Tantiemen - GmbH

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Tantiemen - GmbH
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Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vereinbarung von Tantiemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Angemessenheit der Tantiemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Umsatztantiemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gewinntantiemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Prfungsfragen zu Tantiemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Vertiefende Recherche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Begriffsbestimmungen
e Erfolgsbeteiligung: Zur Gesamtvergtung eines GmbH-Geschftsfhrers gehren in den meisten Fllen neben dem Festgehalt variable
Bezge in Form von Erfolgsbeteiligungen wie die Tantieme. Sinn und
Zweck der Tantieme ist eine leistungsgerechte und die Motivation
steigernde Entlohnung des Geschftsfhrers.
e Begriff: Unter Tantiemen versteht man eine in einem bestimmten
prozentualen Verhltnis zu einer Bezugsgrße stehende erfolgsabhngige Vergtung (vgl. auch Bauschatz in Gosch, KStG, 2005, § 8
Rz. 1275). Die Tantieme ist – neben dem Festgehalt – ein Teil der
Õ Geschftsfhrer-Vergtung in Form eines Jahresgehalts.
e Tantiemeformen: Die am hufigsten in der Praxis vorkommenden
Gestaltungen sind variable oder feste Tantiemen, die wie folgt ausgestaltet werden:
–
Variabel, in Form von Erfolgsbeteiligungen, wie die Gewinn- und
Umsatztantieme, oder
–
fest bzw. fix, wie z.B. die Mindesttantieme, die Garantietantieme
und die bedingte Festbetragstantieme. Solche fest garantierten Tantiemen entsprechen einer Bonuszahlung, die wie ein Festgehalt im
Zweifel auf die Gewinn- bzw. Umsatztantieme anzurechnen sind.
2. Vereinbarung von Tantiemen
e Wirksame Vereinbarung: Die Erteilung und die sptere nderung
einer Tantiemezusage bedarf der Zustimmung der Gesellschafterversammlung durch Beschluss. Tantiemevereinbarungen zwischen einer
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GmbH und ihrem Geschftsfhrer sind, sofern in der Satzung nichts
anderes vereinbart ist, nicht an die Schriftform gebunden. Eine mndliche Vereinbarung ist aber nur dann anzuerkennen, wenn ein außenstehender Dritter zweifelsfrei erkennen kann, dass die Tantieme aufgrund einer entsprechenden Vereinbarung erbracht wird.
Beraterhinweis: Um nicht in Beweisnot zu geraten, sollte deshalb in
der Praxis die Schriftform zur Erteilung einer Tantieme gewhlt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Bemessungsgrundlage eindeutig und rechnerisch nachvollziehbar bestimmt wird und unklare
Begriffe, die nicht vertraglich oder gesetzlich abgeleitet werden knnen, sowie widersprchliche Vereinbarungen vermieden werden.
e Steuerliche Anforderungen: Fr die steuerrechtliche Anerkennung
von Tantiemezahlungen insbesondere an beherrschende Gesellschafter-Geschftsfhrer ist es erforderlich, dass die Vereinbarungen im
Voraus klar und eindeutig getroffen worden sind. Gerade weil es sich
bei der Tantieme um eine jhrliche Vergtung handelt, mssen die
Vereinbarungen bereits zu Jahresbeginn vorliegen. Wird die Tantieme
nicht zu Beginn des Wirtschaftsjahres, auf das sie sich bezieht, vereinbart, muss vorab eine zeitanteilige Krzung vereinbart werden, ansonsten ist sie zeitanteilig als vGA (Õ Verdeckte Gewinnausschttungen,
Grundlagen, Folgen, ABC) zu behandeln.
e Tatschliche Durchfhrung: Die Tantiemezusage muss unbedingt
wie vereinbart durchgefhrt werden, weil ansonsten Zweifel an der
Ernsthaftigkeit der Vereinbarung aufkommen, die dann zur vGA
(Õ Verdeckte Gewinnausschttungen, Grundlagen, Folgen, ABC) fhren. Die Tantieme ist gemß der vertraglich vereinbarten Bemessungsgrundlage zu berechnen und zeitnah zum Flligkeitszeitpunkt auszuzahlen. Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschftsfhrern gilt die
Tantieme bereits bei Feststellung des Jahresabschlusses als zugeflossen. Die versptete Feststellung des Jahresabschlusses ist unschdlich.
