Schlecker schließt jede zweite Filiale - E-Paper - Rhein

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Schlecker schließt jede zweite Filiale - E-Paper - Rhein
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Was wird
aus Europa?
Stadt prüft Baukosten:
Wie teuer wird der
City-Halt wirklich?
Eine Analyse der Euro-Krise und
ihrer Folgen. Forum
Obergrenze bei 17,5 Millionen Euro. Seite 17
DONNERSTAG, 1. MÄRZ 2012 | 67. JAHRG. | NR. 52
G 5912 | B0 | KOBLENZ | 1,40 EURO
UNABHÄNGIGE TAGESZEITUNG – SEIT 1946
Schlecker schließt jede zweite Filiale
Kompakt
Fehlstart ins EM-Jahr:
1:2 gegen Frankreich
Insolvenz 11 750 Beschäftigte müssen um ihre Jobs bangen – Drogeriekette fuhr monatlich zweistellige Millionenverluste ein
Von Johannes Wagemann
vergangenen Jahren habe Schlecker hohe Verluste eingefahren.
Allein im vergangenen Jahr schrieb
die Drogeriekette demnach rote
Zahlen in Höhe von rund 200 Millionen Euro. Jeden Monat erlitt die
Kette zuletzt zweistellige Millionenverluste, berichtete Geiwitz. Mit
Blick auf die branchenüblichen
Bruttoumsatzzahlen habe Schlecker 2011 zwar rund 5 Milliarden
Euro erlöst. Netto waren es laut
Geiwitz aber nur noch knapp 4 Milliarden Euro.
M Frankfurt/Ehingen. Die insolvente Drogeriekette Schlecker
schließt jede zweite Filiale und
streicht fast die Hälfte der Arbeitsplätze. 11 750 Beschäftigte müssen
jetzt um ihre Jobs bangen. Wie der
vorläufige
Insolvenzverwalter
Arndt Geiwitz in Frankfurt ankündigte, bleiben lediglich rund 13 500
Arbeitsplätze in Deutschland erhalten. „Das ist ein überlebensnotwendiger Einschnitt.“
Von den einst rund 6000 Geschäften der Stammmarke des Familienkonzerns aus dem schwäbischen Ehingen sollen nur rund
3000 fortgeführt werden. Die Radikalkur hat begonnen: Schon in
jüngster Zeit wurden zahlreiche Filialen dichtgemacht. In RheinlandPfalz sind laut der Gewerkschaft
Verdi etwa 300 Filialen bedroht,
rund 1000 Menschen müssen um
ihre Arbeitsplätze fürchten.
Verhandlungen über Sozialplan
Geiwitz kündigte Verhandlungen
mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften über einen Sozialplan an. Ausgenommen von den
harten Einschnitten ist zunächst die
Tochter IhrPlatz mit rund 6000 Arbeitsplätzen und etwa 660 Filialen.
Die Lage ist nach den Worten
des Insolvenzverwalters schlechter,
als er es zunächst erwartet hatte.
„Die Analyse des Schlecker-Konzerns fällt in gewisser Weise dramatisch aus“, sagte Geiwitz. In den
Ohne Verluste auf Investorensuche
Ziel ist nun, im April ohne Verluste
ins Insolvenzverfahren zu starten.
Dabei müssten sowohl die Lieferanten als auch andere Gläubiger
wie Vermieter und nicht zuletzt die
Mitarbeiter befriedigt werden. Die
Familie bleibt im Boot, aber ihre zukünftige Position ist noch völlig offen, sagte Geiwitz. Schlecker hatte
am 23. Januar beim Amtsgericht
Ulm Insolvenz beantragt, kurz danach folgte die Tochter IhrPlatz.
Die Schlecker-Auslandstöchter sind
bislang nicht insolvent.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens darf Schlecker aus Sicht
des Verwalters nicht mit Verlusten
weitergeführt werden. Sonst ließen
sich keine möglichen Investoren
finden. Geiwitz strebt an, externes
Geld ins Unternehmen zu holen.
