Umgang mit MDK
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Umgang mit MDK
G Krankenhaus Umgang mit MDK-Gutachtern: Argumentationshilfen und Beschwerdewege. Chefarzt Dr. med. Gerd Sandvoß, Meppen/Ems In den letzten Jahren nehmen unqualifizierte gutachterliche Arzt beim Beitreiben der For- die Streitigkeiten mit den Aussagen richtigzustellen, die derung aus dem Kranken- Kostenträgern ständig zu. Der Mitarbeiter zu schulen, die ge- hausvertrag tätig und muss am Patienten tätige Arzt wird botenen Schritte konsequent sich – wie auch im Arzthaft- einerseits von den Gutachtern einzuleiten und Schadensbe- pflichtfall – mit den Gutach- des MDK, andererseits von grenzung zu betreiben. tern herumschlagen. Da es den Prüfärzten der PKV in die Hierbei kommt es aber darauf aber weder um ärztliche Re- Zange genommen und muss an, nicht passiv zu bleiben, putation noch um Körperver- zunehmend Arbeitszeit zu Las- sondern aktiv vorzugehen, letzung sondern allein ums ten seiner Patienten opfern, d.h. den Schuldner und poten- Geld geht, ist konsequente um den permanenten Recht- tiellen Prozessgegner (GKV Härte und Zähigkeit zu emp- fertigungszwängen zu genü- mit seinem MDK!) argumen- fehlen, gen. tativ zu schlagen, um ausste- institutionellen Schuldnern Dieser Aufsatz soll dazu die- hende Gelder einzutreiben. entgegentritt. Argumentative nen, die betroffene Ärzte- Als Schwäche baut den potentiel- schaft in die Lage zu versetzen, Krankenhausträgers wird der Es ist ganz entscheidend, dass bereits 4. Allgemeine Rechtsgrundsätze wie im Vorfeld, d.h. vorausschauend, im das Richterrecht und die Ärztliche überdurchschnittlichen Berufsordnung sind zu beachten. rungsfaktors (3,5) anzugeben. Rahmen der Behandlung von ärztli- Erfüllungsgehilfe des mit der man len Prozessgegner auf! schwernisse zur Begründung eines Steige- cher Seite vorgesorgt und dokumen- 5. Die Vorbildfunktion des Facharz- tiert wird, um später den Nachprü- tes/Prüfarztes mit der Pflicht zur Verfahrensablauf bei der MDK-Be- fungen standhalten zu können. Beachtung ethischer Grundsätze gutachtung („Nil nocere“). Der Kostenträger, d.h. die zuständige Folgende Grundsätze sind allgemein GKV, fordert den Krankenhausent- akzeptiert: Parallelen zu anderen Abrechnungs- lassungsbericht zu Händen des Me- 1. Das Geld folgt der Leistung. systemen: dizinischen Dienstes der Kranken- 2. Leistungen, die nicht dokumen- a) Bei der Verschlüsselung/Eingrup- versicherung zur Einsichtnahme an, tiert sind, werden auch nicht be- pierung der DRGs sind Komplika- wozu er nach § 276 SGB V befugt ist. zahlt. tionen und Co-Morbiditäten zu Der Krankenhausentlassungsbericht berücksichtigen, sonst entfällt die wird dem MDK zur Überprüfung der Höhergruppierung! Verweildauer mit der Bitte um gut- 3. Die Verweildauer muss medizinisch begründet, d.h. plausibel sein. 4 b) In den GOÄ-Rechnungen sind Er- ArztRecht 1/2004 achterliche Stellungnahme über- TITELTHEMA sandt, und es bleibt dem MDK über- mentation heraussortiert und bear- lassen, wen er mit Begutachtung be- beitet werden! auftragt. Das erste MDK-Gutachten geht e) Wundheilungsstörung, Probleme bei der Mobilisation. f) Anhaltende postoperative Im Wissen um diesen Ablauf sind zurück an den Auftraggeber, d.h. an Schmerzsymptomatik, deshalb ge- bereits ganz am Anfang Vorsichts- die GKV, die dann dem Leistungser- zielte schmerztherapeutische Wei- maßnahmen geboten: bringer, z.B. einem