zielmarktinformationen augenoptik in brasilien

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zielmarktinformationen augenoptik in brasilien
BMWi-Markterschließungsprogramm für KMU (A)
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ZIELMARKTINFORMATIONEN
AUGENOPTIK IN BRASILIEN
30.11. – 05.12.2014
São Paulo, Campinas, Rio de Janeiro
Impressum
Herausgeber
enviacon international
Martin-Buber-Str. 24, 14163 Berlin, Tel.: 03081488410, Fax: 030814884110, Kontakt: Dania
Schüürmann, [email protected], www.enviacon.com
Stand
11/2014
Druck
enviacon international
Gestaltung und Produktion
enviacon international
Bildnachweis
Thiago Leite - shutterstock.com
John Copland – shutterstock.com
Redaktion/Autor/en
Dania Schüürmann, enviacon international
Kristina Kramer, enviacon international
Die Studie wurde im Rahmen des BMWi-Markterschließungsprogramms für das Projekt
Markterkundung Brasilien Augenoptik erstellt und aufgrund eines Beschlusses des Deutschen
Bundestages durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert.
Disclaimer
Das Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Die Zielmarktanalyse steht
dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und Germany Trade & Invest sowie geeigneten
Dritten zur unentgeltlichen Verwertung zur Verfügung.
Sämtliche Inhalte wurden mit größtmöglicher Sorgfalt und nach bestem Wissen erstellt. Der
Herausgeber übernimmt keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit oder Qualität der
bereitgestellten Informationen. Für Schäden materieller oder immaterieller Art, die durch die Nutzung
oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen unmittelbar oder mittelbar verursacht werden, haftet
der Herausgeber nicht, sofern ihm nicht nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden
zur Last gelegt werden kann.
2
Inhaltsverzeichnis
Einleitung .................................................................................................................................................................................. 4 Der brasilianische Augenoptiksektor heute ........................................................................................................................ 4 Zukünftige Marktentwicklungen ............................................................................................................................................ 5 Preisniveau ............................................................................................................................................................................... 6 Regelungen & Verschreibungspflicht .................................................................................................................................. 8 SWOT–Analyse ........................................................................................................................................................................ 8 Politische Rahmenbedingungen ........................................................................................................................................... 9 Rechtliche Rahmenbedingungen ........................................................................................................................................ 10 Technische und logistische Voraussetzungen und Verfahren ........................................................................................ 12 Einstiegs- und Vertriebsinformationen ............................................................................................................................... 12 Steuerliche Rahmenbedingungen ........................................................................................................................................ 13 Kontaktadressen .................................................................................................................................................................... 15 Messen ................................................................................................................................................................................. 15 Fachverbände ...................................................................................................................................................................... 15 Handelsvertretungen .......................................................................................................................................................... 15 Behörden.............................................................................................................................................................................. 16 3
Einleitung
Im Auftrag des BMWi organisiert das Beratungsunternehmen enviacon international eine Markterkundungsreise zum
Thema Augenoptik nach Brasilien. Die Markterkundung bietet deutschen KMU aus der Augenoptikbranche aktuelle
Informationen aus erster Hand zum Markteinstieg in Brasilien und zu den Chancen dieses wachsenden Absatzmarktes.
Im Rahmen des Programms bekommen die teilnehmenden Unternehmen die Möglichkeit, mit Marktakteuren der
brasilianischen augenoptischen Industrie, Vertriebsketten, Distributoren und Augenoptikern in Kontakt zu treten, an
einer spezifischen Informationsveranstaltung mit Expertenvorträgen zu Marktbedingungen, Trends und rechtlichen
Rahmenbedingungen teilzunehmen sowie einen Eindruck von der lokalen Produktion zu gewinnen.
Der bisher weitestgehend von großen internationalen Unternehmen bestimmte Markt konzentriert sich im Wesentlichen
auf die Ballungsräume im Südosten des Landes, insbesondere auf den Bundesstaat São Paulo. Aus diesem Grund sind die
Metropolregionen São Paulo und Rio de Janeiro die Zielorte der Markterkundungsreise. Hier können die Teilnehmer
bestmöglich Beziehungen zu brasilianischen Branchenvertretern, Distributoren und Experten aufbauen und für die
Vorbereitung einer möglichen Markterschließung nutzen.
Die Markterkundungsreise findet im Rahmen des Markterschließungsprogramms des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Energie (BMWi) statt. Unterstützt wird die Veranstaltung durch das Centro Empresarial de Estudos
Internacionais (CEEI) in São Paulo, den Deutschen Industrieverband für optische, medizinische und mechatronische
Technologien e.V. (Spectaris) sowie den Lateinamerika Verein e.V. (LAV).
Der brasilianische Augenoptiksektor heute
Der brasilianische Markt für Augenoptik hat ein großes Wachstumspotential vorzuweisen. Allein in den letzten drei
Jahren hat er seine Größe nahezu verdoppelt. Im Jahr 2013 lag der Jahresumsatz laut des Fachverbandes Abióptica bei
BLR 23,3 Milliarden. Zwischen 2007-2013 ist der Sektor, der ca. 150.000 Beschäftigte zählt, um 153% gewachsen. Auch
die Anzahl von verschreibungspflichtigen Brillen nimmt zu. Als weiterer Wachstumstreiber wird das spürbar gestiegene
Einkommen in Haushalten der unteren Einkommensschichten angeführt, sowie die konsumfreudige und trendbewusste
Mittelschicht, die im Segment der Modebrillen und Sonnenbrillen eine entscheidende Rolle spielt. Im medizinischen
Bereich wird der immer älter werdenden Bevölkerung große Bedeutung beigemessen. Negativ auf den Wachstumstrend
wirken sich die Auslandseinkäufe sowie der informelle Markt aus.
Milliarden
Der mit Abstand größte Absatzmarkt befindet sich im
Südosten, gefolgt vom Süden, Nordosten und Norden
Umsatz im Optiksektor in BRL
Brasiliens. Diese Aufteilung wird auch durch die
geografische Verteilung der Optikergeschäfte
29
widergespiegelt, von denen sich 44,7% im Südosten
27
befinden. Gut ein Viertel der Geschäfte konzentriert sich
25
im Großraum São Paulo. Allerdings ist zu erwähnen, dass
der Augenoptikmarkt im Zeitraum von 2006-2013 die
23
größten Wachstumsraten im Norden, Nordosten und
21
Zentralbrasilien verzeichnet.1 Insgesamt gibt es in Brasilien
19
um die 23.000 Fachgeschäfte, viele davon sind kleine und
17
unabhängige Optiker. Zwischen 2008 und 2012 konnte der
Sektor ein Umsatzwachstum von 90% verzeichnen.
