Die Korporationsgeschichte
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Die Korporationsgeschichte
Die Korporationsgeschichte Bereits im Altertum gab es Lehranstalten, die als Vorläufer unserer Universitäten herhalten können. Die bekannteste älteste Hochschule ist das im Jahr 280 vor Christi gegründete Museion in Alexandria. 130 n. Chr. entstand in Athen die berühmte Philosophenschule, die in den Dekaden danach Tochterschulen in Rom, Lyon, Nimes und Konstantinopel gründete. Als es in Deutschland noch keine Hochschulen gab, mußten sich die deutschen Studenten nach Bologna, Padua, Salerno oder Paris begeben. 1348 in Prag die erste deut sche Universität gegründet In Mitteleuropa existierten Klöster- und Domschulen, die etwa im 8. Jahrhundert durch die Aufnahme auswärtiger Studenten (Scholaren) aus ihrer Abgeschlossenheit hervortraten. In ihnen finden wir die Keimzellen christlicher Universitäten. Die älteste Lehranstalt weltlichen Ursprungs ist die medizinische Hochschule in Salerno. Als es in Deutschland noch keine Hochschulen gab, mußten sich die deutschen Studenten nach Bologna, Padua, Salerno oder Paris begeben. Das war im 11. und 12. Jahrhundert. Kaiser Friedrich Barbarossa verlieh im Jahre 1158 den Lehrern und Schülern ein eigenes Recht „universitas magistrorum et scholarium“. Durch den kaiserlichen Erlaß konnten sie geschlossen nach außen auftreten. Später entwickelte sich hieraus das akademische Bürgerrecht, aufgrund dessen die Studierenden noch weit bis ins 19. Jahrhundert hinein ihre eigene Gerichtsbarkeit hatten. Innerhalb der universitates gliederte man sich entweder nach Fakultäten (Paris) oder nach „nationes“ (Bologna, Padua). Als 1348 in Prag die erste deutsche Universität gegründet wurde, übernahm man auch hier eine Einteilung nach Nationen, die auch bei späteren Universitätsgründungen in Deutschland übernommen wurde. In den Nationen sieht man die Vorgänger der späteren landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse, die Wurzeln der studentischen Verbindungen. Die Nationen bestanden bis ins 17. Jahrhundert und bekamen teils durch das studentische Wohnwesen – Zusammenfassung nach landsmannschaftlicher Herkunft – immer mehr den Charakter von Landsmannschaften, der auch nach der Auflösung der -192- Wohngemeinschaften durch das Tragen von gleichfarbigen Abzeichen beibehalten wurde. „Das landsmannschaftliche Band verknüpfte die Mitglieder auch nur für die Universitätszeit.“ Auch an der im Jahr 1356 gegründeten Wiener Universität bestand die Nationaleinteilung der Studenten. In Prag kam es schon bald zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Tschechen und Deutschen, worauf die Deutschen das Land verließen und zum großen Teil nach Leipzig umsiedelten, wo 1409 eine Universität gegründet wurde. In Heidelberg (1386) und Erfurt (1392) waren die Landsmannschaften nicht mehr so streng nach Nationalitäten eingeteilt. Auch an der im Jahr 1356 gegründeten Wiener Universität bestand die Nationaleinteilung der Studenten. Die Angehörigen der kirchlichen Orden lebten an den Hochschulen, an die sie geschickt wurden, in besonderen Pensionen. Diese Einrichtung wurde von den Landsmannschaften nachgeahmt. Die so entstandenen Heime dienten vor allen Dingen den ärmeren Studenten. Die Magister der ersten deutschen Hochschulen erhielten die Genehmigung, solche Heime und Kollegien zu errichten und zu leiten. Hierdurch ergab sich für sie ein kleiner Nebenerwerb, denn das Gehalt eines damaligen Hochschulprofessors war mehr als dürftig. Die Bewohner dieser Internate mußten natürlich einen bestimmten Pensionsbeitrag leisten. Dieses Geld nannte man eine „bursa“ und von dieser Bezeichnung erhielten die Heime den Namen „Bursen“. Die dort wohnenden Studenten hießen „bursarii“, und aus diesem lateinischen Wort entstand schließlich der Name „Bursche“. In den Bursen waren die Studenten der verschiedenen Volksstämme untergebracht. Sie bildeten jeweils eine Landsmannschaft, die allerdings nicht so straff organisiert war, wie ihre Vorläufer an den ersten Hochschulen in Bologna, Paris, Prag usw. Die Sprache der damaligen Studenten war auch außerhalb des Kollegs lateinisch. Die Klöster hatten bei der Errichtung der Bursen Pate gestanden, dementsprechend wurden auch die Scholaren streng gehalten. Auswüchse jeder Art wurden unterdrückt und bestraft. Noch im 15. Jahrhundert mußten z.B. die Studenten in den Bursen Wiens um 3 Uhr morgens aufstehen, um 4 Uhr in die Messe gehen und ab 6 Uhr die ersten Vorlesungen besuchen. Um 9 Uhr bzw. 10 Uhr abends mußte die Haustür verschlossen werden. Der Umgang mit der holden Weiblichkeit war den Studenten strengstens In den Bursen waren die Studenten der verschiedenen Volksstämme untergebracht. -193- untersagt, kurzum, die Lebensweise war spartanisch einfach. Die weniger bemittelten Scholaren mußten in den Bursen ihr Kostgeld durch „Stubendienst“ verdienen. Trotz aller Strenge lassen die Verbote erkennen, daß auch die Studenten der damaligen Zeit zu heimlichen Trinkgelagen und allerlei Übertretungen jederzeit bereit waren. In den Bursen wurde bis zur Reformation die sogenannte „Deposition“ d.h. Aufnahme der Hinzugekommenen, stets mit Neckereien verbunden. Die mittelalterlichen Einrichtungen an den Universitäten verloren mit dem aufkommenden Humanismus an Bedeutung. Mitte des 16. Jahrhunderts hatte sich diese Geistesrichtung überall durchgesetzt, für das Studententum entstand der Begriff der akademischen Freiheit. Die Studenten verließen die Bursen und bildeten wieder – wie vor einigen Jahren in Bologna – ihre Landsmannschaften. Die in Deutschland neu auf gezogenen Landsmannschaften hatten die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder zum Hauptpunkt ihrer Statuten gemacht. Die Fechtkunst wurde in jenen Tagen nicht nur von den Studenten, sondern von allen Schichten der Bevölkerung gepflegt. -194- Die in Deutschland neu aufgezogenen Landsmannschaften hatten – wie die alten deutschen Gilden – die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder zum Hauptpunkt ihrer Statuten gemacht. Der Zeit entsprechend stand damals der gemeinsame Kirchenbesuch im Vordergrund. Trotz aller guten Vorsätze zeugten Sitten und Gebräuche der Studenten von einer gewissen Roheit. Der Degen saß locker und Raufhändel waren nichts Seltenes. Die um 1500 eintretende leichte Besserung war nur von kurzer Dauer. Das Duell- und Fechtwesen stand in Blüte, Schlägereien mit Soldaten, Handwerkern und Bürgern waren an der Tagesordnung. Die Fechtkunst wurde in jenen Tagen nicht nur von den Studenten, sondern von allen Schichten der Bevölkerung gepflegt. Besondere Fechtmeister sorgten für die allgemeine Ausbildung. Nachdem man anfangs mit den nationalen Waffen, dem Dolch, dem langen Schwert oder dem kurzen Messer, gefochten hatte und Ende des 16. Jahrhunderts Duelle mit dem „Düsack“, einer Art kurzem Säbel, ausführte, setzte sich langsam das aus Frankreich und Spanien eingeführte Rapier durch. Mit diesem konnte man auf Hieb und Stich fechten. Seit dem 16. Jahrhundert wurden an den Hochschulen privilegierte Fechtlehrer angestellt. Mancher Student zog bei der Wahl der Universität die Berühmtheit des Fechtlehrers der Bedeutung der Professoren vor. In den Fechtgilden spielten die Studenten eine bedeutende Rolle, die ersten Ehrenhändel wurden verabredet und auf öffentli- chen Märkten ausgetragen. Vergebens wetterten die akademischen Behörden gegen dieses Duellwesen und gegen die üppige Kleidung der Studenten, die in der bunten spanischen Tracht einherstolzierten. In den studentischen Trinksitten begannen sich allmählich bestimmte Bräuche einzubürgern, wobei man sehr viel Wert auf den Gesang legte. Der eigentliche „Biercomment“ entwickelte sich aber erst später. In den studentischen Trinksitten begannen sich allmählich bestimmte Bräuche einzubürgern. Zum Schrecken der damaligen Zeit wurden die wandernden Studenten, die fahrenden Schüler, die während des Sommers ein Vagabundenleben führten und sich als Musikanten, „Schauspieler“ usw. auf der Wanderung von der einen zur anderen Universitätsstadt durchschlugen. Dank der von den Landesfürsten verliehenen Vorrechte nahmen zu Beginn des 17. Jahrhunderts die Universitäten einen großen Aufschwung. Die Zeit des 30-jährigen Krieges indessen brachte einen erheblichen Rückschlag. Die allgemeine Verrohung griff von den Landsknechten auch auf die Studenten über. Diese waren halbe Kriegsknechte geworden und liefen nur noch mit Degen und riesigen Sporenstiefeln einher. Genau wie im Handwerk die Lehrlinge allerlei Schikanen über sich ergehen lassen mußten, so war es auch bei den jungen Studenten. Die Füchse der Landsmannschaften, „Peenäler“ genannt, wurden von ihren älteren Kommilitonen gequält. Bei der „Deposition“, der Aufnahme eines neuen Studenten, mußte der Neuling allerlei Folterungen erdulden, die sich ein bis eineinhalb Jahre fortsetzten. Man titulierte ihn unter anderem mit „Felix“ usw., und aus diesem ist allmählich durch Abschleifung „Fux“ (andere Schreibart: „Fuchs“) entstanden. Vielleicht ist dieses Wort auch in Jena aufgekommen, wo man einen pedantischen Professor, der einen Fuchspelz trug, als „Schulfuchs“ bezeichnete. Gegen diese Unsitte der „Deposition“ gingen schließlich die Universitätsbehörden mit schärfsten Maßregeln vor, aber erst im 18.Jahrhundert konnten sie endgültig beseitigt werden. Die Füchse der Lands mannschaften, „Peenäler“ genannt, wurden von ihren älteren Kommilitonen gequält. Die Studenten mußten sich den landsmannschaftlichen Vereinigungen zwangsweise anschließen. Die Mitglieder trugen die Farben ihres Bundes am Hut oder an den Gefäßen ihrer Stoßdegen. -195- In diesen rauhen Zeiten entstand der „Saufcomment“. Das Trinken und Rauchen wurde stark übertrieben. Das Studium kam bei solcher Lebensweise natürlich zu kurz. Noch im 17. Jahrhundert wurden an einigen Hochschulen die Landsmannschaften mehr fach verboten. Die Länder, aus denen eine Landsmannschaft ihren Nachwuchs zog, waren genau eingeteilt. -196- Noch im 17. Jahrhundert wurden an einigen Hochschulen die Landsmannschaften mehrfach verboten. Die Studenten aber gingen an andere Hochschulen, an denen diese den Schutz der akademischen Behörden genossen. Der Senior, der Consenior und ein Sekretär bildeten das Präsidium. Wie bei den alten Zünften besaßen sie eine „Nationallade“, deren Schlüssel die Senioren und ein Patron, ein von den Studenten gewählter Professor, in Verwahrung hatten. Die Öffnung der Lade und die Abrechnung der Gelder erfolgte in der Anwesenheit des Patrons einmal im Quartal. Konvente wurden von den Landsmannschaften regelmäßig abgehalten. Aus diesen alten studentischen Landsmannschaften entwickelten sich im Laufe der nächsten Jahrhunderte die späteren farbentragenden Korporationen. Trotz mancher Verbote bestanden die alten Landsmannschaften bis in das 19. Jahrhundert hinein. Die Korporationen waren nicht gerne gesehen, nur, wenn man sie bei den Universitätsfeiern brauchte, wurden sie von den Behörden anerkannt. Die Folge war, daß sich die Studenten im geheimen zusammenschlossen. Aber auch so beherrschten die Verbindungen das Universitätsleben, sie waren an allen Hochschulen vertreten. Die Studenten wurden mehr oder weniger gezwungen, einer Landsmannschaft beizutreten. Der monatliche Beitrag der Mitglieder wurde nach dem Vermögen des einzelnen abgestuft. Die Korporationen unterstützten Mitglieder in jeder nur möglichen Form. Die Länder, aus denen eine Landsmannschaft ihren Nachwuchs zog, waren genau eingeteilt. Die Landsmannschaften hatten einen allgemeinen Comment ausgearbeitet, allgemeine Ehrenregeln aufgestellt und die Satisfaktion bei Ehrenhändel wurde von allen gegeben. Die Senioren der Landsmannschaften einer Hochschule bildeten den Senioren-Convent. Jede Verbindung hatte hier Stimme. Die Korporationen wandten sich scharf gegen die Studenten, die sich ihnen nicht anschließen wollten. Die Nichtkorporierten bildeten häufig Vereine, die man „Sulpharia“ nannte. Während des 18. Jahrhunderts erlebten die deutschen Hochschulen einen schnellen Aufschwung. Manche Besserung der rauhen Sitten konnte damals festgestellt werden. Um 1700 war die Kleidung der Studenten noch sehr