG gibt (vgl. ErfK/Schlachter, 11. Aufl., § 2 AGG Rn 17 und Sagan, NZA 2006, 1257, 1260). Dem kann nicht gefolgt werden. Eine Anwendung des § 15 Abs. 2 AGG in solchen Fällen ist nicht systemwidrig. Auch bisher waren etwa auf § 823 Abs. 1 BGB gestützte Entschädigungen für erlittene immaterielle Schäden bei der Geltendmachung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer unwirksamen Kündigung nicht ausgeschlossen! (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08, und KR/Treber, 9. Aufl., § 2 Rn 27 m.w.N.). Des Weiteren deutet die gesetzliche Formulierung darauf hin, dass lediglich die Wirksamkeit von Kündigungen nicht unmittelbar an den Vorschriften des AGG gemessen werden soll, sondern das hierfür die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz heranzuziehen sind. Schließlich gibt es keinen sachlichen Grund dafür, etwa bei einer benachteiligenden Versetzung über § 106 Satz 1 GewO i.V.m. § 7 Abs. 3 AGG zum einen zur Unwirksamkeit der Versetzung zu gelangen und zum anderen über § 15 Abs. 2 AGG auch zu einer Entschädigung, dem Arbeitnehmer bei einer benachteiligenden Kündigung neben der Feststellung deren Unwirksamkeit aber eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu versagen. ■ Sächsisches Landesarbeitsgericht vom 27.7.2012, 3 Sa 129/12 eingereicht von Rechtsanwalt Dirk Noack Leipziger Straße 28, 08393 Meerane Tel.: 03764/49497, Fax: 03764/2761 www.noack-wagner.de; [email protected] 99. Betriebsbedingte Kündigung, Vorbereitung eines Betriebsübergangs Eine Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang verstößt nicht gegen das Kündigungsverbot in § 613a Abs. 4 BGB, wenn die Kündigung das Ziel hat, den Betrieb „verkaufsfähig“ zu machen. Sie ist auch dann zulässig, wenn der bisherige Arbeitgeber sie mit dem Ziel ausspricht, sich selbst auf diese Weise eine Beschäftigungsmöglichkeit bei dem neuen Arbeitgeber zu sichern. ■ Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern vom 9.1.2013, 2 Sa 166/12 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 25 von 42, Rechtsprechung Bestandsschutz Bestandsschutz 100. Verhaltensbedingte Kündigung, Silvesterknaller im Dixie-Klo 102. Verhaltensbedingte Kündigung, Manipulation der Zeiterfassung zugunsten eines Kollegen Aus den Entscheidungsgründen: Aus den Entscheidungsgründen: Das zwischen den Parteien unstreitige Verhalten des Klägers in Bezug auf die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi rechtfertigt die außerordentliche Kündigung nicht. Die Verletzung eines Arbeitskollegen durch einen explodierenden Feuerwerkskörper kann die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, ohne dass es einer vorhergehenden Abmahnung bedarf. Das gilt selbst dann, wenn die Verletzung des Kollegen nicht beabsichtigt, sondern Folge eines fehlgeschlagenen Scherzes war. Hierbei kann es dahinstehen, ob der Kläger den Feuerwerkskörper in die Kabine geworfen hat, wie die Beklagte behauptet, oder ob sie diesen an der Tür der Kabine befestigt hat, wie der Kläger den Sachverhalt darstellt. Denn auch nach der Darstellung des Klägers war sein Verhalten gefährlich: Wenn der Zeuge D. den Feuerwerkskörper unter dem Toilettenhäuschen zur Explosion bringen sollte, dann hätte damit gerechnet werden müssen, dass der Zeuge S. die Tür des Toilettenhäuschen öffnen würde, um „die Flucht zu ergreifen“. In diesem Fall wäre ihm der an der Tür angebrachte Feuerwerkskörper entgegengeflogen. Auch nach diesem Geschehensablauf hätte mit erheblichen Verletzungen des Zeugen S. gerechnet werden müssen. Arbeitsgericht Krefeld vom 21.12.2012, 2 Ca 2010/12 ■ 101. Verhaltensbedingte Kündigung, vorsätzlich fehlerhafte Arbeitszeiterfassung Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, auch ohne vorherige Abmahnung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Wenn der Arbeitgeber das Erfassen der Arbeitszeiten den Arbeitnehmern in eigener Zuständigkeit überlässt, bringt er ihnen einen Vertrauensvorschuss entgegen. Es gehört dann – selbstverständlich – zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, die Eintragungen korrekt vorzunehmen. Dies setzt voraus, dass die Eintragungen zeitnah erfolgen, weil mit zunehmendem Zeitablauf das menschliche Erinnerungsvermögen abnimmt. Das versteht sich von selbst, so dass es einer entsprechenden Anweisung nicht bedurfte. Bei einer verspäteten Eintragung nimmt der Arbeitnehmer stets billigend in Kauf, falsche Angaben hinsichtlich seiner Arbeitszeit zu machen. Auch für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit genügt als Vorsatz der bedingte Vorsatz. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 15.11.2012, 10 Sa 270/12 Der Kläger hat im Verlauf der Nachtschicht vom Mitarbeiter Mi dessen Stempelkarte bekommen und sich diesem gegenüber bereit erklärt, für ihn auszustempeln. Die Ausstempelung erfolgte allerdings nicht sofort zum Zeitpunkt des Arbeitsendes des Mitarbeiters Mi, sondern erst zum Zeitpunkt des Arbeitsendes des Klägers. Hierin liegt ein arbeitsvertraglicher Pflichtenverstoß. Der Kläger hätte die Chipkarte des Mitarbeiters Mi sofort nach dessen Weggang aus dem Betrieb der Beklagten zum Zeiterfassungsgerät bringen müssen. Dies hat er unterlassen. Fraglich ist des Weiteren, ob die Bedienung des Zeiterfassungsgerätes nicht eine höchstpersönliche Pflicht im Rahmen des Arbeitsvertrages darstellt, sodass der Kläger gegenüber Herrn Mi die Übernahme dieser Verpflichtung hätte verweigern müssen. Der Kläger rechtfertigt sein Verhalten damit, dass der Mitarbeiter Mi ihm gesagt habe, dass er krank sei und schnellstmöglich den Betrieb verlassen müsse. Daher habe er den Kläger gebeten, für ihn auszustempeln. Der Kläger erklärte weiter, dass er aufgrund der Arbeitsbelastung in der Nachtschicht nicht sofort zum Zeiterfassungsgerät gegangen sei. Er habe dies vergessen und erst, als er selbst am Schichtende ausgestempelt habe, wieder daran gedacht. Er habe aber dem Mitarbeiter Mi bereits während der Nachtschicht gesagt, dieser solle sich doch bitte noch beim Schichtleiter melden und von seinem vorzeitigen Weggang aus dem Betrieb informieren. Aufgrund dieser vom Kläger vorgebrachten und von der erkennenden Kammer nachvollziehbaren Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe, die der Beklagten vom Kläger bereits im Gespräch am Nachmittag des 21.11.2011 mitgeteilt wurden, liegt kein die außerordentliche Kündigung tragender wichtiger Grund vor. Die Beklagte hätte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht den vorgetragenen Rechtfertigungsgründen nachgehen und diese gegebenenfalls widerlegen müssen. Dies hat die Beklagte nicht getan. Insoweit sich die Beklagte in der Kammerverhandlung auf den Standpunkt gestellt hat, dass zumindest die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi durch den Kläger, als dieser sich selbst ausstempelte, einen arbeitsvertraglichen Pflichtverstoß darstellt, der von den vorgetragenen Rechtfertigungsgründen nicht mehr gedeckt sei, spaltet die Beklagte einen insgesamt einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt in unzulässiger Weise in Teileinheiten auf. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung des Geschehens in der Nachtschicht vom 21.11.2011 ist zu berücksichtigen, dass der Rechtfertigungsgrund des Klägers, der Mitarbeiter Mi habe ihm gesagt, er sei krank, sich zunächst darauf bezieht, dass der Kläger überhaupt das Zeiterfassungsgerät für den Mitarbeiter Mi bedient hat. Der Kläger trägt des Weiteren vor, dass 2/2013 59 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 26 von 42, Rechtsprechung Bestandsschutz Bestandsschutz er es zunächst vergessen habe, sofort das Zeiterfassungsgerät für den Mitarbeiter Mi zu bedienen. Die erkennende Kammer kann insoweit nachvollziehen, dass der Kläger als Maschinenführer in der Nachtschicht nicht sofort Gelegenheit gehabt haben mag, sich von seiner Maschine zu entfernen, um ein Zeiterfassungsgerät zu bedienen. Insbesondere ist aber auch zu berücksichtigen, dass der Kläger unbestritten vorträgt, dass er Herrn Mi darauf hingewiesen habe, dieser solle sich noch bei dem Schichtleiter melden und diesen von seinem Weggehen unterrichten. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass er davon ausgehen durfte, dass der Mitarbeiter Mi diesem Ansinnen nachgekommen ist und er deswegen am Morgen des 21.11.2011 bei dem Ausstempelvorgang nicht gesondert darauf hingewiesen hat, dass Herr Mi das Betriebsgelände bereits vorher verlassen hatte. Das Verhalten des Klägers ist daher als Gesamtvorgang zu betrachten, welcher von mehreren Annahmen ausgehend getragen war. Die vorgebrachten Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe beziehen sich auf dieses Gesamtgeschehen und lassen den wichtigen Grund für eine Kündigung entfallen. ■ Arbeitsgericht Osnabrück vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12 Anmerkung: Das Berufungsgericht hat demgegenüber einen wichtigen Kündigungsgrund angenommen, hielt aber nach Durchführung einer Interessenabwägung aufgrund des einmaligen Verstoßes lediglich eine ordentliche Kündigung für gerechtfertigt. Die Parteien haben sich entsprechend geeinigt. eingereicht von Rechtsanwalt Joachim Schramm Lange Straße 2, 32312 Lübecke Tel.: 05741/1018, Fax: 05741/4331 103. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzung Ist der Arbeitnehmer als Maschinenführer damit betraut, den ordnungsgemäßen Produktionsablauf zu überwachen und ggf. bemerkbare oder voraussehbare Schäden oder Gefahren selbst abzuwenden bzw. seinem Vorgesetzten unverzüglich anzuzeigen, kann auch der dringende Verdacht einer erheblichen Verletzung der ihm obliegenden Schadensabwendungsbzw. Schadensminderungspflicht durch Verschweigen eines vorangegangenen Fehlverhaltens (hier: Vorwurf der weisungswidrigen Verwendung eines Hammers bei der Vornahme von (Reinigungs-)Arbeiten, der dabei in die Knetmaschine gefallen sei und einen Maschinenschaden mit Reparaturkosten von ca. 200.000,– EUR verursacht habe) eine außerordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung rechtfertigen. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 4.12.2012, 3 Sa 316/11 60 2/2013 104. Änderungskündigung, keine soziale Rechtfertigung durch Bedürfnis nach Tarifeinheit Das Interesse des Arbeitgebers an der Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb (einheitliches Tarifrecht) begründet kein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Änderungskündigung im Sinne von § 2 KSchG. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 21.9.2012, 6 Sa 113/12 105. Auflösungsantrag, keine Auflösung bei auch maßregelnder Kündigung Verweigert der Arbeitnehmer die Zustimmung zu einem angebotenen Altersteilzeitvertrag und spricht der Arbeitgeber sodann eine Beendigungskündigung aus, obwohl wegen einer unstreitig vorhandenen freien Stelle allenfalls eine Änderungskündigung in Betracht gekommen wäre, stellt dies eine unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB dar. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12 106. Befristung, Sachgrund, nachträgliche Vereinbarung einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen des Rentenalters 1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die nachträgliche Befristung eines zuvor langjährig unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses, nachdem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze erreicht und Anspruch auf gesetzliche Altersrente hat, so ist die Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt. 2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien das Erreichen der Regelaltersgrenze zum Anlass für die Befristungsvereinbarung nehmen und den nach § 41 Satz 2 SGB VI möglichen Beendigungstermin hinausschieben. Die Gründe für die Zulässigkeit der Vereinbarung von Altersgrenzen bezogen auf das Erreichen der Regelaltersgrenze gelten in einem solchen Falle gleichermaßen. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 20.11.2012, 12 Sa 1303/12 eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann Koch Marburger Straße 16, 10789 Berlin Tel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920 [email protected]; www.friedemann-koch.de 107. Befristung, Sachgrund, mittelbare Vertretung, Darlegungslast des Arbeitgebers zur Vertretungskette Aus den Entscheidungsgründen: 2. Die vereinbarte Befristung ist nicht durch einen sachlichen Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt, der Sachgrund der Vertretung liegt nicht vor. a. Der Sachgrund der Vertretung ist nur gegeben, wenn ein Kausalzusammenhang zwischen einem zeitweiligen Ausfall ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 27 von 42, Rechtsprechung Personalvertretungsrecht des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters besteht. Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers darf nur wegen des Arbeitskräftebedarfs vorgenommen werden, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu Vertretenden entsteht, hierdurch soll gewährleistet werden, dass der geltend gemachte Sachgrund der Vertretung nicht nur vorgeschoben wird (BAG v. 18.4.2007 – 7 AZR 255/06). Allerdings setzt der Sachgrund der Vertretung nicht voraus, dass der befristet zur Vertretung eingestellte Arbeitnehmer die vorübergehend ausgefallene Stammkraft unmittelbar vertritt, also die von ihr bisher ausgeübten Tätigkeiten verrichtet. Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden, es muss aber sicher gestellt sein, dass die Beschäftigung des befristet eingestellten Mitarbeiters wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers entsteht. Wenn dem befristet eingestellten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen werden, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nur, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich in der Lage wäre, dem Vertretenen die Aufgaben des Vertreters zuzuweisen (BAG v. 25.3.2009 – 7 AZR 34/08). Wenn – wie vorliegend – der zu vertretende Mitarbeiter Aufgaben erfüllt, die nicht bis zu seiner Rückkehr unverrichtet liegen gelassen werden können, sondern tagtäglich verrichtet werden müssen, bedarf es zur Darlegung der tatsächlichen Möglichkeit der Zuweisung der Aufgaben des befristet eingestellten Mitarbeiters an den Vertretenen der Darlegung der Vertreterkette bzw. der Neuverteilung der Aufgaben im Einzelnen. Allein durch die Benennung des abwesenden Mitarbeiters im Arbeitsvertrag lässt sich der notwendige Bezug zur befristeten Einstellung des mittelbaren Vertreters nicht nachvollziehen. Gerade bei Großunternehmen, in denen sich die Mitarbeiter nicht persönlich kennen, besteht die Gefahr, dass der geltend gemachte Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben wird, wenn die Zuordnung der Aufgaben des befristet eingestellten Arbeitnehmers zu dem als zu vertretenden benannten Arbeitnehmer nicht durch Erläuterung der Vertreterkette oder der Neuverteilung der Aufgaben nachgewiesen wird. b. Zum Nachweis des Kausalzusammenhangs muss der Arbeitgeber grundsätzlich die Vertreterkette darlegen. Verteilt der Arbeitgeber anlässlich des Ausfalls eines Mitarbeiters die Aufgaben in diesem Bereich neu, so hat er zunächst die dem vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darzustellen. Sodann ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen oder mehrere Mitarbeiter schlüssig vorzutragen, so dass sich die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenverteilung ergeben (LAG Rheinland-Pfalz v. 19.5.2011 – 11 Sa 59/11). Daran mangelt es vorliegend. Die Beklagte hat trotz eines entsprechenden Hinweises im Kammertermin nicht dargelegt, welche Vertreterkette zwischen Herrn L und dem Kläger besteht oder ggf. wie sie die Aufgaben des Herrn L neu verteilt Personalvertretungsrecht hat und wie sich die dem Kläger zugewiesenen Tätigkeiten aus der Neuverteilung der Aufgaben ergeben. Zwar mag es (…) durchaus sein, dass Herrn L die Tätigkeit des Klägers in rechtlicher Hinsicht übertragen werden konnte; ob die Beklagte aber tatsächlich in der Lage gewesen wäre, Herrn L mit den Aufgaben des Klägers zu betrauen, ist vor dem Hintergrund, dass die ursprünglichen Aufgaben von Herrn L weiterhin verrichtet werden mussten, nicht nachvollziehbar. ■ Arbeitsgericht Berlin vom 15.1.2013, 25 Ca 7618/12 eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann Koch Marburger Straße 16, 10789 Berlin Tel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920 [email protected]; www.friedemann-koch.de 108. Befristung, Erweiterung der sachgrundlosen Befristung durch Tarifvertrag mit Öffnungsklausel, wirksame Bildung paritätischer Ausschüsse Haben die Tarifvertragsparteien die Nutzung des durch Tarifvertrag erweiterten Rahmens zur Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung (§ 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG) von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht, bedarf die Übertragung dieses Zustimmungsrechts des Betriebsrats auf eine paritätisch besetzte Kommission der Schriftform (§§ 28 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Kann der Betriebsvereinbarung, auf deren Grundlage die Kommission gebildet worden ist, auch im Wege der Auslegung eine Übertragung des Zustimmungsrechts nicht hinreichend deutlich entnommen werden, kann die Kommission mangels schriftlichen Übertragungsbeschlusses die erforderliche Zustimmung zur Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung nicht wirksam erteilen. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 27.11.2012, 3 Sa 294/12 Betriebsverfassungsrecht / Personalvertretungsrecht 109. Status, Leitender Angestellter, Personalkompetenz Erstreckt sich die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis auf einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft, ist es für die Statusbeurteilung als Leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3 BetrVG unerheblich, dass die Einstellungen und Entlassungen von Mitarbeitern auf der Managementebene nur in Absprache mit dem General Manager vorgenommen werden dürfen. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 18.10.2012, 10 TaBV 18/12 2/2013 61 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 28 von 42, Rechtsprechung Betriebsverfassungsrecht Betriebsverfassungsrecht 110. Betriebsrat, Kostenerstattung, Erforderlichkeit des Rechtsmittelzuges 1. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfordert einen ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrats, und zwar für jede Instanz. 2. Der Betriebsrat kann die Frage, ob das Verfahren in der zweiten Instanz fortgesetzt werden soll, erst dann pflichtgemäß überprüfen und unter Berücksichtigung aller Umstände verständig abwägen, wenn er die Gründe der Entscheidung der ersten Instanz zur Kenntnis genommen und beraten hat. 3. Liegt eine erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung vor, die ein Recht des Betriebsrats verneint, ist es die Pflicht jedes verständigen Betriebsrats, über die Fortführung des Verfahrens erneut zu beraten und einen Beschluss unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe zu treffen. Die Entscheidung trifft allein der Betriebsrat, der diese Entscheidung gemessen an dem Grundsatz der Erforderlichkeit durch Beschlussfassung auch zu verantworten hat. ■ Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 16.1.2013, 7 TaBV 31/12 (Rechtsbeschwerde eingelegt: 7 ABR 4/13) eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Ulrich Brötzmann Bonifaziusplatz 1b, 55118 Mainz Tel.: 06131/618156, Fax: 06131/618157 [email protected]; www.kanzlei-broetzmann.de 111. Betriebsrat, Kostenerstattung, Begünstigungsverbot, pauschale Kostenerstattung und Mehrarbeitsvergütung 1. Die Gewährung von Pauschalen an Betriebsräte durch den Arbeitgeber darf keine versteckte Lohnerhöhung darstellen. Pauschalierungen sind demnach nur als hinreichend realitätsgerechte Typisierungen zulässig und dies auch nur dann, wenn aufgrund der praktischen Unmöglichkeit von Einzelabrechnungen oder ihrer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit die Festlegung einer Pauschale erforderlich ist. 2. Wehrt sich ein Betriebsrat gegen die Streichung oder Kürzung einer lediglich den Betriebsräten gewährten Pauschale, so muss er die Zulässigkeit der Pauschale nach diesen Kriterien darlegen und beweisen. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass wegen der überragenden Bedeutung des Ehrenamtsprinzips und der damit korrespondierenden einzig zulässigen realitätsgerechten Typisierung es sich bei einer Pauschalierung immer um einen Ausnahmefall handeln muss, der gesonderter Begründung im Einzelfall bedarf. 3. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist nur der Ersatz real entstandener Aufwendungen zulässig. Ein Pauschalaufwendungsersatz muss folglich an die typischen und erwartbaren tatsächlichen Auslagen anknüpfen. 4. Wird eine Pauschale über Jahrzehnte in unveränderter Höhe gewährt, so spricht dies gegen die Orientierung an den tatsächlichen, typisierten Verhältnissen. Dies gilt umso mehr, 62 2/2013 wenn der Umfang der Pauschale gleich bleibt, sich der Zweck ihrer Gewährung jedoch im Laufe der Jahre verändert. 5. Eine Generalpauschale für alle Betriebsratsmitglieder in gleicher Höhe ist in aller Regel unzulässig. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Vergütung von Mehrarbeit als auch hinsichtlich der Gewährung von Aufwendungsersatz. Denn die Annahme, jedes Betriebsratsmitglied habe die gleichen Aufwendungen oder leiste unabhängig von Funktion und Stellung innerhalb des Gremiums in gleichem Umfang Mehrarbeit, widerspricht aller Erfahrung. 6. Wegen des Vorrangs des Freizeitausgleichs gegenüber der Vergütung von Mehrarbeit gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG ist eine Mehrarbeitspauschale, die gänzlich unabhängig von der betrieblichen Notwendigkeit der Erbringung von Betriebsratsarbeit außerhalb der Arbeitszeit und zudem unabhängig von betriebsbedingten bzw. betriebsratsbedingten Gründen Vergütungs- statt Freizeitausgleichsansprüche festlegt, unzulässig. ■ Arbeitsgericht Stuttgart vom 13.12.2012, 24 Ca 5430/12 112. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Arbeitszeit, kein Unterlassungsanspruch gegen vorläufigen Dienstplan Der Aushang des Entwurfs eines Dienstplans unter Hinweis auf die noch erforderliche Zustimmung des Betriebsrats verstößt nicht gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 7.12.2012, 5 TaBV 880/12 113. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Vergütungssystem 1. Die Einordnung eines konkreten Arbeitsplatzes (hier: Assistent der Theaterleitung eines Kinos) in eine betriebliche Vergütungsstruktur unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG. 2. Da dem Betriebsrat dabei auch ein Initiativrecht zusteht, kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die entsprechende Position bisher nur nach individuellen Vereinbarungen ohne erkennbares System vergütet. