Erste Arswertung Energiespar-Initiative Bonn Beratungen 2009

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Erste Arswertung Energiespar-Initiative Bonn Beratungen 2009
Energiesparinitiative Bonn
Auswertung der Stromsparberatung
für einkommensbenachteiligte Haushalte in Bonn
Ein Gemeinschaftsprojekt der
Energie- und Wasserversorgung Bonn/Rhein-Sieg GmbH,
der Bundesstadt Bonn
und der Verbraucherzentrale NRW e.V.
Düsseldorf, September 2012
Energiesparinitiative Bonn
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Verbraucherzentrale NRW
Inhalt
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Vorwort......................................................................................................................... 3
Das Projekt „Energiesparinitiative Bonn“ ...................................................................... 3
Durchführung der Beratungen ...................................................................................... 4
Statistische Daten der teilnehmenden Haushalte ......................................................... 6
Evaluation Teil I: Befragung der Teilnehmer................................................................. 8
Evaluation Teil II: Auswertung der Einspareffekte....................................................... 10
Zusammenfassung und Fazit ..................................................................................... 14
Ansprechpartner:
Verbraucherzentrale NRW
Dr. Reinhard Loch
Gruppenleiter Energieeffizienz
Mintropstrasse 27
40215 Düsseldorf
Tel.: 0211-3809-377
email: [email protected]
Verbraucherzentrale NRW
Claudia Bruhn
Projektleiterin Energiearmut
Mintropstrasse 27
40215 Düsseldorf
Tel.: 0211-3809-252
email: [email protected]
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Verbraucherzentrale NRW
1. Vorwort
Einkommensbenachteiligte Haushalte sind in besonderer Weise von den enormen
Energiepreissteigerungen und der Diskussion zu Kosten und Lasten der Energiewende
betroffen.
Für diese Haushalte beanspruchen Energiekosten einen immer höheren Anteil am
verfügbaren Einkommen. Gleichzeitig haben diese Familien nicht die Möglichkeiten, sich
mit modernen und energieeffizienten Geräten auszustatten oder kostenpflichtige
Beratungsleistungen einzukaufen.
Unter dem Stichwort "Energiearmut" ist diese Problematik in den Fokus der
Aufmerksamkeit gerückt.
Im zweiten Halbjahr 2008 entwickelten die Stadt Bonn, die Stadtwerke Bonn und die
Verbraucherzentrale NRW daher gemeinsam ein Projekt, das diesen Haushalten eine
kostenlose Energieberatung, insbesondere zum Stromverbrauch anbot.
Ziel war eine Unterstützung der einkommensbenachteiligten Haushalte bei der
Bewältigung ihrer Probleme mit hohen Strom- und Heizkosten und eine mögliche
Ableitung von Handlungsempfehlungen zur Einsparung von Energiekosten.
Die Beratung wurde ab 2009 von Energieberatern der Verbraucherzentrale NRW
durchgeführt, die Teil des Projektes „Mein Haus spart“ waren. Die Kosten des Projektes
wurden von den Stadtwerken Bonn übernommen, soweit sie nicht bereits durch Landesund EU-Mittel gedeckt waren.
Durch die Befragung der Teilnehmer und die Auswertung der Jahresabrechnungen
wurden die Zufriedenheit mit der Beratung, sowie die tatsächlich erzielten Einsparungen
der Haushalte erhoben.
2. Das Projekt „Energiesparinitiative Bonn“
Mit dem steilen Anstieg der Energiepreise im Jahre 2008 wurden erstmals Forderungen
diskutiert, die eine Unterstützung einkommensbenachteiligter Haushalte bei der
Bewältigung ihrer Probleme mit hohen Strom- und Heizkosten zum Ziel hatten.
Dabei sind viele Instrumente denkbar: von der direkten finanziellen Unterstützung der
Haushalte über geänderte Tarifstrukturen, Anreize zur Anschaffung effizienter Geräte bis
hin zur kostenlosen Energieberatung.
Insbesondere die Beratung soll den Haushalten helfen, eigene Möglichkeiten des
Energiesparens zu erkennen und mit Verhaltensänderungen oder kleineren investiven
Maßnahmen selber anzugehen. Dabei steht insbesondere der Stromverbrauch im Fokus:
diese Kosten müssen von den Haushalten, auch wenn sie Sozialleistungen beziehen,
selber getragen werden. Außerdem können sie diesen Bereich im Gegensatz zu den
Heizkosten stärker selber beeinflussen.
