Das Sickerdarm (leaky gut) Syndrom
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Das Sickerdarm (leaky gut) Syndrom
1 Das Sickerdarm (leaky gut) Syndrom & Glutenempfindlichkeit - neues Paradigma verantwortlich für chronische Erkrankungen Zusammenfassung Es ist schon ungewöhnlich anzunehmen, dass der Verzehr eines seit langem genutzten Nahrungsmittels wie dem Brot in eine ernsthafte Aktivierung des Immunsystem münden und letztlich zu schwelenden Entzündungen im Gehirn und auch anderen Organen führen kann. Tatsache ist jedoch, dass die wissenschaftliche Literatur schon seit längerer Zeit Fakten und Belege dafür hat, die solche schwerwiegenden Folgen aus dem Konsum von Weizen und auch anderen Gluten-haltigen Körnern wie Gerste, Roggen ja auch den Hafer belegen. So enthält z.B. das heutige, moderne hybridisierte und durch intensive Kreuzung sowie Züchtung veränderte Weizengluten (Klebereiweiss) über 23000 unterschiedliche Proteine (z.B. alpha-, gamma-, omega-Gliadin) sowie ein an Kohlenhydrat bindendes Protein, das Weizenkeimagglutinin (ein Lectin), die alle in der Lage sind, die intestinale Permeabilität bei empfindlichen Personen hochzuregulieren, ein Zustand der letztlich dann in ein Sickerdarm oder “leaky-gut Syndrom” mündet. Hieraus resultiert die Invasion von Antigenen bestehend aus Bruchstücken von abgebauten Proteinen, Bakterien, Speiseresten, usw. die anschließend die Bildung von Antikörpern des zu 80% im Darm sitzenden lymphatischen Systems GALT (sive Gastro Associated Lymphoid Tissue) herausfordern und auf Grund einer Kreuzreaktion (molekulare Mimikry) in weiterer Folge auch körpereigenes Gewebe angreifen. Letztlich führt dies zu dem klassischen Bild einer Autoimmunerkrankung an den verschiedensten Organen wie Schilddrüse, Pankreas, Gelenke, Gehirnstrukturen und/oder Haut usw. Diese Vorgänge erfassen nicht jeden der Weizen oder mit Gluten kontaminierte Lebensmittel konsumiert. Voraussetzung, dass eine Kreuzreaktion zwischen Essensantigenen und Antikörpern stattfindet sind mehrere Faktoren, wobei der individuelle Genotyp, die Zeitdauer und die Intensität der Exposition, zusätzliche schädigende Faktoren durch chemische Zusätze im Essen, der Anteil genmodifizierter Nahrungsmittel, 2 sowie die aktuelle Barrierefunktion im Darm aber auch im Gehirn (BlutHirnschranke) von Bedeutung sind. Brot als Ursache für chronische Erkrankungen ? In der Bevölkerung wird das Bild von unklaren abdominellen Beschwerden durch eine Vielzahl unterschiedlicher Ursachen vermittelt. So leiden etwa 30% bis 40 % der Bevölkerung an Symptomen wie Blähungen, rezidivierenden Durchfällen, Verstopfung, Bauchkrämpfen, rezidivierendem Aufstoßen, Brennen hinter dem Brustbein, unerklärlichen, Hautauschlägen, wandernden Gelenkentzündungen (Arthritiden) und/oder einer Entzündung der Schilddrüse (Hashimoto Thyreoiditis) mit der Gefahr einer Unterfunktion. Die hierbei oft ausgeführte gastroenterologische Standarddiagnostik schließt in der Regel schwerwiegende chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn), bösartige Neubildungen, Zöliakie und andere durch endoskopische oder bildgebende Diagnoseverfahren darstellbare Störungen aus. Was aber hat eine Darmerkrankung mit Symptomen einer Depression, einer bipolaren Störung, bis hin zur multiplen Sklerose oder der Schizophrenie zu tun ? Grundsätzlich wird die kybernetische Verknüpfung eines Reizdarms mit Depression, Kniebeschwerden und Allergie und ein Anstieg von Refluxerkrankungen von früher nahezu 0% auf inzwischen mehr als 30% der Bevölkerung nur selten im Zusammenhang mit der Darmgesundheit gebracht [1] [2]. Denn es sind nur Bruchteile der Beschwerden, die täglich im ärztlichen Tätigkeitsbereichen zur Sprache kommen und Hinweise auf das Grundproblem liefern. Tatsache jedoch ist, dass die vielfältigen Ursachen für diese und viele weitere Beschwerden aus einer gestörten Wirkung der Verdauungsenzyme (Maldigestion), einer daraus sich entwickelnden Störung der enteralen Nahrungsresorption (Malabsorption), einer einseitig zu kohlenhydratreichen-, fettarmenoder eiweißlastigen Ernährungsweise resultieren, die in der Folge zur einem Sickerdarm (neuhochdeutsch leaky-gut) führen können. So ist grundsätzlich bei allen unklaren abdominellen Beschwerden die Mikroökologie des Darms pathologisch verändert (=Dysbiose). D.h. es ist das Verhältnis von den für den Menschen nützlichen (wir leben mit den Bakterien in Symbiose !) zu den krankmachenden Bakterien zu Ungunsten der lebensnotwendigen Bakterien verschoben. Hieraus entwickeln sich anschließend Erkrankungen, die mit einer Prävalenz von 3 20% bis 30 % in atopische Erkrankungen und Allergien die Spitze insbesondere bei den Kindern ausmachen. Die Daten zeigen aber auch eine nicht minder beängstigende Zunahme im Bereich der Entwicklungsdefizite und Konzentrationsstörungen im späteren Lebensabschnitt [3, 4]. Es fängt die Immunisierung des Neugeborenendarms nicht erst mit dem Einsetzen des Geburtsprozesses an. Vielmehr ist der natürliche Geburtsvorgang maßgeblich an einer normalen Besiedlung des Darms vom Neugeborenen- ganz zum Nachteil des Kindes, welches mit Kaiserschnitt zur Welt komm - beteiligt. Auch wird schon weit vor der Geburt und mit der Ernährung der Mutter, über die Nabelschnur der Darm mit Botenstoffen vorbereitet, woraus eine gute Grundlage für gesundes Altern entsteht. Mit über 10 mal mehr Bakterien im Darm als alle Körperzellen zusammen und mit einer Anzahl der dazugehörigen fremden Gene, liegen die Bakterien zur Masse des menschlichen Erbguts sogar um ein vielfaches höher. Dabei