„Nicht so kopflastig da rangehen“ Neue Erfahru

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„Nicht so kopflastig da rangehen“ Neue Erfahru
Kultur aus der Region
QBG Donnerstag, 29. Mai 2008 − 13
Musik in
Kirche und
Schloss
Geschichten von
Lust und Liebesleid
Galerie im Quartier 7 zeigt Fotoerotik aus Halle
Quedlinburg/MZ/ku. „Wir wollten ein altes Thema in schöner, moderner Form darbieten“, sagt Jo
Achim Wenke zu den Arbeiten der
Gruppe 5ünf aus Halle: Vier Fotografen zeigen derzeit in der Galerie
im Quartier 7 ausgewählte Werke
zur Foto-Erotik.
Auf dem Weg zur kurzen Erläuterung der gezeigten Fotografien
unternahm Wenke bei der Vernissage einen Ausflug in die griechische Mythologie - schließlich hätten die alten Griechen die Erotik erfunden. Er selbst hat der griechischen Dichterin Sappho von der Insel Lesbos einen Bilderzyklus gewidmet: „eine Geschichte in fünf
Bildern, eine Geschichte zwischen
zwei Frauen“. Eine zweite in der
Ausstellung gezeigte Bildergeschichte stammt von Elke Busching: „Warten auf H.“ bleibt ohne
Happy End.
Neben Jo Achim Wenke und Elke
Busching zeigen Antje Ohl und
Wolfram Merkel ihre Auffassung
von Erotik. Während die Fotogra-
Internationale Tage
finnen sich auf Arbeiten in
Schwarzweiß konzentrieren, zeigen Merkel und Wenke ihre Akte
in Farbe. Daneben offenbart sich
eine unterschiedliche Definition
von Erotik zwischen den Geschlechtern; die weibliche Sicht auf
den nackten menschlichen Körper
wirkt hier verspielt, beinahe zärtlich, sie offeriert Andeutungen und
Details, während der männliche
Blick durchs Objektiv viel öfter
ganz direkt erfolgt.
„Elke Busching zeichnet mit Licht,
hebt die Körperkonturen hervor“,
so Jo Achim Wenke. In den Arbeiten von Antje Ohl entdeckt er die
Verschmelzung des „natürlichen
menschlichen Körpers mit der Natur“. „Auf spielerische, dem Musiker ähnliche Art“ habe sich hingegen Wolfram Merkel dem Thema
genähert. Seine Arbeiten sind die
farbenfrohsten der Ausstellung.
„Foto-Erotik“, Gruppe 5ünf,
Halle, montags bis freitags von
11 bis 18 Uhr, samstags von
11 bis 16 Uhr im Quartier 7
Bad Harzburg/VS. Die 39. Internationalen Bad Harzburger Musiktage vom 7. bis 15. Juni umfassen
insgesamt sieben Konzerte. Mit einem festlichen Konzert werden am
Sonnabend, 7. Juni, die Feierlichkeiten vom Göttinger Symphonie
Orchester unter der Leitung von
Christoph Müller eröffnet. Ab 20
Uhr ist im Kursaal die „Sinfonia
und Trompetenschall“ zu hören.
Bereits ab 16 Uhr werden im Saal
der Kurstadt Stücke für Jugendliche aus dem Eröffnungskonzert gespielt, Instrumente vorgestellt und
erläutert.
Das Foto zeigt einen Ausschnitt aus der um 1300 entstandenen Manessischen Liederhandschrift. Ihre Texte und
Illustrationen machten sie zur berühmtesten Liederhandschrift des Mittelalters.
Repro: MZ-Archiv
Frühe Ideenschmiede
für schönere Schriften
Domkustodin Annette Mentel erklärt Buchkunst des Mittelalters
Eine Riege junger Wissenschaftler in Quedlinburg öffnet in
öffentlichen Vorträgen die Türen in die Vergangenheit. In einer
Sonderreihe führen sie durch „Die Kunst der Jahrtausende“.