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG umfasst die inhaltliche Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen (vgl. BAG v. 18.10.2011, 1 ABR 25/10). 3. Bei der vergütungstechnischen Einordnung eines nach abstrakt-generellen Kriterien beschreibbaren Arbeitsplatzes, handelt es sich um eine Angelegenheit mit kollektivem Bezug, selbst wenn die Position aktuell im Betrieb nur mit einem Arbeitnehmer besetzt ist. ■ Landesarbeitsgericht Hannover vom 7.12.2012, 12 TaBV 67/12 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 29 von 42, Rechtsprechung Personalvertretungsrecht 114. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (I) 1. Eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt nicht vorübergehend i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wenn durch die Arbeitnehmerüberlassung ein reiner Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Dies ergibt eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG unter Berücksichtigung der RL 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19.11.2008 über Leiharbeit. 2. Wird ein Dauerarbeitsplatz mit Leiharbeitnehmern besetzt, so ist unerheblich, für welchen Zeitraum der konkrete Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Das Merkmal „vorübergehend“ ist insoweit arbeitsplatz-, nicht personenbezogen. Eine vorübergehende Überlassung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die konkrete Person des Leiharbeitnehmers wechselt, soweit der Arbeitgeber den Arbeitskräftebedarf auf einem Dauerarbeitsplatz ausschließlich mit Leiharbeitnehmern deckt. 3. Durch das Verbot, Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen einzusetzen, wird nicht die durch die RL 2008/104/EG bezweckte Flexibilität der Arbeitgeber durch Leiharbeit eingeschränkt. Entsprechend können Leiharbeitnehmer dann auf Dauerarbeitsplätzen beschäftigt werden, wenn dies z.B. aufgrund eines konkreten Vertretungsbedarfs für den auf dem Dauerarbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmer erforderlich ist. Ebenso wenig ist für die Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers stets ein sachlicher Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG zu fordern; vielmehr reicht die normale Unsicherheit über Auftragsschwankungen aus, ohne dass ein konkreter vorübergehender Bedarf i.S.d. § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG dargelegt werden müsste. 4. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ist eine Verbotsnorm im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 19.12.2012, 4 TaBV 1163/12 115. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (II) 1. Der Dauerverleih von Arbeitnehmern im Rahmen einer wirtschaftlichen Tätigkeit ist seit der Neufassung des AÜG vom 20.12.2011 (BGBl I. S. 2854), mit dem die Richtlinie 2008/ 104/EG (EGRL 104/2008) umgesetzt wurde, unzulässig. 2. Beabsichtigt der Arbeitgeber die unbefristete Einstellung einer Arbeitnehmerin auf einem sog. Dauerarbeitsplatz, kann der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung gemäß § 14 Abs. 3 S. 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen Gesetzesverstoßes verweigern. 3. Stellt der Arbeitgeber grundsätzlich nur noch Leiharbeitnehmer ein, um eine Senkung der Personalkosten zu erreichen, so kann dies unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls als institutioneller Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründen. In einem solchen Fall kann nicht festgestellt werden, dass die Maßnahme aus sach- Personalvertretungsrecht lichen Gründen dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 2 S 3 BetrVG). ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 19.9.2012, 17 TaBV 124/11 116. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (III) 1. Zweifel des Betriebsrats, ob die Einstellung eines Leiharbeitnehmers tatsächlich nur „vorübergehend“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG erfolgt, begründen kein Zustimmungsverweigerungsrecht im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG. 2. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG regelt weder eine Höchstdauer der zulässigen Arbeitnehmerüberlassung noch eine Rechtsfolge die eintritt, wenn die Überlassung dauerhaft erfolgen sollte. Es handelt sich daher bei dieser Vorschrift nicht um ein Verbotsgesetz im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG. ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 14.11.2012, 12 TaBV 62/12 117. Betriebsratsmitglied, Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, Unwirksamkeit der Beschlussfassung bei Verhinderung beteiligter Betriebsratsmitglieder Ist ein Mitglied des Betriebsrates bei der Beratung und Beschlussfassung über seine Kündigung (§ 103 Abs. 1 BetrVG) wegen Interessenkollision als „zeitlich verhindert“ (§ 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG) anzusehen (so etwa BAG v. 3.8.1999 – 1 ABR 30/ 98; BAG v. 19.3.2003 – 7 ABR 15/02), so gilt dasselbe spiegelbildlich für ein Betriebsratsmitglied, das als Vorgesetzte(r) eines anderen Mitgliedes dessen Kündigung betreibt: Auch für dieses ist zur Beratung und Beschlussfassung ein Ersatzmitglied zu befassen. Verstößt das Gremium gegen dieses Verfahrensgebot, so ist die Kündigung des betreffenden Mitgliedes schon deshalb unwirksam. ■ Arbeitsgericht Berlin vom 1.2.2013, 28 Ca 18456/12 118. Einigungsstelle, gerichtliche Einsetzung gem. § 98 ArbGG, „offensichtliche Unzuständigkeit“ bei älterer Rechtsprechung Ist unter Berücksichtigung zwar älterer, aber wiederholt bestätigter höchstrichterlicher Rechtsprechung von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle auszugehen, wird diese Beurteilung nicht dadurch geändert, dass vereinzelte instanzgerichtliche Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht folgen. ■ Landesarbeitsgericht Hannover vom 19.12.2012, 1 TaBV 112/12 119. Personalvertretungsrecht, keine Versetzung bei bloß personalvertretungsrechtlicher Zuordnung 1. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Versetzung vorliegt, ist die organisatorische Betrachtungsweise entscheidend. Die 2/2013 63 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 30 von 42, Rechtsprechung Prozessuales Prozessuales auf bloßen Zweckmäßigkeitsüberlegungen im Zusammenhang mit der Bildung von Personalvertretungen beruhenden Dienststellenfestlegungen schlagen auf die Abgrenzung der Mitbestimmungstatbestände der Versetzung, Abordnung oder Umsetzung nicht durch. 2. Bloße Zusammenführungen oder Eingliederungen von Dienststellen, die ohne Ausgliederung von Beschäftigten aus ihrer bisherigen und Neueingliederung in eine andere Dienststelle vonstatten gehen, lassen sich nicht als Versetzungen i.S.d. § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG auffassen. Nur bei einer Ausgliederung aus der bisherigen und einer Eingliederung in eine neue Dienststelle treten nämlich typischerweise die mit einer Versetzung verbundenen erheblichen Veränderungen des beruflichen Umfeldes auf, die etwa in der Unterstellung unter eine andere Dienststellenleitung oder in der Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern liegen. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 12.10.2012, 6 TaBV 2/12 Tarifvertragsrecht 120. Tarifrecht, CGZP-Tarifverträge, kein Vertrauensschutz in die Tariffähigkeit einer Vereinigung, Ablehnung des „faktischen Tarifvertrages“ jedenfalls bei fehlender Rückabwicklung 1. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt (im Anschluss an BAG v. 15.11.2006 – 10 AZR 665/05). Die fehlende Tariffähigkeit einer Koalition führt deswegen grundsätzlich zu einer anfänglichen Unwirksamkeit des von der nicht tariffähigen Koalition abgeschlossenen Tarifvertrags. 2. Es kann offen bleiben, ob im Hinblick auf Rückabwicklungsschwierigkeiten entsprechend der zu fehlerhaften Gesellschaft und dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis entwickelten Grundsätzen auch eine ex nunc Wirkung bei Feststellung der Unwirksamkeit eines Tarifvertrags in Betracht kommt. Zumindest dann, wenn Abwicklungsschwierigkeiten ersichtlich ausscheiden, ist die Annahme einer ex-nunc Wirkung trotz bereits fehlenden wirksamen Zustandekommens eines Tarifvertrags nicht begründbar. 3. Ist ein Entgelttarifvertrag wegen fehlender Tariffähigkeit der tarifvertragsschließenden Koalition nicht wirksam zustande gekommen und fehlt es deswegen an einer „abweichenden Vereinbarung“ i.S.d. § 9 Ziff. 2 AÜG, kommen Abwicklungsschwierigkeiten regelmäßig nicht in Betracht. In diesem Fall findet gar keine Rückgewährung erbrachter Leistungen nach §§ 812 ff. BGB statt. Vielmehr hat der Arbeitgeber lediglich den offenen Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 10 Abs. 4 AÜG zu erfüllen. 4. Der Auslegung des § 2 Abs. 3 TVG i.S.d. der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) mit der daraus resultierenden Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP zu 64 2/2013 den vom LAG Berlin Brandenburg in seiner Entscheidung vom 9.1.2012 (Az. 24 TaBV 1285/11) benannten in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen steht auch nicht das Verbot der echten Rückwirkung von Rechtsfolgen auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt bzw. das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes entgegen. Ein entsprechender Vertrauensschutz besteht weder für die CGZP selbst noch für die an die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge (vermeintlich) gebundenen Arbeitgeber. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 22.8.2012, 4 Sa 960/12 121. Tarifvertrag, Arbeitnehmerüberlassung, Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag 1. Ist ein ausdrücklich in Bezug genommener Tarifvertrag mangels Tariffähigkeit einer Vertragspartei unwirksam, berührt dies nicht die Wirkungen der Verweisung. Nur wenn die Unwirksamkeit des Tarifvertrags aus einem Verstoß gegen höherrangiges Recht oder allgemeine Rechtsprinzipien folgt, geht die Bezugnahme ins Leere. 2. Die Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag in vom Arbeitgeber vorformulierten Vertragsbedingungen ist nicht intransparent und damit unangemessen. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 29.11.2012, 2 Sa 166/12 122. AVR-Caritas, Stichtagsregelung bei kinderbezogener Entgeltzulage Die kinderbezogene Entgeltzulage nach Abschnitt 5 der Anlage 1 zu dem AVR-Caritas setzt voraus, dass der Arbeitnehmer für das Kind Kindergeld bezieht. Bei der Bemessung der Besitzstandszulage anlässlich der Umstellung des Entlohnungssystems zum 1.4.2011 gemäß dem Anhang zur Anlage 31 zu den AVR ist die Entgeltzulage nur zu berücksichtigen, wenn das Kindergeld im Umstellungszeitpunkt gezahlt wurde. ■ Hessisches Landesarbeitsgericht vom 13.2.2013, 18 Sa 1106/12 eingereicht von Rechtsanwältin Jacqueline Greinert Querallee 38, 34119 Kassel Tel.: 0561/6028580, Fax: 0561/60285818 [email protected]; www.jgreinert.de Prozessuales 123. Gerichtsbarkeit, Beschäftigung durch ausländischen Staat mit hoheitlichen Aufgaben Betreibt ein ausländischer Staat in Deutschland (hier: in Bayern) eine als Ersatzschule anerkannte Privatschule, wird er nicht im eigenen Aufgabenkreis hoheitlich tätig, sondern, soweit er hoheitliche Funktionen ausübt, allenfalls als Beliehener für den Freistaat Bayern. Daher unterliegen Rechtsstreitig- ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 31 von 42, Rechtsprechung Prozessuales keiten, mit denen in der Privatschule beschäftigte Arbeitnehmer des ausländischen Staates gegen diesen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend machen, der deutschen Gerichtsbarkeit. ■ Landesarbeitsgericht Nürnberg vom 6.11.2012, 7 Sa 251/12 124. Rechtsweg, Streitigkeit über Beitragszuschuss zum Versorgungswerk bei angestelltem Rechtsanwalt Aus den Entscheidungsgründen: 2. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht (§ 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 12, 13, 17 Abs. 1 ZPO) verwiesen. Es handelt sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung, § 40 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz VWGO i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGG, sondern um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis, § 2 Nr. 3 lit. a ArbGG. a. Die für die Entscheidung wesentliche Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlicher und bürgerlicher Streitigkeit erfolgt nach der wahren Natur des anzuwendenden Rechts und dem sich daraus ergebenden Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten des Rechtsstreits. Maßgeblich ist der vom Kläger unterbreitete Streitgegenstand. Danach geht es um die Zahlung eines (hälftigen) Arbeitgeberbeitrags zur berufsständischen Altersversorgung des Klägers beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein Westfalen nach § 172 Abs. 2 SGB VI in der vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011 geltenden Fassung. Der Kläger leitet aus der Pflicht der Beklagten, diesen Beitrag zu tragen, einen Anspruch auf Zahlung unmittelbar an sich her. b. Unter Zugrundelegung dieses Streitgegenstandes handelt es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit. § 172 Abs. 2 SGB VI a.F., der als Anspruchsgrundlage einzig in Betracht kommt, ist materiell eine Norm des (bürgerlichen) Arbeitsrechts, die systemfremd im SGB VI enthalten ist. Das zeigen Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung. Die Entstehungsgeschichte des § 172 Abs. 2 SGB VI a.F. macht deutlich, dass es sich materiell um eine Norm des bürgerlichen (Arbeits-) Rechts handelt. Denn die darin geregelte Arbeitgeberverpflichtung war zuvor (d.h. vor dem 1.1.1992) in Tarifverträgen oder Einzelarbeitsverträgen geregelt (vgl. dazu im Einzelnen Boecker, in: Schulin, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Rentenversicherungsrecht, § 14 Rn 26 m.w.N.), unterfiel also dem materiellen Arbeitsrecht. Eine gesetzliche Regelung wurde (nur) für erforderlich gehalten, weil im Beitrittsgebiet entsprechende tarifliche Regelungen fehlten (BT-Drucks 12/405, S. 119). § 172 Abs. 2 SGB VI a.F. ist nach der Gesetzessystematik eine Norm, die zu § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI korrespondierend eine Prozessuales mit der Versicherungsfreiheit einhergehende Verpflichtung des Arbeitgebers im Verhältnis zum Beschäftigten begründet. Diese Korrespondenz und die Tatsache, dass es um die Tragung von Beiträgen geht, vermitteln eine gewisse äußerliche Berechtigung, die Verpflichtung im sozialrechtlichen Normgefüge des SGB VI anzusiedeln. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift handelt es sich aber nicht um eine sozialversicherungsrechtliche Vorschrift. Sie befindet sich zwar im Vierten Kapitel des SGB VI „Finanzierung“, regelt aber tatsächlich nicht die Finanzierung der Gesetzlichen Rentenversicherung, sondern ausschließlich Folgen der Versicherungsfreiheit im Verhältnis von Beschäftigtem und Arbeitgeber. Deshalb handelt es sich materiell um eine Vorschrift, die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis begründet (so auch: Finke, in: Hauck/Haines, SGB VI, Kommentar, Stand Oktober 2012, § 172 Rn 17; Neidert, in: GK-SGB VI, § 172 Rn 20; KassKomm/Wehrhahn, Sozialversicherungsrecht, SGB VI, Stand 2012, § 172 Rn 10; a.A. unter Bezugnahme auf in anderem Zusammenhang ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung: Segebrecht, in: jurisPKSGB VI. 1. Aufl. Stand 3.4.2012, § 172 Rn 60 ff.). Mit dieser Einordnung geht konform, dass es sich ersichtlich weder um die Anwendung öffentlichen Rechts im allgemeinen oder besonderen Gewaltverhältnis (Subordinationsverhältnis) noch um öffentliches Sonderrecht handelt. Denn am Rechtsverhältnis ist ein für Sozialleistungen (insbesondere der Gesetzlichen Rentenversicherung) zuständiger Leistungsträger nicht (auch nicht indirekt) beteiligt, §§ 12 S. 1, 23 Abs. 2 SGB I. Es handelt sich deshalb auch nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO, die an die allgemeinen Verwaltungsgerichte zu verweisen ist. (…) Die Richtigkeit dieser Bewertung des Streitgegenstands wird durch die seit dem 1.1.2012 anstelle von § 172 Abs. 2 SGB VI a.F. geltenden Vorschrift des § 172a SGB VI bestätigt (eingeführt durch Art. 4 Nr. 10 des Vierten Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze v. 22.12.2011, BGBl I, S. 3057 ff.). Danach zahlen Arbeitgeber für von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI befreite Beschäftigte einen Zuschuss. Diese Neuregelung soll klarstellen, dass [...] der Arbeitgeber dem Mitglied den Arbeitgeberbeitrag als Zuschuss schuldet (BTDrucks 17/6764). Etwas anderes ergibt sich nicht aus der (früheren) Rechtsprechung zu § 257 SGB V bzw. zu der zuvor maßgeblichen Regelung des § 405 der Reichsversicherungsordnung (BAG v. 1.6.1999 – 5 AZB 34/98; BAG v. 19.8.2008 – 5 AZB 75/08; offen gelassen in BAGE 121, 36 ff. und BAG AP Nr. 2 zu § 172 SGB VI). Ungeachtet der Kritik an dieser Rechtsprechung zu § 257 SGB V (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 257 SGB V juris-Rn 9) hat § 172 Abs. 2 SGB VI a.F. einen anderen Regelungsgegenstand. Kann in den Konstellationen nach § 257 SGB V die sozialversicherungsrechtliche Vorfrage nach einem Beschäftigungsverhältnis (i.S.v. § 7 SGB IV) streitig sein, ist diese in Fällen des § 172 Abs. 2 SGB VI a.F. regelmäßig geklärt. Das verdeutlicht der vorliegende Fall, in dem die Beklagte nicht ihre Verpflichtung aus § 172 SGB VI bestreitet, sondern dieser die rechtsvernichten- 2/2013 65 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 32 von 42, Rechtsprechung Prozessuales Prozessuales den Einwendungen der Erfüllung und der Verwirkung (alternativ) entgegenhält. ■ Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 29.1.2013, L 18 R 773/12 B eingereicht von Rechtsanwalt Bernhard Dribusch Moltkestraße 4, 32756 Detmold Tel.: 05231/7608-0; Fax: 05231/7608-76 [email protected] 125. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung nach Fristversäumnis, Zurechnung des Anwaltsverschuldens Aus den Entscheidungsgründen: Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, ist das Verschulden eines (Prozess-) Bevollmächtigten an der Versäumung der gesetzlichen Klagefrist nach § 4 S. 1 KSchG bei einer Kündigungsschutzklage dem klagenden Arbeitnehmer gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (BAG v. 11.12.2008, 2 AZR 472/08; BAG v. 24.11.2011, 2 AZR 614/10; BAG v. 22.3.2012, 2 AZR 224/11). Entsprechend seinem durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemachten und unstreitigen Vorbringen hat der Kläger nach Zugang der Kündigung Rechtsanwalt M mit der Wahrnehmung seiner Interessen beauftragt und ihn gebeten, etwas gegen die Kündigung zu unternehmen. Rechtsanwalt M hätte daher innerhalb von drei Wochen ab Zugang gemäß § 4 S. 1 KSchG Kündigungsschutzklage erheben müssen. Er hat es jedoch versäumt, in der Folgezeit fristgerecht Klage zu erheben. Dieses Versäumnis ist verschuldet. Hiervon muss das Gericht jedenfalls ausgehen, da keine Anhaltspunkte für ein fehlendes Verschulden von Rechtsanwalt M vorgetragen oder sonst ersichtlich sind. Dieses Verschulden muss der Kläger sich gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Da der Kläger Rechtsanwalt M beauftragt hatte, „etwas gegen die Kündigung zu unternehmen“, liegt keine bloße Rechtsberatung eines gekündigten Arbeitnehmers durch einen Rechtsanwalt vor, bei der eine Zurechnung des Anwaltsverschuldens nach § 85 Abs. 2 ZPO nicht stattfindet. § 85 Abs. 2 ZPO ist auch nicht etwa erst nach Erhebung der Kündigungsschutzklage, sondern – wie vorliegend – bereits im Vorfeld einer Klageerhebung anwendbar. Die Anwendbarkeit des § 85 Abs. 2 ZPO verlangt noch kein bestehendes Prozessrechtsverhältnis oder eine Prozessvollmacht im „strengen“ Sinn. Vielmehr ist das Bestehen eines wirksamen Mandats im Innenverhältnis ausreichend (BAG v. 11.12.2008, 2 AZR 472/08). ■ Arbeitsgericht Köln vom 24.1.2013, 17 Ca 7481/12 eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser Kölner Straße 2, 50226 Frechen Tel.: 02234/1820-0, Fax: 02234/1820-10 [email protected]; www.hdup.de 66 2/2013 126. Prozessfähigkeit, Anfechtung eines Vergleichs wegen Geschäftsunfähigkeit 1. Im Streit über ihre Prozessfähigkeit ist die betroffene Partei als prozessfähig anzusehen. Behauptet sie, ein gerichtlicher Vergleich sei wegen ihrer fehlenden Geschäftsfähigkeit unwirksam, ist ein die Verfahrensfortsetzung ablehnender Beschluss mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, obwohl durch Urteil hätte entschieden werden müssen (Meistbegünstigung). 2. Dem Prozessunfähigen kann rechtliches Gehör wirksam nur durch Anhörung eines gesetzlichen Vertreters gewährt werden. Für seine ordnungsgemäße Vertretung hat der Prozessunfähige selbst zu sorgen, indem er nach § 1896 BGB eine Betreuerbestellung durch das Vormundschaftsgericht herbeiführt. ■ Oberlandesgericht Koblenz vom 2.5.2012, 5 W 218/12 127. Einstweilige Verfügung, Beschäftigungsanspruch, Verfügungsgrund bei Erteilung eines Hausverbots 1. Wird eine Arbeitnehmerin bei dem Versuch, ihre Arbeit nach Beendigung der Elternzeit wieder aufzunehmen (hier: Tätigkeit als Abteilungsleiterin/Warenwirtschaft in der Verkaufsfiliale einer Kaufhauskette) unter Erteilung eines „Hausverbots“ vom angestammten Arbeitsplatz verwiesen, was der Arbeitgeber im Betrieb anschließend in der Belegschaft bekannt macht, so kann das gesteigerte Beschäftigungsinteresse, das Teile der Gerichte für Arbeitssachen zur Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs im ungekündigten Arbeitsverhältnis per einstweiliger Verfügung als „Verfügungsgrund“ für erforderlich halten, bereits in den rehabilitativen Effekten der Zurückgewinnung ihrer betrieblichen Präsenz durch die so gebrandmarkte Arbeitsperson zu erblicken sein. 2. Es verbleibt allerdings dabei, dass ein derartiges gesteigertes Beschäftigungsinteresse neben der Anspruchsvereitelung im Zeitablauf nicht erforderlich ist (wie LAG Hamm v. 12.12.2001 – 10 Sa 1741/01 – NZA-RR 2003, 311; LAG Berlin v. 16.9.2004 – 10 Sa 1763/04 – LAGE § 102 BetrVG 2001 Beschäftigungspflicht Nr. 3; LAG Berlin-Brandenburg v. 27.1.2010 – 15 SaGa 2395/09 – n.v.; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2 Ta 387/10 – ArbR 2010, 349). ■ Arbeitsgericht Berlin vom 25.1.2013, 28 Ga 178/13 128. Berufung, Zulässigkeit, unzureichende Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung (EqualPay-Vergütung) Aus den Entscheidungsgründen: 2. Mit der Berufungsbegründungsschrift ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht ausreichend i.S.v. § 520 Abs. 3 Satz 2 Mr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG angegriffen worden. Es fehlt an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den tragenden Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils. ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 33 von 42, Rechtsprechung Prozessuales a) Im Rahmen des § 520 Abs. 3 ZPO ist in der Berufungsbegründung eine argumentative Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen geboten (BAG v. 16.5.1990 T 4 AZR 145/ 90; HK/Pfefffen, ArbGG, § 66 Rn 31). Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 bis. Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (ständige Rechtsprechung des BAG, z.B. v. 16.5.2012 – 4 AZR 245/ 10; v. 18.5.2011 – 4 AZR 552/09). b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung der Beklagten gegen das ausführlich begründete Urteil des Arbeitsgerichts nicht. Das. Arbeitsgericht hat unter Verweis auf die hierzu ergangenen Entscheidungen (BAG v. 19.9.2007 – AZR 656/06; LAG Düsseldorf v. 21.6.2012 – 13 Sa 319/12) ausgeführt, die dem Kläger erteilte Entleiherauskunft nach § 13 AUG enthalte auch eine Aussage über die Vergleichbarkeit der eigenen Tätigkeit mit derjenigen der verglichenen Stammarbeitnehmer. Deshalb reiche es für die Schlüssigkeit einer Klage auf Equal-Pay-Vergütung aus, wenn der Arbeitnehmer den Inhalt dieser Auskunft mitteile und sich zur Begründung seines Zahlungsanspruchs auf die Differenz seiner vom Verleiher gezahlten Vergütung berufe. Es sei dann Sache des Arbeitgebers, gegebenenfalls für die fehlende Vergleichbarkeit der Tätigkeit substantiierten Vortrag zu erbringen. Hierauf sei die Beklagte schon durch den Aussetzungsbeschluss vom 2.2.2012 ausdrücklich hingewiesen worden. Dem diesbezüglichen Vortrag des Klägers sei diese jedoch nicht ausreichend entgegengetreten. Das einfache Bestreiten bzw. die pauschale Behauptung, der Kläger sei als Helfer in die Entgeltgruppe 01 einzugruppieren gewesen, sei insofern unbeachtlich, § 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO. Dabei träfen die Beklagte Erkundigungs- und Informationsobliegenheiten aus § 12 Abs. 1 S. 3 AUG, da die fraglichen Informationen bereits in den Verträgen zwischen der Beklagten und dem Entleiher hätten enthalten sein müssten. Jedenfalls habe sich die Beklagte darum bemühen müssen, entsprechende Auskünfte des Entleiherbetriebs einzuholen. Hiergegen wendet die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung lediglich pauschal ein, bei der Berechnung des ausgeur- Prozessuales teilten Betrages sei „ohne weiteres* davon ausgegangen worden, dass der Kläger im Entleihbetrieb nach der Entgeltstufe 4 einzustufen gewesen sei. Da nach den vorgelegten Unterlagen der Kläger aber nur einfachste Arbeiten ausgeführt habe, sei „nicht nachvollziehbar“, warum dieser nicht in die Entgeltgruppen 1, 2 oder 3 einzustufen gewesen sei. Ihr Bestreiten sei im Hinblick auf diese Umstände ausreichend. Im Übrigen sei ein Beweisanerbieten durch Sachverständigengutachten erfolgt. Dieser Berufungsbegründung ist eine argumentative Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts und der in Bezug genommene Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Sie setzt sich nicht mit der rechtlichen Wirkung der Auskunft nach § 13 AUG und den Folgen auf den arbeitsgerichtlichen Prozess, nicht mit den Tatbestandsmerkmalen der in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelungen und auch nicht mit der Frage auseinander, inwieweit der Entleiherbetrieb überhaupt die Entgeltgruppen 1, 2 oder 3 des Tarifvertrages anwendet. Auch setzt sie sich nicht mit der Frage auseinander, warum bei einem solch pauschalen Bestreiten ein angebotener Beweis erhoben werden soll. (…) bb) Weiter trägt die Beklagte in der Berufungsbegründung vor, das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger einsatzbezogene Zulagen erhalten habe. Nach der Rechtsprechung der anderen Kammern des Arbeitsgerichts Heilbronn und des Arbeitsgerichts Freiburg seien stündlich gezahlte Zulagen beim Vergleichsentgelt zu berücksichtigen. Hierzu ist auszuführen, dass sich aus diesem Vortrag der Beklagten nicht ergibt, welche konkreten Zulagen in welcher Höhe sie meint. Sollte sich der Vortrag auf dem Kläger gewährte Auslösungen beziehen, wie es der Kläger vermutet, wird dies im arbeitsgerichtlichen Urteil auf Seiten 7 f. berücksichtigt. Auch hiermit setzt sich die Berufungsbegründung inhaltlich nicht auseinander. cc) Das Arbeitsgericht hat sich in seinem Urteil umfänglich mit der Frage beschäftigt, ob Ausschluss-, oder Verwirkungstatbestände tariflicher oder arbeitsgerichtlicher Art greifen können und dies mit ausführlicher Begründung verneint. Hierzu trägt die Beklagte in der Berufungsbegründung lediglich vor, das Arbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass „zwischenzeitlich die zweiten Instanzen in Deutschland mehrheitlich von Verwirkungstatbeständen ausgingen, sie habe ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg überreicht, wonach – auch bei der vorliegenden Fallgestattung – sämtliche Ansprüche verwirkt gewesen seien, da die dreimonatliche erste Stufe zur Geltendmachung bei Klageerhebung versäumt worden sei, zudem überreiche sie das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 1.6.2012 (AZ. 9 Sa 24/12}, wonach Equal-Pay-Ansprüche bei arbeitsvertraglicher Einbeziehung des AMP TV in seiner jeweilig gültigen Fassung verwirkt seien, wenn diese nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht würden. Dieser Vortrag enthält keinerlei, inhaltliche Auseinandersetzung mit den arbeitsgerichtlichen Erwägungen. Er macht auch nicht deutlich, warum die zitierten Ent- 2/2013 67 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 34 von 42, Rechtsprechung Prozessuales Prozessuales scheidungen vorliegend erheblich sein sollen. (…) Damit ist der Vortrag der Beklagten auch diesbezüglich völlig pauschal. dd) Schlussendlich setzt sich das arbeitsgerichtliche Urteil umfassend mit der Frage der Verjährung auseinander und verneint mit ausführlicher Begründung den Verjährungseintritt. Mit dieser Argumentation setzt sich die Beklagte in der Berufungsbegründung überhaupt nicht auseinander, sondern erhebt „vorsorglich die Einrede der Verjährung“ und verweist auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 26.10.2012 (8 Sa 977/12), was allerdings voraussetzt, dass die Berufung zulässig wäre. ■ Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg vom 6.11.2012, 6 Sa 127/12 eingereicht von Rechtsanwalt Bertram Bauer Martin-Luther-Platz 6-8, 91522 Ansbach Tel.: 0981/9712700, Fax: 0981/97127030 [email protected]; www.rae-pbw.de 129. Errichtung einer Einigungsstelle, kein Erfordernis außergerichtlichen Einigungsversuchs Für die Anrufung der Einigungsstelle und deren gerichtliche Einsetzung gibt es keine Verfahrensvoraussetzung dergestalt, dass zuvor ergebnislos ein Einigungsversuch außerhalb der Einigungsstelle unternommen oder eine Verhandlung geführt wurde. Es reicht aus, wenn ein Regelungsgegenstand nach der subjektiven Einschätzung einer Seite ohne Hilfe der Einigungsstelle keiner Lösung zugeführt werden kann. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 2.11.2012, 9 TaBV 34/12 130. Errichtung des Wirtschaftsausschusses, Klärung im Beschlussverfahren Die Frage, ob ein Wirtschaftsausschuss für den gemeinsamen Betrieb zweier Unternehmen zu bestellen ist oder bereits wirksam in der Vergangenheit bestellt worden ist, kann nicht im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens nach § 109 BetrVG i.V.m. § 98 ArbGG geklärt werden. Der Streit über die Errichtung des Wirtschaftsausschusses bleibt dem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach § 2a ArbGG vorbehalten. ■ Landesarbeitsgericht Hannover vom 19.2.2013, 1 TaBV 155/12 131. Nichtzulassungsbeschwerde, Aktenwidrige Feststellungen, Anspruch auf AGG-Entschädigung Aus den Entscheidungsgründen: 1. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde als verfahrensfehlerhaft, die Würdigung des Berufungsgerichts, der Entschädigungsanspruch sei nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs wegen mangelnder Ernsthaftigkeit der Bewerbung ausgeschlossen, beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 68 2/2013 Mit der Rüge einer fehlerhaften Verwertung des dem Gericht vorliegenden Tatsachenmaterials wird zunächst nur ein – angeblicher – Fehler in der Sachverhaltswürdigung angesprochen. Ein solcher Fehler ist revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und kann deshalb einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen (vgl. BVerwG v. 2.11.1995 – 9 B 710.94; BVerwG v. 3.12.2008 – 4 BN 26.08). Eine Ausnahme hiervon kommt unter anderem bei einer aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung in Betracht (stRspr, vgl. BVerwG v. 28.3.2012 – 8 B 76.11 m.w.N,). Tatsächliche Feststellungen sind aktenwidrig, wenn zwischen den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein Widerspruch besteht. Dieser Widerspruch muss offensichtlich sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung des richtigen Sachverhalts nicht bedarf. Die Aktenteile, die das Tatsachengericht nach Ansicht der Beschwerde nicht oder fehlerhaft berücksichtigt haben soll, sind genau zu bezeichnen. Darüber hinaus ist darzulegen, welche Schlussfolgerung sich dem Tatsachengericht, ausgehend von dessen materiellrechtlicher Auffassung, aufgrund dieser Tatsachen hätte aufdrängen müssen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Beschwerde legt nicht schlüssig dar, dass die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger habe sich „grundsätzlich bemüht (...), jedes ihm angetragene Vorstellungsgespräch wahrzunehmen oder sich – sofern ihm dies etwa wegen gleichzeitig stattfindender anderer Vorstellungsgespräche oder wegen Krankheit nicht möglich war – um einen Ersatztermin nachzusuchen“, in offensichtlichem Widerspruch zum Inhalt der Akten stehe. Dass die Würdigung des Berufungsgerichts erkennbar an durch E-Mail-Verkehr zumindest teilweise belegte Ausführungen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren anknüpft, bleibt außer Betracht. Ein offensichtlicher Widerspruch zu dem Inhalt der Akten wird auch nicht insoweit substanziiert dargetan, als die Beschwerde im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, „er habe immer eine Beamtenstelle und nicht nur ein Angestellten-Verhältnis angestrebt und bevorzuge räumlich eindeutig eine Beschäftigung in Baden-Württemberg“, die Frage aufwirft, „welchen plausiblen Vortrag“ des Klägers der Verwaltungsgerichtshof in Bezug [nehme]“. Hierbei bleibt das diesbezügliche Vorbringen in der Klageschrift vom 2.6.2010 unberücksichtigt. Dass die Beklagte dieses für unglaubhaft hält, vermag eine Aktenwidrigkeit der Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts nicht zu begründen. Die Aktenwidrigkeit der Feststellungen wird auch nicht dadurch schlüssig dargetan, dass die Beschwerde dem Berufungsgericht vorhält, es hätte bei einer kritischen Prüfung der Einlassungen des Klägers nicht unterstellen dürfen, dieser habe nachvollziehbar dargelegt, warum er die Vorstellungsgespräche abgesagt habe, es hätte sich dem Gericht vielmehr aufdrängen müssen, dass sich bei dem Kläger innerhalb von ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 35 von 42, Rechtsprechung Sonstiges sechs Tagen kein genereller Sinneswandel habe einstellen können. Allein der Umstand, dass die Beschwerde das Bestehen der ernstlichen Möglichkeit eines anders gestalteten Geschehens beziehungsweise einer zu weiteren Fragen Anlass gebenden Sachverhaltskonstellation bezeichnet, zeigt noch keinen offensichtlichen, „zweifelsfreien“ Widerspruch zwischen den Annahmen des Tatsachengerichts und der Aktenlage auf. Dies gilt umso mehr, als der unstreitige Akteninhalt, dem zufolge sich der Kläger am 31.12.2009 bei der Beklagten beworben hat und am 5.1.2010 ein Vorstellungsgespräch bei einem baden-württembergischen Landkreis im Hinblick auf die bevorstehende Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei einer bayerischen Gemeinde abgesagt hat, zwar die Folgerung rechtfertigt, dass die Bewerbung bei der Beklagten in Wahrheit auf die Schaffung der Voraussetzungen für eine Entschädigungsleistung abzielte, dieser Schluss indes nicht zwingend ist. ■ Bundesverwaltungsgericht vom 10.9.2012, 5 B 32.12 eingereicht von Rechtsanwalt Jochen Link Niedere Straße 63, 78050 Villingen-Schwenningen Tel.: 07721/33166, Fax: 07721/33197 [email protected]; www.anwaltskanzlei-vs.de 132. Kostenerstattung, Übersetzung der Verfahrensunterlagen für ausländische Partei Eine ausländische, der deutschen Sprache nicht mächtige Prozesspartei ist grundsätzlich berechtigt, alle für den Prozess wesentlichen Schriftstücke übersetzen zu lassen. Die Übersetzungskosten sind als Kosten des Verfahrens erstattungsfähig. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 21.1.2013, 9 TaBV 246/12 Sonstiges 133. Schwerbehinderung, Integrationsamt, keine Zustimmung zur Kündigung ohne Prüfung der Namensliste, „Schlecker-Kündigung“ Bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Stilllegung von Unternehmensteilen darf sich das Integrationsamt im Rahmen einer Zustimmungsentscheidung nach § 85 SGB IX nicht mit der Feststellung begnügen, dass der Name des schwerbehinderten Menschen in einer Liste zum Interessenausgleich (vgl. § 1 V KSchG) enthalten ist, sondern es muss weitergehend ermitteln, dass die Belange der schwerbehinderten Menschen und ggf. nach welchen Kriterien bei der Sozialauswahl überhaupt berücksichtigt worden sind. ■ Verwaltungsgericht Stuttgart vom 4.3.2013, 11 K 3968/12 Sonstiges 134. Schadenersatz, Verhängung einer Sperrzeit wegen vereinbarungswidriger Angabe des Kündigungsgrundes Vereinbarungswidrige Auskünfte des Arbeitgebers über den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III rechtfertigen keinen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber, wenn die Agentur für Arbeit in der Sache zu recht eine Sperrfrist verhängt. Der Verlust oder die Vorenthaltung einer tatsächlichen oder rechtlichen Position, auf die nach der Rechtsordnung kein Anspruch besteht, stellt nämlich keinen ersatzfähigen Nachteil dar (BGH v. 6.7.2006, – IX ZR 88/02; BGH v. 11.11.1993, – IX ZR 35/93; BGH v. 26.1.1989, – IX ZR 81/88; BGH v. 26.3.1985, – VI ZR 245/83; LAG Niedersachsen v. 24.3.2003, – 16 Sa 19/03; Hessisches LAG v. 7.3.2012, – 6 Sa 1525/10). Niemand kann im Wege des Schadensersatzes mehr erhalten als das, was er nach der materiellen Rechtslage verlangen kann. ■ Hessisches Landesarbeitsgericht vom 17.7.2012, 13 Sa 1053/11 135. PKH, Verwertung von Immobilienbesitz Grund- oder Wohnungseigentum, das dem Hilfesuchenden nicht als eigene Wohnstatt, sondern als bloße Kapitalanlage dient, ist im Rahmen der §§ 114, 115 ZPO als verwertbares Vermögen in Ansatz zu bringen, indem die Partei als gehalten anzusehen ist, im Rahmen des Zumutbaren zu beleihen oder notfalls zu veräußern, um die Kosten eines Rechtsstreits zu bestreiten. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 14.1.2013, 6 Ta 226/12 136. PKH, „steckengebliebener“ Antrag bei Tod der Partei Aus den Entscheidungsgründen: Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Unrecht abgelehnt. a) Zwar war der Kläger im Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung des Arbeitsgerichts bereits verstorben, wozu grundsätzlich festzustellen ist, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach dem Tod der beantragenden Partei auszuscheiden hat, weil die Prozesskostenhilfe eine Form der höchstpersönlichen Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege ist (vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Übersicht § 114 Rn 1, m.w.N.). Da die Prozesskostenhilfe an eine die spezielle Situation des Begünstigten geknüpfte höchst persönliche Berechtigung ist, endet sie mit dem Tod des hilfsbedürftigen Beteiligten. Nach dem Tod des Hilfsbedürftigen kann ihm deshalb im Regelfall nicht mehr Prozesskostenhilfe bewilligt werden (vgl. BSG v. 2.12.1987 – 1 RA 25/87; Thüringer LSG v. 21.9.2004 – L 6 RJ 964/02; LSG NRW v. 29.2.2008 – L 20 B 9/08 SO). Eine Ausnahme hiervon im Sinne einer rückwirkenden Bewilligung der personengebundenen und nicht vererblichen 2/2013 69 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 36 von 42, Rechtsprechung Streitwert Streitwert und und Gebühren Gebühren Prozesskostenhilfe an die verstorbene Partei ist allerdings dann vorzunehmen, wenn im Sinne des Antrags der verstorbenen Partei das Gericht bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher Bearbeitung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch zu Lebzeiten hätte entschieden werden müssen. Bei einem solchen „steckengebliebenen“ Prozesskostenhilfeantrag kann nachträglich und rückwirkend die Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn bis zur Beendigung der Instanz oder des Verfahrens die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung tatsächlich hinreichende Aussicht auf Erfolg bot und ein formgerechter Antrag mit den erforderlichen Belegen eingereicht war (LAG Hamm v. 25.11.2002 – 4 Ta 180/02). So lagen die Voraussetzungen im Streitfall; zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe hätte noch zu Lebzeiten der klagenden Partei entschieden werden können und müssen. ■ Landesarbeitsgericht Köln vom 7.1.2013, 8 Ta 107/12 eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Thomas Banse Tivolistraße 4, 52349 Düren Tel.: 02421/407680, Fax: 02421/4076825 [email protected]; www.kanzlei-banse.de 137. PKH, Vergleichsmehrwert, rechtzeitige Antragstellung, kein konkludenter Antrag auf zukünftige Streitgegenstände Aus den Entscheidungsgründen: Die erkennende Beschwerdekammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass eine Erstreckung der bereits bewilligten Prozesskostenhilfe auch auf den Mehrwert eines nach diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Vergleichs nicht möglich ist, wenn nicht rechtzeitig vor Schluss der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Antrag gestellt wird. Denn mit dem Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom 15.11.2011 ist der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abschließend und umfassend beschieden worden. Zu diesem Zeitpunkt war nicht absehbar und nicht erkennbar, dass das Begehren des Klägers sich auch auf andere Streitgegenstände erstrecken sollte. Insbesondere lagen objektiv keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich dieser Antrag auch auf andere Streitgegenstände als den bisher geltend gemachten erstrecken sollte. Nach § 114 S. 1 ZPO wird Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung gewährt. Diese beabsichtigte Rechtsverfolgung wird konkretisiert durch die in dem Verfahren gestellten Anträge. Der ursprünglich gestellte Prozesskostenhilfeantrag kann nicht als konkludenter Antrag für den Abschluss eines zukünftigen Vergleichs mit beliebigem Inhalt interpretiert werden, da nicht erkennbar ist, um welche konkreten Streitgegenstände es sich hierbei handeln kann. Erfolgt nach vollständiger Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrags eine Klageerweiterung und/oder ein Vergleichsabschluss der Parteien mit einem Mehrwert, ist ein neuer – ggfs. auch konkludenter – Antrag im noch laufenden und noch 70 2/2013 nicht abgeschlossenen Verfahren notwendig, um Prozesskostenhilfe auch für den Streitgegenstand des Mehrwertes des Vergleiches erhalten zu können (LAG Sachsen-Anhalt v. 5.1.2011, 2 Ta 191/10). Nach Abschluss der Instanz ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dagegen nicht mehr möglich (BAG v. 16.2.2012, 3 AZB 34/11). Ein entsprechender Antrag ist vorliegend vor Beendigung des Verfahrens nicht gestellt worden. Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung ist die vorliegende Entscheidung auch mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 16.2.2012 vereinbar. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht offen gelassen, ob trotz der über den ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag bereits getroffenen Entscheidung noch ein konkludenter Prozesskostenhilfeantrag im Raum stand, der sich auf mögliche Erweiterung der Prozesskostenhilfe hinsichtlich eines Vergleichsmehrwerts bezog. Es hat jedoch zugleich ausgeführt, dass hiergegen „allerdings Vieles spricht“ (BAG v. 16.2.2012, 3 AZB 34/11, Rn 12). ■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen vom 3.1.2013, 7 Ta 204/12 eingereicht von Rechtsanwalt Rolf Schaefer Ludwig-Barnay-Straße 1, 30175 Hannover Tel.: 0511/220686-0, Fax: 0511/220686-11 Streitwert und Gebühren 138. Streitwert, Abmahnung, keine pauschale Bewertung mit einem Monatsgehalt, sondern nach der Gefährdung des Arbeitsverhältnisses Aus den Entscheidungsgründen: Die Beschwerde ist auch begründet. Eine allgemeine Auffassung, wonach eine Klage auf Entfernung von Abmahnungsschreiben aus der Personalakte pro Abmahnung mit einem Monatsentgelt zu bewerten sei, besteht nicht (vgl. nur BAG v. 16.5.2007 – 2 AZB 53/06). Der Streit über die Entfernung von schriftlichen Abmahnungserklärungen aus der Personalakte ist nach der ständigen Rechtsprechung der erkennenden Kammer unabhängig von der Anzahl der Abmahnungserklärungen, der auf Entfernung oder gar auf „Widerruf gerichteten Anträge und der einer oder mehreren Abmahnungen zugrunde liegenden Sachverhalte regelmäßig höchstens mit 1/3 des Vierteljahresverdienstes zu bewerten (LAG Hamm Beschl. v. 6.9.2006 – 6 Ta 422/06; vgl. krit. zur pauschalen Bewertung mit je einem Monatsentgelt BAG v. 16.5.2007 – 2 AZB 53/06). Die Beeinträchtigung durch eine Abmahnung liegt primär darin, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses wegen der angedrohten kündigungsrechtlichen Folgen gefährdet sein kann. Daneben kann eine unberechtigte Abmahnung die Grundlage für eine falsche Beurteilung des Arbeitnehmers sein, wodurch sein berufliches Fortkommen behindert wird oder sich andere ar- ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 37 von 42, Rechtsprechung Streitwert und Gebühren beitsrechtliche Nachteile für ihn ergeben können (BAG v. 3.2.1993 – 5 AZR 283/92). Der Streitwert für Klagen auf Entfernung, Vernichtung oder Widerruf dieser Erklärungen ist zunächst in Relation zum Wert einer Bestandsschutzklage zu bestimmen. Da die wirtschaftliche Bedeutung eines Streits über den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses erheblich schwerer wiegt als ein Verfahren gegen dessen bloße Gefährdung, wird ein Ansatz von – höchstens – einem Drittel des Regelwerts einer Bestandsschutzklage nach § 42 Abs. 4 GKG als angemessen angesehen. Für die Bewertung ist nicht die Anzahl der Abmahnungserklärungen oder der ihnen jeweils zugrunde liegenden Sachverhalte von Bedeutung, sondern der Grad der