Während auf Bundesebene in 2008/2009 das durch Mittel des Bundesumweltministeriums unterstützte Modell des „Stromsparcheck“ vom Caritas-Verband gestartet
wurde, entstand in Bonn eine Kooperation aus den lokalen Partnern Stadtwerke Bonn,
Stadt Bonn und Verbraucherzentrale NRW Beratungsstelle Bonn. Grundgedanke war
hier, die schon etablierte Energieberatung des Landesprojektes „Mein Haus spart“ auch
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den einkommensbenachteiligten Haushalten mit dem Schwerpunkt Stromberatung
zukommen zu lassen.
Dazu haben die Stadtwerke Bonn für die Jahre 2009 und 2010 die Finanzierung der
Beratungen und einer anteiligen Bürokraftstelle übernommen. Gemeinsam mit der Stadt
Bonn wurde im Dezember 2008 eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet
(Abbildung 1).
Abbildung 1: Zeitungsartikel in der Bonner Rundschau vom 20.12.2008 [S CHROEDER 2008]
3. Durchführung der Beratungen
Ab Jahresbeginn 2009 wurden etwa 4.000 Haushalte, die zur Gruppe der „BonnAusweis“ Empfänger gehören, angeschrieben und auf das kostenlose Energieberatungsangebot hingewiesen. Mit einer Antwort-Postkarte konnten die Haushalte ihr Interesse
anmelden und erklärten gleichzeitig ihre Bereitschaft, an einer späteren Evaluation
anonymisiert mitzuwirken.
Alle Anmeldungen wurden an die Verbraucherzentrale NRW weitergeleitet. In der
Beratungsstelle Bonn wurde die Terminvereinbarung zwischen Teilnehmer und den
Beratern koordiniert, Terminbestätigungen und die Beratungsberichte verschickt, sowie
Daten der beratenen Haushalte erfasst und ausgewertet.
In die Beratung waren insgesamt vier Energieberater eingebunden, ein fest angestellter
Energieberater und drei Honorar-Mitarbeiter. Alle Berater verfügten über gezielte
Erfahrungen im Bereich Stromverbrauch privater Haushalte.
Eine Beratung dauerte 60 bis 90 Minuten. In der Beratung wurden einige Grunddaten
des Haushaltes erfasst (etwa Personenzahl, Wohnfläche, Jahresverbrauch, GeräteAusstattung) und verschiedene Beratungsthemen durchgesprochen. Die Teilnehmer
erhielten Broschüren zu den angesprochenen Themen, zwei Energiesparlampen sowie
eine abschaltbare Steckerleiste als „Sofortpaket“ (Abbildung 2).
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Abbildung 2: Inhalt „Sofortpaket“ Stromsparen
Dabei sollte die Beratung im Haushalt der Familien Informationen zu
Verhaltensänderungen und gering investiven technischen Lösungen vermitteln:
Verbrauchsbewertung Strom und Heizkosten
einfache Grundlagen der Verbrauchsanalyse, Hauptverbraucher
einfache Tipps zum Strom- und Heizenergiesparen
Kurzcheck der Haustechnik
Zur tiefergehenden Information und als Erinnerung wurden nach zwei Wochen die
Beratungsprotokolle an die Haushalte verschickt. Sie enthielten auf 4-6 Seiten eine
Analyse des derzeitigen Stromverbrauches sowie die bereits besprochenen Stromsparvorschläge und grob abgeschätzte Einsparpotenziale dieser Maßnahmen.
Im Nachgang zur eigentlichen Beratung fand die Evaluation des Beratungserfolges statt.
Dazu wurde im Rahmen der Anmeldung von den Teilnehmern die Erlaubnis eingeholt,
sie zu befragen und ihre Verbrauchsdaten zu statistischen Zwecken auszuwerten.
In der ersten Phase 2010 wurden die Teilnehmer nach der Beratung telefonisch befragt,
sowie die Beratungen ausgewertet.
In der zweiten Phase 2012 wurden die Abrechnungen des Stromverbrauchs der
Teilnehmer aus den Abrechnungsjahren 2008 bis 2011 analysiert.