Nach Ansicht des BFH (v. 28.7.1993 – I B 54/93, BFH/NV 1994, 345 =
GmbHR 1994, 416) kann nur dann auf eine Nichtdurchfhrung des
Vertrages geschlossen werden, „. . . wenn die ußeren Umstnde des
Verzichts den Rckschluss auf das Fehlen einer von Anfang an ernstlich gewollten Verbindlichkeit der GmbH erlauben“. Wird allein die
Tantieme neben den brigen Gehaltsbestandteilen nicht ausgezahlt
(sog. Stehenlassen), kann dies zur vGA (Õ Verdeckte GewinnausT 2 | Nagel
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schttungen, Grundlagen, Folgen, ABC) fhren, wenn sie nicht zeitlich und betragsmßig begrenzt wird (BFH v. 27.3.2001 – I R 27/99,
GmbHR 2001, 580 = GmbH-StB 2001, 189).
e Vorschuss: Soll der Geschftsfhrer einen Vorschuss auf eine erst
nach Ablauf des Wirtschaftsjahres fllige Tantieme erhalten, so muss
dies in der Tantiemevereinbarung bzw. im Anstellungsvertrag im Einzelnen klar und eindeutig im Voraus vereinbart werden, da die vor Flligkeit gezahlten Tantiemevorschsse der Gesellschaft Liquiditt entziehen. Zustzlich muss eine angemessene Verzinsung ausgemacht
werden. In Hhe eines etwaigen Zinsnachteils kommt es zur
Annahme einer vGA (Õ Verdeckte Gewinnauschttungen, Grundlagen, Folgen, ABC). In puncto Zinsnachteil ist nach allgemeiner Erfahrung davon auszugehen, dass sich private Darlehensgeber und Darlehensnehmer die bankbliche Marge zwischen Soll- und Habenzinsen
teilen (BFH v. 17.12.1997 – I R 70/97, GmbHR 1998, 647 = GmbH-StB
1998, 183; BFH v. 22.10.2003 – I R 36/03, GmbHR 2004, 369 = GmbHStB 2004, 67).
Beraterhinweis: Zur Vermeidung der vGA (Õ Verdeckten Gewinnausschttungen, Grundlagen, Folgen, ABC) sind die Voraussetzungen
und Zeitpunkte der vereinbarten Vorschusszahlungen im Einzelnen
im Anstellungsvertrag festzulegen (z.B. durch die betragsmßige
Orientierung an im Laufe des Geschftsjahres vorgenommene Zwischenabschlsse oder betriebswirtschaftliche Auswertungen).
e Klarheit der Vereinbarung: Die Vereinbarung einer Tantiemezusage
sollte so eindeutig geregelt sein, dass sie entweder einen festen Betrag
ausweist oder aber die Betrge problemlos zu berechnen sind. Fr die
zweifelsfreie Berechnung der Tantieme sind sowohl der bestimmte
Vom-Hundert-Satz, der sich auf den Gewinn oder auf den Umsatz
bezieht, als auch die Bemessungsgrundlage anzugeben.
Beispiele fr streitanfllige Vereinbarungen:
Der BFH hat das Vorliegen einer klaren Vereinbarung mangels eindeutig
bestimmter Bemessungsgrundlage verneint,
–
wenn die Tantieme sich nach dem „Gewinn gemß den Grundstzen ordnungsmßiger Buchfhrung unter Bercksichtigung aller steuerlich zulssigen Maßnahmen bzw. nach dem Ergebnis der Steuerbilanz“ orientieren
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soll (BFH v. 1.7.1992 – I R 78/91, BStBl. II 1992, 975 = GmbHR 1992, 816)
bzw.
–
wenn die Gesellschafterversammlung die Mglichkeit hat, die Tantieme
zu erhhen oder zu verringern (BFH v. 29.4.1992 – I R 21/90, BStBl. II 1992,
851 = GmbHR 1992, 817),
–
wenn die Kapitalgesellschaft Spielraum hat, die Tantiemezahlung der wirtschaftlichen Situation anzupassen (FG Saarland v. 19.3.1991 – 1 K 278/90,
GmbHR 1992, 484), oder
–
wenn sich die Tantieme nach der Hhe der Gewinnausschttung richtet
(BFH v. 11.12.1985 – I R 164/82, BStBl. II 1986, 469 = GmbHR 1986, 445).
