Süddeutsche Zeitung, Interview Ferienimmobilien

Transcrição

Süddeutsche Zeitung, Interview Ferienimmobilien
Interview für die Süddeutschen Zeitung mit Rechtsanwalt Ludwig
(gekürzte Fassung veröffentlicht in der Süddeutschen Zeitung,
Ostern 22./ 23./ 24. März 2008)
„Ferienimmobilien im Ausland“
SZ: Herr Ludwig, viele Menschen in Deutschland träumen vom
eigenen Ferienhäuschen oder gar dem Zweitwohnsitz in Südeuropa.
Warum eigentlich?
Ludwig: Der Traum vom Ferienhaus ist für viele mit dem Wunsch verbunden, sich vom beruflichen
Alltag in der Großstadt loszusagen und Stress abzubauen. Die selbst genutzte Ferienimmobilie kann
ein zweites zu Hause sein, wo man entspannen und Kraft schöpfen kann und zu Kreativität findet. Die
Ferienwohnung dient für manche aber auch als Vermögensanlage oder Investition für den Ruhestand.
Ferienwohnungen sind inzwischen nicht mehr nur ein Markt für Menschen ab 50. Immer mehr jüngere
Leute kaufen inzwischen Ferienwohnungen, um dorthin öfter und für kürzere Zeit zu reisen und zu
arbeiten. Gerade jetzt, wo ein konjunktureller Aufschwung zu spüren ist, verwundert es nicht, dass
wieder mehr Menschen über den Kauf einer Ferienimmobilie nachdenken.
SZ: Egal ob in Skandinavien oder im Mittelmeerraum – allgemein
scheint der Immobilienkauf außerhalb Deutschlands nicht so
einfach wie bei uns. Woran liegt das?
Ludwig:
Ob der Traum von der eigenen Ferienimmobilie Wirklichkeit wird, hängt von vielen
Faktoren ab. Ein fremdes Rechtssystem und unbekannte Marktgepflogenheiten können dem
deutschen Käufer Fallstricke in den Weg legen. Vor Ort kommt es deshalb besonders darauf an, mit
seriösen Maklern und fachkompetenten Beratern zusammenzuarbeiten. Bei entsprechender Planung
und Prüfung der rechtlichen und steuerlichen Situation ergeben sich dann zwar immer noch
Unterschiede zum Immobilienkauf in Deutschland. Die Unterschiede werden jedoch transparent.
SZ: Worauf sollten Kaufwillige allgemein achten, wo drohen in der
Regel die rechtlichen Fallen beim Wohnungs- oder Hauskauf im
Ausland?
Ludwig: Der Käufer sollte vorab die rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse der Ferienimmobilie
prüfen lassen. Angaben über die Immobilie erhält er vom Verkäufer, dem Makler oder der Bank, die
ggf. die Ferienwohnung mit einer Finanzierung vor Ort anbietet. Für die rechtliche Sicherheit kann
aber nur der Anwalt sorgen. Der Anwalt ist je nach Land oft der einzige, der für seine Angaben
gegenüber dem Käufer wirklich haftet. Der Käufer sollte sich in jedem Fall über die
Eigentumsverhältnisse der Immobilie informieren und hierzu Einblick in das Grundbuch nehmen. Man
sieht dann, ob der Verkäufer tatsächlich Eigentümer ist oder ob die Immobilie mit Verbindlichkeiten
belastet ist. Aufgrund der Grundbuchangaben sollte man sich bei den Behörden auch Informationen
über den Erschließungszustand und die Bebaubarkeit des Grundstücks einholen. Wenn eine
Feriensiedlung neu errichtet wird, so bitten die Veräußerer die Käufer oft mit weiteren
Erschließungskosten für den Ausbau der Infrastruktur des Ferienareals zur Kasse. In manchen
Ländern fehlen Schutzvorschriften, wie sie die deutsche Makler- und Bauträgerverordnung vorsieht.
Im schlimmsten Fall kann das dazu führen, dass der Käufer noch vor Baubeginn einen Großteil des
Kaufpreises an eine Bauträgergesellschaft zahlt, diese dann aber vor Baufertigstellung Insolvenz
anmeldet. Der Käufer erhält dann eine nicht vollendete Wohnung oder manchmal noch nicht einmal
ein Grundstück. Man sollte sich deshalb bei Bauprojekten vorher auch über den Bauträger
informieren, etwa durch Auskünfte aus dem Handelsregister im jeweiligen Land oder über seine
Zahlungsfähigkeit. Es zeigt sich, dass in Neubauprojekten ein besonderes Risiko für den Erwerber
steckt. Man sollte insbesondere Einblick nehmen in Konstruktions- und Installationspläne, die
Baugenehmigung und Bauabnahme, ggf. die Neubauerklärung, die Bewohnbarkeitsbescheinigung,
die Abnahme der elektrischen Installationen, steuerliche Unterlagen, etwa die letzte
Gemeindesteuerquittung, Versicherungspolicen, etc.