Gefährdung des Arbeitsverhältnisses durch die streitbefangenen Erklärungen. Der Grad der Gefährdung wird bestimmt durch die Qualität der Warnfunktion der Abmahnung. Es ist anerkannt, dass die Warnfunktion einer Abmahnung erheblich dadurch abgeschwächt werden kann, dass der Arbeitgeber bei ständig neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers stets nur mit einer Kündigung droht, ohne jemals arbeitsrechtliche Konsequenzen folgen zu lassen (BAG v. 15.11.2001 – 2 AZR 609/00; BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR 406/03). Eine Abmahnung kann nur dann die Funktion erfüllen, den Arbeitnehmer zu warnen, dass ihm bei der nächsten gleichartigen Pflichtverletzung die Kündigung droht, wenn der Arbeitnehmer diese Drohung ernst nehmen muss. Dies kann je nach den Umständen nicht mehr der Fall sein, wenn jahrelang die Kündigung stets nur angedroht wird. Es handelt sich dann um eine „leere“ Drohung. Der so gefundene Streitwert kann leicht erhöht werden, soweit auch das berufliche Fortkommen der klagenden Partei durch die Abmahnungserklärungen konkret gefährdet wird. Bei der Bewertung des Streitwerts ist schließlich zu berücksichtigen, dass eine Klage auf Entfernung, Vernichtung oder Widerruf von Abmahnungserklärungen regelmäßig nicht geeignet ist, die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses und die Erschwerung des beruflichen Fortkommens wirklich zu beseitigen (BAG v. 21.5.1992 – 2 AZR 551/91). Im Streitfall ist über drei Abmahnungen gestritten worden. Der Ansatz von zwei Monatsentgelten ist angemessen. Landesarbeitsgericht Hamm vom 11.12.2012, 6 Ta 504/12 eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Stephan Osnabrügge Kurt-Schumacher-Straße 16, 53113 Bonn Tel.: 0228/6209010, Fax: 0228/6209091 [email protected]; www.paulypartner.de ■ Streitwert und Gebühren 139. Streitwert, Versetzung Der Gegenstandswert für die Klage gegen eine Versetzung ist im Regelfall ohne weitere werterhöhende Umstände mit einem Monatsgehalt angemessen bewertet. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 4.12.2012, 1 Ta 223/12 140. Streitwert, gespaltener Kündigungsschutzantrag, Freistellung 1. Die formale Aufspaltung eines Kündigungsschutzantrages in zwei Anträge, von denen sich einer gegen die Kündigung insgesamt, einer hilfsweise nur gegen die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist richtet, ändert nichts daran, dass der Gegenstandswert einheitlich mit maximal drei Monatsverdiensten zu bewerten ist. 2. Die Freistellung ist mit 25 % eines Monatsgehalts zu bewerten. Zur Bewertung ist nicht der Wert der Vergütung für den Freistellungszeitraum, sondern das Titulierungsinteresse maßgeblich. Nur wenn die Parteien durch eine Freistellungsvereinbarung eine Regelung getroffen haben, die ggf. einem Weiterbeschäftigungsbegehren Rechnung tragen sollte, kann dies ggf. höher bewertet werden. ■ Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 17.12.2012, 2 Ta 492/12 eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Wulf Gravenhorst Wildenbruchstraße 82, 40545 Düsseldorf Tel.: 0221/569423-0, Fax: 0221/569423-11 [email protected]; www.kanzlei-gravenhorst.de 141. Streitwert, Beschlussverfahren, Anfechtung der Betriebsratswahl 1. Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des BAG an, wonach bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl zunächst vom Zweifachen des Hilfswertes von EUR 4.000,– auszugehen ist, der sich mit jeder Stufe der Staffel des § 9 BetrVG um den halben Hilfswert steigert. 2. Dies gilt auch, wenn die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a Abs. 1 BetrVG stattgefunden hat. ■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 25.1.2013, 10 Ta 1/13 142. RVG, keine Terminsgebühr für Telefonat über Rechtsmittelrücknahme Eine Terminsgebühr entsteht nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3 RVG-VV nicht, wenn in einem Telefongespräch der Prozessbevollmächtigten die Entscheidung zur Rücknahme des Rechtsstreits mitgeteilt hat und erläutert sowie nachgefragt wird, ob auf eine Erstattung der Rechtsanwaltskosten verzichtet werde. Es handelt sich nicht um eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens. ■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 26.11.2012, 17 Ta (Kost) 6112/12 2/2013 71 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 38 von 42, Rezensionen Rezensionen Johanna Busmann Chefsache Mandantenakquisition Erfolgreiche Akquisestrategien für Anwälte Verlag De Gruyter, 1. Aufl. 2013, 530 Seiten, gebunden, 69,95 EUR, ISBN 978-3-11-029362-3 Anwälte werden in Deutschland und Österreich nicht zu Unternehmern ausgebildet. Für den Rechtsberater ist somit Akquise häufig von Glück, Zufall oder Tagesform abhängig, für den Unternehmer jedoch von einer Marktstrategie. Eine solche durchdachte Akquise-Strategie ist „Chefsache“ und führt zu einer langfristigen Positionierung am Markt. Bereits in der Einleitung fordert die Autorin zum modulhaften Lesen auf. Durch die Alphabet-Struktur ist dieses Buch ein praktisches Nachschlagewerk; der Leser kann einfach und schnell das für ihn interessanteste Thema finden. Über Fußnoten wird der Leser zum nächsten für ihn relevanten Thema geleitet. Für jeden Buchstaben des Alphabets gibt es wertvolle Ratschläge, von A wie Assistentin über H wie Honorarinformation und S wie Smalltalk bis hin zu Z wie Zielführung. Voraussetzungen und Wirkungen zahlreicher Akquisetipps für Kanzleien jeder Größe und Anwälte aller Rechtsgebiete werden erläutert. Mehr als 30 namentlich genannte Anwälte beschreiben ihre Erfahrungen mit diesen Tipps und belegen somit deren Praxistauglichkeit. Einige dieser Tipps sind sofort umsetzbar, andere erfordern mittelfristig einige strukturelle Maßnahmen und wieder andere betreffen langfristige Aktionen im Kanzleimanagement. Fragetechniken, Sprachstruktur, Behandlung von Einwänden, Smalltalk, Leistungspräsentation, Moderation in einer Teampräsentation, Empathiebeweise sowie auch non-verbale Kommunikationstechniken werden detailliert erläutert und in den einzelnen Situationen beschrieben. Der Anwalt muss sich jeweils das heraussuchen, was zu ihm, seiner Kanzlei und seinen Zielen passt. Hierbei ist wichtig, dass die jeweilige AkquiseMaßnahme zur Persönlichkeit des Anwalts passen muss. Wer sich „verbiegt“, wirkt nicht authentisch. Das Buch behandelt kein Rechtsgebiet gesondert, bringt aber konkrete, detailreiche Beispiele in unterschiedlichen Bereichen. Sehr hilfreich erscheinen die wörtlichen Formulierungen, mit denen Akquise bereits erfolgreich war. So wird beispielsweise ein kompletter Akquisevorgang vom ersten Anruf des Mandanten bis zur Vertragsunterzeichnung dargestellt. Auch wenn sich dieser Fall im Kapitel „Wie ein Interessent zum Mandanten wird“ im Insolvenzrecht abspielt, sind die Bestandteile ohne weiteres auf das Arbeitsrecht übertragbar. Insbesondere beim Thema „Cross-Selling“, der Ausweitung der bestehenden Mandate, fällt der Autorin auf, wie Anwälte das Thema Akquise vernachlässigen. Cross-Selling ist die einfachste aller Akquisemethoden, denn das Vertrauensverhältnis zum Mandanten besteht bereits und muss nicht erst noch 72 2/2013 aufgebaut werden. Die Autorin beschreibt sehr anschaulich, wie „Cross-Selling“ in Kanzleien jeder Größe gut funktionieren kann. Insgesamt ist der Autorin ein verständliches, praxisnahes und an den täglichen Herausforderungen orientiertes Nachschlagewerk gelungen, in dem jeder Anwalt die für sich passenden Akquisemaßnahmen finden kann. Peter Staudacher Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, München Jürgen Röller (Hrsg.) Küttner – Personalbuch 2013 Verlag C.H Beck, 20. vollständig neubearbeitete Auflage 2013, Buch inkl. Online-Nutzung, 2877 S., in Leinen, 125,00 EUR, ISBN 978-3-406-63713-1 Der „Küttner“ des Jahres 2013, inzwischen die 20. Auflage, befasst sich unter rd. 400 Stichworten mit den wichtigsten Fragen des Arbeitsrechts, des Lohnsteuerrechts und des Sozialversicherungsrechts in einer einmaligen Kombination. Will man gerade mit dieser Kombination aber up to date sein, muss man das Werk auch wirklich jährlich erwerben, was in Ansehung des Preises schon eine kleine Zumutung ist. Möglicherweise deshalb bietet der (bayerische) Verlag als Schmankerl ab der Ausgabe 2013 an Stelle der bisher beigefügten CDROM einen Online-Zugang an, über den dreimal im Jahr eine Aktualisierung erfolgt. Vor allem aber bietet die Online-Version unabhängig von dem gedruckten Buch über das Internet jederzeit einen orts- und zeitunabhängigen Zugriff auf den kompletten Datenbestand des Personalbuch 2013 sowie den Zugriff auf den Volltext sämtlicher zitierten Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsanweisungen. Auch die Musterformulare zum Personalrecht wie Arbeitsverträge, Abfindungsvereinbarungen, Sozialplan u.a. sind (nur) in der Online-Version verfügbar. Ganz so „lecker“ ist dieses Schmankerl allerdings nicht. Während Sie die früher mitgereichte CD-ROM mit den Musterformularen zeitlich unbegrenzt nutzen konnten, endet die Zugriffsmöglichkeit durch den mitgelieferten Freischaltcode mit dem Datum des Erscheinens der nächstjährigen Auflage. Das Personalbuch 2013 ist damit ab dem 31. Mai 2014 nicht nur nicht mehr aktuell sondern in wichtigen Teilen gar nicht mehr verfügbar. Auf diese Weise zwingt einen der Verlag, stets up to date zu sein und damit Fehler zu vermeiden, doch liegt der Verdacht nicht fern, dass das nicht nur im Interesse des Lesers erfolgt. Wer sich über diese kleinlichen finanziellen Bedenken hinwegsetzt, der ist mit dem Küttner weiterhin aktuell umfassend und doch praktisch informiert. Dr. Hans-Georg Meier Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 39 von 42, Rezensionen Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht – Ausgabe 2013/2014 BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH, 7. überarbeitete Aufl., 910 S. + CD ROM, Hardcover, 36,00 EUR, ISBN: 978-3-8214-7286-7 Die Empfehlung für dieses Buch ergibt sich aus dem zweiten angesprochenen Themenbereich, dem Arbeitsschutzrecht. In Anbetracht des Preises spielt es keine Rolle, wenn man ein Buch nur wegen eines, wenn auch erheblichen, Teils erwirbt. Wiederum leicht verständlich, mit einem intensiv aufgegliederten Inhaltsverzeichnis, einer englischen Zusammenfassung und insgesamt dem Text auf der beigefügten CD-ROM lassen sich nachschlagen die Grundlagen des deutschen und europäischen sowie internationalen Arbeitsschutzsystems, die Regelung zu Betriebsärzten und Sicherheitsingenieuren, eine Darstellung von Arbeitsschutzmanagementsystemen, diverse Verordnungen aus dem Sicherheitsbereich, z.B. die Arbeitsstättenverordnung, Betriebssicherheitsverordnung, der Lärm- und Vibrationsschutz, die Lastenhandhabungsverordnung, die Baustellenverordnung und das Gentechnikgesetz, um nur einige der angesprochenen Regeln aufzuzeigen. Mit diesem Buch erlangen Sie Sicherheit auch in den Randbereichen des Arbeitsrechts und können ohne weitere Recherche wichtige Texte in Schriftsätze kopieren, u.a. auch hier die englische Zusammenfassung. Dr. Hans-Georg Meier Fachanwalt für Arbeitsrecht Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.) Übersicht über das Sozialrecht – Ausgabe 2013/2014 BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH, 10. überarbeitete Aufl., 1.228 S. + CD ROM, Hardcover, 36,00 EUR, ISBN: 978-3-8214-7249-2 