Materialien - SINUS Bayern

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Materialien - SINUS Bayern
Naturwissenschaftliches Arbeiten
SINUS Bayern
Natur und Technik
Gymnasium
Jgst. 5
Schülerübung „Blaukraut oder Rotkohl“
(verändert nach Waltraud Habelitz-Tkotz, Akademiebericht Nr. 395, 2004)
In dieser Einheit gibt es zwei Herangehensweisen:
Entweder beginnt man mit dem Dialog
(siehe Material), experimentiert zunächst frei und erarbeitet dann den naturwissenschaftlichen Erkenntnisweg
mit den Lernenden als Quintessenz im
Nachhinein (nach unserer Erfahrung
eine für die Elfjährigen fast zu anspruchsvolle Herangehensweise, aber
natürlich didaktisch sinnvoll).
Oder man gibt als Lehrkraft die naturwissenschaftliche Arbeitsweise vor
(siehe oben GW Lauf), macht die erste
Versuchsplanung und −durchführung
mit den Lernenden gemeinsam und
entlässt sie erst dann in ihre experimentelle Freiheit, in der sie alles ausprobieren dürfen und alle kennen gelernten Laborgeräte in den Übungsschränken benutzen dürfen (macht
Spaß und ist hoch motivierend). Wichtig sind hierbei die Betonung des Erkenntnisweges und das richtige Protokollieren
der
Versuchsplanung,
−durchführung, −beobachtung und
−auswertung im Laborheft. BesondeAbb. 5: Auszug aus einem Schülerheft
res Augenmerk ist darauf zu richten,
dass bei jeder neuen Idee und Versuchsplanung stets nur ein Faktor zu
ändern ist, d. h., dass jeweils nur eine ursächliche Rezeptzutat überprüft wird. Ein Kontrollexperiment versteht sich von selbst.
Materialien:
M1 Text und Arbeitsauftrag
M2 Übersicht für Lehrkräfte
Verfasserin: Claudia Schneider
Bildnachweis: alle Fotos Claudia Schneider
M1
Blaukraut bleibt Blaukraut und ...
-
Wie Naturwissenschaftler zu ihren Erkenntnissen gelangen
Peter hat seinen Klassenkameraden Max, der aus Bremen nach München gezogen ist, zu sich eingeladen.
Max: Was gibt es heute bei euch zum Mittagessen? Ich habe einen Riesenhunger.
Peter: Oma kocht Blaukraut mit Kartoffeln und Fleischpflanzerln, äh, ich glaube ihr nennt das Frikadellen.
M.: Fleischpflanzerln kenne ich schon, aber Blaukraut, was ist denn das?
P.: Ach, ich glaube bei euch nennt man es Rotkohl. Oma kocht es immer noch aus frischem Rotkohl, den
sie in ihrem Garten anbaut. Schmeckt echt klasse!
M.: Ach so! Aber warum heißt es bei euch Blaukraut und bei uns Rotkohl, wenn doch beides aus diesen lila
Kohlköpfen hergestellt wird? Ist die Farbe wirklich verschieden?
Das Essen wird serviert.
M.: Ja, wirklich. Blaukraut schmeckt fast wie Rotkohl und sieht auch so aus, nur dass es nicht so rötlich ist
wie bei uns daheim.
P.: Jetzt würde ich doch gerne wissen, weshalb Rotkohl bei uns blau, bei euch dagegen rot wird.
M.: Vielleicht liegt es am Kochrezept.
Nach dem Essen:
P.: Oma, verrätst du uns, wie du dein Blaukraut kochst?
Oma: Ich koche es nach dem Rezept aus dem alten Kochbuch das noch von deiner Urgroßmutter stammt.
P.: Hast du auch noch andere Kochbücher?
O.: Da hast du noch eines, das kannst du sicher besser lesen. Das ist so ein neumodisches von deiner Mutter, mit zuckerfreien Rezepten. Aber sag mal, seit wann interessierst du dich fürs Kochen?
P.: Eigentlich wollen Max und ich nur herausfinden, wann Rotkohl beim Kochen blau und wann er rot wird.
O.: Na, dann wünsch ich euch viel Erfolg beim Forschen. Ich mach jetzt erst mal ein Nickerchen. Vielleicht
könnt ihr ja die äußeren Blätter des Rotkohlkopfes für eure Forschungszwecke brauchen, sie liegen
noch dort auf der Arbeitsplatte, weil ich sie als Futter für die Stallhasen aufheben wollte.
P.: Oh, klasse. Eh Max, hast du Lust das Rätsel zu lösen? Wir haben ja sonst keine Hausis auf.
