Stereo-3D in der Medienproduktion - Einordnung in

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Stereo-3D in der Medienproduktion - Einordnung in
Stereo-3D in der Medienproduktion Einordnung in das CTO-Modell
von Mara Seupel und Yvonne Thomas
1. Einleitung
Fast 60 Jahre hat es gedauert, bis sich Stereo-3D-Filme
in den Kinos und auch am heimischen Fernseher etablieren konnten [1, 2, 3]. Die Anfänge der Stereoskopie
gab es allerdings bereits 1838, als Charles Wheatstone
das erste Stereoskop baute [4]. In den 50er und 80er
Jahren des 20. Jahrhunderts gab es regelrechte 3DBooms, die allerdings schnell wieder abflachten. Der
Grund dafür lag in der schlechten Umsetzung der Filme.
Erst mit der Digitalisierung und somit auch der technischen Weiterentwicklung gewann Stereo-3D (S3D) an
neuem Interesse. Heute ist S3D ein ernst zu nehmender Konkurrent zum herkömmlichen Film. Aus der Sensation des 3D-Filmes ist Normalität geworden, die Spaß
machen soll. Allerdings gibt es nach wie vor Zuschauer,
die Probleme beim Betrachten von S3D-Filmen haben.
Augenschmerzen, Müdigkeit, Kopfschmerzen oder sogar Übelkeit sind in den meisten Fällen durch schlecht
produziertes Material bedingt [3], [5]. Daneben gibt es
außerdem auch etwa 5 bis 10 Prozent der Bevölkerung,
die kein Stereo-3D sehen können [3], [5].
Um einen möglichst fehlerfreien S3D-Film zu erzeugen,
sind viele Schritte während des Produktionsprozesses
zu beachten. Diese unterscheiden sich zum Teil stark
von konventionellen Produktionsprozessen, lassen sich
aber dennoch in das CTO-Modell (Content, Technik, Organisation) nach Klimsa und Krömer eingeordnet.
2. Grundlagen der Stereoskopie
Die räumliche Wahrnehmung ist für den Menschen
selbstverständlich. Diese unbewusste Fähigkeit, wird
umso interessanter, wenn man berücksichtigt, dass das
Netzhautbild eine zweidimensionale Projektion der Realität ist. Es stellt sich also die Frage, welche Faktoren
zu einer räumlichen Wahrnehmung beitragen. Bei der
Verarbeitung der vielen Informationen zum räumlichen
Sehen werden sogenannte Tiefenhinweise genutzt. Zu
unterscheiden sind dabei monokulare (einäugige) und
binokulare (zweiäugige) Tiefeninformationen sowie die
okulomotorischen Tiefenhinweise (die Stellung der Augen und die Spannung der Augenmuskeln). Das dreidimensional Bild wird dann anhand dieser Tiefeninformationen im Gehirn zusammengesetzt.
Während beim Fokussieren naher Objekte die sogenannte Akkommodation die Form der Linse verändert,
bewirkt die Konvergenz eine Bewegung der Augen zu
einander. Eine Spannung der Linse wird vom Gehirn als
Nähe und eine Entspannung als Tiefe interpretiert und
bilden somit die okulomotorischen Tiefeninformationen.
Räumliches Sehen ist für den Menschen eine wichtige Fähigkeit, um sich im Raum orientieren zu können.
Unser räumliches Sehen ist auf ca. 50 m Entfernung
begrenzt, da dies unseren Handlungsraum bildet. Die
wichtigsten monokularen Faktoren, die uns ein räumliches Verständnis der Umgebung bieten sind beispielsweise die gewohnte Größe, Verdeckungen oder auch
Licht und Schatten.
Daneben gibt es binokulare Tiefeninformationen, die
nur im exakten Zusammenspiel beider Augen zustande
kommen [6]:
• Querdisparation
Die Querdisparation, auch als horizontale Disparität bezeichnet, ist der Unterschied der beiden Netzhautbilder.
Da unsere Augen durchschnittlich etwa 65 mm auseinander liegen und somit unterschiedliche Perspektiven
einnehmen, entsteht in jedem Auge ein anderes Netzhautbild. Aus dem Abstand der Bilder kann das Gehirn
relative Entfernungen berechnen. Ist die Querdisparation gleich Null, so liegt der dort abgebildete Gegenstand
auf der Ebene, die das Auge fixiert hat.
