Pavillons aus Metall, DEGA 34/2007

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Pavillons aus Metall, DEGA 34/2007
Markt
D
ie Liebe begann vor
zwölf Jahren mit einem
Jugendstilpavillon. Der
stand im verwunschenen Villengarten einer schwäbischen
Kleinstadt und war von Grund
auf sanierungsbedürftig. Udo
Noller, gelernter Metallbauer,
war nach Jahren als Qualitätsprüfer in einem Metallbaubetrieb und als selbstständiger
Antiquitätenhändler auf der
Suche nach Arbeit und bot der
Pavillonbesitzerin an, das
Kleinod zu restaurieren. Und
damit begann die Geschichte
einer Unternehmung, von der
der 44-jährige Württemberger
mittlerweile ganz gut leben
kann. Denn während der Arbeit interessierten sich zahlreiche Zaungäste für den freigelegten Metallpavillon und
brachten Noller schließlich auf
die Idee, das historische Bauwerk als Nachbau anzubieten.
Mit dem letzten Geld schaltete
der Existenzgründer eine Anzeige und fand tatsächlich zwei
betuchte Kunden, die nur auf
das Original als Referenz hin, je
eine 1:1-Kopie des alten Vorbilds für ihren Garten orderten.
Das war 1995 und seitdem
hat Noller viel gelernt. Er hat
die Herstellung so optimiert,
dass sein Spitzenmodell – das
eigentlich noch praktisch genauso viel kostet, wie zu Be-
Kontakt
Udo Noller Garten & Design
Gartenstraße 5, 74427 Fichtenberg
Telefon 0 79 71/2 22 66, Fax 91 21 35
[email protected]
www.gartenpavillon-noller.de
Wolfgang Matt
Gartenpavillons & Carports
Ländelstraße 34, 74382 Neckarwestheim
Telefon 0 71 33/1 54 77, Fax 17 441
[email protected]
www.matt-online.de
Die Schmiede
Metallgestaltung & Bauschlosserei
Stäffeleswiesen 50, 89522 Heidenheim
Telefon 0 73 21/55 88 30, Fax 55 88 31
[email protected]
www.eisenzeit.de
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Metallpavillons
Eine Investition für ein
Gartenleben
In DEGA 28 hatten wir bereits den historischen Holzpavillon als
Bauvorlage für lauschige Plätze im Garten in den Blickpunkt
­gerückt (Webcode dega1375). Noch mehr Spielraum zur
Gestaltung von Gartenpavillons eröffnet Metall als Baumaterial.
Wir stellen zwei süddeutsche Anbieter vor, die individuelle
­Lösungen für hochwertige Gartenanlagen bieten.
ginn (etwa 15000 e) – mittlerweile ganz gut Geld einspielt.
Außerdem hat er das Grundmodell so mannigfaltig variiert,
dass aus einem Pavillon bis
heute ganz viele Typen entstanden sind, die sich durch zahlreiche Varianten in der Ausstattung weiter verändern lassen.
Qualität ist Trumpf
Daneben hat er mittlerweile
einen offenen Pavillon im Programm, den man auf den ersten
Blick mit den Modellen aus
Versandhauskatalogen
verwechseln könnte. Aber Noller
legt Wert darauf, dass seine
Produkte mit den „Edelrost“Modellen nicht zu vergleichen
sind: „Wir verkaufen Symmetrie und Qualität“, sagt der Süddeutsche stolz. Alle Bauteile
des etwa 3 500 e teuren Gartenaccessoires sind galvanisch
verzinkt,
pulverbeschichtet
und können auch mit Segeltuch
bespannt werden. In der Werkstatt, in den Räumen einer ehemaligen Fabrik für Werkzeugschränke, wird gerade an einer
Modifikation im Chinastil gewerkelt. Leuchtendrot beschichtet und mit Drachenköpfen sowie einem Schriftband
aus gelaserten chinesischen
Buchstaben versehen, wird der
Pavillon fernöstlich gestalteten
Gärten den letzten Pfiff geben.
Doch sein Premiumprodukt
bleibt der diversifizierte Jugendstilpavillon. Der soll zwar
günstig zu produzieren sein,
aber ohne Qualitätseinbußen.