15
2012
2013
2014
Die brasilianische Mittelschicht (Klasse B und C)2 ist mit
87% der größte Konsument von augenoptischen
Quelle: Folha de Sao Paulo
Produkten. Die meistgekauften Artikel mit einem
Marktanteil von 66% sind Brillengestelle (inkl. Sonnenbrillen), gefolgt von Brillengläsern (inkl. Sonnenbrillen) (17%),
Kontaktlinsen (13,4%) und Accessoires (3%).
1
Abiotica 2014 Classe A: über BRL 10.200, Classe B: über BRL 5.100, Classe C: über BRL 2.040, Classe D: über BRL 1.020, Classe E: unter BRL 1.020
(http://thebrazilbusiness.com/article/social-classes-in-brazil)
2
4
Besonders Sonnenbrillen sind beliebt. Nach einer Umfrage der Zeitschrift VIEW (http://www.viewmagazine.com.br/)
besitzen die Brasilianer im Schnitt 3 Sonnenbrillen. Traditionell sind die Verkaufszahlen in diesem Segment hoch.
Sowohl beim Kauf von Sonnenbrillen als auch beim Kauf von Sehhilfen steht neben Preis und Service für viele Brasilianer
vor allem das Design im Vordergrund. Auch beim Kauf neuer Brillengestelle ist das Modebewusstsein ein entscheidender
Faktor, sodass sich gute Absatzmöglichkeiten für (deutsche) Erzeugnisse mit ansprechendem Design ergeben. Zudem
wird zunehmend auf die Qualität der Brillengläser geachtet.3 4
Im Bereich der augenoptischen Labore, die zu 63% Service- und Montagearbeiten übernehmen (Einzelhandel 37%),
werden importierte Produkte für ihre Qualität und Technologie geschätzt. Von ihren Zulieferern verlangen Labore
Qualität, Garantie und Preise unter dem Marktdurschnitt. Des Weiteren schätzen sie ein gutes Arbeitsklima zwischen
ihnen und ihren Zulieferern. Als Herausforderung für den Laborbereich werden beim Import von augenoptischen
Produkten die Einfuhrsteuern und langwierige bürokratische Prozesse angeführt, die zu höheren Preisen, Verzögerungen
bei der Auslieferung und Engpässen führen.5
Zukünftige Marktentwicklungen
Optimistischen Prognosen zufolge wird davon ausgegangen, dass der Markt bis 2017 von BLR 19,5 (2012) auf BLR 39,2
Milliarden um ca. 100% auch weiterhin wachsen wird. Allerdings sanken laut Manuel Carlos Pessanha, Geschäftsführer
der Vertriebskette Óticas do Povo, die jährlichen Ausgaben pro Konsument von BRL 365 in 2012 auf BLR 310 im Jahr
2013.6 Im Jahr 2012 hatten ca. 43% aller Brasilianer Sehstörungen und es wird prognostiziert, dass aufgrund von einer
verbesserten Gesundheitsaufklärung durch Regierungsprogramme die Zahl der Brillenträger steigen wird. Des Weiteren
wird derzeit ein Gesetzesentwurf7 diskutiert, der einen jährlichen Sehtest für Grund- und Mittelschüler vorsieht. Wenn
das Gesetz zur Anwendung kommen sollte, wird damit gerechnet, dass tendenziell mehr Personen eine Sehhilfe
benötigen werden und der Absatzmarkt für medizinische Brillen und Kontaktlinsen wachsen wird.
Da Piraterieprodukte ein großes Problem darstellen, investieren Brillenhersteller, Importeure und Unternehmen in
Premiumprodukte, die von Fälschern technisch nicht leicht kopiert werden können. Des Weiteren wird über das Design
auf das Modebewusstsein der Brasilianer gesetzt und
Brillen als Modeaccessoire produziert. Neben der
Konsum von Brillen nach Region
Premiumproduktion geht die Tendenz auch hin zur
Norden
Nordosten
Süden
Südosten
Westen
Massenproduktion in günstigeren Segmenten, bei der
von Skaleneffekten profitiert werden kann. Insgesamt
3%
lässt sich eine Vertikalisierung der Produktionskette
beobachten, vor allem zwischen Produktion und
7% Vertrieb. Immer mehr Hersteller augenoptischer
16% Produkte übernehmen auch den direkten Vertrieb
ihrer Waren an den Einzelhandel, der sich derzeit in
einem Konzentrationsprozess befindet. So haben sich
16% drei bis vier große Handelsketten herauskristallisiert.
Zu den großen Ketten zählen beispielsweise Óticas
58% Carol und Otícas Diniz. Des Weiteren gab es neben
Synergien zwischen Produzenten verschiedener
Produkte (z. B. Gläser und Gestelle) in den letzten
Jahren vermehrt Fusionen und Akquisitionen.8
Quelle: View Magazine 2012
3 http://www.opticanet.com.br/secao/opticanobrasil/6816/mercado-optico-crescera-100-em-cinco-anos-aponta-estudo/ler.aspx
http://www1.folha.uol.com.br/colunas/mercadoaberto/2013/12/1379863-setor-optico-crescera-em-2013-menos-que-a-projecao-inicial.shtml
4 Quelle Grafik: Folha de Sao Paulo: http://www1.folha.uol.com.br/colunas/mercadoaberto/2013/12/1379863-setor-optico-crescera-em-2013-menosque-a-projecao-inicial.shtml
5View Magazine 2012 „Os números da óptica no Brasil“
6 http://www1.folha.uol.com.br/colunas/mercadoaberto/2013/12/1379863-setor-optico-crescera-em-2013-menos-que-a-projecao-inicial.shtml
7 Gesetzesentwurf nº 6868/2010
8 Abiotica 2010
5
Im Bereich des E-Commerce besteht großer Nachholbedarf. Nur wenige Händler (ca. 6%) haben die Wichtigkeit dieses
Segmentes erkannt und bieten ihre Waren über den Onlinehandel an. Dahingegen wollen 78% nicht in diesen Bereich
investieren.