–
Eine vGA ist nach der Rechtsprechung des BFH ferner anzunehmen, wenn
die vGA die Tantieme erhht, weil ein ordentlicher und gewissenhafter
Geschftsleiter sich nicht auf eine derartige Vereinbarung einlassen wrde
und die Tantieme aufgrund dessen nicht in der Bemessungsgrundlage
bercksichtigt htte (BFH v. 26.2.1992 – I R 124/90, BStBl. II 1992, 691 =
GmbHR 1992, 540)
3. Angemessenheit der Tantieme
e Angemessene Hhe: Ist die Tantiemezusage nicht bereits dem
Grunde nach unblich, muss nach der Rechtsprechung des BFH die
Beurteilung der Angemessenheit der Tantieme der Hhe nach grundstzlich unter Bercksichtigung der sog. 50 %-Grenze und der 75 %
zu 25 %-Relation anhand derjenigen Umstnde erfolgen, die im Zeitpunkt der Tantiemezusage gegeben waren.
e 50 %-Grenze: Tantiemen bei Gesellschafter-Geschftsfhrern drfen aus steuerlicher Sicht grundstzlich nicht den Satz von 50 % des
Jahresberschusses vor Abzug der Gewinntantieme und der ertragsabhngigen Steuern bersteigen. Andernfalls spricht der Beweis des
ersten Anscheins fr eine vGA (Õ Verdeckte Gewinnausschttungen,
Grundlagen, Folgen, ABC), unabhngig davon, ob der GesellschafterGeschftsfhrer beherrschend ist oder nicht (BFH v. 15.3.2000 – I
R 74/99, GmbHR 2000, 986 = GmbH-StB 2000, 327). Die Rechtsprechung des BFH beruht auf der berlegung, dass Tantiemen von mehr
als 50 % tendenziell auf eine Gewinnabsaugung zielen und unter
fremden Dritten unblich sind. Eine vGA liegt indes nur fr den die
Grenze bersteigenden Betrag vor. Tantiemen jenseits der 50 %Grenze finden Anerkennung,
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–
wenn mehrere Gesellschafter-Geschftsfhrer bestellt werden (FG
Mnchen v. 24.8.1999 – 7 K 4140/97, EFG 1999, 1248). Hier
kommt es auf die Summe der ihnen versprochenen Tantiemen an
(BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94, GmbHR 1995, 385).
–
wenn die Tantieme aufgrund des innerbetrieblichen Fremdvergleichs zulssig ist.
Beraterhinweis: Die Vermutung einer vGA (Õ Verdeckte Gewinnausschttungen, Grundlagen, Folgen, ABC) kann im Einzelfall widerlegt
werden, wenn dargelegt wird, dass ein Tantiemesatz von ber 50 %
wirtschaftlich geboten war und deshalb auch einem Fremdgeschftsfhrer gegenber akzeptiert worden wre. Dabei ist jedoch eine Einzelfallprfung notwendig, es reicht nicht aus, dass sich die GmbH in
der Anlaufphase befindet.
e 75 %- zu 25 %-Relation: Nach Ansicht des BFH fordert der Fremdvergleich neben der Relation des Jahresberschusses zur Tantieme
eine bestimmte Relation der Gesamtvergtung zwischen fixen
Gehaltsbestandteilen i.H.v. maximal 75 % und variablen Gehaltsbestandteilen i.H.v. maximal 25 % (BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94,
BStBl. II 1995, 549 = GmbHR 1995, 385). Durch die Beschrnkung der
variablen Gehaltsbestandteile auf 25 % soll vermieden werden, dass
Geschftsfhrer eine kurzfristige Gewinnmaximierung anstreben.
Dieses Verhalten widerspricht dem Handeln eines ordentlichen und
gewissenhaften Geschftsfhrers. Entscheidend fr das angemessene
Verhltnis fixer und variabler Gehaltsbestandteile sind die Erkenntnisse und Erwartungen im Zeitpunkt der Zusage.
Beraterhinweis: Um bei einer Betriebsprfung die Ermittlung des Tantiemesatzes nachweisen zu knnen, vor allem bei einer Abweichung
von dem Regelaufteilungsmaßstab, sollten in der Praxis die Berechnungsgrundlagen schriftlich festgehalten und aufbewahrt werden.
e Ausnahmen: Die Vereinbarung einer hheren variablen Komponente kann in zeitlich begrenzten Ausnahmefllen steuerlich
anerkannt werden bei Unternehmen in der Grndungsphase, bei vorbergehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und bei stark risikobehafteten Geschftszweigen sowie bei besonderer Personenbezogenheit.