Krankenhausträ- terbehandlung erforderlich. g) Liegende Katheter: Blasenkathe- Da die ärztliche Schweigepflicht ger, mitteilt, dass die prä- oder post- bekanntlich auch unter Ärzten gilt, operative Verweildauer unbegründet ter, haben wir folgenden Passus in die oder nicht nachvollziehbar sei, wes- Subclaviakatheter, PEG, Jugula- vom Patienten zu unterzeichnenden halb ein Teil der angesetzten Pflege- riskatheter, Bülau-Drainage, die Aufklärungsbögen aufgenommen: tage gestrichen oder die beantragte gepflegt und ggf. gewechselt wer- „Den Vorgaben des § 276 (4) SGB V, des § 25 BO und der Bundesärzte- Verlängerung der Kostenübernahme verweigert wird. suprapubischer Katheter, den müssen. h) Drohende Decubitalulcera, Wei- kammer folgend, ist eine Herausgabe Schluckt nun der Krankenhausträ- terversorgung sekundär heilen- der Krankenakte/Arztbriefe zu Hän- ger diese Streichung klaglos, so hat der Wunden in schwer erreichba- den des MDK nur an Fachärzte des der verantwortliche Arzt seine Auf- rer Lokalisation. gleichen Gebietes gestattet.“ gabe schon allein dadurch erfüllt, i) Arzneimittelunverträglichkeit, dass er den Abschlussbericht auf An- Arzneimittelintoxikation. Präo- forderung weitergegeben hat. perativ ASS oder Marcumar, Wird ein Entlassungsbericht angefordert, so kann man unter Verweis auf den dokumentierten Willen des Hält jedoch der Arbeitgeber, d.h. MAO-Hemmer, Biguanide, Narko- Patienten den Namen des Fachgut- der Krankenhausträger, Rückspra- seprobleme in der Vorgeschichte achters beim MDK erfragen und die che mit dem behandelnden Arzt, ob (Abklärung), HIT. Unterlagen direkt an diesen adres- dies alles mit rechten Dingen zugehe j) Altersgebrechen, sieren. Wird ein fachfremder Arzt und die Streichungen begründet Desorientiertheit, vorgeschlagen, ist die Herausgabe zu sind, entsteht erneut Handlungsbe- drom, verweigern. darf entweder durch den Kranken- drom, Entzugsymptomatik. HOPS, Immobilität, Psychosyn- Durchgangssyn- Wurde demgegenüber z.B. von der hausträger oder durch den behan- k) Fehlende Compliance des Patien- AOK über Jahre eine Aktenprüfung delnden Arzt, der umgehend schrift- ten, z.B. Entschlusslosigkeit bei vor Ort, d.h. im Krankenhaus, durch- lich Widerspruch gegen eben diesen geführt oder wurden regelmäßig Bescheid der Krankenkasse einlegen Konferenzen sollte. (Verwaltung/Ärzte- schaft/AOK) zur Klärung offener Fra- Entscheidend ist also, dass der gen durchgeführt, sollte man die Krankenhausträger, d.h. die Patien- Übersendung von Unterlagen an den tenverwaltung oder der behandeln- MDK primär mit dem Hinweis auf de Arzt als Erfüllungsgehilfe des Ar- das Gewohnheitsrecht verweigern beitgebers, Widerspruch einlegt. der Stufenaufklärung. l) Konsile: Diese können mündlich oder schriftlich erfolgen, müssen aber dokumentiert sein, ggf. Namen des Konsiliarius nennen. Entlassungen nie am Montag sondern besser am Samstag! Arztbriefe sind und die vom Gesetzgeber vorgesehe- wie folgt zu formulieren: ne Prüfung im Haus nach § 276 (4) 2. Schritt: Schriftlich Widerspruch „....Komplikationsarmer Verlauf“, „es SGB V einfordern! So hält man gege- einlegen! war ständige ärztliche Überwachung benenfalls den MDK auf Distanz und Diesem Widerspruch folgt die erforderlich“, „rezidivierende Dyspnoe sichert die Qualität der Bearbeitung. schriftliche Begründung für die prä- und instabile Kreislaufverhältnisse Sonst folgt der oder