Von unserer Redakteurin
R i ta Ku n z e
Jo Achim Wenke, Elke Busching, Antje Ohl und Wolfram Merkel (v.l.) zeigen Foto-Erotik im Quartier 7.
MZ-Foto: Chris Wohlfeld
„Nicht so kopflastig
da rangehen“
Björn Casapietra gibt Konzert in Quedlinburg
Quedlinburg/MZ. „Verführung“
heißt das diesjährige Konzertprogramm des deutsch-italienischen
Tenors Björn Casapietra. Darin präsentiert er „die schönsten Liebeslieder aller Zeiten“, zum Teil gemeinsam mit Uwe Hassbecker,
Mitglied der legendären Ostberliner Band „Silly“. Mit Björn Casapietra sprach unsere Redakteurin Rita
Kunze über das Programm, mit
dem der Sänger am 2. Juni um 19
Uhr im Kik Wernigerode und am
12. Juni um 20 Uhr in der Blasiikirche Quedlinburg zu Gast ist.
In einer Konzertkritik hieß es einmal, Sie würden Lieder, die unter
schärfstem Schmalzverdacht stehen, so präsentieren, dass man
anfange zu glauben, was Sie vortragen. Gibt es für Sie überhaupt
schmalzige Lieder?
Casapietra: Definieren Sie mal
„Schmalz“ - die Möglichkeit, Gefühle auszudrücken, ist doch etwas
Schönes. Man darf da nicht so kopflastig rangehen. Ich möchte auch,
dass die Menschen glauben, was
ich singe. Das gelingt nicht immer,
ist aber mein Ziel.
Mit Uwe Hassbecker haben Sie
sich einen Rockgitarristen an die
Seite geholt. Warum?
Casapietra: Uwe hat einen eigenen Schliff mit seiner Gitarre und
mir geht es darum, etwas anderes
zu machen. Von „Amazing Grace“
zum Beispiel gibt es ja schon 250
Versionen. Wir bringen die 251.:
Uwe spielt im Mittelteil E-Gitarre,
dazu kommen klassische Stimme
und Flügel.
Björn Casapietra kommt nach
Quedlinburg
und Wernigerode.
Foto: Agentur
Uwe Hassbecker ist Ihr Halbbruder. Macht sich das in der Zusammenarbeit bemerkbar?
Casapietra: Wenn wir auf der Bühne sind, dann habe ich das Gefühl,
ihn schon viel länger als im „normalen“ Leben zu kennen. Für mich
ist das ein Glücksfall, mit einem
tollen Musiker auf der Bühne zu
stehen, der auch noch mein Bruder
ist - und der doch so ganz anders ist
als ich.
Die Hälfte der Lieder Ihres neuen
Albums sind eigens für Sie komponiert. Sind die Klassiker zu oft gesungen worden?
Casapietra: Ich muss ja als Tenor
nicht nur Sachen singen, die 200
Jahre alt sind. Ich will etwas mitgeben von mir und ich weiß nicht,
was bei Konzerten mehr Applaus
bekommt - ein italienisches Canzone oder ein eigenes Stück. Ich
möchte individuell sein und denke,
das ist auch einer der Gründe, warum ich musikalisch noch lebe.
Kartenanfragen für das Konzert in Wernigerode unter Tel.
03943/62 54 93, für das Konzert in Quedlinburg beim MZService-Center, Tel. 03946/
52 46 61 20
Quedlinburg/MZ. Feinstes Leder,
Gold und Edelsteine: Mittelalterliche Bücher beeindrucken nicht selten durch ihre prachtvollen Einbände. Der wahre Schatz aber liegt
oft dahinter verborgen - in den
Handschriften selbst. Drei findet
man im Quedlinburger Domschatz:
das eben der Öffentlichkeit präsentierte Samuhel-Evangeliar, das Otto-Adelheid-Evangeliar und das
Evangelistar von St. Wiperti. Sie repräsentieren fast 700 Jahre mittelalterlicher Buchkunst, zu denen
Domkustodin Annette Mentel am
Montag, 2. Juni, um 18.30 Uhr im
Konferenzraum von St. Servatii ein
Fenster öffnen will.