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e Flexible Anwendung der „75:25-Relation“: Die jngeren Entscheidungen des BFH lassen den Schluss zu, bei der Prfung der Angemessenheit von Geschftsfhrerbezgen von einer (starren) Anwendung
der sog. „75:25-Relation“ bei Tantiemen abzurcken (BFH v.
27.2.2003 – I R 46/01, GmbHR 2003, 1214 = GmbH-StB 2003, 275 und
v. 27.2.2003 – I R 80/01, GmbHR 2003, 1071 = GmbH-StB 2003, 246).
Jedoch bedeutet dies nicht, dass das Verhltnis der Tantieme zur Hhe
des Festgehalts berhaupt nicht mehr zu prfen ist. Nach einer klarstellenden Entscheidung hat der BFH (v. 19.11.2003 – I R 42/03,
GmbHR 2004, 512 = GmbH-StB 2004, 99) Stellung zum Verhltnis der
Tantieme zu den Festbezgen genommen und seine bisherige Rechtsprechung modifiziert. Danach wird dieses Verhltnis zwar weiterhin
geprft werden (mssen). Allerdings gilt die starre Relation von 75
(Festgehalt) zu 25 (Tantieme) nicht mehr uneingeschrnkt. Eine berschreitung der 25 %-Grenze fhrt demnach nicht unbedingt zu einer
vGA (Õ Verdeckte Gewinnausschttungen, Grundlagen, Folgen,
ABC), wenn die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschftsfhrers angemessen ist. Eine Abweichung vom Regelaufteilungsmaßstab
hat somit lediglich Indizwirkung fr die Annahme einer vGA, es
muss jedoch in eine Einzelfallprfung eingestiegen werden.
e Prfungsschritte: Da auch nach Bercksichtigung der Tantieme die
Gesamtbezge noch angemessen sein mssen, ist die Hhe der
Gesamtausstattung zunchst auf ihre Angemessenheit hin zu prfen.
Auch wenn die Tantieme angemessen ist, kann die Gesamtausstattung des Gesellschafter-Geschftsfhrers unangemessen sein. Selbst
bei angemessener Gesamtausstattung ist die Hhe des Tantiemesatzes
anschließend noch einmal gesondert daraufhin zu prfen, ob sie im
Verhltnis zu den anderen Gehaltsbestandteilen nicht unangemessen
ausgefallen ist (Fremdvergleich). Dazu soll der angemessene Tantiemesatz dadurch ermittelt werden, dass, nachdem die Hhe der
Gesamtbezge feststeht, zunchst die variable Komponente aus den
Gesamtbezgen ermittelt wird (Regelvermutung: maximal 25 %). Im
nchsten Schritt ist der variable Gehaltsbestandteil ins Verhltnis zu
setzen zum durchschnittlich erwarteten Jahresgewinn. berschreitet
der variable Gehaltsbestandteil allerdings 25 %, muss weiter geprft
werden, ob es nicht betriebliche Grnde hierfr gibt (z.B. bei stark
schwankenden Ertrgen). Bei der Nur-Tantieme ist die 75 % zu 25 %Relation zwangslufig aufgehoben, weil der fixe Gehaltsbestandteil
fehlt (vgl. auch unten 6. Prfungsfragen zu Tantiemen).
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Beraterhinweis: Nach dem Urteil des BFH vom 19.11.2003 (I R 42/03,
GmbHR 2004, 512 = GmbH-StB 2004, 99) folgt fr die Gestaltungsberatung, dass die Relation zur Beurteilung der Gesamtbezge von 75 %
Festgehalt zu 25 % Tantieme nicht mehr uneingeschrnkt anzuwenden ist. berschreitet der variable Anteil allerdings den anerkannten
Grenzwert von 25 %, wird eine Einzelfallprfung erforderlich, die
wegen des ungewissen Ausgangs vermieden werden sollte.
e Regelmßige berprfung: Die Hhe der Tantieme muss bei jeder
Gehaltsanpassung, sptestens aber alle drei Jahre berprft werden
(BFH v. 5.10.1994 – I R 50/94, BStBl. II 1995, 549 = GmbHR 1995, 385).
