Freak

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Freak
Kolloquium Literatur und Schule
Protokoll der Sitzung vom 11.12.01
Rodman Philbrick, Freak
Nach einer intensiven Vorlesephase ergab das Blitzlicht Eindrücke wie „traurig, schön,
märchenhaft“, „rührend, rührseelig“, „in einem Zug gelesen“, „große Betroffenheit“. Bei
insgesamt positivem Tenor wurden aber auch Schwierigkeiten des Reinkommens in die
Lektüre benannt, und besonders der Handlungsstrang um den Vater störe eher.
Von dieser Feststellung nahm das Gespräch seinen Ausgang. Der junge Max und seine
Entwicklung, so meinten einige, käme auch ohne die komplizierte Vater Beziehung gut rüber.
Die Brutalität der Szenen um die Entführung des Jungen erschien problematisch. Dagegen
wurde eingewandt, es solle der innere Zwang, mit dem der Vater offenbar trotz einer
seltsamen Form von Liebe Leben zerstöre, gezeigt werden. Nachvollziehbar sei die Angst des
Jungen, in dieser Linie zu stehen und zu werden wie der Vater, dem er ja offenbar bis aufs
Haar gleicht. Der Vater erschien vielen als das hereinbrechende Böse. In der
Entführungsszene werde Max als traumatisiert deutlich: er muss die Ermordung seiner Mutter
erneut durchleben.
Als Gegenfigur zu Killer Kane erschien die schöne Gwen. Ihre Titulierung weise auf die
märchenhaft fiktiven Welten, in denen Freak und Maxwell sich bewegten. Deren Beziehung
sei feinfühlig gezeichnet, die Person Freaks mit seinen ironisch-distanzierenden Äußerungen
und seiner Ruppigkeit wirke stimmig. Die Wörterbuchversessenheit passe irgendwie dazu.
Schwieriger wirkte die Selbststilisierung Maxwells zum Dummkopf, der gleichwohl am Ende
des Buches enthüllt, eben dieses geschrieben zu haben. Dies breche sich mit seiner
wiederholten Feststellung, Lesen, das habe er durch Freak gelernt, aber Schreiben, das sei
eine ganz andere Liga. Vor dem Schriftstellerausweis am Schluss erschien der Ich-Erzähler
Maxwell allerdings überzeugend. Seine vermeintliche Dummheit wurde auch als
Nachwirkung des Traumes und Versuch gedeutet, sich der eigenen Geschichte zu entziehen.
Insgesamt erschien uns auch das Verhältnis zwischen Freak und Maxwell differenzierter als
es der Gegensatz klug/altklug – tumb erlaube. Tatsächlich werde eine Entwicklung deutlich,
und Maxens Raserei angesichts des Todes seines Freundes erschien bei aller Brutalität
schlüssig.
Die Frage, ob sich dieses Buch für die Schule eignet, wurde postiv entschieden.
Möglicherweise errege allerdings Freaks kluge bis altkluge Art Widerstände. Fürs
Reinkommen in die Lektüre müsse vmtl. gesorgt werden. 5./6. Klasse erschien passend,
eventuell auch eine 7. Hauptschulklasse. An weiblichen Identifikationsfiguren fehle es
freilich. Immerhin aber seien die „(Anti-)Männlichkeitsbilder“ in diesem Text
Diskussionsstoff genug.
ip