Sozialrecht ist nicht gerade das, womit sich der Arbeitsrechtler freudig befasst. Gern schiebt er entsprechende Fragen intern (wo möglich) oder extern ab. Das wird in der Regel mit dem hier vorgestellten Werk nicht mehr erforderlich sein, denn die meisten Fragen, die an den Arbeitsrechtler und nicht gleich an den hoch spezialisierten Sozialrechtler gestellt werden, dürften sich nach einem Blick in dieses umfassende, wenn auch nicht tiefschürfende, dafür leicht verständliche Werk schnell beantworten lassen. Alle elf Bücher des Sozialgesetzbuches sind dargestellt, darüber hinaus die Organisation und Selbstverwaltung der Sozialsysteme, die soziale Sicherung der freien Berufe, d.h. der selbständigen Künstler und Publizisten, der berufsständischen Versorgungswerke und die Übergangsregelung für die neuen Bundesländer einschließlich der Zusatzversorgung für Bezirksschornsteinfeger und der Sonderversorgungssysteme der ehemaligen DDR. Auch die soziale Sicherung der Beamten ist dargestellt, die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst, die Riester-Rente und die Altersversicherung der Landwirte. Der Familienleistungsausgleich wird erläutert, das Elterngeld, Bildungskredite, Wohngeld, soziale Leistungen an Ausländer, ja sogar der Lastenausgleich. Noch viele weitere besondere soziale Sicherungssysteme werden präsentiert. Es folgt ein knapper aber ausreichender Abriss der Sozialgerichtsbarkeit und eine Darstellung der Sozialbudgets, ihrer Funktion und Abhängigkeiten. Am Ende gibt es eine Kurzfassung des Ganzen auf 21 Seiten in Englisch! Mitgeschrieben haben an diesem Werk nahezu alle Hierarchien aus verschiedenen Ministerien, vom Tarifbeschäftigten über den Oberamtsrat bis zum Ministerialdirektor. Als sachkundiger „Ausreißer“ und Fachmann für die Sozialgerichtsbarkeit ist Prof. Dr. Peter Richter vom Bundessozialgericht Mitautor. Überlassen Sie die wirklichen Spezialfragen den Fachanwälten für Sozialrecht, aber verlieren Sie die Furcht vor dem Alltagsgeschäft im Sozialrecht. Mit diesem umfassenden aber inhaltlich handlichen und überaus preiswerten Werk sind Sie für Alltagsfragen bestens ausgestattet und können das deutsche Sozialrecht wohl formuliert auch Ausländern erläutern. Da der gesamte Inhalt des Buches auch auf einer beiliegenden CD-ROM gespeichert ist, steht er auch zur Verarbeitung in eigenen Schriftsätzen unproblematisch zur Verfügung. Dr. Hans-Georg Meier Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin 2/2013 73 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 40 von 42, Stichwortverzeichnis Stichwortverzeichnis (Zahlenangaben sind lfd. Nummern der Entscheidungen) Abmahnung Entfernungsanspruch – 96 AGB-Kontrolle Altersdiskriminierung – 79 Schwerbehinderung – 78 Tarifwechselklausel – 90 Transparenzgebot – 91, 121 unangemessene Benachteiligung – 90 Urlaubsdauer – 79 AGG Entschädigungsanspruch – 98 Geschlechtsdiskriminierung – 98 Schwerbehinderung – 82 Befristung des Arbeitsverhältnisses Altersbefristung – 106 Darlegungs- und Beweislast – 107 nachträgliche Vereinbarung – 106 öffentlicher Dienst – 76 Sachgrund – 76, 106, 107 tarifliche Öffnung – 108 Vertretung, mittelbar – 107 Begünstigung von BR-Mitgliedern Pauschalzahlungen – 111 Berufungsbegründung Anforderung an den Inhalt – 128 Änderungskündigung Gleichbehandlung – 104 Beschäftigungsanspruch Arbeitsverhältnis, bestehend – 127 einstweilige Verfügung – 127 Anfechtung Prozessvergleich – 126 Bestenauslese öffentlicher Dienst – 76 Anwaltsverschulden Kündigungsschutzklage – 124 Zurechnung – 124 Betriebliche Altersversorgung Anpassung von Betriebsrenten – 95 Berechnung – 94 Gesamtzusage – 93 Arbeitnehmerüberlassung dauerhafte Überlassung – 87, 88 equal pay – 90 Konzern – 87 Scheinvertrag – 89 Vertragsbegründung – 87, 88 Auflösungsantrag Arbeitgeber – 105 Ausländische Partei Übersetzungskosten – 132 Auslegung Anpassungsklausel – 95 Ausschlussfrist Auslegung – 96 Geltendmachung – 83 Vereinbarung, tarifliche – 84, 93 Außerordentliche Kündigung Arbeitszeitbetrug – 101, 102 Körperverletzung – 100 Betriebsrat Beschlussfassung – 117 Betriebsratskosten – siehe dort Initiativrecht – 113 Unterlassungsanspruch – 112 Betriebsratskosten Begünstigungsverbot – 111 gerichtliche Anwaltskosten – 110 Pauschalen – 111 Betriebsratsmitglied außerordentliche Kündigung – 117 Interessenkollision – 117 Verhinderung – 117 Betriebsübergang Unterrichtung – 92 vorbereitende Kündigung – 99 Betriebsurlaub Anordnung – 82 AVR-Caritas Entgeltzulage – 122 Bewerbungsgespräch Anspruch auf – 78 Befristung des Arbeitsverhältnisses – siehe dort Darlegungs- und Beweislast Treuwidrigkeit – 98 74 2/2013 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 41 von 42, Stichwortverzeichnis Einigungsstelle offensichtliche Unzuständigkeit – 118, 130 Scheitern der Verhandlungen – 129 Wirtschaftsausschuss – 130 Einstweilige Verfügung Beschäftigungsanspruch – 127 E-Mail Zugang – 77 Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall Kausalität – 80 Gerichtsbarkeit, deutsche ausländischer Staat des Arbeitgebers – 122 Geschäftsfähigkeit Prozessfähigkeit – 126 Gewerkschaft EGZP – 120 Tariffähigkeit – 120 Karenzentschädigung unwirksame Vertragsklausel – 86 Nachvertragliches Wettbewerbsverbot Karenzentschädigung – siehe dort Nichtzulassungsbeschwerde aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung – 131 Objektive Bewertungskriterien öffentlicher Dienst – 78 Öffentlicher Dienst Einstellungsanspruch – 76, 78 Personalrat Mitbestimmung bei Versetzung – 119 Prozessfähigkeit Geschäftsfähigkeit – 126 Prozessvergleich – 126 Prozesskostenhilfe Immobilienbesitz – 135 konkludente Antragstellung – 137 Tod der Partei – 136 Vergleichsmehrwert – 137 zumutbarer Vermögenseinsatz – 135 Kostenerstattung im Arbeitsgerichtsverfahren Übersetzungskosten – 132 Prozessvergleich Anfechtung – 196 Prozesskostenhilfe – 137 Kündigung siehe auch betriebsbedingte-, krankheitsbedingte-, verhaltensbedingte-, außerordentliche und personenbedingte – Rechtsanwalt Versorgungswerk – 124 Kündigungsschutz, allgemein Betriebsübergang – 99 Darlegungs- und Beweislast – 98 Treu und Glauben – 98 Rechtsweg Versorgungswerk für Rechtsanwälte – 124 Ruhendes Arbeitsverhältnis Irrtum – 80 Kündigungsschutzgesetz Kleinbetriebsklausel – 97 Schadenersatz schadensrechtlich relevanter – 134 Kündigungsschutzklage Betriebsübergang – 99 nachträgliche Zulassung – 125 Schwerbehinderte Bewerbung öffentlicher Dienst – 78 Zustimmungsverfahren Integrationsamt – 133 Leitender Angestellter Einstellungsbefugnis – 109 Sperrzeit Schadenersatz – 134 Mitbestimmung des Betriebsrates in personellen Angelegenheiten Leiharbeitnehmer – 114, 116 leitende Angestellte – 109 tarifliche Öffnungsklausel – 108 Streitwert Abmahnung – 138 Freistellung – 140 Kündigungsschutzverfahren – siehe dort Versetzung – 139 Mitbestimmung des Betriebsrates in sozialen Angelegenheiten Vergütungssystem – 113 Streitwert im Beschlussverfahren Betriebsratswahl – 141 Mobbing Persönlichkeitsrecht – 81 Streitwerte im Kündigungsschutzverfahren Freistellungsvereinbarung – 140 mehrere Anträge – 140 Nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage – siehe auch Kündigungsschutzklage Tarifvertrag Bezugnahmeklausel – 121 2/2013 75 ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 42 von 42, Impressum Vertrauensverlust – 103 CGZP- 120 faktischer – 120 unwirksamer – 120 Vertrauensschutz – 120 Versorgungswerk Rechtsweg – 124 Terminsgebühr Rechtsmittelrücknahme – 142 Wettbewerbsverbot Karenzentschädigung – siehe dort nachvertragliches – siehe dort Unterlassungsanspruch Diskriminierung – 79 Willenserklärung Zugang – 77 Verhaltensbedingte Kündigung Arbeitszeitbetrug – 101, 102 Körperverletzung – 100 Sachbeschädigung – 103 Schutzbehauptung – 103 Wirtschaftsausschuss Errichtung – 130 Impressum AE-Arbeitsrechtliche Entscheidungen Herausgeber, Chefredaktion- und Anschrift: Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg Meier Tauentzienstraße 11 10789 Berlin Telefon (030) 25 45 91 55 Telefax (030) 25 45 91 66 E-Mail: [email protected] Redaktion: Rechtsanwalt Roland Gross Kanzlei gross::rechtsanwälte Neumarkt 16-18 04109 Leipzig Telefon (0341) 984 62-0 Fax (0341) 984 62-24 E-Mail: [email protected]; www.advo-gross.de Rechtsanwältin Dr. Nathalie Oberthür Kanzlei RPO Rechtsanwälte Im Mediapark 6 50670 Köln Telefon (0221) 355051-50 Fax (0221) 355051-35 E-Mail: [email protected] www.rpo-rechtsanwaelte.de für die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DeutschenAnwaltverein (Adresse s. unten) Geschäftsführender Ausschuss: Dr. Jobst-Hubertus Bauer (Vors.) Geschäftsstelle: c/o Dr. Johannes Schipp Münsterstraße 21 33330 Gütersloh Telefon (0 52 41) 90 33-0 Telefax (0 52 41) 1 48 59 76 2/2013 Zeugnis Berichtigungsanspruch – 85 Ehrlichkeitsvermerk – 85 Deutscher AnwaltVerein Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht Geschäftsstelle Thomas Marx Littenstraße 11 10179 Berlin Telefon (030) 72 61 52-0, Sekr. 171 Telefax (030) 72 61 52-195 Verlag: Deutscher AnwaltVerlag Wachsbleiche 7 53111 Bonn Telefon: (0228) 9 19 11-0 Telefax: (0228) 9 19 11-23 E-Mail: [email protected] Anzeigen sales friendly Verlagsdienstleistungen Bettina Roos Siegburger Str. 123 53229 Bonn Telefon: (0228) 9 78 98-0 Telefax: (0228) 9 78 98-20 E-Mail: [email protected] Gültig ist die Preisliste Nr. 4 vom 1.1.2007 Lektorat Anne Krauss Satz Cicero Computer GmbH, 53225 Bonn Druck Hans Soldan Druck GmbH, 45356 Essen Erscheinungsweise Die AE erscheint vierteljährlich Bezugspreise 2013 Inland € 104,– (zzgl. Versand) Einzelheft € 32,50 (zzgl. Versand) Alle Preise verstehen sich inkl. Mehrwertsteuer. Der Abonnementpreis wird im Voraus in Rechnung gestellt. Das Abonnement verlängert sich zu den jeweils gültigen Bedingungen um ein Jahr, wenn es nicht 6 Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres gekündigt wird. Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitsrecht erhalten die AE im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Urheber- und Verlagsrecht Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge – auch die bearbeiteten Gerichtsentscheidungen und Leitsätze – sind urheberrechtlich geschützt. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der Grenzen des Urhebergesetzes ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache, übertragen werden. Namentlich gezeichnete Artikel müssen nicht die Meinung der Redaktion wiedergeben. Manuskripte und Einsendungen sind bitte an die Redaktionsanschrift zu senden. Manuskripte Die AE beinhaltet aktuelle arbeitsrechtliche Entscheidungen sowie Beiträge für die Anwaltspraxis. Manuskripte sind an die Redaktionsanschrift zu richten. Unverlangt eingesandte Manuskripte - für die keine Haftung übernommen wird - gelten als Veröffentlichungsvorschlag zu den Bedingungen des Verlages. Es werden nur unveröffentlichte Originalarbeiten übernommen. Die Verfasser erklären sich mit einer nicht sinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung durch den Herausgeber einverstanden. Mit der Annahme eines Manuskriptes erwirbt der Verlag vom Verfasser das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung und Verwertung. Eingeschlossen ist insbesondere auch das Recht zur Einspeicherung in Datenbanken sowie das Recht zur weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken im Wege eines fotomechanischen oder eines anderen Verfahrens.