Wurde die Tantiemeregelung hingegen vorab fr mehrere Jahre fest
vereinbart, so ist es i.d.R. nicht mglich, eine Anpassung zugunsten
des Gesellschafter-Geschftsfhrers einzuarbeiten (BFH v. 29.3.2000 –
I R 85/98, GmbHR 2000, 983 = GmbH-StB 2000, 297).
4. Umsatztantiemen
e Gewinnunabhngige (Umsatz-)Tantieme: Durch die Umsatzbeteiligung wird der Geschftsfhrer dazu animiert, den Umsatz auf
Kosten der Rendite zu steigern. Es besteht daher die Gefahr, dass ein
Gesellschafter-Geschftsfhrer sogar Verlustgeschfte ttigt, um den
Umsatz in die Hhe zu treiben. Nach der Rechtsprechung des BFH (v.
28.6.1989 – I R 89/85, BStBl. II 1989, 854 = GmbHR 1989, 475) fhrt
die Umsatztantieme i.d.R. also zur Gewinnabsaugung, die unabhngig
von der Hhe der Gesamtausstattung zu beurteilen ist. Sie wird daher
bei Gesellschafter-Geschftsfhrern grundstzlich als unblich angesehen (Õ Verdeckte Gewinnausschttungen, Grundlagen, Folgen,
ABC).
e Ausnahme: Eine Umsatztantieme ist bei Vorliegen besonderer
(betrieblicher) Grnde, die die Anwendung dieses Vergtungsmodells
rechtfertigen, keine vGA (Õ Verdeckte Gewinnausschttungen,
Grundlagen, Folgen, ABC). Besondere Grnde fr die Gewhrung
einer Umsatztantieme sind gegeben:
–
in der Aufbau- und Umbauphase eines Unternehmens;
–
wenn die mit der variablen Vergtung angestrebte Leistungssteigerung mittels einer Gewinntantieme nicht zu erreichen ist;
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wenn die Umsatztantieme einem ausschließlich fr den Vertrieb
zustndigen Geschftsfhrer gewhrt wird.
e Fr die Anerkennung der Umsatztantieme verlangt der BFH allerdings auch, dass die Umsatztantieme sowohl auf die Dauer der Aufbauphase (i.d.R. nicht mehr als drei, maximal vier Jahre) als auch in
der Hhe begrenzt ist (absolute Begrenzung) und dies im Geschftsfhrervertrag schriftlich fixiert ist (BFH v. 19.2.1999 – I R 105-107/
1997, GmbHR 1999, 484 = GmbH-StB 1999, 119; BFH v. 19.5.1993 – I
R 83/92, GmbHR 1994, 265; BFH v. 20.9.1995 – I R 130/94, GmbHR
1996, 301).
5. Gewinntantiemen
e Begriff: Die Gewinntantieme ist die blichere Art der variablen
Bezge. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschftsfhrer wrde
bei der Wahl einer variablen Vergtung die Gewinnbeteiligung der
Umsatzbeteiligung vorziehen, weil das primre Ziel die Gewinnsteigerung durch die Umsatzbeteiligung nicht gefrdert wird. Im
Gegensatz zur Umsatztantieme werden bei der Gewinntantieme Aufwandspositionen in den Bezugsgrßen bercksichtigt. Ist im Zusagezeitpunkt mit unerwarteten Gewinn- und daraus resultierenden Tantiemesprngen zu rechnen, muss die Gewinntantieme eingeschrnkt
werden. Ansonsten liegt eine vGA (Õ Verdeckte Gewinnausschttungen, Grundlagen, Folgen, ABC) dem Grunde nach vor (kritisch: Bauschatz in Gosch, KStG, 2005, § 8 Rz. 1249).
e Bezugsgrßen: Als Bemessungsgrundlage fr gewinnabhngige
Tantiemen einer GmbH an ihren Gesellschafter-Geschftsfhrer
kommen insbesondere in Betracht:
–
der Handels- oder Steuerbilanzgewinn,
–
der Jahresberschuss (§ 266 Abs. 3 A V HGB), dieser ggf. nach Hinzurechnung oder Abrechnung bestimmter Positionen bzw. außerordentlicher Einflsse,
–
das steuerliche Einkommen,
–
der „Bruttogewinn„, der „Roh“- oder „Reingewinn“,
–
das Ergebnis der gewhnlichen Geschftsttigkeit (§ 275 Abs. 2
Nr. 14 HGB),
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das „Geschftsergebnis“, und zwar jeweils nach Maßgabe individualvertraglicher Festlegung.