helfen sie, Nahrungsmittel artgerecht aufzuschließen und zu verwerten sowie Vitamine (z.B. Vit K) zu synthetisieren. Die Gene der Mikroorganismen übernehmen hierbei zahlreiche Funktionen, die im Bauplan des Menschen nicht vorprogrammiert sind - wobei unter anderem der Abbau zahlreicher Nahrungsbestandteile, die wir selbst nicht verdauen und deshalb nur als Ballaststoffe kennen, dazu gehört. Gleichzeitig dienen diese Bakterien auch dazu, dass das im Darm befindliche Immunsystem (ca. 80%-90%) dahingehend trainiert wird, auf etwaige zukünftige Endringlinge zu reagieren und diese abzuwehren. Ein solches am direkten Übergang und nur durch nur von einer papierdünnen Zellbarriere getrenntes äußeres vom inneren Milieu, wird durch ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem, einer „Polizei“ (das Immunsystem) im Darm kontrolliert. Bei etwaigen Eindringen von Bakterien, Viren, Pilzen, Parasiten usw. wandert sofort eine Abwehr in Form von T-Zellen aus den sog. Payerschen Plaques in die oberen Schichten des Darmepithels. Hierdurch wird ein weiteres Eindringen von Erregern in den Organismus verhindert, die sich sonst im ganzen Organismus ausbreiten und einnisten würden, um ihren Wirt zu schädigen. Wird jedoch dieses ansonsten delikate Gleichgewicht von Bakterien, den sog. Firmicutes und den Bacteroidetes nur zu einer Seite hin verschoben [5], oder wird die ansonsten intakte Zellbarriere im Darm kompromittiert, so wird diese Barriere löchrig und gibt den Weg frei, so dass Bakterien und sogar Speisenreste in das Blutsystem einzudringen können wodurch das 4 dahinter liegende Immunsystem zur erweiterten Abwehr aktiviert wird (Abb. 1). Abb. 1 Ursachen für das sukzessives Eindringen von Fremdstoffen und Bakterien über einen defektes Darmepithel (leaky-gut) mit anschließender Immunaktivierung und folgenden Autoimmunerkrankungen, wobei auch meistens das Gehirn mitbetroffen ist (Neuroautoimmunerkrankung) Im Grunde kann angenommen werden, daß jeder der Gluten konsumiert, die Entwicklung zu einem leaky-gut mit gesteigerter intestinaler Permeabilität provoziert. Dies besonders, weil diese Proteinklasse im Weizen, auch als Gliadin bezeichnet, aus dem Darmepithel die Freisetzung von Zonulin, einem Enzym das die intestinale Permeabilität bis zu einem nicht mehr tolerablen Zustand, fördert [6]. 5 Abb. 2 Beispiel einer Fremdkolonialisierung des Darms mit Hefepilzen. A=normale Kolonisation mit Bakterien, die das Darmepithel wie einen feinen Saum vollständig bedecken; B=Zelldefekte der Innenauskleidung (leaky-gut) mit Kontakt zu Immunzellen unter einer lokalen Entzündung; C=invasives Wachstum pathogener Keime im Darm mit zusätzlichem Aufbrechen der ansonsten intakten Zellbarriere Quelle: Fa. Ganzimmun, 2013 Mainz Die maßgeblichen Verursacher solcher Störungen im Bakteriengleichgewicht haben in den letzten Jahrzehnten dermaßen zugenommen, dass es nicht wundert, warum Allergien und allergische Reaktionen aber auch die Refluxoesophagitis und besonders Darmerkrankungen wie Colon irritabele, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa einen rasanten Anstieg aufweisen. Als Verursacher gehören neben den Gliadinen aus dem Klebereiweiß Gluten auch Lectine und Saponine (beides Defensivstoffe gegen Pilzbefall und Insektenfraß), gewisse Hormone und bioaktive Peptide (sog. Exorphine) die das größte Problem darstellen. Diese Stoffe finden sich in dem Weizen aber auch in der Milch sowie anderen Körnern, Kartoffeln, scharfen Gewürzen, Hülsenfrüchten und alkoholischen Getränken. Besonders sind jedoch alle Zuckerarten (braun, weiss, Kandis), vor allem jedoch die Fruktose und 6 andere raffinierten Kohlenhydrate aufzuführen, die bei langfristigem Genuss zu einer gestörten Darmflora, schwelenden Entzündungen und einem Sickerdarmsyndrom führen. Daneben werden aber auch Antikonzeptiva, Antazida und viele Pharmazeutika, insbesondere aber die Antibiotika, mit einer gesteigerten intestinalen Permeabilität in Verbindung gebracht. Und letztlich besteht bei einigen Patienten mit Gluten-bedingter Sensitivität auch eine Kreuzreaktion zu dem Gluten in Mais, was durch den Nachweis von Antikörpern nach Maisgenuss eindeutig belegt werden konnte [7, 8], so dass ein Unterschied zwischen Weizengluten und den Entzündungsreaktionen nach Verzehr von Gluten im Mais nicht auszumachen war [9]. Dies alles ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs. Denn während sich ein Sickerdarm für den Betreffenden kaum bemerkbar macht, laufen die sog. Enpfindlichkeitsreaktionen fast unbemerkt dafür aber umso intensiver im Hintergrund, nur charakterisiert durch ein gelegentliches Unwohlsein, Blähungen und Stuhlunregelmäßigkeiten, im Intestinalbereich ab. Auslöser hierfür ist die in den letzten Jahrzehnten extreme Zunahme an veränderten, prozessierten Nahrungsmitteln, deren Hauptaugenmerk auf verlängerte Lagerzeiten denn auf natürliche Inhaltstoffe abzielt. Abb. 3 Beispiel der vielen veränderten Nahrungsmittel in der heutigen ZeitUrsache für vermehrt auftretende Darmprobleme aber auch chronischer Erkrankungen, Quelle: Green MedInfo 2013 7 Es wird hierbei absichtlich auf das Wort “Lebensmittel” verzichtet, denn in den überwiegenden Fällen haben alle diese in der Neuzeit kreierten Nahrungsmittel (Abb. 3) Zusätze in Form von: Farbstoffe wie Tartrazin (E102), Chinolingelb (E104), der rote Farbstoff Canthaxanthin (E161g), die braune Farbe Zuckercouleur in Cola und alkoholischen Getränken (E150a-E150d) von denen das 2-Methylimidazol und das 4-Methylimidazol bei der Ratte Leber-, Lungen- und Schilddrüdenkrebs auszulösen