Und wenn Noller über Glasproben, Fensterreibern, Klinken
und Beschlägen sitzt, leuchtet
mehr der Antiquitätensammler,
denn der Händler in seinen Augen. Per Internet fahndet der
Tüftler nach Bauteilen, die zu
seinem Produkt passen. Mit
Blumenmustern geprägte italienische Scheiben, mundgeblasenes Farbglas aus dem Bayerischen Wald, französische Verschlüsse aus gebürstetem Edelstahl, handgearbeitete Dachspitzen aus Zinkblech und
Fensterreiber in Fischform, die
er notfalls auch nachgießen
lässt; alles Zutaten, die den Pavillon teurer, aber auch so unverwechselbar machen.
Auch das Dach, Schwachpunkt vieler Konkurrenzprodukte, hat bei dem Jugendstilpavillon seine besondere Ausstrahlung. Allein der elegante
Schwung, den die sauber gefalzten Zinkstahlbleche über
den gebogenen Strahlträgern
beschreiben, lässt das kleine
Gebäude teurer aussehen als es
ist. Und auch die unterschiedlichen Gläser in zum Teil unterschiedlichen Farben tragen zu
diesem Eindruck bei.
Alle Scheiben werden von
einem Fugentechniker bereits
vor der Auslieferung sorgsam
mit Silikon abgedichtet. Selbst
in Nollers „Schaugartenpavillon“ sitzt man auch bei Wind
und Wetter gemütlich bei einer
Tasse Kaffee und schaut nach
allen Seiten in den Garten.
Heimische Produktion
Aber die Liebe zum Detail verstellt nicht den Blick für das
betriebswirtschaftlich Machbare. Noller hat genau ausgerechnet, welche Teile die eigene Herstellung rechtfertigen
und welche Dinge zugekauft
werden. So werden zum Beispiel die feingliedrigen Rauten
aus Stahlblech in einer darauf
spezialisierten Firma mit dem
Laser hergestellt und erst in
Nollers Werkstatt in den Rahmen eingeschweißt.
Und auch beim Aufbau beweist sich der Metallfachmann
als findiger Praktiker, der immer auf der Suche nach praxisnahen Lösungen ist; etwa weil
sich jeder Pavillon in einer einzigen Gitterbox versenden
lässt, oder weil die Metallschalung für den Boden als Mietlösung per Paketdienst ins Haus
kommt.
Nach wie vor baut Noller mit
einem Monteur, den er noch
aus seiner Zeit als Qualitätsprüfer kennt, die meisten seiner
Pavillons vor Ort selbst auf; im
ganzen
deutschsprachigen
Raum, denn das Internet hat
sich für den Selfmade-Unternehmer mittlerweile zum wich-
w w w. d e g a . d e
Den Beitrag zu den Holzpavillons
aus DEGA 28/2007 finden Sie auf
dega.de mithilfe des Webcodes
dega1375
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Auf die Gläser kommt es an: Blick durch die stilgerechte Verglasung des „Jugendstil-Pavillons“
Notfalls wird nachgegossen: alte
Fensterreiber vom Flohmarkt
Lauschiges Plätzchen: die dem historischen Vorbild nachempfundene
Form macht den Garten zum „verwunschenen Garten“
tigsten Vertriebskanal entwickelt. Zehn Stunden haben er
und sein Montagefachmann
manchmal reine Aufbauzeit –
obwohl jeder Handgriff sitzt.
Aber gerade die Ortspräsenz
gehört auch zur Servicephilosophie – und beugt späteren Reklamationen vor. Denn der Unternehmer lebt sein Gewerk
und kann jedes Detail erklären
oder Sonderwünsche flexibel
berücksichtigen.
Überhaupt lässt sich an Sonderwünschen fast alles realisieren, von der Fußbodenheizung,
über Fliesenmosaike, den Geschirrschrank bis zum originalen Kanonenofen. „Die Kun-
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den haben das Gefühl, sie würden sich ihren Pavillon selbst
zusammenstellen“, beschreibt
er den Nebeneffekt des Baukastenprinzips. Das ist ohnehin
fast ins Unendliche zu treiben
– in beide Richtungen: denn
Glas und Ornamentik können
bis zur Abstraktion reduziert
werden. Dann wird’s gleich
deutlich preiswerter.
Der Jugendstilpavillon hat
bereits zu einer richtigen Modellpalette geführt. Aber jetzt
scheint es erst richtig loszugehen. Im letzten Jahr ist die Firma kräftig gewachsen und
dieses Jahr werden es wohl an
die 100 Pavillons seiner unter-
Liebe zum Detail: Fensterreiber
und Strukturglas
Ist mit dem Erfolg zufrieden:
Udo Noller in seinem Pavillon
Alles Handarbeit: In der Werkstatt entsteht ein Rankpavillon
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Markt
schiedlichen Modelle werden,
für die Aufträge über seinen
Schreibtisch gehen. Nun wagt
sich der Tüftler weiter vor,
sucht neue historische Vorlagen und erschließt auch ganz
neue Märkte: passend zu der
sich verändernden Gesetzeslage entsteht in der Werkstatt
gerade ein Prototyp eines Raucherpavillons.