Insgesamt haben sich im Projektzeitraum 460 Haushalte für eine Energieberatung
angemeldet. Da aufgrund der hohen Interessentenzahl zwischen Anmeldung und
Terminvereinbarung oft Monate vergingen, haben ca. 100 Haushalte abgesagt.
Bis Mitte 2010 wurden daher etwa 360 Haushalte beraten.
Ab Herbst 2010 wurde das Projekt dahingehend verändert, dass die erste Stromberatung
durch den „Stromspar-Check“ des Caritas-Projektes durchgeführt wurde. Nur wenn im
Rahmen dieser Beratung Bedarf nach einer Vertiefung erkennbar wurde oder weitere
Themen, insbesondere zu Heizkosten beraten werden sollten, wurde im Anschluss eine
Energieberatung durch Mitarbeiter der Verbraucherzentrale NRW durchgeführt.
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4. Statistische Daten der teilnehmenden Haushalte
Um einen Überblick über die Ist-Situation der teilnehmenden Haushalte zu erhalten,
wurden die Haushalte im Bezug auf die Ausstattung und den Verbrauch ausgewertet,
sowie nach Größe differenziert betrachtet.
Überwiegend nahmen mit zusammen 60 % 1- und 2-Personen-Haushalte an dem
Projekt teil. Der Anteil teilnehmender Haushalte mit mehr als zwei Personen war im
Vergleich zur gesamten Stadt Bonn größer (Abbildung 3).
60
Stadt Bonn gesamt
Projekt Bonn 2009
50
%-Anteil
40
30
20
10
0
1
2
3
4
5+
Personen pro Haushalt
Abbildung 3: Verteilung der Haushaltsgrößen in der Stadt Bonn 2008 [STATISTIKSTELLE
BUNDESSTADT BONN 17.09.2012] und im Projekt (2009, n=360)
Der Stromverbrauch der teilnehmenden Haushalte entsprach den Durchschnittswerten,
wie sie in anderen Studien genannt werden (Abbildung 4). Die Haushalte der Teilnehmer
an dem Projekt zeigen daher, obwohl sie ein deutlich geringeres Einkommen aufweisen,
keine offensichtlichen Abweichungen zum Durchschnitt der Bevölkerung.
5000
Verband der Elektrizitätswirtschaft e.V. 2005
Energieagentur NRW 2008
4000
kWh/Jahr
Projekt Bonn 2009
3000
2000
1000
0
1
2
3
4
Personen pro Haushalt
Abbildung 4: Stromverbrauch nach den im Haushalt lebenden Personen im Bonner Projekt
(n=360) im Vergleich mit weiteren Studien [NICOLAI 2006 & ENERGIEAGENTUR NRW 2008]
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Auch die Ausstattung der Haushalte wich kaum von den Durchschnittswerten ab
(Abbildung 5). Ausnahmen waren die deutlich geringere Ausstattung mit Geschirrspülern
(36 % statt 67 % im Bundesdurchschnitt) und Wäschetrocknern (14 % statt 42 % im
Bundesdurchschnitt). Etwa die Hälfte der Haushalte (52 %) verfügte über eine
elektrische Warmwasserbereitung.
Statistisches Bundesamt 2009
Projekt Bonn 2009
Computer
Fernseher
Kühlen
Geschirrspüler
Trockner
Waschmaschine
elektrische
Warmwasserbereitung
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
1,6
1,8
Geräteanteil pro Haushalt
Abbildung 5: Ausstattung der Projekt-Haushalte mit Elektrogeräten (n=360) im Vergleich zu
den Zahlen des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 2009 [STATISTISCHES BUNDESAMT
2012]
Dies widerlegt die häufig geäußerte Hypothese, einkommensbenachteiligte Haushalte
hätten in der Regel einen erhöhten Stromverbrauch und seien überdurchschnittlich mit
stromfressenden Geräten ausgestattet.
Auswertung der Beratungsempfehlungen
Von allen Beratungen lagen standardisierte schriftliche Berichte des Ist-Zustandes zum
Zeitpunkt der Erstberatung, sowie der Beratungsthemen und möglicher abgeschätzter
Einsparpotenziale vor. Auf dieser Basis konnten die Empfehlungen genauer untersucht
werden.
sonstiges
Kochen
Trocknen
Waschen
Standby
Licht
Kühlen
Warmwasser
0
10
20
30
40
50
%-Anteil der Nennungen
Abbildung 6: Angesprochene Themen während der Beratung (n=360)
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Danach wurden die Themen Licht (ca. 60 %), Kühlen (ca. 50 %) und Standby (ca. 40 %)
am häufigsten angesprochen (Abbildung 6). Licht und Standby als Beratungsthema
wurden allerdings durch die Tatsache begründet, dass die Haushalte hierzu ein SofortPaket (zwei Energiesparlampen plus eine schaltbare Steckerleiste) überreicht bekamen.