SZ: Wickelt man den Erwerb am besten mit einem Rechtsanwalt in
Deutschland oder aber mit einem Spezialisten im jeweiligen AusLand ab?
Ludwig: Die Einschaltung eines Spezialisten für das jeweilige Land ist in jedem Fall zu empfehlen.
Dieser sollte über profunde Kenntnisse der ausländischen Rechtordnung und mehrere Jahre
praktische Erfahrung verfügen. Er muss seinen Sitz nicht unbedingt am Ort der Ferienimmobilie
haben, obwohl es natürlich nie schaden kann, wenn er sich das Grundstück auch einmal selbst
anschaut. In den touristischen Ballungszentren, z.B. Mallorca, haben sich schon viele deutsche
Rechtsanwälte niedergelassen. Handelt es sich um einen ausländischen Kollegen, sollte er möglichst
über Erfahrung im Umgang mit deutschen Mandanten verfügen, idealerweise von diesen empfohlen
worden sein. Man kann den Kauf der Ferienwohnung natürlich auch über seinen deutschen
Hausanwalt abwickeln, der mit dem ausländischen Spezialisten kooperiert, vielleicht sogar einen
Kollegen aus seinem Netzwerk empfehlen kann. Oder man entscheidet sich für eine internationale
Kanzlei, die sich auf bestimmte Länder spezialisiert hat.
SZ: Woran kann der Kaufinteressent einen seriösen Partner
erkennen? Und woran, ob der Kaufpreis tatsächlich angemessen
ist?
Ludwig: Der seriöse Partner geht auf die Wünsche des Käufers ein und hat keine Bedenken,
wenn der Käufer die Immobilie und die Verträge prüfen lässt. Unseriöse Anbieter versuchen dies zu
verhindern, oder den Kunden ihre eigenen Berater zu „servieren“. Vor der Unterzeichnung des
Kaufvertrages sollte man sich auf keinen Fall unter Druck setzen lassen, sondern die zu erwerbende
Immobilie vom Anwalt auf ihre rechtlichen und steuerlichen Verhältnisse durchchecken lassen. In
Spanien kann man sich eine Ferienwohnung durch einen „contrato de arras“, einen Vorvertrag, für
eine vereinbarte Prüfungszeit sichern. Nimmt man später Abstand vom Kauf, verfällt die Anzahlung.
Verkauft hingegen der Verkäufer inzwischen an einen Dritten, muss er die doppelte Anzahlung
zurückerstatten. Auch bei diesem Vorvertrag ist jedoch Vorsicht geboten und ein Anwalt sollte prüfen,
dass es sich wirklich um einen „contrato de arras“ und nicht bereits um den Kaufvertrag handelt, denn
in Spanien kann ein Grundstückskaufvertrag mündlich oder privatschriftlich, also ohne Notar
abgeschlossen werden. Sonst könnte man bereits eine Ferienwohnung erworben haben, die man
nach der Prüfung gar nicht mehr kaufen wollte.
Für die Frage, ob der Kaufpreis der Immobilie dem allgemeinen Marktpreis entspricht, kann man sich
einen ersten Überblick durch die Lektüre von Immobilienanzeigen verschaffen. Mehr Sicherheit über
den Wert der Immobilie erhält man durch Beauftragung eines Wertgutachtens. Ob die Ferienimmobilie
letztlich ihr Geld wert ist, hängt vor allem von der Lage ab und außerdem vom Zustand der
Erschließung, d.h. dem Zugang zum Grundstück, der Infrastruktur, der Bebaubarkeit und der
Nutzungsfähigkeit.
SZ: Um Steuern zu sparen soll es vor allem in südlichen Ländern
Immobilienverkäufer geben, die den offiziellen Preis recht niedrig
ansetzen und nebenbei den Rest in bar kassieren wollen. Was ist
davon zu halten?
Ludwig: Auch in den südlichen Ländern hat sich die Einstellung zu dieser Art von Geschäften
bereits geändert. Aus steuerlichen, rechtlichen aber auch praktischen Gründen ist hiervon nur
abzuraten. Durch den von Ihnen beschriebenen Weg soll zunächst Grunderwerbsteuer gespart
werden. Wer seinen Kaufvertrag unterverbrieft, dessen Veräußerungsgewinn wird aber später umso
höher sein. Was man somit auf den ersten Blick an Grunderwerbsteuer spart, dass zahlt man beim
Verkauf der Ferienwohnung an höher taxierter Einkommensteuer oben drauf. Hinsichtlich des
Bargeldes muss man wissen, dass auch in den anderen europäischen Ländern die europäische
Geldwäscherichtlinie gilt. In Spanien zum Beispiel ist die Einfuhr von Bargeld ab 100.000,00 EUR zu
deklarieren. Im Land selbst ist das Mitführen von Bargeld ab 10.000,00 EUR anzugeben.
