Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02

Transcrição

Arbeitsrechtliche Entscheidungen Ausgabe 2013-02
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 1 von 42,
Editorial
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Leserinnen und Leser,
während sich nach einem allzu langen Winter nun, immerhin kurz vor
Beginn des meteorologischen Sommers, die ersten Sonnenstrahlen
zeigen, kann von einer Aufhellung am Himmel der Leiharbeitsbranche keine Rede sein. Nach der Flut von Equal-Pay-Klagen stehen nun
neue Fragen zur Beantwortung an, die von der Instanzrechtsprechung, die Sie in diesem Heft finden, recht unterschiedlich beantwortet werden: Muss die Überlassung zwingend mit einer zeitlichen Begrenzung versehen sein und darf der Betriebsrat die Zustimmung zu
der Einstellung eines nicht nur vorübergehend überlassenen Arbeitnehmers verweigern? Falls die dauerhafte Überlassung unwirksam ist,
begründet dies ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher? Welche Anforderungen sind an die Transparenz einer Verweisungsklausel zu
stellen und ist der Verweis auf einen unwirksamen CGZP-Tarifvertrag
überhaupt wirksam? Einige dieser Fragen harren ihrer abschließenden Beantwortung durch das BAG, das seinerseits mit mehreren Urteilen vom 13.3.2013 zu anderen Punkten Klarheit geschaffen hat: Das
Vertrauen in die Wirksamkeit der CGZP-Tarifverträge ist nicht geschützt und steht dem Equal-Pay-Anspruch nicht entgegen. Auch die
in neueren Verträgen enthaltene Verweisung auf den mehrgliedrigen
Tarifvertrag der CGZP ist mangels ausreichender Transparenz unwirksam. Zudem zählen regelmäßig beschäftigte Leiharbeitnehmer entgegen der bislang gefestigten Rechtsprechung nun doch mit bei der
Zahl der Betriebsratsmitglieder gem. § 9 BetrVG. Allein die Frage des
Verfalls von Equal-Pay-Ansprüchen durch (wirksame) vertragliche
Ausschlussfristen ist zugunsten der Verleihunternehmen entschieden
worden, indem das BAG bestätigt hat, dass die Ausschlussfristen bereits mit Fälligkeit des Zahlungsanspruchs, nicht erst mit der Kenntnis
von der Unwirksamkeit der CGZP-Tarifverträge zu laufen begonnen
haben.
Diese Tendenz der Rechtsprechung, die Arbeitnehmerüberlassung
einzuschränken, zieht alternative Vertragsgestaltungen nach sich. Immer häufiger werden in der betrieblichen Praxis an Stelle von Überlassungsverträgen Dienst- oder Werkverträge geschlossen, deren Abgrenzung zur verdeckten Arbeitnehmerüberlassung ebenfalls
Schwierigkeiten begegnet. Dem soll nun der Gesetzgeber abhelfen:
Der Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom 19.2.2013 (BT-Drucks 17/
12378), der in seiner Konzeption an die wenig geglückten Vermutungstatbestände zur Feststellung von Scheinselbständigkeit in § 7
Abs. 4 SGB IV in der bis zum 31.12.2002 geltenden Fassung erinnert,
soll verdeckte Arbeitnehmerüberlassung aufdecken und die Beteiligungsrechte der Betriebsverfassung erheblich ausweiten. Mit einer
Umsetzung dieses Gesetzentwurfs in der laufenden Legislaturperiode
ist zwar nicht zu rechnen, doch bleibt die Diskussion über Fluch oder
Segen der Arbeitnehmerüberlassung nicht zuletzt aufgrund der immer wieder auftretenden Missbrauchsfälle, die in der Öffentlichkeit
medienwirksam angeprangert werden, lebendig. Die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht ist bestrebt, diese Entwicklung aktiv zu begleiten
2/2013
35
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 2 von 42,
Editorial
und wird auf dem 1. Deutschen Arbeitsrechtstag am 23./24.
Januar 2014 in Berlin einen besonderen Schwerpunkt auf den Umgang mit diesen Arbeitsformen legen. Auf Ihre rege Teilnahme an dieser spannenden Diskussion freuen wir uns bereits heute.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Sommer und eine anregende Lektüre.
Möge sie Ihnen Nutzen bringen.
Ihre
Nathalie Oberthür
36
2/2013
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 3 von 42,
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Seite
Aufsätze/Beiträge
Andreas Hützen, Facebook & die Folgen,
Arbeitsrechtliche Probleme bei der Nutzung sozialer Netzwerke
Dr. Hans-Georg Meier, Achtung Haftungsfalle
Martin Schafhausen, Kein Urteil, keine Anmerkung
Volker Thiele, Kostenfallen bei Vergleichsschluss vermeiden
PM Dr. Johannes Fiala/Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Hanseatisches Oberverwaltungsgericht:
Auch rückgedeckte Unterstützungskasse ist nicht insolvenzsicher
– Warum rückgedeckte Unterstüzungskassen zur Arbeitgeberhaftung führen
Nachruf: Paul-Werner Beckmann
Hinweis auf Vortrag von Dr. Stefan Röhrborn und Heike Krüger: Wenn aus Vertragspartnern Gegner werden
39
39
43
44
46
47
49
49
Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen
50
Entscheidungen
52
Rezensionen
Busmann, Johanna, Chefsache Mandantenakquisition, Erfolgreiche Akquisition für Anwälte
Röller, Jürgen (Hrsg.), Küttner – Personalhandbuch 2013
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht 2013/2014
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), Übersicht über das Sozialrecht 2013/2014
72
72
72
73
73
Stichwortverzeichnis
74
Impressum
76
2/2013
37
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 4 von 42,
Liste der AE-Einsender
Liste der AE-Einsender
AE kann ihr Informationsziel nur erreichen, wenn möglichst viele Entscheidungen aus der Mitgliedschaft der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV kommen. Wir nennen daher hier regelmäßig mit Dank und Lob diejenigen, die sich um die AE
besonders verdient gemacht haben.
Einsender mit mehr als 40 Entscheidungen
Bauer
Berrisch
Graumann
Höser, Dr.
Bertram
Hansjörg
Ingo
Jürgen
Ansbach
Gießen
Iserlohn
Frechen
Mansholt
Puhr-Westerheide
Schrader, Dr.
Werner
Christian
Peter
Darmstadt
Duisburg
Hannover
Steffen
Klaus
Klemens
Jürgen
Gisbert
Ulrich
Johannes
Rolf
Iserlohn
Hannover
Hamm
Stuttgart
Berlin
Gütersloh
Berlin
Berlin
Gottfried
Christian
Rüdiger
Klaus
Wolfram
Stephan
Michael
Gerhard
Rolf
Werner
Joachim
Georg R.
Franz
Dieter
Volker
Axel
Thomas
Frankfurt a.M.
Berlin
Ratingen
Hamburg
Lübeck
Bonn
Bad Honnef
München
Hannover
Bremen
Lübbecke
München
Aachen
München
Düren
Frankfurt/M.
Berlin
Stefan
Walter
Reinhard
Richard M.
Wolfgang
Albrecht
Klaus
Hanns-Uwe
Dieter
Johannes
Marcus
Bernhard
Michael H.
Joachim
Karlsruhe
Euskirchen
Kaiserslautern
Augsburg
Neunkirchen
Flensburg
Bremen
Heidelberg
Essen
Gütersloh
Düsseldorf
Kassel
München
Bottrop
Ingo
Hans
Horst
Silke
Ulrich
Hagen
Frankfurt/M.
Offenbach
Darmstadt
Nürnberg
Einsender mit mehr als 20 Entscheidungen
Brötzmann, Dr.
Franzen
Gussen, Dr.
Hilligus
Kelber, Dr.
Koch, Dr.
Link
Lodzik
Ulrich
Klaus-Dieter
Heinrich
Kurt-Jörg
Markus
Friedemann
Jochen
Michael
Mainz
Bremen
Rheda-Wiedenbrück
Neustadt i.Holst.
Berlin
Berlin
Villingen
Darmstadt
Müller
Neef, Prof. Dr.
Rütte
Schmitt
Seidemann, Dr.
Tschöpe, Dr.
Weberling, Prof. Dr.
Zeißig, Dr.
Einsender mit mehr als 10 Entscheidungen
Banse, Dr.
Bauer
Behrens
Chaudry
Clausen
Clemenz, Dr.
Cornelius
Dribusch
Faecks
Geus
Gosda
Gravenhorst, Dr.
Heinemann
Hertwig, Dr.
Hesse, Dr.
Jung
KrügermeyerKalthoff
Thomas
Dietmar
Walter
Ijaz
Dirk
Susanne
Astrid
Bernhard
Friedhelm
Franz
Ralf
Wulf
Bernd
Volker
Walter
Nikolaus
Düren
Wiehl
Hamburg
Frankfurt/M.
Nürnberg
Gütersloh
Darmstadt
Detmold
Marburg
Schweinfurt
Ahlen
Düsseldorf
St. Augustin
Bremen
Berlin
Oberursel
Rolf
Köln
Krutzki
Lampe, Dr.
Matyssek
Müller-Knapp
Müller-Wiechards
Pauly, Dr.
Peter
Schäder, Dr.
Schaefer
Schmalenberg, Dr.
Schramm
Schulz, Dr.
Sparla
Straub, Dr.
Thiele
Weber
Zahn
Einsender mit 5 – 9 Entscheidungen
Beckmann
Böse
Brammertz, Dr.
Crämer
Daniels
Eckert, Dr.
Fischer
Fromlowitz
Gehrmann
Goergens
Greinert,
Grimm, Dr.
Heimann
Herbert, Dr.
Hjort
Karle
Keller
Kern
Kistner
Krafft
38
2/2013
Paul-Werner
Rainer
Dieter
Eckart
Wolfgang
Helmut
Ulrich
Horst
Dietrich
Dorothea
Jaqueline
Detlev
Marco
Ulrich
Jens
Gerd
Thomas
Jan H.
Heinz
Alexander
Herford
Essen
Aachen
Dortmund
Berlin
Offenbach
Frankfurt/Main
Essen
Aachen
Hamburg
Kassel
Köln
Cham
Coburg
Hamburg
Balingen
München
Hamburg
Hannover
Öhringen
Kühn
Kunzmann, Dr.
Matissek
Pouyadou, Dr.
Preßer
Pütter, Dr.
Richter
Richter, Dr.
Schäfer
Schipp, Dr.
Schneider-Bodien
Striegel
Struckhoff
Sturm
TheissenGraf Schweinitz
Thieme
Thon
Vrana-Zentgraf
Zirnbauer
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 5 von 42,
Aufsätze/Beiträge
Facebook & die Folgen – Arbeitsrechtliche Probleme bei der
Nutzung sozialer Netzwerke*
Rechtsanwalt Andreas Hützen, Düsseldorf
I. Einleitung
Die Vernetzung der Welt begann am 6.8.1991. An diesem Tag
stellte Tim Berner Lee das für die europäische Forschungseinrichtung CERN entwickelte WorldWideWeb online.1 Seitdem
hat sich das ursprünglich für den Informationsaustausch zwischen Wissenschaftlern konzipierte elektronische Netz explosionsartig über die gesamte Welt verteilt. Inzwischen ist die
online-Weltbevölkerung auf über 2,2 Milliarden Menschen angewachsen. Knapp die Hälfte davon, gut 1 Milliarde Nutzer,
vereint das soziale Netzwerk Facebook nach eigenen Angaben inzwischen auf seiner Seite.2 Gemessen an den Nutzerzahlen wäre Facebook damit nach China und Indien das drittgrößte Land der Welt. Das ist umso erstaunlicher, wenn man
bedenkt, dass das Unternehmen Facebook bzw. die Website
gerade einmal neun Jahre alt ist. Gegründet im Februar 2004
hat das soziale Netzwerk einen rasanten Aufstieg genommen.
Benötigte der Hörfunk noch 38 Jahre um die Schwelle von 50
Millionen Nutzern zu überschreiten, gelang dies dem Fernsehen nach 13 Jahren. Facebook wiederum erreichte die
Schwelle von 100 Millionen Nutzern bereits nach gut vier Jahren3.
Facebook ist damit längst zum Synonym für die Vielzahl sozialer Netzwerke geworden.4 Von den über 53 Millionen Internetnutzern in Deutschland nutzen ca. 76% (38 Millionen) ein soziales Netzwerk. Etwa 9 Millionen Menschen nutzen ihre sozialen Netzwerke auch während ihrer Arbeitszeit – zu privaten
Zwecken.
Angesichts dieser Zahlen, der weiten Verbreitung und der
weiterhin steigenden Nutzung sozialer Netzwerke ist es kein
Wunder, dass soziale Netzwerke auch und gerade für das Arbeitsleben stetig größere Bedeutung erlangen.
Welche arbeitsrechtlichen Auswirkungen sich daraus ergeben, wird nachstehend im Überblick und begrenzt auf drei
wesentliche Themenfelder aufgezeigt:
II. Social Media Monitoring
Soziale Netzwerke finden nicht nur bei Arbeitnehmern Anklang. Auch die Arbeitgeber haben längst die Möglichkeiten
sozialer Netzwerke erkannt. Knapp die Hälfte der deutschen
Unternehmen nutzen nach einer Umfrage des Branchendienstes BITKOM mittlerweile soziale Medien.5 Zum einen präsentieren sich Unternehmen in sozialen Netzwerken und rekrutieren neue Mitarbeiter über soziale Netzwerke. Zum anderen recherchieren Unternehmen aber auch in sozialen Netzwerken und allgemeiner im Internet über ihre Bewerber und
Arbeitnehmer. Die Zulässigkeit einer Bewerber-/Mitarbeiterrecherche im Internet bzw. in sozialen Netzwerken („Mitarbeitergoogeln“) ist jedoch fraglich.
III. Bewerberrecherche
Informationen, die ein zukünftiger Arbeitgeber über einen Bewerber im Internet recherchiert, sind denknotwendig personenbezogen. Das Bewerber- oder Mitarbeitergoogeln stellt
mithin eine Datenerhebung im Sinne des § 3 Abs. 3 BDSG dar.
Gemäß § 3 Abs. 11 Nr. 7 BDSG zählen auch Bewerber als Beschäftigte.
Nach §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 4 Abs. 1 BDSG bedarf es somit einer
Einwilligung des Bewerbers oder aber eines durch Gesetz
oder eine andere Rechtsvorschrift eingeräumten Erlaubnistatbestandes, um Daten des Bewerbers im Internet bzw. in sozialen Netzwerken erheben zu können.
1. Einwilligung
Als Legitimation für die Beschaffung personenbezogener Angaben aus dem Netz kommt gemäß § 4 Abs. 1 Alt. 2 BDSG zunächst eine Einwilligung des Bewerbers in Betracht. In der Praxis wird es hieran regelmäßig fehlen. Die Einwilligung bedarf
nach § 4a Abs. 1 S. 3 BDSG der Schriftform und muss sich, soweit besondere personenbezogene Daten nach § 3 Abs. 9
BDSG erhoben werden sollen, ausdrücklich auf diese Daten
beziehen, § 4a Abs. 3 BDSG. Ohnehin ist die Einwilligung als
Erlaubnistatbestand für eine Datenerhebung, -verarbeitung
oder -nutzung personenbezogener Daten fragwürdig, da die
* Der Beitrag basiert auf dem auf der 65. Tagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV durchgeführten
Workshop „Facebook & die Folgen“. Die Vortragsform
wurde beibehalten und um Fußnoten ergänzt. Auf einen
umfassenden Fußnotenapparat wurde indes verzichtet.
1 Die erste Webadresse lautete: http://info.cern.ch.
2 Quelle: http://newsroom.fb.com/Key-Facts (Stand Dezember 2012).
3 https://blog.facebook.com/blog.php?post=28111272130.
4 Eine Übersicht aktiv genutzter sozialer Netzwerke ist unter http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_social_networking_websites abrufbar.
5 Presseinformation des BITKOM e.V. vom 17.05.2012, abrufbar unter http://www.bitkom.org/files/documents/BITKOM_Presseinfo_Hintergrund_Soziale_Medien_17_05_
2012.pdf
2/2013
39
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 6 von 42,
Aufsätze/Beiträge
gemäß § 4a Abs. 1 S. 1 BDSG erforderliche Freiwilligkeit einer
solchen Erklärung zweifelhaft ist.6
2. § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG
Als Erlaubnistatbestand bleibt somit nur eine Rechtsvorschrift
übrig. Der Blick fällt damit auf die für Beschäftigungsverhältnisse geschaffene Norm des § 32 BDSG. Nach § 32 BDSG dürfen personenbezogene Daten jedoch nur erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über
die Begründung des Arbeitsverhältnisses oder für dessen
Durchführung erforderlich ist. Zur Begründung des Arbeitsverhältnisses erforderlich wird eine online-Datenrecherche
über den Bewerber jedoch in den seltensten Fällen sein.
Schließlich besteht gerade im Bewerbungsverfahren die Möglichkeit des Bewerbungsgesprächs und nur dies entspricht
auch dem in § 4 Abs. 2 S. 1 BDSG aufgestellten Grundsatz der
Direkterhebung. § 32 BDSG scheidet daher als Erlaubnistatbestand aus.
potentielle Arbeitgeber im Besonderen rechnen muss. Wer
eine nicht gewünschte Informationsbeschaffung verhindern
will, hat eigenverantwortlich dafür Sorge zu tragen, wem gegenüber er seine Daten und Informationen über sich offenlegen will. Die Anbieter sozialer Netzwerke sehen in den Privatsphäreeinstellungen regelmäßig verschiedene Freigabestufen
vor.9 Gegen eine Informationsbeschaffung aus frei zugänglichen Quellen ist daher nichts einzuwenden.
Anders sieht dies hingegen bei nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Daten aus. Sind die Daten eines Bewerbers etwa
nur innerhalb eines sozialen Netzwerkes oder nur für den dortigen Freundeskreis sichtbar, taugt § 28 Abs. 1 Nr. 3 in der Regel nicht als Erlaubnistatbestand, da es sich hier um keine allgemein zugänglichen Daten handelt. Außerdem schließen die
AGB der Netzwerkbetreiber oftmals eine geschäftliche Nutzung aus. Erst recht nicht möglich ist eine „Erschleichung von
Informationen unter Täuschung des Bewerbers oder Arbeitnehmers möglich à la „Ich bin Britney Spears und möchte alles
über Dich wissen“.10
3. § 28 Abs. 1 S. 3 BDSG
Ob § 32 BDSG als spezielle, für den Beschäftigtendatenschutz
2009 ins Gesetz eingefügte Norm sämtliche anderen in Frage
kommenden Erlaubnistatbestände des BDSG verdrängt, ist
seit Inkrafttreten der Vorschrift umstritten. Die h.M. bejaht jedoch die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG neben
§ 32 BDSG.7
§ 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG erlaubt die Erhebung personenbezogener Daten, wenn die Daten allgemein zugänglich sind.
Als allgemein zugänglich gelten Daten des Bewerbers, die
mittels Suchmaschinen (Bing, Google, Yahoo etc.) im Internet
gefunden werden können.
Über die allgemeine Zugänglichkeit der Daten hinaus verlangt § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BDSG eine Interessenabwägung.
Überwiegt das schutzwürdige Interesse des Betroffenen (des
Bewerbers) an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung offensichtlich das berechtigte Interesse der verantwortlichen Stelle (des Arbeitgebers), bleibt eine Datenerhebung unzulässig. Das wiederum führt dazu, dass eine Relevanz der recherchierten Daten für die arbeitsvertragliche Beziehung vorliegen muss. Hier liegt eine Parallele zum Fragerecht des Arbeitgebers vor. Nach der Rechtsprechung des BAG steht dem
Arbeitgeber im Einstellungsverfahren ein Fragerecht jedoch
nur insoweit zu, als ein berechtigtes, billigenswertes und
schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage
für das Arbeitsverhältnis besteht.8 Danach dürften nur solche
Daten recherchiert und verwendet werden, die einen unmittelbaren Bezug zur beruflichen Tätigkeit des Bewerbers haben. Alle übrigen Informationen dürften weder recherchiert
noch genutzt werden. Eine solche Filterung im Vorfeld einer
Datenrecherche im Internet dürfte praktisch kaum möglich
sein. Hinzu kommt, dass wer persönliche Informationen frei
zugänglich ins Internet stellt, zumindest mit der Kenntnisnahme dieser Informationen durch Dritte im Allgemeinen und
40
2/2013
IV. Mitarbeiterrecherche
Für die Online-Recherche über Informationen von Arbeitnehmern im laufenden Arbeitsverhältnis gelten grundsätzlich die
gleichen arbeits- und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen wie für die Recherche von Informationen über Bewerber.11 Insoweit kann auf vorstehende Ausführungen verwiesen werden.
V. Social Media Nutzung
Im laufenden Arbeitsverhältnis stehen insbesondere Fragen
im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Netzwerke im
Vordergrund. Zu welchen Nutzungsvorgaben und Einschränkungen ist der Arbeitgeber berechtigt?
Unterteilen lassen sich zunächst die dienstlichen und außerdienstlichen Aktivitäten:
1. Aktivitäten außerhalb der Arbeitszeit
Eindeutig ist das Ergebnis für den Freizeitbereich. Dieser Bereich gehört zur Privatsphäre des Mitarbeiters und ist einer
6 Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 364; Kort, DuD 2012,
722, 723 m.w.N.
7 Kania/Sansone, NZA 2012, 360, 363 m.w.N.
8 BAG v. 20.2.1986, NZA 1986, 739.
9 Facebook beispielsweise unterscheidet zwischen öffentlich
zugänglichen Informationen, Informationen die Freunden
oder auch Freunden von Freunden oder nur einem vorher
festgelegten, „benutzerdefinierten“ Personenkreis zugänglich sind.
10 Ernst, NJOZ 2011, 953, 956.
11 Ernst, NJOZ 2011, 953, 957.
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 7 von 42,
Aufsätze/Beiträge
Regelung durch den Arbeitgeber entzogen. Aufforderungen
des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, sich in ihrer Freizeit
in ihren sozialen Netzwerken positiv über den Arbeitgeber zu
äußern oder den „Gefällt mir“-Button zu drücken, sind daher
ebenso wenig möglich, wie Aufforderungen des Arbeitgebers,
für ihn in der Freizeit Werbung zu machen oder gar geschäftliche Aktivitäten in Netzwerken zu entwickeln. Unzulässig ist
auch eine Untersagung des Arbeitgebers, soziale Netzwerke
in der Freizeit zu nutzen, etwa um sich vor Abwerbungen oder
kritischen Äußerungen zu schützen.12
Allerdings dürften je nach Aufgabengebiet, Verantwortungsbereich und Stellung des Arbeitnehmers Rücksichtsnahmepflichten für den Arbeitnehmer bestehen. Von dem Pressesprecher eines Unternehmens wird man beispielsweise erwarten dürfen, an der Unternehmenspolitik in privat genutzten
sozialen Netzwerken, wenn überhaupt, nur sehr zurückhaltend Kritik zu üben.13
2. Aktivitäten während der Arbeitszeit
a) Private Nutzung
Auch die Reglementierung der privaten Nutzung während
der Arbeitszeit verursacht keine größeren Probleme. Hier gelten die bereits für die private Internet- und E-Mail-Nutzung
entwickelten Grundsätze. Der Arbeitgeber kann über die Verwendung der Betriebsmittel entscheiden und demgemäß
eine private Nutzung des Internets im Allgemeinen sowie die
private Nutzung sozialer Netzwerke im Besonderen während
der Arbeitszeit reglementieren.14 Das heißt, der Arbeitgeber
kann die Nutzung vollständig untersagen oder sie erlauben.
Er kann Vorgaben hinsichtlich der Zeit und der Dauer der Nutzung machen oder den Zugang auf bestimmte Webseiten
bzw. Netzwerke beschränken.
Eine inhaltliche Zensur, wie der Arbeitnehmer soziale Netzwerke nutzen darf, etwa welche Beiträge erlaubt oder verboten sind, wird indes nicht möglich sein. Soweit der Arbeitgeber eine private Nutzung erlaubt, ist die Art und Weise der
Nutzung mit Blick auf die grundrechtlich geschützte allgemeine Handlungsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dem Direktionsrecht des Arbeitgebers entzogen.
Ebenso sind keine erhöhten Rücksichtsnahmepflichten anzuerkennen, nur weil der Arbeitnehmer von dem Computer seines Arbeitgebers aus agiert. Ist die private Nutzung erlaubt,
liegt gerade keine dienstliche Nutzung vor, die dem Arbeitgeber Weisungen gestatten könnte. Insoweit können einschränkende, über die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften hinausgehende Verhaltensregeln nicht aufgestellt werden.
b) Dienstliche Nutzung
Vorgaben zur privaten Nutzung sozialer Netzwerke stellen,
wie vorstehend erörtert, einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer dar und sind dem Arbeitgeber daher
verwehrt. Ein vollständiges Nutzungsverbot ist deshalb unzulässig.15 Demgegenüber möglich und vom Direktionsrecht ge-
deckt ist jedoch die Anweisung, bei Ausübung der geschuldeten Arbeitsleistung auf die Nutzung sozialer Netzwerke zurückzugreifen. Entscheidet sich ein Arbeitgeber gegen die
Nutzung sozialer Netzwerke, so wird diese Vorgabe von den
Arbeitnehmern zu beachten sein. Weder der Personalbereich
noch das Marketing werden in diesem Fall soziale Netzwerke
zum Zweck der Rekrutierung neuer Mitarbeiter bzw. zur Werbung für die Produkte des Arbeitgebers nutzen dürfen.
Problematischer ist dagegen der umgekehrte Fall der Verpflichtung zur dienstlichen Nutzung sozialer Netzwerke. Bei
einer dienstlichen Nutzung wird der Arbeitnehmer nicht umhin kommen seine personenbezogenen Daten – meist auch
eine Fotografie – online zu stellen und damit einem unbekannten Personenkreis offenzulegen. Dies greift in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht in der Ausformung des Rechts
auf informationelle Selbstbestimmung ein. In der Regel wird
das Interesse des Arbeitnehmers an einer Vermeidung solcher
Beeinträchtigung das Interesse des Arbeitgebers an einer Nutzung des sozialen Netzwerkes überwiegen.16
Andererseits gibt es im Berufsleben kein Recht auf Anonymität. Ein Schauspieler wird nicht hinter dem Vorhang spielen
können. Gehört die Nutzung sozialer Netzwerke zum Unternehmenszweck und zur geschuldeten Arbeitsleistung, wird
das Arbeitgeberinteresse (Art. 12 GG) das Arbeitnehmerinteresse überwiegen. Beispielsweise wird ein Personalberater,
der für ein auf Social-Media-Recruiting spezialisiertes Unternehmen tätig ist, die Nutzung sozialer Netzwerke jedenfalls
dann, wenn sie vornehmlich Geschäftszwecken dienen (etwa
XING oder LinkedIn), anweisen dürfen.
3. „Herausgabe“ von Social-Media-Accounts
Ist die Nutzung sozialer Netzwerke vorgeschrieben oder zumindest erwünscht, stellt sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Frage, was mit dem Account, dem Konto oder
dem Profil des Arbeitnehmers in dem sozialen Netzwerk und
den dort – auf den Servern des Anbieters – gespeicherten Daten geschieht.
Der Arbeitgeber wird ein Interesse daran haben, bestehende
Geschäftskontakte und Kunden- oder Lieferantenverbindungen auch nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers weiter
zu nutzen. Soweit ersichtlich, gibt es zu dieser Thematik noch
keine höchstrichterliche Entscheidung. Einen Anspruch des
Arbeitgebers auf „Herausgabe“ der Daten wird man auf § 667
BGB analog stützen können, wonach der Arbeitnehmer verpflichtet ist, alle Vorteile herauszugeben, die er aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erlangt hat. Bei einem für seinen Arbeitgeber betreuten und als
12 Melot de Beauregard, DB 2012, 2044, 2045.
13 Zu den Grenzen von Meinungsäußerungen in sozialen
Netzwerken s.u. unter 7.