Im Vordergrund der Beratung stand das Thema Nutzerverhalten zu Warmwasser (in
59 % der Haushalte mit elektrischer Warmwasserbereitung) und zu Trocknern (in 89,7 %
der Haushalte mit elektrisch betriebenen Wäschetrocknern).
Das Thema Kühlen wurde nach den Auswertungen häufig aus zwei Gründen beraten:
entweder waren Kühlgeräte offensichtlich alt und ein Austausch wurde nahe gelegt oder
die Kühlgeräte (Größe, Anzahl) waren der Haushaltsgröße nicht angemessen. Häufig
wurden die vorgefundenen Geräte geschenkt oder gebraucht erworben und bewirkten
einen deutlich zu hohen Verbrauch.
5. Evaluation Teil I: Befragung der Teilnehmer
Neben der quantitativen Auswertung der Beratungsberichte wurde eine Telefonbefragung bei 114 der beratenen Haushalte durchgeführt.
Die telefonische Befragung hatte in erster Linie zum Ziel, die Zufriedenheit der Beratenen
zu überprüfen und den Stand der Umsetzung individueller Einsparmaßnahmen zu
erfahren. Darüber hinaus wurden auch soziodemografische Daten aufgenommen. Die
Abbildung 7 zeigt die Altersverteilung der beratenen Personen.
20-30 Jahre
über 70 Jahre
51-70 Jahre
31-50 Jahre
Abbildung 7: Verteilung der beratenen Personen nach Altersstufen (n=114)
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Abgefragt wurde zudem, was die einkommensschwachen Haushalte dazu bewogen
hatte, an der Bonner Energiesparinitiative teilzunehmen. Abbildung 8 zeigt, dass
insbesondere Kostengründe den Ausschlag zur Teilnahme gaben - wenn nach dem
Hauptgrund gefragt wird. Als weiterer, aber eben auch weniger gewichtiger Grund, wird
auch Umweltschutz genannt.
konkrete Frage oder
technisches Problem lösen
weitere Gründe bei Mehrfachnennung
wichtigster Grund
Hinweise und Tipps zum
Energiesparen erhalten
Beitrag zum Umwelt- und
Klimaschutz leisten
Heizkosten verringern
Stromkosten verringern
kostenlose Energieberatung
nutzen
0
20
40
60
80
100
Antworten [%]
Abbildung 8: Beweggründe für die Teilnahme an der Bonner Energiesparinitiative
(gestützte Befragung; n=114)
Neben der Motivation zur Teilnahme stand die Untersuchung zur Zufriedenheit mit der
Beratungsleistung im Vordergrund der Evaluation. Ebenso wurde angefragt, ob der
Beratene empfohlene Stromsparmaßnahmen bereits umgesetzt habe.
62 % der befragten Haushalte waren insgesamt sehr zufrieden mit der
Energieberatung der Verbraucherzentrale NRW (Note 1), 35 % haben die
Energieberatung auf einer Skala von 1 bis 6 mit der Note 2 bewertet;
89 % der Haushalte wurden durch die Beratung motiviert, sich mehr um ihren
Energieverbrauch zu kümmern;
Zwei Drittel der Befragten haben Tipps und Empfehlungen zum Energiesparen an
Freunde und Bekannte weitergegeben;
84 % der Beratenen würden die Energieberatung der Verbraucherzentrale NRW
Freunden oder Bekannten weiterempfehlen;
97% der Haushalte haben die Tipps und Empfehlungen zum Energiesparen
umgesetzt.
Über das Stromsparen hinaus haben die Energieberater der Verbraucherzentrale NRW
die Haushalte auch zu Themen wie z.B. Abrechnungen, Heizungsregelung und
Warmwasserbereitung beraten. Abbildung 9 listet auf, welche Beratungsinhalte neben
dem Stromsparen behandelt wurden.