Bei der Gelegenheit gleich noch ein Hinweis: Man sollte nicht darauf spekulieren, Vermögen im
Ausland vor den deutschen Finanzbehörden verstecken zu können. Auch nicht, wenn man es in die
„anonyme Hülle“ einer ausländischen Kapitalgesellschaft steckt. Das Risiko einer Aufdeckung ist doch
erheblich gestiegen. Das Finanzamt kann im Wege der internationalen Amtshilfe in das ausländische
Grundbuch Einsicht nehmen oder sich über internationale Kontrollmitteilungen über Vermögen im
Ausland informieren. Hat es insoweit Kenntnis oder die bloße Vermutung von der Existenz einer
Auslandsimmobilie oder eines Auslandskontos, so ist es zunächst gar nicht gehalten intensive
Recherchen im Ausland auf den Weg zu bringen. Vielmehr kann es bei Kenntnis einer ausländischen
Kontoverbindung den deutschen Steuerpflichtigen auffordern, die diesbezüglichen Kontounterlagen
vorzulegen. Soweit dieser Aufforderung nicht nachgekommen wird, kann das Finanzamt ausländische
Einkünfte schätzen. Will der Steuerpflichtige sich dann gegen die Schätzung wehren, muss er die
entsprechenden Unterlagen offenlegen.
SZ: Ist der Erwerb einer Ferienimmobilie eine gute Investition? Oder
sollte man eher nicht darauf hoffen, mit ihr auch noch Geld zu
verdienen?
Ludwig:
An dieser Stelle muss unterschieden werden, von welcher Art von Investment wir
sprechen. Auf der einen Seite gibt es den Käufer, der die Ferienimmobilie selbst nutzen will. Andere
suchen die Rendite in laufenden Mieteinkünften. Für den Selbstnutzer kommt es vorrangig auf seine
persönlichen Vorstellungen und Bedürfnisse an. Er wird vor allem prüfen, ob sich das Wohnumfeld,
die Nachbarschaft etc. mit seinen Vorstellungen deckt. Hier sind bei Timesharing-Investitionen oft
Abstriche zu machen. Daneben spielt die Erreichbarkeit der Ferienimmobilie zwischen Wohnort und
Ferienort, die Kostenstruktur vor Ort und auch das Klima in den Sommer- und Wintermonaten eine
Rolle. Der Investor ohne eigene Nutzungsabsichten wird eher prüfen, ob die regelmäßige
Vermietbarkeit gewährleistet ist und wie sich die Grundstückswerte entwickeln werden. Er wird ggf.
eine Hausverwaltung mit der Vermietung beauftragen.
SZ: Manch einer entschließt sich aus einer Ferienlaune heraus zum
Immobilienkauf. Richtig oder falsch?
Ludwig: Die Erfahrung zeigt, dass viele Ferienimmobilien immer noch vom Bauschild gekauft
werden, oft bevor sie überhaupt fertiggestellt wurden. Verträge sollten jedoch nie übereilt oder aus
einer Stimmung heraus unterzeichnen werden. Dies gilt erst recht für den Immobilienkauf. Wenn einer
unserer Mandanten die vermeintliche Traumimmobilie gefunden hat, raten wir dazu, erst einmal so
viele Informationen wie möglich zu sammeln. Mit diesen sollte er dann nach Hause fahren und seine
Entscheidung in Ruhe, möglichst mehrere Wochen lang überdenken. Dann kann er immer noch
kaufen und ein seriöser Verkäufer wird ihm auch so lange Bedenkzeit einräumen. Der Käufer sollte
auch einmal in der Nebensaison anzureisen, vor allem, wenn er plant, die Immobilie im späteren
Ruhestand ganzjährig zu bewohnen. Vielleicht wird er dann überrascht feststellen, dass der im August
überfüllte Ort im November wie ausgestorben ist, 80 Prozent der Geschäfte und Restaurants
geschlossen sind, die benachbarten Wohnungen leer stehen und er selbst der einzige Deutsche weit
und breit ist. Kann er sich ohne Kenntnisse der Landessprache verständigen, oder hat er Lust und
Zeit, diese zu lernen? Es gibt eine Vielzahl von Fragen, die ein Käufer für sich beantworten sollte,
bevor er einen Vertrag unterschreibt.
Das Interview wurde geführt von Heinz-Josef Simons.