imstande sind [10]. Verdickungs- und Geliermittel (E400-E440, E460-495) wie Alginate (E400-405), Agar-Agar (E406), Carageen (E407), Johannisbrotmehl (E410) die die Mineralverwertung einschränken und zur stillen Darmentzündungen führen [11]. Geschmacksverstärker (E620-E625) sive MononatriumGlutamat (MSG), die in die Regulierung des Sättigungsgefühls eingreifen, ursächlich an chronischen, migräneartígen Kopfschmerzen beteiligt sind und in Tierversuchen zu Hirntumoren geführt haben [12]. Sie sind in allen kommerziellen Suppen, Saucen und Würzzubereitungen enthalten. Zuckerersatzstoffe (E950-E1518) wie Saccharin (E954), Cyclamat (E952)oder Acesulfam-K (E 950) die vorzugsweise in sog. light-Getränke eingesetzt werden, im Krebsverdacht stehen und maßgeblich an der Adipositasentwicklung beteiligt sind [13]. Cyclamat wird wegen seiner den Appetit anregenden Wirkung deswegen auch bei der Schweinemast eingesetzt !!! Konservierungsmittel (E200-E297) wie Sulfide (E220-E228) die Asthmaanfälle bedingen sowie Benzoesäure (E210-E219) die zu allergischen Reaktionen führt [14]. Konservierungsstoffe zur Haltbarmachung wie z.B. Nitrite und Nitrate in fast allen Wurstartikeln, die mit Dickdarm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs in Verbindung gebracht werden [15]. Hohe Anteile an Zucker oder noch schlimmer Fruktose in fast allen Fertigprodukten die den Gaumen des auf Süß getrimmten Konsumenten verwöhnen sollen, um schließlich in Adipositas, Diabetes 2, Hypertonus und Alzheimer zu münden [16, 17]. Reste von Antibiotika in Pute, Schwein oder Rind, die ursächlich die weltweit zunehmende Antibiotikaresistenz erklären hilft [18]. Reste von Arsen im Huhn, das mit dem arsenhaltigen 8 Antihelmintikum Roxasone®, einem Wurmmittel, gefüttert wurde [19]. Aluminiumreste im Trinkwasser, das zur Ausfällung von Schwebestoffen dem Wasser in Klärwerken zugesetzt wurde und weil neurotoxisch, zur frühzeitiger Demenz und Alzheimer führen[20]. Aluminium befindet sich aber auch im gepufferten Aspirin sowie in dem zur Therapie des Sodbrennens eingesetzten Therapeutikum Maaloxan®. In die gleiche Richtung läuft auch das dem Trinkwasser zugesetzte Fluor (angeblich kariesprotektiv), das ebenfalls neurotoxisch ist und in Verbindung mit Aluminium eine noch höhere toxische Wirkung auf die Nervenzellen offenbart [21]. Hohe Anteile von den in der Landwirtschaft eingesetzten Pestiziden, Herbiziden und Fungiziden die, wenn längere Zeit mit den kontaminierten Gemüse, Früchten, Salaten usw. konsumiert, größtenteils karzinogen (krebsauslösend) Wirkungen offenbaren [22]. Die weiterhin, trotz besseres Wissen, verbreitete Unsitte sog. gehärtete Fette (Mais-, Raps- Sonnenblumen-, Sojakeim- und Distelöle) in Essensprodukte zu geben oder sie damit zu “verfeinern” (Beispiel Pommes frites, alle ! Margarinesorten, sog. Kuchenteilchen usw.) wobei der Arteriosklerose massivst zugearbeitet wird [23]. Zunehmende Verbreitung sog. gentechnisch-veränderten Weizen, Mais, Tomaten und Zuckerrüben, die nach Aussagen der Vertreiber (Fa. Monsanto, Syngenta, Bayer) einen höheren Ertrag und eine höheren Widerstand gegen etwaige Schädlinge aufweisen. Dabei wird aber tunlichst verschwiegen, dass die für Herbizid(Glyphosat) resistenten Ähren beim Konsumenten zu Darmentzündungen, ja bis hin zu Nierenstörungen und Nieren- bzw. Prostatakrebs führen können [24, 25]. Das Endprodukt mit seinen hierdurch erreichten höheren Gewinnen hat dann den Nachteil ohne ein Herbizid nicht mehr auszukommen und auch nicht mehr keimfähig zu sein, so dass der Bauer zur Neusaat jedesmal beim Produzenten neu einkaufen muss. Noch nachteiliger ist jedoch, dass ihre Unbedenklichkeit in Langzeitfütterungsversuchen (> 6 Monate) nie (!) getestet wurde ! 9 Speziell dieser Aspekt der Weiterentwicklung in Richtung immer ertragreicherer Sorten hat in den letzten 50 Jahren dazu geführt, dass z.B. im Rahmen unterschiedlicher Hybridisierungen (Vorgang, bei dem sich an einem Einzelstrang einer DNA oder einer RNA ein mehr oder weniger vollständig komplementärer DNA- bzw. RNA-Einzelstrang angelagert) und Kreuzungen, der Weizen deutlich größerer Ähren zur Folge hatte, der Halm diese nicht mehr halten konnte, so dass der Halm nach weiterer Züchtungen heutzutage deutlich kleiner ist. In diesem Zusammenhang hat auch ein weiterer wichtiger Anteil in Körnern wie Weizen, Gerste, Roggen und sogar im Hafer, das Gluten (Klebereiweiß) eine maßgebliche Veränderung erfahren. Denn von den ursprünglichen 14 Weizengenen sind diese mittlerweile auf 28 angestiegen, was zur Folge hatte, dass über 20.000 neuartige Eiweißkörper von der Pflanze synthetisiert werden, deren Unbedenklichkeit für den Menschen nie (!) getestet wurde. Solchen Änderungen im Genpool der Nahrung war jedoch der Mensch seit seiner Existenz in diesem Ausmaß und in so kurzer Zeit nie (!) ausgesetzt. Die Folge ist z.B. eine beim Gluten (Klebereiweiss) neu entstandene, aus 33 Peptiden bestehende Eiweisskette, die der Darm mit seinen sich darin befindlichen Enzymen jetzt schwer bis kaum aufspalten kann, um sie einigermaßen verdaulich zu machen. Dass dies nicht völlig gelingen kann, ist schon darin begründet, dass sich der Organismus auf solche “neuartigen” in seiner mehr als 30 000 Jahre anhaltenden Entwicklung noch nicht hat anpassen konnte. Es stellt somit für den im Darm sich tummelnden Bakterien dieses „neuartige Gluten“ einen Fremdstoff dar, der nur teilwiese abgebaut werden kann, dadurch irritierend wirkt und lokal eine chronische Entzündung auslöst. In der Folge erleiden die Darmausstülpungen (Villi) eine Atrophie, die auch dadurch charakterisiert ist, dass jetzt T-Lymphozyten aus dem Immunsystem einwandern, um den Eindringling zu bekämpfen (vorderste Linie der Abwehr mit IgA-Antikörpern) um schließlich in das Vollbild der Zöliakie, einer nicht heilbaren, mit völligen Verschwinden (Atrophie) der für die Resorption notwendigen Darmzotten einhergeht. Die Folge sind Mangelzustände, die neben der ungenügenden Resorption von Fetten, Kohlenhydraten, Aminosäuren insbesondere die Spurenelemente und die Vitamine betreffen, so dass solche Patienten das Bild einer klassischen Mangelernährung mit Verdauungsstörungen, trotz ausreichender oraler Aufnahme, aufweisen. 