bunt und auffallend. Man trug eine ungeheure Allonperücke, einen dreieckigen Hut, einen breitschößigen Frack, kurze schwarze Beinkleider, Strümpfe und Schnallenschuhe. In Jena legten die Studenten besonderen Wert auf einen langen Raufdegen, der beim Gehen nachschleppte. Ende des 18.Jahrhunderts wurde das Tragen des Degens verboten, mit der Zeit wurden auch die Perücken abgelegt. An ihre Stelle trat ein lederner Helm mit Federbusch, „Stürmer“ genannt, Koller und Kanonenstiefel. Ende des 18.Jahrhunderts wurde das Tragen des Degens verboten In jenen Tagen hatte man neben dem Studium sehr viel Zeit für andere Beschäftigungen. Man besuchte gern den Fechtboden, ging in die Reitschule, übte sich im Schießen, kneipte auf den Marktplätzen und in den Bierdörfern. Mit Unfug jeder Art machten die Studenten immer mehr von sich reden. Am Sonntag wurde bei einem Korporationsmitglied ein „Kränzchen“ abgehalten. Auf diese Weise erhielt im Laufe des Studiums jeder einmal die Rolle des Gastgebers. Vom Mittag bis Abend – vermutlich häufig bis in die Nacht – wurden alle Kommilitonen auf der Bude des „Hospes“ bewirtet. Die Schläger wurden bereitgehalten, denn der Hauptteil des „Kränzchens“ bildete das Fechten auf dem Hof oder in einem Saal des Hauses. Man bemühte sich auf diesen Veranstaltungen eines gesitteten Benehmens, und in den Zeiten der Verfolgung waren es die häuslichen Veranstaltungen, die die Landsmannschaften immer wieder zusammenhielten. Um 1740 wurde die Freimaurerei von England nach Deutschland gebracht und beeinflußte das Verbindungswesen an den deutschen Hochschulen wesentlich. Zahlreiche Persönlichkeiten bemühten sich um die Mitgliedschaft, und es blieb nicht aus, daß auch Professoren und Studenten sich den allgemeinen Freimaurerlogen anschlossen. Die nach diesen Vorbildern von den einzelnen Studenten gegründeten Vereinigungen, „Orden“ genannt, bestanden zuerst innerhalb der alten Landsmannschaften. Sehr bald schon waren sie so stark, daß sie selbständige Organisationen bildeten. Der erste Orden dieser Art war der von Moselanern 1746 gegründete Moselbund. Die Ziele dieser Orden waren: unverbrüchliche Freundschaft auf Lebenszeit, Einstehen füreinan der während des Studiums, ehrenhaftes Benehmen seiner Mitglieder. Die Ordens- Um 1740 wurde die Freimaurerei von England nach Deutschland gebracht und beeinflußte das Verbindungswesen. -197- brüder blieben auch nach dem Verlassen der Hochschule mit ihrer Loge in Verbindung und halfen ihren Brüdern im beruflichen Fortkommen. Die Rezeptionslogen waren durchaus nach Art der Freimaurer aufgezogen Eine straffe Organisation diente zur Erreichung dieser Ziele. Innerhalb der Orden hatte der Senior, häufig auch Logenmeister genannt, die Leitung, ihm zur Seite standen der Consenior (Unterlogenmeister) und ein Sekretär. Die Rezeptionslogen waren durchaus nach Art der Freimaurer aufgezogen, sie fanden stets nachts statt. Die Räume waren mit Emblemen, Schädeln, gekreuzten Schlägern usw. geschmückt. Die Aufnahme in diese Orden erfolgte ohne Rücksichtnahme auf das Heimatland. Die Orden umgaben sich mit einem geheimnissvollen Schleier, die Mitglieder schwärmten für Weltbeglückungsideen. Man besaß geheime Zirkel und Wahlsprüche und trug Ordenszeichen. Letztere bestanden aus einem Kreuz, welches die Anfangsbuchstaben des Wahlspruches trug, und aus einem Ordensband von bestimmter Farbe. Für den internen Briefwechsel benutzte man bestimmte Zeichen, die unseren heutigen Zirkeln sehr ähnlich waren. Die Orden betätigten sich politisch und wurden schließlich streng verfolgt. Die Verfolgung zeigte wenig Erfolg. Sie spielten im damaligen Deutschland eine hervorragende Rolle. Landsmannschaften und Orden arbeiteten zunächst zusammen, sie bestimmten das Leben an den Hochschulen. Im Jahr 1772 entstand in Göttingen eine studentische Vereinigung gegen Landsmannschaften und Orden. Im Jahr 1772 entstand in Göttingen eine studentische Vereinigung gegen Landsmannschaften und Orden. Viele junge Studenten schlossen sich diesem „Hain“ an. Seine Merkmale waren Sentimentalität und Lyrik. Als die Gründer Göttingen verließen, zerfiel dieser Bund in wenigen Jahren. Immer mehr Widerspruch fand das trotz der guten Vorsätze roh gewordene Leben und Treiben der Ordensbrüder und Landsmannschaften. In studentischen Kreisen entstanden „Literarische Kränzchen“, die vor allem das Duellieren ablehnten. -198- Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Verhältnis zwischen Orden und Landsmannschaften immer gespannter, es kam zu öffentlichen Fehden. Am 14. Juni 1793 wurden die studentischen Verbindungen vom Regensburger Reichstag aufgelöst. Staat und Behörden gingen scharf gegen alle korporativen Zusammenschlüsse vor. Da auch die Studenten der rohen Ordenssitten überdrüssig waren, zerfielen die Orden sehr bald. Die „Kränzchen“, zu denen sich die alten Landsmannschaften zum Teil entwickelt hatten, verzichteten auf jede politische Betätigung und wurden geduldet. Der rein landsmannschaftliche Charakter der alten Verbindungen verlor sich mehr und mehr. Es entwickelten sich verschiedene Korporationsverbände. Die Corps Als 1798 einige Mitglieder des Erlanger Hormonistenordens, auch Orden der „Schwarzen Brüder“ genannt, aus diesem austraten, gründeten sie die „Ansbachsche Gesellschaft“ mit den Farben rot-weiß. Diese, „Onoldia“ genannt, führte wohl die Bezeichnung Landsmannschaft, durchbrach aber in vielem deren Prinzipien. Sie nahm nicht nur Mitglieder aus dem Ansbacher Bezirk, sondern auch aus allen anderen Teilen Deutschlands auf. Damit war eine neue Verbindungsart entstanden. Die „Onoldia“ ist die erste moderne Korporation, die ihre Mitglieder auf Lebenszeit, also auch als „Alte Herren“ zusammenschloß. Die Bezeichnung „Corps“ wurde von dieser Verbindung in den 20er Jahren des 19.Jahrhunderts angenommen. Die „Onoldia“ ist die erste moderne Korporation, die ihre Mitglieder auf Lebenszeit, also auch als „Alte Herren“ zusam menschloß. In den Befreiungskriegen 1806 bis 1813 zogen fast alle Studenten Norddeutschlands ins Feld. Studentische Freicorps, die sich bald den anderen Truppen anschlossen, wurden aufgestellt. Dem berühmtesten, dem Lützower Freicorps, gehörte fast die gesamte Jenaer Landsmannschaft „Vandalia“ an. Die aus dem Kriege zurückgekehrten Studenten waren erfüllt von der erhabenen Idee, ein freies Vaterland und eine bessere Zukunft miterkämpft zu haben. Sie führten in ihren alten Landsmannschaften das bisherige Studentenleben weiter. Jenaer Studenten, hauptsächlich „Vandalen“, die mit den „Lützowern“ in den Krieg gezogen waren und das Gedankengut des Turnvaters Jahn kennengelernt hatten, setzten sich für die Gründung einer einheitlichen Verbindung der „Burschenschaft“ ein. Am 13. Juni 1815 wurde in Jena die erste Burschenschaft ins Leben gerufen. Rund -199- Duelle waren an der Tagesordnung und die Corpsstudenten bestanden auf unbedingter Satisfaktion. 75% der Studenten an dieser Universität gehörten der neuen Korporation an. Die Ideen dieser Verbindung verbreiteten sich sehr bald über ganz Deutschland, an allen Hochschulen wurden neue Burschenschaften gegründet. Auf das Schicksal der Burschenschaften und deren weiteren Entwicklung komme ich später noch zu sprechen. Diese Corps nahmen ihre Mitglieder aus allen deutschen Volksstämmen. Sie ließen also das rein landsmannschaftlich Prinzip fallen, kümmerten sich auch herzlich wenig um Politik und führten ein wahrhaft studentisches Leben. Die Mitglieder wurden ritterlich und gesellschaftlich erzogen. Duelle waren an der Tagesordnung und die Corpsstudenten bestanden auf unbedingter Satisfaktion. Es entstand so der deutsche Farbenstudent. 1820 bestanden bereits in Bonn, Breslau, Erlangen, Freiburg, Gießen, Göttingen, Halle, Heidelberg und Jena Corps. Sie fanden bei den Universitätsbehörden Anerkennung, in ihnen sammelte sich der konservative Teil der Studenten. Zwischen den einzelnen Corps kam es immer wieder zu Zwistigkeiten. In den 40er Jahren zeigten sich in den verschiedenen Corps progressive Tendenzen. Man lehnte den strengen Verbindungszwang und das Duell ab. Diese Ideen setzten sich aber in den Corps nicht durch. Im Revolutionsjahr 1848 verhielten sich die Corps sehr zurückhaltend und beteiligten sich nicht an den Unruhen. Nur an dem allgemeinen 2. Wartburgfest am 13. Mai 1848 nahmen sie teil. Inzwischen bemühte man sich, die Corps an allen Hochschulen zu einem Verband zusammenzuschließen. -200- Inzwischen bemühte man sich, die Corps an allen Hochschulen zu einem Verband zusammenzuschließen. Der Senior der Heidelberger „Vandalia“ beantragte auf einem Convent am 15. Mai 1848, die Corps der übrigen deutschen Universitäten zu einer allgemeinen Beratung einzuladen, um die zur Wahrung und Hebung des landsmannschaftlichen Interesses nötigen Maßnahmen gemeinsam zu besprechen und vor allem, einen allgemeinen Comment auszuarbeiten. Dem Antrag wurde stattgegeben und auf dem Corps-Kongreß am 15. Juni 1848 in Jena erschienen elf Senioren-Convente. Man einigte sich, in Zukunft nur solche Verbindungen als Corps anzuerkennen, die sich dem bestehenden Comment und dem Senioren-Convent unterwerfen, politische Tendenzen vermeiden und die studentische Mensur pflegen wollten. Die Einrichtung eines ständigen Schiedsgerichtes zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen den einzelnen Verbindungen fand allgemeine Zustimmung. Alljährlich sollte nun in Kösen der Corps-Kongreß zusammentreten. Der Zusammenhalt zwischen den einzelnen Senioren-Conventen war nur sehr locker. 1848 waren in Kösen nur fünf von elf Conventen erschienen. 1850 und 1851 kam man noch einmal zusammen, aber kurz darauf zerfiel dieser erste Zusammenschluß deutscher Corps. Der Zusammenhalt zwischen den einzelnen SeniorenConventen war nur sehr locker. Der Göttinger Senioren-Convent rief 1855 zu einem Kongreß auf, und es kam am 26. Mai 1855 zur Gründung des Kösener-Convents-Verbandes. Der Kongreß im Jahre 1857 verschärfte die Bestimmungen gegen Verbindungen ohne unbedingte Satisfaktion. Östereichische und Schweizer Corps traten dem K.S.C.V. bei. Nach dem im Jahr 1868 aufgestellten und ein Jahr später genehmigten „Kösener Statuten“ ist die Zweckbestimung der Corps: „Vereinigung der immatrikulierten Studenten derselben Universität, um die Mitglieder in aufrichtiger Freundschaft zu ver binden und – ohne Beeinflussung ihrer politischen, religiösen und wissenschaftlichen Richtung – zu Vertretern eines ehrenhaften Studentums und zu charakterfesten, tatkräftigen, pflichttreuen Männern zu erziehen“. In den Jahren nach dem Kriege 1870/71 hatten sich viele Verbindungen in Corps umgewandelt, darauf wurden vom K.S.C.V. die Aufnahmebedingungen wesentlich verschärft. Man war in den Corps immer exclusiver geworden und suchte durch kostspieliges Auftreten auszustechen. Der Posener Intendanturrat Zander ging scharf gegen diese Mißstände vor und erreichte auf dem Kongreß im Jahr 1881 die Beseitigung der schlimmsten Auswüchse. Durch den Beitritt zahlreicher Fürstlichkeiten gewannen die Corps beträchtlich an Ansehen. Ve rs chiedene Hohenzo l l e rn - P ri n zen ge h ö rten dem Bonner Corp s „Borussia“ als Conkneipanten an. Auch der letzte deutsche Kaiser war während seiner Bonner Studienzeit von 1877 bis 1878 CK des Corps „Borrussia“. In den Jahren nach dem Kriege 1870/71 hatten sich viele Verbindungen in Corps umgewandelt -201- Zu Pfingsten eines jeden Jahres fand in Kösen der Kongreß statt Zu Pfingsten eines jeden Jahres fand in Kösen der Kongreß statt, auf dem die Angelegenheiten des Verbandes beraten wurden. Um das Jahr 1932 herum bestand der K.S.C.V. aus 31 örtlichen Senioren-Conventen mit 125 einzelnen Corps. Im gleichen Jahr hatte ein außerordentlicher Kongreß festgelegt, daß sich die Corps streng an die studentische Aufgabe der Erziehung und Bildung beschränken sollten. Im Oktober 1935 mußte sich der aktive K.S.C.V. dem Druck des N.S.