14 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433.
15 Frings/Wahlers, BB 2011, 3126, 3129.
16 Göpfert/Wilke, NZA 2010, 1329, 1333.
2/2013
41
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 8 von 42,
Aufsätze/Beiträge
Teil seiner Arbeitsleistung geführten Konto in einem sozialen
Netzwerk wird der Herausgabeanspruch daher zu bejahen
sein.
Wie aber, wenn der Mitarbeiter sein Konto mitgebracht hat
oder auf einem auf Veranlassung des Arbeitgebers eröffnetem
Konto in einem sozialen Netzwerk auch private Daten gelangt
sind? Diese Sachverhaltskonstellationen dürften nur über eine
arbeitsvertragliche Regelung bei Eingehung des Beschäftigungsverhältnisses zu lösen sein.
4. Kündigung wegen der Nutzung sozialer Netzwerke
Als kündigungsrelevante Pflichtverletzungen kommen, neben
der Kündigung wegen Meinungsäußerungen in sozialen
Netzwerken, die verbotswidrige Nutzung, die exzessive private Nutzung sozialer Netzwerke sowie der Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.
5. Verbotswidrige/exzessive private Nutzung sozialer
Netzwerke
Bei der verbotswidrigen und bei der exzessiven privaten Nutzung sozialer Netzwerke kann auf die Rechtsprechung des
BAG zur Kündigung wegen verbotswidriger/exzessiver Internetnutzung verwiesen werden. Nach der Rechtsprechung des
BAG können sowohl eine verbotswidrige als auch eine exzessive private Nutzung des Internets, unter Umständen auch
ohne vorherige Abmahnung, zur fristlosen Kündigung berechtigen.17 Ob und in welchen Fällen eine verbotswidrige
Nutzung den Arbeitgeber zur Kündigung berechtigt ist, jedoch ebenso eine Frage des Einzelfalls wie die Frage, wann
eine exzessive Nutzung vorliegt.
6. Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen
Der in der Literatur18 häufig genannte Kündigungsgrund des
Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen bei der Nutzung sozialer Netzwerke spielt in der Praxis keine größere
Rolle. Soweit ersichtlich, haben sich die Arbeitsgerichte bislang nicht mit der Frage beschäftigt, ob und unter welchen
Voraussetzungen eine Kündigung wegen einer Verletzung der
Verschwiegenheitspflicht durch Äußerungen über Betriebsund Geschäftsinterna in sozialen Netzwerken gerechtfertigt
sein kann. Dem Grunde nach wird ein Geheimnisverrat des Arbeitnehmers je nach Schwere des Verstoßes jedoch eine ordentliche oder sogar eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können.19
7. Kündigung wegen Meinungsäußerungen in sozialen
Netzwerken
Soziale Netzwerke verleiten offenbar dazu, Meinungen über
den Arbeitgeber, die Kunden und Kollegen oftmals vorschnell
und mit drastischen Worten kundzutun. Die den bisher veröffentlichten Entscheidungen zu Kündigungen wegen Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken zugrunde liegenden Sachverhalte20 zeugen jedenfalls von wenig Zurückhal-
42
2/2013
tung und sind an Deutlichkeit und Deftigkeit zum Teil kaum
noch zu überbieten.
Mögen Art und Tonfall auch nicht gefallen, ist grundsätzlich
nichts gegen öffentliche Kritik einzuwenden. Schließlich gewährt Art. 5 Abs. 1 GG das Recht auf freie Meinungsäußerung.
Auch eine überzogene oder gar ausfällige Kritik ist noch von
dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt. Formalbeleidigungen, Schmähungen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen sind hingegen von Art. 5 Abs. 1 GG nicht geschützt.21 Die allgemeinen Gesetze, die gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und das Recht der persönlichen Ehre beschränken das Recht auf Meinungsfreiheit, Art. 5
Abs. 2 GG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes können grobe Beleidigungen des Arbeitgebers
und seiner Vertreter und Repräsentanten einerseits oder von
Arbeitskollegen andererseits einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtsnahme
(§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen und eine Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen gemäß § 1 Abs. 2 KSchG rechtfertigen.22 Die Beleidigung oder Schmähung muss allerdings nach
Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den bzw.
die Betroffenen bedeuten.23
Im Rahmen der Interessenabwägung ist des Weiteren stets
auch zu berücksichtigen, ob die Äußerungen im privaten Bereich (vertraulich) oder öffentlich getätigt wurden. Als Ausdruck der Persönlichkeit ist eine vertrauliche Kommunikation
in der Privatsphäre geschützt.24 Erfolgte die beleidigende
oder ehrverletzende Äußerung etwa im vertraulichen Gespräch unter Arbeitskollegen, ist eine deshalb ausgesprochene Kündigung im Regelfall unwirksam.25
Ob und inwieweit Äußerungen in sozialen Netzwerken (noch)
als vertraulich einzustufen sind, ist umstritten und hängt insbesondere davon ab, welcher zur Verfügung stehende Kommunikationsweg des sozialen Netzwerks (Öffentlich, Gruppe,
Privat, Chat, Nachricht, Chronik etc.) verwendet wurde.26 Die
Rechtsprechung geht bislang regelmäßig davon aus, dass Äußerungen in sozialen Netzwerken grundsätzlich keinen ver17 BAG v. 12.01.2006, NZA 2006, 980; BAG v.
27.04.2006, NZA 2006, 977; BAG v. 31.05.2007, NZA
2007, 922.
18 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2010, 2433, 2435;
Oberwetter, NJW 2011, 417, 420.
19 Bissels/Lützeler/Wisskirchen, BB 2019, 2433, 2435.
20 Einen Überblick über die veröffentlichten Entscheidungen
geben Bauer/Günther, NZA 2013, 67.
21 BAG v. 10.10.2002, NZA 2003, 1295.
22 BAG v. 12.1.2006, NZA 2006, 917.
23 BAG v. 12.1.2006, NZA 2006, 917; v. 10.10.2002, NZA
2003, 1295.
24 BVerfG v. 24.6.1996 , NJW 1997, 185; BAG
25 Bauer/Günther, NZA 2013, 67, 68.
26 Bauer/Günther, NZA 2013, 67, 68.
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 9 von 42,
Aufsätze/Beiträge
traulichen Charakter haben.27 Die verschiedenen Möglichkeiten der Kommunikation in sozialen Netzwerken erfordern jedoch regelmäßig eine Prüfung, ob die Äußerung als vertraulich und damit nicht kündigungsrelevant zu qualifizieren ist.28
8. Beweisverwertung
Im Fall der Kündigung wegen grob beleidigender oder ehrverletzender Äußerungen in sozialen Netzwerken können sich
im Kündigungsschutzprozess Beweisverwertungsfragen stellen.29
Ein Beweisverwertungs- oder Sachvortragsverbot existiert
grundsätzlich weder im allgemeinen Zivil- noch im Arbeitsgerichtsprozess.30 Lediglich im Ausnahmefall, wenn ein Beweismittel unter erheblichem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
gewonnen wird, kann ein Beweisverwertungsverbot in Frage
kommen.31 Ob bereits bei einem unter Verstoß gegen § 32
BDSG erlangten Beweismittel eine erhebliche Verletzung des
Persönlichkeitsrechts vorliegt, ist umstritten.32 Mit Blick auf
das von der Rechtsprechung nur ausnahmsweise anerkannte
Beweisverwertungsverbot wird nicht jeder Verstoß gegen das
Datenschutzrecht ein Beweisverwertungsverbot nach sich
ziehen.33
VI. Fazit
Soziale Netzwerke sind längst im (Arbeits-)Alltag angelangt.
Arbeitgeber kommen nicht umhin, sich Gedanken über den
Umgang mit sozialen Netzwerken zu machen. Empfehlenswert ist eine klare Unternehmensstrategie zum aktiven Einsatz sozialer Netzwerke und Web 2.0-Anwendungen einerseits und der erlaubten privaten Nutzung sozialer Netzwerke
andererseits. Die mit einer (erlaubten) Nutzung einhergehenden arbeitsrechtlichen Risiken können durch Verhaltensrichtlinien und arbeitsvertragliche Regelungen weitgehend minimiert werden.
27 ArbG Dessau-Roßlau v. 21.3.2012, ZD 2012, 344; ArbG
Duisburg v 26.09.2012, NZA-RR 2013, 18; LAG Hamm
v. 10.10.2012, ZD 2013, 93.
28 Bauer/Günther, NZA 2013, 67, 68.
29 Kort, NZA 2012, 1321, 1324.
30 Göpfert/Wilke, ArbRAktuell 2011, 159; Kort, NZA 2012,
1321, 1325.
31 BAG 21.06.2012, NZA 2012, 1025.
32 Bejahend ArbG Düsseldorf v. 3.5.2011, ZD 2011, 85;
a.A. LAG Hamm v. 10.7.2012, ZD 2013, 135; offen gelassen BAG v. 13.12.2008, NZA 2008, 1008.
33 Kort, NZA 2012, 1321, 1325; a.A. Göpfert/Wilke, ArbRAktuell 2011, 159.
Achtung Haftungsfalle: Ahnen muss der Anwalt, nicht wissen!
Dr. Hans-Georg Meier, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
Das Oberlandesgericht Köln hat in einem Beschluss nach
§ 91a ZPO vom 21.11.2012, 2 U 16/12, ausführlich einen Haftungsanspruch gegen einen arbeitsrechtlich tätigen Rechtsanwalt festgestellt. Dieser hatte im Auftrag eines Mandanten
eine Kündigungsschutzklage erhoben (jedoch ohne Schleppnetzantrag), nicht aber gegen eine weitere Kündigung des Arbeitgebers, von der der Anwalt gar nichts wusste. Diese Zweitkündigung, so meinte das Oberlandesgericht, hätte der Anwalt ahnen und die dagegen gebotenen Schritte einleiten
müssen.
Im Einzelnen:
trag – zunächst – unzulässig gewesen. Es hätte an dem für
den Erfolg einer entsprechenden Feststellungsklage erforderlichen Feststellungsinteresse gefehlt. Dabei ist nicht ausreichend allein der Umstand, dass eine bestimmte Kündigung
ausgesprochen worden und wegen dieser Kündigung ein
Kündigungsrechtsstreit anhängig ist. Der klagende Arbeitnehmer hat vielmehr durch Tatsachenvortrag weitere streitige Beendigungsgründe in den Prozess einzuführen oder wenigstens deren Möglichkeit glaubhaft zu machen und damit zu
belegen, warum an der Feststellung ein rechtliches Interesse
bestehen soll.
Zunächst ist hervorzuheben, dass das OLG die Nichterhebung
der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO, die auf
Feststellung des Fortbestands des Arbeitsverhältnisses gerichtet ist (Schleppnetzantrag), nicht für haftungsrelevant hielt.
Dazu bedürfe es konkreter Anzeichen dafür, dass der Arbeitgeber weitere Kündigungen nachschicken würde. Da in dem
zugrunde liegenden Kündigungsschutzverfahren Grund der
Kündigung ein einmaliger Vorfall war und keine Anhaltspunkte dafür existierten, dass weitere Vorfälle und damit weitere Kündigungen zu erwarten waren, wäre ein solcher An-
Der unter dem Kündigungsschutz des Schwerbehindertengesetzes stehende Kläger war zunächst gekündigt worden, ohne
dass der Arbeitgeber zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt hatte. Der Kläger beauftragte die später in
Regress genommene Rechtsanwältin mit der Erhebung einer
Kündigungsschutzklage. Während des daraufhin eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens erhielt der Arbeitgeber
Kenntnis von der Anerkennung des Klägers als Schwerbehinderter und leitete daraufhin ein Zustimmungsverfahren ein.
Auch in diesem Zustimmungsverfahren war die Prozessanwäl-
2/2013
43
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 10 von 42,
Aufsätze/Beiträge
tin für den Arbeitnehmer und späteren Haftungskläger tätig.
Deshalb ging ihr auch der Bescheid des Integrationsamtes
über die Zustimmung zu der von der Arbeitgeberin beabsichtigten Kündigung zu. Für die Haftungsfrage besonders relevant hielt das OLG den Hinweis in dem Zustimmungsbescheid
über den Eintritt der Fiktion gemäß § 91 SGB XI, wonach die
Kündigung unverzüglich auszusprechen sei, anderenfalls sich
die Arbeitgeberseite nicht mehr auf die Zustimmung berufen
könne.
Der Arbeitgeber kündigte den Arbeitnehmer dann auch fristgerecht in der Folge des Zustimmungsbescheides. Von dem
Zugang dieser Kündigung unterrichtete der Arbeitnehmer
seine Prozessbevollmächtigte jedoch nicht, die demgemäß
auch nicht rechtzeitig die Kündigungsschutzklage erweiterte.
Einer solchen Kenntnis der Prozessbevollmächtigten von der
weiteren Kündigung bedurfte es nach Auffassung des OLG für
einen haftungsbegründenden Tatbestand aber auch nicht.
Vielmehr habe es für die Prozessbevollmächtigte aufgrund
des Zustimmungsbescheides feststehen müssen, dass der Arbeitgeber dem Kläger ordnungsgemäß kündigen werde. Es
entlaste sie nicht, dass sie von ihrem Auftraggeber nichts
mehr hörte. Vielmehr hätte sie vorsorglich eine entsprechende Anfrage an den Kläger stellen und in jedem Falle ohne
eine Reaktion des Klägers vorsorglich eine Kündigungsschutzklage erheben müssen. Denn, wenn die erste Kündigung
schon mangels Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam war, stand zu erwarten, dass der Arbeitgeber nunmehr
erneut kündigen würde, so das OLG. Die Pflicht, alle Nachteile
für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind, hätte die Prozessbevollmächtigte
nur eingehalten, wenn sie die erste Kündigungsschutzklage
entweder vorsorglich um einen Schleppnetzantrag erweitert
oder zumindest ihren Mandanten auf die Möglichkeit einer
erneuten Kündigung mit dem Hinweis informiert hätte, dass
dieser sich ggfs. sofort bei ihr melden müsse, damit die not-
wendigen Schritte eingeleitet werden könnten. Weder das
Eine noch das Andere hatte sie jedoch getan.
Die Konsequenzen aus dieser Entscheidung sind nicht neu
aber weiterhin unbefriedigend. Geht der Anwalt auf „Nummer
Sicher“, erhebt er in jedem Falle den allgemeinen Feststellungsantrag und übt damit eine gebührenpflichtige Tätigkeit
aus, die sich in der Regel jedoch auf einen unzulässigen Antrag richtet, der im schlimmsten Fall auch noch Gerichtskosten auslöst, für den er aber jedenfalls – da unzulässig – wiederum in der Regel nicht liquidieren kann. Will er diesen ärgerlichen Umstand unbezahlter Tätigkeit vermeiden, muss er
den Mandanten darüber schriftlich belehren, zugleich darüber, dass die Rechtsschutzversicherung den Antrag nicht decken wird, er von dem Auftraggeber aber die Bezahlung fordert. Das wird das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und
Mandant nicht gerade fördern. Nur wenige Mandanten werden die Einsicht haben zu erkennen, dass die Maßnahme ihrem Schutz dient und nicht nur der anwaltlichen Gebührenerhöhung, denn nochmals: In der Regel wird sich der Antrag als
unzulässig erweisen.
Wartet der Anwalt dagegen, bis er Anlass zu der Vermutung
hat, eine neue Kündigung sei ausgesprochen worden und erhebt er dann ohne Kontakt mit dem Mandanten die allgemeine Feststellungsklage, setzt er sich dem Argument aus, er
habe ohne Auftrag gehandelt, dieser Kündigung habe der
Auftraggeber gar nicht entgegentreten wollen. Auch in diesem Fall hat er ohne Lohn gearbeitet.
Begnügt er sich schließlich damit, lediglich den Arbeitnehmer
zu informieren, droht ihm der Streit um die Frage, ob seine Information dem Auftraggeber überhaupt zugegangen sei und
ob er nicht im Falle einer ausbleibenden Reaktion damit habe
rechnen müssen, dass seine Information den Auftraggeber
nicht erreicht hatte, was ihn ebenfalls zur auftragslosen Klageerhebung zwingen würde. Es mag sich jeder heraussuchen,
welchen Weg er gehen will, um seine Haftung zu beschränken.
Angenehm ist weder der eine oder der andere.
Kein Urteil, keine Anmerkung
Rechtsanwalt Martin Schafhausen, Frankfurt/M.
Wieder einmal soll aus einem kurzen Hinweis in einem Terminbericht des Bundessozialgerichts (Nr. 64/12 vom
6.12.2012) „Kaffeesatz gelesen werden“. Dem Bericht ist zu
entnehmen, dass sich die Beteiligten in dem Revisionsverfahren gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts
vom 2.9.2011 – L 9 AL 107/09, ASR 2011, 241–250, auf einen
Vergleich verständigt haben.
Was war geschehen? Die Arbeitgeberin der Klägerin des dortigen Verfahrens hatte, nachdem sie einen Reinigungsauftrag
44
2/2013
verloren hatte, der Klägerin wiederholt ordentlich und außerordentlich gekündigt. Das Landesarbeitsgericht hatte die Unwirksamkeit der ersten Kündigungen festgestellt, im zweiten
Kündigungsschutzverfahren hatten sich die Beteiligten auf
eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses
verständigt. Parallel dazu waren Entgeltansprüche in Leistungsklagen geltend gemacht und aus den entsprechenden
Entscheidungen die Zwangsvollstreckung betrieben worden.
Die Klägerin hatte das Arbeitslosengeld „gleichwohl“ erhalten
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 11 von 42,
Aufsätze/Beiträge
und die Bundesagentur für Arbeit gegenüber der Arbeitgeberin den gesetzlichen Forderungsübergang angezeigt. Für einen ersten Zeitraum hatte die Bundesagentur den auf sie
übergegangenen Vergütungsbestandteil realisieren können.
Einige Zeit bevor vor dem Arbeitsgericht über den Vergütungsanspruch für den Folgezeitraum verhandelt wurde,
hatte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin die Bundesagentur darauf aufmerksam gemacht, dass er die Klage wegen fehlender Aktivlegitimation der Klägerin, soweit der Anspruch auf die Bundesagentur übergegangen wäre, zurücknehmen müsse, wenn die Klägerin von der Bundesagentur
nicht zur Geltendmachung ermächtigt würde. An den Kosten
könne sich die Bundesagentur dann anteilig beteiligen. Die
Bundesagentur antwortete auf dieses Schreiben nicht. Die
Klägerin musste daraufhin die Klage insoweit zurücknehmen.
Obwohl auch in der Folgezeit noch einmal darauf hingewiesen wurde, dass die Bundesagentur wegen tariflicher Ausschlussfristen, die allgemeinverbindlich waren, ihrer Ansprüche verlustig gehen könne, veranlasste die Bundesagentur zunächst nichts und sah sich später dem Einwand ausgesetzt,
die auf sie übergegangenen Vergütungsansprüche seien verfallen.
Die Klägerin beantragte bei der Bundesagentur nach Ablauf
der Förderungshöchstdauer, ihr weiter Arbeitslosengeld zu
gewähren; an ihr habe es nicht gelegen, dass die Bundesagentur die ihr zustehenden Forderungen nicht realisieren
konnte. Den Antrag lehnte die Bundesagentur ab, der hiergegen eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht
Darmstadt gab der Klage, mit der die Klägerin diesen Anspruch weiterverfolgte, mit Urt. v. 5.3.2009 – S 11 AL 259/08 –
statt und stützte dies auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Die hiergegen von der Bundesagentur eingelegte
Berufung blieb erfolglos. Das Hessische Landessozialgericht
begründete sein Urt. v. 2.9.2011 – L 9 AL 107/09, ASR 2011,
241–250, nur hilfsweise über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, machte stattdessen darauf aufmerksam, dass
die von der Rechtsprechung gebilligte Verwaltungspraxis,
dass Zeiten, in denen Arbeitslosengeld gleichwohl gewährt
wurde, dann „gutzuschreiben“ sind, wenn die Bundesagentur
den auf sie übergegangenen Vergütungsanspruch realisiert,
auf Billigkeitsgesichtspunkten beruht, die im vorliegenden
Fall, in dem die Klägerin alles in ihrer Macht stehende veranlasst hatte, die Bundesagentur zur Geltendmachung der auf
sie übergegangenen Vergütungsansprüche zu veranlassen,
ebenfalls zu einer „Gutschrift“ führen müssten. Es sei unbillig,
der Klägerin nicht auch den Zeitraum, in der sie das Arbeitslosengeld gleichwohl erhalten habe, gutzuschreiben. Die von
dem Hessischen Landessozialgericht zugelassene und von der
Bundesagentur eingelegte Revision führte dann in der mündlichen Verhandlung zu einem Vergleich.
Hintergrund des von dem Senat vorgeschlagenen Vergleichs
war dabei die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, auf
die zunächst aufmerksam gemacht werden soll, dass auch aus
einem während des Bezuges von Arbeitslosengeld im Wege
der Gleichwohlgewährung (§ 157 Abs. 3 SGB III; § 143 Abs. 3
SGB III a.F., § 117 Abs. 4 AFG) fortbestehenden Arbeitsverhältnisses eine neue Anwartschaft auf Arbeitslosengeld entstehen kann (BSG, Urt. v. 11.6.1987 – 7 RAr 16/86; Urt. v.
3.6.2004 – B 11 AL 70/03 R; Urt. v. 4.7.2012 – B 11 AL 16/11 R).
In der Praxis bedeutet dies, dass in solchen „Gleichwohlgewährungsfällen“, in denen der auf die Bundesagentur übergegangene Vergütungsanspruch realisiert werden, der Mandant
zu veranlassen ist, gegebenenfalls einen neuen Bewilligungsantrag zu stellen.
Kein Urteil, keine Anmerkung … eines so begründeten Vergleichs hätte es nicht bedurft, wenn die von den Vordergerichten vertretene Rechtsauffassung – in dieser besonderen
Fallgestaltung entspräche die „Gutschrift“ der Billigkeit, obwohl der Vergütungsanspruch nicht realisiert werden konnte
oder die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs griffen – auch vor dem Bundessozialgericht Bestand
gehabt hätte. Daher ist der Schluss, die Bundesagentur hätte
mit ihrer Revision Erfolg haben können, mehr als naheliegend.
Man muss wohl annehmen, dass die Bundesagentur zumindest nicht zur Ermächtigung der Klägerin zur Geltendmachung der übergegangenen Vergütungsansprüche gegen
eine Kostenbeteiligung verpflichtet gewesen ist.
Eine solche Schlussfolgerung lässt den arbeitsrechtlichen Berater durchaus ratlos zurück. Die arbeitsrechtliche Rechtsprechung verneint – zu Recht – die Aktivlegitimation der Arbeitnehmerin in solchen Fallgestaltungen. Es liegt eine cessio legis vor, die dazu führt, dass nicht mehr die Arbeitnehmerin,
wohl aber die Bundesagentur für Arbeit aktivlegitimiert ist.
Die sozialgerichtliche Rechtsprechung verneint eine Verpflichtung der Bundesagentur für Arbeit, die hiervon betroffenen
Arbeitslosen zur Ermächtigung der Geltendmachung der Vergütungsansprüche gegen eine Kostenbeteiligung zu veranlassen. Ein Kostenersatz für die gerichtliche Geltendmachung
ist wegen der arbeitsgerichtlichen Besonderheiten erstinstanzlich nicht zu erreichen. Das Kostenrisiko trägt also allein
der Arbeitslose, nicht nur in den Fällen, in denen eine Rechtsschutzversicherung Deckungsschutz gewährt, ein Problem. Es
kommt hinzu, dass die Praxis zeigt, dass es durchaus schwierig
ist, insbesondere bei nahendem Verfall der Ansprüche, von
der Bundesagentur überhaupt eine (positive) Reaktion auf
solche Anfragen, ob man denn zur Geltendmachung ermächtigt werde, zu erhalten. Die Bundesagentur täte gut daran,
ihre diesbezügliche Verwaltungspraxis zu überprüfen und
eine Weisungslage zu schaffen, die den Arbeitsagenturen vor
Ort ein verbindliches Vorgehen vorschreibt. Auf solche Weisungen könnte man sich in der anwaltlichen Praxis gegenüber „zögerlichen“ Arbeitsagenturen durchaus berufen. In
den nicht so seltenen Verfahren, in denen nicht nur Kündigungen angegriffen werden, sondern auch Vergütungsansprüche geltend zu machen sind, um sie vor dem Verfall bei
(zweistufigen) Ausschlussfristen zu schützen, sind die Mandanten über die arbeitsförderungsrechtlichen Auswirkungen
2/2013
45
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 12 von 42,
Aufsätze/Beiträge
und Notwendigkeiten umfassend zu unterrichten und zu belehren.
Kein Urteil, keine Anmerkung – die Angelegenheit zeigt, dass
auch solche „Nichtentscheidungen“ in der anwaltlichen Praxis
zu beachten sind.
Kostenfallen beim Vergleichsschluss vermeiden
Volker Thiele, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Düren
Schließen die Parteien einen Vergleich, der das gesamte Verfahren erledigt, entfällt die gerichtliche Verfahrensgebühr gemäß Kostenverzeichnis zum Gerichtskostengesetz Nr. 8210
Abs. 2. Wird jedoch über Teile des anhängigen Verfahrens anderweitig entschieden, sind die Voraussetzungen der Norm
nicht erfüllt und die Verfahrensgebühr muss bezahlt werden.
Dieser Sachverhalt sollte weitgehend bekannt sein.
Es gibt allerdings Sachverhalte, die so versteckt zur Aufrechterhaltung der Verfahrensgebühr führen, dass sie selbst das Arbeitsgericht Köln zu folgender Bemerkung veranlasst haben:
„Die Kammer möchte jedoch keinen Hehl daraus machen,
dass die Regelungen in Teil 8 des Kostenverzeichnisses wenig
praxisnah sind und teilweise – sowohl zu Lasten der Kostenschuldner als auch zu Lasten der Staatskasse – zu ungerechten Ergebnissen führen können. Die Kammer ist aber an die
gesetzlichen Vorgaben gebunden und es steht ihr nicht zu,
die gesetzgeberischen Entscheidungen durch eigene Wertungen zu ersetzen.“ (Beschl. v. 12.4.2013, 2 Ca 9003/12).
Hintergrund dieses Beschlusses war ein Verfahren, in dem der
Kläger sich gegen eine Kündigung wehrte und zugleich die
Zahlung diverser Lohnbestandteile einforderte. Unmittelbar
vor dem Gütetermin erfüllte der Arbeitgeber einige der Zahlungsforderungen, was die Parteien übereinstimmend im Termin erklärten. Das nahm der Vorsitzende Richter zum Anlass,
in das Protokoll aufzunehmen, dass die Parteien die hierauf
bezogenen Anträge übereinstimmend für erledigt erklären
würden. Im unmittelbaren Anschluss daran schlossen die Parteien über die Kündigung und die verbleibenden Zahlungsanträge einen abschließenden Vergleich. Am Schluss des Gütetermins war das Verfahren also umfassend beendet. Die Parteivertreter gingen von einem Wegfall der Verfahrensgebühr
aus.
Das war jedoch ein Irrtum, denn alsbald danach erhielt der
Kläger von der Gerichtskasse eine Kostenrechnung über eine
Verfahrensgebühr. Als er sich dagegen unter Hinweis darauf,
dass der Vergleich mit Rücksicht auf das vorangegangene Geschehen doch abschließenden Charakter hatte, zur Wehr
setzte, wurde er belehrt, dass ja durch den Vergleich nicht das
gesamte Verfahren erledigt worden sei. Ein Teil wäre ja schon
zuvor durch schlichte Erledigungserklärung beendet worden,
also nur der restliche Teil durch den Vergleich. Über die Kos-
46
2/2013
ten des für erledigt erklärten Teils sei daher von Amts wegen
gesondert entschieden worden. Die Beendigung des Verfahrens insgesamt beruhe also z.T. auf einem Vergleich, zum Teil
auf einer gerichtlichen Entscheidung. Deshalb entfalle die
Verfahrensgebühr eben nicht. Dem schloss sich das Gericht in
dem bereits wiedergegebenen Beschluss an.