Zurzeit werden 78% der Produkte importiert. Allerdings soll der Anteil der Importe innerhalb von ca. 10 Jahren auf 50%
reduziert werden, dementsprechend wird die nationale Produktion gefördert. Neben Global Playern wie Essilor und Carl
Zeiss, dominieren den Markt für medizinische Brillen Hoya und GO Eyewear. Viele der großen Unternehmen haben eine
lokale Produktion aufgezogen oder sich durch Übernahmen brasilianischer Unternehmen Produktionsstätten im Land
gesichert. So hat die italienische Luxottica 2011 60% an Tecnol, die in Campinas produzieren, erworben. Für Essilor aus
Frankreich ist Brasilien mittlerweile zum drittwichtigsten Markt avanciert und wird mit einem Wachstum von 20 – 25%
pro Jahr Frankreich an Platz zwei ablösen. Die Vertriebskette Fotótica wurde 2007 von Hal Investments B.V. aus den
Niederlanden aufgekauft. Óticas Carol, die
zweitgrößte Vertriebskette des Landes, wurde 2013
Marktanteil nach sozialer Schicht
vom Investmentfond 3i für R$ 108 Mio.
A B C D/E
übernommen. 9 Chili Beans hat sich als Marktführer
im Bereich Sonnenbrillen herauskristallisiert.
2%
Übernahmen gibt es nicht nur durch die großen
globalen Player, auch einheimische Unternehmen
mischen mit. So hat JR-Adamver Indústria e
Comércio de Produtos Ópticos Ltda, ein
Unternehmen, das auf Entwicklung, Produktion und
Vertrieb von Brillen spezialisiert ist und zudem für
die beliebte brasilianische Marke Mormaii
produziert, Optilatina übernommen. Optilatina
wiederum produziert für Colcci Eyewear (modische
Unisexbrillen) und Absurda.
12%
Quelle: View Magazine 2012
41%
45%
Quelle: View Magazine 2012
Preisniveau
Zum Preisniveau muss festgestellt werden, dass bei Modellen höherer Qualität die Preise denen von Ländern wie
Deutschland ähneln. Markensonnenbrillen werden aufgrund der hohen Preise in Brasilien noch vorzugsweise direkt im
Ausland gekauft. Brillengläser aus Glas machen in Brasilien laut Fachverband nur 1 bis 2% der Verkäufe aus, die
Mehrheit ist aus CR 39-Kunststoff, der leichter und stoßfester ist, sowie im höheren Preissegment Polykarbonat. Die
beliebtesten Fassungen sind aus Titanium. Die Kunststoffe für Fassungen und Brillengläser werden zum großen Teil
importiert, weshalb sie im Vergleich zu komplett lokal gefertigten Produkten sehr teuer sind.
Durchschnittliche Ausgaben beim letzten augenoptischen Einkauf (in BRL)10
9
verschreibung
spflichtige
Brillengestelle
Brillengläser
mit Sehstärke
Sonnenbrillen
Sonnenbrillen
mit Sehstärke
eingefärbte
Kontaktlinsen
Kontaktlinsen
Accessoires
Vertriebskette (Straße)
468
447
384
594
326
501
287
unabhängiger
Einzelhandel (Straße)
483
439
334
428
401
434
370
Vertriebskette
(Shoppingcenter)
unabhängiger
Einzelhandel
(Shoppingcenter)
490
454
373
571
426
357
261
432
351
369
993
429
345
180
http://economia.estadao.com.br/noticias/geral,fundo-de-investimento-britanico-3i-compra-oticas-carol-por-r-108-milhoes-imp-,1006062 View Magazine 2012 „Os números da óptica no Brasil“
10
6
Des Weiteren sind bei den durchschnittlichen Ausgaben beim letzten Kauf eines augenoptischen Produktes deutliche
lokale Unterschiede zu beobachten. So wurden in Sao Paulo im Schnitt 365 BRL ausgegeben, in Rio de Janeiro hingegen
nur 178 BRL.11
Brasilianische Konsumenten legen im Optikergeschäft Wert auf:12
§ Produkte in Reichweite
§ Preisetiketten am Produkt
§ Möglichkeit die Brille zu testen
§ Individuelle Kundenbetreuung aber auch Selbstbedienung (teilweise begleitet durch Verkaufspersonal)
Durchschnittliche Ausgaben beim letzten Kauf eines augenoptischen Produktes
(in BRL)
530
386
314
283
281
275
94
Quelle: View Magazine 2012
Der Besuch beim Optiker
Der durchschnittliche brasilianische Konsument besucht mindestens einmal (bei Interesse an Sonnenbrillen und
Kontaktlinsen auch zweimal) im Jahr ein Optikergeschäft.
Gründe für den Besuch beim Optiker sind:13
Brillengestelle:
§
§
das Gestell ist beschädigt (49%)
das Gestell ist alt/ außer Mode (27%)
Brillengläser:
§
§
die Sehschärfe hat sich verändert (78%)
ärztliche Empfehlung (30%)
Sonnenbrillen:
§
§
um den neuesten Trends zu folgen (54%)
die Brille ist beschädigt (47%)
Kontaktlinsen:
§
§
die Sehschärfe hat sich verändert (65%)
die Kontaktlinse ist beschädigt (32%)
View Magazine 2012 „Os números da óptica no Brasil“
Abióptica 2012 „Estudo Óptica Brasil“
13 Abióptica 2012 „Estudo Óptica Brasil“ 11
12
7
Regelungen & Verschreibungspflicht
Die Aufgabenverteilung zwischen Optikern und Augenärzten ist durch das Dekret 24492/34 geregelt. Korrigierende
Sehhilfen sind in Brasilien verschreibungspflichtig und dürfen nur in registrierten Fachgeschäften verkauft werden. Gibt
es im Gemeindebezirk kein Fachgeschäft, können auch Apotheken und Drogerien medizinische Brillen und Kontaktlinsen
unter Vorlage eines Rezeptes abgeben.14 Nur ein Arzt kann offiziell ein Rezept für Brillen und Kontaktlinsen ausstellen.