-Regimes beugen und sich auflösen. Nach dem Krieg trafen sich die Corps der Universitäten 1951 in Bad Godesberg, wo der K.S.C.V. neu konstituiert wurde. Seitdem findet alljährlich in Würzburg der Kongreß des K.S.C.V. statt. In den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bildeten sich an den landwirtschaftlichen Hochschulen und Universitäten mit landwirtschaftlichen Instituten studentische Vereine, die sich langsam zu Verbindungen entwickelten. Von den verschiedenen Kartellen wurde am 5. März 1882 der „Verband der akademischlandwirtschaftlichen Vereine an deutschen Hochschulen“ in Berlin gegründet. Im Mai 1922 wurde der Name in „Naumburger D.C.“ abgeändert. Mit einem DelegiertenConvent am 15. Juni 1923 wurde mit der Einführung der Bestimmungsmensur auch die Anschaffung des Vollcouleurs beschlossen. Der fachwissenschaftliche Gedanke ist die Grundlage der einzelnen Verbindungen und des Verbandes geblie ben. -202- Der fachwissenschaftliche Gedanke ist die Grundlage der einzelnen Verbindungen und des Verbandes geblieben. Am Freitag nach Himmelfahrt fand regelmäßig in Naumburg an der Saale der ordentliche Delegierten-Convent statt. Der Verband führte zuletzt den Namen „Naumburger Senioren-Convent“ (NSC), und die einzelnen Verbindungen nahmen die Bezeichnung Corps an. 1928 gehörten dem NSC 20 landwirtschaftliche Korporationen an. Die Landsmannschaften der Tierärztlichen Hochschulen gründeten 1883 den Rudolfstädter Senioren-Convent (RSC). 1902 nahmen diese Verbindungen ebenfalls die Bezeichnung Corps an. Der Verband bestand nicht nur an den Tierärztlichen Hochschulen, sondern war auch an den Universitäten, Technischen Hochschulen, Handelshochschulen und Bergwerks-Akademien vertreten. Dem Rudolfstädter Senioren-Convent gehörten 1928 insgesamt 50 Corps an. Wie an den Universitäten, so schlossen sich auch an den Technischen Hochschulen die Korporationen mit gleichen Richtlinien zu Verbänden zusammen. Die Corps der Technischen Hochschulen zu Karlsruhe, Stuttgart und Zürich gründeten am 29. Dezember 1863 den „Allgemeinen Senioren-Convent“. In den sechziger Jahren traten die Corps der übrigen Technischen Hochschulen – mit Ausnahme der Münchener, und die der Berkwerksakademien – dem Vorstand bei, der in der Folgezeit den Namen „Weinheimer-Senioren-Convent“ annahm. Differenzen zwischen den einzelnen Corps verursachten 1883 die Auflösung des W.S.C., doch schon im nächsten Jahre wurde der Verband neu konstituiert. Alljährlich versammeln sich seine Corps auf der dem W.S.C. gehörenden Wachenburg bei Weinheim an der Bergstraße, die von 1907 bis 1913 erbaut worden ist. Die ältesten Corps der Technischen Hochschulen sind meistens älter als ihre Hochschule. Sie stammen noch aus der Zeit, als ihre Studienstätte ein Polytechnikum war. Nach dem letzten Kriege bildeten am 23. Juli 1950 dem „Weinheimer Verband Alter Corpsstudenten e.V.“ nahestehende studentische Gemeinschaften auf der Wachenburg die „Weinheimer corpsstudentische Arbeitsgemeinschaft“. Damals traten 23 Corps der W.C.A. bei, die das Recht des Farbentragens vertrat und die Sportmensur bejahte. Nach 6 Jahren fand vom 3. bis 6. Mai 1951 die erste große Tagung in Weinheim statt. 56 Corps gehörten damals der W.S.C. an. Die Corps der Technischen Hochschulen zu Karlsruhe, Stuttgart und Zürich gründe ten am 29. Dezember 1863 den „Allgemeinen SeniorenConvent“. Am 23. Mai 1952 ist der Weinheimer-Senioren-Convent in Weinheim auf der Wachenburg wieder erstanden. Auf dem Festcommers stellte der 1. Vorsitzende in seiner Rede als besonderes Ziel des Verbandes die nachstehende Forderung an seine Mitglieder: 1. Politisches Verantwortungsbewußtsein, d.h. die stete aktive Bereitschaft, aus freier persönlicher Entscheidung positiven Anteil am Geschehen des Tages zu nehmen und sich für das notwendig Erkannte wirksam einsetzen. 2. Achtung vor der Freiheit der Persönlichkeit und der Meinung anderer. 3. Offenes Bekenntnis zu unserem deutschen Vaterland und die Bereitschaft, für sein ungeteiltes Land, sein ungeteiltes Recht und für seine unbedingte Freiheit Am 23. Mai 1952 ist der Weinheimer-SeniorenConvent in Weinheim auf der Wachenburg wieder erstan den. -203- einzutreten, in selbstverständlicher Achtung gegenüber anderen. Wir sehen es nicht als Abweichen von der unpolitischen Haltung unseres Verbandes an, wenn wir betonen, daß niemals der WSC einer politischen Richtung als Vorspann dienen möchte, die anderen Kulturvölker das streitig machen will, was wir als elementares Lebensrecht für unser deutsches Volk erstreben und als Deutsche fordern. Offenes Bekenntnis 4. Kampf der Vermassung. Wir wehren uns gegen die Ursache und Auswirkung materialistischer Weltanschauungen und totalitärer Machtansprüche in dem Bewußtsein, daß diese totalitären Ideen überall da fruchtbaren Boden finden, wo die Vermassung eines Volkes schon radikale Vorarbeit hat. In diesem Bekenntnis folgt der Weinheimer Senioren-Convent seinem alten Grundsatz der Erziehung zur individuellen und freien Persönlichkeit, den er schon mit dem ersten Tage seines Bestehens hatte. 5. Durch die Zugehörigkeit der Corps zur Hochschule erstreben wir die Mitgestaltung des Hochschullebens durch Zusammenarbeit mit Rektor und Senat, Studentenschaft und allen studentischen Gruppen. Die Aktiven und Altherrenverbände des K.S.C.V. und des W.S.C. haben Ende 1951 zur Vertiefung der Zusammenarbeit der beiden großen Verbände eine Kommission gebildet, die die Aufgabe erhalten hat, die gemeinsamen corpsstudentischen Anliegen zu fördern. Anschließend noch einige Worte zur „Corpsidee“, die H. Kessler wie folgt formulierte: „Von einer Corpsidee zu reden, sind wir nicht gewohnt, ohne daß wir dabei an eine wissenschaftliche Theorie, an eine philosophische Lehre, an eine „Ideologie“ denken, oder auf eine solche „eingeschworen“ wären. Das, was wir Corpsidee nennen, ist psychagogischer Natur, sie inspiriert zu einer Lebensweise, einem Lebensstil, zu einer Haltung bei der Lebensführung, ihr Zweck ist kein theoretischer, sondern Lebenspraxis“. -204- Die Burschenschaften Die deutsche Burschenschaft ist ein Kind der Befreiungskriege zu Beginn des vorigen Jahrhunderts. Schon vor diesem Krieg hatte sich Turnvater Jahn über die Gründung einer Burschenschaft Gedanken gemacht. Er wetterte gegen die deutsche Kleinstaaterei, und aus diesem Grunde waren ihm die deutschen Landsmannschaften an den Hochschulen verhaßt. Er vergaß dabei, daß inzwischen viele dieser Korporationen mit den alten Prinzipien gebrochen hatten. In den Vorkriegsjahren hatte Jahn mit seinen Ideen wenig Glück gehabt. Als der preußische König Friedrich Wilhelm III. 1813 sein Volk zu den Waffen rief, eilten die Landsmannschaften zu den Fahnen. Auch nichtpreußische Studenten folgten seinem Ruf. Die meisten wandten sich nach Breslau, wo das Lützowsche Korps, für das Jahn wirkte, gegründet wurde. Fast alle Jenaer „Vandalen“ schlossen sich diesem Korps an, dem auch Theodor Körner angehörte. Ihre bunten Studentenröcke wurden einheitlich schwarz gefärbt. Die deutsche Burschenschaft ist ein Kind der Befreiungskriege zu Beginn des vorigen Jahrhunderts. In Jena führten die Landsmannschaften zunächst einen erbitterten Kampf gegen eine im Sommer 1814 gegründete „Sulpharia“. Dieser Reformverein richtete sich gegen die Korporationen und gegen das Mensurwesen. Die alten Waffengefährten in den verschiedenen Landsmannschaften fühlten sich zueinander hingezogen und, durch Jahns Ideen beeinflußt, gründeten sie am 20. August 1814 eine Vereinigung, der sie den Namen „Wehrschaft“ gaben. Die Zusammenarbeit in dieser Vereinigung rief den Wunsch hervor, die vier Jenaer Landsmannschaften aufzulösen, um sie in einer einzigen Verbindung zu verschmelzen. Hauptsächlich traten die „Vandalen“ dafür ein. Die Thüringer, Franken und Sachsen wurden schließlich für diese Ideen gewonnen. Am 12. Juni 1815 versammelten sich die vier Landsmannschaften auf dem Jenaer Marktplatz und gründeten die erste Burschenschaft. Die Verfassung dieser Burschenschaft lehnte sich eng an die der Landsmannschaft „Vandalia“ an, und auch die Farben schwarz-rot-gold waren der Uniform der „Vandalen“ entnommen; scharlachroter Rock mit schwarzem Sammet am Kragen, Revers, Armaufschlägen und Rabatten, der Kragen war mit einem Eichenkranz von Gold gestickt. Erst auf dem Wartburgfest 1817 wurde das Gold in das Band aufgenommen. Der Wahlspruch der jungen Burschenschaft lautete: „Dem Biederen Ehre und Achtung!“ Am 12. Juni 1815 versam melten sich die vier Landsmannschaften auf dem Jenaer Marktplatz und grün deten die erste Burschenschaft. -205- Der Wahlspruch der jungen Burschenschaft lautete: „Dem Biederen Ehre und Achtung!“ Wartburgtreffen am 18. Oktober. An der Veranstaltung nahmen neben 600 Studenten aller Hochschulen auch verschie dene Professoren teil. -206- Als der Geist des Jahnschen Turnplatzes nach Jena übertragen wurde, nahm er mit der Zeit der Burschenschaft ihren harmlosen Charakter und machte sie zum Sitz revolutionärer Bestrebungen. Nicht alle Burschenschafter waren von dieser Richtung begeistert, viele pflegten noch ihre alten landsmannschaftlichen Zusammenkünfte. Es kam sogar zu einer engeren brüderlichen Vereinigung, die sich als „Schwarzer Orden“ bezeichnete. Vorwiegend waren es die ehemaligen Sachsen, die hier zusammenkamen. Der vaterländische Geist der Jenaer Burschenschaft hielt bald auf den anderen Hochschulen Einzug. Um einen Zusammenhang mit den gleichgesinnten Studenten der übrigen Hochschulen anzubahnen, lud die Jenaer Burschenschaft zu einem allgemeinen Wartburgtreffen zum 18. Oktober 1817 ein, auf dem gleichzeitig die Dreihundertjahrfeier der Reformation sowie der Jahrestag der Schlacht bei Leipzig festlich begangen wurde. An der Veranstaltung nahmen neben 600 Studenten aller Hochschulen auch verschiedene Professoren teil. Die zündenden Reden von Riemann und Fries hinterließen bei den Anwesenden einen nachhaltigen Eindruck. Am zweiten Tag zogen die Burschenschaften nach dem Wartenberg. Hier spielte sich die für die burschenschaftliche Bewegung so verhängnisvoll werdende „Verbrennungsszene“ ab. Der Berliner Massmann trat mit einem Korb voll Makulatur vor und warf die einzelnen Stücke, auf denen Büchertitel verzeichnet waren, in die Flammen, außerdem verbrannte man einen Korporalstock, einen Gardeschnürleib und einen Haarbeutel. Gleichzeitig ließ er harte Worte gegen unbeliebte Schriftsteller fallen. Am nächsten Tag beschloß man die Gründung der allgemeinen deutschen Burschenschaft mit den Farben schwarz-rot-gold und dem Wahlspruch: „Ehre, Freiheit, Vaterland!“ Der bei der Verbrennungsszene geschmähte preußische Geheimrat Schmalz wütete gegen die „Aufrührer“. Auch der österreichische Staatsmann Metternich wetterte gegen den „Geist des Jakobinismus“. 