Was hätte geschehen müssen, um diese doch etwas kuriose
Kostenfolge zu vermeiden?
Die Parteien hätten vor Abgabe jeglicher prozessbeendender
Erklärung den gesamten Streitstoff erörtern und auf eine Einigungsmöglichkeit überprüfen müssen. In diesem Fall hätten
sie in einem Gesamtvergleich nur noch geregelt, was bezüglich der Kündigung zu geschehen habe und welche der eingeklagten Forderungen noch zu erfüllen seien, wobei die bereits
erfüllten nicht mehr erwähnt worden wären. Das hätte zur
umfassenden Erledigung des Rechtsstreits genügt. Eine Ausgleichsklausel hätte das zwar noch deutlicher machen können, wäre aber nicht erforderlich gewesen.
Was manchmal aus verhandlungstaktischen Gründen sinnvoll
ist, nämlich einen umfangreichen Streitgegenstand Stück für
Stück abzuarbeiten, kann also zur Kostenfalle werden. Als angenehmer Nebeneffekt eines umfassenden Vergleichs wäre
der Streitwert für die Einigungsgebühr gestiegen. Aber auch
das kann man vermeiden. Es hätte genügt, wenn die Parteien
im Zusammenhang mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung von Zahlungsanträgen auch ihre Einigung darüber
zu Protokoll gegeben hätten, wer die Gerichtskosten des erledigten Teils zu tragen habe. Sie hätten das aber auch noch im
Rahmen des abschließenden Vergleichs nachholen können.
Eine solche Regelung kann bei sachlicher Betrachtung keinen
materiellen Streit unter den Parteien auslösen, denn die Folge
der Regelung der Kostenpflicht wäre ja mit Rücksicht auf die
einleitend dargestellte Bestimmung des Kostenverzeichnisses
der Wegfall der Gerichtskosten gewesen, über deren Tragungspflicht man sich gerade geeinigt hat. Übrig bleiben allein Zustellungskosten, die zumeist wegen Geringfügigkeit
nicht erhoben werden.
Diese Vermeidungsstrategien können aber an der Richtigkeit
des Zitats aus dem Beschluss des Arbeitsgerichts Köln nichts
ändern. DAV und BRAK sind aufgerufen, auf eine Änderung
der Bestimmung zum Gerichtskostengesetz hinzuwirken.
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 13 von 42,
Aufsätze/Beiträge
Hanseatisches Oberverwaltungsgericht:
Auch rückgedeckte Unterstützungskasse ist nicht insolvenzsicher
– Warum rückgedeckte Unterstützungskassen zur Arbeitgeberhaftung führen –
PM Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm, München
Das Hamburger OVG stellt in seinem Urt. v. 14.1.2010 (Az. 4 Bf
22/08) klar, dass auch bei rückgedeckten Unterstützungskassen (UK) ein im Vergleich zu Pensionsfonds und Direktversicherungen erhöhtes Insolvenzrisiko für Arbeitnehmer besteht. Denn die Rückdeckungsversicherungen einer UK bieten
keinerlei Insolvenzschutz, sondern stellen lediglich ein Finanzierungsinstrument dar.
1. Folgen einer Insolvenz des Arbeitgebers für
die UK
Wenn der Arbeitgeber in der Insolvenz seine Prämienzahlungen an die UK einstellt, wird die UK regelmäßig gezwungen
sein, seine Leistung sogar unter die zugesagten Versorgungsleistungen zu reduzieren. Dann haftet der Arbeitgeber für die
Differenz alleine, und bei seiner Insolvenz muss der Pensionssicherungsverein einspringen. Der beklagte PSVaG weist auch
auf die Möglichkeit hin, dass der Arbeitgeber sogar den Rückkauf der Rückdeckungsversicherungen über die Gremien der
UK erreichen könnte, so dass dieses Deckungskapital der UK
für die Arbeitnehmer verloren geht und die nun ausschließlich gegen den Arbeitgeber gerichteten Ansprüche bei dessen Insolvenz vom PSVaG getragen werden müssen.
Auch der Insolvenzverwalter kann von der UK die Herausgabe
der Rückdeckungsversicherungen verlangen, sofern etwa die
Versorgungszusagen gegenüber den Arbeitnehmern widerrufen werden, wenn eine Sanierung geplant ist (BAG, Urt. v.
29.9.2010, Az. 3 AZR 107/08).
2. Zillmerung belastet die Versorgungszusagen
des Arbeitgebers
3. 80 %, 90 % oder mehr für Abschluss- und
Verwaltungskosten
Die Rückdeckungsverträge der Versicherer sind meist so gestaltet, dass in den ersten 12 bis 24 Monaten gar kein Deckungskapital für die UK gebildet wird, und der Rückkaufswert „null“ ist oder bei weniger als der Hälfte der eingezahlten
Beiträge liegt. Von diesen Beiträgen ernähren sich Versicherer
und Vermittler. Dennoch haftet der Arbeitgeber für die zugesagten Versorgungsleistungen. Problematisch aus Haftungssicht des Arbeitgebers ist insbesondere auch eine Entgeltumwandlung über die UK, weil das Gesetz hier die Wertgleichheit
mit dem umgewandelten Entgelt verlangt.
4. Keine Kongruenz zwischen Deckungskapital
und Versorgungszusage
Dass das bei der UK gebildete Vermögen so gut wie nie ausreichen wird, die zusagten Versorgungen vollständig zu finanzieren, wird Arbeitnehmern und Arbeitgebern regelmäßig
verschwiegen. Denn die Versorgungszusagen sind so auf die
Rückdeckungsversicherung abgestimmt, dass sie einen ungestörten Verlauf bis zum Pensionsbeginn voraussetzen, der jedoch in der Praxis eine seltene Ausnahme darstellt. Die vom
Vermittler gebotenen hübschen Beispielsrechnungen zur Illustration, mit Renditen und Wertsteigerungen der Rückdeckungsversicherung gehen allenfalls nur mit planmäßiger Beitragszahlung bis zum Ablauf auf – bei näherer Prüfung müssen sie aber allenfalls als Phantasiegebilde nach dem Prinzip
Hoffnung gesehen werden, weil oft mit allzu optimistischen
Prognosen gerechnet wird.
5. Insolvenz der UK ist nicht vom Schutz durch
Wenn der Arbeitgeber überraschend insolvent wird, oder Mit- den PSVaG erfasst
arbeiter nach einigen Jahren beim Arbeitgeber ausscheiden,
stellen die Arbeitnehmer regelmäßig fest, dass nur ein kleiner
Bruchteil der in die UK einbezahlten Beiträge noch als Kapital
zur Altersversorgung vorhanden ist. Das ist an sich nicht
schlimm, denn die Versorgungsansprüche richten sich nach
der Versorgungszusage und nicht nach dem, was in einem Finanzierungsinstrument der Unterstützungskasse – der Rückdeckungsversicherung – tatsächlich vorhanden ist. Für den
Rest haftet der Arbeitgeber und nur im Insolvenzfall des Arbeitgebers der PSVaG, eben aus dem Grunde der stets vorhandenen Arbeitgeberhaftung.
Das OVG Hamburg stellt klar, dass die Insolvenz bzw. Zahlungsunfähigkeit der UK oder anderer Versorgungsträger in
der BAV gerade nicht vom Betriebsrentengesetz erfasst wird.
In allen diesen Fällen haftet nämlich der Arbeitgeber für seine
Zusage. Wird hingegen der Arbeitgeber insolvent, ist der Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber wirtschaftlich wertlos, und die UK kann die lediglich ohne Rechtsanspruch zugesagten Leistungen jederzeit einstellen – etwa,
wenn das infolge ausbleibender weiterer Beiträge viel zu geringe Deckungskapital aufgebraucht ist. Die UK hat dem Ein-
2/2013
47
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 14 von 42,
Aufsätze/Beiträge
wand des fehlenden Rechtsanspruchs auch nicht mehr entgegenzusetzen, als dass dieser keine praktische Bedeutung
hätte, da ja eine rechtsverbindliche Zusage des Arbeitgebers
bestehe.
6. Kaum Schutz für geschäftsführende
Gesellschafter (GGF) und Top-Manager
Der PSVaG schützt nur die Versorgung echter Arbeitnehmer,
so dass der GGF im Zweifel im Insolvenzfall buchstäblich „mit
dem Ofenrohr ins Gebirge schaut“, also leer ausgeht. Handelt
es sich um Top-Manager, als echte Arbeitnehmer, wird über
den PSVaG meist nur ein relativ geringer Anteil der Altersrente
im Insolvenzfall bezahlt werden, denn der PSVaG leistet nicht
in beliebiger Höhe.
7. UK als Finanzierungsinstrument mit
aufgeschobener Insolvenz des Arbeitgebers
In der Vertriebspraxis werden Arbeitnehmern und Arbeitgebern zahlreiche Vorteile, insbesondere bei den Abgaben angepriesen. Dass jedoch Versorgungszusagen dann leider etwa
in 25 Jahren auch einzulösen sein werden, wird in der Gegenwart oft als nebensächliches Problem angesehen. Für die
Masse des Mittelstandes kommt das böse Erwachen erst spät,
weil es keine Pflicht für Steuerberater gibt, die real bereits aufgetürmten Schulden aus Versorgungszusagen in der Steuerbilanz (mit) auszuweisen.
8. Haftungsmaximierung für Arbeitgeber durch
Kostenmaximierung bei der UK
Den Betreibern von UK kommt es auf die Erzielung hoher
Courtagen an, weshalb vielfach auch noch ein Makler in den
Vertrieb eingebunden ist. Dessen hohe Courtagen zu Lasten
der Versorgung der Arbeitnehmer und bei Entgeltumwandlung von diesen finanziert, relativieren sich allerdings, wenn
man die Erkenntnis mehrere Staatanwaltschaften berücksich-
48
2/2013
tigt, dass oft auch Betriebsräte oder Geschäftsführer davon zu
bestechen sind. Dabei könnte die UK z.B. auf die Idee kommen, dass die ursprünglichen Rückdeckungsversicherungen
nicht mehr optimal sind, sie kündigen und neue mit neuer
Provision abschließen. Die Mehrheit der Arbeitgeber, selbst
DAX-Konzerne, haben selten irgendwelche Vorkehrungen getroffen, damit die UK nicht durch unnötige Abschluss- und
Verwaltungskosten die Arbeitgeberhaftung laufend maximiert. Doch zeichnet sich hier eine Notbremse ab, da manches kostenlose Vertragsmuster von der Stange aus dem Versicherungsvertrieb, gestaltet von Betriebswirten unter Verstoß gegen beispielsweise das Rechtsberatungsgesetz, zum
praktikablen Ansatz für die vollständige Rückabwicklung
wird, sobald der Arbeitgeber seine bisher wenig beachtete
Haftungsvielfalt erkennt.
9. Keine Aufklärungspflicht der UK zu Kosten
der Rückdeckungsversicherung
Den Arbeitnehmern wie auch dem Arbeitgeber wird erklärt,
dass die Beiträge zu 100 % der UK zugute kommen und von
dieser zu 100 % in die Rückdeckungsversicherungen eingezahlt werden. Dass diese dann an den vermittelnden Makler
einen Großteil der ersten 5 Jahresprämien jeder einzelnen
Entgeltumwandlung als Courtage zahlt, zulasten des angesammelten Versorgungsvermögens, wird hingegen verschwiegen. Dies völlig zu Recht, denn es liegt bei der Vermittlung einer UK-Versorgung keinerlei regulierte Versicherungsvermittlung gegenüber dem Arbeitgeber und erst recht nicht
in Bezug auf den Arbeitnehmer vor. Damit entfallen alle
Pflichten des Maklers wie auch des Versicherers zur Aufklärung über die enthaltenen Kostenverrechnungen. Selbst über
den laufenden Rückkaufswert jeder Versicherung muss der
Versicherer nur die UK informieren – was diese dann dem Arbeitgeber berichtet, bleibt ihr selbst überlassen. Erst versicherungsmathematische Gutachten haben hier schon oft zu gesteigerter Transparenz und dazu geführt, dass Arbeitnehmer
wie Arbeitgeber sich ihres Irrtums über die tatsächlichen Verhältnisse bewusst wurden.
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 15 von 42,
Aufsätze/Beiträge
Nachruf: Paul-Werner Beckmann †
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe die traurige Pflicht, Ihnen berichten zu müssen, dass
unser Kollege Paul-Werner Beckmann nach kurzer Krankheit
am 1. Mai 2013 verstorben ist.
Paul-Werner Beckmann gehörte zu den Kollegen, die im Frühjahr 1981 die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht in Dortmund
aus der Taufe gehoben und seitdem praktisch immer dabei
waren. Wir alle kennen Paul-Werner Beckmann von unzähligen Tagungen, auf denen er mit beachtenswerten Beiträgen
mitgewirkt hat. Neben dem Engagement in unserem Kreis
war Paul-Werner Beckmann langjähriges Vorstandsmitglied
im Deutschen Anwaltverein und kraft dieses Amtes von 2001
bis 2011 entsandtes Mitglied in unserem Geschäftsführenden
Ausschuss und bis 2010 auch im Arbeitsrechtsausschuss des
DAV. Im Jahre 2011 wurde ihm für seine besonderen Verdienste das Ehrenzeichen der Deutschen Anwaltschaft verliehen.
Seine zweite juristische „Liebe“ galt bekanntermaßen dem
Sportrecht. Er gehörte zu den Mitbegründern der Arbeitsge-
meinschaft Sportrecht und war insbesondere an den Kontaktstellen zum Arbeitsrecht sehr interessiert.
Wir haben Paul-Werner Beckmann als
fairen und gradlinigen Vertreter des
DAV wahrgenommen. Er hat sich gleichermaßen stets mit großem Erfolg
und Geschick beim DAV für die Belange
der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht
eingesetzt. Seine menschliche und sympathische Art haben
wir immer geschätzt. Ihm gebührt deshalb unser besonderer
Dank und unsere Anerkennung, auch über seinen Tod hinaus.
Wir werden ihn stets in angenehmer Erinnerung behalten.
Wer Paul-Werner Beckmann auf unserer letzten Tagung im
März in München gesehen hat, wusste, dass er gesundheitlich
sehr angegriffen war. Ich habe bei der Abendveranstaltung
mit ihm an einem Tisch gesessen, er war voller Pläne, noch für
den Juni war er als Referent auf dem Deutschen Anwaltstag
fest eingeplant. Uns hat deshalb sein Tod überrascht und sehr
betroffen gemacht.
Dr. Johannes Schipp
Vorsitzender des Geschäftsführenden Ausschusses
der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DAV
Wenn aus Vertragspartnern Gegner werden
Das komplexe Verhältnis von Unternehmern, Führungskräften und D&O-Versicherern
im Haftpflicht/Schadenprozess
Dr. Stephan Röhrborn, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Düsseldorf, hat unter dem genannten Titel zusammen mit der Juristin und führenden Mitarbeiterin der Allianz Sondergesellschaft für D&O Versicherungen, Heike Krüger, einen sehr informativen Vortrag gehalten, für den es zwar keinen druckreifen
Fließtext gibt, aber zahlreiche übersichtliche und dennoch
textreiche Präsentationen, die Sie als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft unter folgendem Link abrufen können:
http://www.rbj.de/files/pdf/RBJ-SR-Workshop-DO-13-03.pdf
2/2013
49
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 16 von 42,
Inhalt: Entscheidungen
Inhaltsverzeichnis der Entscheidungen
Seite
93.
Allgemeines Vertragsrecht
76.
77.
Seite
Betriebliche Altersversorgung, Gesamtzusage
durch Errichtung einer Versorgungseinrichtung
56
Bewerbungsverfahren, Bestenauswahl im öffentlichen Dienst, befristete Stellenbesetzung
52
94.
AGG, Bewerbungsverfahren, fehlender Zugangsnachweis bei Bewerbung per E-mail
52
Betriebliche Altersversorgung, Auslegung, Berücksichtigung von Nachtzulagen
56
95.
Betriebliche Altersversorgung, Auslegung einer
Anpassungsregelung
56
78.
AGG, Bewerbungsverfahren, Eignungsbeurteilung
nur anhand objektiver Kriterien
52
79.
AGG, Benachteiligung, Mehrurlaub für ältere Arbeitnehmer
52
Bestandsschutz
96.
Abmahnung, Entfernung aus der Personalakte
56
80.
Entgeltfortzahlung, fehlende Kausalität bei vermeintlich ruhendem Arbeitsverhältnis
53
97.
Kleinbetrieb, Zusammenrechnung mehrerer Betriebsteile
56
81.
Mobbing, Ausgrenzung innerhalb der Belegschaft,
keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch
wahre Tatsachenbehauptung
53
98.
Kleinbetrieb, Treuwidrige Kündigung nach mutterschutzrechtlichem Beschäftigungsverbot; zusätzlicher Entschädigungsanspruch nach AGG
56
82.
Urlaub, Verzugslohn bei unzureichender Anordnung von Betriebsurlaub, Brückentage, keine Benachteiligung von Schwerbehinderten, die keine
Mehrarbeit leisten
53
99.
Betriebsbedingte Kündigung, Vorbereitung eines
Betriebsübergangs
58
83.
Ausschlussfrist, Wahrung der Frist durch Beschäftigungsklage
54
84.
Ausschlussfrist, Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag
54
85.
Zeugnis, kein Verzicht auf Ehrlichkeitsvermerk
nach unberechtigter Verdachtskündigung
54
86.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot, Karenzentschädigung, Ermessensentscheidung
54
87.
Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsmissbrauch bei
konzerninterner Überlassungsgesellschaft, nicht
nur vorübergehende Überlassung, Begründung
eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (I)
54
88.
89.
Arbeitnehmerüberlassung, nicht nur vorübergehende Überlassung, Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (II)
55
Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag im
Fleischereigewerbe
55
90.
Arbeitnehmerüberlassung, Equal-Pay, unzulässige
Tarifwechselklausel
55
91.
Arbeitnehmerüberlassung,
transparenz
92.
50
Ausschlussfrist,
In55
Betriebsübergang, Unterrichtungsschreiben, Information über die Möglichkeit des Widerspruchs
und dessen Folgen
55
2/2013
100. Verhaltensbedingte Kündigung, Silvesterknaller
im Dixie-Klo
59
101. Verhaltensbedingte Kündigung, vorsätzlich fehlerhafte Arbeitszeiterfassung
59
102. Verhaltensbedingte Kündigung, Manipulation der
Zeiterfassung zugunsten eines Kollegen
59
103. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdacht schwerwiegender Pflichtverletzung
60
104. Änderungskündigung, keine soziale Rechtfertigung durch Bedürfnis nach Tarifeinheit
60
105. Auflösungsantrag, keine Auflösung bei auch maßregelnder Kündigung
60
106. Befristung, Sachgrund, nachträgliche Vereinbarung einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen des Rentenalters
60
107. Befristung, Sachgrund, mittelbare Vertretung, Darlegungslast des Arbeitgebers zur Vertretungskette 60
108. Befristung, Erweiterung der sachgrundlosen Befristung durch Tarifvertrag mit Öffnungsklausel,
wirksame Bildung paritätischer Ausschüsse
61
Betriebsverfassungsrecht / Personalvertretungsrecht
109. Status, Leitender Angestellter, Personalkompetenz 61
110. Betriebsrat, Kostenerstattung, Erforderlichkeit des
Rechtsmittelzuges
62
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 17 von 42,
Inhalt: Entscheidungen
Seite
111. Betriebsrat, Kostenerstattung, Begünstigungsverbot, pauschale Kostenerstattung und Mehrarbeitsvergütung
62
Seite
125. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung
nach Fristversäumnis, Zurechnung des Anwaltsverschuldens
66
112. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Arbeitszeit,
kein Unterlassungsanspruch gegen vorläufigen
Dienstplan
62
126. Prozessfähigkeit, Anfechtung eines Vergleichs wegen Geschäftsunfähigkeit
66
113. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Vergütungssystem
62
114. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung
von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen
(I)
63
115. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung
von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen
(II)
63
116. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung
von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen
(III)
63
117. Betriebsratsmitglied, Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung, Unwirksamkeit der Beschlussfassung bei Verhinderung beteiligter Betriebsratsmitglieder
63
118. Einigungsstelle, gerichtliche Einsetzung gem. § 98
ArbGG, „offensichtliche Unzuständigkeit“ bei älterer Rechtsprechung
63
119. Personalvertretungsrecht, keine Versetzung bei
bloß personalvertretungsrechtlicher Zuordnung
63
127. Einstweilige Verfügung, Beschäftigungsanspruch,
Verfügungsgrund bei Erteilung eines Hausverbots 66
128. Berufung, Zulässigkeit, unzureichende Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung (EqualPay-Vergütung)
66
129. Errichtung einer Einigungsstelle, kein Erfordernis
außergerichtlichen Einigungsversuchs
68
130. Errichtung des Wirtschaftsausschusses, Klärung im
Beschlussverfahren
68
131. Nichtzulassungsbeschwerde, Aktenwidrige Feststellungen, Anspruch auf AGG-Entschädigung
68
132. Kostenerstattung, Übersetzung der Verfahrensunterlagen für ausländische Partei
69
Sonstiges
133. Schwerbehinderung, Integrationsamt, keine Zustimmung zur Kündigung ohne Prüfung der Namensliste, „Schlecker-Kündigung“
69
134. Schadenersatz, Verhängung einer Sperrzeit wegen
vereinbarungswidriger Angabe des Kündigungsgrundes
69
135. PKH, Verwertung von Immobilienbesitz
69
Tarifvertragsrecht
136. PKH, „steckengebliebener“ Antrag bei Tod der Partei
69
120. Tarifrecht, CGZP-Tarifverträge, kein Vertrauensschutz in die Tariffähigkeit einer Vereinigung, Ablehnung des „faktischen Tarifvertrages“ jedenfalls
bei fehlender Rückabwicklung
64
137. PKH, Vergleichsmehrwert, rechtzeitige Antragstellung, kein konkludenter Antrag auf zukünftige
Streitgegenstände
70
121. Tarifvertrag, Arbeitnehmerüberlassung, Verweisung auf unwirksamen Tarifvertrag
64
Streitwert und Gebühren
122. AVR-Caritas, Stichtagsregelung bei kinderbezogener Entgeltzulage
64
138. Streitwert, Abmahnung, keine pauschale Bewertung mit einem Monatsgehalt, sondern nach der
Gefährdung des Arbeitsverhältnisses
70
139. Streitwert, Versetzung
Prozessuales
123. Gerichtsbarkeit, Beschäftigung durch ausländischen Staat mit hoheitlichen Aufgaben
64
124. Rechtsweg, Streitigkeit über Beitragszuschuss
zum Versorgungswerk bei angestelltem Rechtsanwalt
65
71
140. Streitwert, gespaltener Kündigungsschutzantrag,
Freistellung
71
141. Streitwert, Beschlussverfahren, Anfechtung der
Betriebsratswahl
71
142. RVG, keine Terminsgebühr für Telefonat über
Rechtsmittelrücknahme
71
2/2013
51
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 18 von 42,
Rechtsprechung
Allgemeines
Allgemeines
Vertragsrecht
Vertragsrecht
Allgemeines Vertragsrecht
76. Bewerbungsverfahren, Bestenauswahl im
öffentlichen Dienst, befristete Stellenbesetzung
1. Ein öffentlicher Arbeitgeber kann aus sachlich vertretbaren
Gründen festlegen, dass eine Stelle nur befristet besetzt werden soll.
2. Wird ein Bewerber nicht berücksichtigt, der in seiner Person
nicht die Möglichkeit bietet, mit ihm einen wirksamen befristeten Vertrag abzuschließen, verstößt dies nicht gegen Art. 33
Abs. 2 GG.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 16.1.2013, 15 SaGa 1738/12
77. AGG, Bewerbungsverfahren, fehlender
Zugangsnachweis bei Bewerbung per E-mail
Aus den Entscheidungsgründen:
Jedenfalls hat der Antragsteller nicht ausreichend dargelegt,
dass er zum Kreis der Bewerber gehört. Insofern fehlt der
Nachweis, dass seine als E-Mail abgeschickte Bewerbung vom
20.11.2011 bei dem Antragsgegner zugegangen ist.
Eine Willenserklärung geht unter Abwesenden zu, wenn sie so
in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass dieser unter
normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der
Erklärung Kenntnis zu nehmen (Palandt/Ellenberger, § 130
BGB Rn 5). Eine E-Mail geht insofern zu, wenn sie in der Mailbox des Empfängers oder der des Providers abrufbar gespeichert wird. Die Beweislast kommt demjenigen zu, der sich auf
den Zugang beruft (OLG Düsseldorf v. 26.3.2009 – 7 U 28/08).
Für den Zugang einer E-Mail kann möglicherweise eine Eingangs- oder Lesebestätigung einen Nachweis erbringen. Ein
Ausdruck der E-Mail ohne Eingangs- oder Lesebestätigung
reicht für einen Anscheinsbeweis nicht aus (AG Bremen v.
15.4.2009 – 23 C 494/06). Ein Beweis des ersten Anscheins für
den Eingang in die Mailbox des Empfängers ergibt sich auch
nicht bereits dann, wenn der Erklärende die Absendung der
E-Mail beweisen kann (OLG Köln v. 5.12.2006 – 3 U 167/05).
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 27.11.2012, 15 Ta 2066/12
78. AGG, Bewerbungsverfahren, Eignungsbeurteilung
nur anhand objektiver Kriterien
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hätte gemäß § 62 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen, weil ihm nach
§ 82 Satz 3 SGB IX die fachliche Eignung für die angestrebte
Stelle auf der Grundlage eines Vergleichs zwischen dem Anforderungsprofil der Stelle – unter besonderer Berücksichtigung der konstitutiven Elemente – und seinem Leistungsprofil nicht offensichtlich fehlte. Als „konstitutiv“ einzustufen sind
diejenigen Merkmale des Anforderungsprofils, die zwingend
vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien,
also insbesondere ohne Rücksichtnahme auf Wertungsspiel-
52
2/2013
räume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber
kennzeichnet das „beschreibende“, nicht konstitutive Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder
ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen oder die
schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten – bejahend oder verneinend – festgestellt werden können. Bei Letzteren geht es um Merkmale, die sich erst
auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in
den Blick nehmenden Werturteils erschließen (VGH BadenWürttemberg v. 7.12.2010 – 4 S 2057/10). Die Beklagte hat
eine Stelle als Rechnungsamtsleiter ausgeschrieben. In der
Stellenausschreibung wurde lediglich angegeben, die Stelle
sei besonders für Absolventen der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung und Finanzen geeignet. Eine besondere Ausbildung oder ein Examensergebnis mit einer Mindestpunktzahl wurde nicht verlangt. Darüber hinausgehende, besondere Fachkenntnisse im Sinne einer einzelnen Fachrichtung
oder einer einzelnen Befähigung wurden in der Ausschreibung nicht zwingend vorausgesetzt; ebenso wenig Berufsoder gar Leitungserfahrung. Die Ausschreibung stellt damit
keine Anforderungen, welche nicht durch die vom Kläger absolvierte Ausbildung an einer staatlichen Hochschule für Verwaltung als erfüllt angesehen werden können. Daher ergibt
sich aus den Bewerbungsunterlagen nicht, dass der Kläger offensichtlich für die ausgeschriebene Stelle fachlich ungeeignet ist. (…)
Die Beklagte macht geltend, der Kläger sei persönlich nicht
geeignet für die ausgeschriebene Stelle. Damit bezieht sich
die Beklagte ausdrücklich nicht auf Merkmale, die die fachliche Eignung des Klägers berühren; die bessere Eignung von
Mitbewerbern schließt eine Benachteiligung auch nicht aus,
wie sich aus § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG ergibt (BVerwG v.