Dazu ist auch eine Investmentbank
eingeschaltet worden.
Das traurige Bild wird bald öfter zu sehen sein: Schlecker schließt die Hälfte der Filialen.
Ring: Land klagt
Pacht Streit spitzt sich zu
– Ausbau wird ständig um
weitere Millionen teurer
M Rheinland-Pfalz. Im Streit über
die Zukunft am Nürburgring hat
Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD) gegen die gekündigten Betreiber jetzt die Räumungsklage „auf den Weg gebracht“.
Grund: Die Betreiber haben nicht,
wie vom Land ultimativ gefordert,
den Ring am Mittwoch geräumt.
Parallel bietet Ministerpräsident
Kurt Beck (SPD) im Streit um millionenschwere Pachtzahlungen den
Betreibern Jörg Lindner und Kai
Richter auch schriftlich ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren mit einem Berufsrichter an. Damit will er einen jahrelangen
Rechtsstreit verhindern. „Wir werden die Trennung nicht erkaufen“,
versicherte Lewentz aber auch.
Falls jedoch ein Schlichter finanzielle Ansprüche der privaten Nür-
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Tages-Thema
burgring Automotive GmbH (NAG)
aus dem Betriebspachtvertrag ableitet, werde man sie akzeptieren.
Die NAG will nach eigener Aussage keineswegs das Feld räumen.
Sie legt den Vertrag ganz anders
aus. Sie hatte vielmehr eine Klage
gegen die Trennung und auf 25,9
Millionen Euro Schadenersatz angekündigt. Lewentz sagt: „Ich kenne diese Klage noch nicht.“ Sie ist
auch bisher nicht beim Landgericht Koblenz eingegangen.
Unterdessen wird der für 330
Millionen Euro gigantisch ausgebaute Nürburgring immer teurer:
Allein für Rechtsberatung und externe Prüfung hat die nahezu landeseigene Nürburgring GmbH erneut 8,3 Millionen Euro in den Jahren 2010 und 2011 ausgegeben.
Das erfuhr der CDU-Abgeordnete
Alexander Licht. Für ihn stellt sich
die Frage, warum das Land nicht
die eigenen Juristen einbindet und
auf seine Fachbeamten hört.
us
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WETTER
15º bewölkt. Auch
wenn sich der Nebel
aufgelöst hat, bleibt
es meist stark bewölkt. Immerhin fällt
jedoch kaum Regen
bei recht milden 11
bis 15 Grad.
Wetter Seite 32
Foto: dpa
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Ehrensold für Wulff
Bundespräsidialamt Ansprüche werden verrechnet
Nachwuchs für Ruanda
30 Jahre ist die Graswurzelpartnerschaft zwischen RheinlandPfalz und dem ostafrikanischen
Ruanda alt. Im Jubiläumsjahr will
das Land vor allem junge Menschen für das Projekt gewinnen.
Aus gutem Grund: Diejenigen, die
einst die Freundschaftsbande
knüpften, sind in die Jahre gekommen. Noch fehlt der Nachwuchs. Daher organisiert das Innenministerium im Oktober eine
Delegationsreise junger Leute
nach Afrika. Zudem wirbt es für
mehr Schulpartnerschaften.
Mehr auf Tages-Thema
M Berlin. Ungeachtet der heftigen
öffentlichen Kritik bekommt der
zurückgetretene Bundespräsident
Christian Wulff bis zum Lebensende einen Ehrensold vom Staat.
Allerdings werden die künftigen
Versorgungsansprüche aus seiner
Tätigkeit als niedersächsischer Ministerpräsident sowie als Landtagsabgeordneter angerechnet. Das
Ruhegeld dürfte sich für den 52jährigen Wulff, der bereits nach
rund 20 Monaten aus dem Amt
schied, auf knapp 200 000 Euro im
Jahr belaufen. Es wird in voller Höhe besteuert.
