Fehler in der Führung

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Fehler in der Führung
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COST & LOGIS
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TITEL-STORY
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hef sein macht Spaß. Chef sein ist aber auch gar
nicht so einfach. Wer Mitarbeiter führen will,
der braucht neben FachwissensoLiale Kompetenz. Doch daran hapert es haufig.
,,Dringenden Handlungsbedarf' erkennt Branchenkenncdn Elke Schade, die selber über Jahrzehnte Führungspositionen renomrn ierter Hotelgesellschaften
besetzte und inzwischen beratend tätig ist. Die Ausbildung in der Branche konzentriere sich weitgehend auf
die Vermittlung fachhcher Fertigkeiten. Führungskompetenz werde in der Regel vernachlässtgt, sei fur
den Erfo1g eines Unternehmens aber von essenzieller
"Ein,guter F&BManager ist noch kein
guter Direktor. "
ELke Schade
I
Bedeutung. ,,Ein guter Koch ist noch kein guter Küchenchef, ein guter Kuchenchef noch kein guter F&BManager, ein guter F&B-Manager noch kein guter
Direktor, ein guter Direktor kann noch lange keine
I lotelgruppe leiten", so die Expertin im Gespräch mit
Cost & Logis. Aber genau nach diesem PrinLip würden
die .Mitarbetter in der Branche auf dtc jeweils nächste
Stufe der Karriereleiter gehievt. Elke Schade fordert ein
,,grund legendes Umdenken''. Führungsqualität müsse
viel höher bewertet werden. Die Bcraterin: "Für mich
ist der Break Even in dieser Hinsicht dann erreicht,
wenn die Führungs- höher ist als die Fachkompetenz.."
Sie fordert einen ,,individualisierten Führungsstil, bei
dem Mitarbeitern Wertschatzung, Anerkennung und
Verständnis entgegengebracht wird". Elke Schade:
"Die Hotellerie muss erkennen, dass eine Führungskraft die Interessen der ~tlitarbeiter wahrnimmt und
ein gutes Ei nfühlungsvermögen mitbringt."
Vielen Mitarbeitern in
der Hotelleriefehlt
die Anerkennung
für Ihre Leistung. t'
Susanne Hazenberg
Das scheint aber nicht immer der t-=all zu sein. ,,Vielen Mitarbeitern in der Hotellerie fehlt die Anerkennung fur Ihre Leistung", sagt Susanne Hazenberg im
Gesprach mit dieser Redaktion Hazenberg, die über
30 Jahre Erfahrung in der internationalen Hotellerie
verfügt, ist seit Anfang 20 12 Geschäftsführerio der
JFH GmhH, die unter anderem Trainings für Mitarbeiterqualifizierung und -entwicklung anbielct. Aus
zahlreichen Gesprächen mit Teilnehmern weiß sie:
"Viele junge Mitarbeiter bringen Ideen ein, sind motiviert. Ihre Vorgesetzten nehmen die Ideen aber oft
nicht auf und geben kein Feedback, scheuen die Zeit
und Mühe, sich damit auseinandcrzusctz.en."
Nicht, weil sie nicht wollen. Das Problem ist sozusagen systemimmanent Susanne llazenberg: "Führungskräfte stehen besonders in der Kettenhotellerie
unter einem enormen Druck. Die ZahJen müssen
stimmen, sie mtissen mit Besitzern und Betriebsräten
klarkommen, professionell und freundlich gegenüber
Gästen auftreten. Die Zeit, sich mit den Mitarbeitern
ausführlich auseinanderzusetzcn, bleibt dabei häufig
auf der Strecke."
Genau die aber muss sich ein Vorgesetzter nehmen.
Zum Beispiel in Form von Mitarbeitcrgcsprächen.
"Angestellte legen stets '.Vert auf eine objektive Beurteilung ihrer tägJichen Arbeit", wc1ß Bernhard Patter.
Der geschäftsführende Gesellschafter der Personalund Un ternehmensentwicklungsfirma diavendo: "Regd mäßige Gespräche motivieren Mitarbeiter." Wenn
sie richtig gefuhrt werden, versteht sich. Zu einem professionellen Mitarbeitergespräch gehört für Personalprofi Patter nicht zuletzt eine "qualifizierte Potenzialanalyse", die Aufschluss über die mdividuellen Stärken
und Schwächen des jeweiligen Arbeitnehmers gibt. Die
Beurteilung von Mitarbeitern sei für f'uhrungskrafte
"eine permanente Aufgabe". Doch längst nicht alle
Chefs sind sich dessen wirklich bewusst.