• Parallaxe
Die Parallaxe (aus dem Griechischen für Veränderung)
beschreibt die relative Position eines Objektes innerhalb der beiden Stereo-Teilbilder, relativ zum Betrachter, also den ganzheitlichen horizontalen Versatz der
beiden Bilder. Bildlich ließe sich die Parallaxe durch
eine Art Bewegungsvektor darstellen, dessen Größe
und Richtung einen Wert der Änderung beschreibt.
Die Parallaxe wächst mit zunehmender Wiedergabegröße und so sollte schon bei der Aufnahme und Nachbearbeitung bedacht werden, wie die Aufnahmen später wiedergegeben werden sollen.
Abbildung 1: positive Parallaxe (links), negative
Parallaxe (Mitte), Null-Parallaxe (rechts) [6]
2
• Stereobasis
Unter der Stereobasis versteht man den Abstand der
beiden Kameras bzw. den internen Abstand der Objektive der Stereokamera. In der Biologie ist die Stereobasis
das Pendant zu dem Augenabstand. Durch die Stereobasis wird unter anderem festgelegt wo Nah- und Fernpunkt sind (siehe dazu Querdisparation) und welchen
Tiefeneindruck man erhält.
3. Anwendung auf das CTO-Modell
Content, Technik und Organisation sind die zentralen
Begriffe des CTO-Modells nach Klimsa und Krömker,
welches die Zusammenhänge der Medienproduktionsprozesse beschreibt. Der Content beschreibt dabei den
Inhalt des Medienproduktes, die Technik, die „Werkzeuge“, welche für die Produktion notwendig sind und Organisation die „Ausgestaltung der Produktionsprozesse“ [7]. Zudem gibt es von Außen einwirkenden Faktoren - Rechtssystem, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft
- welche in diesem Artikel nicht weiter berücksichtigt
werden.
Die Produktionsschritte gliedern sich in Preproduktion,
Produktion, Postproduktion und Distribution. Innerhalb
der einzelnen Schritte werden Content und Technik organisatorisch miteinander verknüpft [8].
Im Folgenden sollen die drei Elemente Content, Technik und Organisation in Bezug auf die stereoskopische
Realfilmproduktion erläutert werden. Dabei wird auch
auf die Produktionsschritte eingegangen.
3.1 Content
Der Content kann als „qualifizierter Inhalt der Medien,
mit anderen Worten (...) als inhaltliche Zusammensetzung medialer Produkte“ [8] verstanden werden. Er
stellt die Grundlage von Medienprodukten dar und kann
jegliche Art von Ton- oder Bildinformation sein.
Ein S3D-Film setzt die Inszenierung von Tiefe voraus,
so dass der Zuschauer die Möglichkeit hat, den kreierten Raum mit den Augen zu erkunden. Der erste Schritt
in der Preproduktion ist das Erstellen eines Drehbuchs
und die Visualisierung der Szenen in einem Storyboard.
Neu hinzu kommt das sogenannte Tiefenskript.
Dieses erweitert das Storyboard um eine Dimension
und dient zur Darstellung der Tiefe innerhalb des Filmes.
Wichtig ist ein solches Tiefenskript, um Sprünge unterschiedlicher Tiefen zu vermeiden. Beispielsweise der
Sprung von einem Objekt hinter der Leinwand zu einem
Objekt vor der Leinwand. Dabei würde der Zuschauer
für einige Sekunden die 3D Wahrnehmung verlieren
und müsste den neuen Punkt auf der Wiedergabeebene (Konvergenzpunkt) erst wieder finden. Mit Hilfe
eines Tiefenskripts wird der Verlauf der Tiefe in Abhängigkeit der Zeit beschrieben. Die Darstellung kann als
Diagramm oder Text erfolgen.
Für die Planung der Tiefe müssen bereits in der Preproduktion folgende Parameter bestimmt werden: Stereobasis, Brennweite und Entfernung für Nah- und Fernpunkt. In der Regel werden Fix-Brennweiten verwendet,
da eine identische Anpassung variabler Brennweiten
kaum zu realisieren ist.
Die Stereobasis ist der Abstand der optischen Achsen
der Objektive und definiert je nach Breite die abzubildende Tiefe. Bei Aufnahmen mit Landschaften und einer sehr weiten Tiefe muss eine große Basis gewählt
werden, die Kameraobjektive sind entsprechend weiter auseinander. Nahaufnahmen mit einer geringeren
Tiefe verlangen dagegen eine sehr kleine Basis. Die
Stereobasis kann während der Aufnahme dynamisch
verändert werden. Beispielsweise muss sich während
der Bewegung der Kamera von einer Totalen in eine
Nahaufnahme die Basis dynamisch verkleinern. Eine
solche Änderung kann nur mit entsprechenden Kamera-Rigs mit Feinmechanismus vorgenommen werden. In der Nachbearbeitung kann die Stereobasis nur
noch mit sehr viel Aufwand korrigiert werden [10], [11].