3.3.2011 – 5 C 16.10). Es kann dahinstehen, ob die Beklagte
Gründe, die die persönliche Eignung betreffen, für den Nachweis, dass für die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch
ausschließlich andere Gründen als die Behinderung erheblich
waren, heranziehen kann (so VGH Baden-Württemberg, Urt. v.
21.8.2012 – 4 S 530/12) Jedenfalls hat die Beklagte – selbst unter Zugrundelegung dieser Möglichkeit – nicht den vollen Beweis darüber erbracht, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.
■ Verwaltungsgericht Karlsruhe
vom 8.2.2013, 8 K 1153/12
eingereicht von Rechtsanwalt Jochen Link
Niedere Straße 63, 78050 Villingen-Schwenningen
Tel.: 07721/33166, Fax: 07721/33197
[email protected]; www.anwaltskanzlei-vs.de
79. AGG, Benachteiligung, Mehrurlaub für ältere
Arbeitnehmer
Ein zweitägiger Mehrurlaub für über 58-Jährige dient der Sicherstellung des Schutzes der Beschäftigung älterer Arbeit-
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 19 von 42,
Rechtsprechung
Allgemeines Vertragsrecht
nehmer in objektiv, angemessen legitimer Weise i.S.d. § 10
Satz 1 und 3 Nr. 1 AGG. Die verlängerte Urlaubsgewährung
verhilft älteren Beschäftigten bei genereller Betrachtung zur
Absicherung ihrer Erwerbsfähigkeit. Die ILO-Empfehlung
Nr. 162 vom 23.6.1980 nennt in Ziff. III Nr. 14 Buchst. b und c
sowohl die Verkürzung der Arbeitszeit als auch die Verlängerung des bezahlten Jahresurlaub in Referenz zum zunehmenden Lebensalter als betrieblich probates Mittel zum Schutz
der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 7.9.2012, 6 Sa 709/11
80. Entgeltfortzahlung, fehlende Kausalität bei
vermeintlich ruhendem Arbeitsverhältnis
Ansprüche auf Vergütung von Feiertagen und Krankheitszeiten setzen voraus, dass die Arbeitsleistung allein wegen des
Feiertags oder der Erkrankung ausfallen. Daran fehlt es, wenn
die Parteien aufgrund einer zunächst gewährten, nachträglich
wieder entzogenen Erwerbsminderungsrente von dem Ruhen
der beiderseitigen Hauptpflichten ausgegangen sind.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 15.1.2013, 1 Sa 363/12
81. Mobbing, Ausgrenzung innerhalb der Belegschaft,
keine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch wahre
Tatsachenbehauptung
1. Der Arbeitgeber hat die Pflicht, seine Arbeitnehmer vor Belästigungen durch Vorgesetzte, Mitarbeiter oder Dritte, auf die
er Einfluss hat, zu schützen und ihnen einen menschengerechten Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass im Arbeitsleben übliche Konfliktsituationen, die sich durchaus auch über einen längeren Zeitraum
erstrecken können, nicht geeignet sind, als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder als Gesundheitsverletzung zu gelten, und es daher gilt, so genanntes folgenloses
oder sozial- und rechtsadäquates Verhalten aufgrund einer
objektiven Betrachtungsweise, d.h. ohne Rücksicht auf das
subjektive Empfinden des betroffenen Arbeitnehmers, von
der rechtlichen Bewertung auszunehmen. Ein Eingriff in das
Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das
Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange
der anderen Seite überwiegt. Wahre Tatsachenbehauptungen
müssen in der Regel hingenommen werden, und zwar auch
dann, wenn sie sich nachteilig auf die betroffene Person auswirken können. Nur ausnahmsweise überwiegen bei wahren
Aussagen die Persönlichkeitsbelange. Im Fall von Äußerungen
im Rahmen der Sozialsphäre trifft das nur auf Fälle schwerwiegender Auswirkungen auf das Persönlichkeitsrecht zu, wenn
etwa eine Stigmatisierung, soziale Ausgrenzung oder Prangerwirkung zu besorgen ist. Zur Sozialsphäre zählt insbesondere das berufliche Wirken des Einzelnen.
2. Die (zutreffende) Äußerung, die aus anhängigen Vergütungsklagen resultierenden wirtschaftlichen Risiken stünden
Allgemeines Vertragsrecht
der Gewährung von Sonderzahlungen entgegen, ist zur Stigmatisierung oder sozialen Ausgrenzung der Kläger nicht geeignet, auch wenn sie innerhalb der Belegschaft zu Anfeindungen führt.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 7.9.2012, 6 Sa 703/11
82. Urlaub, Verzugslohn bei unzureichender Anordnung
von Betriebsurlaub, Brückentage, keine Benachteiligung
von Schwerbehinderten, die keine Mehrarbeit leisten
Aus den Entscheidungsgründen:
1. (…) Im vorliegenden Fall hat die Beklagte nicht dargelegt,
dass sie die erforderliche Freistellungserklärung im Hinblick auf die Gewährung von Erholungsurlaub gegenüber
dem Kläger abgegeben hat. Sie hat vielmehr vorgetragen,
dass die Belegschaft und damit auch der Kläger darüber informiert wurde, dass der Betrieb an den Brückentagen, das heißt
auch am 30.4.2012, geschlossen bleibt und die Mitarbeiter
sich entscheiden können, ob sie an diesem Tag Urlaub nehmen wollen oder eine Verrechnung mit Mehrarbeit an anderen Tagen (Ausgleich über Arbeitszeitkonto) vornehmen
möchten. Damit wurde keine Freistellungserklärung im oben
dargestellten Sinne abgegeben. Die Beklagte hat es als Arbeitgeberin vielmehr den Arbeitnehmern überlassen, ob diese einen Antrag auf Gewährung von Erholungsurlaub für den fraglichen Tag stellen möchten oder den Ausgleich über das Arbeitszeitkonto vorziehen. Die Beklagte selbst hat im Vorfeld
des 30.4.2012 keine Freistellungserklärung bezüglich der Urlaubsgewährung abgegeben, sondern nur entschieden, dass
der Betrieb geschlossen bleibt, und im Übrigen den Mitarbeitern zwei verschiedene Vorgehensweisen bezüglich der
Arbeitszeit angeboten.
Mangels konkreter Freistellungserklärung bezüglich Urlaubsgewährung hat die Beklagte auch keinen sogenannten Betriebsurlaub bzw. Betriebsferien wirksam angeordnet. Es kann
daher dahingestellt bleiben, ob eine solche Anordnung nur
für einzelne „Brückentage“ rechtswirksam möglich wäre. Hieran bestehen Zweifel, weil gemäß § 7 Abs. 2 Satz 1 BUrlG der
Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist, es sei denn,
dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich
machen (vgl. Hommerich/Boecken/DüweII-DüwelI, Arbeitsrecht, 2. Aufl., § 7 BurlG, Rn 70; ErfK/Gallner, 13. Aufl., § 7
BUrlG, Rn 26). Ein dringender betrieblicher Grund für die
Schließung des Betriebes an einem bestimmten einzelnen Tag
könnte zum Beispiel darin liegen, dass der Betrieb an diesem
Tag mangels Belieferung nicht produktionsfähig ist oder andere Gründe vorliegen, die es dem Arbeitgeber unmöglich
oder unzumutbar machen, den Betriebsablauf durchzuführen.
Solche Umstände hat die Beklagte nicht vorgetragen. (…)
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entschädigung aufgrund Diskriminierung wegen seiner Behinderung gemäß
§ 15 Abs. 2 AGG. (…) Es liegt auch keine mittelbare Benachtei-
2/2013
53
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 20 von 42,
Rechtsprechung
Allgemeines
Allgemeines
Vertragsrecht
Vertragsrecht
ligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG vor. Die Beklagte stellte allen
Arbeitnehmern, das heißt sowohl schwerbehinderten als auch
nicht schwerbehinderten Mitarbeitern, die Wahlmöglichkeit
zur Verfügung, ob sie an den Brückentagen Erholungsurlaub
oder einen Ausgleich über ein Arbeitszeitkonto in Anspruch
nehmen wollen. Auch schwerbehinderte Menschen können
somit den Arbeitsausfall an den Brückentagen durch Mehrarbeit an anderen Tagen zum Ausgleich bringen. Diese Ausgleichsmöglichkeit besteht dann nicht, wenn sie gemäß § 124
SGB IX die Freistellung von Mehrarbeit verlangen und somit
keinen Zeitausgleich durchführen können. Schwerbehinderte
sind gemäß § 124 SGB IX berechtigt, Mehrarbeit abzulehnen.
Der Kläger hat von diesem Recht Gebrauch gemacht und
konnte somit einen Ausgleich bzgl. der an den Brückentagen
entfallenen Arbeitszeit nicht über Mehrarbeit an anderen Tagen herbeiführen. Dieser Umstand bewirkt aber keine mittelbare Benachteiligung gemäß § 3 Abs. 2 AGG durch die Beklagte. Der Kläger wird durch die Vorgehensweise der Beklagten nicht als Schwerbehinderter benachteiligt. Der Unterschied zu den Nichtbehinderten ergibt sich allein daraus, dass
der Kläger von einer gesetzlichen Schutzvorschrift zu seinen Gunsten Gebrauch macht. Die Beklagte hat das Verlangen des Klägers gemäß § 124 SGB IX respektiert. Der eine gesetzliche Schutzvorschrift anwendende Arbeitgeber nimmt
keine mittelbare Benachteiligung des geschützten Arbeitnehmers vor, wenn gerade die Anwendung der Schutzvorschrift
eine unterschiedliche Behandlung im Verhältnis zu anderen
(nicht geschützten) Arbeitnehmern bewirkt.
■ Arbeitsgericht Nürnberg
vom 7.1.2013, 3 Ca 5563/12
eingereicht von Rechtsanwalt Bertram Bauer
Martin-Luther-Platz 6-8, 91522 Ansbach
Tel.: 0981/9712700, Fax: 0981/97127030
[email protected]; www.rae-pbw.de
83. Ausschlussfrist, Wahrung der Frist durch
Beschäftigungsklage
Die Frist sowohl zur außergerichtlichen als auch zur gerichtlichen Geltendmachung von Annahmeverzugsansprüchen des
Arbeitnehmers i.S.v. § 15 BRTV-Bau wird durch die Klage des
Arbeitnehmers gerichtet auf tatsächliche Beschäftigung gewahrt.
■ Landesarbeitsgericht Hannover
vom 30.11.2012, 6 Sa 513/12
84. Ausschlussfrist, Verweisung auf unwirksamen
Tarifvertrag
Die in einem unwirksamen Tarifvertrag enthaltene Ausschlussfrist wird auch durch arbeitsvertragliche Bezugnahme
auf diesen Tarifvertrag nicht Gegenstand des Arbeitsvertrages. Die Arbeitsvertragsparteien wollen einen Tarifvertrag re-
54
2/2013
gelmäßig nur so in Bezug nehmen, wie er auch tarifrechtlich
gilt (entgegen LAG Düsseldorf vom 8.12.2011 – 11 Sa 852/11).
■ Landesarbeitsgericht Hannover
vom 28.11.2012, 2 Sa 76/12
85. Zeugnis, kein Verzicht auf Ehrlichkeitsvermerk nach
unberechtigter Verdachtskündigung
Ist der Arbeitgeber im Kündigungsrechtsstreit mit einer Verdachtskündigung unterlegen, weil ein triftiger Tatverdacht
nicht feststellbar war, so kann er dem Arbeitnehmer, dem er
wegen dessen Umgangs mit Geld und/oder Sachwerten (hier:
„Abteilungsaufsicht“ im Einzelhandel) nach allgemeinen
zeugnisrechtlichen Grundsätzen den sogenannten „Ehrlichkeitsvermerk“ schuldet, die Bescheinigung besagter Ehrlichkeit nicht deshalb verweigern, weil er seine subjektiven Zweifel daran nicht ausgeräumt sieht.
■ Arbeitsgericht Berlin
vom 14.12.2012, 28 Ca 16143/12
86. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot,
Karenzentschädigung, Ermessensentscheidung
Die Wettbewerbsabrede, die die Höhe der Karenzentschädigung in das Ermessen des Arbeitgebers stellt, ist nicht nichtig.
Bei der gerichtlichen Bestimmung der Höhe der Karenzentschädigung gemäß § 315 Abs. 3 BGB ist die Regelung des § 74
Abs. 2 HGB zu berücksichtigen.
■ Landesarbeitsgericht Hannover
vom 9.1.2013, 16 Sa 563/12
87. Arbeitnehmerüberlassung, Rechtsmissbrauch bei
konzerninterner Überlassungsgesellschaft, nicht nur
vorübergehende Überlassung, Begründung eines
Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (I)
1. Im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung stellt es einen institutionellen Rechtsmissbrauch dar, wenn das verleihende
Konzernunternehmen nur an einen oder mehrere Konzernunternehmen Arbeitnehmer verleiht, nicht am Markt werbend
tätig ist und die Einschaltung dieses verleihenden Unternehmens nur dazu dient, Lohnkosten zu senken oder kündigungsschutzrechtliche Wertungen ins Leere laufen zu lassen.
Dies hat zur Folge, dass dem Scheinentleiher die Arbeitgeberstellung zukommt.
2. Für die Zeit ab dem 1.12.2011 ist eine schon erteilte Erlaubnis nach § 1 AÜG auf die vorübergehende Überlassung von
Arbeitnehmern beschränkt. Die Überlassung auf Dauer ist
nicht (mehr) erlaubnisfähig. Erfolgt die Überlassung eines Arbeitnehmers an den Entleiher nicht nur vorübergehend,
kommt nach §§ 10 Abs. 1 S. 1 2. Alt, 9 Nr. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zu Stande.
3. Eine Überlassung von Arbeitnehmern, die auf Dauer angelegt ist, erfolgt nicht mehr vorübergehend. Dies ist der Fall,
wenn die verliehenen Arbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 21 von 42,
Rechtsprechung
Allgemeines Vertragsrecht
eingesetzt werden, für die keine Stammarbeitnehmer vorhanden sind.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 9.1.2013, 15 Sa 1635/12
88. Arbeitnehmerüberlassung, nicht nur
vorübergehende Überlassung, Begründung eines
Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher (II)
1. Verfügt der Verleiher über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 AÜG wird auch bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung ein Arbeitsverhältnis
nicht mit dem Entleiher begründet. Auch wenn in diesen Fällen Arbeitsvermittlung zu vermuten wäre, fehlt es nach Wegfall von § 13 AÜG sowie der Vermutungswirkung in § 1 Abs. 2
2. Alt. an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage (vgl.
BAG v. 28.6.2000 – 7 AZR 100/99; BAG v. 2.6.2010 – 7 AZR 946/
08).
2. Ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher kann auch nicht im
Wege einer richtlinienkonformen Auslegung von §§ 1 Abs. 2,
10 Abs. 1, 9 Nr. 1 AÜG begründet werden. Im Hinblick auf die
langjährige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, in der
eine solche Sanktion verneint wurde, ist davon auszugehen,
dass sich der Gesetzgeber bei der letzten Änderung des AÜG
aufgrund der Richtlinie bewusst gegen eine entsprechende
Sanktion entschieden hat.
3. Jedenfalls für Verträge, die vor Änderung von § 1 Abs. 1 Satz
2 AÜG abgeschlossen wurden, kann auch kein nach § 242 BGB
rechtsmissbräuchliches Schein- oder Strohmanngeschäft angenommen werden.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 16.10.2012, 7 Sa 1182/12
89. Arbeitnehmerüberlassung, Scheinwerkvertrag im
Fleischereigewerbe
1. Richten sich die vom Auftragnehmer zu erbringenden Leistungen nach dem Bedarf des Auftraggebers, so spricht dies
ganz erheblich gegen das Vorliegen eines Werk- oder Dienstvertrages und für eine Eingliederung der Arbeitnehmer in den
Betrieb des Auftraggebers.
2. Insofern fehlt es an einer abgrenzbaren, dem Auftragnehmer als eigene Leistung zurechenbaren und abnahmefähigen
Werkes. Dies deutet auf Arbeitnehmerüberlassung hin, wenn
der Auftraggeber durch seine Anweisungen den Gegenstand
der von dem Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen
überhaupt erst bestimmt und damit Arbeit und Einsatz bindend organisiert. Gleiches gilt für die Abgrenzung zu einem
Dienstvertrag.
3. Gegen die Einordnung als Arbeitnehmerüberlassung
spricht nicht entscheidend, dass in einem Leistungsverzeichnis zum Werkvertrag die Vergütung der Arbeiten der Fleischund Wurstproduktion nach kg oder Stück berechnet wird.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 12.12.2012, 15 Sa 1217/12
Allgemeines Vertragsrecht
90. Arbeitnehmerüberlassung, Equal-Pay, unzulässige
Tarifwechselklausel
1. Die einzelvertragliche Ermächtigung des Arbeitgebers, einseitig den im Arbeitsverhältnis maßgeblichen Tarifvertrag zu
ändern, stellt eine unzulässige Benachteiligung des Arbeitnehmers dar und ist gem. § 308 Nr. 4 BGB unwirksam.
2. Die richtlinienkonforme Auslegung von § 10 Abs. 4 S. 1 AÜG
ergibt, dass dann, wenn der Entleiherbetrieb im Aufgabengebiet des Leiharbeiters keine eigenen Stammkräfte, sondern
ausschließlich Leiharbeitnehmer einsetzt, der Leiharbeitnehmer die Vergütung beanspruchen kann, die für ihn gelten
würde, wenn er beim Entleiher für die gleiche Aufgabe eingestellt worden wäre.
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen
vom 25.1.2013, 6 Sa 737/12
91. Arbeitnehmerüberlassung, Ausschlussfrist,
Intransparenz
Eine vertragliche Regelung, die einerseits vorsieht, dass die
Bestimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den Bestimmungen des Arbeitsvertrages vorgehen sollen, wenn
nicht die arbeitsvertraglichen Bestimmungen eine für den
Mitarbeiter günstigere Regelung ergeben, andererseits aber
auch bestimmt, dass die vertragliche Ausschlussfrist nicht gelten soll, soweit die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung über
den Ausschluss oder den Verfall von Ansprüchen enthalten,
ist intransparent und Verstößt gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Bei einer derartigen Wechselwirkung ist für den Arbeitnehmer
nicht hinreichend deutlich, welche Ausschlussfrist für ihn nun
mehr maßgeblich ist.
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen
vom 15.11.2012, 7 Sa 1787/11
92. Betriebsübergang, Unterrichtungsschreiben,
Information über die Möglichkeit des Widerspruchs und
dessen Folgen
1. Die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird
nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung nach § 613a
Abs. 5 BGB in Lauf gesetzt.
2. Auch über das Recht zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses ist als rechtliche Folge nach
§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu informieren (vgl. BAG v. 13.7.2006 –
8 AZR 305/05). Der Sinn der Unterrichtungspflicht besteht darin, den betroffenen Arbeitnehmern eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung ihres
Widerspruchsrechts zu verschaffen (vgl. BAG v. 20.3.2008 – 8
AZR 1016/06).
3. Diesen Anforderungen genügt das Schreiben vom
27.6.2011 nicht. Es wäre zumindest auch auf die nicht ganz
fern liegende Möglichkeit eines Ausscheidens mit einer Prämie nach der VV-Prämie im Falle des Widerspruchs hinzuweisen gewesen.
2/2013
55
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 22 von 42,
Rechtsprechung
Bestandsschutz
Bestandsschutz
4. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes kam es hier
nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt der Mitteilung entsprechende Prämienzahlungen bereits in Aussicht genommen
worden waren. Die Hinweispflicht ergibt sich hier bereits aus
§ 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB, nicht erst aus § 613a Abs. 5 Nr. 4 BGB,
der nach der Rechtsprechung des BAG ein gewisses Planungsstadium voraussetzt.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 14.6.2012, 26 Sa 658/12
93. Betriebliche Altersversorgung, Gesamtzusage durch
Errichtung einer Versorgungseinrichtung
Aus den Entscheidungsgründen:
Gründet ein Arbeitgeber eine rechtlich selbstständige Einrichtung zum Zweck der Altersversorgung seiner Mitarbeiter, liegt darin regelmäßig die Zusage an die Arbeitnehmer ihnen durch diese Einrichtung betriebliche Altersversorgung
nach deren Satzung oder Richtlinien zu gewähren. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Bestehen der Einrichtung bei den Arbeitnehmern bekannt ist. Hat der Arbeitgeber eine solche Einrichtung gegründet, ist es seine Sache darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass ausnahmsweise die Einrichtung
und deren Zweck den Arbeitnehmern nicht bekannt gemacht
wurden. Der erste Anschein spricht dafür, dass die Gründung
und der Bestand einer solchen Einrichtung im Betrieb bekannt gemacht worden ist. Das entspricht dem regelmäßigen
Geschehensablauf (Hessisches LAG v. 14.12.2011 – 8 Sa 777/
11).
■ Arbeitsgericht Köln
vom 23.1.2013, 2 Ca 7629/11
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser
Kölner Straße 2, 50226 Frechen
Tel.: 02234/1820-0, Fax: 02234/1820-10
[email protected]; www.hdup.de
94. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung,
Berücksichtigung von Nachtzulagen
Eine tarifliche Nachtzulage, die für regelmäßig im Schichtwechsel geleistete Nachtarbeit gezahlt wird, gehört nicht zum
versorgungsberechtigten Einkommen einer Betriebsrentenzusage, wenn dies in der Zusage als das „tariflich vereinbarte
Bruttomonatsentgelt“ definiert ist.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 18.10.2012, 2 Sa 216/12
95. Betriebliche Altersversorgung, Auslegung einer
Anpassungsregelung
Die Regelung in einer betrieblichen Vorruhestandsregelung:
„Das zum Zeitpunkt Ihres Ausscheidens aus unserem Unternehmen gültige ruhegeldfähige Diensteinkommen gemäß
§ 5 Ihrer Ruhegeldzusage wird entsprechend der in dieser Zeit
erfolgten Vergütungsentwicklung für aktive Mitarbeiter (prozentuale Veränderung der Vergütungstabelle für Arbeitneh-
56
2/2013
mer der Mitglieder des Arbeitgeberverbandes von Gas-, Wasser- und Elektrizitätsunternehmungen e.V.) angepasst.“ ist
gem. §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, dass die Vergütungsentwicklung aller aktiven Tarifmitarbeiter zugrunde zu legen
ist, nicht lediglich die Vergütungsentwicklung derjenigen Mitarbeitergruppe, der der Arbeitnehmer zuzuordnen ist.
■ Arbeitsgericht Köln
vom 29.1.2013, 6 Ca 9047/12
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser
Kölner Straße 2, 50226 Frechen
Tel.: 02234/1820-0, Fax: 02234/1820-10
[email protected]; www.hdup.de
Bestandsschutz
96. Abmahnung, Entfernung aus der Personalakte
Der Arbeitnehmer kann die Entfernung einer unzutreffenden
Abmahnung aus den Personalakten verlangen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung der erhobenen
Vorwürfe trägt der Arbeitgeber.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 21.12.2012, 9 Sa 447/12
97. Kleinbetrieb, Zusammenrechnung mehrerer
Betriebsteile
Auch ein Hauptbetrieb und eine räumliche weit entfernte Betriebsstätte i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG können einen
Betrieb i.S.d. § 23 KSchG bilden, so dass auf die Gesamtzahl
der Arbeitnehmer abzustellen ist.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 8.11.2012, 10 Sa 224/12
98. Kleinbetrieb, Treuwidrige Kündigung nach
mutterschutzrechtlichem Beschäftigungsverbot;
zusätzlicher Entschädigungsanspruch nach AGG
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Auch in einem sogenannten „Kleinbetrieb“ ist der Arbeitnehmer jedoch vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung
des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt (…).
a) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen derjenigen Tatsachen, aus denen sich die Treuwidrigkeit ergibt, liegt
beim Arbeitnehmer. Dabei ist durch eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast dem verfassungsrechtlich gebotenen
Schutz des Arbeitnehmers Rechnung zu tragen. In einem ersten Schritt muss der Arbeitnehmer, soweit er die Überlegungen des Arbeitgebers, die zu seiner Kündigung geführt haben, nicht kennt, lediglich einen Sachverhalt vortragen, der
die Treuwidrigkeit der Kündigung nach § 242 BGB indiziert.
Sodann muss sich der Arbeitgeber nach § 138 Abs. 2 ZPO im
Einzelnen auf diesen Vortrag einlassen, um ihn zu entkräften.
Kommt der Arbeitgeber dem nicht nach, so gilt der schlüssige
Sachvortrag des Arbeitnehmers gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 23 von 42,
Rechtsprechung
Bestandsschutz
zugestanden (vgl. BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06, und v.
23.4.2009 – 6 AZR 533/08, jeweils m.w.N.).
b) Nach dem Vorbringen der Parteien ist davon auszugehen,
dass die Beklagte nur die Klägerin gekündigt hat. Die Beklagte
ist der entsprechenden Behauptung der Klägerin zunächst
mit der bloßen Behauptung entgegengetreten, die Klägerin
sei nicht als Einzige gekündigt worden. Auf das Vorbringen
der Klägerin, dass ihr nur ein Aufhebungsvertrag auf Wunsch
des Arbeitnehmers bekannt sei, hat die Beklagte dann ausgeführt, die Klägerin habe damit bestätigt, dass noch ein weiteres Arbeitsverhältnis beendet worden sei. Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht mehr zu erkennen, ob die Beklagte
noch weiter behaupten will, dass eine weitere Kündigung ausgesprochen worden ist. Jedenfalls ist ihr Bestreiten unsubstantiiert und damit nach § 138 ZPO unbeachtlich. Die Beklagte trägt weder vor, wer gekündigt worden ist, noch wann
und aus welchem Grund. (…)
c) Zu Recht ist das Arbeitsgericht des Weiteren zu dem Ergebnis gelangt, es stehe nach § 138 Abs. 3 ZPO fest, dass der Geschäftsführer auf das Beschäftigungsverbot verärgert reagiert
und die Klägerin gedrängt habe, weiter zu arbeiten. Aus den
Schriftsätzen und Protokollen erster Instanz ergibt sich nicht,
dass die Beklagte den entsprechenden Sachvortrag überhaupt bestritten hat. Jedenfalls hat die Beklagte die Feststellung des Arbeitsgerichts, sie habe den Sachvortrag der Klägerin nicht substantiiert bestritten, im Berufungsverfahren nicht
angegriffen.
d) Unter Berücksichtigung des unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs zwischen dem Entfall des Mutterschutzes und
dem Ausspruch der Kündigung ergibt sich aus den vorstehenden Umständen ein hinreichendes Indiz für die Annahme,
dass die Kündigung eine Reaktion der Beklagten auf das Beschäftigungsverbot und die Weigerung der Klägerin, während
diesem zu arbeiten, gewesen ist.
e) Die Beklagte hat die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen nicht entkräftet. Sie ist dem Vorbringen der Klägerin
nicht ausreichend entgegengetreten. Trotz des gerichtlichen
Hinweises erschöpft sich der Vortrag der Beklagten zur Rechtfertigung der Kündigung darin, zu behaupten, sie habe eine
betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen; der Arbeitsanfall im Bereich Vertrieb habe sich in einem Umfang verringert,
dass dort eine Mitarbeiterstelle habe gestrichen werden müssen. Dies ist selbst unter Berücksichtigung dessen, dass dem
Kleinunternehmer nicht die im Kündigungsschutzgesetz vorgesehenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt werden
dürfen, völlig unzureichend. Um dem Gericht die Möglichkeit
zu geben, festzustellen, dass die Kündigung nicht auf willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruht, muss der Arbeitgeber wenigstens konkrete Tatsachen vortragen, die einen irgendwie einleuchtenden Grund für die Kündigung plausibel
und nachvollziehbar machen. Bloße pauschale Behauptungen
und Allgemeinplätze genügen insoweit nicht. Es hätte daher
der Beklagten oblegen, Tatsachen vorzutragen, aus denen
sich die von ihr behauptete Verringerung des Arbeitsanfalls
Bestandsschutz
im Bereich Vertrieb nachvollziehbar ergab. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil nur zehn Tage vor der Kündigung offenbar noch soviel Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin
bestand, dass der Geschäftsführer der Beklagten sie auffordern musste, trotz des bestehenden Beschäftigungsverbots
zu arbeiten. Warum die Beklagte dann in der Folge gleichwohl
glaubte, auf die Klägerin verzichten zu können, obwohl unstreitig ein weiterer Mitarbeiter durch Aufhebungsvertrag
ausgeschieden war, ist nicht ansatzweise erkennbar.