postoperative Verweildauer, ge- verzögerten die Entlassung“, „eine stützt auf die Dokumentation in der Mobilisierung war nur mit Hilfe und Ambulanzkarte oder im Kranken- unter der Gabe stärkerer Schmerzmit- blatt, z.B.: tel möglich“. „Eine Umstellung der 1. Schritt: Übersendung des Krankenhausentlassungsberichts über die GKV zu Händen des MDK (Alarmhinweis für den Krankenhausarzt!) Merke: Von diesem Moment an Schmerztherapie/Antikoagulation/Ana) Irreguläre Antikörper bei der Blutgruppenbestimmung. b) Seltene Blutgruppe (B neg., AB tibiose war erforderlich“. Ex post sind Aktenvermerke und begründende Eintragungen ins darf das Krankenblatt weder einge- neg.), fehlende Konserven. Krankenblatt bis zur Anforderung scannt noch mikroverfilmt werden, c) Anhaltende Ruhedyspnoe. der Krankenakte durch den MDK ge- vielmehr muss es zur Überprüfung d) Harnverhalt, Oedeme, Lungen- stattet. Danach wird die Krankenak- und zur Vervollständigung der Doku- stauung, COLD. te zum Dokument und darf nicht ArztRecht 1/2004 5 TITELTHEMA mehr verändert werden. Man hat sam ist, ggf. schon deshalb die Kasse chirurgen, Dermatologen, Gefäßchir- also Zeit, schon während der Prü- zu wechseln. urgen, Algesiologen), wenn in den ei- fung des Entlassungsberichts durch Kann man den in jedem Fall erfor- genen Reihen kein Facharzt des Ge- den MDK, die Akte gutachtergerecht derlichen Widerspruch jedoch nicht bietes vorhanden ist. Es gilt der juris- herzurichten. durch eine der oben genannten Kom- tische Grundsatz: „Die Begutachtung plikationen begründen, so hat der erfolgt auf dem Gebiet der Behand- Es ist ganz entscheidend, im Vorfeld oder im Nachhinein auf der Kur- lung.“ ve oder im Krankenblatt oder im 4. Schritt: die Anforderung des Dann lohnt sich in der Wider- Rahmen der Pflegedokumentation MDK-Gutachtens über den MDK spruchsbegründung der Hinweis auf entsprechende Vermerke und Eintra- selbst oder über den Patienten zu er- das rechtskräftige Urteil des OLG gungen zu machen und ggf. diese folgen. Koblenz vom 24.6.2002 - 14 W 363/02 auch im Entlassungsbericht zu er- Nach § 277 SGB V hat der MDK den (ArztRecht 2003, 226), das dem Sach- wähnen. Zu einer qualifizierten Ak- Leistungserbringern lediglich das verständigen seine Entschädigung tenprüfung kommt es aber in der Re- Ergebnis der Begutachtung mitzutei- gemäß § 3 Abs. 1 ZSEG verweigerte, gel nie, weil der MDK unzureichend len, kann diesen aber auf Anforde- da er vorab hätte erkennen müssen, mit Personal ausgestattet ist und sei- rung das vollständige Gutachten zur dass das von ihm erwartete Gutach- ne eigenen Befugnisse nach § 276 Einsichtnahme aushändigen. Gege- ten Fragen betraf, die „außerhalb (4) SGB V nicht wahrnimmt, d.h. benenfalls muss eine vollständige seines Fachgebietes“ lagen. Die GKV keine Aktenprüfung im Kranken- Kopie des Gutachtens über den Pati- kann dann – völlig zu Recht – die kos- haus innerhalb der vorgeschriebenen enten nach § 276 (3) SGB V in Ver- tenlose Nachbegutachtung durch den Dienstzeiten durchführt. Entschei- bindung mit § 25 SGB X angefordert MDK einfordern. dend ist also, dass immer der werden (bei der GKV entsprechend dem Richterrecht nach dem höchst- 6. Schritt: Inhaltliche Prüfung des 3. Schritt: eine medizinische Be- richterlichen Urteil des BGH vom gründung (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 11.6.2003 - IV ZR 418/02*). Liegt das Jetzt hat die inhaltliche Prüfung SGB