Ist die Stereobasis zu groß gewählt worden, kann der
3D-Effekt zu stark werden. Objekte im Nahbereich sind
dann zu nah und während Objekte im Fernbereich zu
weit entfernt sind [8]. Hier ist eine Zusammenführung
der zwei Bilder für den Betrachter sehr schwierig. Ist die
Stereobasis sowie die Distanz von Nahpunkt und Fernpunkt zu klein gewählt worden, kann der Stereoeffekt
Abbildung 2: Komplexes Tiefenskript [9]
3 Medienproduktion - Online Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis
zu schwach und die Szene dadurch flach wirken.
Ein weiterer Punkt, der bereits in der Preproduktion beachtet werden muss, sind Objekte die von den Bildrändern beschnitten werden. Ein Objekt, das vor der Leinwand liegt darf die Bildränder nicht berühren. Ist dies
doch der Fall, liegt eine Rahmenverletzung vor.
Etwa 30 Prozent der Zuschauer werden dadurch in der
Wahrnehmung des 3D-Eindrucks gestört [1]. Dieser
Konflikt wird meist von den Zuschauern gelöst, indem
sie das angeschnittene Objekt auf die Bildschirmebene
setzen und die komplette Szene nach hinten verschoben wird. Rahmenverletzungen lassen sich durch die
sogenannte Floating Window Technik (Schwebefenster) korrigieren. Durch Maskieren der Bildkanten lässt
sich das Scheinfenster1 bewegen und wird dadurch zu
einem Schwebefenster. Der Einsatz von Schwebefenstern sollte nicht im ganzen Video erfolgen. Dann würden sie für den Betrachter sichtbar werden.
Bei der Produktion wird der Inhalt des Medienproduktes
aufgezeichnet. Die Aufnahme erfolgt bei S3D mit zwei
Kameras, die entweder parallel oder konvergent angeordnet sind. Dieser Artikel bezieht sich im Weiteren auf
die parallele Stellung der Kameras (siehe 3.2 Technik).
In der Postproduktion erfolgt die Materialbearbeitung.
Der produzierte Content wird geschnitten, digital bearbeitet, vertont, etc. Auch bei der Nachbearbeitung von
stereoskopischem Material gelten neue Herangehensweisen. Für eine problemlose Betrachtung, müssen die
Teilbilder neben der zeitlichen Synchronität hinsichtlich
ihrer Aufnahmeparameter, wie Fokus, Helligkeit, Farbe,
Kontrast und Geometrie gleich sein. Die Anpassung
wird in der Teilbildausrichtung vorgenommen, wo zudem der Konvergenzpunkt einer Szene festgelegt wird.
Der Konvergenzpunkt ist der Punkt, wo die Objekte auf
der Bildschirmebene liegen und somit die zwei Teilbilder
keinen Versatz aufweisen. Die Teilbildausrichtung lässt
sich also in zwei Schritte unterteilen: Stereo Sweetening und Depth Grading [2].
Das Stereo Sweetening umfasst das Angleichen der
Teilbilder. Diese Korrektur dient dazu, dass die Teilbilder möglichst identisch sind, abgesehen von der horizontalen Verschiebung.
Mit dem Depth Grading wird der Konvergenzpunkt angepasst, d.h. die Lage der Wiedergabeebene festgelegt [4]. Dies geschieht durch eine Verschiebung der
Teilbilder in horizontaler Richtung, auch HIT (horizontal
image translation) genannt. Die Festlegung des Konvergenzpunktes erfolgt bereits in der Preproduktion respektive Produktion. Durch die Aufnahme mit parallelen
Kameras befindet sich der Fernpunkt zunächst im Unendlichen und muss durch Verschiebung der Teilbilder
angepasst werden.
Abbildung 3a: Bild vor der Verschiebung
Abbildung 3b: Bild nach der Verschiebung
An der Stelle, wo die Referenzpunkte der Teilbilder
übereinstimmen, befindet sich die Wiedergabeebene.
Üblicherweise wird der gesamte Bildbereich verschoben. Es können aber auch Stellen maskiert und verschoben werden. Dann spricht man von einer nichtlinearen Verschiebung.