10 Abb. 5 Die auf Grund der lokalen Entzündung aufgebrochenen „tight junctions“ mit einem daraus entstehendem Sickerdarm am Epithel, so dass Fremdstoffe ins Blut übergehen und in Folge eine Immunreaktion bei existenter molekularer Mimikry, auch Entzündungen im zentralen Nervensystem auslösen Quelle: Labor Ganzimmun/Mainz Von Bedeutung sind, und dies ist erst in den letzten Jahren so richtig erkannt und auch nachgewiesen worden, die Tatsache, dass eine durch das Gluten ausgelösten Sensibilisierung (=Schwester der Zöliakie) im Darm stattfindet. Dies macht sie aber nicht ungefährlicher. Denn es ist das über Jahre bis Jahrzehnte chronische Entzündungsbild im Darm, das kaum bemerkbar, außer einigen gelegentlichen Unpässlichkeiten, sich schließlich dann als 1. Hashimoto-Thyreoiditis 2. einem Non-Hodgekin Lymphom 3. der Osteopenie/Osteoprose 4. einer Dermatitis Herpitiformis 11 5. dem Lupus Erythematodes oder 6. der rheumatoiden Arthritis mit wandernden Arthritiden offenbart. Noch bedeutender sind jedoch die im zentralen Nervensystem sich im Laufe der Zeit abzeichnenden Schädigungen (Abb. 5), die sich in Form von 1. Chron. Migränekopfschmerzen [26, 27] 2. Depressionen [28] 3. Biopolaren Störungen [29, 30] 4. Chronisches Müdigkeitssyndrom [31] 5. Peripheren Nervenschmerzen (z.B. der Fibromyalgie) [32] 6. Vom Kleinhirn ausgehende Störungen mit Gangunsicherheit (Dyspraxia), Koordinationsstörungen, Dysarthrien (Sprachstörungen), Dystonien, Ataxien (Störungen in der Bewegungskoordination) [33], fazialen Tics [34], dem muskulären Steifigkeitssyndrom, eine neuroimmunologische Erkrankung mit generalisierter Tonuserhöhung der Muskulatur [35] und weiteren neurologischen Auffälligkeiten. bemerkbar machen. Dazu gesellen sich aber auch andere, mittlerweile immer häufiger gestellte Diagnosen, wie 7. Das Aufmerksamkeits-Hyperaktivitätsdefizit-Syndrom, sive AHDS [36]. 8. Die Multiple Sklerose [37] (Abb. 6), oder sogar 9. ein schizophrenes Zustandsbild [38, 39], die alle ursächlich auf eine Glutensensibilsierung beruhen. 12 Abb. 6 Die durch Glutengenuß ausgelösten nachweisbaren charakteristischen sklerotischen Herde im zentralen Nervensystem. Computertomographische Untersuchung im Vergleich zur Normalperson. Nach [37] Hier fragt man sich augenblicklich wie es denn überhaupt sein kann, dass (nur) ein Brotbestandteil zu einem gestörten Darmmilieu und solchen, im klassischen Sinne, schweren neurologischen Erkrankungen führen kann ? Dies ist insofern jedoch leicht nachvollziehbar, berücksichtigt man das vorangehende Krankheitsbild des Sickerdarm oder leaky-gut Syndroms und in der Folge das dahinter liegende Immunsystem die Invasoren attackiert. Es ist besonders das im Darm liegende Immunsystem mit seinen verschiedenen „Waffengattungen“ (IgG, IgE, IgA, IgM), das bei allen, insbesondere lang-anhaltenden immunologisch bedingten Entzündungsreaktion (= kriegerischen Auseinandersetzungen) schließlich zu sog Kollateralschäden führt. D.h. die Autoimmunantikörper (die maßgebliche Abwehr des Immunsystems) greift nun auf Grund der Ähnlichkeit in der molekularen Strukturen (=molekulare Mimikry) auch körpereigenes Geweben an und zerstört es, wobei Thyreoidea, Kleinhirn, Gelenke, Haut, oder Pankreas, am häufigsten attackiert werden und sich im Laufe eine klassischen Autoimmunerkrankung wie 1. das Sjörgen Syndroms [40], 2. ein Non-Hodgekin Lymphom [41], 3. die Hashimoto Thyreoiditis [42], 4. die Multiple Sklerose mit den charakteristischen Plaques im ZNS [43](Abb. 6), 5. ein Diabetes Typ 1 auf Grund der Zerstörung der Insulinbildenden Zellen des Pankreas [44], 6. blasenbildenden Erkrankungen der Haut wie Pemphigus, Pemphigoid, Hautgefäßentzündungen (Vaskulitiden) oder der Epidermis bullosa acquisita [45], u.a. entwickeln können. Manchmal können die Symptome an der Haut auch dem rheumatoiden Formenkreis zugeordnet werden, wie z.B. 7. der Lupus Erythematodes mit intestinalen Schmerzen [46], 8. die Sklerodermie, einer Bindegewebsverhärtung [47] oder 9. die Dermatomyositis [48]. 13 10. Im Rahmen der Sklerodermie kommt es öfters auch zum gastro-oesophagealen Reflux , der nicht nur durch saures Aufstoßen sondern von einem Brennen hinter dem Brustbein charakterisiert ist. Ursächlich wird auch hier u.a. eine Autoimmunerkrankung diskutiert [49]. . Und weil alle diese Autoimmunerkrankungen als Basis eine Entzündung aufweisen, soll gleichzeitig auch auf ein nur mäßig erhöhter Blutzucker geachtet werden, der im Gefolge glykierte (verzuckerte) Proteine bildet die ebenfalls als Entzündungsauslöser gelten können. Hier ist im Rahmen der Diagnostik speziell das glykierte Protein HbA1c zu erwähnen, ein Risikofaktor der deutlich macht, dass im Organismus weitere „verzuckerte“ Proteine vorkommen, die nicht nur am Gefäßsystem sondern auch im zentralen Nervensystem Entzündungen mit Hirnatrophie und dementiellen Störungen ablaufen [50]. Alle in der Folge den Patienten