Offenheit als
Gestaltungsprinzip
Ganz anders ist die Philosophie
von Wolfgang Matt. Den 53jährigen Kunstschmiedemeister
treffe ich an einem verregneten
Sommertag in seinem Betrieb
in Neckarwestheim, 50 km
nördlich von Stuttgart. Matt
baut seit etwa zwölf Jahren exklusive Pavillons und bezieht
sich auf eine ähnliche Kunden-
gruppe wie Udo Noller. Seine
Pavillons sind aber nicht geschlossen – und das hat gute
Gründe, wie er findet. Einerseits sieht Matt seine Pavillons
in ihren geschwungenen, offenen Formen im Einklang mit
der Natur, andererseits erkennt
er in seinen offenen Gebäuden
mehr Flexibilität, was das
Raumangebot – also die Nutzbarkeit – angeht. Andererseits
hält er bei geschlossenen Pavillons in der Regel die Schwitzwasserproblematik nicht optimal gelöst. „Englische Orangerien im Handel sind mit sehr
ausgefeilten Abläufen versehen, um das Wasser schnell
abzuführen“, erklärt der Schwabe. Aber vielleicht ist es viel
weniger das Schwitzwasser, als
eine Philosophie, die Matt dazu
bewogen hat, seine maximal an
drei Seiten mit Glas vor den
Floraler Pavillon
Es geht auch noch individueller
Udo Noller und Wolfgang Matt
beziehen sich weitestgehend
auf Grundformen, die individuell zusammengesetzt werden.
Metallgestalter Alexander Mai
aus Heidenheim hat in Gerstetten bei Heidenheim einen
Pavillon mit Jugendstilmotiven
geschaffen, der ganz und
gar einmalig ist. Das sechseckige Gartenaccessoire ist
geschmiedet, feuerverzinkt und patiniert. Der Durchmesser beträgt
560 cm, die Höhe 340 cm. Ein kleines Stahldach und Segelstoffsegmente sorgen für Beschattung. Mit Fundamenten hat der Pavillon
etwa 15 000 e gekostet.
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Wettereinflüssen zu schützen:
der Unternehmer ist Freiluftfanatiker und betrachtet geschlossene Pavillons eher als
einengend; eine Geschmacksund Mentalitätsfrage.
Matt hat Schlosser und
Kunstschmied gelernt und sich
1982 selbstständig gemacht.
„Nach einigen Jahren ,Bauschlosserei‘ wollte ich meinen
Schwerpunkt wieder mehr auf
die Metallgestaltung legen“, erklärt der Süddeutsche, weshalb
er sich vor elf, zwölf Jahren auf
seine Ausbildung als Kunsthandwerker besann und mit
Pavillons begonnen hat. „Zunächst fertigten wir Rankpavillons. Bei Kundengesprächen
registrierten wir den Bedarf an
geschlossenen Pavillondächern.
Der Nutzwert ist einfach größer“, meint Matt. Und spätestens seit die Pavillons mit Regenschutz ausgestattet sind,
läuft sein Laden gut. „Auch in
den Jahren 2003 und 2004, als
manche Metallbaubetriebe rote
Zahlen schrieben, haben wir
gute Umsätze gemacht.“ Kein
Wunder. Matts sauber verarbeitete Pavillons finden in erster
Linie Absatz bei den Besserverdienenden zwischen 50 und 70
Jahren – Kunden, die auch in
Zeiten knapper Kassen kaum
Zukunftsängste haben.
Korrosionsschutz
im Fokus
Matt hat ebenfalls ein besonderes Zugpferd im Stall – und das
heißt „Ravenna“. Das offene
Gebäude mit fein geschwungenem Dach und einem eleganten Gitterbogen zwischen
den Säulen ist mit 30 von 40
im Jahr verkauften Pavillons
der Renner. Ravenna ist in
sechs Größen (330, 380, 430,
480, 530, 580 cm) zu haben, in
der Regel als Sechseck, ab
einem Durchmesser von 5,30 m
als Achteck.