2. Der Antrag (auf Entschädigung) ist auch begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von EUR 3.000,00 gemäß § 15
Abs. 2 Satz 1 AGG.
a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann der oder die Beschäftigte
wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine
angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Entschädigungsanspruch setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 7 Abs. 1 AGG i.V.m. § 1 AGG voraus.
Dies stellt zwar § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG nicht ausdrücklich klar,
es ergibt sich aber aus dem Gesamtzusammenhang der Bestimmungen in § 15 AGG (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/
08 m.w.N.). Liegt eine ungerechtfertigte Benachteiligung aus
einem in § 1 AGG genannten Grund vor, sind damit automatisch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
und damit ein immaterieller Schaden verknüpft (vgl. KR/Treber, 9. Aufl., § 15 AGG Rn 26/27, m.w.N.).
b) Die Beklagte hat die Klägerin durch die Kündigung unmittelbar wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt
vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten verpönten Merkmals eine weniger günstige Behandlung erleidet
als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Es ist erforderlich,
dass die betreffende Person einer weniger günstigen Behandlung ausgesetzt ist als eine in einer vergleichbaren Situation
befindliche Person, bei der das Merkmal nicht vorliegt (vgl.
BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08 m.w.N.). Die Klägerin beruft
sich auf eine Benachteiligung wegen ihres Geschlechts. Eine
unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt
gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 AGG in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis
4 AGG auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer
Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor. Da für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt sein muss, ist ein Kausalzusammenhang erforderlich.
Dieser ist dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen
oder mehrere der in § 1 AGG genannten Gründe anknüpft
oder dadurch motiviert ist. Ausreichend ist, dass ein in § 1
AGG genannter Grund Bestandteil eines Motivbündels ist, das
die Entscheidung beeinflusst hat. Nach der gesetzlichen Beweisregelung gemäß § 22 AGG genügt es, dass der Anspruchsteller im Streitfalle Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen. Sodann trägt die andere Partei die Beweislast da-
2/2013
57
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 24 von 42,
Rechtsprechung
Bestandsschutz
Bestandsschutz
für, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz
vor Benachteiligung vorgelegen hat (vgl. BAG v 22.10.2009 –
8 AZR 642/08 m.w.N.). Der Anspruchsteller genügt seiner Darlegungslast, wenn die vorgetragenen Tatsachen aus objektiver Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen dieses Merkmals
erfolgt ist. Es genügt, Indizien vorzutragen, die zwar nicht
zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber die
Annahme rechtfertigen, dass sie gegeben ist. Dabei ist kein zu
strenger Maßstab an die Vermutungswirkung der Hilfstatsachen anzulegen. Werden vom Arbeitnehmer Tatsachen vorgetragen, die je für sich genommen nicht zur Begründung der
Kausalität ausreichen, ist eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Zu prüfen ist, ob die Hilfstatsachen, werden sie im Zusammenhang gesehen, geeignet sind, die Vermutungswirkung zu begründen (vgl. BAG, Urt. v. 7.7.2011 – 2 AZR 396/10
m.w.N.).
Ausgehend von den vorstehenden Grundsätzen hat die Klägerin ausreichende Tatsachen vorgetragen, die aus objektiver
Sicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen
lassen, dass sie durch die Beklagte eine Benachteiligung wegen ihrer (vormaligen) Schwangerschaft und damit unmittelbar wegen ihres Geschlechts erfahren hat. (…)
c) Als Ausgleich für die durch die ungerechtfertigte Benachteiligung eingetretene Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts
und damit für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden
ist, erscheint die Zahlung einer Entschädigung in Höhe von
EUR 3.000,00 als angemessen. Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung durch das Tatgericht sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, wie etwa die Art
und Schwere der Benachteiligung, die Folgen für den Kläger
hinsichtlich seines Persönlichkeitsrechts, der Grad der Verantwortlichkeit der Beklagten, der Anlass und Beweggrund des
Handelns der Beklagten, der Sanktionszweck und die damit
verbundene abschreckende Wirkung (vgl. BAG, Urt. v.
17.8.2010 – 9 AZR 839/08 m.w.N.).
Ausgehend hiervon bedurfte es vorliegend der Festsetzung
einer Entschädigung in Höhe des von der Klägerin genannten
Mindestbetrages von EUR 3.000,00. Die Benachteiligung der
Klägerin durch die Kündigung ist schwerwiegend. Sie ist aus
Sicht des Gerichtes die völlig unangemessene Reaktion der
Beklagten auf die Weigerung der Klägerin, während des Beschäftigungsverbotes zu arbeiten. Berücksichtigt man des
Weiteren den Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung und
die Tatsache, dass die Beklagte die Klägerin bewusst und gewollt benachteiligt hat, so kann man das Verhalten der Beklagten getrost als auf moralisch unterster Stufe stehend bezeichnen. Um der Sanktionswirkung des § 15 Abs. 2 AGG
Rechnung zu tragen und um die Beklagte in Zukunft von einem vergleichbaren Fehlverhalten abzuschrecken, bedarf es
der Festsetzung eines erheblichen und für die Beklagte fühlbaren Entschädigungsbetrages. Vor dem Hintergrund der geringen Betriebsgröße der Beklagten erscheint insoweit ein Be-
58
2/2013
trag in Höhe von EUR 3.000,00 als angemessen aber auch ausreichend.
d) Der Entschädigungsanspruch der Klägerin ist entgegen der
Ansicht der Beklagten und des Arbeitsgerichts nicht durch § 2
Abs. 4 AGG ausgeschlossen. Gemäß § 2 Abs. 4 AGG gelten für
Kündigungen ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderem Kündigungsschutz. Hieraus wird –
jedenfalls in Fällen, in denen wie hier die Unwirksamkeit der
Kündigung im Rahmen einer Kündigungsschutzklage festgestellt worden ist – gefolgert, dass es daneben nach dem Gesetz keinen Raum für einen Entschädigungsanspruch nach
§ 15 Abs. 2 AGG gibt (vgl. ErfK/Schlachter, 11. Aufl., § 2 AGG
Rn 17 und Sagan, NZA 2006, 1257, 1260).
Dem kann nicht gefolgt werden. Eine Anwendung des § 15
Abs. 2 AGG in solchen Fällen ist nicht systemwidrig. Auch bisher waren etwa auf § 823 Abs. 1 BGB gestützte Entschädigungen für erlittene immaterielle Schäden bei der Geltendmachung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung im Zusammenhang mit dem Ausspruch einer unwirksamen Kündigung
nicht ausgeschlossen! (vgl. BAG v. 22.10.2009 – 8 AZR 642/08,
und KR/Treber, 9. Aufl., § 2 Rn 27 m.w.N.). Des Weiteren deutet
die gesetzliche Formulierung darauf hin, dass lediglich die
Wirksamkeit von Kündigungen nicht unmittelbar an den Vorschriften des AGG gemessen werden soll, sondern das hierfür
die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz heranzuziehen sind. Schließlich gibt es keinen
sachlichen Grund dafür, etwa bei einer benachteiligenden
Versetzung über § 106 Satz 1 GewO i.V.m. § 7 Abs. 3 AGG zum
einen zur Unwirksamkeit der Versetzung zu gelangen und
zum anderen über § 15 Abs. 2 AGG auch zu einer Entschädigung, dem Arbeitnehmer bei einer benachteiligenden Kündigung neben der Feststellung deren Unwirksamkeit aber eine
Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu versagen.
■ Sächsisches Landesarbeitsgericht
vom 27.7.2012, 3 Sa 129/12
eingereicht von Rechtsanwalt Dirk Noack
Leipziger Straße 28, 08393 Meerane
Tel.: 03764/49497, Fax: 03764/2761
www.noack-wagner.de; [email protected]
99. Betriebsbedingte Kündigung, Vorbereitung eines
Betriebsübergangs
Eine Kündigung im zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsübergang verstößt nicht gegen das Kündigungsverbot
in § 613a Abs. 4 BGB, wenn die Kündigung das Ziel hat, den
Betrieb „verkaufsfähig“ zu machen. Sie ist auch dann zulässig,
wenn der bisherige Arbeitgeber sie mit dem Ziel ausspricht,
sich selbst auf diese Weise eine Beschäftigungsmöglichkeit
bei dem neuen Arbeitgeber zu sichern.
■ Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
vom 9.1.2013, 2 Sa 166/12
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 25 von 42,
Rechtsprechung
Bestandsschutz
Bestandsschutz
100. Verhaltensbedingte Kündigung, Silvesterknaller im
Dixie-Klo
102. Verhaltensbedingte Kündigung, Manipulation der
Zeiterfassung zugunsten eines Kollegen
Aus den Entscheidungsgründen:
Aus den Entscheidungsgründen:
Das zwischen den Parteien unstreitige Verhalten des Klägers
in Bezug auf die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi rechtfertigt die außerordentliche Kündigung nicht.
Die Verletzung eines Arbeitskollegen durch einen explodierenden Feuerwerkskörper kann die fristlose Kündigung des
Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, ohne dass es einer vorhergehenden Abmahnung bedarf. Das gilt selbst dann, wenn die
Verletzung des Kollegen nicht beabsichtigt, sondern Folge eines fehlgeschlagenen Scherzes war. Hierbei kann es dahinstehen, ob der Kläger den Feuerwerkskörper in die Kabine geworfen hat, wie die Beklagte behauptet, oder ob sie diesen an
der Tür der Kabine befestigt hat, wie der Kläger den Sachverhalt darstellt. Denn auch nach der Darstellung des Klägers war
sein Verhalten gefährlich: Wenn der Zeuge D. den Feuerwerkskörper unter dem Toilettenhäuschen zur Explosion bringen
sollte, dann hätte damit gerechnet werden müssen, dass der
Zeuge S. die Tür des Toilettenhäuschen öffnen würde, um „die
Flucht zu ergreifen“. In diesem Fall wäre ihm der an der Tür
angebrachte Feuerwerkskörper entgegengeflogen. Auch
nach diesem Geschehensablauf hätte mit erheblichen Verletzungen des Zeugen S. gerechnet werden müssen.
Arbeitsgericht Krefeld
vom 21.12.2012, 2 Ca 2010/12
■
101. Verhaltensbedingte Kündigung, vorsätzlich
fehlerhafte Arbeitszeiterfassung
Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine
Verpflichtung, die Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an
sich geeignet, auch ohne vorherige Abmahnung einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626
Abs. 1 BGB darzustellen. Wenn der Arbeitgeber das Erfassen
der Arbeitszeiten den Arbeitnehmern in eigener Zuständigkeit überlässt, bringt er ihnen einen Vertrauensvorschuss entgegen. Es gehört dann – selbstverständlich – zu den arbeitsvertraglichen Pflichten, die Eintragungen korrekt vorzunehmen. Dies setzt voraus, dass die Eintragungen zeitnah erfolgen, weil mit zunehmendem Zeitablauf das menschliche Erinnerungsvermögen abnimmt. Das versteht sich von selbst, so
dass es einer entsprechenden Anweisung nicht bedurfte. Bei
einer verspäteten Eintragung nimmt der Arbeitnehmer stets
billigend in Kauf, falsche Angaben hinsichtlich seiner Arbeitszeit zu machen. Auch für die zivilrechtliche Verantwortlichkeit
genügt als Vorsatz der bedingte Vorsatz. Dabei kommt es
nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 15.11.2012, 10 Sa 270/12
Der Kläger hat im Verlauf der Nachtschicht vom Mitarbeiter Mi
dessen Stempelkarte bekommen und sich diesem gegenüber
bereit erklärt, für ihn auszustempeln. Die Ausstempelung erfolgte allerdings nicht sofort zum Zeitpunkt des Arbeitsendes
des Mitarbeiters Mi, sondern erst zum Zeitpunkt des Arbeitsendes des Klägers. Hierin liegt ein arbeitsvertraglicher
Pflichtenverstoß. Der Kläger hätte die Chipkarte des Mitarbeiters Mi sofort nach dessen Weggang aus dem Betrieb der Beklagten zum Zeiterfassungsgerät bringen müssen. Dies hat er
unterlassen. Fraglich ist des Weiteren, ob die Bedienung des
Zeiterfassungsgerätes nicht eine höchstpersönliche Pflicht im
Rahmen des Arbeitsvertrages darstellt, sodass der Kläger gegenüber Herrn Mi die Übernahme dieser Verpflichtung hätte
verweigern müssen.
Der Kläger rechtfertigt sein Verhalten damit, dass der Mitarbeiter Mi ihm gesagt habe, dass er krank sei und schnellstmöglich den Betrieb verlassen müsse. Daher habe er den Kläger gebeten, für ihn auszustempeln. Der Kläger erklärte weiter, dass er aufgrund der Arbeitsbelastung in der Nachtschicht
nicht sofort zum Zeiterfassungsgerät gegangen sei. Er habe
dies vergessen und erst, als er selbst am Schichtende ausgestempelt habe, wieder daran gedacht. Er habe aber dem Mitarbeiter Mi bereits während der Nachtschicht gesagt, dieser
solle sich doch bitte noch beim Schichtleiter melden und von
seinem vorzeitigen Weggang aus dem Betrieb informieren.
Aufgrund dieser vom Kläger vorgebrachten und von der erkennenden Kammer nachvollziehbaren Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe, die der Beklagten vom Kläger bereits im
Gespräch am Nachmittag des 21.11.2011 mitgeteilt wurden,
liegt kein die außerordentliche Kündigung tragender wichtiger Grund vor. Die Beklagte hätte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht den vorgetragenen Rechtfertigungsgründen nachgehen und diese gegebenenfalls widerlegen müssen. Dies
hat die Beklagte nicht getan. Insoweit sich die Beklagte in der
Kammerverhandlung auf den Standpunkt gestellt hat, dass
zumindest die Ausstempelung des Mitarbeiters Mi durch den
Kläger, als dieser sich selbst ausstempelte, einen arbeitsvertraglichen Pflichtverstoß darstellt, der von den vorgetragenen
Rechtfertigungsgründen nicht mehr gedeckt sei, spaltet die
Beklagte einen insgesamt einheitlich zu betrachtenden Lebenssachverhalt in unzulässiger Weise in Teileinheiten auf. Im
Rahmen der Gesamtbetrachtung des Geschehens in der
Nachtschicht vom 21.11.2011 ist zu berücksichtigen, dass der
Rechtfertigungsgrund des Klägers, der Mitarbeiter Mi habe
ihm gesagt, er sei krank, sich zunächst darauf bezieht, dass
der Kläger überhaupt das Zeiterfassungsgerät für den Mitarbeiter Mi bedient hat. Der Kläger trägt des Weiteren vor, dass
2/2013
59
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 26 von 42,
Rechtsprechung
Bestandsschutz
Bestandsschutz
er es zunächst vergessen habe, sofort das Zeiterfassungsgerät
für den Mitarbeiter Mi zu bedienen. Die erkennende Kammer
kann insoweit nachvollziehen, dass der Kläger als Maschinenführer in der Nachtschicht nicht sofort Gelegenheit gehabt
haben mag, sich von seiner Maschine zu entfernen, um ein
Zeiterfassungsgerät zu bedienen. Insbesondere ist aber auch
zu berücksichtigen, dass der Kläger unbestritten vorträgt,
dass er Herrn Mi darauf hingewiesen habe, dieser solle sich
noch bei dem Schichtleiter melden und diesen von seinem
Weggehen unterrichten. Dem Kläger ist zuzugestehen, dass er
davon ausgehen durfte, dass der Mitarbeiter Mi diesem Ansinnen nachgekommen ist und er deswegen am Morgen des
21.11.2011 bei dem Ausstempelvorgang nicht gesondert darauf hingewiesen hat, dass Herr Mi das Betriebsgelände bereits vorher verlassen hatte. Das Verhalten des Klägers ist daher als Gesamtvorgang zu betrachten, welcher von mehreren
Annahmen ausgehend getragen war. Die vorgebrachten
Rechtfertigungs-/Entschuldigungsgründe beziehen sich auf
dieses Gesamtgeschehen und lassen den wichtigen Grund für
eine Kündigung entfallen.
■ Arbeitsgericht Osnabrück
vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12
Anmerkung:
Das Berufungsgericht hat demgegenüber einen wichtigen
Kündigungsgrund angenommen, hielt aber nach Durchführung einer Interessenabwägung aufgrund des einmaligen
Verstoßes lediglich eine ordentliche Kündigung für gerechtfertigt. Die Parteien haben sich entsprechend geeinigt.
eingereicht von Rechtsanwalt Joachim Schramm
Lange Straße 2, 32312 Lübecke
Tel.: 05741/1018, Fax: 05741/4331
103. Verhaltensbedingte Kündigung, Verdacht
schwerwiegender Pflichtverletzung
Ist der Arbeitnehmer als Maschinenführer damit betraut, den
ordnungsgemäßen Produktionsablauf zu überwachen und
ggf. bemerkbare oder voraussehbare Schäden oder Gefahren
selbst abzuwenden bzw. seinem Vorgesetzten unverzüglich
anzuzeigen, kann auch der dringende Verdacht einer erheblichen Verletzung der ihm obliegenden Schadensabwendungsbzw. Schadensminderungspflicht durch Verschweigen eines
vorangegangenen Fehlverhaltens (hier: Vorwurf der weisungswidrigen Verwendung eines Hammers bei der Vornahme von (Reinigungs-)Arbeiten, der dabei in die Knetmaschine gefallen sei und einen Maschinenschaden mit Reparaturkosten von ca. 200.000,– EUR verursacht habe) eine außerordentliche Kündigung auch ohne Abmahnung rechtfertigen.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 4.12.2012, 3 Sa 316/11
60
2/2013
104. Änderungskündigung, keine soziale Rechtfertigung
durch Bedürfnis nach Tarifeinheit
Das Interesse des Arbeitgebers an der Vereinheitlichung der
Arbeitsbedingungen in seinem Betrieb (einheitliches Tarifrecht) begründet kein dringendes betriebliches Erfordernis
für eine Änderungskündigung im Sinne von § 2 KSchG.
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen
vom 21.9.2012, 6 Sa 113/12
105. Auflösungsantrag, keine Auflösung bei auch
maßregelnder Kündigung
Verweigert der Arbeitnehmer die Zustimmung zu einem angebotenen Altersteilzeitvertrag und spricht der Arbeitgeber
sodann eine Beendigungskündigung aus, obwohl wegen einer unstreitig vorhandenen freien Stelle allenfalls eine Änderungskündigung in Betracht gekommen wäre, stellt dies eine
unzulässige Maßregelung nach § 612a BGB dar.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 17.10.2012, 15 Sa 1109/12
106. Befristung, Sachgrund, nachträgliche Vereinbarung
einer Befristung auf einen Zeitpunkt nach Erreichen des
Rentenalters
1. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien die nachträgliche
Befristung eines zuvor langjährig unbefristet bestehenden Arbeitsverhältnisses, nachdem der Arbeitnehmer die Regelaltersgrenze erreicht und Anspruch auf gesetzliche Altersrente
hat, so ist die Befristung aus in der Person des Arbeitnehmers
liegenden Gründen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG gerechtfertigt.
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Parteien das Erreichen
der Regelaltersgrenze zum Anlass für die Befristungsvereinbarung nehmen und den nach § 41 Satz 2 SGB VI möglichen Beendigungstermin hinausschieben. Die Gründe für die Zulässigkeit der Vereinbarung von Altersgrenzen bezogen auf das
Erreichen der Regelaltersgrenze gelten in einem solchen Falle
gleichermaßen.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 20.11.2012, 12 Sa 1303/12
eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann Koch
Marburger Straße 16, 10789 Berlin
Tel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920
[email protected]; www.friedemann-koch.de
107. Befristung, Sachgrund, mittelbare Vertretung,
Darlegungslast des Arbeitgebers zur Vertretungskette
Aus den Entscheidungsgründen:
2. Die vereinbarte Befristung ist nicht durch einen sachlichen
Grund i.S.v. § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG gerechtfertigt, der Sachgrund der Vertretung liegt nicht vor.
a. Der Sachgrund der Vertretung ist nur gegeben, wenn ein
Kausalzusammenhang zwischen einem zeitweiligen Ausfall
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 27 von 42,
Rechtsprechung
Personalvertretungsrecht
des Vertretenen und der Einstellung des Vertreters besteht.
Der Einsatz des befristet beschäftigten Arbeitnehmers darf
nur wegen des Arbeitskräftebedarfs vorgenommen werden,
der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu Vertretenden entsteht, hierdurch soll gewährleistet werden, dass der
geltend gemachte Sachgrund der Vertretung nicht nur vorgeschoben wird (BAG v. 18.4.2007 – 7 AZR 255/06).
Allerdings setzt der Sachgrund der Vertretung nicht voraus,
dass der befristet zur Vertretung eingestellte Arbeitnehmer
die vorübergehend ausgefallene Stammkraft unmittelbar vertritt, also die von ihr bisher ausgeübten Tätigkeiten verrichtet.
Der Vertreter kann auch mit anderen Aufgaben betraut werden, es muss aber sicher gestellt sein, dass die Beschäftigung
des befristet eingestellten Mitarbeiters wegen des Arbeitskräftebedarfs erfolgt, der durch die vorübergehende Abwesenheit des zu vertretenden Arbeitnehmers entsteht. Wenn
dem befristet eingestellten Arbeitnehmer Aufgaben übertragen werden, die der vertretene Mitarbeiter zu keinem Zeitpunkt ausgeübt hat, besteht der erforderliche Kausalzusammenhang nur, wenn der Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich
in der Lage wäre, dem Vertretenen die Aufgaben des Vertreters zuzuweisen (BAG v. 25.3.2009 – 7 AZR 34/08).
Wenn – wie vorliegend – der zu vertretende Mitarbeiter Aufgaben erfüllt, die nicht bis zu seiner Rückkehr unverrichtet liegen gelassen werden können, sondern tagtäglich verrichtet
werden müssen, bedarf es zur Darlegung der tatsächlichen
Möglichkeit der Zuweisung der Aufgaben des befristet eingestellten Mitarbeiters an den Vertretenen der Darlegung der
Vertreterkette bzw. der Neuverteilung der Aufgaben im Einzelnen. Allein durch die Benennung des abwesenden Mitarbeiters im Arbeitsvertrag lässt sich der notwendige Bezug zur
befristeten Einstellung des mittelbaren Vertreters nicht nachvollziehen. Gerade bei Großunternehmen, in denen sich die
Mitarbeiter nicht persönlich kennen, besteht die Gefahr, dass
der geltend gemachte Sachgrund der Vertretung nur vorgeschoben wird, wenn die Zuordnung der Aufgaben des befristet eingestellten Arbeitnehmers zu dem als zu vertretenden
benannten Arbeitnehmer nicht durch Erläuterung der Vertreterkette oder der Neuverteilung der Aufgaben nachgewiesen wird.
b. Zum Nachweis des Kausalzusammenhangs muss der Arbeitgeber grundsätzlich die Vertreterkette darlegen. Verteilt
der Arbeitgeber anlässlich des Ausfalls eines Mitarbeiters die
Aufgaben in diesem Bereich neu, so hat er zunächst die dem
vertretenen Arbeitnehmer übertragenen Aufgaben darzustellen. Sodann ist die Neuverteilung dieser Aufgaben auf einen
oder mehrere Mitarbeiter schlüssig vorzutragen, so dass sich
die dem Vertreter zugewiesenen Tätigkeiten aus der geänderten Aufgabenverteilung ergeben (LAG Rheinland-Pfalz v.
19.5.2011 – 11 Sa 59/11).
Daran mangelt es vorliegend. Die Beklagte hat trotz eines entsprechenden Hinweises im Kammertermin nicht dargelegt,
welche Vertreterkette zwischen Herrn L und dem Kläger besteht oder ggf. wie sie die Aufgaben des Herrn L neu verteilt
Personalvertretungsrecht
hat und wie sich die dem Kläger zugewiesenen Tätigkeiten
aus der Neuverteilung der Aufgaben ergeben. Zwar mag es
(…) durchaus sein, dass Herrn L die Tätigkeit des Klägers in
rechtlicher Hinsicht übertragen werden konnte; ob die Beklagte aber tatsächlich in der Lage gewesen wäre, Herrn L mit
den Aufgaben des Klägers zu betrauen, ist vor dem Hintergrund, dass die ursprünglichen Aufgaben von Herrn L weiterhin verrichtet werden mussten, nicht nachvollziehbar.
■ Arbeitsgericht Berlin
vom 15.1.2013, 25 Ca 7618/12
eingereicht von Rechtsanwalt Friedemann Koch
Marburger Straße 16, 10789 Berlin
Tel.: 030/21248990, Fax: 030/212489920
[email protected]; www.friedemann-koch.de
108. Befristung, Erweiterung der sachgrundlosen
Befristung durch Tarifvertrag mit Öffnungsklausel,
wirksame Bildung paritätischer Ausschüsse
Haben die Tarifvertragsparteien die Nutzung des durch Tarifvertrag erweiterten Rahmens zur Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung (§ 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG) von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig gemacht, bedarf die
Übertragung dieses Zustimmungsrechts des Betriebsrats auf
eine paritätisch besetzte Kommission der Schriftform (§§ 28
Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 und 27 Abs. 2 Satz 3 BetrVG). Kann der Betriebsvereinbarung, auf deren Grundlage die Kommission gebildet worden ist, auch im Wege der Auslegung eine Übertragung des Zustimmungsrechts nicht hinreichend deutlich entnommen werden, kann die Kommission mangels schriftlichen
Übertragungsbeschlusses die erforderliche Zustimmung zur
Vereinbarung einer sachgrundlosen Befristung nicht wirksam
erteilen.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 27.11.2012, 3 Sa 294/12
Betriebsverfassungsrecht /
Personalvertretungsrecht
109. Status, Leitender Angestellter, Personalkompetenz
Erstreckt sich die Einstellungs- und Entlassungsbefugnis auf
einen erheblichen Teil der Arbeitnehmerschaft, ist es für die
Statusbeurteilung als Leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3
BetrVG unerheblich, dass die Einstellungen und Entlassungen
von Mitarbeitern auf der Managementebene nur in Absprache mit dem General Manager vorgenommen werden dürfen.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 18.10.2012, 10 TaBV 18/12
2/2013
61
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 28 von 42,
Rechtsprechung
Betriebsverfassungsrecht
Betriebsverfassungsrecht
110. Betriebsrat, Kostenerstattung, Erforderlichkeit des
Rechtsmittelzuges
1. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erfordert einen ordnungsgemäßen Beschluss des Betriebsrats, und zwar für jede
Instanz.
2. Der Betriebsrat kann die Frage, ob das Verfahren in der
zweiten Instanz fortgesetzt werden soll, erst dann pflichtgemäß überprüfen und unter Berücksichtigung aller Umstände
verständig abwägen, wenn er die Gründe der Entscheidung
der ersten Instanz zur Kenntnis genommen und beraten hat.