V) für die Verweildauer angege- MDK-Gutachten vor, so ist dieses in des MDK-Gutachtens zu erfolgen, ob ben wird. mehrfacher Hinsicht zu prüfen: ggf. Verwechslungen vorliegen oder Problematisch ist die Mitteilung fehlender OP-Kapazität, fehlender Intensivkapazität, Personalmangel MDK-Gutachtens der Gutachter den Arztbrief falsch 5. Schritt: Formale Gutachtenprüfung interpretiert hat oder nicht in der Lage ist, die durchgeführten Maß- aufgrund von Krankheit, zusammen- Wurde das Gutachten durch einen nahmen zu beurteilen (z.B. typische hängender Feiertage, Baumaßnah- qualifizierten Arzt des gleichen Verwechslung Bandscheibenopera- men im OP, fehlender Instrumente. Fachgebietes erstattet oder liegt ein tion mit Wurzeldekompression bei Hier wird die GKV zu Recht einwen- Übernahmeverschulden durch einen Spinalstenose, ein Eingriff, bei dem den, warum der Patient nicht zwi- fachfremden Arzt vor, der ganz of- die Bandscheibe in der Regel nicht schenzeitlich in häusliche Pflege ent- fensichtlich für die Fallprüfung nicht einmal berührt wird). Äußert sich lassen oder prästationär abgerechnet ausreichend qualifiziert war. Nach der Erstgutachter in irgendeiner wurde. Diese Einwände sind legitim dem Richterrecht und Berufsrecht Form unqualifiziert, unsachlich oder und nachvollziehbar, finden aber ih- haben die Fachärzte die Grenzen ih- fehlerhaft, ist der behandelnde Arzt re Grenzen in Flächenstaaten, in de- rer Gebiete zu beachten, das gilt in Kenntnis des Falles und der Akte nen die Patienten nicht selten mehr selbstverständlich auch für Gutach- im Vorteil und kann seinen Wissens- als 50 km entfernt die zuständige ter, wie die Literatursammlung** be- vorsprung argumentativ in die Waag- Spezialklinik anfahren müssen, wo- legt. schale werfen. bei dann der Hin- und Rücktransport Schon ein ganz offensichtliches Merke: Ist das Krankenblatt abso- mit dem Krankenwagen mehr kostet Übernahmeverschulden durch einen lut jungfräulich und bietet es trotz als der Pflegetag oder schlicht unzu- fachfremden Gutachter des MDK be- Nachbesserung keine ausreichende mutbar ist. Bei bekannten Problem- rechtigt zum Widerspruch gegen den Argumentationsgrundlage, ist jetzt – kassen sollte man die Patienten je- erfolgten Bescheid und impliziert au- vor der Herausgabe der Akte – der doch konsequent auch über längere tomatisch eine Wiedervorlage bzw. Moment gekommen, beim Kosten- Strecken nach Hause entlassen und Nachbegutachtung durch den MDK, träger die Umwandlung der stritti- erneut einbestellen mit dem Hin- der selbstverständlich befugt und gen Pflegetage in eine vor- oder nach- weis, dass ihre GKV ständig Abrech- verpflichtet ist, auch externe Fach- stationäre Behandlung zu beantra- nungsprobleme bereitet und es rat- gutachter beizuziehen (z.B. Neuro- gen. Das ist eine Maßnahme zur 6 ArztRecht 1/2004 TITELTHEMA Schadensbegrenzung, bevor eine dert, so ist umgehend und vorab zu CD-ROM öffnen und die Bilder ein- komplette Streichung erfolgt. Gutes klären, dass der Zeitaufwand und die sehen, wird er ihrer Argumentation Argument: die mittlere Verweildauer Kosten für die Fotokopien übernom- folgen, sonst muss er schon aus eige- wurde nicht überschritten. Auch spä- men werden, wofür in der Regel der ner Unsicherheit oder Unfähigkeit ter im Rahmen eines Sozialgerichts- MDK kein eigenes Budget hat. Viel- zustimmen. Entscheidend ist, dass streits sollte bei einem Rückzugsge- mehr