Immerhin legen inzwischen besonders große Hotelketten viel vVert legen auf Themen wie Leadership,
Führungskräfte-Entwicklung und Coaching, wie
Merle Losem berichtet. Die Geschäftsführerio der
Deutschen Hotelakademie (DHA ) weiß aber auch,
dass aufbreiter ßasis die Bereitschaft nicht selten fehlt,
in entsprechende Weiterbildung zu investieren. ln vielen Unternehmen herrsche nach wie vor die Überzeugung, die betreffenden Mitarbeiter würden sich die
notwendigen Führungsfähigkeiten schon selber aneignen. Die Konsequenz: Viele Mttarbeiter, die in eine
Führungsposition aufrücken, sind mil der Aufgabe
überfordert. Merle Losem: "Je höher ein Angestellter
auf der Karriereleiter nach oben kletlert, desto stärker
nicken neben fachlichem Know-how Soft Skills wie
Personalführung und Konfliktmanagement in den
Vordergrund. Und die lerntman nicht mal eben so nebenbei. Das muss entwickelt werden."
Doch genau da hakt's offensichtlich. "Socia]s Skills
stehen auf der Prioritätenliste letder nicht immer weit
oben", weiß Susanne Hazenberg. Viele Mitarbeiter
würden m Führungspositionen befördert, aber nicht
darauf vorbereitet. Die TFH-Gcschäftsführerin: "Oft
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SETTE
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heißt es dann: Gehen Sie mal zum Training, dann
können Sie das schon. So ist es aber nicht. Selbst das
beste Training kann nur ein Leitfaden sein. Alles vVeitere muss im Betrieb auch umgesetzt werden."
,,Der Großteil derer, die in der Hotellerie in Führungspositionen sind, haben Mitarbeiterführung nie
gelernt", sagt auch Alcxander Aisenbrey, Vorsitzender
der Hoteldirektorenvereinigung Deutschland e.V. und
Geschäftsführer des etablierten Hotels Der Öschbcrghof in Donaueschingen. In der Konsequenz bedeute
das immer wieder, dass Mitarbeiter das Unternehmen
verlassen, weil die ihnen entgegengebrachte Aufmerksamkeit und somit die emotionale Bindung fehle.
Aisenbrey: "Y.·/er für Geld kommt, der geht auch für
Geld.u Elke Schade weiß das nur zu gut. Sie sieht einen
Zusammenhang zwischen der mangelnden Fuhrungskultur in der Hotellerie und der im Branchenvergleich noch immer unterentwickelten Akademisierung. Schade, die viele Jahre im Top-Management für
Unternehmen wie Steigcnbcrger, Ringhotel und Dorint gewirkt hat: "Quereinsteiger tun sich in der Branche enorm schwer. Es wird immer erwartet, dass Chefs
die klassische Ausbildung durchlaufen haben. Köche
I oder Kellner sind aber nicht immer die besten Führungskräftc." In vielen anderen Berufszweigen gebe es
fortschrittlichere Mechanismen der Mitarbeiterentwicklung. ln der IIotelJerie, so die Kennerin, hielten
sich Weisheiten wie ,,nicht gemeckert ist gelobt genug"
noch immer hartnäckig. Elke Schade: "Das halte ich
für grundverkehrt."
Neben einer gehörigen Portion Erfahrung brauche man als Führungskraft Fähigkeiten wie etwa
Einfühlungsvermögen und kommunikatives Geschick, meint Marco Nussbaum. Der Co-founder
und CEO von pri1eotcl: "Das sehe ich in der Masse
der Hotellerie nicht mehr gewährleistet.« Oft gehe
es heute weder um ausgezeichnete Kenntnisse in einem spe7iellen l<ach noch um Erfahrungswerte.
Nussbaum: "Viel zu früh wird zu viel Verantwortung auf zu junge Schultern gelegt. Diese Führungskräfte stel Jen im Zweifel schwache Leute ein, um
sich nicht selbst zu gefährden und ein klassisches
Top-Down-Management durchzusetzen, also das
Unternehmen und die Menschen hierarchisch zu
führen." Das werde aber schon in naher Zukunft
nicht mehr funktionieren: "Wer per Diktat führt,
wird nicht mehr respektiert(\ ist Nussbaum überzeugt.
Der jungste Ausbildungsreport des Deutschen
Gewerkschaftsbundes (DGB) spricht nicht gerade
dafür, dass Führungskräfte in der Hotellerie das richtige Fingerspitzengefühl mitbringen. In dem \1\Terk
wird jährlich unter anderem untersucht, wie Auszubildende ihren Job und Ihre Vorgesetzten erleben. In
der Tabelle Gesamtbewertung landete der Ausbildungsberuf Hotelfachmann/-frau unter 25 Berufen
auf Rang 23. Auch das Schlusslicht bleibt dem
Gastgewerbe vorbehalten: Der Ausbildungsberuf
Restaurantfachmann/-frau rangiert aufPlatz 25.
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"Angestellte legen stets
Wert auf eine objektive
Beurteilung ihrer
täglichen Arbeit."
Bernhard Patter
"Je höher ein
Angestellter auf der
Karriereleiter nach
oben klettert, desto
stärker rücken Soft
Skills in den
Vordergrund."
,
Merle Losem
"Viel zufrüh wird
zu viel Verantwortung
auf zu junge Schultern
Marco Nussbaum
gelegt. "