Im letzten Schritt erfolgt die Distribution des Content
über entsprechende Kanäle (Kino, Fernsehen, Blu-ray
3D). Näheres dazu siehe 3.2 Technik.
3.2 Technik
Wie in 3.1 beschrieben, müssen für die Aufnahme die
Stereoparameter bestimmt und die Kameras ausgerichtet werden. Das Monitoring zur Überprüfung sollte über
ein möglichst großes 3D-Display am Set erfolgen, um
sowohl die Schärfe und Tiefe der Bilder als auch die
möglichen geometrischen und fotometrischen Unterschiede ausreichend kontrollieren zu können.
Für die Korrektur von geometrischen Unterschieden,
wird als erstes das Stativ in angemessener Entfernung
vor einer Testtafel aufgestellt, dabei sollte es absolut
1 Ein Scheinfenster ist das imaginäre Fenster, durch das der Zuschauer bei S3D-Filmen scheinbar hindurch sieht. In der Regel liegt
dieses auf der Wiedergabeebene, der sogenannten Nullebene.
4
parallel zum Boden stehen. Die Wasserwaage ist ein
einfaches Hilfsmittel zur Ausrichtung von Stativ und
Rig. Legt man die beiden Signale der Kameras auf einen Monitor mit halbtransparenter Darstellung, können
geometrische Unterschiede über die Testtafel erkannt
werden. Auch in Bezug auf Helligkeit, Kontrast und
Farbwerte müssen die Stereobilder möglichst identisch
sein. Der Abgleich der Kameras muss vor der Aufnahme erfolgen, da eine Korrektur in der Postproduktion
sehr aufwändig ist.
Bei professionellen Filmproduktionen werden KameraRigs, speziell für den 3D-Bereich, eingesetzt. Sie ermöglichen eine optimale Ausrichtung der beiden Kameras, z.B. die identische Einstellung der Brennweite
und der Blende [12]. Spezielle Analysesysteme werden
entwickelt und bieten dem Nutzer die Möglichkeit, die
wichtigsten Stereoparameter zu kontrollieren und zu optimieren. Ein Beispiel für mittlerweile zahlreiche Produktionstools ist der Stereoscopic Analyzer (STAN). Er ist
eine Entwicklung des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) in Zusammenarbeit mit der KUK Filmproduktion GmbH und dient als Assistenzsystem für Stereoproduktionen [13]. Durch den Einsatz des STAN ergibt
sich ein zeit- und arbeitssparender Produktionsprozess.
Müssen im Normalfall Nah- und Fernpunkt aufwändig
berechnet werden, nutzt der STAN eine automatische
Szenenanalyse. Regelverletzungen wie ungenügender
Farbabgleich oder geometrische Differenzen werden
automatisch erkannt. Zudem werden Metadaten aufgezeichnet, die Aufschluss über Geometrieverzerrungen,
Kamerageometrie oder Farbunterschiede geben.
Abbildung 4: Stereoscopic Analyzer [16]
Diese Metadaten sind für die Postproduktion von Nutzen und beschleunigen auch hier den Arbeitsprozess.
Um die in 3.1 beschriebenen Schritte der S3D-Postproduktion vornehmen zu können, bieten professionelle
Schnittprogramme, wie beispielsweise AVID, bereits
spezielle S3D-Workflows an. Aufgrund der doppelten
Datenmenge wird in der Postproduktion ein leistungsstarkes System zum Bearbeiten und zum Abspielen in
Echtzeit benötigt. Ein Vorschaumonitor mit 3D Funktion
ist unabdingbar für die Kontrolle des Materials.
Bei der Wiedergabe im Kino oder auf dem Fernseher
müssen die Teilbilder dem entsprechenden Auge zugeführt werden. Dabei wird in der Regel eines der zwei
Systeme genutzt: Shutter- oder Polarisations-System.
Beide Systeme setzen die Verwendung einer entsprechenden Brille voraus.
Die Shutter-Brille sorgt dafür, dass durch Abdunklung
des rechten bzw. linken Glases jedes Auge nur das für
sich bestimmte Teilbild sehen kann. Die Abdunklung erfolgt im Rhythmus der Bildwiederholfrequenz. Die Synchronisation der Shutter-Brille mit dem Wiedergabegerät erfolgt in der Regel über Infrarot bzw. Funk.
Beim Polarisationsverfahren werden die Projektoren
und Brillen mit Polarisationsfiltern ausgestattet. Die Teilbilder werden jeweils mit entgegensetzt polarisiertem
Licht dem linken und rechten Auge zugeführt.