ist der Auftraggeber, d.h. die man den eigenen Wissensvorsprung fecht diese Form der Schadensbe- zuständige Krankenkasse gefordert, auf allen Ebenen ausspielt und nie- grenzung (Umwandlung in vor- oder diese Kosten zu übernehmen. Ich mals die Originalakten/Röntgenbil- nachstationäre Behandlung) vorge- selbst gehe aus taktischen Gründen der herausgibt, die ja auch nach § 276 schlagen werden! Strebt man im Vor- in Vorleistung und gebe kostenfrei (4) SGB V vor Ort im Krankenhaus feld eines Rechtsstreits einen quali- nur eine CD-ROM heraus, die neben hätten geprüft werden können. fizierten Vergleich an, so sollte man dem Computersystem SAPERION Ist das Ergebnis der Nachbegut- als Leistungserbringer immer auf die gescannte Krankenakte und ge- achtung durch einen Facharzt des das alternative neue Abrechnungs- gebenenfalls auch die Bildgebung gleichen Gebietes wiederum negativ, system, die DRGs, verweisen und den enthält. Hat man aber eine derartige so kann man sich entweder mit dem DRG-Erlös (CW x 2650 Euro) einfor- CD-ROM vorab kostenfrei übersandt, neuen restriktiven Bescheid abfin- dern, bevor vor Gericht Kosten ent- so ist der Leistungserbringer, d.h. den oder vor der Einleitung eines So- stehen, ein Gutachter beauftragt und auch der Arzt, in Vorleistung getre- zialgerichtsverfahrens zur eigenen der Instanzenweg ausgeklagt wird. ten, und wenn sich die MDK Gutach- Sicherheit und zur Stützung der ei- ter nicht in der Lage sehen, das Do- genen Argumentation wie folgt vor- 7. Schritt: Erneuter Widerspruch kument zu öffnen, so müssen sie eben gehen: mit Einforderung der Aktenprüfung die vollen Kosten für das Fotokopie- im Krankenhaus ren der Gesamtakte übernehmen. 8. Schritt: Einholung eines Privat- Ist das Folgegutachten des MDK Maßgeblich ist der Wortlaut des gutachtens ausschließlich zum strit- immer noch unzureichend, angreif- § 276 (4) SGB V in dem der Gesetz- tigen Sachverhalt. bar und nicht fundiert, sollte erneut geber ein „Einsichtsrecht“ in die Ein kurzes, prägnantes und sachli- schriftlich Widerspruch eingelegt „Krankenunterlagen“ also in die Ak- ches Privatgutachten schützt vor werden mit dem Verweis auf § 276 (4) te festschreibt: Es sind also die „er- unnötigen Rechtsstreitigkeiten und SGB V, dass eine qualifizierte Begut- forderlichen Unterlagen“ aus der Ak- verpflichtet den Richter im Sozialge- achtung nur anhand der vollständi- te (z.B. die über die präoperativen Ta- richtsstreit einen unabhängigen Ge- gen Akten auf Facharztebene im ge) zu prüfen und nicht etwa nur die richtssachverständigen zu berufen, Krankenhaus re- der GKV vorab zugesandten Unterla- d.h. der Richter kann nicht mehr aus gulären Dienstzeiten zwischen 8.00 gen. Für die vom Gesetzgeber nicht eigenem Ermessen lediglich anhand und 18.00 Uhr möglich sei. Dann ist vorgesehene Aktenprüfung außer der Rechtslage entscheiden, viel- der MDK wiederum in der Defensive, Haus muss die GKV eine zeitnahe, mehr wird er durch das unterschied- wenn er weder eine vollständige Ak- schriftliche Einwilligungserklärung liche Parteivorbringen, das sich je- tenprüfung durchgeführt noch einen vorlegen (nach § 67 b SGB X, eine weils auf Sachverständigengutach- Facharzt des gleichen Gebietes mit Verweigerung bleibt für den Versi- ten stützt, gezwungen, einen eigenen der Begutachtung beauftragt hat. cherten folgenlos!). Angaben zur Gerichtsgutachter zu berufen, dem Der Gesetzgeber hat