Gedenken an Michael Dahl

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Gedenken an Michael Dahl
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Gedenken an Michael Dahl
Am Sonntag, den 4. Mai 2003 starb PD Dr.
Michael Dahl im Alter von 42 Jahren an
plötzlichem Herzversagen – völlig unerwartet, unvorbereitet, mitten aus dem vollen
Leben gerissen.
Michael stand an der entscheidenden
Wende seines beruflichen Lebens, seiner
wissenschaftlichen Karriere. Er hatte die Habilitation abgeschlossen und eine produktive Gruppe begeisterter junger Studenten
um sich geschart, und mit der Bewilligung
des mühsam erarbeiteten Transregio-SFBs
in Konstanz hätten sich für ihn neue wissenschaftliche Horizonte eröffnet.
Michael Dahl begann sein Biologiestudium 1980 in Konstanz, das er mit dem Diplom
1985 und der Promotion 1988 abschloss. In
seiner Doktorarbeit, die er unter der Obhut
von Mike Manson in meinem Labor durchführte, hat er sich mit bakterieller Chemotaxis, dem Maltosechemorezeptor und mit
MalK, einer Untereinheit des Escherichia coli-Maltosetransporters, der in der damaligen
Zeit noch nicht ABC-Transporter hieß, beschäftigt.
Die wissenschaftlichen Wanderjahre führten ihn zuerst nach Paris ans Institut Pasteur
in das Labor von George Rapoport, wo er mit
der Gram-positiven Welt von Bacillus subtilis eine Freundschaft schloss, die andauern
sollte. Es war die frühe Zeit der Zwei-Komponenten-Systeme, seine Spieler waren
DegS und DegU, und die von ihnen gesteuerten Gene kodierten für Zucker-abbauende und extrazellulär degradative Enzyme, aber auch für komplexere Mechanismen wie die Kompetenz zur DNA-Aufnahme.
Sein Lebensweg führte Michael 1992 weiter nach Feiburg in das Labor von Bodo Rak,
wo er in Form des β-Glucosid-Transporters
Bekanntschaft mit der Welt der Phosphotransferasesysteme und ihrer Beteiligung an
Regulationsphänomenen machte. Die Regulation von Zuckertransportern und
Zucker-abbauenden Enzymen, vor allem für
die α-glucosidische Zuckerart wie Maltodextrine und Trehalose, haben ihn dann
auch weiter fasziniert, als er in Erlangen,
diesmal im Labor von Wolfgang Hillen, habilitierte und begann, seine eigene Gruppe
aufzubauen.
Der Kreis der Mikrobiologen hat ihn gut
gekannt und geschätzt, man sah ihn auf den
VAAM-Tagungen, traf ihn über die Jahre im
Schwerpunkt „Molekulare Analyse von Regulationsnetzwerken in Bakterien“ und diskutierte mit ihm. Er war einfach einer von
uns.
Als er vor wenigen Jahren als Hochschulassistent an seine Heimatuniversität
zurückkam, wollte er es noch einmal wissen.
Mit viel Elan hat er seine Gruppe neu organisiert, mit unermüdlicher Energie stürzte
er sich in die Vorbereitung des neu zu gründenden SFB „Structure and Function of
Membrane Proteins“ in Konstanz. Jetzt hieß
das Zauberwort „Reggie“, ein Protein, das
bei der Regeneration des Sehnervs in Fischen eine Rolle spielt und das Michael als
homologes Protein in den Membranen von
Bacillus subtilis entdeckte. Welche Funktion
würde dieses Protein wohl in den Bakterien
haben? Interessant und herausfordernd war
die Geschichte auf jeden Fall.
Es war ihm nicht mehr vergönnt zu erfahren, dass der SFB inzwischen durch den
Hauptausschuss der DFG genehmigt wurde und dass auch sein Projekt mit dabei war.
Was uns bleibt, ist die Erinnerung an einen jungen enthusiastischen und nie verzagenden Wissenschaftler und einen liebenswürdigen, einsatzfreudigen und jederzeit
hilfsbereiten Freund.
Winfried Boos
Mikrobiologie Universität Konstanz
im Juni 2003