belastenden Symptome führen ihn schließlich zum Arzt, einem Zeitpunkt an dem der Verursacher jedoch schon seit längerer Zeit aktiv ist. Konventionelle vs. alternative Therapie der Autoimmunerkrankung Hier stehen der heutigen Medizin stark-wirkende Therapeutika zu Verfügung, die alle dahingehend das Ziel haben, ein überaktives Immunsystem zu dämpfen und sog. Immunsuppressiva wie z.B. Kortisonpräparate, Biologica oder Biologicals wie z.B. TNF-alpha Antikörper (Infliximab®, Adalumumab®) bis hin zu Chemotherapeutika (z.B. Methotrexat) einzusetzen. Nachteilig bei einer solchen Therapie ist jedoch grundsätzlich die wohl wünschenswerte Abnahme der Beschwerden, jedoch ein völliges Ignorieren der eigentlichen Auslöser. Denn der eigentliche Auslöser sitzt weithin im Darm (die Krankheit sitzt quasi im Darm) der, wenn nicht berücksichtigt, weiterhin als leaky-gut und einer sich dran anschließenden Immunreaktionen aktiv bleibt. Andererseits soll auch nicht verschwiegen werden, dass speziell die TNFalpha Antikörper ein erhöhtes Risiko für Krebs, Tuberkulose, Herzversagen und multipler Sklerose aufweisen [51]. Gluteneiweiße mit opiatähnlicher Wirkung maßgeblich an darmassoziierten Immunreaktionen beteiligt 14 Daneben gibt es aber auch bioaktive Peptide (Exorphine), die bei der unvollständigen Hydrolyse von Nahrungsproteinen aus dem Brot entstehen und als Agonisten am Opioidrezeptor wirken, indem sie opiatähnliche Effekte vermitteln [52] . Die wohl bekanntesten und am besten untersuchten Exorphine sind ß-Casomorphin, Fragmente des Milchproteins ß-Casein und Gluten-Exorphine bzw. Gliadorphine, die aus der unvollständigen Proteolyse des Klebereiweißes Gluten von Getreideprodukten entstehen. Die Aktivierung der Opioidrezeptoren kann zu einer verminderten Schmerzwahrnehmung führen, die Hormonausschüttung beeinflussen, den Appetit steigern, die Darmtransitzeit verlängern, Verhaltensweisen beeinflussen und Emotionen wie Euphorie oder Dysphorie hervorrufen [53]. Aus der Spaltung von Gluten können die Exorphine A4, A5, B4, B5 und das Exorphin C hervorgehen (Tabelle 1). Innerhalb dieser Gruppe stellt das Exorphin-B5 den potentesten Liganden dar der selektiv an Opiatrezeptoren bindet und hierdurch ein Sättigungsgefühl eine leichte Sedierung und auch eine psychische Entspannung vermittelt. Und weil seine Aminosäurensequenz gleich zwei Mal in der Sequenz von Glutenin vorkommt, kann aus der Glutenin-Polypeptidkette einen größerer Anzahl von Exorphin A5 hervorgehen. Zusätzlich zu diesen genannten Exorphinen existiert noch das Gliadorphin-7, von dem bekannt ist, dass es sich aus der Spaltung von Gliadin ableitet. NahrungsExorphine mittelprotein Gliadin und Gluten Exorphin A4 Gly-Tyr-Tyr-Pro Glutenin Gluten Exorphin A5 Gly-Tyr-Tyr-Pro-Thr Gluten Exorphin B4 Tyr-Gly-Gly-Trp Gluten Exorphin B5 Tyr-Gly-Gly-Trp-Leu Gluten Exorphin C Tyr-Pro-Ile-Ser-Leu Gliadorphin-7 Tyr-Pro-Gln-Pro-Gln-Pro- Gliadin Aminosäuresequenz Phe 15 Tabelle 1 Exemplarische Übersicht verschiedener Exorphine und ihrer Quelle aus dem Nahrungsprotein Gluten des Brotes Je nach Konzentration der Exorphine und Durchlässigkeit der physiologischen Permeabilitätsbarrieren können sie lokal begrenzt auf den Darm wirken, eine systemische oder sogar zentralnervöse Wirkung im Gehirn entfalten. Durch Bindung an den Opioidrezeptoren kommt es zu: _ verlängerten Darmtransitzeiten _ gesteigertem Appetit _ verminderter Schmerzwahrnehmung _ Veränderungen im Neurotransmitter- /Hormonhaushalt _ Beeinflussung von Verhaltensweisen und Emotionen Es wurden bei Patienten mit Depressionen, Schizophrenie, Autismus oder ADS erhöhte Exorphinspiegel im Urin nachgewiesen werden und häufig konnte eine Verbesserung der Symptomatik durch eine gluten- und kaseinfreie Diät erzielt werden [54]. Lokale Wirkung von Exorphinen führt zu gesteigerter intestinalen Durchwanderung Weil Exorphine aus der unvollständigen Spaltung von Gluten und/oder Kasein entstehen, spielt neben der erhöhten Zufuhr dieser Nahrungsproteine die Funktionsbeeinträchtigung von Verdauungsenzymen eine wichtige Rolle in ihrer Genese. Aus einer in-vitro-Verdauung von Weizengluten mit den physiologisch vorkommenden Enzymen Pepsin und Pankreas-Elastase, gehen aus dem Gluten die Exorphine A5, B5 und B4 hervor [55]. Diese Fragmente werden in vivo durch Amino- und Dipeptidasen schließlich weiter aufgespalten. Für ß-Casomorphin-4 ist bekannt, dass es durch die Dipeptidylpeptidase IV weiter abgebaut und so eliminiert werden kann. Die Dipeptidylpeptidase IV (DPP IV) ist ein Enzym im Bürstensaum von Enterozyten der inneren Darmschicht. Wird dieses Enzym, wie Untersuchungen in vitro demonstrieren konnten, gehemmt und gelangt z.B. ß-Casemorphin durch die 16 Schleimschicht an die Serosa wo die Opioidrezeptoren lokalisiert sind, und von wo auf Grund der intensiven Darm-Hirnachse sogar eine Ursache für die Auslösung des Autismus diskutiert wird [56]. Auch kann die Aktivität dieser Verdauungsenzyme durch genetische Änderungen wie z.B. einen Mangel an Cofaktoren, eine zusätzliche Schwermetallbelastung, ein suboptimaler pH-Wert, Fremdstoffe in der Nahrung u.