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Energie
Haushalte erhalten zu wenig für
Elektrizitätswerke
zahlen Hausbesitzern, die Solarstrom ins Netz
einspeisen, eine
Vergütung. Die
Aufsichtsbehörden
schreiben dafür
einen Mindesttarif
vor. Nicht alle
Stromversorger
halten sich daran.
R
und 12 000 Hausbesitzer oder Betriebe
beantragen pro Jahr
Subventionen für erneuerbare Energien. Dies zeigen
Zahlen des Netzbetreibers
Swissgrid. Doch das Geld in
den Fördertöpfen ist begrenzt: Ende März warteten
37 152 Besitzer von Fotovoltaikanlagen auf Fördergeld.
Swissgrid zahlt es entweder
pro Kilowattstunde (kWh)
oder in Form einer Einmalvergütung aus.
Die Vergütung pro kWh
nennt sich Kostendeckende
Einspeisevergütung (KEV).
Sie beträgt für Kleinanlagen
zurzeit 19,5 Rappen pro
kWh Strom. Weil die Warteliste lang ist, gibt es für neue
Projekte «kaum mehr realistische Chancen», Fördergelder zu erhalten. Das schreibt
das Bundesamt für Energie.
Die zweite Möglichkeit,
an Geld für Fotovoltaikanlagen zu kommen, ist eine
Einmalvergütung. Hausbe-
TIPPS
Tarife genau
anschauen
n Vor der Installation einer
Fotovoltaikanlage die
Anlagegrösse nicht nur
auf die Dachfläche,
sondern auch auf die
Tarife des Energieversorgers abstimmen.
n Die Stromrechnung
genau prüfen und bei Verständnisschwierigkeiten
oder Unstimmigkeiten
nachfragen und nötigenfalls reklamieren.
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sitzer erhalten für eine angebaute Dachanlage von
10 Kilowatt Leistung einen
einmaligen Investitionsbeitrag von 6400 Franken. Für
produzierten Strom gibt es
nichts zusätzlich. 9880 Anlagen finanzierte die KEV-Stiftung bereits nach diesem
Modell. 7547 weitere Anlagenbesitzer warten auf eine
Geldüberweisung.
Strombörsenpreis von
3,95 Rappen unzulässig
Bei einer Einmalvergütung
kann ein Eigentümer seinen
Solarstrom selbst verbrauchen. Was übrig bleibt, muss
er dem lokalen Elektrizitätswerk verkaufen. Er kann den
Abnehmer nicht auswählen.
Das ist stossend – denn die
Stromversorger zahlen unterschiedlich viel: Der Stadtbasler Stromlieferant IWB
zum Beispiel vergütet pro
kWh 23 Rappen, die Energieversorger von Schaffhausen oder Davos GR nur den
aktuellen Strombörsenpreis
von 3,95 Rappen.
Das ist unzulässig: Die
Elektrizitätswerke müssten
den tatsächlichen Einkaufspreis bezahlen. Er sei in der
Regel höher als der Börsenpreis von 3,95 Rappen pro
kWh, sagt die Eidgenössische Elektrizitätskommission Elcom. Die Strommarktaufsicht zwang vor einigen
Wochen den Oberaargauer
Stromversorger Onyx dazu,
einem Bauern rund 25 Prozent mehr für dessen Solarstrom zu überweisen. Der
Bauer hatte sich bei der
Elcom beschwert. Onyx hatte ihm die Vergütung von
Solardach: «Einzelne Elektrizitätswerke verhindern den Ausbau d
saldo Nr. 11 I 8. Juni 2016
Energie
r Solarstrom
9,7 Rappen auf 5,5 Rappen
pro kWh gekürzt. Das geht
laut Elcom nicht. Sie verfügte rund 7 Rappen.
FALSCHE RECHNUNG
g EI SSE r / I mAgo
u der Fotovoltaik»
8. Juni 2016 I Nr. 11 saldo
Der Entscheid führt dazu,
dass Elektrizitätswerke mit
sehr tiefen Tarifen ihre Solarstrom-Einspeisetarife erhöhen müssen. Im Gegenzug können Elektrizitätswerke mit hohen Tarifen
einfacher Senkungen vornehmen. Absurd: Auch
wenn die Elcom weiss, dass
die Vergütung in vielen
Gemeinden zu tief ist, darf
sie nichts unternehmen. Sie
kann laut Gesetz erst aktiv
werden, wenn ein Solaranlagenbesitzer Beschwerde gegen seinen Stromversorger einreicht.
David Stickelberger vom
Verband Swissolar kritisiert, dass einzelne Elektrizitätswerke mit tiefen Solarstromtarifen und hohen
Netzgebühren den Ausbau
der Fotovoltaik verhindern.
Das Bundesamt für Energie
sagt, es ermuntere die Elektrizitätswerke, den Hausbesitzern mehr für Solarenergie zu bezahlen als das
Minimum gemäss dem
Elcom-Entscheid.
Das
Elektrizitätswerk
von
Schaffhausen, SH
Power, verspricht auf Anfrage von saldo, den ElcomEntscheid zu prüfen und allenfalls eine Erhöhung
der Vergütung für nächstes
Jahr ins Auge zu fassen.
Beim EW Davos sieht man
keinen Anlass dazu.
Yves Demuth
kEySToNE
Aufsichtsbehörde erst
nach Beschwerde aktiv
Energiekonzern BKW: Aufschlag für Hauseigentümer war nicht gerechtfertigt
50 Prozent weniger Stromverbrauch –
19 Prozent höhere Kosten
Letzten Herbst hat Familie
g. aus Worb BE auf ihrem
Doppeleinfamilienhaus eine
neue Fotovoltaikanlage in
Betrieb genommen. Als im
mai die Stromrechnung
ins Haus flatterte, staunte
rita g. nicht schlecht:
Der lokale Energieversorger
BkW belastete ihr höhere
Netzgebühren, obwohl die
Hausbewohner ihren
Strombedarf nun zu einem
grossen Teil durch eigene
Sonnenenergie abdecken.
konkret: Selbst wenn die
Familie g. dieses Jahr statt
4500 kilowattstunden nur
halb so viel Strom verbrauchen würde, müsste sie
der BkW für Netznutzung,
Zählermessung und Abgaben neu Fr. 925.70 statt
wie bisher Fr. 775.30 zahlen.
Die gebühren stiegen um
19 Prozent, obwohl der
Stromverbrauch um 50 Prozent sinkt. grund: Die BkW
berechnen bei SolarstromEigenverbrauchern höhere
Netzgebühren und schlagen
einen grundpreis für
messung und Abrechnung
hinzu.
Solarstromexperte rudolf
rechsteiner kritisiert diese
Tarifgestaltung, die auch
viele andere Energieversorger anwenden. Besitzer
von Fotovoltaikanlagen
würden mit hohen Fixtarifen
ganz gezielt diskriminiert,
sodass eine Anlage auch
innert fünfzig Jahren nicht
amortisiert werden könne.
«Das ist gesetzeswidrig.
Das Stromversorgungsgesetz verlangt nichtdiskriminierende Tarife», sagt der
ehemalige SP-Nationalrat
und ETH-Dozent für
erneuerbare Energien.
rita g. reklamierte – mit
Erfolg. Die BkW krebste
zurück und gewährte der
Familie den tieferen Tarif.
Es liege ein Fehler vor:
Die Fotovoltaikanlage des
Doppelhauses hat eine
Leistung von 9,99 kilowatt.
Die höheren Netzgebühren
gelten aber erst für Anlagen
über 10 kilowatt.
yde
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