Ausgenommen davon sind beispielsweise Lesebrillen. Diese dürfen auch in anderen Geschäften verkauft werden, sind
aber an bestimmte Normen gebunden, beispielsweise festgelegte Dioptrinwerte.15 Des Weiteren dürfen Augenärzte gemäß
der gesetzlichen Regelungen keine Empfehlung für ein bestimmtes Optikergeschäft aussprechen und andersrum.
Augenärzte dürfen zudem keine Sehhilfen verkaufen und Optikgeschäfte keine verschreiben.
Beim Brillen-Onlinekauf (beispielsweise bei www.oculosworld.com.br) versichert man durch die Zustimmung der AGBs,
dass man ein Rezept für eine Brille besitzt, einen Nachweis über dieses muss man nicht zwangsweise einreichen, es kann
aber eingefordert werden. Wer ein Rezept vom Augenarzt für eine Sehhilfe erhält, trägt die Kosten für die Brille selbst.
Allerdings gibt es in vielen Gemeinden (z. B. Belo Horizonte16, Ribeirao Preto17) Regelungen, die die kostenfreie
Versorgung der ärmeren Bevölkerungsschichten oder bestimmter Bevölkerungsgruppen (z.B. Schüler) mit Sehhilfen
garantieren.
Über Normen und geltende Vorschriften informiert der brasilianische Normungsverband ABNT (Associação Brasileira de
Normas Técnicas, http://www.abnt.org.br/). Der Verband ist eine anerkannte private Institution für technische
Normung in Brasilien und hat im Bereich Augenoptik eine Reihe von technischen Normen für Brillengestelle,
Brillengläser, Kontaktlinsen, etc. hinterlegt.18
SWOT–Analyse
Stärken
§
Großer Binnenmarkt
§
kaufkräftige neue Mittelschicht und die alternde
Bevölkerung
§
spürbar gestiegene Einkommen bei einfacheren
Haushalten
Wachstumsmarkt: die Zahl der Brasilianer, die eine
Brille brauchen, soll gemäß Prognosen in den
nächsten Jahren von 37 Mio. auf 60 Mio. Menschen
steigen19
§
Schwächen
§
§
§
§
Möglichkeiten
§
§
§
§
Gesundheitsvorsorge durch Regierungsprogramme
und Unternehmen
Wachstumssegment Antireflexbeschichtungen
Die Mittelklasse wird in den nächsten zehn Jahren
um 40% wachsen und kümmert sich immer stärker
um die Gesundheit
Wechselnde Altersstruktur (immer mehr ältere
hohe Einfuhrzölle und lange Abfertigungszeiten
Bürokratische Hemmnisse
Korruption
Kompliziertes Steuersystem
Herausforderungen
§
§
Brillen, insbesondere Sonnenbrillen, sind nach
CDs/DVDs das meistkopierte Produkt in Brasilien
Import von Billigbrillen aus Fernost
Normregelung von ANVISA - IN nº 9, vom 17. August 2009, Artikel 5
Ministerialerlass nº 73, vom 29 August 1995 SECRETARIA DE VIGILÂNCIA SANITÁRIA)
16 Gesetz 9453/07 | Gesetz nº 9453, vom 19. November 2007
17 Gesetz 8332/99 | Gesetz nº 8332, vom 12 März 1999
18 Für Sonnenbrillen: ABNT NBR 15111:2013 (http://www.abntcatalogo.com.br/norma.aspx?ID=258462)
19 World Health Organization
14
15
8
§
§
Brasilianer)
Steigende Kaufkraft der unteren
Bevölkerungsschichten
Interesse an neuen Technologien (z. B. digitale
Oberflächenbearbeitung)20
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die positiven Wachstumsraten des brasilianischen Augenoptikmarktes
zu guten Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen mit augenoptischen Produkten führen, zunehmend auch im
Norden, Nordosten und Zentralbrasilien. Der Absatzmarkt für unterschiedliche augenoptische Produkte und
Dienstleister kann als positiv eingeschätzt werden – von Software für den wachsenden Einzelhandel hin zu
Laborausstattung, wie beispielsweise Messsysteme und Maschinen für die digitale Oberflächenbearbeitung. Hochwertige
Technologien sind vor allem im Südosten ein Thema, wo die Qualität der Produkte eine immer größere Rolle spielt.
Politische Rahmenbedingungen
Die politischen Rahmenbedingungen in Brasilien gelten allgemein als sehr stabil. Präsidentin der Bundesrepublik
Brasilien ist seit dem 1.1.2011 Dilma Rousseff von der Partido dos Trabalhadores (PT). Diese setzte sich auch im Oktober
2014 in einer Stichwahl gegen den Kandidaten der Partido da Social Democracia Brasileira (PSDB) Aécio Neves mit
knapper Mehrheit durch. Das System ist föderal aufgebaut und in 27 Einheiten aufgegliedert. Die 26 Bundesstaaten
haben jeweils eigene Verfassungen. Da es im proportionalen Wahlrecht Brasiliens keine Mindestgrenze gibt und die
territorialen Unterschiede eine große Rolle spielen, gilt die Parteienlandschaft Brasiliens als zersplittert. Die größten
Gewerkschaftsdachverbände sind Central Única dos Trabalhadores (CUT) mit circa 2.200 sowie Força Sindical (FS) mit
etwa 1.730 Mitgliedergewerkschaften. Der größte Arbeitgeberverband des Landes heißt CNI (Confederação Nacional de
Indústria). Nationale Zeitungen sind Folha de São Paulo, Estado de São Paulo, O Globo sowie Valor Econômico.
Brasilien ist Mitglied im Mercosur, dem südamerikanischen Binnenmarkt, der für 75 % des BIP in Südamerika
verantwortlich ist. Es laufen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU, das den Handel mit Industrieund Landwirtschaftserzeugnissen und Dienstleistungen umfasst sowie Verbesserungen bei der Sicherung von Patenten
und Marken, öffentlichen Ausschreibungen, Zöllen und technischen Markthemmnissen verspricht. Ein
Assoziationsabkommen besteht zwischen EU und Mercosur bereits seit 1995. Aufgrund von Bedenken seitens der EU
bezüglich der Einfuhr von Agrarprodukten, sowie Bedenken seitens der Mercosur -Staaten bezüglich der Reduzierung
von Zöllen auf Industrieprodukte, kann allerdings keine Prognose für einen Abschluss der Verhandlungen gegeben
werden.