e Umfang: Freiwillig eingestellte Rcklagen, Gewinne aus der Auflsung stiller Reserven und auch außerordentliche Gewinne knnen in
die Bemessungsgrundlage integriert werden. Hingegen drfen gesetzliche (§ 150 AktG) oder satzungsmßig vorgeschriebene Gewinnrcklagen (§ 58 Abs. 1 AktG) nicht bercksichtigt werden. Wenn unklar ist,
ob der handelsrechtliche oder der steuerrechtliche Gewinn als Bemessungsgrundlage fr die Tantieme anzusetzen ist, ist der handelsrechtliche Jahresberschuss die maßgebende Grundlage, jedoch vor Abzug
der ertragsabhngigen Steuern und der Tantieme. Der sich daraus ergebende Betrag wird auch von der Finanzverwaltung zur Prfung der
Angemessenheit der Tantieme zu Grunde gelegt.
e Flligkeit: Der Anspruch auf eine Gewinntantieme entsteht mit
dem Ende des Geschftsjahres und wird mit Feststellung des Jahresabschlusses durch Beschluss der Gesellschafterversammlung fllig (BFH
v. 17.12.1997 – I R 70/97, GmbHR 1998, 647 = GmbH-StB 1998, 183).
Bei beherrschenden Gesellschafter-Geschftsfhrern gilt die Tantieme
bereits bei Feststellung des Jahresabschlusses als zugeflossen.
e Bercksichtigung eines Verlustvortrages: Eine Gewinntantieme
soll dem Geschftsfhrer die Beteiligung an dem von ihm herbeigefhrten besonderen Erfolg der Gesellschaft ermglichen. Dieser Erfolg
wird i.d.R. an einer langfristigen Betrachtung und nicht am Ergebnis
eines einzelnen (Wirtschafts-)Jahres gemessen. Deshalb mindert aus
Sicht der Gesellschaft dieser Verlust die vom Geschftsfhrer verdiente Erfolgsprmie, wenn unter der Leitung des betreffenden
Geschftsfhrers in einzelnen Zeitrumen ein Verlust erwirtschaftet
wurde (FG Hessen v. 16.5.2000 – 4 K 4128/97, GmbHR 2000, 1160 =
GmbH-StB 2000, 298). Der Geschftsfhrer ist folglich an den positiven wie den negativen Folgen seiner Ttigkeit zu beteiligen (FG Saarland v. 2.4.1998 – 1 K 157/97, EFG 1998, 1284, 1285; FG Kln v.
14.9.2000 – 13 K 3037/00, GmbHR 2001, 306). Dies geschieht durch
die Einbeziehung von Verlustvortrgen in die Bemessungsgrundlage
einer Gewinntantieme (dagegen: Bauschatz in Gosch, KStG, 2005, § 8
Rz. 1237 m.w.N). Verspricht daher eine GmbH ihrem GesellschafterGeschftsfhrer eine Gewinntantieme, so muss ein bei ihr bestehender Verlustvortrag jedenfalls dann in die Bemessungsgrundlage der
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Tantieme einbezogen werden, wenn der tantiemeberechtigte
Geschftsfhrer fr den Verlust verantwortlich oder zumindest mitverantwortlich ist (BFH v. 17.12.2003 – I R 22/03, GmbHR 2004, 808 =
GmbH-StB 2004, 159) oder wenn die Vereinbarung eine Bemessungsgrundlage beinhaltet, die den Verlustvortrag bercksichtigt (BFH v.
25.4.1990 – I R 59/89, BFH/NV 1991, 269).
Beraterhinweis: Eine andere Beurteilung kann angezeigt sein, wenn
der tantiemeberechtigte Geschftsfhrer die Verluste nicht verursacht
und erst im Nachhinein die Leitung der Gesellschaft bernommen
hat (spter neu eingestellter Geschftsfhrer; im Umkehrschluss aus
BFH v. 17.12.2003 – I R 22/03, BStBl. II 2004, 524 = GmbHR 2004, 808
= GmbH-StB 2004, 159). Diese berlegungen sollten auch dann
anwendbar sein, wenn die Gesellschaft sich in der Grndungsphase
befindet. In dieser Phase sind die regelmßig entstehenden Anfangsverluste dem Geschftsfhrer regelmßig nicht zuzurechnen.