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Elektroheizung
Heizungsregelung
Heizungsanlage
Schimmel
Heizkostenabrechnung
Heizkosten
Warmwasserbereitung
Stromabrechnung
0
10
20
30
40
50
60
70
%-Anteil der Haushalte
Abbildung 9: Anteil der Haushalte, bei denen über das Stromsparen hinausgehende
Beratungsinhalte behandelt wurden (n=114)
6. Evaluation Teil II: Auswertung der Einspareffekte
Zentrales Ziel der zweiten Evaluationsphase war der Nachweis, welche tatsächlichen
Einspareffekte die durchgeführten Energieberatungen bewirkt haben. Dazu wurden die
Verbrauchsdaten der Haushalte vor und nach der Beratung erhoben und verglichen.
Da die Beratungen in den Jahren 2009 und 2010 stattfanden und nach der Beratung ein
komplettes Abrechnungsjahr vergangen sein sollte, konnte eine anschließende
Auswertung erst Ende 2011 begonnen werden.
Datenbasis
Es lagen zum Stichtag am 1. August 2012 Verbrauchsdaten (Jahresabrechnungen) von
460 Haushalten vor, die sich in 2009 zur Teilnahme an der Aktion „Energiesparinitiative
Bonn“ angemeldet hatten. Unter den verwertbaren Daten befanden sich 91 Haushalte,
die sich zwar zur Teilnahme angemeldet hatten, aber nicht beraten wurden und somit als
Kontrollgruppe dienen können. Von den verbleibenden Haushalten wurden nur solche
berücksichtigt, von denen ein komplettes Verbrauchsjahr vor der Beratung und
mindestens ein komplettes Jahr danach vorlag.
Für jeden Haushalt wurden zwei Abrechnungszeiträume verglichen und die
Veränderungen (Zu- oder Abnahme) ausgewertet. Dabei wurden die Verbrauchsabrechnungen jeweils auf ein Jahr normiert, da die Abrechnungen in der Regel nicht
exakt 365 Tage umfassen. Etwa 130 Datensätze waren nicht brauchbar, da die Daten
unvollständig (Umzug, Anbieterwechsel) oder offensichtlich unbrauchbar (Ablesefehler,
Schätzungen) waren.
Da zu allen beratenen Haushalten Daten über Personenzahl, Ausstattung,
angesprochene Themen und geschätztem Einsparpotenzial vorlagen, konnten
Untergruppen gebildet und detaillierter untersucht werden.
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Auswertung und Ergebnisse
40
Kontrollgruppe, n=91
Teilnehmergruppe, n=240
35
30
%-Anteil
25
20
15
10
5
0
<-40
´-40 bis -30 ´-30 bis -20 ´-20 bis -10
´-10 bis 0
´0 bis 10
´10 bis 20
20 bis 30
30 bis 40
> 40
Ab- bzw. Zunahme des Stromverbrauchs 2009 - 2010 [%]
Abbildung 10: Veränderung des Stromverbrauchs zwischen den Jahren 2009 und 2010;
Teilnehmer- und Kontrollgruppe
Die Veränderungen des Stromverbrauches der Haushalte schwanken sehr stark von
Abrechnungsjahr zu Abrechnungsjahr. Die Streuung des Jahresverbrauches
(Standardabweichung) beträgt etwa 15 % (siehe Abbildung 10). Sie ist in der beratenen
und nicht beratenen Gruppe etwa gleich und bei kleineren Haushalten größer als in
Mehrpersonen-Haushalten (1-Personen-Haushalte: 16 %, mehr als 3 Personen: 9 %).
Diese Streuung der gemessenen Daten ist bedingt durch eine Vielzahl nicht erfasster
Änderungen in den Haushalten, etwa der Personenzahl, der Geräteausstattung oder der
Nutzungsgewohnheiten.
Interpretiert man die Messergebnisse daher als Normalverteilung um einen statistischen
Mittelwert, so sinkt der Messfehler mit der Wurzel aus der Zahl der Messwerte.
Daher war es wichtig, eine ausreichend große Datenmenge zu erhalten, um eine
Veränderung des Mittelwerts als tatsächliche Verbrauchsminderung aufgrund der
Energieberatungen statistisch zuverlässig erkennen und nachweisen zu können.