Prachtvoll gestaltete Bücher galten
als Repräsentationsobjekte. In karolingischer Zeit (750 - 900) waren
Saxophon
und Orgel
es vor allem Klöster, Bischöfe und
weltliche Herrscher, die ein Buch
in Auftrag gaben. Später sollte sich
dessen liturgische Verwendung
verstärken; zur Zeit der Ottonen
(919 - 1024) gab es keine ausgesprochenen Hofwerkstätten mehr die Geistlichkeit war der Hauptauftraggeber.
„Die Fülle der Bildmotive ist
faszinierend.“
Annette Mentel
Domkustodin
Auf solche liturgischen Bücher will
Annette Mentel die Aufmerksamkeit lenken. „Die Fülle der Bildmotive ist faszinierend“, sagt sie. „Es
gibt so reiche Ornamentik und viele Bildeinfälle.“ Diese Prachthandschriften - das Quedlinburger Samuhel-Evangeliar aus der Zeit um
840 etwa wurde mit Goldtinte geschrieben - seien allerdings in den
Gottesdiensten selbst weniger in
Gebrauch gewesen: „Das waren
schon Repräsentationsobjekte, die
bei Prozessionen gezeigt oder zu
Konzilen mitgenommen wurden“.
Handlichere Bücher wie eine - bildlose - „Taschenbibel“ seien erst im
13. Jahrhundert in großen Universitätsstädten aufgekommen.
Doch gerade die Illustrationen machen bis heute die Faszination mittelalterlicher Schriften aus. Wie
vielgestaltig sie sein können, will
Annette Mentel am Beispiel verschiedener Malerschulen zeigen:
„Die Darstellungen nehmen häufig
Bezug zum Text und zeigen kleine
Szenen.“ Da gebe es gemalte Geschichten, ähnlich wie Buchillustrationen in heutiger Zeit.
Der Vortrag findet im Rahmen der
Sonderreihe „Die Kunst der Jahrtausende“ statt, die die Volkshochschule Harz als Teil von „Melanchthons Erben“ veranstaltet.
Mönchsgesänge schlagen Brücke
Lehrerkonzert
Quedlinburg/MZ. Einmal im Jahr
gestalten die Dozenten der Kreismusikschule Quedlinburg gemeinsam für ihre Schüler ein öffentliches Konzert. Am 1. Juni ist es wieder soweit: Ab 15 Uhr erklingen in
der Blasiikirche ein Werk für Saxophon und Orgel von Cesar Franck,
das Klavierkonzert f-Moll von Johann Sebastian Bach und „Der Hirt
auf dem Felsen“ von Franz Schubert für Sopran, Klarinette und Klavier. Neben weiteren Beiträgen
wird auch das Blechbläserquintett
und ein extra für diesen Tag zusammengestelltes Vokalensemble
zu hören sein.
Die Gruppe Gregorianika aus der Ukraine setzte den Konzertreigen in der
Quedlinburger Blasiikirche fort. Die Sänger schlagen eine musikalische
Brücke von der Gregorianik bis zu Pop und Gospel.
MZ-Foto: Chris Wohlfeld
„Jugend musiziert“ heißt es am
Sonntag, 8. Juni, ab 11 Uhr im
Bündheimer Schloss. Bundes- und
Landessieger zeigen bei der Preisträger-Matinee ihr Können. Am
Dienstag, 10. Juni, sind ab 20 Uhr
musikalische Botschafter aus Wien
im Bündheimer Schloss zu hören.
Das „Minetti Quartett“ spielt
Streichquartette von Beethoven, Ligeti und von Zemlinsky. Ein Barock-Klassik-Konzert folgt am Donnerstag, 12. Juni, ab 20 Uhr in der
Bad Harzburger Lutherkirche.