3. Liegt eine erstinstanzliche gerichtliche Entscheidung vor,
die ein Recht des Betriebsrats verneint, ist es die Pflicht jedes
verständigen Betriebsrats, über die Fortführung des Verfahrens erneut zu beraten und einen Beschluss unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe zu treffen. Die Entscheidung
trifft allein der Betriebsrat, der diese Entscheidung gemessen
an dem Grundsatz der Erforderlichkeit durch Beschlussfassung auch zu verantworten hat.
■ Landesarbeitsgericht Düsseldorf
vom 16.1.2013, 7 TaBV 31/12 (Rechtsbeschwerde eingelegt:
7 ABR 4/13)
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Ulrich Brötzmann
Bonifaziusplatz 1b, 55118 Mainz
Tel.: 06131/618156, Fax: 06131/618157
[email protected]; www.kanzlei-broetzmann.de
111. Betriebsrat, Kostenerstattung,
Begünstigungsverbot, pauschale Kostenerstattung und
Mehrarbeitsvergütung
1. Die Gewährung von Pauschalen an Betriebsräte durch den
Arbeitgeber darf keine versteckte Lohnerhöhung darstellen.
Pauschalierungen sind demnach nur als hinreichend realitätsgerechte Typisierungen zulässig und dies auch nur dann,
wenn aufgrund der praktischen Unmöglichkeit von Einzelabrechnungen oder ihrer wirtschaftlichen Unzumutbarkeit die
Festlegung einer Pauschale erforderlich ist.
2. Wehrt sich ein Betriebsrat gegen die Streichung oder Kürzung einer lediglich den Betriebsräten gewährten Pauschale,
so muss er die Zulässigkeit der Pauschale nach diesen Kriterien darlegen und beweisen. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass wegen der überragenden Bedeutung des Ehrenamtsprinzips und der damit korrespondierenden einzig zulässigen realitätsgerechten Typisierung es sich bei einer Pauschalierung immer um einen Ausnahmefall handeln muss, der
gesonderter Begründung im Einzelfall bedarf.
3. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG ist nur der Ersatz real entstandener
Aufwendungen zulässig. Ein Pauschalaufwendungsersatz
muss folglich an die typischen und erwartbaren tatsächlichen
Auslagen anknüpfen.
4. Wird eine Pauschale über Jahrzehnte in unveränderter
Höhe gewährt, so spricht dies gegen die Orientierung an den
tatsächlichen, typisierten Verhältnissen. Dies gilt umso mehr,
62
2/2013
wenn der Umfang der Pauschale gleich bleibt, sich der Zweck
ihrer Gewährung jedoch im Laufe der Jahre verändert.
5. Eine Generalpauschale für alle Betriebsratsmitglieder in
gleicher Höhe ist in aller Regel unzulässig. Dies gilt sowohl
hinsichtlich der Vergütung von Mehrarbeit als auch hinsichtlich der Gewährung von Aufwendungsersatz. Denn die Annahme, jedes Betriebsratsmitglied habe die gleichen Aufwendungen oder leiste unabhängig von Funktion und Stellung innerhalb des Gremiums in gleichem Umfang Mehrarbeit, widerspricht aller Erfahrung.
6. Wegen des Vorrangs des Freizeitausgleichs gegenüber der
Vergütung von Mehrarbeit gemäß § 37 Abs. 3 BetrVG ist eine
Mehrarbeitspauschale, die gänzlich unabhängig von der betrieblichen Notwendigkeit der Erbringung von Betriebsratsarbeit außerhalb der Arbeitszeit und zudem unabhängig von
betriebsbedingten bzw. betriebsratsbedingten Gründen Vergütungs- statt Freizeitausgleichsansprüche festlegt, unzulässig.
■ Arbeitsgericht Stuttgart
vom 13.12.2012, 24 Ca 5430/12
112. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Arbeitszeit, kein
Unterlassungsanspruch gegen vorläufigen Dienstplan
Der Aushang des Entwurfs eines Dienstplans unter Hinweis
auf die noch erforderliche Zustimmung des Betriebsrats verstößt nicht gegen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats
aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 7.12.2012, 5 TaBV 880/12
113. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht,
Vergütungssystem
1. Die Einordnung eines konkreten Arbeitsplatzes (hier: Assistent der Theaterleitung eines Kinos) in eine betriebliche Vergütungsstruktur unterliegt dem Mitbestimmungsrecht des
Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG.
2. Da dem Betriebsrat dabei auch ein Initiativrecht zusteht,
kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die entsprechende Position bisher nur nach individuellen Vereinbarungen ohne erkennbares System vergütet. Das Beteiligungsrecht aus § 87 Abs. 1 Ziff. 10 BetrVG umfasst die inhaltliche
Ausgestaltung der Entgeltgruppen nach abstrakten Kriterien
einschließlich der abstrakten Festsetzung der Wertunterschiede nach Prozentsätzen oder anderen Bezugsgrößen (vgl.
BAG v. 18.10.2011, 1 ABR 25/10).
3. Bei der vergütungstechnischen Einordnung eines nach abstrakt-generellen Kriterien beschreibbaren Arbeitsplatzes, handelt es sich um eine Angelegenheit mit kollektivem Bezug,
selbst wenn die Position aktuell im Betrieb nur mit einem Arbeitnehmer besetzt ist.
■ Landesarbeitsgericht Hannover
vom 7.12.2012, 12 TaBV 67/12
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 29 von 42,
Rechtsprechung
Personalvertretungsrecht
114. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von
Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (I)
1. Eine Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt
nicht vorübergehend i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG, wenn durch die
Arbeitnehmerüberlassung ein reiner Dauerbeschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Dies ergibt eine unionsrechtskonforme
Auslegung des § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG unter Berücksichtigung der
RL 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 19.11.2008 über Leiharbeit.
2. Wird ein Dauerarbeitsplatz mit Leiharbeitnehmern besetzt,
so ist unerheblich, für welchen Zeitraum der konkrete Leiharbeitnehmer eingesetzt wird. Das Merkmal „vorübergehend“
ist insoweit arbeitsplatz-, nicht personenbezogen. Eine vorübergehende Überlassung wird nicht dadurch in Frage gestellt,
dass die konkrete Person des Leiharbeitnehmers wechselt, soweit der Arbeitgeber den Arbeitskräftebedarf auf einem Dauerarbeitsplatz ausschließlich mit Leiharbeitnehmern deckt.
3. Durch das Verbot, Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen einzusetzen, wird nicht die durch die RL 2008/104/EG bezweckte Flexibilität der Arbeitgeber durch Leiharbeit eingeschränkt. Entsprechend können Leiharbeitnehmer dann auf
Dauerarbeitsplätzen beschäftigt werden, wenn dies z.B. aufgrund eines konkreten Vertretungsbedarfs für den auf dem
Dauerarbeitsplatz beschäftigten Arbeitnehmer erforderlich
ist. Ebenso wenig ist für die Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers stets ein sachlicher Grund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG zu
fordern; vielmehr reicht die normale Unsicherheit über Auftragsschwankungen aus, ohne dass ein konkreter vorübergehender Bedarf i.S.d. § 14 Abs. 1 Ziff. 1 TzBfG dargelegt werden
müsste.
4. § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG ist eine Verbotsnorm im Sinne des § 99
Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 19.12.2012, 4 TaBV 1163/12
115. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von
Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (II)
1. Der Dauerverleih von Arbeitnehmern im Rahmen einer
wirtschaftlichen Tätigkeit ist seit der Neufassung des AÜG
vom 20.12.2011 (BGBl I. S. 2854), mit dem die Richtlinie 2008/
104/EG (EGRL 104/2008) umgesetzt wurde, unzulässig.
2. Beabsichtigt der Arbeitgeber die unbefristete Einstellung
einer Arbeitnehmerin auf einem sog. Dauerarbeitsplatz, kann
der Betriebsrat seine Zustimmung zur Einstellung gemäß § 14
Abs. 3 S. 1 AÜG, § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG wegen Gesetzesverstoßes verweigern.
3. Stellt der Arbeitgeber grundsätzlich nur noch Leiharbeitnehmer ein, um eine Senkung der Personalkosten zu erreichen, so kann dies unter Berücksichtigung aller Umstände des
Einzelfalls als institutioneller Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB)
ein Zustimmungsverweigerungsrecht des Betriebsrats nach
§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begründen. In einem solchen Fall
kann nicht festgestellt werden, dass die Maßnahme aus sach-
Personalvertretungsrecht
lichen Gründen dringend erforderlich war (§ 100 Abs. 2 S 3
BetrVG).
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen
vom 19.9.2012, 17 TaBV 124/11
116. Betriebsrat, Mitbestimmungsrecht, Einstellung von
Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen (III)
1. Zweifel des Betriebsrats, ob die Einstellung eines Leiharbeitnehmers tatsächlich nur „vorübergehend“ im Sinne von § 1
Abs. 1 Satz 2 AÜG erfolgt, begründen kein Zustimmungsverweigerungsrecht im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.
2. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG regelt weder eine Höchstdauer der
zulässigen Arbeitnehmerüberlassung noch eine Rechtsfolge
die eintritt, wenn die Überlassung dauerhaft erfolgen sollte.
Es handelt sich daher bei dieser Vorschrift nicht um ein Verbotsgesetz im Sinne von § 99 Abs. 2 Ziff. 1 BetrVG.
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen
vom 14.11.2012, 12 TaBV 62/12
117. Betriebsratsmitglied, Zustimmung zur
außerordentlichen Kündigung, Unwirksamkeit der
Beschlussfassung bei Verhinderung beteiligter
Betriebsratsmitglieder
Ist ein Mitglied des Betriebsrates bei der Beratung und Beschlussfassung über seine Kündigung (§ 103 Abs. 1 BetrVG)
wegen Interessenkollision als „zeitlich verhindert“ (§ 25 Abs. 1
Satz 2 BetrVG) anzusehen (so etwa BAG v. 3.8.1999 – 1 ABR 30/
98; BAG v. 19.3.2003 – 7 ABR 15/02), so gilt dasselbe spiegelbildlich für ein Betriebsratsmitglied, das als Vorgesetzte(r) eines anderen Mitgliedes dessen Kündigung betreibt: Auch für
dieses ist zur Beratung und Beschlussfassung ein Ersatzmitglied zu befassen. Verstößt das Gremium gegen dieses Verfahrensgebot, so ist die Kündigung des betreffenden Mitgliedes
schon deshalb unwirksam.
■ Arbeitsgericht Berlin
vom 1.2.2013, 28 Ca 18456/12
118. Einigungsstelle, gerichtliche Einsetzung gem. § 98
ArbGG, „offensichtliche Unzuständigkeit“ bei älterer
Rechtsprechung
Ist unter Berücksichtigung zwar älterer, aber wiederholt bestätigter höchstrichterlicher Rechtsprechung von einer offensichtlichen Unzuständigkeit der Einigungsstelle auszugehen,
wird diese Beurteilung nicht dadurch geändert, dass vereinzelte instanzgerichtliche Entscheidungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht folgen.
■ Landesarbeitsgericht Hannover
vom 19.12.2012, 1 TaBV 112/12
119. Personalvertretungsrecht, keine Versetzung bei
bloß personalvertretungsrechtlicher Zuordnung
1. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Versetzung vorliegt,
ist die organisatorische Betrachtungsweise entscheidend. Die
2/2013
63
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 30 von 42,
Rechtsprechung
Prozessuales
Prozessuales
auf bloßen Zweckmäßigkeitsüberlegungen im Zusammenhang mit der Bildung von Personalvertretungen beruhenden
Dienststellenfestlegungen schlagen auf die Abgrenzung der
Mitbestimmungstatbestände der Versetzung, Abordnung
oder Umsetzung nicht durch.
2. Bloße Zusammenführungen oder Eingliederungen von
Dienststellen, die ohne Ausgliederung von Beschäftigten aus
ihrer bisherigen und Neueingliederung in eine andere Dienststelle vonstatten gehen, lassen sich nicht als Versetzungen
i.S.d. § 75 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG auffassen. Nur bei einer Ausgliederung aus der bisherigen und einer Eingliederung in eine
neue Dienststelle treten nämlich typischerweise die mit einer
Versetzung verbundenen erheblichen Veränderungen des beruflichen Umfeldes auf, die etwa in der Unterstellung unter
eine andere Dienststellenleitung oder in der Zusammenarbeit
mit anderen Mitarbeitern liegen.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 12.10.2012, 6 TaBV 2/12
Tarifvertragsrecht
120. Tarifrecht, CGZP-Tarifverträge, kein
Vertrauensschutz in die Tariffähigkeit einer Vereinigung,
Ablehnung des „faktischen Tarifvertrages“ jedenfalls bei
fehlender Rückabwicklung
1. Der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung
wird nicht geschützt (im Anschluss an BAG v. 15.11.2006 – 10
AZR 665/05). Die fehlende Tariffähigkeit einer Koalition führt
deswegen grundsätzlich zu einer anfänglichen Unwirksamkeit
des von der nicht tariffähigen Koalition abgeschlossenen Tarifvertrags.
2. Es kann offen bleiben, ob im Hinblick auf Rückabwicklungsschwierigkeiten entsprechend der zu fehlerhaften Gesellschaft und dem fehlerhaften Arbeitsverhältnis entwickelten
Grundsätzen auch eine ex nunc Wirkung bei Feststellung der
Unwirksamkeit eines Tarifvertrags in Betracht kommt. Zumindest dann, wenn Abwicklungsschwierigkeiten ersichtlich ausscheiden, ist die Annahme einer ex-nunc Wirkung trotz bereits
fehlenden wirksamen Zustandekommens eines Tarifvertrags
nicht begründbar.
3. Ist ein Entgelttarifvertrag wegen fehlender Tariffähigkeit
der tarifvertragsschließenden Koalition nicht wirksam zustande gekommen und fehlt es deswegen an einer „abweichenden Vereinbarung“ i.S.d. § 9 Ziff. 2 AÜG, kommen Abwicklungsschwierigkeiten regelmäßig nicht in Betracht. In diesem
Fall findet gar keine Rückgewährung erbrachter Leistungen
nach §§ 812 ff. BGB statt. Vielmehr hat der Arbeitgeber lediglich den offenen Anspruch des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag i.V.m. § 10 Abs. 4 AÜG zu erfüllen.
4. Der Auslegung des § 2 Abs. 3 TVG i.S.d. der Entscheidung
des BAG vom 14.12.2010 (Az. 1 ABR 19/10) mit der daraus resultierenden Feststellung der Tarifunfähigkeit der CGZP zu
64
2/2013
den vom LAG Berlin Brandenburg in seiner Entscheidung vom
9.1.2012 (Az. 24 TaBV 1285/11) benannten in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen steht auch nicht das Verbot der
echten Rückwirkung von Rechtsfolgen auf einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt bzw. das rechtsstaatliche Gebot des
Vertrauensschutzes entgegen. Ein entsprechender Vertrauensschutz besteht weder für die CGZP selbst noch für die an
die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge (vermeintlich) gebundenen Arbeitgeber.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 22.8.2012, 4 Sa 960/12
121. Tarifvertrag, Arbeitnehmerüberlassung, Verweisung
auf unwirksamen Tarifvertrag
1. Ist ein ausdrücklich in Bezug genommener Tarifvertrag
mangels Tariffähigkeit einer Vertragspartei unwirksam, berührt dies nicht die Wirkungen der Verweisung. Nur wenn die
Unwirksamkeit des Tarifvertrags aus einem Verstoß gegen höherrangiges Recht oder allgemeine Rechtsprinzipien folgt,
geht die Bezugnahme ins Leere.
2. Die Verweisung auf einen mehrgliedrigen Tarifvertrag in
vom Arbeitgeber vorformulierten Vertragsbedingungen ist
nicht intransparent und damit unangemessen.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 29.11.2012, 2 Sa 166/12
122. AVR-Caritas, Stichtagsregelung bei
kinderbezogener Entgeltzulage
Die kinderbezogene Entgeltzulage nach Abschnitt 5 der Anlage 1 zu dem AVR-Caritas setzt voraus, dass der Arbeitnehmer für das Kind Kindergeld bezieht. Bei der Bemessung der
Besitzstandszulage anlässlich der Umstellung des Entlohnungssystems zum 1.4.2011 gemäß dem Anhang zur Anlage
31 zu den AVR ist die Entgeltzulage nur zu berücksichtigen,
wenn das Kindergeld im Umstellungszeitpunkt gezahlt
wurde.
■ Hessisches Landesarbeitsgericht
vom 13.2.2013, 18 Sa 1106/12
eingereicht von Rechtsanwältin Jacqueline Greinert
Querallee 38, 34119 Kassel
Tel.: 0561/6028580, Fax: 0561/60285818
[email protected]; www.jgreinert.de
Prozessuales
123. Gerichtsbarkeit, Beschäftigung durch ausländischen
Staat mit hoheitlichen Aufgaben
Betreibt ein ausländischer Staat in Deutschland (hier: in Bayern) eine als Ersatzschule anerkannte Privatschule, wird er
nicht im eigenen Aufgabenkreis hoheitlich tätig, sondern, soweit er hoheitliche Funktionen ausübt, allenfalls als Beliehener für den Freistaat Bayern. Daher unterliegen Rechtsstreitig-
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 31 von 42,
Rechtsprechung
Prozessuales
keiten, mit denen in der Privatschule beschäftigte Arbeitnehmer des ausländischen Staates gegen diesen Ansprüche aus
dem Arbeitsverhältnis geltend machen, der deutschen Gerichtsbarkeit.
■ Landesarbeitsgericht Nürnberg
vom 6.11.2012, 7 Sa 251/12
124. Rechtsweg, Streitigkeit über Beitragszuschuss zum
Versorgungswerk bei angestelltem Rechtsanwalt
Aus den Entscheidungsgründen:
2. Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das SG den
Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und
den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht (§ 46 Abs. 2
S. 1 ArbGG i.V.m. §§ 12, 13, 17 Abs. 1 ZPO) verwiesen. Es handelt sich nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten der gesetzlichen Rentenversicherung, § 40
Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz VWGO i.V.m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 SGG, sondern um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis, § 2 Nr. 3
lit. a ArbGG.
a. Die für die Entscheidung wesentliche Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlicher und bürgerlicher Streitigkeit erfolgt nach der wahren Natur des anzuwendenden Rechts und
dem sich daraus ergebenden Rechtsverhältnis zwischen den
Beteiligten des Rechtsstreits. Maßgeblich ist der vom Kläger
unterbreitete Streitgegenstand. Danach geht es um die Zahlung eines (hälftigen) Arbeitgeberbeitrags zur berufsständischen Altersversorgung des Klägers beim Versorgungswerk der Rechtsanwälte im Lande Nordrhein Westfalen nach
§ 172 Abs. 2 SGB VI in der vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2011
geltenden Fassung. Der Kläger leitet aus der Pflicht der Beklagten, diesen Beitrag zu tragen, einen Anspruch auf Zahlung unmittelbar an sich her.
b. Unter Zugrundelegung dieses Streitgegenstandes handelt
es sich nicht um eine öffentlich-rechtliche, sondern um eine
bürgerliche Rechtsstreitigkeit. § 172 Abs. 2 SGB VI a.F., der als
Anspruchsgrundlage einzig in Betracht kommt, ist materiell
eine Norm des (bürgerlichen) Arbeitsrechts, die systemfremd im SGB VI enthalten ist. Das zeigen Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck der Regelung.
Die Entstehungsgeschichte des § 172 Abs. 2 SGB VI a.F.
macht deutlich, dass es sich materiell um eine Norm des bürgerlichen (Arbeits-) Rechts handelt. Denn die darin geregelte
Arbeitgeberverpflichtung war zuvor (d.h. vor dem 1.1.1992) in
Tarifverträgen oder Einzelarbeitsverträgen geregelt (vgl. dazu
im Einzelnen Boecker, in: Schulin, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Rentenversicherungsrecht, § 14 Rn 26
m.w.N.), unterfiel also dem materiellen Arbeitsrecht. Eine gesetzliche Regelung wurde (nur) für erforderlich gehalten, weil
im Beitrittsgebiet entsprechende tarifliche Regelungen fehlten (BT-Drucks 12/405, S. 119).
§ 172 Abs. 2 SGB VI a.F. ist nach der Gesetzessystematik eine
Norm, die zu § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI korrespondierend eine
Prozessuales
mit der Versicherungsfreiheit einhergehende Verpflichtung
des Arbeitgebers im Verhältnis zum Beschäftigten begründet.
Diese Korrespondenz und die Tatsache, dass es um die Tragung von Beiträgen geht, vermitteln eine gewisse äußerliche
Berechtigung, die Verpflichtung im sozialrechtlichen Normgefüge des SGB VI anzusiedeln. Nach Sinn und Zweck der Vorschrift handelt es sich aber nicht um eine sozialversicherungsrechtliche Vorschrift. Sie befindet sich zwar im Vierten Kapitel
des SGB VI „Finanzierung“, regelt aber tatsächlich nicht die Finanzierung der Gesetzlichen Rentenversicherung, sondern
ausschließlich Folgen der Versicherungsfreiheit im Verhältnis
von Beschäftigtem und Arbeitgeber. Deshalb handelt es sich
materiell um eine Vorschrift, die Rechte und Pflichten im Arbeitsverhältnis begründet (so auch: Finke, in: Hauck/Haines,
SGB VI, Kommentar, Stand Oktober 2012, § 172 Rn 17; Neidert,
in: GK-SGB VI, § 172 Rn 20; KassKomm/Wehrhahn, Sozialversicherungsrecht, SGB VI, Stand 2012, § 172 Rn 10; a.A. unter Bezugnahme auf in anderem Zusammenhang ergangene
höchstrichterliche Rechtsprechung: Segebrecht, in: jurisPKSGB VI. 1. Aufl. Stand 3.4.2012, § 172 Rn 60 ff.). Mit dieser Einordnung geht konform, dass es sich ersichtlich weder um die
Anwendung öffentlichen Rechts im allgemeinen oder besonderen Gewaltverhältnis (Subordinationsverhältnis) noch um
öffentliches Sonderrecht handelt. Denn am Rechtsverhältnis
ist ein für Sozialleistungen (insbesondere der Gesetzlichen
Rentenversicherung) zuständiger Leistungsträger nicht (auch
nicht indirekt) beteiligt, §§ 12 S. 1, 23 Abs. 2 SGB I. Es handelt
sich deshalb auch nicht um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO, die an die allgemeinen Verwaltungsgerichte zu verweisen ist. (…)
Die Richtigkeit dieser Bewertung des Streitgegenstands wird
durch die seit dem 1.1.2012 anstelle von § 172 Abs. 2 SGB VI
a.F. geltenden Vorschrift des § 172a SGB VI bestätigt (eingeführt durch Art. 4 Nr. 10 des Vierten Gesetzes zur Änderung
des SGB IV und anderer Gesetze v. 22.12.2011, BGBl I, S. 3057
ff.). Danach zahlen Arbeitgeber für von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI befreite Beschäftigte
einen Zuschuss. Diese Neuregelung soll klarstellen, dass [...]
der Arbeitgeber dem Mitglied den Arbeitgeberbeitrag als Zuschuss schuldet (BTDrucks 17/6764).
Etwas anderes ergibt sich nicht aus der (früheren) Rechtsprechung zu § 257 SGB V bzw. zu der zuvor maßgeblichen Regelung des § 405 der Reichsversicherungsordnung (BAG v.
1.6.1999 – 5 AZB 34/98; BAG v. 19.8.2008 – 5 AZB 75/08; offen
gelassen in BAGE 121, 36 ff. und BAG AP Nr. 2 zu § 172 SGB VI).
Ungeachtet der Kritik an dieser Rechtsprechung zu § 257
SGB V (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 257 SGB V juris-Rn 9) hat § 172
Abs. 2 SGB VI a.F. einen anderen Regelungsgegenstand. Kann
in den Konstellationen nach § 257 SGB V die sozialversicherungsrechtliche Vorfrage nach einem Beschäftigungsverhältnis (i.S.v. § 7 SGB IV) streitig sein, ist diese in Fällen des § 172
Abs. 2 SGB VI a.F. regelmäßig geklärt. Das verdeutlicht der vorliegende Fall, in dem die Beklagte nicht ihre Verpflichtung aus
§ 172 SGB VI bestreitet, sondern dieser die rechtsvernichten-
2/2013
65
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 32 von 42,
Rechtsprechung
Prozessuales
Prozessuales
den Einwendungen der Erfüllung und der Verwirkung (alternativ) entgegenhält.
■ Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen
vom 29.1.2013, L 18 R 773/12 B
eingereicht von Rechtsanwalt Bernhard Dribusch
Moltkestraße 4, 32756 Detmold
Tel.: 05231/7608-0; Fax: 05231/7608-76
[email protected]
125. Kündigungsschutzklage, nachträgliche Zulassung
nach Fristversäumnis, Zurechnung des
Anwaltsverschuldens
Aus den Entscheidungsgründen:
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die
Kammer folgt, ist das Verschulden eines (Prozess-) Bevollmächtigten an der Versäumung der gesetzlichen Klagefrist
nach § 4 S. 1 KSchG bei einer Kündigungsschutzklage dem
klagenden Arbeitnehmer gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen (BAG v. 11.12.2008, 2 AZR 472/08; BAG v. 24.11.2011, 2
AZR 614/10; BAG v. 22.3.2012, 2 AZR 224/11). Entsprechend
seinem durch eidesstattliche Versicherungen glaubhaft gemachten und unstreitigen Vorbringen hat der Kläger nach Zugang der Kündigung Rechtsanwalt M mit der Wahrnehmung
seiner Interessen beauftragt und ihn gebeten, etwas gegen
die Kündigung zu unternehmen. Rechtsanwalt M hätte daher
innerhalb von drei Wochen ab Zugang gemäß § 4 S. 1 KSchG
Kündigungsschutzklage erheben müssen. Er hat es jedoch
versäumt, in der Folgezeit fristgerecht Klage zu erheben. Dieses Versäumnis ist verschuldet. Hiervon muss das Gericht jedenfalls ausgehen, da keine Anhaltspunkte für ein fehlendes
Verschulden von Rechtsanwalt M vorgetragen oder sonst ersichtlich sind. Dieses Verschulden muss der Kläger sich gemäß
§ 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen. Da der Kläger Rechtsanwalt
M beauftragt hatte, „etwas gegen die Kündigung zu unternehmen“, liegt keine bloße Rechtsberatung eines gekündigten Arbeitnehmers durch einen Rechtsanwalt vor, bei der eine
Zurechnung des Anwaltsverschuldens nach § 85 Abs. 2 ZPO
nicht stattfindet. § 85 Abs. 2 ZPO ist auch nicht etwa erst nach
Erhebung der Kündigungsschutzklage, sondern – wie vorliegend – bereits im Vorfeld einer Klageerhebung anwendbar.
Die Anwendbarkeit des § 85 Abs. 2 ZPO verlangt noch kein
bestehendes Prozessrechtsverhältnis oder eine Prozessvollmacht im „strengen“ Sinn. Vielmehr ist das Bestehen eines
wirksamen Mandats im Innenverhältnis ausreichend (BAG v.
11.12.2008, 2 AZR 472/08).
■ Arbeitsgericht Köln
vom 24.1.2013, 17 Ca 7481/12
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Jürgen Höser
Kölner Straße 2, 50226 Frechen
Tel.: 02234/1820-0, Fax: 02234/1820-10
[email protected]; www.hdup.de
66
2/2013
126. Prozessfähigkeit, Anfechtung eines Vergleichs
wegen Geschäftsunfähigkeit
1. Im Streit über ihre Prozessfähigkeit ist die betroffene Partei
als prozessfähig anzusehen. Behauptet sie, ein gerichtlicher
Vergleich sei wegen ihrer fehlenden Geschäftsfähigkeit unwirksam, ist ein die Verfahrensfortsetzung ablehnender Beschluss mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar, obwohl
durch Urteil hätte entschieden werden müssen (Meistbegünstigung).