Außerdem ist Brasilien seit 2008 Gründungsmitglied der Union of South American Nations (USAN), welche die Märkte
Mercosur und CAN (Andengemeinschaft) integrieren und nach dem Vorbild der EU strukturieren soll.
Die sozialdemokratische Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, die brasilianische Binnenwirtschaft und die lokalen
Unternehmen im internationalen Wettbewerb zu stärken. Dies soll durch einige protektionistische Maßnahmen
herbeigeführt werden, die einen bestimmten Anteil an „local content“ in der Wirtschaftskette vorschreiben bzw.
brasilianischen Herstellern Vergünstigungen und leichteren Zugang zu Finanzierung über die BNDES (Brasilianische
Entwicklungsbank) einräumen. Den Rahmen hierfür bildet der langfristige Plano Brasil Maior, besonders betroffen sind
die Bereiche Automobil (INOVAR Auto Plan), Medizintechnik und Erneuerbare Energien (Windtechnik).
Im Zuge der Vorbereitungen auf die Olympischen Spiele in Rio 2016 hat die brasilianische Regierung umfangreiche
Investitionspakete verabschiedet. Diese sollen die positiven Impulse für die Konjunktur, die durch die Programme PAC 1
und 2 (Programa de Aceleração do Crescimento) aus den Jahren 2007 und 2010 angestrebt wurden, weiterhin
verstärken. Das Gesamtvolumen von PAC 1 belief sich auf 380 Milliarden Euro, das von PAC 2 auf 450 Milliarden Euro.
Die Investitionen zielen hauptsächlich auf den Ausbau der mangelhaften Infrastruktur, eine Verstärkung ÖffentlichPrivater Partnerschaften sowie den Energiesektor ab, der aufgrund der umfangreichen Vorkommen von Gas und Öl im
20
View Magazine 2012 „Os números da óptica no Brasil“
9
Pre-Sal vor der Küste Rio De Janeiros als Hauptinvestitionsbereich gilt. Darüber hinaus hat die Regierung das
Wohnungsbauprogramm „Minha Casa, Minha Vida“ ins Leben gerufen. Außerdem wurde durch die Einrichtung der
Green Building Council (2007) als Nichtregierungsorganisation ein weitere unterstützende Institution für Investitionen
im Bausektor geschaffen. Während sich ersteres Unterfangen vor allem an kleine Projekte richtet, soll sich letzteres als
besonders relevant für größere Bauprojekte erweisen. Im Bürogebäudebau und bei öffentlichen Aufträgen sollen
hochwertige energiesparende Lösungen, auch bei der Verwendung von Glas, bevorzugt werden.
Ein kommerziell nutzbares Schienennetz existiert bislang vor allem im Süden und Südosten des Landes, wo sich auch der
Großteil der Industrie angesiedelt hat. Das Flugnetzwerk hingegen ist gut entwickelt und hauptsächlich in privater Hand.
Dies gilt auch für die im Rahmen von PAC 1 und 2 neu gebauten Flughäfen. Insgesamt sind die Transportkosten in
Brasilien jedoch im Vergleich zu anderen Zukunftsmärkten wesentlich höher, sollen aber durch die erwähnten
Maßnahmen wettbewerbsfähiger gestaltet werden.
Rechtliche Rahmenbedingungen Das brasilianische Rechtssystem ist vergleichsweise neu und in vielen Punkten sehr modern. Die Verfassung
(Constituição da República Federativa do Brasil) stammt aus dem Jahr 1988, das Zivilgesetzbuch (Código Civil do Brasil)
aus dem Jahr 2002, sodass beispielsweise Persönlichkeits- und Datenschutzrechte auf einem besonders aktuellen Stand
aufgenommen wurden. Die Verfassung wurde trotz ihres kurzen Bestehens bereits 70 Mal abgeändert. Höchster
Gerichtshof ist das Tribunal Superior de Justiça. Die 26 Bundesstaaten unterteilen sich in 5.500 Gemeinden, die auf
bestimmten Rechtsgebieten Gesetze geben und durchsetzen. Im Allgemeinen ist die Rechtsdurchsetzung in Brasilien ein
Problem, vor allem in armen und ruralen Gebieten. Transparency International führt Brasiliens Korruptionsindex
allerdings als niedrigsten (zusammen mit Südafrika) der BRICS Staaten und etwa auf dem Niveau osteuropäischer
Staaten. Im Folgenden werden einige Rechtsbereiche angesprochen, die für ausländische Unternehmer von besonderer
Relevanz sind. Hauptquelle hierfür ist die Publikation „Recht Kompakt – Brasilien“ der GTAI vom 27.2.2014.
Zum 1.4.2014 wird Brasilien offizieller Unterzeichnerstaat des CISG (Convention on Contracts for the
International Sale of Goods) der Vereinten Nationen, das grenzüberschreitende Kaufverträge und
Werklieferungsverträge regelt. Auch Deutschland ist Unterzeichnerstaat des Abkommens. Der Vertrag ist in englischer
Fassung im Internet einzusehen.21
Im Investitionsrecht bestimmt Gesetz 4.131/1962 Artikel 2, dass ausländische Investitionen inländischen gleichgestellt
sein müssen. Obwohl Brasilien in vielen offiziellen Rankings hintere Plätze bei der Schwierigkeit von Investitionen
einnimmt (detaillierte Informationen hierzu gibt es von der Worldbank22), wird es im World Investment Report 2013 auf
Rang 4 der interessantesten Zielländer für ausländische Direktinvestitionen gelistet. Trotz der teils hohen
Investitionsbarrieren administrativer Art bietet die Regierung eine Reihe von Anreizen steuerlicher oder monetärer
Natur an, die im Wesentlichen das Erlassen der Sozialabgaben PIS und COFINS umfassen. Eine Liste aller Programme
ist auf den Internetseiten der entsprechenden Behörde einzusehen23. Es ist aber zu erwähnen, dass viele der Programme
brasilianische Unternehmen bevorzugt behandeln.