ä. beeinträchtigt werden. Dadurch können erhöhte intestinale Konzentration von ß-Casomorphinen [57] und Glutenhydrolysaten [58] entstehen, die zu einer Obstipation führen. Diese stellt auch eine klassische Nebenwirkung der schmerztherapeutisch eingesetzten Opioide dar, für die bekannt ist, dass ihre Bindung an intestinale μ-Rezeptoren die Ausschüttung des Neurotransmitters Acetylcholin vermindert [59]. Dadurch wird die Motilität der Ring- und Längsmuskulatur des Darmes herabgesetzt, in deren Folge es zu einer erhöhten Absorption von Flüssigkeit und zu einer Festigung des Stuhles kommt. Ebenso wie bei der verlängerten Darmtransitzeit durch Opioide kann eine exorphininduzierte Obstipation durch den Opioidantagonisten Naloxon wieder aufgehoben werden [60], weshalb anzunehmen ist, dass beiden Formen der gleiche Wirkmechanismus zugrunde liegt. Systemische Exorphinwirkung durch intestinale Permeabilitätssteigerung (Leaky-Gut) Liegen erhöhte intestinale Konzentrationen von Exorphinen vor, so steigt das Risiko, dass diese, insbesondere bei einer Vorschädigung in der Bakterienbesiedlung (Dysbiose) mit chron. Entzündungen am Darmepithel über den Darm aufgenommen werden und eine systemische Wirkung im Körper entfalten. Diese gesteigerte Diffusion über das Epithel des Gastrointestinaltraktes wird insbesondere durch eine preexistente gestörte intestinale Permeabilitätsbarriere (leaky-gut Syndrom) noch verschärft. Ein solches leaky–gut Syndrom kann auf Grund der akuten oder chronischen Entzündung der Mukosa, unter chon. Disstress, Nahrungsmittelallergien oder einer Zöliakie, respektive nach Verzehr mit Schwermetallen oder künstlichen Zusatzstoffen 17 (Konservierungsmittel, Farbstoffe, hohe Zuckeranteile, gemmodifizierte Produkte) belasteten Nahrungsmitteln zu einem erhöhten parazellulären Transport in die Blutbahn führen (Abb. 8). Darüber hinaus liegen verschiedene Studien zu ernährungsbedingten Risikofaktoren des Typ-I-Diabetes vor, die diesen mit einer kurzen Stillperiode der frühen Umstellung auf Kuhmilch und dem Milchkonsum in der Kindheit oder pro Kopf in Beziehung setzen [61] [62]. Weil bekannt ist, dass ungefähr jeder 20. Typ-I-Diabetiker auch an einer Zöliakie leidet [63], kann der Konsum von Weizenprodukten und anderen glutenhaltigen Lebensmitteln ebenfalls als Risikofaktor angesehen werden [64]. Zentralnervöse Wirkung der Exorphine nach gesteigerter Permeabilität der Blut-Hirnschranke Wenn Exorphine in erhöhten Mengen im Serum vorkommen und sie die Blut-Hirn-Schranke passieren, ist eine zentralnervöse Wirkung über die Opioidrezeptoren im Gehirn möglich. Weil die Halbwertszeit von freien Proteinen im Serum sehr kurz ist, muss ein Transportsystem vorliegen, das allerdings noch nicht identifiziert wurde. 18 Abb. 8 Sind beide Permeabilitätsbarrieren, die intestinale und die BlutLiquorschranke gestört, gelangen vermehrt Exorphine aber auch andere, nur teilverdaute Nahrungsmittel sowie Autoimmunantikörper in das zentrale Nervensystem. Quelle Fa. Ganzimmun/Mainz Bezüglich der zentralnervösen Wirkung von Exorphinen aus Milchproteinen liegen zur Wirkung der ß-Casomorphine die meisten Studien vor. Alle in der Tabelle aufgeführten Exorphine weisen eine analgetische Wirkung auf, die durch Naltrexon aufgehoben werden kann [65]. Im Tiermodell führte die intraventikuläre Gabe von ßCasemorphin-5 in hohen Dosen zu einer Amnesie [66] und ßCasemorphin-7-Infusionen zu bizarren Verhaltensänderungen der Versuchstiere. Darüber hinaus ist bekannt, dass ß-Casemorphin-7 mit dem dopaminergen [67] und dem serotonergen System [68, 69] interagiert, die beide maßgeblich das Verhalten von Menschen regulieren. Auch existieren verschiedene klinische Studien, die einen positiven Effekt der gluten- und kaseinfreien Diät bei Kindern mit Autismus aufweisen, bei denen zuvor ein erhöhter Exorphingehalt im Urin nachgewiesen wurde. So z.B. führte die Diät zu einer Reduktion der autistischen Verhaltensweisen und zu einer Steigerung ihrer Sozial- und Sprachkompetenz[70] [71]. Im Zusammenhang mit der Schizophrenie[72] und dem ADHS [73] konnten ebenfalls erhöhte Exorphinspiegel im Urin nachgewiesen werden und eine Verbesserung des Krankheitsbildes durch eine gluten- und kaseienfreie Diät erzielt werden. Diese nachweislichen Effekte von Gluten auf das Opioidsystem wurde auch in weiteren Studien dafür verantwortlich gemacht, dass bei der akuten Zöliakie erhöhte Prolactinspiegel nachweisbar sind, die aller Wahrscheinlichkeit nach über eine Akutentzündung mit Freisetzung von Cytokinen wie z.B. IL1 und Il-6 ausgelöst wird [74] [75]. Und weil eine Hyperprolaktinämie gemeinsam mit einer systematischen Autoimmunerkrankung auftreten kann (Rheumatoide Arthritis, systemischer Lupus Erythematosus, Systemische Sklerose und das Sjörgen Syndrom) [62, 63, 76], aber auch in Form einer organspezifischen Autoimmunerkrankung auftritt, wie z.B. der 19 Addison Erkrankung, der Zöliakie, dem Diabetes Typ 1 [77], der Hashimoto-Thyreoiditis, einer Struma, der lymphozytären Hypophysitis und der Multiplen Sklerose [65, 78-82], kann hier ein gemeinsamer Nenner für die aufgezählten Erkrankungsformen als sehr wahrscheinlich angenommen werden, wobei immer ein verändertes Mikrobiom maßgeblich als Wegbereiter beteiligt ist. Diese Exorphine können aber auch Verhaltensweisen und Emotionen bis hin zu schweren Depressionen und bipolaren Störungen heraufbeschwören. Daneben werden aber auch, insbesondere wenn Autoimmunantikörper die HirnSchrankenfunktion überwinden und spezielle Nervenstrukturen angreifen, stille Entzündungen im Gehirn ausgelöst, die langfristig sogar in funktionelle Störungen die Multiple Sklerose, zerebralbedingte Ataxien und fazialen Tics bis hin zu bipolaren Störungen, Stimmungsschwankungen mit Depressionen, der Chorea Huntington (Veitstanz) [83] oder dem ADHS münden [84]. Es ist hierbei nur zu verständlich, dass eine stille Entzündung im zentralen Nervenstrukturen mit Funktionseinbußen einhergehen [85], wodurch sich viele der im täglichen Leben bei unseren Mitmenschen auffälligen