eben diese Fremdanamnese, die unbeteiligte die Gerichte in der Regel folgen ***. Kannvorschrift mit dem Aktenprü- Dritte betreffen, sind gegebenenfalls Ohne qualifiziertes Parteigutachten fung vor Ort eingeführt, um es jedem zu löschen. Dann erst darf die Akte vor Gericht aufzutreten, bringt die MDK-Gutachter zu ermöglichen, in auf Anforderung an den MDK (nicht Gefahr mit sich, dass der Richter al- der Klinik in Zusammenarbeit mit an die GKV****) übersandt werden. lein nach der Rechtslage entscheidet den behandelnden Ärzten den erfor- Die Spreu vom Weizen unter den und bei Bagatellbeträgen ein Endur- derlichen Facharztstandard zu ge- externen MDK-Gutachtern lässt sich teil fällt. Durch ein Privatgutachten währleisten. Auswärtige Gutachter auch trennen, indem man bei der Wi- stützt man einerseits die eigene Ar- des MDK sträuben sich natürlich, die derspruchsbegründung auf spezielle gumentation gegenüber der GKV Prüfung im fernen Krankenhaus Sequenzen und Schnitte, z.B. eines und dem MDK und kommt zu einem durchzuführen und sind auch nicht Computertomogramms oder Kern- günstigen Kompromiss oder Ver- bereit, den Gutachtenauftrag an den spintomogramms, verweist und die gleich, andererseits hat dann der Ge- MDK vor Ort abzugeben. Wird dann digitalisierten Bilder auf CD-ROM richtsgutachter die Argumente des die gesamte Krankenakte angefor- beilegt: kann der Gutachter die Parteigutachters zu diskutieren und innerhalb der ArztRecht 1/2004 7 TITELTHEMA die Erfolgschancen, sich vor Gericht zwängen unter Druck zu setzen, so man das Sozialgericht anruft. Der durchzusetzen, sind deutlich größer. empfiehlt es sich, zweigleisig zu fah- MDK ist aufgrund unzureichender fi- ren und begründete Beschwerden bei nanzieller und personeller Ausstat- beiden Aufsichtsbehörden einzurei- tung angreifbar und kann die gefor- chen. Hilfreich und korrekt ist auch derten Qualitätsnormen nicht regel- Beschwerdeweg die Einleitung eines berufsgerichtli- mäßig gewährleisten, was dem be- Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass chen Verfahrens vor der zuständigen troffenen Leistungserbringer die derartige Prüfungsvorgänge trotz des Landesärztekammer unter Verweis Chance eröffnet, seine Nachforde- Widerspruchs der Betroffenen liegen auf § 25 Berufsordnung, wenn die rung durchzusetzen. Als Leistungser- bleiben und nicht in einer angemes- Sorgfaltspflichten bei der Begutach- bringer sollte man nicht darauf ver- senen Frist abgearbeitet werden. tung nicht eingehalten wurden. trauen, dass letztendlich immer der Liegt der Fehler bzw. das Versäum- Gibt es dagegen Probleme mit pri- Recht bekommt, der Recht hat. Viel- nis eindeutig bei der GKV, so kann vaten Krankenversicherungen, so ist mehr kann man sich erfolgreich mit man sich zwar an die Vorstände der hier als Aufsichtsbehörde das Bun- eigenen Forderungen durchsetzen, jeweiligen Krankenkassen wenden, desaufsichtsamt für das Versiche- wenn man die Einzelheiten der wirksamer ist jedoch eine qualifi- rungswesen in Bonn zuständig. Rechtsvorschriften, die Rechts- und zierte Beschwerde an das Bundesver- Beschwerdewege und das Richter- sicherungsamt in Bonn, das für alle recht kennt und als qualifizierter bundesweit tätigen Krankenkassen Kompensation Facharzt den Wissensvorsprung des die Aufsichtsbehörde ist, wie z.B. für behandelnden Arztes ausnutzt, der die Barmer Ersatzkasse, DAK, Tech- Im Wissen um die zunehmenden