Unter der Leitung von Thomas Göbel spielt das Telemann-Kammerorchester Michaelstein Stücke von
Telemann, Fasch, Vivaldi und Mozart. Unter dem Motto „Musik-Noten in der Bank“ findet am Freitag,
13. Juni, das nächste Konzert an einem ungewöhnlichen Ort statt. Im
Gebäude der Vereinigten Volksbank, Herzog-Wilhelm-Straße, erklingen Melodien aus Paris und Venedig des 17. und 18. Jahrhunderts. Beginn ist um 20 Uhr.
Zum Abschluss der Musiktage
spielen fünf Mitglieder der Wiener
Symphoniker die „Wiener Facetten“ am Sonnabend, 14. Juni, im
Bündheimer Schloss. Ab 20 Uhr
bringen die Musiker in außergewöhnlicher Weise Musiziertradition in stilistischer Vielfalt und
spielen Werke von Haydn über
Strauß bis zu Qualtinger.
Zeitfraß an
Architektur
Ausstellung im Palais
Quedlinburg/MZ. Horst von Bassewitz, 76-jähriger freischaffender
Architekt aus Hamburg, hat den
Blick fürs Wesentliche. Das spiegelt sich in seinen Zeichnungen wider, von denen er einige unter dem
Titel „Zeitfraß“ im Palais Salfeldt
präsentiert. Die Ausstellung wird
heute um 17 Uhr eröffnet. Zu sehen
sind Beispiele der Baugeschichte
aus Europa, Afrika und Asien. Die
Zeichnungen entstanden an Ort
und Stelle - und beschränken sich
auf das Charakteristische der Objekte. Horst von Bassewitz sucht
den Dingen auf den Grund zu kommen, setzt sich mit der Geschichte
der Bauten, die er darstellt, auseinander. Er studiert sie zeichnend,
versucht die politischen, religiösen
und menschlichen Beweggründe
ihrer Existenz, ihre Gestalt, ihren
Zustand und die Wirkung, die davon ausgeht, zu erfahren.
Die Ausstellung ist bis 29. Juni
mittwochs von 13 bis 17 Uhr,
donnerstags bis sonntags von
11 bis 17 Uhr zu sehen.
Neue Erfahrungen aus der Welt der Töne
Philharmonisches Kammerorchester Wernigerode gestaltet Konzert für Gehörlose
Wernigerode/VS/is. Ein Konzert
für Gehörlose als eine Brücke zur
Welt der Hörenden: Dieses ungewöhnliche Projekt startete das Philharmonische
Kammerorchester
Wernigerode in dieser Woche. Die
Idee dazu hatte Uwe-Friedrich Albrecht, Leiter der Beratungsstelle
für Hörbehinderte in Wernigerode:
Warum nicht ein Konzert auf die
Beine stellen, bei dem diese Men-
schen die Möglichkeit haben, Musik auf eine ganz andere - auf ihre
Weise zu erleben? Für Christian
Fitzner und sein Orchester eine
große Herausforderung: „Das Ganze hat für uns einen experimentellen Charakter und ist irrsinnig
spannend.“
Die Musiker saßen in der Mitte der
Aula des Gerhart-Hauptmann-
Gymnasiums, die Zuhörer um sie
herum und dazwischen. Die Gehörlosen konnten so die Instrumente
während des Spiels anfassen oder
sich auf den Holzboden legen, um
die Schwingungen zu spüren. Das
Kammerorchester wollte so viele
Instrumente wie möglich in Solostücken vorstellen, hatte sogar eine
Harfe und zusätzliche Schlagzeuger organisiert. „Die Gehörlosen
sind neugierig auf die Welt der Hörenden, wollen verstehen, warum
wir zum Beispiel in ein Konzert gehen“, erläutert Uwe-Friedrich Albrecht, der selbst von gehörlosen
Eltern großgezogen wurde. „Mein
Vater hat immer gesagt, er fühle
Musik auf eine rhythmische Weise,
nehme sie mit dem ganzen Körper,
mit den Füßen, im Magen, im
Brustkorb wahr.“