M.: Natürlich! Ich schlage vor, dass wir erst mal die Rezepte genau vergleichen.
Beide lesen die verschiedenen Kochrezepte genau durch.
Blaukraut
Rotkohl
Für 4 Personen rechnet man 2-3 Pfd. Rotkohl. Man entfernt die äußeren Blätter, gelbe Blattstellen sowie Schnecken und Insekten und wäscht anschließend tüchtig. Dann
wird er mit kochendem Salzwasser angesetzt und muss,
unverdeckt, ungefähr ½ Stunde tüchtig kochen. Darnach
wird er in ein Sieb abgegossen mit kaltem Wasser übergossen und ausgedrückt. Nachdem man ihn fein gewiegt hat,
setzt man ihn mit frischem kochenden Wasser mit 75 g
Schweineschmalz auf und lässt ihn zwei Stunden tüchtig
kochen. Zuletzt gibt man Salz und ein wenig Zucker daran
und rührt ihn häufig um, damit er nicht anbrennt. Sobald
er gar ist, röstet man 2 Eßlöffel geriebene Semmel in 2 Eßlöffel Butter braun und läßt den Kohl damit sämig kochen.
Beim Anrichten belegt man den Kohl mit geschmorten Maronen oder mit kleinen glasierten Bratkartoffeln.
Zutaten für 4 Portionen:
1 kg Rotkohl  3 Zwiebeln  50 g Gänseschmalz oder 3 EL
Öl  2 unbehandelte Zitronen  2 Lorbeerblätter  2 Nelken 
3 Pimentkörner  Salz  1/8 l Brühe  Süßstoff
1. Rotkohl hobeln oder fein schneiden. Zwiebeln würfeln, in
heißem Schmalz oder Öl in einem Topf hell andünsten.
2. Den Rotkohl und Saft einer Zitrone hinzufügen. Die
Schale der Zitrone hauchdünn abschälen und ebenfalls dazugeben.
3. Das Gemüse mit Lorbeer, Nelken, Piment und Salz würzen, die Brühe darübergießen.
4. Den Kohl zugedeckt bei milder Hitze 1 Stunde dünsten.
Mit Salz, dem restlichen Zitronensaft und Süßstoff nachwürzen.
Arbeitsauftrag:1) Lest den folgenden Dialog im Wechsel, ihr braucht 4 Sprecher: Erzähler, Max, Peter, Oma.
2) Überlege mit deinem Nachbarn, weshalb der Rotkohl einmal blau und einmal rot wird.
3) Plant passend zu eurer Idee ein Experiment, mit dem ihr eure Idee überprüfen könnt.
Notiert diese Versuchsplanung in eurem Heft.
Claudia Schneider, Christoph-Jacob-Treu-Gymnasium Lauf (SINUS Bayern), verändert nach Waltraut Habelitz-Tkotz, Akademiebericht 395, 2004
M2
Von der Beobachtung zur Theorie
Beobachtung
Je nach Zubereitungsart ist Rotkohl entweder rötlich oder bläulich gefärbt
Problem / Frage
Worauf ist die Farbänderung zurückzuführen?
Vermutung / Hypothese
2. Zitronensaft bewirkt den
Farbumschlag
1. Süßstoff bewirkt den
Farbumschlag
Experiment
Durchführung:
1. Blaues Rotkraut wird
mit Süßstoff versetzt
Formulieren einer neuen Vermutung / Hypothese
2. Blaues Rotkraut wird
mit Zitronensaft versetzt.
Beobachtung / Ergebnis:
1. Es erfolgt keine Farbänderung
2. Farbänderung von
blau nach rot
Schlussfolgerung/Deutung:
1. Die Vermutung war
falsch
Verwerfen
der Hypothese:
Falsifizierung
2. Die Vermutung war
richtig
Bestätigung
der Hypothese:
Verifizierung
Ausweitung der Hypothese
Alle Stoffe, die sauer schmecken, bewirken einen Farbumschlag des Rotkrautes von blau nach rot
Weitere Experimente
Durchführung:
Blaues Rotkraut wird mit Essig, Orangensaft, Apfelsaft,
Vitamin C,... versetzt
Beobachtung / Ergebnis:
Farbänderung von blau nach rot
Schlussfolgerung/Deutung:
Die Vermutung war richtig
Regel / Gesetz /Theorie / Modell
Sauer schmeckende Stoffe können durch einen Farbumschlag des Rotkohl-Farbstoffes
von blau nach rot nachgewiesen werden.
Claudia Schneider, Christoph-Jacob-Treu-Gymnasium Lauf (SINUS Bayern), verändert nach Waltraut Habelitz-Tkotz, Akademiebericht 395, 2004