Im Jahr 2005 hat sich das Devisenrecht in Brasilien hin zu einem einheitlichen Wechselkursregime geändert, wodurch
Zahlungen ohne Beschränkung und ohne Zustimmung der Zentralbank in Brasilien in die Wege geleitet werden können.
Allerdings muss ausländisches Kapital bei der Zentralbank angemeldet werden, damit Dividenden oder Anlagekapital
überwiesen werden können.
http://www.uncitral.org/pdf/english/texts/sales/cisg/V1056997-CISG-e-book.pdf
http://iab.worldbank.org/Data/Explore%20Economies/Brazil#/Starting-a-foreign-business, http://doingbusiness.org/data/exploreeconomies/brazil
23 http://www2.apexbrasil.com.br/en/invest-in-brazil/how-to-invest-in-brazil/incentives-to-foreign-direct-investment,
http://investimentos.desenvolvimento.gov.br/conteudo/index/item/393 21
22
10
Abbildung: Zuckerhut
Seit dem 1.10.2012 besteht zwischen der EU und Brasilien ein Visa-Abkommen, demzufolge deutsche Staatsbürger
kein Visum u.a. für Geschäftsreisen benötigen, solange die Maximaldauer von 90 Tagen innerhalb von 6 Monaten nicht
überschritten wird. Für alle Arbeitstätigkeiten wird ein Arbeitsvisum benötigt, das eine Arbeitsgenehmigung voraussetzt.
Zu den vom brasilianischen Gesellschaftsrecht definierten Gesellschaften mit Rechtspersönlichkeiten gehören die
einfache Gesellschaft (sociedade simples), die offene Handelsgesellschaft (sociedade em nome coletivo), die
Kommanditgesellschaft (sociedade em comandita simples), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (sociedade
limitada), die mit 90 % die meist gebrauchte Rechtsform ist, die Aktiengesellschaft (sociedade anônima) sowie die
Kommanditgesellschaft auf Aktien (sociedade em comandita por ações). Die Aktiengesellschaft ist durch Gesetz
6.404/1976 geregelt. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist durch Artikel 1.052 – 1.087 Zivilgesetzbuch festgelegt.
Ihre Gesellschafter müssen nicht zwangsläufig einen Wohnsitz in Brasilien haben, aber einen Bevollmächtigten
bestimmen. Der Geschäftsführer muss isn Brasilien wohnhaft sein.
Die Gewährleistung der Unversehrtheit importierter und im Inland hergestellter Produkte ist im brasilianischen Recht
durch die Artikel 441 bis 446 des Código Civil do Brasil sowie durch das Verbraucherschutzgesetz (Lei de Defesa do
Consumidor, 1990) geregelt. Der Hauptunterschied zwischen den beiden Gesetzestexten besteht in der
zugrundeliegenden Definition von Mängeln. Während im Zivilgesetzbuch „verdeckte Mängel“, also Mängel, die bei erster
Prüfung der Ware nicht erkennbar sind, behandelt werden, kommt es laut Verbraucherschutzgesetz Artikel 18 zu keiner
Unterscheidung zwischen „verdeckten“ und offensichtlichen Mängeln. Das bedeutet, dass ein Käufer Anspruch auf
Verbesserung, Ersatz, Rückerstattung oder Minderung des Kaufpreises hat, wenn der Mangel das Produkt unbrauchbar
macht oder wertmindernd wirkt. Sollte eine andere Sache als die bestellte geliefert werden, gilt dies in Brasilien als
Nichtleistung (Artikel 389 Zivilgesetzbuch).
Die rechtlichen Normen bezüglich der Produzentenhaftung (responsibilidade do produtor) treten in Kraft, wenn ein
Produkt oder eine Dienstleistung fehlerhaft ist, d.h. nicht die zu erwartende Sicherheit bietet (nicht zu verwechseln mit
Qualitätsmängeln, die einen Gewährleistungsfall konstituieren). Sie finden sich sowohl im Zivilgesetzbuch (Artikel 927
und 931) als auch im Verbraucherschutzgesetz (Artikel 12). Laut Artikel 931 kann ein Unternehmer haftbar gemacht
werden wenn ein von ihm in den Umlauf gebrachtes Produkt oder Dienstleistung aufgrund einer Fehlerhaftigkeit einen
Schaden verursacht hat. Laut Verbraucherschutzgesetz ist dies auch der Fall, sollte keine adäquate Aufklärung über
mögliche Risiken erfolgt sein.
Neben einer Reihe internationaler Abkommen zum gewerblichen Rechtsschutz ist das brasilianische Urheberrecht
per Gesetz 9.279/1996 geregelt. Es wird unterschieden zwischen Marken (marcas) und Patenten (patentes), die jeweils
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zur Registrierung bei der Bundesbehörde für geistiges Eigentum (Instituto Nacional de Propriedade Industrial, INPI)
angemeldet werden müssen. Marken haben eine Gültigkeit von 10 Jahren (mit einer möglichen Verlängerung um weitere
10 Jahre). Patente gliedern sich in Erfindungspatente (Laufzeit 20 Jahre) und Gebrauchsmuster (Laufzeit 15 Jahre). Das
Prioritätsrecht für ausländische Patentanmeldungen wird innerhalb einer Frist von 12 Monaten (6 Monaten) für Patente
(Gebrauchsmuster) gewährleistet.
Die vier geläufigsten Formen von Sicherheitsmitteln im brasilianischen Recht sind der Eigentumsvorbehalt (Artikel
521 ff. Zivilgesetzbuch), das Sicherungseigentum vor allem für Bankdarlehen (bewegliche Sachen: Artikel 1.361 – 1.368
Zivilgesetzbuch, unbewegliche Sachen: Gesetz 9.514/1997), die Hypothek (Artikel 1.473 – 1.501 Zivilgesetzbuch) sowie
das Pfandrecht (bewegliche Sachen: Artikel 1.419 – 1.430, industrielle/kaufmännische Sachen: Artikel 1.447 – 1.450,
Bürgschaften: Artikel 818 – 839 Zivilgesetzbuch). Damit Eigentumsvorbehalt und Sicherungseigentum wirksam werden,
ist die Eintragung in das zuständige Register für Titel und Dokumente (Registro Público de Títulos e Documentos)
notwendig.
