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CARBON-LAUFRÄDER Die Konkurrenz kommt TEXT: MATTHIAS BORCHERS FOTOS: DANIEL KRAUS Seit Mitte der 90er-Jahre ist die Marke Lightweight ein Synonym für extrem leichte und steife WettkampfLaufräder aus Carbon. Erst jetzt, gut zehn Jahre später, rüstet die Konkurrenz nach. Mavic und die bislang unbekannte US-Marke Lewracing stellen Carbon-Laufräder vor, die dem Original erstaunlich nahekommen 36 TOUR 11/ 2007 M ich hat immer gewundert, warum andere Hersteller so lange gebraucht haben, um unsere Laufräder zu kopieren“, sagt Heinz Obermayer und grinst. Mit „uns“ meint Obermayer sich und seinen Tüftlerpartner Rudolf Dierl. Seit Mitte der 1990er Jahre sind ihre Lightweight-Laufräder eines der begehrtesten Produkte in Radsport und Triathlon, doch erst jetzt schaffen der französische Laufrad-Spezialist Mavic und die bislang unbekannte Marke „Lewracing“ den Anschluss mit Produkten, die ihr Vorbild eindeutig erkennen lassen. Die Erfolgsgeschichte der beiden gelernten Werkzeugmacher Obermayer und Dierl begann in einem Schuppen auf einem Bauernhof bei München. Fasziniert vom Werkstoff Carbon, bauten sie bereits 1987 Spoiler für Ralleyautos und Räder für Sulkys, die Einachswagen im Trabrennsport. Ihr erstes Rennrad-Laufrad war 1990 ein Scheibenrad aus Carbon für einen bayerischen Sechstage-Fahrer. Etwa vier Jahre später entwickelten Dierl und Obermayer das erste vorgespannte Speichen-Laufrad aus Carbon, bestehend aus Nabe, Speiche und Felge – und sowohl leichter als auch steifer als alles bislang Dagewesene. 1996 wurde der Bel gier Johan Museeuw Weltmeister mit LightweightRädern, und 1997 feierten Bjarne Riis und Jan Ullrich ihre inzwischen schal gewordenen Triumphe mit Hilfe der leichten Räder aus Oberbayern. Seither ist der Siegeszug der Lightweight-Laufräder ungebrochen. Inzwischen zeichnet die Friedrichshafener Firma Carbonsports dafür verantwortlich, Heinz Obermayer ist als Gesellschafter und Tüftler nach wie vor aktiv. Dass es so lange gedauert hat, bis Nachahmer mit komplett aus Carbon gefertigten Laufrädern auf den Plan traten, liegt an der Komplexität des Produkts. Die Schwierigkeit besteht darin, die filigranen Speichen fest mit Naben und Felge unter Vorspannung zu verbinden. Zudem ist die Form sehr komplex, was das Ausbacken im Ofen erschwert, weil gleichzeitig möglichst viel Harz aus der Form gepresst werden muss, damit das Laufrad am Ende entsprechend leicht wird. Obermayer und Dierl hatten dafür früh gute Lösungen parat – und hielten sie geheim. Ein ehemaliger Geschäftspartner von Dierl und Obermayer aus den Niederlanden vertreibt unter dem Namen „Ada“ schon seit einigen Jahren Laufräder, die dem Vorbild Lightweight bis auf die runden Speichen verblüffend ähneln. Auch die Produkte der neuen Konkurrenten – das Modell „Cosmic KURZ & KNAPP Carbone Ultimate“ von Mavic und die Lightweight bekommt „Pro VT-1“ von Lewracing – verberernst zu nehmende gen nicht, wer ihnen zum Vorbild Konkurrenz. Mavic und diente. Am größten ist die Ähnlichkeit Lewracing fordern die beim Mavic-Vorderrad, es scheint fast Ikone unter den Carboneine 1:1-Kopie zu sein. Sogar das Laufrädern heraus, die Lightweight-Prinzip der Speichendrei Top-Laufräder anbindung, bei dem ein harzgetränktes konkurrieren auf hohem Carbonfaserbündel von der Felge um Niveau. Mavic schlägt die Nabe herum und zurück zur Felge Lightweight knapp, geführt wird und so zwei Speichen Lewracing gewinnt den