Que- sich nicht nur auf fundiertes Fach- niker Krankenkasse. Für die gesetz- relen und Pressionen von Seiten der wissen, sondern auf die Inhalte der lichen Krankenversicherungen je- GKV und des MDK verbietet sich ei- gesamten Krankenakte stützen kann. doch, die nur in bis zu 3 Bundeslän- ne vorzeitige Krankenhausentlas- Nur wer den Hindernislauf durch die dern tätig sind wie z.B. auch die AOK sung, z.B. auf Wunsch des Patienten Bürokratie trainiert und beherrscht, Niedersachsen, AOK Westfalen-Lip- oder bei Betten-/Personalproblemen: wird am Ende erfolgreich sein und pe ist das jeweilige Sozialministeri- Mittlere Verweildauer kennen und ausstehende Gelder herein holen. um des Bundeslandes, in dem die ausnutzen (siehe DRGs). Keinen ty- Das sorgfältige Verschlüsseln (Doku- Krankenkasse firmiert, als Aufsichts- pischen Notfall ablehnen, da über mentieren) der Co-Morbiditäten, der behörde zuständig und verpflichtet, diese Fälle nie gestritten wird. Bei Komplikationen und der Erschwer- für die Einhaltung der Qualitätsnor- Krebspatienten die ganze Palette der nisse ist der Königsweg, in der Ver- men zu sorgen. Therapieoptionen ausschöpfen, da waltungsbürokratie Kostenträger und MDK immer in der prüfungen zu bestehen und eigene Defensive sind! Forderungen durchzusetzen, sei es Liegt der Fehler eindeutig beim MDK, der z.B. fachfremde Gutachter Plausibilitäts- einsetzt, die Aktenprüfung unter- nun im Bereich der DRGs, der GOÄ lässt oder begründete Beschwerden oder bei der Argumentation mit der nicht beantwortet, muss man die Zusammenfassung GKV/PKV. Durch das konsequente Rechtsaufsicht d.h. das jeweilig zu- Abarbeiten der aufgeführten Ar- ständige Sozialministerium des Bun- Eine saubere Dokumentation und ei- beitsschritte ist es dem Autor gelun- deslandes bemühen. Hier, d.h. in den ne vorausschauende, MDK-gerechte gen, in einem einzigen Fall von der Sozialministerien, wird man sich mit Formulierung der Krankenhausent- AOK Recklinghausen 4000 Euro her- qualifizierten, sachlichen und juristi- lassungsberichte schützt vor Quere- einzuholen. Das baut auf und stärkt schen Argumenten viel eher durch- len, wenn es um die Plausibilitäts- das Selbstbewusstsein. Sich verwei- setzen als beim betroffenen Medizi- prüfung der Verweildauer im Kran- gern oder verzagen heißt verzichten: nischen Dienst, der chronisch unter kenhaus geht. Wird aufgrund eines so auch bei der Abrechnung nach den Personal- und Geldmangel leidet und MDK-Gutachtens die Kostenüber- DRGs oder nach GOÄ. Der tüchtige bemüht ist, Kosten für externe Gut- nahme verweigert, werden Pflegeta- Arzt wird also schon im Vorfeld die achter zu vermeiden. ge gestrichen oder wird einem Ver- Augen offen halten, gut dokumentie- längerungsantrag nicht stattgege- ren und allein mit Eintragungen ins Haben sich beide, d.h. die Kran- ben, so empfiehlt es sich, das Pro- Krankenblatt Plausibilität schaffen Dienst verschworen, den am Patien- blem Abarbeitung und bares Geld erwirtschaften. Je- ten tätigen Arzt immer wieder zu be- mehrerer Einzelschritte anzugehen der, der nur Medizin am kranken hindern und mit Rechtfertigungs- und einer Lösung zuzuführen, bevor Menschen kenkasse 8 und der Medizinische ArztRecht 1/2004 durch die gelernt hat und be- TITELTHEMA herrscht, bedarf der Nachschulung: bei der MDK-Begutachtung geht es nur ums Geld und nicht um Medizin. Jedoch darf die gesetzlich festgeschriebene Qualitätssicherung nicht vom MDK durch das Abfassen angreifbarer Gutachten unterlaufen werden. 