Defizite mit mangelnder Aufmerksamkeit, Benebeltsein, Gedankenflucht, rasche geistige Ermüdung, Konzentrationsschwäche sowie partiellen Erinnerungsausfällen (sog. Seniorenmomente) aber auch chronische, migräneartige Kopfschmerzen [84] zwanglos erklären lassen und mit einer entsprechenden Diät auch eine Besserung insbesondere der geistigen Kognition, erreichen lässt [86] [84]. Folgen der Zunahme einer gestörten Blut-Hirnschrankenfunktion 20 Abb. 9 Das zentrale Nervensystem, hauptsächlichster Angriffspunkt der auf Weizengliadine relevanten Antikörper aber auch einer durch Blutzuckerspitzen sowie glykierten (=karamellisierten) Proteinen induzierten Entzündungsreaktion an Eiweißstrukturen. Quelle. Green MedInfo, modifiziert nach [84] Es kann die Diffusion von Antikörpern über die Blut-Hirn-Schranke durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, wodurch es zu einer Erhöhung der Permeabilität kommt. Zu ihnen zählen oxidativer Stress, Infektionen oder vorangegangene Schädel-Hirn-Traumata. Aber auch elektromagnetische Wellen [81], die z.B. von 21 Mobilfunktelefonen und WLAN ausgestrahlt werden, stehen als mögliche Ursache zur Diskussion. Diese speziell im ZNS sich abspielenden durch Antigen-Antikörperreaktion bedingten Entzündungsprozessen an Hirnproteinen und der Bildung von Autoantikörpern zu den unterschiedlichen ZNS-Strukturen liessen sich auch experimentell am Menschen nachweisen (Abb.9). So war bei 400 zufällig ausgewählten Probanden eine enge Korrelation zwischen dem Antigen Glutamatdecarboxylase mit alpha-Gliadin-IgM Antikörpern existent was darauf hindeutet, dass der notwendige Schritt zur Synthese von gamma-Aminobuttersäure (GABA), dem massgeblichen inhibitorischen Transmitter im zentralen Nervensystem, stark beeinträchtigt wurde und in eine Übererregung mit vermehrten Stressempfinden gefolgt von emotionalen Tiefs mündet. Des Weiteren wurde eine Reaktion zwischen das die Nervenfasern zum Schutz umgebende Myelin mit IgM Weizenantiköpern offenbar, sowie eine Antigen-Antikörperreaktion mit Kleinhirnproteinen und IgM Weizenantikörpern nachgewiesen. Hierdurch lassen sich zwanglos Dyarthrie (Störungen im Sprechen) und Ataxie (Störungen in der Bewegungskoordination) mit Gangunsicherheit auf Grund der dort ablaufenden Entzündungsreaktion erklären. Auch konnte eine Reaktion mit dem Protein der Oligodendrozyten und Weizen-IgA Antikörpern nachgewiesen werden, wodurch die Myelinbildung an Markscheiden der Nerven gestört ist und Überleitungsausfälle bis hin zu Kurzschlüssen in den Neuroinformationen vorprogrammiert sind. Zusammenfassend stellten die Autoren in den Seren von den 400 zufällig ausgesuchten Personen fest, dass die Hälfte signifikant erhöhte Antikörpertiter gegen Weizengliadin mit spezieller Beteiligung gegen das Enzym Glutamindecarboxylase (GAD-65) sowie gegen Eiweißstrukturen des Kleinhirns aufwiesen. Zusätzlich konnten aber auch signifikant erhöhte Antikörpertiter gegen alphaund beta-Casein sowie gegen den Eiweißkörper Butyrophylin der Milch festgestellt werden. Speziell im letzten Fall bestand eine Kreuzreaktionen gegen das Protein der die myelinbildenden Nervenscheiden (MBP) respektive gegen das Meylin-bildende Glykoprotein der Oligodendrozyten (MOG) [87]. Letztlich machen solche Ergebnisse deutlich, dass sich mindestens bei der Hälfte der zufällig untersuchten Personen Antikörper gegen körpereigene 22 Zellstrukturen nachweisen ließen, besonders gegen Eiweißstrukturen, die sich im zentralen Nervensystem befinden. Auf die Normalbevölkerung übertragen bedeutet dies, dass bei mindestens 50% der Bevölkerung eine entsprechende Glutenbedingte, latent oder auch schon klinisch sichtbare Autoimmunreaktion vorliegt. Auf Grund solcher AntigenAntkörperreaktionen sind deshalb langfristig Entzündungen mit Funktionsdefiziten zu erwarten, wobei sich diese Reaktion gegenüber Weizeninhalten klinisch in drei unterschiedliche pathologische Zustandsbilder manifestieren kann: 1. der klassischen Weizenallergie 2. der schwer therapierbaren Zöliakie 3. der nicht-Zöliakie, gluten-bedingten Sensitivität (NCGS) [88-90]. Therapeutische Optionen bei glutenbedingten Autoimmunerkrankungen An erster Stelle steht die Ausheilung des leaky-gut Syndroms mit anschließender Versiegelung der intestinalen Barriere, wobei Probiotika, frische vegetarische Kost, vergorene Speisen (z.B. Sauerkraut, Kefir, Kimschi, Natto, usw.) sowie probiotische Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt werden [91]. Dies setzt natürlich voraus, dass der Verursacher, sprich das Gluten und alle glutenhaltigen Speisen (z.B. Saußen, Puddings, ja sogar Salatdressings) eliminiert werden. Dies bedeutet gleichzeitig aber auch, dass jeglicher Brotkonsum (Weizen ist ein maßgeblicher Anteil im Brot) sowie die ihm verwandte Gerste und der Roggen vermieden werden. Und weil der Hafer größtenteils mit Gluten kontaminert ist, muss auch von Haferprodukten Abstand genommen werden. Des Weiteren sind alle aus den USA importierten Mais- und Sojaprodukte (besonders die Ceralien !) zu meiden, weil sie aus genmodifiziertem Mais hergestellt werden, der auch noch zusätzlich mit dem Herbizid Roundup® (Glyphosat) besprüht wurde und in der Kombination mit Gluten eine toxische Vereinigung darstellt, indem die Entgiftungsvorgänge in der Leber blockiert [92] und dem leaky-gut noch weiter Vorschub geleistet wird. 23 Zusätzlich ist von allen Zuckersorten und alle mit Zucker (insbesondere aber der Fruktose) gesüßten Speisen Abstand zu nehmen. Dies erlaubt auch nicht einen Süßstoffersatz durch Kunstsüße wie Cyclamat, Aspartam