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Gesamtergebnis
Basis der Auswertung war der Stromverbrauch der Haushalte vor der Beratung im Jahr
2008 oder 2009, sowie der Stromverbrauch ein Jahr nach der Beratung im Jahr 2011
oder 2011. Der Verbrauchswert im Jahr vor der Beratung dient als Referenzwert. Im
Schnitt konnte eine Verringerung des Stromverbrauchs in den ersten zwei Jahren nach
der Beratung von insgesamt -5 % erreicht werden. In den nicht beratenen Haushalten
stieg der Stromverbrauch im Vergleich zum Referenzzeitraum um +1,7 % an.
Im Vergleich der beiden Gruppen ergibt sich damit ein Einspareffekt von -6,7 % in den
ersten beiden Jahren nach der Beratung.
Tabelle 1: Entwicklung des Energieverbrauchs zwischen 2008/09 und 2010/11 im Vergleich
Teilnehmer- und Kontrollgruppe
Gruppe
Kontrollgruppe
Teilnehmergruppe
Anzahl
91
240
Verbrauch 2010/11
[kWh/a]
2073
2937
Veränderung
zu 2008/09
+1,7
-5,0
Statistischer
Fehler
2,0
1,1
Der statistische Fehler in der Berechnung der Mittelwerte liegt bei etwa ein bis zwei
Prozentpunkten.
Der mittlere Jahresverbrauch der nicht beratenen Kontrollgruppe ist geringer als
derjenige der beratenen Gruppe. Dies dürfte darauf zurückzuführen sein, dass
insbesondere kleinere Haushalte sich zwar angemeldet haben, dann aber aus
verschiedenen Gründen von der Teilnahme an der Aktion wieder zurückgetreten sind.
Verteilung der Einspar-Effekte nach Haushaltsgröße
Tabelle 2: Einspar-Effekte durch die Energieberatung
HH-Größe
Anzahl Teilnehmer
Einsparung
Standardfehler
1 Person
95
-9,1%
1,6%
2 Personen
57
-4,5%
2,1%
3 Personen
25
-3,6%
2,4%
4 + Personen
63
-2,3%
1,6%
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10,0
9,1
% - Einsparung
8,0
6,0
4,5
4,0
3,6
2,3
2,0
0,0
1
2
3
4+
Personen im Haushalt
Abbildung 11: Gemessene Einspareffekte im Bezug auf die Haushaltsgröße (n=240)
Die gemessene Stromeinsparung fällt je nach Haushaltsgröße unterschiedlich aus
(Abbildung 11).
Auffällig ist, dass die erzielte Einsparung mit -9,1 % in der Gruppe der 1-Personen
Haushalte am größten ist. Vermutlich ist das bessere Ergebnis durch die eigene
Entscheidung und Umsetzung zum Sparen vom Beratenen zu erklären. Diese
Personengruppe musste keine weiteren Mitglieder im Haushalt überzeugen, die vielleicht
gar kein Interesse an dem Thema haben.
Verteilung der Einspar-Effekte nach Beratungsthema:
Der Einfluss einzelner Beratungsthemen auf die erzielte Einsparung ist schwer
nachzuweisen, da in der Regel in einer Beratung mehrere Themen angesprochen
wurden (im Durchschnitt 2,2 Themen).
Tabelle 3: Erzielte Einspareffekte nach Themen
Thema
Warmwasser
Trockner
Waschen
Kühlen
Licht
Standby
Anzahl
83
27
23
119
145
105
erzielte Einsparung
-6,9%
-6,0%
-3,9%
-4,3%
-2,7%
-2,2%
Allerdings deutet die höhere erzielte Einsparung von -6,9 % darauf hin, dass mit dem
Beratungsthema Warmwasserbereitung der größte Einspareffekt zu erzielen ist. Hierbei
wurden überwiegend Verhaltensänderungen angesprochen, die sofort umsetzbar sind.
In der Gruppe der Ein-Personen-Haushalte, die zur elektrischen Warmwasserbereitung
beraten wurde, wird dies am deutlichsten: diese Gruppe (23 Teilnehmer) erzielte mit
-13,7 % Einsparung das mit Abstand beste Ergebnis.