bildet, haben die Franzosen übernomGewichtsvergleich, men. Beim „Pro VT-1“ dagegen sind verliert jedoch Punkte die Carbonspeichen einzeln zentrisch bei der Bremsleistung. mit der Nabe verbunden und werden jeweils im Boden der hohlen Felge verklebt. Paul Lew, Konstrukteur und neben Lee Vaccaro einer der beiden Firmeneigner, sagt, dass diese Konstruktion es erlaubt, defekte Speichen relativ einfach auszutauschen. Deutlicher sind die Unterschiede am Hinterrad. Da Platz für den Zahnkranz bleiben muss, stehen die Speichen auf dieser Seite steiler als gegenüber. Die Herausforderung für die Lightweight-Konstrukteure besteht darin, dass die Felge mittig im Hinterbau läuft – Nachzentrieren geht nicht. Mavic aber macht’s möglich, indem die Carbonsp speichen auf der Nabenseite Metallgewinde tragen, die man m Schrauben spannen kann. Produktentwickler Oliver mit M Mouzin weist auf den Vorteil hin, dass man das Laufrad na nachzentrieren kann und dass diese Bauart – mit Nabenkö körper aus Aluminium – nicht schwerer sei als eine massivere Konstruktion aus Carbon ohne Zentriermöglichkeit. Das Lew-Laufrad trägt in der Mitte der Nabe einen zusä sätzlichen dritten Flansch, mit dem 4 der 20 Speichen verbu bunden sind. Dieser Flansch hilft dabei, das Drehmoment Die Speichen der dritten Lightweight-Generation sind komplett aus Carbon TOUR 11/2007 37 CARBON-LAUFRÄDER Beim Pro VT-1 übertragen Speichen am mittleren Flansch das Drehmoment Mavic setzt beim Hinterrad auf Metall-Nabe inklusive Zentriermöglichkeit Die Aerodynamik der Laufräder Luftwiderstand in Gramm 300 250 200 150 Mavic Aksium Race Lightweight Standard Mavic Cosmic Carbone Ultimate Lew Pro VT-1 Zipp 808 100 50 0 0 2,5 5 7,5 10 12,5 15 Anströmwinkel in Grad Das Diagramm zeigt: Mit ausgewiesenen Aero-Laufrädern wie dem „Zipp 808“ können sich die Test-Kandidaten nicht messen, sie sind aber besser als Mavics „Aksium“-Laufrad 38 TOUR 11/ 2007 So testet D A S R E N N R A D - M A G A Z I N Die Gesamtnote für die Laufräder setzt sich zusammen aus Labortests und Beurteilungen aus Testfahrten. Die Einzelnoten werden unterschiedlich gewichtet. Die Aerodynamik haben wir im Windkanal der Technischen Universität Lyon getestet. Als Referenz liefen das preiswerte Lauf rad „Aksium“ von Mavic und das Aerolaufrad „Zipp 808“ im Test mit (siehe Grafik links unten). Der Watt-Wert bezieht sich auf das Vorderrad, niedrigere Werte sind besser. Gewicht, Beschleunigung, Seitensteifigkeit und Rundlauf wurden im TOUR-Testlabor erIm Windkanal der mittelt. Das Gewicht wurde ohne Technischen Uni in Lyon Schnellspanner erfasst. Um die Beschleunigung zu bewerten, wurde die Massenträgheit gemessen. Sie drückt aus, wie viel Energie nötig ist, das Laufrad auf eine Geschwindigkeit von z.B. 30 km/h zu beschleunigen. Die Seitensteifigkeit beeinflusst Lenkverhalten und Kraftübertragung sowie mechanische Belastund Haltbarkeit. Hinterräder sind wegen der Asymmetrie meist elastischer als Vorderräder, erreichen deshalb meist geringere Steifigkeitswerte. Werte ab 50 N/mm sind gut – wichtig für schwere Piloten! Für die Benotung des Rundlaufs wurden Seiten- und Höhenschlag des Laufrades nach dem Fahrtest gemessen. Sie sollten maximal im Zehntel-Millimeterbereich liegen. Bei Laufrädern mit fest laminierten Carbon-Speichen verändert sich der Rundlauf praktisch nicht. Im Steifigkeitstest im Fahrtest wurden auch die BremsTOUR-Testlabor eigenschaften ermittelt. Die Tester beurteilten Dosierbarkeit und Verzögerung