2. Dem Prozessunfähigen kann rechtliches Gehör wirksam nur
durch Anhörung eines gesetzlichen Vertreters gewährt werden. Für seine ordnungsgemäße Vertretung hat der Prozessunfähige selbst zu sorgen, indem er nach § 1896 BGB eine
Betreuerbestellung durch das Vormundschaftsgericht herbeiführt.
■ Oberlandesgericht Koblenz
vom 2.5.2012, 5 W 218/12
127. Einstweilige Verfügung, Beschäftigungsanspruch,
Verfügungsgrund bei Erteilung eines Hausverbots
1. Wird eine Arbeitnehmerin bei dem Versuch, ihre Arbeit
nach Beendigung der Elternzeit wieder aufzunehmen (hier:
Tätigkeit als Abteilungsleiterin/Warenwirtschaft in der Verkaufsfiliale einer Kaufhauskette) unter Erteilung eines „Hausverbots“ vom angestammten Arbeitsplatz verwiesen, was der
Arbeitgeber im Betrieb anschließend in der Belegschaft bekannt macht, so kann das gesteigerte Beschäftigungsinteresse, das Teile der Gerichte für Arbeitssachen zur Durchsetzung des Beschäftigungsanspruchs im ungekündigten Arbeitsverhältnis per einstweiliger Verfügung als „Verfügungsgrund“ für erforderlich halten, bereits in den rehabilitativen
Effekten der Zurückgewinnung ihrer betrieblichen Präsenz
durch die so gebrandmarkte Arbeitsperson zu erblicken sein.
2. Es verbleibt allerdings dabei, dass ein derartiges gesteigertes Beschäftigungsinteresse neben der Anspruchsvereitelung
im Zeitablauf nicht erforderlich ist (wie LAG Hamm v.
12.12.2001 – 10 Sa 1741/01 – NZA-RR 2003, 311; LAG Berlin v.
16.9.2004 – 10 Sa 1763/04 – LAGE § 102 BetrVG 2001 Beschäftigungspflicht Nr. 3; LAG Berlin-Brandenburg v. 27.1.2010 – 15
SaGa 2395/09 – n.v.; LAG Berlin-Brandenburg v. 25.3.2010 – 2
Ta 387/10 – ArbR 2010, 349).
■ Arbeitsgericht Berlin
vom 25.1.2013, 28 Ga 178/13
128. Berufung, Zulässigkeit, unzureichende
Auseinandersetzung mit der Urteilsbegründung (EqualPay-Vergütung)
Aus den Entscheidungsgründen:
2. Mit der Berufungsbegründungsschrift ist die erstinstanzliche Entscheidung nicht ausreichend i.S.v. § 520 Abs. 3 Satz 2
Mr. 2 ZPO, § 64 Abs. 6 ArbGG angegriffen worden. Es fehlt an
einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den tragenden
Gründen des arbeitsgerichtlichen Urteils.
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 33 von 42,
Rechtsprechung
Prozessuales
a) Im Rahmen des § 520 Abs. 3 ZPO ist in der Berufungsbegründung eine argumentative Auseinandersetzung mit
den Urteilsgründen geboten (BAG v. 16.5.1990 T 4 AZR 145/
90; HK/Pfefffen, ArbGG, § 66 Rn 31). Eine Berufungsbegründung genügt den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
bis. Nr. 4 ZPO nur dann, wenn sie erkennen lässt, in welchen
Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art das angefochtene
Urteil nach Ansicht des Berufungsklägers unrichtig ist und auf
welchen Gründen diese Ansicht im Einzelnen beruht. Gemäß
§ 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung
die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit
für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden
Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen,
wenn sie diese bekämpfen will. Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen
Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch das Arbeitsgericht mit formelhaften
Wendungen zu rügen und lediglich auf das erstinstanzliche
Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (ständige Rechtsprechung des BAG, z.B. v. 16.5.2012 – 4 AZR 245/
10; v. 18.5.2011 – 4 AZR 552/09).
b) Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung
der Beklagten gegen das ausführlich begründete Urteil des
Arbeitsgerichts nicht. Das. Arbeitsgericht hat unter Verweis
auf die hierzu ergangenen Entscheidungen (BAG v.
19.9.2007 – AZR 656/06; LAG Düsseldorf v. 21.6.2012 – 13 Sa
319/12) ausgeführt, die dem Kläger erteilte Entleiherauskunft nach § 13 AUG enthalte auch eine Aussage über die
Vergleichbarkeit der eigenen Tätigkeit mit derjenigen der
verglichenen Stammarbeitnehmer. Deshalb reiche es für die
Schlüssigkeit einer Klage auf Equal-Pay-Vergütung aus, wenn
der Arbeitnehmer den Inhalt dieser Auskunft mitteile und sich
zur Begründung seines Zahlungsanspruchs auf die Differenz
seiner vom Verleiher gezahlten Vergütung berufe. Es sei dann
Sache des Arbeitgebers, gegebenenfalls für die fehlende Vergleichbarkeit der Tätigkeit substantiierten Vortrag zu erbringen. Hierauf sei die Beklagte schon durch den Aussetzungsbeschluss vom 2.2.2012 ausdrücklich hingewiesen worden.
Dem diesbezüglichen Vortrag des Klägers sei diese jedoch
nicht ausreichend entgegengetreten. Das einfache Bestreiten
bzw. die pauschale Behauptung, der Kläger sei als Helfer in die
Entgeltgruppe 01 einzugruppieren gewesen, sei insofern unbeachtlich, § 138 Abs. 2, Abs. 3 ZPO. Dabei träfen die Beklagte
Erkundigungs- und Informationsobliegenheiten aus § 12
Abs. 1 S. 3 AUG, da die fraglichen Informationen bereits in den
Verträgen zwischen der Beklagten und dem Entleiher hätten
enthalten sein müssten. Jedenfalls habe sich die Beklagte darum bemühen müssen, entsprechende Auskünfte des Entleiherbetriebs einzuholen.
Hiergegen wendet die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung lediglich pauschal ein, bei der Berechnung des ausgeur-
Prozessuales
teilten Betrages sei „ohne weiteres* davon ausgegangen worden, dass der Kläger im Entleihbetrieb nach der Entgeltstufe
4 einzustufen gewesen sei. Da nach den vorgelegten Unterlagen der Kläger aber nur einfachste Arbeiten ausgeführt habe,
sei „nicht nachvollziehbar“, warum dieser nicht in die Entgeltgruppen 1, 2 oder 3 einzustufen gewesen sei. Ihr Bestreiten
sei im Hinblick auf diese Umstände ausreichend. Im Übrigen
sei ein Beweisanerbieten durch Sachverständigengutachten
erfolgt.
Dieser Berufungsbegründung ist eine argumentative Auseinandersetzung mit den Erwägungen des Arbeitsgerichts
und der in Bezug genommene Rechtsprechung nicht zu entnehmen. Sie setzt sich nicht mit der rechtlichen Wirkung der
Auskunft nach § 13 AUG und den Folgen auf den arbeitsgerichtlichen Prozess, nicht mit den Tatbestandsmerkmalen der
in Bezug genommenen tarifvertraglichen Regelungen und
auch nicht mit der Frage auseinander, inwieweit der Entleiherbetrieb überhaupt die Entgeltgruppen 1, 2 oder 3 des Tarifvertrages anwendet. Auch setzt sie sich nicht mit der Frage auseinander, warum bei einem solch pauschalen Bestreiten ein angebotener Beweis erhoben werden soll. (…)
bb) Weiter trägt die Beklagte in der Berufungsbegründung
vor, das Arbeitsgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger einsatzbezogene Zulagen erhalten habe. Nach der
Rechtsprechung der anderen Kammern des Arbeitsgerichts
Heilbronn und des Arbeitsgerichts Freiburg seien stündlich
gezahlte Zulagen beim Vergleichsentgelt zu berücksichtigen.
Hierzu ist auszuführen, dass sich aus diesem Vortrag der Beklagten nicht ergibt, welche konkreten Zulagen in welcher
Höhe sie meint. Sollte sich der Vortrag auf dem Kläger gewährte Auslösungen beziehen, wie es der Kläger vermutet,
wird dies im arbeitsgerichtlichen Urteil auf Seiten 7 f. berücksichtigt. Auch hiermit setzt sich die Berufungsbegründung inhaltlich nicht auseinander.
cc) Das Arbeitsgericht hat sich in seinem Urteil umfänglich mit
der Frage beschäftigt, ob Ausschluss-, oder Verwirkungstatbestände tariflicher oder arbeitsgerichtlicher Art greifen können und dies mit ausführlicher Begründung verneint. Hierzu
trägt die Beklagte in der Berufungsbegründung lediglich vor,
das Arbeitsgericht habe außer Acht gelassen, dass „zwischenzeitlich die zweiten Instanzen in Deutschland mehrheitlich
von Verwirkungstatbeständen ausgingen, sie habe ein Urteil
des Landesarbeitsgerichts Nürnberg überreicht, wonach –
auch bei der vorliegenden Fallgestattung – sämtliche Ansprüche verwirkt gewesen seien, da die dreimonatliche erste Stufe
zur Geltendmachung bei Klageerhebung versäumt worden
sei, zudem überreiche sie das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz
vom 1.6.2012 (AZ. 9 Sa 24/12}, wonach Equal-Pay-Ansprüche
bei arbeitsvertraglicher Einbeziehung des AMP TV in seiner jeweilig gültigen Fassung verwirkt seien, wenn diese nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend
gemacht würden. Dieser Vortrag enthält keinerlei, inhaltliche
Auseinandersetzung mit den arbeitsgerichtlichen Erwägungen. Er macht auch nicht deutlich, warum die zitierten Ent-
2/2013
67
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 34 von 42,
Rechtsprechung
Prozessuales
Prozessuales
scheidungen vorliegend erheblich sein sollen. (…) Damit ist
der Vortrag der Beklagten auch diesbezüglich völlig pauschal.
dd) Schlussendlich setzt sich das arbeitsgerichtliche Urteil
umfassend mit der Frage der Verjährung auseinander und
verneint mit ausführlicher Begründung den Verjährungseintritt. Mit dieser Argumentation setzt sich die Beklagte in der
Berufungsbegründung überhaupt nicht auseinander, sondern
erhebt „vorsorglich die Einrede der Verjährung“ und verweist
auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg
vom 26.10.2012 (8 Sa 977/12), was allerdings voraussetzt, dass
die Berufung zulässig wäre.
■ Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg
vom 6.11.2012, 6 Sa 127/12
eingereicht von Rechtsanwalt Bertram Bauer
Martin-Luther-Platz 6-8, 91522 Ansbach
Tel.: 0981/9712700, Fax: 0981/97127030
[email protected]; www.rae-pbw.de
129. Errichtung einer Einigungsstelle, kein Erfordernis
außergerichtlichen Einigungsversuchs
Für die Anrufung der Einigungsstelle und deren gerichtliche
Einsetzung gibt es keine Verfahrensvoraussetzung dergestalt,
dass zuvor ergebnislos ein Einigungsversuch außerhalb der Einigungsstelle unternommen oder eine Verhandlung geführt
wurde. Es reicht aus, wenn ein Regelungsgegenstand nach
der subjektiven Einschätzung einer Seite ohne Hilfe der Einigungsstelle keiner Lösung zugeführt werden kann.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 2.11.2012, 9 TaBV 34/12
130. Errichtung des Wirtschaftsausschusses, Klärung im
Beschlussverfahren
Die Frage, ob ein Wirtschaftsausschuss für den gemeinsamen
Betrieb zweier Unternehmen zu bestellen ist oder bereits
wirksam in der Vergangenheit bestellt worden ist, kann nicht
im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens nach § 109
BetrVG i.V.m. § 98 ArbGG geklärt werden. Der Streit über die
Errichtung des Wirtschaftsausschusses bleibt dem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach § 2a ArbGG vorbehalten.
■ Landesarbeitsgericht Hannover
vom 19.2.2013, 1 TaBV 155/12
131. Nichtzulassungsbeschwerde, Aktenwidrige
Feststellungen, Anspruch auf AGG-Entschädigung
Aus den Entscheidungsgründen:
1. Ohne Erfolg rügt die Beschwerde als verfahrensfehlerhaft,
die Würdigung des Berufungsgerichts, der Entschädigungsanspruch sei nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben
unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchs wegen
mangelnder Ernsthaftigkeit der Bewerbung ausgeschlossen,
beruhe auf aktenwidrigen Feststellungen (§ 108 Abs. 1 Satz 1
VwGO).
68
2/2013
Mit der Rüge einer fehlerhaften Verwertung des dem Gericht
vorliegenden Tatsachenmaterials wird zunächst nur ein – angeblicher – Fehler in der Sachverhaltswürdigung angesprochen. Ein solcher Fehler ist revisionsrechtlich regelmäßig nicht
dem Verfahrensrecht, sondern dem sachlichen Recht zuzuordnen und kann deshalb einen Verfahrensmangel im Sinne
von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO grundsätzlich nicht begründen
(vgl. BVerwG v. 2.11.1995 – 9 B 710.94; BVerwG v. 3.12.2008 –
4 BN 26.08). Eine Ausnahme hiervon kommt unter anderem
bei einer aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung in Betracht (stRspr, vgl. BVerwG v. 28.3.2012 – 8 B 76.11 m.w.N,).
Tatsächliche Feststellungen sind aktenwidrig, wenn zwischen
den in der angegriffenen Entscheidung getroffenen Annahmen und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt ein Widerspruch besteht. Dieser Widerspruch muss offensichtlich
sein, so dass es einer weiteren Beweiserhebung zur Klärung
des richtigen Sachverhalts nicht bedarf. Die Aktenteile, die das
Tatsachengericht nach Ansicht der Beschwerde nicht oder
fehlerhaft berücksichtigt haben soll, sind genau zu bezeichnen. Darüber hinaus ist darzulegen, welche Schlussfolgerung
sich dem Tatsachengericht, ausgehend von dessen materiellrechtlicher Auffassung, aufgrund dieser Tatsachen hätte aufdrängen müssen. Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Beschwerde legt nicht schlüssig dar, dass die Annahme
des Berufungsgerichts, der Kläger habe sich „grundsätzlich
bemüht (...), jedes ihm angetragene Vorstellungsgespräch
wahrzunehmen oder sich – sofern ihm dies etwa wegen
gleichzeitig stattfindender anderer Vorstellungsgespräche
oder wegen Krankheit nicht möglich war – um einen Ersatztermin nachzusuchen“, in offensichtlichem Widerspruch zum
Inhalt der Akten stehe. Dass die Würdigung des Berufungsgerichts erkennbar an durch E-Mail-Verkehr zumindest teilweise
belegte Ausführungen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren anknüpft, bleibt außer Betracht.
Ein offensichtlicher Widerspruch zu dem Inhalt der Akten wird
auch nicht insoweit substanziiert dargetan, als die Beschwerde im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers, „er
habe immer eine Beamtenstelle und nicht nur ein Angestellten-Verhältnis angestrebt und bevorzuge räumlich eindeutig
eine Beschäftigung in Baden-Württemberg“, die Frage aufwirft, „welchen plausiblen Vortrag“ des Klägers der Verwaltungsgerichtshof in Bezug [nehme]“. Hierbei bleibt das diesbezügliche Vorbringen in der Klageschrift vom 2.6.2010 unberücksichtigt. Dass die Beklagte dieses für unglaubhaft hält,
vermag eine Aktenwidrigkeit der Sachverhaltswürdigung des
Berufungsgerichts nicht zu begründen.
Die Aktenwidrigkeit der Feststellungen wird auch nicht dadurch schlüssig dargetan, dass die Beschwerde dem Berufungsgericht vorhält, es hätte bei einer kritischen Prüfung der
Einlassungen des Klägers nicht unterstellen dürfen, dieser
habe nachvollziehbar dargelegt, warum er die Vorstellungsgespräche abgesagt habe, es hätte sich dem Gericht vielmehr
aufdrängen müssen, dass sich bei dem Kläger innerhalb von
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 35 von 42,
Rechtsprechung
Sonstiges
sechs Tagen kein genereller Sinneswandel habe einstellen
können. Allein der Umstand, dass die Beschwerde das Bestehen der ernstlichen Möglichkeit eines anders gestalteten Geschehens beziehungsweise einer zu weiteren Fragen Anlass
gebenden Sachverhaltskonstellation bezeichnet, zeigt noch
keinen offensichtlichen, „zweifelsfreien“ Widerspruch zwischen den Annahmen des Tatsachengerichts und der Aktenlage auf. Dies gilt umso mehr, als der unstreitige Akteninhalt,
dem zufolge sich der Kläger am 31.12.2009 bei der Beklagten
beworben hat und am 5.1.2010 ein Vorstellungsgespräch bei
einem baden-württembergischen Landkreis im Hinblick auf
die bevorstehende Aufnahme des Beschäftigungsverhältnisses bei einer bayerischen Gemeinde abgesagt hat, zwar die
Folgerung rechtfertigt, dass die Bewerbung bei der Beklagten
in Wahrheit auf die Schaffung der Voraussetzungen für eine
Entschädigungsleistung abzielte, dieser Schluss indes nicht
zwingend ist.
■ Bundesverwaltungsgericht
vom 10.9.2012, 5 B 32.12
eingereicht von Rechtsanwalt Jochen Link
Niedere Straße 63, 78050 Villingen-Schwenningen
Tel.: 07721/33166, Fax: 07721/33197
[email protected]; www.anwaltskanzlei-vs.de
132. Kostenerstattung, Übersetzung der
Verfahrensunterlagen für ausländische Partei
Eine ausländische, der deutschen Sprache nicht mächtige Prozesspartei ist grundsätzlich berechtigt, alle für den Prozess
wesentlichen Schriftstücke übersetzen zu lassen. Die Übersetzungskosten sind als Kosten des Verfahrens erstattungsfähig.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 21.1.2013, 9 TaBV 246/12
Sonstiges
133. Schwerbehinderung, Integrationsamt, keine
Zustimmung zur Kündigung ohne Prüfung der
Namensliste, „Schlecker-Kündigung“
Bei einer betriebsbedingten Kündigung wegen Stilllegung
von Unternehmensteilen darf sich das Integrationsamt im
Rahmen einer Zustimmungsentscheidung nach § 85 SGB IX
nicht mit der Feststellung begnügen, dass der Name des
schwerbehinderten Menschen in einer Liste zum Interessenausgleich (vgl. § 1 V KSchG) enthalten ist, sondern es muss
weitergehend ermitteln, dass die Belange der schwerbehinderten Menschen und ggf. nach welchen Kriterien bei der Sozialauswahl überhaupt berücksichtigt worden sind.
■ Verwaltungsgericht Stuttgart
vom 4.3.2013, 11 K 3968/12
Sonstiges
134. Schadenersatz, Verhängung einer Sperrzeit wegen
vereinbarungswidriger Angabe des Kündigungsgrundes
Vereinbarungswidrige Auskünfte des Arbeitgebers über den
Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III rechtfertigen keinen
Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem
Arbeitgeber, wenn die Agentur für Arbeit in der Sache zu
recht eine Sperrfrist verhängt.
Der Verlust oder die Vorenthaltung einer tatsächlichen oder
rechtlichen Position, auf die nach der Rechtsordnung kein Anspruch besteht, stellt nämlich keinen ersatzfähigen Nachteil
dar (BGH v. 6.7.2006, – IX ZR 88/02; BGH v. 11.11.1993, – IX ZR
35/93; BGH v. 26.1.1989, – IX ZR 81/88; BGH v. 26.3.1985, – VI
ZR 245/83; LAG Niedersachsen v. 24.3.2003, – 16 Sa 19/03;
Hessisches LAG v. 7.3.2012, – 6 Sa 1525/10). Niemand kann im
Wege des Schadensersatzes mehr erhalten als das, was er
nach der materiellen Rechtslage verlangen kann.
■ Hessisches Landesarbeitsgericht
vom 17.7.2012, 13 Sa 1053/11
135. PKH, Verwertung von Immobilienbesitz
Grund- oder Wohnungseigentum, das dem Hilfesuchenden
nicht als eigene Wohnstatt, sondern als bloße Kapitalanlage
dient, ist im Rahmen der §§ 114, 115 ZPO als verwertbares
Vermögen in Ansatz zu bringen, indem die Partei als gehalten
anzusehen ist, im Rahmen des Zumutbaren zu beleihen oder
notfalls zu veräußern, um die Kosten eines Rechtsstreits zu bestreiten.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 14.1.2013, 6 Ta 226/12
136. PKH, „steckengebliebener“ Antrag bei Tod der
Partei
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Arbeitsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
zu Unrecht abgelehnt.
a) Zwar war der Kläger im Zeitpunkt der Bewilligungsentscheidung des Arbeitsgerichts bereits verstorben, wozu
grundsätzlich festzustellen ist, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach dem Tod der beantragenden Partei auszuscheiden hat, weil die Prozesskostenhilfe eine Form der
höchstpersönlichen Sozialhilfe im Bereich der Rechtspflege
ist (vgl. Hartmann, in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Übersicht § 114 Rn 1, m.w.N.). Da die Prozesskostenhilfe an eine die spezielle Situation des Begünstigten geknüpfte höchst persönliche Berechtigung ist, endet sie mit
dem Tod des hilfsbedürftigen Beteiligten. Nach dem Tod des
Hilfsbedürftigen kann ihm deshalb im Regelfall nicht mehr
Prozesskostenhilfe bewilligt werden (vgl. BSG v. 2.12.1987 – 1
RA 25/87; Thüringer LSG v. 21.9.2004 – L 6 RJ 964/02; LSG NRW
v. 29.2.2008 – L 20 B 9/08 SO).
Eine Ausnahme hiervon im Sinne einer rückwirkenden Bewilligung der personengebundenen und nicht vererblichen
2/2013
69
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 36 von 42,
Rechtsprechung
Streitwert
Streitwert
und
und
Gebühren
Gebühren
Prozesskostenhilfe an die verstorbene Partei ist allerdings
dann vorzunehmen, wenn im Sinne des Antrags der verstorbenen Partei das Gericht bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher Bearbeitung des Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe noch zu Lebzeiten hätte entschieden werden müssen. Bei einem solchen „steckengebliebenen“ Prozesskostenhilfeantrag kann nachträglich und rückwirkend die
Prozesskostenhilfe bewilligt werden, wenn bis zur Beendigung der Instanz oder des Verfahrens die Rechtsverfolgung
oder Rechtsverteidigung tatsächlich hinreichende Aussicht
auf Erfolg bot und ein formgerechter Antrag mit den erforderlichen Belegen eingereicht war (LAG Hamm v. 25.11.2002 – 4
Ta 180/02). So lagen die Voraussetzungen im Streitfall; zur Bewilligung von Prozesskostenhilfe hätte noch zu Lebzeiten der
klagenden Partei entschieden werden können und müssen.
■ Landesarbeitsgericht Köln
vom 7.1.2013, 8 Ta 107/12
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Thomas Banse
Tivolistraße 4, 52349 Düren
Tel.: 02421/407680, Fax: 02421/4076825
[email protected]; www.kanzlei-banse.de
137. PKH, Vergleichsmehrwert, rechtzeitige
Antragstellung, kein konkludenter Antrag auf zukünftige
Streitgegenstände
Aus den Entscheidungsgründen:
Die erkennende Beschwerdekammer teilt die Auffassung des
Arbeitsgerichts, dass eine Erstreckung der bereits bewilligten
Prozesskostenhilfe auch auf den Mehrwert eines nach diesem
Zeitpunkt abgeschlossenen Vergleichs nicht möglich ist,
wenn nicht rechtzeitig vor Schluss der mündlichen Verhandlung ein entsprechender Antrag gestellt wird. Denn mit dem
Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom
15.11.2011 ist der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abschließend und umfassend beschieden
worden. Zu diesem Zeitpunkt war nicht absehbar und nicht
erkennbar, dass das Begehren des Klägers sich auch auf andere Streitgegenstände erstrecken sollte. Insbesondere lagen
objektiv keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich dieser Antrag auch auf andere Streitgegenstände als den bisher geltend gemachten erstrecken sollte.
Nach § 114 S. 1 ZPO wird Prozesskostenhilfe für eine beabsichtigte Rechtsverfolgung gewährt. Diese beabsichtigte Rechtsverfolgung wird konkretisiert durch die in dem Verfahren gestellten Anträge. Der ursprünglich gestellte Prozesskostenhilfeantrag kann nicht als konkludenter Antrag für den Abschluss eines zukünftigen Vergleichs mit beliebigem Inhalt interpretiert werden, da nicht erkennbar ist, um welche konkreten Streitgegenstände es sich hierbei handeln kann.
Erfolgt nach vollständiger Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrags eine Klageerweiterung und/oder ein Vergleichsabschluss der Parteien mit einem Mehrwert, ist ein neuer – ggfs.
auch konkludenter – Antrag im noch laufenden und noch
70
2/2013
nicht abgeschlossenen Verfahren notwendig, um Prozesskostenhilfe auch für den Streitgegenstand des Mehrwertes des
Vergleiches erhalten zu können (LAG Sachsen-Anhalt v.
5.1.2011, 2 Ta 191/10). Nach Abschluss der Instanz ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe dagegen nicht mehr möglich (BAG v. 16.2.2012, 3 AZB 34/11). Ein entsprechender Antrag ist vorliegend vor Beendigung des Verfahrens nicht gestellt worden.
Entgegen der von dem Kläger vertretenen Auffassung ist die
vorliegende Entscheidung auch mit dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 16.2.2012 vereinbar. Zwar hat das
Bundesarbeitsgericht offen gelassen, ob trotz der über den
ursprünglichen Prozesskostenhilfeantrag bereits getroffenen
Entscheidung noch ein konkludenter Prozesskostenhilfeantrag im Raum stand, der sich auf mögliche Erweiterung der
Prozesskostenhilfe hinsichtlich eines Vergleichsmehrwerts bezog. Es hat jedoch zugleich ausgeführt, dass hiergegen „allerdings Vieles spricht“ (BAG v. 16.2.2012, 3 AZB 34/11, Rn 12).
■ Landesarbeitsgericht Niedersachsen
vom 3.1.2013, 7 Ta 204/12
eingereicht von Rechtsanwalt Rolf Schaefer
Ludwig-Barnay-Straße 1, 30175 Hannover
Tel.: 0511/220686-0, Fax: 0511/220686-11
Streitwert und Gebühren
138. Streitwert, Abmahnung, keine pauschale Bewertung
mit einem Monatsgehalt, sondern nach der Gefährdung
des Arbeitsverhältnisses
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Beschwerde ist auch begründet. Eine allgemeine Auffassung, wonach eine Klage auf Entfernung von Abmahnungsschreiben aus der Personalakte pro Abmahnung mit einem
Monatsentgelt zu bewerten sei, besteht nicht (vgl. nur BAG v.
16.5.2007 – 2 AZB 53/06).
Der Streit über die Entfernung von schriftlichen Abmahnungserklärungen aus der Personalakte ist nach der ständigen
Rechtsprechung der erkennenden Kammer unabhängig von
der Anzahl der Abmahnungserklärungen, der auf Entfernung oder gar auf „Widerruf gerichteten Anträge und der einer oder mehreren Abmahnungen zugrunde liegenden Sachverhalte regelmäßig höchstens mit 1/3 des Vierteljahresverdienstes zu bewerten (LAG Hamm Beschl. v. 6.9.2006 – 6
Ta 422/06; vgl. krit. zur pauschalen Bewertung mit je einem
Monatsentgelt BAG v. 16.5.2007 – 2 AZB 53/06). Die Beeinträchtigung durch eine Abmahnung liegt primär darin, dass
der Bestand des Arbeitsverhältnisses wegen der angedrohten
kündigungsrechtlichen Folgen gefährdet sein kann. Daneben
kann eine unberechtigte Abmahnung die Grundlage für eine
falsche Beurteilung des Arbeitnehmers sein, wodurch sein berufliches Fortkommen behindert wird oder sich andere ar-
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 37 von 42,
Rechtsprechung
Streitwert und Gebühren
beitsrechtliche Nachteile für ihn ergeben können (BAG v.