1818 kamen die Burschenschaften von 9 Hochschulen in Jena zu einer Beratung zusammen. Da für ein weiteres Wartburgfest von den Behörden keine Genehmigung erteilt wurde, fand vom 10. bis 19. Oktober 1818 ein öffentlicher Burschentag in Jena statt. Vertreter von 14 Universitäten gründeten auf dieser Tagung endgültig die „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“. Die Hauptgrundsätze der Burschenschaft waren: § 1 Die Allgemeine Burschenschaft Deutschlands ist die freie und natürliche Vereinigung der gesamten auf den Hochschulen wissenschaftlich sich bildenden Jugend zu einem Ganzen, gegründet auf das Verhältnis der deutschen Jugend zur werdenden Einheit des deutschen Volkes. § 2 Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft als freies Gemeinwesen stellt als den Mittelpunkt ihres Wirkens folgende allgemein anerkannte Grundsätze auf: a) Einheit, Freiheit aller Burschen untereinander, mögliche Gleichheit aller Rechte und Pflichten. b) christlich deutsche Ausbildung einer jeden leiblichen und geistigen Kraft zum Dienste des Vaterlandes. § 3 Das Zusammenleben aller deutschen Burschen im Geiste dieser Sätze stellt die höchste Idee der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft dar, die Einheit aller deutschen Burschen im Geiste wie im Leben. Einheit, Freiheit aller Burschen untereinander § 4 Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft tritt nun danach ins Leben, daß sie allmählich immer mehr als ein Bild ihres in Gleichheit und Freiheit blühenden Volkes darstellt, daß sie ein volkstümliches Burschenleben in der Ausbildung einer jeden leiblichen und geistigen Kraft erhält und im freien, gleichen und geordneten Gemeinwesen ihre Glieder zum Volkstum vorbereitet, damit jedes derselben zu einer solchen Stufe des Selbstbewußtseins erhoben werde, daß es in einer reinen Eigentümlichkeit den Glanz und die Herrlichkeit deutschen Volkslebens darstellt. Nachdem die von den Länderregierungen während des Krieges gemachten Versprechungen nicht eingehalten wurden, machten sich im Volke republikanische Tendenzen bemerkbar, die auch bei der Burschenschaft Unterstützung fanden. Infolge der Anfeindung durch die Regierungen erblickten sie schließlich in dem Staat ihren Hauptgegner. Die Wortführer der neu auftretenden republikanischen Ansichten in der Burschenschaft waren die Brüder Follen. -207- Die Wortführer der neu auf tretenden republikanischen Ansichten in der Burschenschaft waren die Brüder Follen. Österrreich und Rußland schickten Inspektoren nach Jena, um die gärenden Elemente dort zu beobachten. Im Oktober 1818 tagte in Aachen der europäische Monarchenkongreß, auf dem u.a. auch Maßnahmen gegen die Burschenschaft zur Sprache kamen. Es wurde sogar vorgeschlagen, die Professoren und Studenten polizeilich überwachen zu lassen. Eine allgemeine Erbitterung an den Hochschulen war die Folge. Aus dieser Stimmung tötete der Jenaer Theologiestudent Karl Ludwig Sand, nachdem er aus der Burschenschaft ausgetreten war, am 23. März 1819 den russischen StaatsratAugust von Kotzebue, den er als Vaterlandsverräter haßte. Sand wurde verhaftet und zum Tode verurteilt. Am 20. März 1820 wurde er in Begleitung eines großen Truppenaufgebotes in Mannheim zum Richtplatz geführt. Diese unselige Tat wurde der ganzen Burschenschaft zur Last gelegt, die lediglich noch beim Herzog von Sachsen-Weimar Unterstützung fand. Metternich hatte nur ein Mittel, um einschreiten zu können. Durch die Karlsbader Beschlüsse, die man am 20. September 1819 in Frankfurt zu Bundesratsbeschlüssen machte, wurden die Universitäten unter die besondere Aufsicht landesherrlicher Kommissarien gestellt. Eine Generalkommission in Mainz wurde mit der Aufspürung demagogischer Umtriebe beauftragt. Gegen die Burschenschaften wurde schärfstens eingeschritten, da diesem Verein die schlechterdings unzulässige Voraussetzung einer fortdauernden Gemeinschaft und Korrespondenz zwischen den verschiedenen Universitäten zu Grunde liege. Preußen strengte gegen verschiedene Patrioten peinliche Untersuchungen an. Arndt mußte seine Briefschaften im Keller verstecken und seine Vorlesungen einstellen. Die Turnplätze wurden geschlossen, und Jahn wurde vom Bett seines sterbenden Kindes weg verhaftet. Gebürtige Preußen durften nicht mehr in Jena studieren. Am 26. November 1819 mußte sich die Jenaer Burschenschaft auflösen. Gebürtige Preußen durften nicht mehr in Jena studieren. -208- Es gab offiziell keine Burschenschaften mehr, aber im geheimen arbeiteten sie weiter. Die einzigen Lebenszeichen dieser Korporationen waren die geheimen Burschentage, die 1820 in Dresden, 1821 in Streitberg und 1822 in Bensheim stattfanden. Nur die kleine Zahl von Eingeweihten nahm hieran teil. Die Förderung des Einheitsgedankens wurde wieder in den Vordergrund des burschenschaftlichen Wirkens gestellt. Der Zweikampf wurde als studentische Notwendigkeit anerkannt. Burschenschaften gab es damals noch in Erlangen, Heidelberg und Leipzig, an den anderen Hochschulen existierten nur burschenschaftliche Vereine, denen zweifellos geistig regsame Elemente angehörten. Die religiös-mystische Färbung der Urburschenschaft war verloren gegangen, man war politischer und radikaler geworden. Der Mecklenburger Adolf von Strewitz warb für einen geheimen Bund, der als Jünglingsbund bekannt wurde und die Einigung und Befreiung des deutschen Volkes herbeiführen sollte. Man spielte regelrecht Verschwörung. 1823 wurde der Bund den Behörden verraten, und seine Mitglieder wurden hart bestraft. In den anderen unpolitischen burschenschaftlichen Kreisen waren die Mitglieder in kleine Kränzchen eingeteilt, die Diskussionsabende abhielten. Diese Kränzchen bildeten die engere Verbindung. Die Förderung des Einheits gedankens wurde wieder in den Vordergrund des bur schenschaftlichen Wirkens gestellt Im Winter 1827/28 wurde die „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ offiziell neu begründet. Die meisten Burschenschaften erkannten die liberalen Grundsätze als für sie verbindlich an. Es entwickelten sich zwei Richtungen, einmal die arministische, die mehr wissenschaftliche Aufgaben verfolgte, und zum anderen die germanistische, die an der Einheit Deutschlands mitgestalten wollte. Letztere gewann die Oberhand. 1831 nahm in Frankfurt am Main ein germanistischer Burschentag den Grundsatz an, daß die Korporationen praktische politische Arbeit betreiben sollten. Der Gedanke an eine Revolution bewegte die Burschenschaften immer mehr. Am 3. April 1833 stürmten alte und junge Burschen in Frankfurt am Main die Hauptwache, doch konnte das Militär diese Unruhen schnell unterdrücken. Die Behörden griffen energisch zu. Hunderte von Burschenschaftern wanderten ins Gefängnis, unter ihnen auch der Mecklenburger Fritz Reuter, der der Jenaer Germania angehörte. In Berlin wurden von 204 Angeklagten 39 zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde auf dem Gnadenwege bei einigen in lebenslängliche und bei anderen in eine dreißigjährige Freiheitsstrafe umgewandelt. Erst König Friedrich Wilhelm von Preußen erließ eine allgemeine Amnestie. Trotz Verfolgung lebten die Ideen der Burschenschaften weiter und vereinigten sich mit dem Freiheits- und Einigungsgedanken des Volkes. Man verbrüderte sich mit dem Bürger, und damit fiel der strenge Korporationscharakter. Das Duell wurde verworfen, ebenso die studentische Gerichtsbarkeit. Es entstanden verschiedene Reformverbindungen. Im Winter 1827/28 wurde die „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ offiziell neu begründet. -209- Inzwischen kam das Jahr 1848. Es gärte an allen Orten. Revolutionäre Feuer leuchteten auf, und das Metternich´sche System ging in Trümmer. In Innsbruck zogen die Studenten gegen Italien und in Kiel gegen die Dänen. In Wien gründete man eine akademische Legion. In Berlin wurden am 18. März die Studenten bewaffnet. Den Höhepunkt dieser Progreßzeit bildete das zweite Wartburgfest im Mai. Etwa 1500 Studenten aus allen Teilen Deutschlands beteiligten sich hieran. Burschenschaften, Corpsstudenten, „Finken“ und der „Wingolf“ waren hier vertreten. Das Ergebnis dieser Tagung wurde in einer Adresse an die Frankfurter Nationalversammlung niedergelegt. Revolutionäre Feuer leuchte ten auf, und das Metternich´sche System ging in Trümmer. Das erste deutsche Parlament in Frankfurt am Main brachte den alten Burschenschaften volle Genugtuung. Viele von ihnen gehörten der Nationalversammlung an. Doch diese ersehnte Einigung Deutschlands konnte hier noch nicht verwirklicht werden. Erst Bismarck, dem ehemaligen Göttinger Corpsstudenten, gelang im Jahre 1871 die Einigung Deutschlands wenigstens zum Teil. Noch in den fünfziger Jahren waren die Behörden gegen die Burschenschaften eingestellt, und manche Verbindung wurde verboten. Erst nachdem die Korporationen dem staatlichen Verlangen nach Aufgabe des Patriotismus teilweise nachgekommen waren, wurden sie geduldet. Auch in den Burschenschaften zeigten sich immer mehr Mißstände, und gegen diese trat der Bonner Frankone Dr. Küster in Berlin mit Reformvorschlägen auf. Da keine Korporation sich für seine Vorschläge erklärte, gründete er die Reformburschenschaft, die sich von den alten Bünden distanzierte. Noch in den fünfziger Jahren waren die Behörden gegen die Burschenschaften einge stellt -210- 1886 stellte man allgemeine Grundsätze auf, in denen es u.a. lautete: „Die Burschenschaft ist eine Verbindung gleichgesinnter, unabhängig und ehrenhaft denkender deutscher Studenten, welche das aufrichtige Bestreben haben, die Studienzeit in treuer Gemeinschaft und gewissenhafter Befolgung ihres Wahlspruches: „Ehre, Freiheit, Vaterland!“ zu vertreten. Sie stellt es sich zur Aufgabe, ihre Mitglieder zu tüchtigen, im Denken und Handeln zu freien und selbständigen Bürgern eines einigen, nach innen kräftigen, nach außen mächtigen deutschen Vaterlandes heranzubilden.“ Damit war der innere Ausbau des Verbandes vollendet. Die Burschenschaft hatte eine Brücke zur Vergangenheit abgebrochen und ähnelte nunmehr den Corps und Landmannschaften. An den Kämpfen um die akademische Freiheit im Jahre 1903 beteiligten sich die Burschenschaftler besonders. Auf die staatsbürgerliche Erziehung ihrer Mitglieder wurde gesteigerter Wert gelegt. In den schweren Zeiten nach dem 1. Weltkrieg sollte der Verband der Burschenschaften der stärkste aller Korporationen werden. 1919 vereinigten sich der „Allgemeine Deputierten-Convent“, der „Rüdesheimer Verband Deutscher Burschenschaften“ und die „Burschenschaft der Ostmark“ zu einem gemeinsamen Bunde, der „Deutschen Burschenschaft“. Nach dem letzten Kriege wurde die „Deutsche Burschenschaft“ am 12. Juni 1950 in Marburg neu konstituiert. In den schweren Zeiten nach dem 1. Weltkrieg sollte der Verband der Burschen schaften der stärkste aller Korporationen In den letzten Jahren hat die „Deutsche Burschenschaft“ heftige innere Kämpfe durchmachen müssen. Der Wingolf Von 1830 bis 1840 entstanden in Halle, Berlin und Bonn christliche studentische „Kränzchen“. Das Bonner nannte sich „Wingolf“. Der Name kommt aus der nordischen Mythologie, bezeichnet einen Raum in Walhall und wird als „Tempel der Freundschaft“ gedeutet. Wahrscheinlich auf Arndts Rat wurden die Farben schwarzweiß-gold angelegt. 1850 wurden die Prinzipien des Wingolfs festgelegt: „Der Wingolf ist ein christlicher Studentenverein und will das Studententum mit dem Christentum durchdringen.“ Seit der Revolutionszeit trägt der Wingolf allgemeine Farben. In Heidelberg kam es 1853 wegen des Tragens von Farben zu Auseinandersetzungen mit den Corps, so daß der Senat der Universität schließlich den Wingolf verbot. 1860 rief man den Wingolfbund (W.B.), der an 12 Hochschulen vertreten war, ins Leben. Innere Kämpfe lähmten die Entwicklung. Man stritt sich darüber, wie das Christliche im Bundesprinzip zu formulieren sei. Durch das religiöse Grundelement unterscheidet sich der Wingolf völlig von den anderen studentischen Verbindungen. -211- 1860 rief man den Wingolfbund (W.B.), der an 12 Hochschulen vertreten war, ins Leben. Das Gemeinschaftsleben wie das des Einzelnen wird dadurch bestimmt, daß strenge Selbstzucht zur sittlichen Lebenspflicht gemacht wird. Die Grundforderungen sind die unbedingte Ablehnung des Zweikampfes in jeder Form. Mäßigung und Selbstbeherrschung im Trunk. Das Verbindungsleben im Wingolf gleicht dem der alten deutschen Studentenverbindungen. In ihm sieht der Wingolf die bestgeeignete Form, seine Ideale zu verwirklichen dank der Mitgliederabstufung in Füchse, Burschen und „Alte Häuser“ und dem damit verbundenen Autoritätssystem. In ihm findet der Wingolf die schönste Form eines freien, fröhlichen Burschenlebens. Daß der Wingolf die studentische Mensur ablehnt, wurde ihm als Feigheit ausgelegt. Im 1. Weltkrieg fielen von 1938 Frontkämpfern des Wingolf 518, und von den insgesamt 4253 Kriegsteilnehmern erhielten 2494 Auszeichnungen bis hinauf zum Pour le mérite. Seit 1947 sind wieder an den deutschen Hochschulen Wingolfverbindungen entstanden. Die Landsmannschaften Am 1. März 1868 konstitu ierten 5 Landsmannschaften in Würzburg den „Allgemeinen Landsmann schafterverband“ -212- In den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden wieder neue Landsmannschaften. Am 1. März 1868 konstituierten 5 Landsmannschaften in Würzburg den „Allgemeinen Landsmannschafterverband“. Er gab unbedingte Genugtuung, lehnte politische und religiöse Tendenzen ab und glich dem Kösener Verband. Im selben Jahr wurde dieser Verband in Zwingenberg bestätigt. Seit 1873 fanden Tagungen in Coburg statt, und in diesem Jahr wurde der Bund in „Coburger L.C. (Landsmannschafter-Convent) umbenannt. Eine ruhige Entwicklung war dem Verband nicht beschieden, eine zeitweilige Auflösung in den Jahren 1877 bis 1882 und eine schwere Krise 1897/98 mußten überwunden werden. 