Das brasilianische Vertriebsrecht schreibt vor, dass sich Handelsvertreter beim zuständigen regionalen Berufsverband
eines Bundeslandes anmelden müssen, um einen Berufsausweis zu erhalten. Zudem ist eine Registrierung bei der
Sozialversicherung als Selbstständiger sowie bei der Kommunalverwaltung notwendig. Die Rechtsgrundlage für solche
selbstständigen Handelsvertreter (representante comercial autônomo) wird durch das Gesetz 4.886/1965 gebildet, das
Zivilgesetzbuch Artikel 693 – 729 regelt Agentur- und Vertriebsverträge, Kommissionsverträge sowie Maklerverträge.
Handelsvertreterverträge werden im Normalfall auf unbestimmte Dauer beschlossen.
Für ausländische Unternehmen besteht die Möglichkeit, im Ausland erwirkte Urteile in Brasilien anerkennen zu lassen.
Für den Anerkennungsprozess ist ein Anwalt vorgeschrieben, die Dauer beträgt im Durchschnitt etwa zwei Monate.
Das Urteil muss im Ausland vollstreckungsfähig sein.
Technische und logistische Voraussetzungen und Verfahren
Die Industriezentren Brasiliens sind hauptsächlich in den Metropolregionen im Südosten des Landes zu finden. Die
Nachbarländer Argentinien, Uruguay und Paraguay sind über das Straße- und Schienennetz gut angebunden. Rund 80%
des Bestandes an modernen Logistikzentren (Klasse A) befinden sich in der Region Südost. Auch die Investitionen in den
Ausbau des Netzes konzentrieren sich auf strategisch günstig gelegene Gebiete des Südostens wie den Großraum São
Paulo. Experten beobachten jedoch auch einen verstärkten Neu- und Ausbau von Logistikparks im Süden und Nordosten
des Landes, insbesondere nahe bedeutender Containerhäfen.24
Die Importprozedur ist in Brasilien komplex und bedarf professioneller Unterstützung. In einem ersten Schritt kann über
folgenden Link die relevante Produktnummer ermittelt werden:
http://www.receita.fazenda.gov.br/aduana/ProdutosNCM/ImportProdSensiveis.htm. Die fälligen Importsteuern sind
jedoch auch vom jeweiligen Bundesland abhängig, über das die Einfuhr nach Brasilien erfolgt. Für mögliche
Reduzierungen der Importsteuern lohnt sich eine ausführliche Klärung der Möglichkeiten.
Einstiegs- und Vertriebsinformationen
Für den Import von Medizintechnik (wie z.B. Messsystemen für die Augenoptik) ist außerdem die Registrierung des
Produktes und des Importeurs bei der Gesundheitskontrollbehörde Anvisa
(http://portal.anvisa.gov.br/wps/portal/anvisa/home) erforderlich. Aufgrund von Lokalisierungsbestrebungen kommt es
hier immer wieder zu Verzögerungen. Soweit eine technische Überprüfung innerhalb von sechs Monaten nach
Antragstellung nicht durchgeführt werden kann, ist die vorläufige Zulassung möglich. Diese steht jedoch nur AbimedMitgliedern (Verband für komplexe Medizintechnik) zu, sofern diese über anerkannte internationale
Sicherheitszertifikate verfügen. CBDL-Mitglieder (Kammer für Labordiagnostik) wurden sogar ganz von einer Inspektion
24
https://www.gtai.de/GTAI/Navigation/DE/Trade/maerkte,did=1043166.html 12
befreit. Neben der Registrierung bei Anvisa benötigen einige Produkte eine Zertifizierung durch das Institut für
Messtechnik Inmetro (http://www.inmetro.gov.br/).
Des Weiteren listet die europäische Kommission in einer umfangreichen Datenbank (Market Access Database) Zölle und
Einfuhrabgaben der verschiedensten Länder auf. Auch die brasilianischen Zollbestimmungen und Einfuhrabgaben findet
man hier nach Produktgruppen sortiert (http://madb.europa.eu/madb/indexPubli.htm).
Der Austausch mit bereits auf dem Markt agierenden Unternehmen sowie Kontakte zu Entscheidungsträgern und
Kooperationspartner vor Ort sind demnach unerlässlich.
Für erste Recherchen zum Markt sind die Informationen und Marktstudien des Fachverbandes Abióptica zu empfehlen
(http://www.abioptica.com.br), die allerdings nicht in englischer Sprache zur Verfügung gestellt werden. Außerdem lohnt
sich ein Blick in die Fachzeitschrift VIEW (http://www.viewmagazine.com.br).
Steuerliche Rahmenbedingungen
Das brasilianische Steuerrecht gilt mit dem deutschen als kompliziertestes weltweit. Dies liegt insbesondere an der
Tatsache, dass alle drei Gebietskörperschaften – Bund, Länder und Gemeinden – volle Steuerhoheit genießen. Zudem
kommt es kontinuierlich zu Gesetzesänderungen und Ergänzungen, die häufig in der Form provisorischer Rechtsakte mit
Gesetzeskraft durchgeführt werden, da diese einfacher angenommen und durchgesetzt werden können. Der Bund hat
jedoch erkannt, dass zum Wohle der Wirtschaft und des Handels Reformbedarf besteht. Eine professionelle
Steuerberatung ist empfehlenswert. Natürliche und juristische Personen müssen in jedem Fall eine Steuernummer
beantragen, die für praktisch jede Art von Vertragsabschluss notwendig ist. Die nachfolgenden Informationen beruhen
größtenteils auf einer AHK Studie „So geht’s – im internationalen Steuerrecht Brasiliens (zu)“, die aus dem Jahr 2012
datiert und durch aktuelle Informationen und allgemeine Anmerkungen ergänzt wurde.