Daneben bietet die Firma mit
„Meran“, „Shanghai“ und
„Nostalgie“ – der einen historischen Musikpavillon in Nürtingen zum Vorbild hat – drei
weitere Typen an.
Fünf Arbeitstage dauert es,
bis aus den Zutaten ein fertiger
Pavillon entsteht. Alleine die
sechseckigen Säulen – Bauteile,
die früher klassischerweise aus
Eisen gegossen worden wären
– werden aus mehreren Stücken
zusammengeschweißt
und sauber abgeschliffen, bevor
sie zum Feuerverzinken außer
Haus gehen. Die Dachkonstruktion wird vom Boden aus gefertigt. Anschlagpunkte im Betonboden zeigen in der Halle die
Radien an, welche die Bögen
am Ende beschreiben sollen.
Und auch bei der Dachkonstruktion bleibt viel Handarbeit,
bevor die Einzelteile verzinkt,
lackiert und wieder zusammengesetzt und mit 2 mm starkem
Aluminiumblech eingedeckt
werden können. Ein weiterer
arbeitsintensiver Schritt folgt
dem Verzinken. Die 450 °C
heiße Zinkschmelze hinterlässt
Grate, die sorgfältig abgeschliffen werden müssen. „Ein Mann
ist einen Tag alleine mit entgraten aller Teile beschäftigt“, erklärt Matt, wie sich seine hochwertigen Pavillons von preiswerten unterscheiden. „Bleibt
zu viel stehen, bleiben scharfe,
unschöne Grate, nimmt man zu
viel weg, entstehen Löcher in
der schützenden Zinkschicht
und es kommt zu Roststellen.“
Aus diesem Grund werden
auch alle Bohrungen vor dem
Verzinken gesetzt, die Bauteile
am Ende mit V2A-Edelstahl-Imbusschrauben verbunden.
Auch für die Lackierung hat
Matt seine eigene Philosophie.
Statt einer Pulverbeschichtung
setzt der Unternehmer auf
zweischichtige Nasslackierung
in der staubfreien Kammer. Mit
der Pulverbeschichtung habe
man schlechte Erfahrungen gemacht, begründet er sein Vorgehen: „Pulverbeschichtung ist
nicht langlebig und wenn man
mal etwas ausbessern muss,
kann man es kaum machen, ohne dass man es sieht.“ Zum
Einsatz kommen besonders
Farben mit Eisenglimmeranteil
sowie das traditionelle Schwarzgrün (Englischgrün). Aber der
Kunde kann jeden Farbton der
RAL-Tabelle wählen.
Den Vertriebsweg Messen
und Gartentage hat der Neckarwestheimer stark reduziert.
„Vor fünf Jahren konnte man
die Veranstaltungen noch an
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Einen Musikpavillon in Nürtingen zum Vorbild: „Nostalgie“
Setzt auf Qualität: Kunstschmied Wolfgang Matt
Am Pool spielt der offene Pavillon seine Stärken aus: Ravenna in achteckiger Ausführung und anthrazitfarbener Lackierung
Durchdachte Konstruktion: das Dach von Ravenna wächst aus Einzelteilen am Boden
zwei Händen abzählen“, sagt
Matt. Die Veranstaltungen hätten sich aber inflationär vermehrt. „Bei der Vielzahl der
Angebote muss man einfach
abwägen.“ Gerade für einen
kleinen Betrieb, der seine Kunden weit über die Grenzen seines Standorts hinaus findet, ist
der Aufwand einfach zu groß.
Matt arbeitet lieber mit ausgewählten Landschaftsbau­firmen zusammen, etwa der Firma Otto Arnold in LeinfeldenEchterdingen oder Betrieben
aus den Reihen der Gärtner
von Eden. Private Kunden
spricht der Süddeutsche in erster Linie über Anzeigen in ent-
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sprechenden Garten- und
Wohnzeitschriften an. „Eine
redaktionelle Erwähnung in
solch einer Zeitschrift ist für
mich ein echter Erfolg“, fasst er
seine positiven Erfahrungen zusammen. Und auch das Internet ist für den Neckarwestheimer ein wichtiger Bestandteil
des Marketings geworden.
Mit seinen drei Mitarbeitern
montiert er mittlerweile auch
Pavillons an der Algarve, in
Südfrankreich, Liechtenstein
oder der Schweiz.
Tjards Wendebourg
Bilder: Mai (2), Matt (3), Noller (6),
Wendebourg (3)
Ravenna mit sechseckigem Dach in strahlendem Weiß
Viel Handarbeit: Gitterbogen vor dem Verzinken
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