auf kurviger Bergstrecke. Zum Einsatz kamen die vom Hersteller empfohlenen Bremsbeläge oder Shimano-Carbonbeläge, Typ „R55C Karbon“. Da das Bremsverhalten für die Sicherheit wichtig ist, hat es großen Anteil an der Endnote. Carbon-Laufräder erreichen materialbedingt in dieser Disziplin nur befriedigende Noten. FOTOS:BORCHERS (1); KÜHNEN (1) von der Nabe zur Felge dauerhaft zu übertragen. Da die Speichen beim Lew-Rad nicht gekreuzt sind, würde sonst wohl irgendwann die Nabe aus dem Verbund reißen. Ein weiteres Merkmal der amerikanischen Konstruktion sind die hohlen Felgen. Während Lightweight und Mavic Schaumkerne zum Ausformen des Felgenprofils verwenden, fehlt dieser beim „Pro-VT1“. Das spart Gewicht, verursacht jedoch einen Nachteil: Das Hinterrad nervte vor allem im Wiegetritt mit lautem Knarzen aus der Nabe, was durch den Resonanzraum der hohlen Felge verstärkt wird. Paul Lew sagt, er kenne das Problem und versichert, man werde das dank neuer Nabentechnik von Tune in den Griff bekommen und das Gewicht nochmals senken. Lightweight und seine „Klone“ konkurrieren auf hohem Niveau. Bemerkenswert ist das extrem niedrige Gewicht von 900 Gramm der Lew-Laufräder. Jedoch verlieren die Amerikaner wertvolle Punkte bei der Bremsleistung. Mavic hat offensichtlich gut kopiert und gewinnt den Vergleich mit dem 20-Speichen-Original sogar knapp. Heinz Obermayer kennt die Konkurrenzprodukte übrigens genau und fühlt sich „geehrt“. Plagiat ist bekanntlich die schönste Form der Anerkennung – auch wenn diese Bezeichnung den neuen Laufrädern von Mavic und Lewracing nicht ganz gerecht wird ... Carbon-Laufräder im Vergleich HERSTELLER LEWRACING Pro VT-1 Preis pro Satz 4.499 Euro Bezug/Infos S-Tec Sports Telefon 0 28 58/16 60 www.s-tec-sports.de Speichenzahl vorne/hinten 16/20 Modell Varianten/Sonstiges MAVIC Cosmic Carbon Ultimate 2.300 Euro Mavic-Adidas Cycling Telefon 0 80 33/30 52 00 www.mavic.de 20/20 S % C Lieferumfang LIGHTWEIGHT Standard III 2.750 Euro Carbonsports Telefon 0 75 41/38 89 23 www.carbonsports.de 20/20 S % C LRT S % C LRT LRT MESSWERTE Luftwiderstand in Watt1) Beschleunigungsenergie2) in Joule 5,1/12/23,4 77 Seitensteifigkeit (v/h) in N/mm 45/50 Felge (Breite x Höhe) in mm 20 x 48 Gewicht v./h./Schnellspanner* 370/529/60 g Fahrergewichtslimit 85 Kilo (verstärkte Version erhältlich) 5,3/12,6/24,6 87 72/49 20 x 53 483/620 g 110 Kilo 4,9/11,7/22,9 95 55/59 21 x 40 512/693/96 g keines BEWERTUNG (FAKTOR) Aerodynamik (25 %) 5 4 3 2 1 Gewicht vorne/hinten (20 %) 5 4 3 2 1 Bremsen (20 %) 5 4 3 2 1 Seitensteifigkeit vorne (10 %) 5 4 3 2 1 Seitensteifigkeit hinten (10 %) 5 4 3 2 1 Rundlauf (10 %) 5 4 3 2 1 Beschleunigung (5 %) 5 4 3 2 1 Gesamtnote (100 %) 2,3 1,0 4,0 3,0 1,7 3,4 1,0 2,4 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 2,3 1,7 3,5 1,0 2,0 2,4 1,0 2,2 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 5 4 3 2 1 2,0 2,0 2,5 1,7 1,0 2,7 1,3 2,0 1) Errechnet aus der Luftwiderstandsmessung im Windkanal bei 30/40/50 km/h für ein einzelnes Vorderrad, Seitenwind berücksichtigt; 2) Notwendige Energie, um einen bereiften Radsatz von 0 auf 30 km/h zu beschleunigen; * Gewicht für beide Schnellspanner zusammen; ** Der Hersteller bietet Nachlass bei der Wiederbeschaffung von Laufrädern, die bei einem Unfall irreparabel beschädigt wurden. C CampaRotor S ShimanoRotor % Unfallgarantie** Betriebsanleitung Schnellspanner Ventilverlängerung LRT Laufradtaschen Spezialwerkzeug Bremsbeläge Speichenmagnet