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7. Zusammenfassung und Fazit
Das Projekt „Energiesparinitiative Bonn“ wurde 2008 von der Stadt Bonn den
Stadtwerken Bonn und der Verbraucherzentrale NRW initiiert, um einkommensschwache
Haushalte bei der Bewältigung ihrer Probleme mit hohen Strom- und Heizkosten zu
helfen und Tipps zur Senkung der Energiekosten zu geben. Neben der Beratung vor Ort
war die Eigenevaluation wichtiger Bestandteil des Projektes. Folgende Ergebnisse
wurden durch das Projekt erzielt:
Insgesamt nahmen im Laufe des Projektes 460 Haushalte an der Vor-Ort-Beratung der
Verbraucherzentrale NRW teil. Diese Haushalte konnten eine mittlere Einsparung ihres
Stromverbrauches von -5,0 % innerhalb drei Jahren durch die Beratung erzielen.
Vergleicht man Teilnehmergruppe und Kontrollgruppe, so kann man eine Differenz und
damit einen Einspareffekt von -6,7 % beobachten. Bei einem durchschnittlichen
Stromverbrauch von 2.900 kWh/Jahr bedeutet eine Minderung um -6,7 %, eine
Energieeinsparung von jährlich 190 kWh und eine Kostenentlastung von rund 45 Euro
pro Haushalt und Jahr.
Von den Beratern wurde ein mittleres theoretisches Einsparpotenzial aller Haushalte von
-18 % abgeschätzt. Dies liegt erheblich über den erreichten Werten, wobei die
empfohlenen Maßnahmen häufig auch Investitionen wie den Austausch älterer
Kühlgeräte enthielten. Da in dem Projekt Haushalte mit geringem Einkommen beraten
wurden, dürften solche Investitionen trotz der grundsätzlichen Bereitschaft der
Verbrauchere häufig nicht umgesetzt werden können.
Insbesondere die 1-Personen Haushalte wurden besonders effektiv erreicht: sie zeigen
die besten Einsparerfolge. Ein Grund könnte sein, dass die Empfehlungen einzig von der
beratenen Person umgesetzt werden müssen und die "Überzeugungskraft“ des Beraters
hier am besten wirken kann. Hinweis hierauf geben die Daten der Haushalte mit
Warmwasserbereitung durch Strom, denn hier geht es fast immer um eine reine
Nutzungsänderung, die sofort umgesetzt werden kann. Insbesondere 1-PersonenHaushalte, die zur elektrischen Warmwasserbereitung beraten wurden, haben mit einer
Einsparung von -13,7 % daher auch überdurchschnittlich gute Ergebnisse erreicht.
Insgesamt konnten im ersten Jahr nach der Beratung in den 240 untersuchten
Haushalten 40.000 kWh gegenüber dem Vorjahr eingespart werden. Dies entspricht
einem Gegenwert von etwa 10.000 Euro. Die vermiedenen CO2-Emissionen werden mit
rund 11 Tonnen pro Jahr beziffert.1
Damit zeigt sich, dass Energieberatung zwar einerseits eine deutliche Verbrauchsreduzierung im Bereich -5-10 % erreichen kann. Dies wird aber nicht reichen, um eine
erhebliche Budgetentlastung der einkommensbenachteiligten Haushalte zu erwirken und
Stromsperren zu verhindern.
Auch eine deutliche Verringerung des Stromverbrauches der Haushalte, wie sie in
ambitionierten Klimaprogrammen gefordert werden, ist vermutlich durch eine
Stromsparberatung allein nicht zu leisten. Hierzu ist ergänzend der Einsatz weiterer
Maßnahmen zu prüfen:
1
Angenommen wurde hierbei ein Wert von 279g CO2/kWh für den Bonner Strom-Mix, Stand 2010
[PRANGEMEIER 2012]
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Verbraucherzentrale NRW
Stromtarife, die durch entsprechende Ausgestaltung mehr finanzielle Anreize zum
Stromsparen setzen (Positionspapier „Stromspartarif: Finanzielle Anreize
kombiniert mit geringem Verbrauch“ [VERBRAUCHERZENTRALE NRW 2008]);
Finanzielle Hilfen zur Anschaffung energieeffizienter Geräte in Form von
Zuschüssen oder einem "Mini-Contracting" (Pressemitteilung v. 12.09.2011
„Erstberatung bei Energieschulden in Wuppertal“ [VERBRAUCHERZENTRALE NRW
2011]);
Budgetberatung von Haushalten, die von Stromsperren bedroht sind und die
vorrangig Hilfe zur Bewältigung ihrer finanziellen Probleme brauchen (Beschluss
der Mitgliederversammlung der Verbraucherzentrale NRW v. 04.07.2012: „NRW
bekämpft Energiearmut“ [VERBRAUCHERZENTRALE 2012 2]);
Beratung zur Auswahl eines geeigneten Tarifes oder Stromanbieters („ÖkostromTarifrechner“ [VERBRAUCHERZENTRALE NRW 2012 1]);
Darüber hinaus ist eine Evaluation und genaue Analyse aller Programme bezüglich ihrer
tatsächlichen Wirkung erforderlich.