Die Versorgungsansprüche aus
der Zeit als Ministerpräsident werden mit 60 Jahren fällig, die aus
der Abgeordnetentätigkeit mit 57
Jahren. Neben dem Ruhegeld werden für Ex-Bundespräsidenten auch
Sach- und Personalkosten für Büro
mit Sekretariat, persönlichen Referenten und Chauffeur übernommen, die durchschnittlich bei
280 000 Euro im
Jahr liegen.
Das
Bundespräsidialamt entschied bereits zwei
Wochen nach dem
Rücktritt über das
heftig umstrittene
Ruhegeld
für
Christian
Wulff. Das Amt arWulff
gumentierte: „Die
Voraussetzungen für den Ehrensold (...) sind erfüllt. Bundespräsident Christian Wulff ist am 17. Februar 2012 aus politischen Gründen
aus seinem Amt ausgeschieden.“
Weiter hieß es: „Es waren objektive Umstände für eine erhebliche
und dauerhafte Beeinträchtigung
der Amtsausübung gegeben.“ Das
Präsidialamt stellte zudem klar,
dass die Behörde für die Entscheidung über den Ehrensold und dessen Festsetzung zuständig sei. Es
handele sich aber nicht um eine Ermessensentscheidung.
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überfallen. Jetzt fiel
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Jahre ins Gefängnis.
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Bernanke haben den
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6856,08 Punkten.
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M Bremen. Den Auftakt ins EMJahr hatte sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft sicher
anders vorgestellt. Im Testspiel
gegen Frankreich, zugleich die
letzte Partie vor der EM-Nominierung im Mai, gab's in Bremen ein
1:2 (0:1). Vor 37 800 Zuschauern
offenbarte das Team von Trainer
Joachim Löw vor allem in der Abwehr Defizite und versäumte es
zudem, seine klaren Möglichkeiten
zu nutzen. Die Tore der Franzosen
erzielten Olivier Giroud (21.) und
Florent Malouda (69.), für das 1:2
sorgte der eingewechselte Cacau.
Mehr im Sport
11,4 Prozent der Kinder
im Land gelten als arm
M Berlin/Rheinland-Pfalz. Die Kinderarmut in Rheinland-Pfalz ist laut
einer Studie des Paritätischen Gesamtverbandes im Ländervergleich
mit am niedrigsten. 11,4 Prozent
der Kinder unter 15 Jahren im Land
müssen ihr Leben mithilfe von
Hartz-IV-Leistungen bestreiten.
Bessere Quoten verzeichnen nur
Baden-Württemberg (8 Prozent)
und Bayern (6,8 Prozent). Bundesweit wachsen 14,9 Prozent der
Kinder in Armut auf. Die rheinlandpfälzische Arbeitsministerin Malu
Dreyer (SPD) sieht darin einen Beleg dafür, „dass sich aktive Arbeitsmarktpolitik, Bildung und Investitionen im sozialen Bereich
auszahlen“. Dazu gehörten die
Beitragsfreiheit der Kitas, Lernmittelfreiheit und der Ausbau der
Ganztagsschulen. Als „besonders
besorgniserregend“ wertet der Paritätische Gesamtverband die Entwicklung im Ruhrgebiet. Zuwächse
von 48 Prozent bei der Kinderarmut
kämen dort einem „armutspolitischen Erdrutsch“ gleich.
Forum: Kommentar
Mehr auf Politik
Die gute Nachricht
Land will Gartenschauen
weiter gedeihen lassen
Sparzwänge hin, Sparzwänge her:
Rheinland-pfälzische Landesgartenschauen soll es nach dem Willen von Umweltministerin Ulrike
Höfken (Grüne) auch nach dem für
2014 in Landau geplanten Blumenfest geben. „Ich werde mich
für weitere Landesgartenschauen
nach 2014 in Rheinland-Pfalz einsetzen“, sagte die Ministerin bei einem Besuch beim Landesverband
Gartenbau. Bisher gab es Landesgartenschauen in Kaiserslautern
(2000), Trier (2004) und Bingen
(2008). Vergangenes Jahr war Bundesgartenschau in Koblenz, weshalb die nächste Landesgartenschau erst für das übernächste Jahr
geplant ist.
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