1898 kam es zum sogenannten „Landsmannschafterkrach“, der zur Spaltung des Verbandes führte. Die älteren Landsmannschaften gründeten eine selbständige Vereinigung, aus der 1900 der „Arnstädter Landsmannschafter-Convent“ hervorging. Die meisten Verbindungen blieben aber dem Coburger L.C. treu. Beide Verbände vereinigten sich 1906 wieder und führten den Namen „Deutsche Landsmannschaft" (D.L.). Die Grundsätze der Deutschen Landsmannschaft waren vor 1935: „Ehre, Freundschaft, Vaterland!“ Weiter entnehmen wir den alten Satzungen: „Die Landsmannschaft ist eine schlagende Verbindung und ist jederzeit bereit, für die Ehre mit der Waffe in der Hand einzutreten. Jeder, der dem gleichen Grundsatz huldigt, wird von ihr als gleichberechtigt anerkannt. Ernstes wissenschaftliches und sittliches Streben ist die Pflicht der deutschen Landsmannschaft“. In Coburg wurde Pfingsten 1965 die Landsmannschaft erneut als „Arbeitsgemeinschaft Coburg“ gegründet. Ein Jahr später tagten in Coburg die alten und jungen Landsmannschaften mit den Turnerschaften („Arbeitsgemeinschaft Blankenburg“). Beide Verbände vereinigten sich zum „Coburger Convent“. Die Grundsätze der Deutschen Landsmannschaft waren vor 1935: „Ehre, Freundschaft, Vaterland!" Die Turnerschaften Als unter König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen das Turnen wieder erlaubt wurde, bildeten sich auch an den Hochschulen Turnvereine, die allerdings keine lange Lebensdauer hatten. Erst das erste deutsche Turnfest 1860 in Coburg bewirkte die Gründung akademischer Turnvereine. Beim Bonner Turnfest wurde am 4. August 1872 die Gründung des Cartellverbandes (C.V.) der akademischen Turnvereine vorgenommen. Wie in fast allen Verbänden lähmten auch hier innere Zwistigkeiten eine gedeihliche Entwicklung. Ein Teil der Turnvereine hatte sich korporativen Idealen verschworen und bejahte das Farbenprinzip, die anderen waren im Gegensatz hierzu Vereine. So kam es 1882 zur Krise und die Berliner Korporationen traten aus dem Verband aus. Auf dem Kartelltag im Juni 1885 wurde der alte Verband in den „Vertreter-Convent“ (V.C.) umbenannt. Die angeschlossenen Verbindungen trugen Farben, bejahten die Bestimmungsmensur und gaben unbedingte Satisfaktion. 1897 nahmen alle V.C.-Verbindungen die Bezeichnung „Turnerschaft“ an. Nach dem letzten Kriege schlossen sich die farbentragenden Turnerschaften zur „Arbeitsgemeinschaft Blankenburg“ zusammen. Pfingsten 1951 gründeten die Turnerschaften und die Landsmannschaften in Coburg den „Coburger Convent“. Die nicht farbentragenden Turnvereine gründeten 1883 bei Jena den “Akademischen Turnbund" (A.T.) Erst das erste deutsche Turnfest 1860 in Coburg bewirkte die Gründung aka demischer Turnvereine Nach dem letzten Kriege schlossen sich die farbentra genden Turnerschaften zur „Arbeitsgemeinschaft Blankenburg“ zusammen. -213- Die Sängerschaften Bereits 1820 gab es in Leipzig ein zwangloses Gesangskränzchen, das am 4. Juli 1822 die Form eines Vereins „zu St. Pauli“ annahm, der zunächst Kirchenmusik pflegen wollte. Seit 1830 führte er Opern auf, und seit 1836 übertrug man ihm die Ausführung des musikalischen Teiles bei allen akademischen Feierlichkeiten. Anfangs nahm man alle san gesfreudigen Studenten, auch Korporierte auf. 1828 entstand in Jena ein Verein gleichen Namens. In den nächsten Jahrzehnten bildeten sich an verschiedenen Hochschulen weitere Vereine. Anfangs nahm man alle sangesfreudigen Studenten, auch Korporierte, auf. Allmählich nahmen die Vereine selbst korporativen Charakter an und die Mitglieder trugen Farben. Einzelne Vereine schlossen sich im Laufe der Jahre zu Verbänden zusammen, bis schließlich aus diesen die „Deutsche Sängerschaft“ entstand. Nach dem letzten Kriege wurde am 11. August 1951 in Springe am Deister die „Deutsche Sängerschaft“ erneut von 14 aktiven Sängerschaften gegründet. Die katholischen Verbände Der C.V. verlangt von seinen MitgliedernVa terlandsliebe und Sittlichkeit und verwarf jede Art des Zweikampfes. Die vor 1848 entstandenen katholischen Studentenvereine hatten meist keinen langen Bestand. Erst die aus den fünfziger Jahren waren lebensfähiger. Die ältesten waren Lesevereine zur Förderung des katholischen Geistes. 1864 fand in Würzburg eine Generalversammlung aller katholischen Korporationen statt. Schon damals trat der Gegensatz zwischen Verbindungen und Vereinen hervor. 1865 trennten sich beide Gruppen in aller Freundschaft. Die Verbindungen gründeten den „Cartellverband der farbentragenden katholischen Studentenverbindungen“ (C.V.), dessen Statuten 1867 in Innsbruck festgelegt wurden. Die Grundsätze des C.V. sind Katholizität, Wissenschaft und Lebensfreundschaft. Der C.V. verlangt von seinen Mitgliedern Vaterlandsliebe und Sittlichkeit und verwarf jede Art des Zweikampfes. -214- Nach dem letzten Kriege wurde der C.V. erneut gegründet. Die nicht farbentragenden katholischen Studentenvereine gründeten 1866 den „Verband katholischer Studentenvereine Deutschlands.“ 1931 wurde der Name „Kartellverband der katholischen Studentenvereine“ (K.V.) angenommen. Der K.V. führte als Grundsatz: „Religion, Wissenschaft, Freundschaft“ und als Wahlspruch: „Mit Gott für deutsche Ehre !“ Er verwirft ebenfalls die Mensur. Der Unitas-Verband der wissenschaftlichen katholischen Studentenvereine (U.V.) wurde 1900 aus Kartellen gegründet und geht auf einen katholischtheologischen Studentenverein zurück, der im Jahre 1854 den Namen „Unitas“ annahm. Die folgenden Verbindungen dieser Richtung fügten der Bezeichnung „Unitas“ noch einen zweiten Namen zur Unterscheidung hinzu. 1887 wurde der streng durchgeführte theologische Charakter aufgehoben. Der U.V. trägt keine Farben. Die Korporationen sind an den Grundzügen der Hochschulverfassung bren nend interessiert, weil ihre Existenz davon abhängt. Weitere Verbände Der Kyffhäuser Verband der Vereine deutscher Studenten (V.D.St.) der auch heute noch besteht, spielte hauptsächlich in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg eine Rolle. An den deutschen Hochschulen bestehen heute eine Reihe kleinerer Verbände, die auch dem CDA/CDK angeschlossen sind, die der Vollständigkeit halber hier noch erwähnt werden sollen: „Akademischer Ruderbund“, „Bund Deutscher Studenten“, „Deutsche Gildenschaft“, „Deutscher Wissenschaftler Verband“, „der Miltenberger Ring“, „Sondershäuser Verband Deutscher Sängerverbindungen“, „Wartburg Kartell“, und der „Wernigeroder Jagdkorporationen Senioren-Convent“. Außerhalb des CDA/CDK gibt es noch eine Anzahl weiterer kleinerer Verbände, deren Namen einzeln aufzuführen wohl nicht erforderlich sein wird. Die Verbände der Verbindungen an den jetzigen Fachhochschulen und deren Vorgänge sind in dieser Aufzählung nicht enthalten. Nur in ganz großen Zügen konnte der Weg der Vereinigungen, der Korporationen und deren Verbände deutscher Studenten durch die Jahrhunderte aufgeführt werden. Manche Zeitepoche wäre es wert gewesen, in einem gesonderten Vortrag ausführlich behandelt zu werden. Die Verbände der Verbindungen an den jetzi gen Fachhochschulen und deren Vorgänge sind in die ser Aufzählung nicht enthal ten. -215- Der Einfluß der Hochschulen auf die Korporationen In den letzten Jahrzehnten ist die Hochschullandschaft vielgestaltig geworden, jedoch in einem Rahmen, der Korporationen an jeder unserer Hochschulen erlaubt. Mit dem rechtswidrigen Versuch, das Korporationswesen auszuschalten, sind gewisse Hochschulen nach 1945 gescheitert. Die Korporationen sind an den Grundzügen der Hochschulverfassung brennend interessiert, weil ihre Existenz davon abhängt. Die Corpsidee ist (z.B.) bei beiden Corpsverbänden dieselbe. Entstanden sind die Weinheimer Corps in einer Epoche, in der die späteren Technischen Hochschulen um ihre Gleichstellung mit den Universitäten kämpften. Das ist seit dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts ausgestanden, und der Siegeszug der Naturwissenschaften und der Technik hat – vorübergehend, wie wir jetzt wissen – manche Universitätsdisziplinen in ziemliche Verlegenheit gebracht, andere, wie die Medizin, völlig okkupiert. Eine saubere Revierzuteilung – hier Kösener, dort Weinheimer Corps – ist nicht mehr möglich. In München sind die Corps beider Verbände in einem Senioren-Convent vereinigt; das hat jedoch nicht Schule gemacht, und der Versuch, die beiden Corpsverbände in einem Deutschen Senioren-Convent zusammenzubringen, ist fehlgeschlagen, so daß es bis heute bei einem Kartellvertrag geblieben ist. Bemerkenswert ist, daß es auch im Wingolfsbund zu lebhaften Auseinandersetzungen kam: Als an den neuen Technischen Hochschulen die ersten Gründungsabsichten bekannt wurden, stritt man sich heftig um die Frage, ob denn ein Wingolf ohne Theologiestudenten überhaupt möglich sei. Es stellte sich sehr bald heraus, daß es möglich ist. An den Vorläufern der Technischen Hochschulen, den „Polytechniken“ wur den überkorporative Vereine als Interessenvertretung der Studierenden gegründet. -216- An den Vorläufern der Technischen Hochschulen, den „Polytechniken“ wurden überkorporative Vereine als Interessenvertretung der Studierenden gegründet, so der „Akademische Verein Hütte“ zu Berlin. Auf dessen Stiftungsfest 1856 wurden der „Verein Deutscher Ingenieure und das Taschenbuch „Hütte“ ins Dasein gerufen. Die polytechnischen Vereine entwickelten sich nach 1886 zu „schwarzen“ Korporationen mit unbedingter Genugtuung. Die Pflege der Wissenschaft, der Geselligkeit und des Sportes, die „Mitarbeit an allen studentischen und nationalen Aufgaben“ sowie die „Erziehung von nationaldenkenden Persönlichkeiten mit umfassender Lebensanschauung“ wurden als Wesens-Grundzüge der einzelnen Korporationen angesehen. Die gleichgerichteten Verbindungen schlossen sich am 20. Mai 1921 in Wernigerode am Harz zum Wernigeroder Verband (WV) zusammen, der im MiltenbergerWernigeroder Ring aufgegangen ist, ein Indiz dafür, wie sehr die Mauer zwischen den Universitäten und den Technischen Hochschulen eingeebnet worden ist. Die Professoren hielten früher ihr Kolleg, auf Kolloquien, Übungen und Seminare wurde wenig Wert gelegt. Studenten, die das als Mangel empfanden, schlossen sich 1868 an den Fakultäten zu fachwissenschaftlichen Kartellen zusammen, sieben Kartelle gründeten 1910 den Deutschen Wissenschaftler-Verband (DWV). Bei dessen Wiedergründung im Jahre 1953 wurde die Gliederung der Kartelle zugunsten der universitas literarum aufgegeben. Daß an den ehemaligen Ingenieurschulen Verbindungen entstehen konnten, ist wahrscheinlich dem damaligen Ansehen und der Geltung der akademischen Korporationen zu verdanken. Die Vielfalt des akademischen Korporationswesens wurde reproduziert. Am 23. Juni 1951 kamen Burschenschaften, Corps, Landsmannschaften, technische und konfessionelle Verbindungen überein, unter Aufrechterhaltung ihrer Eigenart sich in einem Verband, dem Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC), zu organisieren. Dieser Vorgang ist einmalig. Nach dem Zusammenbruch 1945 fand allgemein im Verbändewesen, das vor Hitler sehr zersplittert war – politisch, weltanschaulich, konfessionell –, eine große Konzentrationsbewegung statt, die zur Gründung der Einheits-Gewerkschaft sowie des Deutschen Sänger- und des Deutschen Sportbundes geführt hat. Ein Deutscher Korporationsverband wurde da und dort erwogen; der Plan ist indessen schnell versandet. Die Individualität der einzelnen Korporationen ist in manchen Verbänden so stark, daß sogar der Verband auf Sparflamme gehalten wird. Die Korporationen des BDIC sind heute an Fachhochschulen oder an Gesamthochschulen ( und Universitäten, – anm.. der Redaktion) beheimatet; sie nehmen auch andere als Ingenieurstudenten auf, und der Verband firmiert jetzt als „BDIC e.V.Korporationsverband an Deutschen Hochschulen“. Ganz gelungen ist das Einigungswerk freilich auch dem BDIC nicht. Am 1. Mai 1946 hat sich nämlich in Coburg die Deutsche Ingenieur-Burschenschaft (DIB) formiert, ausgerichtet nach den Am 23. Juni 1951 kamen Burschenschaften, Corps, Landsmannschaften, techni sche und konfessionelle Verbindungen überein, unter Aufrechterhaltung ihrer Eigenart sich in einem Verband, dem Bund Deutscher IngenieurCorporationen (BDIC), zu organisieren. -217- Grundsätzen der Urburschenschaft, mit der Deutschen Burschenschaft (DB) seit 1972 durch ein