6. Prfungsfragen zu Tantiemen
Fragen an (nicht) beherrschende Gesellschafter-Geschftsfhrer:
l Ist die Hhe der Gesamtausstattung angemessen?
l Entsprechen die Gesamtbezge dem Drittvergleich unter Bercksichtigung der Ertragslage der GmbH?
l bersteigen die anhand betriebsexterner Merkmale geschtzten Bezge
den oberen Rand der Bandbreite (Ausgangswert: Gehalt lt. oberem
Quartil der Gehaltsstudie ggf. unter Beachtung von Zu- und Abschlgen sowie einem etwaigen Sicherheitszuschlag bis zu 20 %) nicht?
l Wenn ja, wurde bei der Hhe des Tantiemesatzes
l die „50 %-Grenze“ beachtet (Obergrenze von 50 % des Jahresberschusses vor Abzug der Tantieme und der Steuern)?
*
Wenn nein, kann der Anscheinsbeweis aufgrund besonderer
Grnde widerlegt werden (z.B. Grndungsphase, temporre wirtschaftliche Krise)?
l und geprft, ob die Tantieme im Verhltnis zu den anderen Gehaltsbestandteilen nicht unangemessen ausgefallen ist (Fremdvergleich)?
l Kann dazu aufgrund einer Prognose ber die knftigen Gewinnaussichten
zum Zeitpunkt der Tantiemezusage ein zu einer angemessenen Gesamtausstattung fhrender Tantiemesatz ermittelt werden?
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l Oder ist eine solche Prognose im Nachhinein schwierig zu rekonstruieren?
l Entspricht in diesem Fall das Verhltnis von Festgehalt zu Tantieme
der 75:25-Relation?
l Wenn nein, gibt es betriebliche Grnde fr eine berschreitung des
variablen Gehaltsbestandteils von 25 % (z.B. bei stark schwankenden
Ertrgen)?
Vertiefende Recherche unter www.gmbh-beratung.com
Wichtige Urteile und Erlasse
BFH v. 11.8.2004 – I R 40/03, GmbHR 2005, 111 = GmbH-StB 2005, 35: Umsatztantieme ist durch das Wirtschaftsverhltnis veranlasst.
BFH v. 17.12.2003 – I R 16/02, GmbHR 2004, 673 = GmbH-StB 2004, 127: Gewinntantiemen, die insgesamt 50 % des Gewinns vor Sonderabschreibungen
und Steuern berschreiten, stellen grundstzlich eine vGA dar.
BFH v. 22.10.2003 – I R 36/03, GmbHR 2004, 369 = GmbH-StB 2004, 67: Bei
Vorschssen auf Gewinntantiemen liegt eine vGA in Hhe des Zinsnachteils vor wegen Unverzinslichkeit der Vorschsse.
BFH v. 4.6.2003 – I R 24/02, GmbHR 2003, 1365 = GmbH-StB 2003, 307: Obergrenze von 50 % des Jahresberschusses vor Abzug der Tantieme und der
Steuern als Regelvermutung ausdrcklich besttigt; Zahlung einer Gewinntantieme, die 50 % des Jahresgewinns bersteigt, ist i.d.R. vGA.
BFH v. 27.2.2003 – I R 46/01, GmbHR 2003, 1214 = GmbH-StB 2003, 275: Zu
dem Anforderungskatalog an eine angemessene Gewinntantieme.
BFH v. 10.7.2002 – I R 37/01, GmbHR 2003, 120 = GmbH-StB 2003, 35: Verhltnis der angemessenen Tantieme zum durchschnittlich erzielbaren Jahresberschuss vor Abzug der Tantieme und der ertragsabhngigen Steuern
maßgebend.
BFH v. 20.8.1997 – I B 128/96, GmbHR 1998, 148 = GmbH-StB 1998, 35: Der
Fremdvergleich ist fr die steuerliche Anerkennung der Umsatztantieme
unerheblich;
BFH v. 30.8.1995 – I B 114/94, BFH/NV 1996, 265 = GmbHR 1996, 302: Der
Fremdvergleich ist fr die steuerliche Anerkennung der Umsatztantieme
unerheblich.