Eine noch nicht ausgereifte Alternative zu diesen zwei
Techniken sind Autostereoskopische Displays, die keine Brille bei der Betrachtung benötigen. Dabei ist zurzeit allerdings nur eine geringe Anzahl an Betrachtern
aus einem bestimmten Betrachtungswinkel möglich.
Die Blu-ray 3D hat sich als Format für Heimkinos als
Standard durchgesetzt. Als Codec wird der Multiview
Video Codec (MVC) verwendet, der von allen Blu-ray
Playern unterstützt wird. Dieser ist eine Weiterentwicklung des Advanced Video Codec (AVC) und bietet dem
Zuschauer die Möglichkeit einer 2D-Version und einer
3D-Version des Filmes. Um Full HD Auflösung zu erreichen, erfolgt die Ausstrahlung der Teilbilder mit jeweils
1920x1080 Pixeln. Der MVC hat zusätzlich die Funktion, Untertitel und Pop-up Menüs darzustellen, die
sich auf der vordersten Ebene befinden müssen. Für
das Abspielen einer Blu-ray 3D wird ein entsprechender Player benötigt, z.B. 3D fähige Blu-ray Player oder
Spielekonsolen.
3DTV-Kanäle im Broadcastbereich sind bislang noch
die Ausnahme. Nachdem Sky Deutschland 2010 den
ersten 3D-Kanal in Deutschland und Österreich zur Verfügung stellte, folgte auch ASTRA mit seinem 3D Kanal.
Für den Empfang zu Hause sind ein 3D-fähiger Fernseher sowie ein HD-Receiver nötig. Die Teilbilder werden
in der Regel im side-by-side Verfahren, also nebeneinander und horizontal gestaucht, übertragen [14]. Bei
dieser sogenannten Frame-kompatiblen Übertragung
(Phase 1) wird das Signal über den Receiver an das
3D-Display geleitet. Dort wird dann die dreidimensionale Darstellung erzeugt.
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3.3 Organisation
Wie in 3.1 beschrieben, wird in der Vorbereitung (Preproduktion) ein Tiefenskript angefertigt. Dazu ist es
sinnvoll einen Stereoscopic Supervisor oder Stereographen zu engagieren, der zusammen mit dem Regisseur
bestimmt, wie die stereoskopischen Effekte dramaturgisch eingesetzt werden. Dieser begleitet das Projekt
meist bis hin zur Postproduktion und übt eine beratende
Rolle aus. Der Stereograph ist auch für die Einstellung
der Stereoparameter am Set verantwortlich.
Zur zeitlichen Organisation werden wie bei konventionellen Filmproduktionen Ablaufpläne verwendet.
sich die Elemente Content, Technik und Organisation
gegenseitig und bilden eine Einheit.
Noch mehr muss bereits in der Produktion die Zielapplikation bekannt sein, da z.B. für Kino und TV mit verschiedenen Parallaxen produziert werden muss. Grundsätzlich ist eine Stereo-3D Produktion aufweniger als
eine 2D Produktion. Inzwischen sind S3D-Technik und
die Erfahrungen mit der digitalen Technik allerdings so
ausgereift, dass es kaum noch einen Zeitverlust in einer
3D Produktion gibt. Lediglich die Post-Produktion wird
verkompliziert, da beide Teilbilder in Farbe, Helligkeit
etc. genau identisch sein und die Parallaxen angepasst
werden müssen.
Inzwischen ist die 3D-Welle im Heimkino stark gefallen
und S3D lebt vorwiegend in Kinosäälen weiter. Dies ist
auf mangelnden Content und teilweise ungenügende
Qualität für den Konsumenten zurückzuführen. Mit UHDTV (Ultra High Definition Television) besteht jedoch
Hoffnung, dass höher-auflösende Displays als Multiview Displays genutzt werden können und damit die
Qualität auch ohne 3D-Brille zufriedenstellend ist.
Abbildung 5: Verbindung der einzelnen Posten in der
Preproduktion [15]
Durch S3D-Animationen kann es durch die doppelte
Bildberechnung zu einer längeren Postproduktionsphase kommen. Auch die Bildüberprüfung mittels 3DBrillen spielt hier eine Rolle. Die zeitliche Verlängerung
ist mit Zusatzkosten verbunden. Ebenso fallen bei der
Organisation des entsprechenden Personals sowie bei
der Aufwertung von technischen Systemen bei der Produktion und in der Postproduktion Zusatzkosten an. Es
werden Systeme mit hoher Rechenkapazität benötigt,
um die Verarbeitung von zwei Videospuren zu ermöglichen.