3.2.1993 – 5 AZR 283/92).
Der Streitwert für Klagen auf Entfernung, Vernichtung oder
Widerruf dieser Erklärungen ist zunächst in Relation zum
Wert einer Bestandsschutzklage zu bestimmen. Da die wirtschaftliche Bedeutung eines Streits über den Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses erheblich schwerer wiegt als ein Verfahren gegen dessen bloße Gefährdung, wird ein Ansatz
von – höchstens – einem Drittel des Regelwerts einer Bestandsschutzklage nach § 42 Abs. 4 GKG als angemessen angesehen. Für die Bewertung ist nicht die Anzahl der Abmahnungserklärungen oder der ihnen jeweils zugrunde liegenden
Sachverhalte von Bedeutung, sondern der Grad der Gefährdung des Arbeitsverhältnisses durch die streitbefangenen
Erklärungen. Der Grad der Gefährdung wird bestimmt durch
die Qualität der Warnfunktion der Abmahnung. Es ist anerkannt, dass die Warnfunktion einer Abmahnung erheblich dadurch abgeschwächt werden kann, dass der Arbeitgeber bei
ständig neuen Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers stets
nur mit einer Kündigung droht, ohne jemals arbeitsrechtliche
Konsequenzen folgen zu lassen (BAG v. 15.11.2001 – 2 AZR
609/00; BAG v. 16.9.2004 – 2 AZR 406/03). Eine Abmahnung
kann nur dann die Funktion erfüllen, den Arbeitnehmer zu
warnen, dass ihm bei der nächsten gleichartigen Pflichtverletzung die Kündigung droht, wenn der Arbeitnehmer diese
Drohung ernst nehmen muss. Dies kann je nach den Umständen nicht mehr der Fall sein, wenn jahrelang die Kündigung
stets nur angedroht wird. Es handelt sich dann um eine „leere“
Drohung. Der so gefundene Streitwert kann leicht erhöht
werden, soweit auch das berufliche Fortkommen der klagenden Partei durch die Abmahnungserklärungen konkret
gefährdet wird.
Bei der Bewertung des Streitwerts ist schließlich zu berücksichtigen, dass eine Klage auf Entfernung, Vernichtung oder
Widerruf von Abmahnungserklärungen regelmäßig nicht
geeignet ist, die Gefährdung des Arbeitsverhältnisses und
die Erschwerung des beruflichen Fortkommens wirklich zu
beseitigen (BAG v. 21.5.1992 – 2 AZR 551/91).
Im Streitfall ist über drei Abmahnungen gestritten worden.
Der Ansatz von zwei Monatsentgelten ist angemessen.
Landesarbeitsgericht Hamm
vom 11.12.2012, 6 Ta 504/12
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Stephan Osnabrügge
Kurt-Schumacher-Straße 16, 53113 Bonn
Tel.: 0228/6209010, Fax: 0228/6209091
[email protected]; www.paulypartner.de
■
Streitwert und Gebühren
139. Streitwert, Versetzung
Der Gegenstandswert für die Klage gegen eine Versetzung ist
im Regelfall ohne weitere werterhöhende Umstände mit einem Monatsgehalt angemessen bewertet.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 4.12.2012, 1 Ta 223/12
140. Streitwert, gespaltener Kündigungsschutzantrag,
Freistellung
1. Die formale Aufspaltung eines Kündigungsschutzantrages
in zwei Anträge, von denen sich einer gegen die Kündigung
insgesamt, einer hilfsweise nur gegen die Nichteinhaltung der
Kündigungsfrist richtet, ändert nichts daran, dass der Gegenstandswert einheitlich mit maximal drei Monatsverdiensten
zu bewerten ist.
2. Die Freistellung ist mit 25 % eines Monatsgehalts zu bewerten. Zur Bewertung ist nicht der Wert der Vergütung für den
Freistellungszeitraum, sondern das Titulierungsinteresse maßgeblich. Nur wenn die Parteien durch eine Freistellungsvereinbarung eine Regelung getroffen haben, die ggf. einem Weiterbeschäftigungsbegehren Rechnung tragen sollte, kann dies
ggf. höher bewertet werden.
■ Landesarbeitsgericht Düsseldorf
vom 17.12.2012, 2 Ta 492/12
eingereicht von Rechtsanwalt Dr. Wulf Gravenhorst
Wildenbruchstraße 82, 40545 Düsseldorf
Tel.: 0221/569423-0, Fax: 0221/569423-11
[email protected]; www.kanzlei-gravenhorst.de
141. Streitwert, Beschlussverfahren, Anfechtung der
Betriebsratswahl
1. Die Kammer schließt sich der Rechtsprechung des BAG an,
wonach bei der Anfechtung einer Betriebsratswahl zunächst
vom Zweifachen des Hilfswertes von EUR 4.000,– auszugehen
ist, der sich mit jeder Stufe der Staffel des § 9 BetrVG um den
halben Hilfswert steigert.
2. Dies gilt auch, wenn die Wahl im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a Abs. 1 BetrVG stattgefunden hat.
■ Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
vom 25.1.2013, 10 Ta 1/13
142. RVG, keine Terminsgebühr für Telefonat über
Rechtsmittelrücknahme
Eine Terminsgebühr entsteht nach der Vorbemerkung 3 Abs. 3
RVG-VV nicht, wenn in einem Telefongespräch der Prozessbevollmächtigten die Entscheidung zur Rücknahme des Rechtsstreits mitgeteilt hat und erläutert sowie nachgefragt wird, ob
auf eine Erstattung der Rechtsanwaltskosten verzichtet
werde. Es handelt sich nicht um eine Besprechung zur Erledigung des Verfahrens.
■ Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
vom 26.11.2012, 17 Ta (Kost) 6112/12
2/2013
71
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 38 von 42,
Rezensionen
Rezensionen
Johanna Busmann
Chefsache Mandantenakquisition
Erfolgreiche Akquisestrategien für Anwälte
Verlag De Gruyter, 1. Aufl. 2013, 530 Seiten, gebunden,
69,95 EUR, ISBN 978-3-11-029362-3
Anwälte werden in Deutschland und Österreich nicht zu Unternehmern ausgebildet. Für den Rechtsberater ist somit Akquise häufig von Glück, Zufall oder Tagesform abhängig, für
den Unternehmer jedoch von einer Marktstrategie. Eine solche durchdachte Akquise-Strategie ist „Chefsache“ und führt
zu einer langfristigen Positionierung am Markt.
Bereits in der Einleitung fordert die Autorin zum modulhaften
Lesen auf. Durch die Alphabet-Struktur ist dieses Buch ein
praktisches Nachschlagewerk; der Leser kann einfach und
schnell das für ihn interessanteste Thema finden. Über Fußnoten wird der Leser zum nächsten für ihn relevanten Thema geleitet. Für jeden Buchstaben des Alphabets gibt es wertvolle
Ratschläge, von A wie Assistentin über H wie Honorarinformation und S wie Smalltalk bis hin zu Z wie Zielführung. Voraussetzungen und Wirkungen zahlreicher Akquisetipps für Kanzleien jeder Größe und Anwälte aller Rechtsgebiete werden erläutert.
Mehr als 30 namentlich genannte Anwälte beschreiben ihre
Erfahrungen mit diesen Tipps und belegen somit deren Praxistauglichkeit. Einige dieser Tipps sind sofort umsetzbar, andere erfordern mittelfristig einige strukturelle Maßnahmen
und wieder andere betreffen langfristige Aktionen im Kanzleimanagement.
Fragetechniken, Sprachstruktur, Behandlung von Einwänden,
Smalltalk, Leistungspräsentation, Moderation in einer Teampräsentation, Empathiebeweise sowie auch non-verbale Kommunikationstechniken werden detailliert erläutert und in den
einzelnen Situationen beschrieben. Der Anwalt muss sich jeweils das heraussuchen, was zu ihm, seiner Kanzlei und seinen
Zielen passt. Hierbei ist wichtig, dass die jeweilige AkquiseMaßnahme zur Persönlichkeit des Anwalts passen muss. Wer
sich „verbiegt“, wirkt nicht authentisch.
Das Buch behandelt kein Rechtsgebiet gesondert, bringt aber
konkrete, detailreiche Beispiele in unterschiedlichen Bereichen. Sehr hilfreich erscheinen die wörtlichen Formulierungen, mit denen Akquise bereits erfolgreich war. So wird beispielsweise ein kompletter Akquisevorgang vom ersten Anruf
des Mandanten bis zur Vertragsunterzeichnung dargestellt.
Auch wenn sich dieser Fall im Kapitel „Wie ein Interessent zum
Mandanten wird“ im Insolvenzrecht abspielt, sind die Bestandteile ohne weiteres auf das Arbeitsrecht übertragbar.
Insbesondere beim Thema „Cross-Selling“, der Ausweitung
der bestehenden Mandate, fällt der Autorin auf, wie Anwälte
das Thema Akquise vernachlässigen. Cross-Selling ist die einfachste aller Akquisemethoden, denn das Vertrauensverhältnis zum Mandanten besteht bereits und muss nicht erst noch
72
2/2013
aufgebaut werden. Die Autorin beschreibt sehr anschaulich,
wie „Cross-Selling“ in Kanzleien jeder Größe gut funktionieren
kann.
Insgesamt ist der Autorin ein verständliches, praxisnahes und
an den täglichen Herausforderungen orientiertes Nachschlagewerk gelungen, in dem jeder Anwalt die für sich passenden
Akquisemaßnahmen finden kann.
Peter Staudacher
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, München
Jürgen Röller (Hrsg.)
Küttner – Personalbuch 2013
Verlag C.H Beck, 20. vollständig neubearbeitete Auflage
2013, Buch inkl. Online-Nutzung, 2877 S., in Leinen,
125,00 EUR, ISBN 978-3-406-63713-1
Der „Küttner“ des Jahres 2013, inzwischen die 20. Auflage, befasst sich unter rd. 400 Stichworten mit den wichtigsten Fragen des Arbeitsrechts, des Lohnsteuerrechts und des Sozialversicherungsrechts in einer einmaligen Kombination. Will
man gerade mit dieser Kombination aber up to date sein,
muss man das Werk auch wirklich jährlich erwerben, was in
Ansehung des Preises schon eine kleine Zumutung ist. Möglicherweise deshalb bietet der (bayerische) Verlag als Schmankerl ab der Ausgabe 2013 an Stelle der bisher beigefügten CDROM einen Online-Zugang an, über den dreimal im Jahr eine
Aktualisierung erfolgt. Vor allem aber bietet die Online-Version unabhängig von dem gedruckten Buch über das Internet
jederzeit einen orts- und zeitunabhängigen Zugriff auf den
kompletten Datenbestand des Personalbuch 2013 sowie den
Zugriff auf den Volltext sämtlicher zitierten Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsanweisungen. Auch die Musterformulare zum Personalrecht wie Arbeitsverträge, Abfindungsvereinbarungen, Sozialplan u.a. sind (nur) in der Online-Version verfügbar.
Ganz so „lecker“ ist dieses Schmankerl allerdings nicht. Während Sie die früher mitgereichte CD-ROM mit den Musterformularen zeitlich unbegrenzt nutzen konnten, endet die Zugriffsmöglichkeit durch den mitgelieferten Freischaltcode mit
dem Datum des Erscheinens der nächstjährigen Auflage. Das
Personalbuch 2013 ist damit ab dem 31. Mai 2014 nicht nur
nicht mehr aktuell sondern in wichtigen Teilen gar nicht mehr
verfügbar. Auf diese Weise zwingt einen der Verlag, stets up
to date zu sein und damit Fehler zu vermeiden, doch liegt der
Verdacht nicht fern, dass das nicht nur im Interesse des Lesers
erfolgt.
Wer sich über diese kleinlichen finanziellen Bedenken hinwegsetzt, der ist mit dem Küttner weiterhin aktuell umfassend
und doch praktisch informiert.
Dr. Hans-Georg Meier
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 39 von 42,
Rezensionen
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.)
Übersicht über das Arbeitsrecht/Arbeitsschutzrecht –
Ausgabe 2013/2014
BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH,
7. überarbeitete Aufl., 910 S. + CD ROM, Hardcover,
36,00 EUR, ISBN: 978-3-8214-7286-7
Die Empfehlung für dieses Buch ergibt sich aus dem zweiten
angesprochenen Themenbereich, dem Arbeitsschutzrecht. In
Anbetracht des Preises spielt es keine Rolle, wenn man ein
Buch nur wegen eines, wenn auch erheblichen, Teils erwirbt.
Wiederum leicht verständlich, mit einem intensiv aufgegliederten Inhaltsverzeichnis, einer englischen Zusammenfassung und insgesamt dem Text auf der beigefügten CD-ROM
lassen sich nachschlagen die Grundlagen des deutschen und
europäischen sowie internationalen Arbeitsschutzsystems,
die Regelung zu Betriebsärzten und Sicherheitsingenieuren,
eine Darstellung von Arbeitsschutzmanagementsystemen, diverse Verordnungen aus dem Sicherheitsbereich, z.B. die Arbeitsstättenverordnung, Betriebssicherheitsverordnung, der
Lärm- und Vibrationsschutz, die Lastenhandhabungsverordnung, die Baustellenverordnung und das Gentechnikgesetz,
um nur einige der angesprochenen Regeln aufzuzeigen.
Mit diesem Buch erlangen Sie Sicherheit auch in den Randbereichen des Arbeitsrechts und können ohne weitere Recherche wichtige Texte in Schriftsätze kopieren, u.a. auch hier die
englische Zusammenfassung.
Dr. Hans-Georg Meier
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.)
Übersicht über das Sozialrecht – Ausgabe 2013/2014
BW Bildung und Wissen Verlag und Software GmbH,
10. überarbeitete Aufl., 1.228 S. + CD ROM, Hardcover,
36,00 EUR, ISBN: 978-3-8214-7249-2
Sozialrecht ist nicht gerade das, womit sich der Arbeitsrechtler
freudig befasst. Gern schiebt er entsprechende Fragen intern
(wo möglich) oder extern ab. Das wird in der Regel mit dem
hier vorgestellten Werk nicht mehr erforderlich sein, denn die
meisten Fragen, die an den Arbeitsrechtler und nicht gleich
an den hoch spezialisierten Sozialrechtler gestellt werden,
dürften sich nach einem Blick in dieses umfassende, wenn
auch nicht tiefschürfende, dafür leicht verständliche Werk
schnell beantworten lassen. Alle elf Bücher des Sozialgesetzbuches sind dargestellt, darüber hinaus die Organisation und
Selbstverwaltung der Sozialsysteme, die soziale Sicherung der
freien Berufe, d.h. der selbständigen Künstler und Publizisten,
der berufsständischen Versorgungswerke und die Übergangsregelung für die neuen Bundesländer einschließlich der Zusatzversorgung für Bezirksschornsteinfeger und der Sonderversorgungssysteme der ehemaligen DDR. Auch die soziale Sicherung der Beamten ist dargestellt, die Zusatzversorgung im
öffentlichen Dienst, die Riester-Rente und die Altersversicherung der Landwirte. Der Familienleistungsausgleich wird erläutert, das Elterngeld, Bildungskredite, Wohngeld, soziale
Leistungen an Ausländer, ja sogar der Lastenausgleich. Noch
viele weitere besondere soziale Sicherungssysteme werden
präsentiert. Es folgt ein knapper aber ausreichender Abriss
der Sozialgerichtsbarkeit und eine Darstellung der Sozialbudgets, ihrer Funktion und Abhängigkeiten.
Am Ende gibt es eine Kurzfassung des Ganzen auf 21 Seiten in
Englisch! Mitgeschrieben haben an diesem Werk nahezu alle
Hierarchien aus verschiedenen Ministerien, vom Tarifbeschäftigten über den Oberamtsrat bis zum Ministerialdirektor. Als
sachkundiger „Ausreißer“ und Fachmann für die Sozialgerichtsbarkeit ist Prof. Dr. Peter Richter vom Bundessozialgericht Mitautor.
Überlassen Sie die wirklichen Spezialfragen den Fachanwälten
für Sozialrecht, aber verlieren Sie die Furcht vor dem Alltagsgeschäft im Sozialrecht. Mit diesem umfassenden aber inhaltlich handlichen und überaus preiswerten Werk sind Sie für Alltagsfragen bestens ausgestattet und können das deutsche
Sozialrecht wohl formuliert auch Ausländern erläutern.
Da der gesamte Inhalt des Buches auch auf einer beiliegenden CD-ROM gespeichert ist, steht er auch zur Verarbeitung
in eigenen Schriftsätzen unproblematisch zur Verfügung.
Dr. Hans-Georg Meier
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
2/2013
73
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 40 von 42,
Stichwortverzeichnis
Stichwortverzeichnis
(Zahlenangaben sind lfd. Nummern der Entscheidungen)
Abmahnung
Entfernungsanspruch – 96
AGB-Kontrolle
Altersdiskriminierung – 79
Schwerbehinderung – 78
Tarifwechselklausel – 90
Transparenzgebot – 91, 121
unangemessene Benachteiligung – 90
Urlaubsdauer – 79
AGG
Entschädigungsanspruch – 98
Geschlechtsdiskriminierung – 98
Schwerbehinderung – 82
Befristung des Arbeitsverhältnisses
Altersbefristung – 106
Darlegungs- und Beweislast – 107
nachträgliche Vereinbarung – 106
öffentlicher Dienst – 76
Sachgrund – 76, 106, 107
tarifliche Öffnung – 108
Vertretung, mittelbar – 107
Begünstigung von BR-Mitgliedern
Pauschalzahlungen – 111
Berufungsbegründung
Anforderung an den Inhalt – 128
Änderungskündigung
Gleichbehandlung – 104
Beschäftigungsanspruch
Arbeitsverhältnis, bestehend – 127
einstweilige Verfügung – 127
Anfechtung
Prozessvergleich – 126
Bestenauslese
öffentlicher Dienst – 76
Anwaltsverschulden
Kündigungsschutzklage – 124
Zurechnung – 124
Betriebliche Altersversorgung
Anpassung von Betriebsrenten – 95
Berechnung – 94
Gesamtzusage – 93
Arbeitnehmerüberlassung
dauerhafte Überlassung – 87, 88
equal pay – 90
Konzern – 87
Scheinvertrag – 89
Vertragsbegründung – 87, 88
Auflösungsantrag
Arbeitgeber – 105
Ausländische Partei
Übersetzungskosten – 132
Auslegung
Anpassungsklausel – 95
Ausschlussfrist
Auslegung – 96
Geltendmachung – 83
Vereinbarung, tarifliche – 84, 93
Außerordentliche Kündigung
Arbeitszeitbetrug – 101, 102
Körperverletzung – 100
Betriebsrat
Beschlussfassung – 117
Betriebsratskosten – siehe dort
Initiativrecht – 113
Unterlassungsanspruch – 112
Betriebsratskosten
Begünstigungsverbot – 111
gerichtliche Anwaltskosten – 110
Pauschalen – 111
Betriebsratsmitglied
außerordentliche Kündigung – 117
Interessenkollision – 117
Verhinderung – 117
Betriebsübergang
Unterrichtung – 92
vorbereitende Kündigung – 99
Betriebsurlaub
Anordnung – 82
AVR-Caritas
Entgeltzulage – 122
Bewerbungsgespräch
Anspruch auf – 78
Befristung
des Arbeitsverhältnisses – siehe dort
Darlegungs- und Beweislast
Treuwidrigkeit – 98
74
2/2013
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 41 von 42,
Stichwortverzeichnis
Einigungsstelle
offensichtliche Unzuständigkeit – 118, 130
Scheitern der Verhandlungen – 129
Wirtschaftsausschuss – 130
Einstweilige Verfügung
Beschäftigungsanspruch – 127
E-Mail
Zugang – 77
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
Kausalität – 80
Gerichtsbarkeit, deutsche
ausländischer Staat des Arbeitgebers – 122
Geschäftsfähigkeit
Prozessfähigkeit – 126
Gewerkschaft
EGZP – 120
Tariffähigkeit – 120
Karenzentschädigung
unwirksame Vertragsklausel – 86
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
Karenzentschädigung – siehe dort
Nichtzulassungsbeschwerde
aktenwidrige Sachverhaltsfeststellung – 131
Objektive Bewertungskriterien
öffentlicher Dienst – 78
Öffentlicher Dienst
Einstellungsanspruch – 76, 78
Personalrat
Mitbestimmung bei Versetzung – 119
Prozessfähigkeit
Geschäftsfähigkeit – 126
Prozessvergleich – 126
Prozesskostenhilfe
Immobilienbesitz – 135
konkludente Antragstellung – 137
Tod der Partei – 136
Vergleichsmehrwert – 137
zumutbarer Vermögenseinsatz – 135
Kostenerstattung im Arbeitsgerichtsverfahren
Übersetzungskosten – 132
Prozessvergleich
Anfechtung – 196
Prozesskostenhilfe – 137
Kündigung
siehe auch betriebsbedingte-, krankheitsbedingte-, verhaltensbedingte-, außerordentliche und personenbedingte –
Rechtsanwalt
Versorgungswerk – 124
Kündigungsschutz, allgemein
Betriebsübergang – 99
Darlegungs- und Beweislast – 98
Treu und Glauben – 98
Rechtsweg
Versorgungswerk für Rechtsanwälte – 124
Ruhendes Arbeitsverhältnis
Irrtum – 80
Kündigungsschutzgesetz
Kleinbetriebsklausel – 97
Schadenersatz
schadensrechtlich relevanter – 134
Kündigungsschutzklage
Betriebsübergang – 99
nachträgliche Zulassung – 125
Schwerbehinderte
Bewerbung öffentlicher Dienst – 78
Zustimmungsverfahren Integrationsamt – 133
Leitender Angestellter
Einstellungsbefugnis – 109
Sperrzeit
Schadenersatz – 134
Mitbestimmung des Betriebsrates in personellen
Angelegenheiten
Leiharbeitnehmer – 114, 116
leitende Angestellte – 109
tarifliche Öffnungsklausel – 108
Streitwert
Abmahnung – 138
Freistellung – 140
Kündigungsschutzverfahren – siehe dort
Versetzung – 139
Mitbestimmung des Betriebsrates in sozialen
Angelegenheiten
Vergütungssystem – 113
Streitwert im Beschlussverfahren
Betriebsratswahl – 141
Mobbing
Persönlichkeitsrecht – 81
Streitwerte im Kündigungsschutzverfahren
Freistellungsvereinbarung – 140
mehrere Anträge – 140
Nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage
– siehe auch Kündigungsschutzklage
Tarifvertrag
Bezugnahmeklausel – 121
2/2013
75
ae.2013.h0002.cic.xml (AE.fmt), Seite 42 von 42,
Impressum
Vertrauensverlust – 103
CGZP- 120
faktischer – 120
unwirksamer – 120
Vertrauensschutz – 120
Versorgungswerk
Rechtsweg – 124
Terminsgebühr
Rechtsmittelrücknahme – 142
Wettbewerbsverbot
Karenzentschädigung – siehe dort
nachvertragliches – siehe dort
Unterlassungsanspruch
Diskriminierung – 79
Willenserklärung
Zugang – 77
Verhaltensbedingte Kündigung
Arbeitszeitbetrug – 101, 102
Körperverletzung – 100
Sachbeschädigung – 103
Schutzbehauptung – 103
Wirtschaftsausschuss
Errichtung – 130
Impressum
AE-Arbeitsrechtliche Entscheidungen
Herausgeber, Chefredaktion- und Anschrift:
Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg Meier
Tauentzienstraße 11
10789 Berlin
Telefon (030) 25 45 91 55
Telefax (030) 25 45 91 66
E-Mail: [email protected]
Redaktion:
Rechtsanwalt Roland Gross
Kanzlei gross::rechtsanwälte
Neumarkt 16-18
04109 Leipzig
Telefon (0341) 984 62-0
Fax (0341) 984 62-24
E-Mail: [email protected];
www.advo-gross.de
Rechtsanwältin Dr. Nathalie Oberthür
Kanzlei RPO Rechtsanwälte
Im Mediapark 6
50670 Köln
Telefon (0221) 355051-50
Fax (0221) 355051-35
E-Mail: [email protected]
www.rpo-rechtsanwaelte.de
für die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im DeutschenAnwaltverein (Adresse s. unten)
Geschäftsführender Ausschuss:
Dr. Jobst-Hubertus Bauer (Vors.)
Geschäftsstelle:
c/o Dr. Johannes Schipp
Münsterstraße 21
33330 Gütersloh
Telefon (0 52 41) 90 33-0
Telefax (0 52 41) 1 48 59
76
2/2013
Zeugnis
Berichtigungsanspruch – 85
Ehrlichkeitsvermerk – 85
Deutscher AnwaltVerein
Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht
Geschäftsstelle
Thomas Marx
Littenstraße 11
10179 Berlin
Telefon (030) 72 61 52-0, Sekr. 171
Telefax (030) 72 61 52-195
Verlag:
Deutscher AnwaltVerlag
Wachsbleiche 7
53111 Bonn
Telefon: (0228) 9 19 11-0
Telefax: (0228) 9 19 11-23
E-Mail: [email protected]
Anzeigen
sales friendly Verlagsdienstleistungen
Bettina Roos
Siegburger Str. 123
53229 Bonn
Telefon: (0228) 9 78 98-0
Telefax: (0228) 9 78 98-20
E-Mail: [email protected]
Gültig ist die Preisliste Nr. 4 vom 1.1.2007
Lektorat
Anne Krauss
Satz
Cicero Computer GmbH, 53225 Bonn
Druck
Hans Soldan Druck GmbH, 45356 Essen
Erscheinungsweise
Die AE erscheint vierteljährlich
Bezugspreise 2013
Inland € 104,– (zzgl. Versand)
Einzelheft € 32,50 (zzgl. Versand)
Alle Preise verstehen sich inkl. Mehrwertsteuer. Der Abonnementpreis
wird im Voraus in Rechnung gestellt.
Das Abonnement verlängert sich zu den jeweils gültigen Bedingungen um ein Jahr, wenn es nicht 6 Wochen vor Ablauf des Bezugsjahres
gekündigt wird.
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitsrecht erhalten die
AE im Rahmen ihrer Mitgliedschaft.
Urheber- und Verlagsrecht
Die in dieser Zeitschrift veröffentlichten Beiträge – auch die bearbeiteten Gerichtsentscheidungen und Leitsätze – sind urheberrechtlich geschützt. Der Rechtsschutz gilt auch gegenüber Datenbanken und ähnlichen Einrichtungen. Kein Teil dieser Zeitschrift darf außerhalb der
Grenzen des Urhebergesetzes ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Fotokopie, Mikrofilm oder andere
Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere
von Datenverarbeitungsanlagen verwendbare Sprache, übertragen
werden. Namentlich gezeichnete Artikel müssen nicht die Meinung
der Redaktion wiedergeben. Manuskripte und Einsendungen sind
bitte an die Redaktionsanschrift zu senden.
Manuskripte
Die AE beinhaltet aktuelle arbeitsrechtliche Entscheidungen sowie Beiträge für die Anwaltspraxis. Manuskripte sind an die Redaktionsanschrift zu richten. Unverlangt eingesandte Manuskripte - für die keine
Haftung übernommen wird - gelten als Veröffentlichungsvorschlag zu
den Bedingungen des Verlages. Es werden nur unveröffentlichte Originalarbeiten übernommen. Die Verfasser erklären sich mit einer nicht
sinnentstellenden redaktionellen Bearbeitung durch den Herausgeber
einverstanden. Mit der Annahme eines Manuskriptes erwirbt der Verlag vom Verfasser das ausschließliche Recht zur Veröffentlichung und
Verwertung. Eingeschlossen ist insbesondere auch das Recht zur Einspeicherung in Datenbanken sowie das Recht zur weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken im Wege eines fotomechanischen
oder eines anderen Verfahrens.