Arbeits- und Freundschafts-Abkommen verbündet. Ein weiteres Abkommen regelt den Austausch mit dem Salzburger Delegierten-Convent (SDC), dem österreichischen Pendant der DIB. Unabhängig von der Hochschulsituation haben sich 1951 zwei befreundete Verbände, die Deutsche Landsmannschaft (DL, 1868 gegründet) und der Verband der Turnerschaften (VC, 1872 gegründet) zum Coburger Convent (CC) verschmolzen, eine vertragliche Arbeitsgemeinschaft war 1922 vorausgegangen. Hochschulpolitik Der pseudorevolutionäre Linksruck vieler Studierenden unter der Führung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) man spricht von der 68er Generation - ließ Professoren, auch ehemalige prominente Gegner, nach den Korporationen rufen, die sich indessen verweigerten; die Korporationen wollten sich nicht zur Schutztruppe der Professoren degradieren. -218- Aus den bisherigen Feststellungen kann man nur folgern, daß die Hochschulpolitik für alle Korporationen lebenswichtig ist. Enthaltsamkeit in der Hochschulpolitik rächt sich früher oder später. Bis zum Jahre 1933 behandelten die Akademischen Senate die aktiven Verbindungen als integrale Bestandteile der Universität oder Hochschule; bei deren Festen wurde chargiert. Die gebildete Welt hörte auf die Korporationen als den Wortführern der gesamten Studentenschaft, die sie ja auch lange waren. Nach dem Zweiten Weltkrieg mußten die Korporationen ihre Rekonstitution gegen die diffamierenden Angriffe von Rektoren, Akademischen Senaten, Politikern und Journalisten verteidigen – sie haben mit Elan gesiegt. Der pseudorevolutionäre Linksruck vieler Studierenden unter der Führung des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) – man spricht von der 68er Generation – ließ Professoren, auch ehemalige prominente Gegner, nach den Korporationen rufen, die sich indessen verweigerten; die Korporationen wollten sich nicht zur Schutztruppe der Professoren degradieren. Zudem tobte innerhalb der Verbände ein interner Streit um das jeweils heikelste Prinzip, z.B. das der Katholizität, der Mensur. Nicht wenige Korporationsstudenten neigten zu den politischen Vorstellungen, die en vogue waren. Mit den internen Schwierigkeiten sind die Verbände fertiggeworden; der Prinzipienstreit hat sich gelegt. Ermattet ist aber auch die korporative Hochschulpolitik; mit Antrieben hie und da siecht sie dahin. Entsprechend gering ist der Stellenwert der Korporationen bei jenen Wissenschaftlern, Politikern und Publizisten, die ihnen an sich wohlgesonnen sind. Einige Verbände besitzen für die Hochschulpolitik besondere Einrichtungen (Ämter, Beauftragte, Ausschüsse), andere nicht. Das macht weniger aus als die sehr schwankende Intensität der Information, der Meinungsbildung und der Aktion. Zur letzteren kommt es relativ selten, nicht einmal die vollzählige Teilnahme an den Wahlen läßt sich erreichen. Zu viele Korporierte teilen die Auffassung der weit überwiegenden Mehrheit ihrer Kommilitonen: Die Hochschulpolitik läßt sie kalt. Das Ergebnis? Die Mandate der Studentenschaft fallen en masse den zahlenmäßig kleinen parteipolitischen Gruppen linker Couleur zu, obwohl nach ihrer Selbsteinschätzung im WS 1982/1983 sich nur 31 Prozent Studenten „links“, hingegen 56 Prozent in der Mitte und 6 Prozent rechts einreihten. Die Mehrheitsverhältnisse in den studentischen Vertretungen ließen sich umkehren, wenn man wollte und die Anstrengung ausdauernd auf sich nähme. Zusammenfassend läßt sich sagen: 1. Auch jene Korporationsverbände, die auf eine politische Beeinflussung ihrer Mitglieder satzungsmäßig verzichten, müssen sich ihrer Selbsterhaltung wegen an der Hochschulpolitik beteiligen. 2. Das Hochschulpolitische Minimum ist die laufende Information und deren Auswertung sowie die Wahlpflicht der studierenden Mitglieder. 3. Hochschulpolitik wird auf drei Ebenen betrieben: an der einzelnen Hochschule – in den Landtagen und von den Landesregierungen – im Bundestag und von der Bundesregierung. Auf allen drei Ebenen sind Kontakte zu pflegen, auch zu den Rektorenkonferenzen und zu den politischen Parteien. 4. Viel hängt von der Initiative einzelner und kleiner Kollegien ab. Man sollte stets nach der Mitwirkung aller Korporierten streben und dafür offenbleiben, aber mit jedem handeln, die hierzu bereit sind. Daß nicht alle oder daß ein Teil der Angesprochenen sich verweigert, entschuldigt die eigene Passivität nicht. -219- Spektakuläre Auftritte kön nen nützlich sein 5. Spektakuläre Auftritte können nützlich sein. Entscheidend ist jedoch die Stetigkeit über viele Semester hinweg. 6. In der Hochschulpolitik sitzen alle Korporationen und ihre Verbände in einem Boot. Als höchstes Forum zur Diskussion gemeinsamer Anliegen treffen sich die Vertreter der Korporations- und Altherrenverbände in unregelmäßigen Abständen zum „Verbändegespräch“, das jeweils von einem der Verbände ausgerichtet wird. Wer ist der BDIC ? In den 20er Jahren entstan den etwa 30 Korporationsverbände. An allen deutschen Ingenieurschulen – damals führten sie andere Namen – entstanden um die Mitte des vorigen Jahrhunderts studentische Verbindungen. Insgesamt sind bis heute weit über 500 Verbindungen namentlich bekannt geworden. In den 20er Jahren entstanden etwa 30 Korporationsverbände. Die bekanntesten waren: TCV -Technischer Cartell-Verband BDB -Bund deutscher Burschenschaften (Besprechungsmensur) EVC -Ehrenbreitsteiner Vertreter-Konvent (teils Bestimmungs-teils Besprechungsmensuren) FWR -Friedrichsruher Waffenring (Bestimmungsmensur) WLC -Wachenburger Landsmannschafter-Konvent (Schlagend) KDCD--Karthäuser Deputierten-Konvents-Verband Bayern -220- Schon vor 1950 reaktivierten an den Ingenieurschulen die meisten der 1935/36 verbotenen Korporationen. Sie schlossen sich bald zu Ortsringen,Arbeitsgemeinschaften usw. zusammen, um so gemeinsame Interessen besser vertreten zu können. Hamburger Korporationen (ehem. EVC und FWR) bilden am 9. März 1950 unter Vorsitz von Karl Hansen (Corps Rhenania, Hamburg) eine überkorporative Arbeitsgemeinschaft und gründeten am 10. Januar 1951 zusammen mit einer Bremer Korporation den „Ring Deutscher Ingenieur-Korporationen (RDI)“. Das frühe Trennende durch Differenzen der Dachverbände untereinander sollte in Zukunft vermieden werden. Mit einer entsprechenden Werbeaktion wurden alle erreichbaren Verbindungen angeschrieben, deren Adressen Karl Hansen gesammelt hatte. Das BDIC-Bildungswerk vermittelt Seminare zur per sönlichen Weiterbildung. Karl Brüning (TWV Rhenania, Wuppertal) lud alle wieder aktiven Verbindungen des ehemaligen EVC zum 23. Juni 1951 zur Neugründung nach Ehrenbreitstein ein. Dort beschloß man, nicht die früheren Einzelverbände wieder zu gründen, sondern als eine beispielhafte Demonstration der Einigkeit und Einheit – nach dem Vorbild der Urburschenschaften – sich zu einer gemeinsamen großen Organisation zusammenzuschließen, zum „Bund Deutscher Ingenieur-Korporationen (BDIC).“ Die TV Schlaraffia war Gründungsmitglied. Die TV Schlaraffia war Gründungsmitglied. Die Umbildung der Ingenieurschulen in Fach- bzw. Gesamthochschulen veranlaßte die Mitglieder des BDIC, im Jahre 1974 den Verbandsnamen der veränderten Hochschulsituation anzupassen. Das „Markenzeichen“ BDIC blieb, der Untertitel änderte sich. BDIC - Korporationsverband an Deutschen Hochschulen. Einerlei, ob Burschenschaft, Corps, Landsmannschaft, technisch-wissenschaftliche Verbindung, unter welchem Namen auch immer, die Mitgliedskorporationen des BDIC haben sich unter einem Dach vereinigt. -221- Die Zielvorstellung unseres Verbandes und seiner Korporationen fand in der 1975 verabschiedeten Grundsatzerklärung ihren Ausdruck. Zwei Grundbedingungen müssen alle erfüllen: Sie müssen auf dem Boden des Grundgesetzes stehen sowie parteipolitisch und konfessionell neutral sein. Dem Grundprinzip, Toleranz zu üben und auch in dem anders Ausgerichteten einen Verbandsbruder zu sehen, ist man seit dem Tage der Gründung des BDIC beispielhaft treu geblieben. Die Zielvorstellung unseres Verbandes und seiner Korporationen fand in der 1975 verabschiedeten Grundsatzerklärung ihren Ausdruck. Zweck des Verbandes ist der Zusammenschluß farbentragender Korporationen unterschiedlicher Art mit dem gleichen im Grundsatzprogramm niedergelegten Ziel: Förderung und Pflege des Korporationsstudententums und seiner Tradition, Stärken der Gemeinschaft von Jung und Alt, von Aktiven und Alten Herren, die Unterstützung und Weiterbildung der Mitglieder in staatspolitischer, gesellschaftspolitischer und fachlicher Hinsicht innerhalb aller Hochschuldisziplinen sowie die Mitarbeit in der Hochschulpolitik und in studentischen Gremien. Gegliedert ist der BDIC in sechs Landesverbände (LV) Gegliedert ist der BDIC in sechs Landesverbände (LV), diese wiederum in Ortsringe. Oberstes Organ ist der Delegierten-Konvent (DC), in dem die aktiven Bünde und Altherren-Verbände paritätisch vertreten sind. Die aktiven Bünde regeln ihre Angelegenheiten eigenständig im Seniorenkonvent (SC), um sie danach, soweit erforderlich, auf der Ebene des Gesamtverbandes im Rahmen des Delegiertenkonvents (DC), mit den Altherren Verbänden zu koordinieren und zu realisieren. Die Leitung des Verbandes liegt in den Händen des Bundes-Seniors mit dem Bundesvorstand (BV), dem auch der Vorsitzende des Seniorenkonventes und die Landessenioren angehören. -222- Gemeinsame Interessen von Verbandskorporationen werden in besonderen Arbeitskreisen gepflegt, die sich z.T. regional untergliedern, z.B. der „Burschenschaftliche Arbeitskreis“, der sich vornehmlich der Pflege burschenschaftlichen Gedankengutes widmet. An den Seminaren dieses Arbeitskreises nehmen auch Verbandsbrüder teil, die keiner Burschenschaft angehören. Das BDIC-Bildungswerk vermittelt Seminare zur persönlichen Weiterbildung und veranstaltet jedes Jahr ein mehrtägiges Hauptseminar für alle Verbandsmitglieder. Für alle Mitglieder und für eine interessierte Öffentlichkeit erscheint viermal im Jahr die Verbandszeitschrift „BDIC-JOURNAL“. Der BDIC ist Mitglied des „Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK)“ und des „Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA)“ und kommt damit auch in den Genuß gemeinsamer Einrichtungen wie der „Arbeitsgemeinschaft akademischer Verbände (AaV)“ mit ihren Bildungseinrichtungen, dem „Verband für Studentenwohnheime e.V.“ u.a. Der BDIC ist Gründungsmitglied der „Humboldtgesellschaft für Wissenschaft, Kunst und Bildung e.V.