oder Ascesulfam-K. Dagegen ist dem Xylit, der Palatinose oder Stevia der Vorzug zu geben, weil sie die pathologischen Fehlbesiedlung des Darms nicht noch weiter verschlimmern oder, wie die Zuckerersatzstoffe, eine karzinogen Wirkung offenbaren. Einsatz der Polyphenole im Rahmen eines leaky-gut Polyphenole sind natürlich vorkommende Anteile in Pflanzen, Gemüse und Früchten (Abb. 10). Während nur 5-10% der Polyphenole direkt im Dünndarm resorbiert werden, wird der Hauptteil im Kolon durch Darmbakterien in ihre Metaboliten abgebaut, deren wichtige physiologische Aufgabe darin besteht, ein ausgewogenes Verhältnis in der Mikrobiota aufrecht zu erhalten gleichzeitig aber auch bioaktive Wirkstoffe freizusetzen [93]. Berücksichtigt man die fast 50 Trillionen Bakterien im Darm (= 10 mal mehr als Zellen im Menschen) spielen somit die Polyphenole, eine übergeordnete und vitale Rolle in der Gesunderhaltung des Individuums [94]. Denn während die Bakterienzusammensetzung negativ durch Antibiotika, Stress, prozessiertes Essen beeinflusst wird mündet dies in eine Dysbiose mit einem Ungleichgewicht zugunsten der pathogenen Keime, ein Effekt der sowohl in der Darm-aber auch in der Lungen, Mund- Nasenschleimhaut, als auch der Schleimhaut des Urogenitaltrakts stattfinden kann, an allen den Orten wo schleimproduzierende Zellen in der Grenzmembran vorliegen [95]. Eine Dysbiose liegt sehr wahrscheinlich häufiger vor als man vermuten würde und findet sich oft in Begleitung solcher Beschwerden wie entzündliche Darmerkrankungen, Fettleber, Dickdarmkrebs, Fettsucht, Colon irritabele und viele mehr [96] [97] [98] [99] [100] [101] . Deswegen ist es auch eines der wichtigsten Dinge für die Gesunderhaltung, dass ein ausgewogenes Verhältnis der Bakterien im Darm aufrecht erhalten wird. Glücklicherweise gibt es mehrere Möglichkeiten dies zu erreichen, von denen der Konsum der Polyphenole nur eine Möglichkeit (aber eine wichtige) darstellt. Polyphenole erfüllen auch als Prebiotika eine Aufgabe, indem sie die Anzahl der guten Bakterien im Darm wie z.B. die Lactobacillus- und Bifidobakterien-stämme vermehren. Von den Polyphenolen wurde speziell der Anteil im Grüne Tee am häufigsten untersucht, weil Tee ein mit Polyphenolen angereichertes Genussmittel darstellt [102, 103] [104] [105, 24 106]. So konnte im Tierversuch dokumentiert werden, wie Polyphenole hauptsächlich die Anteile an Bacteroides, Lactobacillus und Bifidobacteriumstämmen vermehrt, während die unbehandelte Gruppe vornehmlich Bakterien vom Stamme der Bacteroides, Clostridium und Propioni aufwies [107]. Ähnlich nahm bei einer Studie am Menschen nach dem Verzehr von einem Blaubeergetränk [108] aber auch von Rotwein [109] signifikant die Anzahl der Lactobazillusstämme zu. Ähnliche prebiotische Aktivitäten kann auch dem Kakao zugeschrieben werden [110]. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass Polyphenole nicht nur die Anzahl der guten Bakterien fördern, sie sind sogar in der Lage die potenziell pathogenen Keime zu reduzieren. So konnte Katechin, ein Polyphenol, das in Tee, Schokolade, Äpfeln und Blaubeeren (um nur einige zu nennen) enthalten ist, signifikant die Proliferation des pathogenen Keims Clostridium histolytikum reduziert [111]. Der antimikrobieller Effekt der Phenole auf pathogene Keime wie Staphylococcus und Salmonella konnte ebenfalls bei zahlreichen Beerensorten bestätigt werden [112], während Phenole im Tee das Wachstum von Clostridium perfringens, Clostridium difficile und Bacteroides spp. (die besonders beim Durchfall beteiligt sind) hemmen konnten [103]. Und letztlich darf das gelbe Gewürz Curcumin, der Inhaltsstoff aus der Pflanze Curcuma longa nicht vergessen werden, ein Produkt, das aktuell im Rahmen der Krebstherapie intensiven Studien unterzogen wird und welches bei der experimentellen Alzheimererkrankung zu signifikanten Verringerung von ßAmyloid Ablagerung, maßgebliches Protein, das zu Verklumpung der neuronalen Zellen führt, verhinderte [113]. Ausblick Egal wie der exakte Wirkmechanismus für alle diese durch das Weizengluten ausgelösten Erkrankungen im Einzelnen aussieht, eines wird jedoch in allen wissenschaftlichen Arbeiten zum Getreide und seinen Auswirkungen auf das Immunsystem deutlich: der Weizen und damit ist speziell der moderne, gezüchtete und glutenreiche Weizen gemeint, kann nicht länger als das gesundheitsfreundliche Nahrungsmittel schlechthin, wie es in den früheren Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten galt, angesehen werden. Denn es ist mittlerweile anerkannte Lehrmeinung – auch wenn noch nicht überall durchgedrungen - dass eine Glutenintolertanz mit leaky-gut Syndrom (dem Sickerdarm) nach längerer Latenz letztlich zu schwerwiegenden chronischen 25 Erkrankungen in den verschiedenen Organbereichen, meistens jedoch im ZNS, führt (Abb. 11). Auslöser für diesen Toleranzwechsel ist jedoch eine Änderung in der Mikrobiota, der Besiedlung des Darms mit speziellen Keimen. Und weil die Gene der Keime in enger Beziehung mit den Genen des Organismus stehen erfolgt eine Aktivierung des Immunsystems in Richtung Entzündung die, einmal angeschaltet, nicht mehr zu stoppen ist. Nur durch strikte Glutenvermeidung kann dieser Prozess unterbrochen und Symptomfreiheit erlangt werden. Abb. 11 Überblick zu den engen Beziehungen zwischen Glutenintoleranz, dem leaky-gut Syndrom und schweren Autoimmunerkrankungen an der Schilddrüse (Hashimoto Thyreoiditis), den Gelenken (rheumatoide Arthritis) sowie dem zentralen Nervensystem. 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