Die ständige Überprüfung des Materials fordert sowohl Zeit als auch technische Erweiterungen wie 3DVorschaumonitore. Es ist zudem nicht unüblich, den
fertigen Film in Bezug auf die richtige Einstellung der
Konvergenz im Kino zu testen.
4. Fazit
Die Verknüpfung von Content, Technik und Organisation im Medienproduktionsprozess wird auch bei der
Produktion von stereoskopischen Realfilmen deutlich.
Auch die vier Produktionsschritte bleiben erhalten. Die
einzelnen Schritte unterscheiden sich teilweise stark
von S3D Produktionen, was in diesem Artikel deutlich
hervorgehoben wurde.
Wie in jedem Medienproduktionsprozess beeinflussen
Yvonne Thomas (l.) ist technische
Projekt-Ingenieurin bei der European
Broadcasting Union. Mara Seupel (r.)
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am
Fachgebiet Kommunkationswissenschaft
der TU Ilmenau.
Literaturverzeichnis
[1] Bolliger, M. (2011): Stereo-3D. Film & TV Kameramann, vol. Ausgabe 1/2011, S. 50–89.
[2] Bolliger, M. (2011): Stereo-3D - Teil 2. Film & TV Kameramann, vol. Ausgabe 2/2011, S. 48–71.
[3] Mendiburu, B. (2009): 3D Movie Making: Stereoscopic Digital Cinema from Script to Screen. Burlington:
Focal Press.
[4] Lipton, L. (1982): The Foundations of Stereoscopic Cinema. A study in depth. New York: Van Nostrand
Reinhold Company Inc.
[5] Mather, G. (2006): Foundations of perception. Hove
6
[u.a.]: Psychology Press.
[6] Thomas, Y. (2010): Untersuchung der stereoskopischen Wahrnehmung in Abhängigkeit verschiedener
Displaygrößen und Erstellung einer Studie zur Akzeptanz von 3D. Diplomarbeit.
[7] Klimsa, P.; Vogt, S. (2007): Technik. Organisation,
Content - Elemente der Medienproduktion. In Europäische Tagung zur Medienproduktion, Ilmenau. S. 7–14.
[8] Krömker, H.; Klimsa, P. (2005): Handbuch Medienproduktion. Produktion von Film, Fernsehen, Hörfunk,
Print, Internet, Mobilfunk und Musik. Wiesbaden: VS
Verlag für Sozialwissenschaften.
[9] Gardner, B. (2010): Perception and the art of 3D storytelling. Online: http://library.creativecow.net/gardner_
brian/magazine_3d_storytelling/1. [letzter Zugriff: April
2014].
[10] Mendiburu, B. (2011): 3DTV and 3D Cinema: Tools
and Processes for Creative Stereoscopy. Waltham: Focal Press.
[11] Smolic, M.; Kauff, A.; Knorr, P.; Hornung, S.; Kunter,
A.; Müller, M.; Lang, M. (2011): Three-Dimensional Video Postproduction and Processing. Proceedings of the
IEEE, vol. Vol. 99, No. 4, April 2011, S. 607–625.
[12] Urbicht, S.; Wagner, R. E. (2010): Betrieb und Technik stereoskopischer Filmproduktion. Fachverlag Schiele
& Schön GmbH, FKT, vol. Ausgabe 3/2010, S. 106–112.
[13] Zilly, R.; Kauff, F.; Schäfer, P. (2010): Stereoscopic
Analyzer (STAN). Ein Kameraassistenzsystem für Stereoproduktionen. Fachverlag Schiele & Schön GmbH,
FKT, vol. Ausgabe 4/2010, S. 178–184.
[14] D. T.-P. Arbeitsgruppe Geräte und Vernetzung
(2014): Whitebook Beyond HD. Online: http://www.dvb.
org/resources/public/whitepaper/beyond_hd_white_
book_dttv_de.pdf. [letzter Zugriff: März 2014].
[15] Hemmo, Max (Hrsg.) (2012): S3D Now! A stereoscopic experiment for Film and TV. Berlin: Fachverlag
Schiele & Schön.
[16] Zilly, F. (k.A.): STAN - The Stereoscopic Analyzer.
Manual: version 2.10-0-1-Z. Fraunhofer Heinrich Hertz
Institut
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