“ Die Standpunkte des BDIC Der BDIC hat an die alten Traditionen und Werte der Korporationen angeschlossen, die da sind: Ehre, Treue, Freundschaft, Vaterland, Wissenschaft und Pflichtbewußtsein. Dazu gehört zunächst der Zusammenschluß der Vorgängerverbände unter einem Dach. Das Ziel war es, den technischen Wissenschaftlern und Ingenieuren den Platz in der Gesellschaft zu erkämpfen, der es ihnen ermöglicht, Einfluß zu haben auf die Verwendung ihrer Leistungen, damit diese nicht weiterhin in gleichem Maße mißbraucht werden können. Folgerichtig erweiterte der BDIC seine Grundsätze auf die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben, wie es Albert Schweitzer vertrat. • Mitgliedschaft von Studentinnen:. Das Freundschaftsprinzip bedingt eine vollständige und harmonische Gleichstellung aller Mitglieder. Die Aufnahme von Studentinnen könnte in der einzelnen Verbindung zu Spannungen und Spaltungen führen. Frauen sind ein wichtiger Bestandteil vieler Verbindungsveranstaltungen, können aber aufgrund des Männerbundprinzips nicht Mitglied einer BDIC-Korporation werden. Anderseits unterstützt der BDIC die Idee der Damenverbindung und ist bei Gründungen gerne behilflich. • Mitgliedschaft von ausländischen Studenten, Wehrdienstverweigerern etc.: Es herrscht stets Empörung, wenn eine Entscheidung nicht so ausfällt, wie sie die öffentliche Meinung gerne sehen möchte. Vom Verband aus kann in diesem Fall keine Aussage getroffen werden. Es obliegt den Mitgliedsverbindungen und ihrer Satzung, welche Bedingungen ein Bewerber erfüllen muß. Grundsätzlich Folgerichtig erweiterte der BDIC seine Grundsätze auf die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben, wie es Albert Schweitzer vertrat. -223- kann zunächst jeder Studierende oder Akademiker einen Aufnahmeantrag stellen. Sonderaufnahmen beschließt der Convent einer Verbindung. • Die Mensur: Der BDIC versteht sich als fakultativ schlagender Verband, das heißt er stellt seinen Korporationen die Mensur frei. Was die Mensur nicht ist: Sie ist kein Duell, aber auch keine blutige Metzelei. Vor allem kann die Mensur nicht als Relikt vergangener Zeiten abgetan werden. Die Mensur dient nicht dazu, Ehrenstreitigkeiten zu bereinigen oder das Gesicht mit Schmissen zu zieren, um „elitär“ zu wirken. Mensur ist aber auch nicht einfach Sport. Was also ist Mensur? Ihr Sinn liegt letztlich in der Selbstüberwindung des Paukanten, seiner Bewährung in kritischer Situation und im Erleben der hinter ihm stehenden Gemeinschaft. • Trinken: Ein häufig gehörtes Vorurteil gegen studentische Verbindungen ist der angeblich übermäßige Alkoholkonsum. Festzustellen ist: Der BDIC kennt keinen Trinkzwang. Es ist jedem einzeln überlassen, ob und wieviel Alkohol er konsumiert. • Politische Rationalität: Studentenverbindungen werden zur Zeit leichtfertig politisch „in die rechte Ecke gestellt“. Auch hier ist festzustellen, daß der BDIC als parteipolitisch neutraler Verband sich bereits 1989, vor der Wende, am Tag der Deutschen Einheit in Höxter-Corvey öffentlich klar von jeglicher Gewalt und radikalen Tendenzen distanziert hat. Politische Lösungen sind nur im Rahmen unserer demokratischen Verfassung möglich. • Hochschulpolitik: Die Mitarbeit unserer Aktiven in den Hochschulgremien und in der studentischen Selbstverwaltung ist unerläßlich. Die Hochschule ist die Heimat des Studenten, in der er einen wesentlichen Lebensabschnitt verbringt und die ihn für sein späteres Berufsleben besonders prägt. Der Student hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen eines ordentlichen Studiums in den jeweiligen Ausschüssen und Parlamenten mitzuprägen. Der BDIC kennt keinen Trinkzwang. Es ist jedem einzeln überlassen, ob und wieviel Alkohol er konsumiert. -224- Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) (Kurzdarstellung) Die überwiegende Mehrzahl der Altherrenverbände der deutschen Korporationsverbände schloß sich am 5./6. August 1950 zum CDA zusammen. Seine Aufgabe ist es, • gleiche Aufgabe der Mitgliedsverbände gemeinsam zu lösen • gleiche Interessen nach außen - Staat, Hochschule und Öffentlichkeit gegenüber - gemeinsam zu vertreten • Streitigkeiten der am CDA beteiligten Verbände nach innen wie nach außen durch ein Schiedsgerichtsverfahren zu regeln. Der Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK), der Zusammenschluß der Verbände der aktiven Korporationen an deutschen Hochschulen, steht selbstverständlich neben dem CDA, wird von ihm aber in jeder Beziehung unterstützt. Der CDA vertritt die Interessen von ca. 770 Altherrenschaften mit rund 90.000 Mitgliedern, die in den Altherrenverbänden der im CDK zusammenarbeitenden Korporationsverbänden zusammengeschlossen sind. ATB Akademischer Turnbund BDIC Korporationsverband an deutschen Hochschulen BdSt Bund deutscher Studenten DB Deutsche Burschenschaft DG Deutsche Gildenschaft DHB Deutsche Hochschul-Burschenschaften DS Deutsche Sängerschaft DWV Deutscher Wissenschaftler Verband KSCV Kösener Senioren-Convents-Verband MR Miltenberg Ring NeueDB Neue Deutsche Burschenschaft VVDSt Verband der Vereine Deutscher Studenten Der CDA vertritt die Interessen von ca. 770 Altherrenschaften mit rund 90.000 Mitgliedern -225- WB WJSC WK WSC Wingolfsbund Wernigeroder Jagdkorporationen Senioren Convent Wartburg Kartell Ev. Akademischer Verbindungen Weinheimer Senioren Convent Außerdem arbeiten die folgenden Verbände im CDA mit. CC CV KV MK NCTC RKDB SB SV -226- Coburger Convent der Landsmannschaften und Turnerschaften an deutschen Hochschulen Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine Marburger Konvent Studentischer Verbindungen Nürnberger Convent Technischer Corporationen Ring Katholischer deutscher Burschenschaften Schwarzburgbund Sonderhäuser Verband Akademisch-Musikalischer Verbindungen Die deutschen Korporationsverbände in der Zahlenübersicht Verband ATB BDIC BdSt CV CC DB DG DHB DS DWV KSCV KV MK MR MWR Neue DB NCTC RKDB SB SV SVSC/VCt TCV UV VVDS t WB WK WJSC WSC Summe Korporatio nen (nur akti ve Bünde) an Hochschulorten Aktive und Inaktive Alte Herren Gesamt Mitglieder 36 44 500 3.925 4.425 29 25 410 2.867 3.277 77 65 580 645 125 51 5.500 26.500 32.000 100 47 1.900 11.264 13.164 88 45 1.900 12.918 14.818 97 80 480 560 66 77 383 460 22 22 550 2.390 (Stand 31.12.1997, teilweise geschätzt) Aus „Der Convent“ (Redakteur Gerhard Serges al. Präsa) 2.940 43 37 417 454 101 34 2.600 12.220 14.820 80 44 2.050 16.500 18.550 96 286 1.013 1.299 66 112 610 722 10 10 125 1.200 1.325 17 13 223 3.088 3.311 3 4 35 400 435 8 6 142 1.230 1372 25 23 360 2.640 3.000 29 28 610 3.750 4.360 6 5 30 200 230 0 16 285 1.500 1.785 50 40 700 6.000 6.700 37 34 600 2.916 3.516 33 30 650 3.757 4.407 11 15 175 190 14 14 224 500 724 65 22 1.500 7.552 9.102 958 21.616 127.157 148.591 -227- Verbindung Heute - 1999 Auch heute sind sich viele Farbentragende der gesell schaftlichen Pflichten bewußt Nicht nur wenn farbentragende Studenten und „Alte Herren“ in die Vergangenheit blicken, sieht die oft glorreich aus. Auch heute sind sich viele Farbentragende der gesellschaftlichen Pflichten bewußt. Das beweist sich an den äglichen Aufgabe, aber auch am besonderen Engagement. Ein „Alter Herr“ der TWV Schlaraffia Gerhard Serges al. Präsa schreibt als stellvertretender Vorsitzender der Presse – und Öffentlichkeitsarbeit des CDA – Convent Deutscher Akademikerverbände zum Festakt der Akademikerverbände in der Paulskirche zu Frankfurt am 4. Oktober 1998 Frankfurt/Main, 4. Oktober 1998 (gs): 150 Jahre ist es her, da versammelte sich in der Paulskirche ein Parlament: Die Deutsche Nationalversammlung. Ziel damals: ein einheitliches deutsches Reich und eine demokratische Verfassung schaffen. Maßgeblichen Anteil an diesem ersten Demokratieversuch hatten die Akademiker. 150 Jahre später versammelten sich wiederum Studierte an diesem historischen Ort. Die Akademieverbände – eine Arbeitsgemeinschaft, die eigens nur für diesen Zweck gegründet wurde – hatten zur Gedenkfeier geladen. Zu den Veranstaltern zählen der Convent Deutscher Akademikerverbände, die Deutsche Burschenschaft, die Neue Deutsche Burschenschaft sowie der Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen. Grußworte überbrachten in der mit 900 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzten Paulskirche Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süßmuth, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth, der Präsident des hessischen Landtags Klaus-Peter Möller und der Frankfurter Universitätspräsident Prof. Dr. Werner Meissner. Für den musikalischen Rahmen sorgte das Bläser - Ensemble „Corps de musique“ Erfurt. -228- Im Vorfeld der Veranstaltung kam es zu Diskussionen über die gesellschaftliche Ein stellung der Veranstalter und die Vergabe dieser historischen Stätte durch die Stadt. Dies war während der Veranstaltung vergessen. Befürchtete Ausschreitungen von Korporationsgegnern blieben allerdings aus. Beobachter zählten vor Beginn der Veranstaltung lediglich etwa zehn Demonstranten. In seiner Begrüßung betonte Dr. Günter Paul, C. Saxonia Leipzig, als Vorsitzender der veranstaltenden Akademikerverbände, die Korporationsstudenten wollten sich auch heute und morgen für die 1848 formulierten demokratischen Ziele einsetzen und Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen. Befürchtete Ausschreitungen von Korporationsgegnern blieben allerdings aus. Paul räumte ein, daß sich die Korporationen dieser Verantwortung in der Geschichte nicht immer und nicht alle gewachsen gezeigt hätten: „Wir wollen diese Fehler heute nicht vertuschen, wenn wir an unsere positiven Beiträge zu diesem Staatswesen erin nern. Wir vergessen ja auch nicht andere Aspekte wie z.B. den, daß 1848 zugleich das Paulskirche: Festakt der Akademikerverbände von herausragender Kultur einer geistigen Verfassung -229- Jahr des kommunistischen Manifestes war, das mit Karl Marx einen Korporierten als Autor hatte“, Paul bekannte wörtlich: „Die Akademieverbände stehen zu den Prinzipien der Paulskirche.“ „Weil es gegen den Geist der Paulskirche gewesen wäre, nur zu den einen zu gehen und zu den anderen nicht". Kämpferisch und sichtlich erleichtert gab sich in ihrem Grußwort Bundestags präsidentin Prof. Dr. Rita Süßmuth (CDU) nach den Scharmützeln im Vorfeld der Veranstaltung. „Sagen Sie mal, warum gehen Sie da hin ?“ habe man sie oft gefragt. Und ihre Anwort folgte zugleich. „Weil es gegen den Geist der Paulskirche gewesen wäre, nur zu den einen zu gehen und zu den anderen nicht“ In ihrer Göttinger Studienzeit, 1956 - 1961, sei es normal gewesen, bei den Studentenverbindungen zu feiern. Von der katholischen Gemeinde her, seien ihr KV, CV und besonders der UV vertraut, bekannte Süßmuth: „Ich wünschte mir, daß viel mehr Frauen hier wären“ bedauerte Süßmuth deren geringe Anzahl im Publikum. Denn die Frauen hätten viel zum „Aufbruch der Freiheit“ beigetragen. Sie waren mitten unter den Männern, unter den Tatkräftigen und unter den Opfern. Toleranz, Respekt und Miteinander prägten die Zeit. Tugenden, die heute zunehmend verlorengehen. Diesen revolutionären Geist gelte es wiederzubeleben. Auch im Hinblick auf das vereinte Europa. Sie rief die Anwesenden dazu auf, anknüpfend an das Jahr 1848 alle Anstrengungen zu unter nehmen, um wieder den „Geist der Bürgergesellschaft zu leben“. „Es ist die Zeit, in der wir uns mächtig anstrengen müssen“ so Süßmuth. Gewaltige Aufgaben kämen auf die Deutschen zu. Die zu bewältigen, bedürfe auch der Unter stützung der Akademiker. Europaweit, wie Süßmuth nochmals betonte. „Denn ich wünsche mir, daß dieses Deutschland nicht an Hochmut oder nationaler Enge Schaden nimmt.“ Sie appellierte an die Akademikerverbände und an die Uni versitäten, sich im Geist von Toleranz und Respekt, mit Wissen und Bildung im Interesse des Zusammenlebens der Völker, um das öffentliche Wohl zu kümmern. Ohne Wertgrundlagen könne man keine Zukunft bauen, führte die Bundestagspräsidenten weiter aus. Trotz der gescheiterten Revolution hätten vor allem die in der Paulskirche formulierten Freiheitsrechte Eingang in die heutige deutsche Demokratie gefunden. -230- In seinem Festvortrag stellte der Rechtswissenschaftler und Historiker Professor Dr. jur. Jörg-Detlef Kühne von der Universität Hannover als Verdienst der seinerzeitigen Akademikerschaft heraus, die Ausbildung des modernen Verfassungsstaates in Deutschland maßgeblich mitangestoßen und mitgetragen zu haben. „Es geht nicht darum, die spätere Zeit zu verdrängen oder zu vergessen“ betonte Kühne. Unbestritten sei aber, daß die damaligen studentischen Verbindungen Vorkämpfer vieler Verfassungsgrundsätze von 1848/49 und der davon bis heute aus gehenden Impulse waren. Damit gehörten sie seinerzeit zur verfassungspolitischen Avantgarde.