FG Niedersachsen v. 20.11.2003 – 6 K 30/02, GmbHR 2004, 810: Bei Gewinntantiemen spricht der Beweis des ersten Anscheins fr eine Veranlassung
der Zusage im Gesellschaftsverhltnis, wenn mehrere Gesellschafter-Geschftsfhrer sie erhalten und diese zusammen die Grenze von 50 % des Jahresberschusses bersteigen.
GHB
Lfg. 1
November 2005
Nagel | T 11
1009
Tantiemen
FG Dsseldorf v. 19.8.2003 – 6 K 3071/01, GmbHR 2004, 515: Die Gewinntantieme betrgt nach den zu bercksichtigenden Grundstzen regelmßig
max. 25 % der Gesamtbezge. Ein besonders hoher Arbeitseinsatz rechtfertigt u.U. aber eine hhere Gewinntantieme.
BMF v. 14.10.2002 – IV A 2 - S 2742 - 62/02, GmbHR 2002, 1152 = GmbH-StB
2002, 313: Angemessenheit der Gesamtbezge.
BMF v. 1.2.2002 – IV A 2 - S 2742 - 4/02, BStBl. I 2002, 219 = GmbHR 2002, 291
= GmbH-StB 2002, 72: Anerkennung von Gewinntantiemen.
OFD Dsseldorf v. 17.6.2004 – S 2742 A - St 13, FR 2004, 855 = GmbHR 2004,
1114: Angemessenheit der Gesamtausstattung eines Gesellschafter-Geschftsfhrers bei Vereinbarung einer Gewinntantieme.
Ausgewhlte Literatur
Bauschatz in Gosch, KStG, 2005, § 8 Rz. 1242
Dahlbender, Tantieme fr (Fremd-)Geschftsfhrer – Musterklauseln fr den
Anstellungsvertrag, GmbH-StB 2004, 119
Engers, Zur steuerlichen Anerkennung von Umsatztantiemen, DB 2003, 116
Hoffmann, Das angemessene Geschftsfhrergehalt im Schtzungsintervall
des Finanzgerichts, GmbHR 2003, 1197
Lang in Dtsch/Eversberg/Jost/Pung/Witt, Die Krperschaftsteuer, § 8 Abs. 3
KStG Rz. 510 m.w.N.
Maute, Tantieme des GmbH-Gesellschafter-Geschftsfhrers,
Durchleuchtung der BMF-Prfungsschemata, EStB 2004, 256
Kritische
Neumann in GmbH-Handbuch, Vergtung und Altersversorgung des GmbHGeschftsfhrers, Rz. III 6562 f.
Neumann, vGA und verdeckte Einlagen, 2. Aufl. 2006, S. 458 ff. „Tantiemevereinbarungen mit dem Gesellschafter-Geschftsfhrer“
Rengers in Blmich, EStG, KStG, GewStG, § 8 KStG Rz. 676
Schmidt, Die Tantieme des beherrschenden Gesellschafter-Geschftsfhrers,
Hinweise zur steuerorientierten Vertragsgestaltung, GmbH-StB 2004, 242
Schuhmann, Die Umsatztantieme – ein Dauerbrenner? GmbHR 2005, 921
Schwedhelm in Streck, KStG, 6. Aufl. 2004, § 8 Anm. 150 Nr. 9
Spnemann, Checkbuch Geschftsfhrer-Anstellungsvertrag, 25 Checklisten
von Abschluss ber Vertragsklauseln bis Beendigung, 2002
Tillmann/Mohr, GmbH-Geschftsfhrer, 8. Aufl. 2003, Rz. 285 ff.
Wesselbaum-Neugebauer, Die Vereinbarung von Leistungsvergtungen
zwecks Steueroptimierung nach Einfhrung des Halbeinknfteverfahrens,
GmbHR 2002, 47
T 12 | Nagel
1010
Tantiemen
Einschlgige Norm
KStG, § 8 Abs. 3 Satz 2
EStG, § 19
Weitere Stichwrter
Õ Geschftsfhrer-Vergtung
Õ Gesellschafter-Geschftsfhrer-Vergtung
GHB
Lfg. 1
November 2005
Nagel | T 13
1011
Tantiemen
i
T 14 | Nagel
1012