2. BGH NJW 1982, 1094: Wenn sich ein Facharzt auf ein anderes Fachgebiet begibt, so muss er regelmäßig dessen aktuellen Standard in allen Ausprägungen gewährleisten. 3. BGH NJW 1982, 2121, 2123: Ein Übernahmeverschulden eines Arztes liegt stets dann vor, wenn eine Maßnahme durch einen entsprechenden Spezialisten weder eingeleitet noch veranlasst wurde. 4. BGH JZ 1987, 879; OLG Oldenburg MDR 1993, 955: Auch in strafrechtlicher Hinsicht kommt es stets auf die Frage an, wie sich ein umsichtiger und erfahrener Arzt der selben Fachrichtung in der gleichen Situation verhalten hätte. 1. Versicherungsvertragsgesetz § 178 m, so auch 5. OLG Koblenz: Urteil vom 24.06.2002 - 14 W 363/02 (ArztRecht 2003, 226). Dem Sachverständigen wurde seine Entschädigung gemäß § 3 Abs. 1 ZSEG verweigert, da er vorab hätte erkennen müssen, dass das von ihm erwartete Gutachten Fragen betraf, die „außerhalb seines Fachgebietes“ lagen. 2. BGH - Urteil vom 11.6.2003 - IV ZR 418/02 (www.bundesgerichtshof.de) Die PKV hat dem Versicherten das vollständige Gutachten mit Namen des Sachverständigen offenzulegen, auch wenn keine Untersuchung erfolgte. 6. Entschließung des 96. Deutschen Ärztetages, Dresden, 4.- bis 8. Mai 1993: Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung auch für die Gutachtertätigkeit, S. 8 II, Qualitätssicherung ärztlicher Berufsausübung, 1. Abs. Zu ** 7. Beschluss der Kammerversammlung der Ärztekammer Niedersachsen vom 11.3.2000 zu TOP 5.1 (4) Literatur - und Quellenverzeichnis Zu * 1. BSG-Urteil vom 29.9.1999 - B6 KA 38/98 R = ArztR 2000, 202 zur Einhaltung der Fachgebietsgrenzen. „Die Gründe, die in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats unter verfassungsrechtlichen Aspekten für die Aufgliederung der ärztlichen Tätigkeit in verschiedene Fachdisziplinen und die Notwendigkeit der Beschränkung des für ein Fachgebiet zugelassenen Arztes auf die Tätigkeit in diesem Fachgebiet angeführt worden sind, haben weiterhin Gültigkeit.“ 8. Protokoll der 1. Sitzung der Ständigen Konferenz „Ärztliche Weiterbildung“ der BÄK am 25.6. 2003 in Köln: TOP 4 Seite 12: „gebietsferne Gutachten sind prinzipiell abzulehnen“. Ausnahme: Unfallchirurgie/Orthopädie wegen der Nähe und Gemeinsamkeit der beiden Fachrichtungen. Zu *** 1. BGH Urteil vom 11.5.1993 - VI ZR 243/92 - NJW 1993, 2198 = ArztR 1993, 328 (bei sich widersprechenden Gutachten der Parteien ist die Erhebung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens erforderlich) 2. BGH Urteil vom 2.3.1993 - IV ZR 104/92 - NJW 1993, 2378 = ArztR 1993, 263 (keine Gerichtsentscheidung nur nach der Literatur ohne Zuziehung eines Sachverständigen, sonst muss der Richter eigene Sachkunde belegen) Zu **** Bundesbeauftragter für den Datenschutz am 12.1.2001 BSG Urteil vom 23.7.2002 - B 3 KR 64/01 R - = ArztR 2003, 168 Weitere Quellen: BSG Urteil vom 17.5.2000 - B 3 KR 33/99 BSG Urteil vom 21.8.1996 - 3 RK 2/96 - = ArztR 1997, 288 Verweildauer/Vorgaben: Anhaltszahlen für die Krankenhausverweildauer der Arbeitsgemeinschaft für Gemeinschaftsaufgaben der Krankenversicherung dritte und letzte Auflage vom Januar 1989 (www.g-drg.de) oder im Fachkommentar DRGAnästhesiologie, 2. Auflage, BDA Nürnberg 9. SANDVOSS, G.: Zur Kompetenz und Qualifikation des medizinischen Sachverständigen. ArztR 2003,176 -180 ArztR ArztRecht 1/2004 9