Erst durch die Summe mehrerer Maßnahmen wird es gelingen, dauerhaft nachhaltige
Stromeinsparung in den Haushalten zu erwirken und Stromsperren und "Energiearmut"
in einkommensbenachteiligten Haushalten zu vermeiden.
In der Stadt Bonn wird dieses Projekt seit 2011 in Kooperation mit dem Caritas-Verband
weiter fortgeführt. Die eigentliche Stromsparberatung wird dabei überwiegend von den
Stromsparhelfern der Caritas übernommen. Weiterführende und komplexere Strom- und
Energieberatungen übernehmen als Folgeberatung die Berater der Verbraucherzentrale
NRW.
In 2011 wurde die "Energiesparinitiative Bonn" mit einem Energieeffizienzpreis "best
practice Energieeffizienz" der Deutschen Energieagentur (dena) ausgezeichnet.
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Verbraucherzentrale NRW
Literatur
Energieagentur NRW (2008): Stromverbrauch in Haushalten nach der Anzahl der Personen im Jahre 2008
Nicolai, Patricia 2006: VDEW zur Energieeffizienz: Stromverbrauch der Haushalte
wächst gering / Im statistischen Mittel nutzt jeder Haushalt 3.074 Kilowattstunden Strom
im Jahr / Energiebewusstsein bringt Sparerfolge und entlastet die Haushaltskasse. Pressemitteilung vom 18.09.2006
Prangemeier, Thomas (2012): Strompreisvergleich von Verivox. Bonn Home Web.
http://www.verivox.de/power/, Abruf vom 17.09.2012
Schlomann, B., E. Gruber, W. Eichhammer, N. Kling, J. Diekmann, H.-J. Ziesing, H. Rieke, F. Wittke, T. Herzog, M. Barbosa, S. Lutz, U. Broeske, D. Merten, D. Falkenberg, M.
Nill, M. Kaltschmitt, B. geiger, H. Kleeberger und R. Eckl (2004): Energieverbrauch der
privaten Haushalte und des Sektors Gewerbe, Handel, Dienstleistungen (GHD). Projektnummer 17/02 - Abschlussbericht an das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit.
Karlsruhe, Berlin
Schroeder, Wulf-Peter (2008): Stadtwerke starten Energiespar-Modell. In: Bonner Rundschau, 20.12.2008
Statistisches Bundesamt (2012): Ausstattung mit Gebrauchsgütern.
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/EinkommenKonsumLebens
bedingungen/AusstattungGebrauchsguetern/AusstattungGebrauchsguetern.html, Abfrage vom 17.09.2012
Statistikstelle der Bundesstadt Bonn: Haushaltsgrößen 2008, telefonische Auskunft v.
17.09.2012
Verbraucherzentrale NRW e.V. (2008): Stromspartarif: Finanzielle Anreize kombiniert mit
geringem Verbrauch. http://www.vz-nrw.de/UNIQ134847204506396/Ein-JahrErstberatung-bei-Energieschulden-Soforthilfe-als-Erfolgsmodell-1
Verbraucherzentrale NRW e.V. (2011): Ein Jahr „Erstberatung bei Energieschulden“. Soforthilfe als Erfolgsmodell. Pressemitteilung vom 12.09.2011. http://www.vznrw.de/UNIQ134847204506396/Ein-Jahr-Erstberatung-bei-Energieschulden-Soforthilfeals-Erfolgsmodell-1
Verbraucherzentrale NRW e.V. (2012): Bundesweiter Ökostrom-Tarifrechner.
http://www.vz-nrw.de/UNIQ134847204506396/www.vz-nrw.de/stromtarif.html
Verbraucherzentrale NRW e.V. (2012): NRW bekämpft Energiearmut. Beschluss der
Mitgliederversammlung der VZ NRW am 04.07.2012. http://www.vznrw.de/mediabig/219001A.pdf