Obwohl seit seiner Kündigung im Jahr 2005 kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und
Brasilien mehr besteht (laut Bundesfinanzministerium im Januar 2014 werden auch keine Verhandlungen für ein neues
Abkommen geführt), ist die Steuerhoheit durch völkerrechtliche Verträge mit WTO und MERCOSUR sowie im Rahmen
von GATS oder GATT teilweise eingeschränkt. So soll bei direkten Steuern das Welteinkommensprinzip und bei
indirekten Steuern das Bestimmungslandprinzip gelten. Die in Brasilien zu entrichtenden Steuern auf das Einkommen
von natürlichen (Einkommenssteuer) und juristischen Personen (Körperschaftssteuer) können bei bestehender
Reziprozität mit dem in Deutschland bezahlten Betrag verrechnet oder seltener auch ganz erlassen werden. Dies ist zwar
der Regelfall, trotzdem besteht durch das Fehlen eines DBA die Möglichkeit von „treaty shopping“, also der steuerlichen
Abwicklung über Schwestergesellschaften mit Sitz in einem Land mit dem ein DBA besteht (z.B. Österreich,
Niederlande). Die Einkommenssteuer (IRPF) ist in sechs Klassen mit progressiven Steuersätzen (von 0 % bis 27,5 %)
gestaffelt.
Die Körperschaftssteuer beträgt 15 %, wozu weitere 10 % zu addieren sind, falls der monatliche Gewinn 20.000 Reais
bzw. der jährliche Gewinn 240.000 Reais übersteigt. Durch eine Steuer von 9 % auf den Nettogewinn liegt die
Gesamtbelastung bei 24 % bzw. 34 %. Eine Steuer auf große Vermögen ist geplant, aber noch nicht umgesetzt, wenngleich
sie bereits in einige Doppelbesteuerungsabkommen explizit mit einfließt.
Steuern im Bereich des brasilianischen Außenhandels sind ein kontrovers debattiertes Thema im internationalen
Kontext. Im Dezember 2013 hat die Europäische Union bei der WTO ein Verfahren eingeleitet, in dem es Brasilien
diskriminierende Steuervergünstigungen für brasilianische Unternehmen vorwirft, die den Statuten der WTO zur
Chancengleichheit widersprechen. Dabei geht es um Vergünstigungen und Zuschüsse für brasilianische Unternehmen bei
der Ausfuhr bzw. um Sonderregelungen, die brasilianische Unternehmen von den teils sehr hohen Zöllen auf Importe
ausnimmt. Beim Warenimport fallen die folgenden Steuern an: Importsteuer (0 % - 70 % ad valorem, oder ein
bestimmter Satz, der von der Maßeinheit abhängig ist); Steuer auf Industrieerzeugnisse IPI (0 % - 330 %); Sozialbeiträge
PIS (1,65 %) und COFINS (7,6 %, bzw. 1 % und 4 %); Warenverkehrssteuer (ICMS, 17 % - 19%; Exporte steuerfrei).
Beim Import von Dienstleistungen ist zu erwähnen, dass diese eigentlich nur von den Gemeinden besteuert werden
dürfen. Trotzdem erhebt der Bund eine Quellensteuer von 15 % - 25 % auf Dienstleistungsimporte, 7,6 % auf den Preis
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der Dienstleistung sowie die als Sozialabgaben deklarierten PIS, CIDE und COFINS, sodass sich eine Gesamtbelastung
zwischen 37,77 % und 41,07 % ergibt. Diese Praxis ist strenggenommen verfassungswidrig, da sie die Steuerhoheit der
Gemeinden beschneidet und Fokus rechtlicher Debatten. Vor allem auch hinsichtlich von IT-Dienstleistungen sollte hier
im Vorfeld eine professionelle Beratung in Anspruch genommen werden.
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Kontaktadressen
Messen
Expo Abióptica
Zeitraum: im April
Expo Center Norte
Rua José Bernardo Pinto, 333
São Paulo
http://www.expoabioptica.com.br
FENÓPTICA –Feira Norte e Nordeste do Mercado Óptico
Zeitraum: im Oktober
Centro de Eventos Ceará
Fortaleza
http://www.fenoptica.com/
Fachverbände
Associação Brasileira da Indústria Óptica - Abióptica
Av. Santo Amaro, 1386 - 1º andar 04506-001 Vila Nova Conceição
Tel.:/ Fax: (11) 3045-2090
E-Mail: [email protected]
http://www.abiotica.com.br
Conselho Brasileiro de Oftalmologia (CBO)
Rua Casa do Ator, 1.117
Cj. 21 - CEP: 04546-004
São Paulo - SP
Tel.: 55 11 3266-4000
Fax: 55 11 3171-0953
http://www.cbo.com.br
Associação Brasileira do Comércio e Indústria de Óptica, Cine, Foto e Som (ABCI)
Av. 9 de Julho, 40 - 11º Andar - Centro
CEP 01312-900 - São Paulo, SP
Tel.: (11) 3259.9162
E-Mail:: [email protected]
http://www.abcioptica.com.br/
Federação das Indústrias do Estado de São Paulo
Av. Paulista, 1313, São Paulo/SP
CEP 01311-923
Tel.: 11-3549-4499
E-Mail: [email protected]
http://www.fiesp.com.br/
Handelsvertretungen
FECOMERCIO
Rua Doutor Plínio Barreto, 285
Bela Vista
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São Paulo – SP 01313-020
Tel.: (11) 3254-1700
http://www.fecomercio.com.br/
Deutsch-Brasilianische Industrie-und Handelskammer São Paulo
Rua Verbo Divino, 1488 – 3º andar
São Paulo – SP 04.719-904
Tel.: (+55 11) 5187-5100
Fax: (+55 11) 5181-7013
http://www.ahkbrasil.com
Deutsch-Brasilianische Industrie-und Handelskammer Rio Janeiro
Av. Graça Aranha, 01 – 6º andar
Centro – Rio de Janeiro – RJ 20.030-002
Tel./Fax.: (+55 21) 2224-2123
E-Mail: info(at)ahk.com.br
http://ahkbusiness.de/pt/
Behörden
Agência Nacional de Vigilância Sanitária Setor de Indústria e Abastecimento (ANVISA)
Trecho 5, Área Especial 57
Brasília (DF) - 71205-050
Tel.: 0800-642-9782
http://portal.anvisa.gov.br/wps/portal/anvisa/anvisa/home
Instituto Nacional de Metrologia, Qualidade e Tecnologia (INMETRO)
Av. Nossa Senhora das Graças, 50 - Xerém
Duque de Caxias - RJ - Brasil - CEP: 25250-020
Tel.: (21) 2679-9001
http://www.inmetro.gov.br/
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