„ Im übrigen sei auch Marx, Mitglied einer studentischen Verbindung der damaligen Zeit gewesen. „Folgen und Forderungen für heute liegen klar auf der Hand. Lehren der Paulskirche zur Einheit seien auch im Zeichen wachsender Europäisierung und damit einherge hender Erosion des Nationalstaates ohne weiteres möglich“. Gerade wenn man sich vergegenwärtige, daß der freiheitliche Nationalstaatsgedanke in Deutschland stets weniger einheitsstattlich ausgeprägt war als in anderen westlichen Ländern. Insofern empfiehlt es sich, durch Verstärkung studentischer Brückenschläge das Sprach gruppen- und Kulturraumbewußtsein stärker als bisher zu aktivieren. „Als Gegen - Ohne Wertgrundlagen könne man keine Zukunft bauen, „Es geht nicht darum, die spätere Zeit zu verdrängen oder zu vergessen“ Bundestagspräsidetin Rita Süßmuth im Gespräch mit einem ARD -Redakteur. Im Hintergrund Präsa Serges. -231- gewicht zu ökonomischen Schlagseiten“ des Einigungsprozesses. Nach Worten von Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) haben die Verantwortlichen in der Stadt großes Verständnis dafür gehabt, daß die Akademikerverbände zur Erinnerung an das Jahr 1848 in der Paulskirche zusammenkommen wollten. Denn die Burschenschaften hätten die politische Entwicklung die zur Nationalversammlung führte, „in wesentlichen Funktionen“ vorangetrieben. Roth vermerkte, gegen Ende des 19. Jahrhunderts hätten sich die Burschenschaften leider einer „Deutschtümelei" hingegeben. Heute sollte es nach Ansicht der Oberbürgermeisterin deren Aufgabe sein, die Einigung Europas mit voranzutreiben. Der hessische Landtagspräsident Klaus Peter Möller (CDU), B. Frankonia Bonn, äußerte, der Festakt der Akademikerverbände in der Paulskirche bedürfe „keiner besonderen Rechtfertigung“. Die Nationalversammlung, deren Mitglieder zur Hälfte studentischen Verbindungen angehörten, sei auch ein „Korporiertenparlament“ gewesen. Möller rief dazu auf, sich mit Stolz besonders zum freiheitlichen Erbe der Paulskirche zu bekennen. Freiheit des Geistes sei die Voraussetzung für den Geist der Freiheit. In diesem Sinne appellierte er besonders an junge Menschen, sich für die Demokratie einzusetzen. Die Nationalversammlung, deren Mitglieder zur Hälfte studentischen Verbindungen angehörten, sei auch ein „Korporiertenparlament" gewesen. -232- Nachdenklichere Worte fand Prof. Dr. Werner Meissner, Präsident der Frankfurter Uni. Der militante Nationalismus gehört zu den dunklen Seiten der Bewegung. „Dennoch komme man nicht umhin, den Beitrag der Akademiker zur demokratischen Entwicklung Deutschlands anzuerkennen. Trotzdem: Deutschtümelei und Antisemit ismus waren damals en vogue, „aber das nennen wir heute reaktionär“, wandte er sich mahnend an die Festversammlung. Sein Versuch, einen Zusammenhang zwischen dem Geist von 1848 und den Revolten von 1968 herzustellen, fand wenig Gegenliebe. An dieser Stelle blieb der Applaus ausnahmsweise einmal aus. Die abschließenden Dankesworte sprach Karl Wolfgang Völger, Frankfurt - Leipziger Burschenschaft Arminia, an die Besucher der Festveranstaltung, verbunden mit dem Aufruf: „Einigkeit und Recht und Freiheit in Demokratie zukunftsweisend weiter zu forcieren.“ Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA) stellvertretender Vorsitzender, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Dennoch komme man nicht umhin, den Beitrag der Akademiker zur demokrati schen Entwicklung Deutschlands anzuerkennen. Dipl.-Betriebswirt Gerhard Serges Am Römischen Hof 15, 61352 Bad Homburg v.d.H. Dazu schreibt Werner Stoya von der Kassler Germania: „Die Burschenschaft war die Keimzelle der Volksherrschaft in Deutschland. Burschenschaftler waren es, die 1848 die demokratische Verfassung schrieben, allen voran der Präsident der Nationalversammlung, Heinrich von Gagern.“ TWV Schlaraffia Hagen im Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC) Seit der Gründung des Bundes Deutscher Ingenieurcorporationen e.V. im Jahre 1951 hat die TWV Schlaraffia zu Hagen stets aktiv am Verbandsgeschehen mitgewirkt. Waren einige Bundesbrüder direkt in die Verbandsarbeit integriert, kamen andere einfach nur zu den vielen, vielen Veranstaltungen in der Rolle als Teilnehmer. Im Jahre 1992 endete die Mitgliedschaft. Wie es dazu kam, wird abschließend behandelt. Das 100. Stiftungsfest bietet Anlaß, auch diesen Abschnitt in der Verbindungsgeschichte darzustellen. Verbände sind Zweck – oder Freundschaftsbündnisse, die gemeinsame Ziele und Werte verfolgen. Der BDIC hatte sich nicht nur die Schaffung eines großen ingeneurstudentischen Verbandes zum Ziel gesetzt, sondern auch die Erziehung der Aktiven zu verantwortungsbewußten Persönlichkeiten. Schon frühzeitig wurde ein Schwerpunkt auf die Bildungs- und Hochschulpolitik gelegt und ein gut funktionierendes Seminarwesen aufgebaut. Die Zugehörigkeit zum BDIC prägte die Schlaraffia zwangsläufig in einer gewissen Art mit. Alte Herren schwärmen noch heute von ihren persönlichen Eindrücken der früheren Bundeskongresse in Koblenz und ziehen Ver- Die Burschenschaft war die Keimzelle der Volksherrschaft in Deutschland. Das 100. Stiftungsfest bietet Anlaß, auch diesen Abschnitt in der Verbindungs geschichte darzustellen. -233- Die Zugehörigkeit zum BDIC prägte die Schlaraffia zwangsläufig in einer gewis sen Art mit. gleiche, was sich heute verändert hat. Da der BDIC bald sein 50. Bestehen feiern wird (2001), ist das auch zurückzublicken, wie es zu seiner Gründung kam. Gerhard Serges al. Präsa Verbandsmitgliedschaften der Schlaraffia in der Vorkriegszeit -234- Schon vor dem Verbot der Korporationen durch die Nationalsozialisten im Jahre 1935 war die TWV Schlaraffia verbandlich organisiert. Der bekannteste Verband war wohl der Ehrenbreitsteiner Vertreter Convent (EVC), der von 1930 bis 1935 bestand. Der EVC ist als der stärkste Verband mit dem Gründungsdatum 1921 mit seinen Kor- porationen nach dem Kriege Initiator und Mitbegründer des BDIC gewesen, so daß man den Ursprung des BDIC ohne Bedenken in das Jahr 1921 legen darf. Die traditionelle Nachfolge der benannten Verbände wurde durch die landsmannschaftlichen Eigenart, die Übernahme der Symbole, die Formulierung des Verbandsnamens und nicht zuletzt durch die Aufnahme der früheren Verbandskorporationen in den BDIC. 1. Verbindungsring Höherer Maschinenbauschulen Westdeutschlands (VHMW) Die ersten verbandlichen Aktivitäten der TWV Schlaraffia fanden im „Verbindungsring Höherer Maschinenbauschulen Westdeutschlands (VHMW)“ ihren Niederschlag, der am 15. Januar 1921 wurde. Die vier Hagener Korporationen TV Markomannia, TV Schlaraffia, TV Normannia (1934 vereinigt zur TV Saxonia) TV Teutonia wurden hier Mitglied, nach dem sie zuvor im Jahre 1919 mit zwei nichtfarbentragenden Stammtischen den „Allgemeinen Stammtischverband“ (ASV) gegründet hatten. Der Zusammenschluß war lose und seine hauptsächliche Zielsetzung die Aufhebung des § 9 der Preußischen Schulordnung zu erwirken, die studentische Verbindungen verbot, bzw. deren Mitglieder mit Relegation bedrohte. Die kurz danach eingetretene TV Cheruscia Aachen beantragte eine Reform des Verbandes auf der Grundlage einer studentischen Korporationen entsprechenden Verfassung. Die ersten verbandlichen Aktivitäten der TWV Schlaraffia fanden im „Verbindungsring Höherer Maschinenbauschulen Westdeutschlands (VHMW)“ ihren Nieder schlag 2. Der Hagener Senioren-Convent (HSC) Ein zum 28. Mai 1921 einberufener ACC gab diesem Antrag statt und beschloß, die von Bundesbruder Buchholz (Schlaraffia Hagen) und Vbr. Dorr (Cheruscia Aachen) in den wesentlichen Punkten beantragte Satzung. Sie betonte stärker die interne Bildungsarbeit als Voraussetzung für eine erfolgversprechende Außenpolitik. Höchste gesetzgebende Körperschaft war wiederum der „Allgemeine Chargierten-Convent“ (ACC). Die Leitung lag ein Semester bei dem jeweiligen Vorsitz der Ortsringe in festgelegter Reihenfolge. Da die Anregung zur Gründung eines Verbandes von Hagen „Hagener SeniorenConvent“ -235- „Arbeitsgemeinschaft der AH-Verbände des Hagener SC.“ ausgegangen war, nahm in Würdigung dessen der Korporationsverband den Namen „Hagener Senioren-Convent“ an. Die Hagener Stammtische schieden daraufhin aus. Als Gründungstag galt der 15. Januar 1921. Vordringliches Ziel war auch die Zulassung und Anerkennung der Korporationen zu erwirken. Jedoch weder Vorsprache im Preußischen Kultusministerium Mitte 1921 noch eine Verhandlung im zuständigen Preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe Ende des Jahres war ein Erfolg beschieden. Im Gegenteil, mit dem Erlaß vom 14. Januar 1922 ordnete Minister Siering (Preußischer Minister für Handel und Gewerbe) die Auflösung des Hagener SC und seiner Korporationen an. Sie kamen diesem Erlaß nur formell nach, aber ihrer Betätigung nach außen hin waren Grenzen gesetzt. Das Korporationsleben ging weiter gleich wie die Betätigung des Hagener SC, jedoch mit einer Einschränkung, Couleur wurde nur in geschlossenen Räumen getragen. Der Bundestag fand nach wie vor in großem Rahmen jährlich statt. Im Zusammenhang mit den immerhin erschwerenden Existenzbedingungen mag auch die „Arbeitsgemeinschaft der AH-Verbände des Hagener SC“ als beratendem Organ gegründet worden sein. Ungünstiger als das Verbot und andere äußeren Umstände, wie Inflation, militärische Besatzung, Ruhrkampf und Deflation wirkten sich der turnusmäßige Wechsel der Leitungen des HSC und der „Arbeitsgemeinschaft“ aus. Er erschwerte eine kontinuierliche Entwicklung beider Institutionen. Der Bundestag am 18. Januar 1925 stellte er eine Reihe von Grundsatz- und Alternativfragen zur Diskussion. Daraufhin wurde der Beschluß gefaßt, die Arbeitsgemeinschaft in anderer Form und Organisation weiterbestehen zu lassen. Neu war, die AH-Verbände in einem Verband zusammenzufassen. Wegen der immer noch prekären Lage für die aktiven Verbandsbrüder und in Wahrung der Tradition führte der Verband den neutralen Namen „Hohensyburgbund“ mit Sitz in Hagen. -236- 3. Hohensyburgbund (HSB) Am 13. Dezember 1925 gab der erweiterte Vorstand auf einer Sitzung in Hagen dem Hohensyburgbund eine neue Satzung, nach der er sich nunmehr auch auf Korporationen an gleichwertigen Studienanstalten und vor allem auf das ganze Reichsgebiet ausdehnen soll. „Hohensyburgbund“ mit Sitz in Hagen. 4. Ehrenbreitsteiner Vertreter-Convent' (EVC) Am 9. August 1930 ging der HSB mit zwei weiteren Kartellen, „Hohen-NeuffenerConventes“ und des „Rolandsecker Kartell-Verbandes“ in den „Ehrenbreitsteiner Vertreter-Convent“ (EVC) über. Indirekt wurde bei diesen Fusionen oder Umbenennungen der Verbände auch die TWV Schlaraffia als einfaches Mitglied immer wieder tangiert. Dem EVC war eine Betätigung im Sinne seiner Zielsetzung nicht mehr mög lich. Die stürmische Entwicklung des EVC konnte bei aller Begeisterung über die prekäre Lage nicht hinwegtäuschen, das Verbot der Korporationen blieb mit demütigenden Begründungen bestehen. Dem EVC war eine Betätigung im Sinne seiner Zielsetzung nicht mehr möglich. Er trat deshalb dem, Reichsbund Deutscher Fachschulcorporationen nicht bei. Vielmehr zog er einem drohenden Verbot bzw. einer evtl. damit verknüpften Gefährdung seiner Korporationen der im September 1937 erfolgten Auflösung vor. Vorgeschichte des BDIC Nach dem 2. Weltkrieg kehrten auch Korporierte zurück in ihre Heimat, soweit sie noch eine hatten. Glücklich waren diejenigen, die in die westlichen Zonen der Siegerstaaten heimkehren konnten. Hier faßten wenige Jahre später neuen Mut, ihre Korporationen wiederzugründen. Zunächst wurden die Alten Herren aktiv. -237- Schon am 12. April 1950 konnten die Chargen der Hamburger Korporationen ihren 1. Convent durch führen. Zunächst wurden die Alten Herren aktiv. Sie nahmen den Kontakt zu ihrer Studienstätte wieder auf und damit zur jungen Generation, den Studierenden. Erste Aktivitates erstanden. Waren sie zunächst noch mit ihrer eigenen Korporation beschäftigt, so regte sich doch bald der Wille zum Zusammenschluß, denn Presse und Rundfunk sahen in den Korporationen reaktionäre Gruppen. „Diese studentischen Gemeinschaften sind nicht mehr zeitgemäß“, hieß es. Sie wurden eines Besseren belehrt. Fast an allen Ingenieurschulen wurden Ortsringe, Cartelle und Convente gebildet, um mit vereinten Kräften den Widersachern begegnen zu können. In Hamburg kamen erstmalig am 9. März 1950 fünf Korporationen zusammen. Unter dem Vorsitz von Karl Hansen (Corps Rhenania Hamburg) kam man auf seinen Vorschlag zur Bildung einer überkorporativen Arbeitsgemeinschaft. Schon am 12. April 1950 konnten die Chargen der Hamburger Korporationen ihren 1. Convent durchführen, was im Laufe der folgenden Monate den Plan reifen ließ, aus diesem örtlichen Zusammenschluß einen Verband entstehen zu lassen, der alle deutschen Ingenieurschul-Korporationen umfassen soll, um so der früheren Uneinigkeit der Verbände zu begegnen. Schlaraffia wird Gründungsmitglied des BDIC Zu den Vertretern der nach folgend genannten Korporationen zählte auch Bundesbruder Kurt Jüsten al. Hecht. -238- Der AH-Senior der TwV Rhenania zu Wuppertal, hatte eine Reihe von Korporationen des früheren Ehrenbreitsteiner Vertreter - Convents (EVC) zu einem AH - Convent eingeladen, der am 19. Mai 1951 im Hotel Germania in Düsseldorf stattfand. Zu den Vertretern der nachfolgend genannten Korporationen zählte auch Bundesbruder Kurt Jüsten al. Hecht. TV Markomannia zu Düsseldorf (Glocksin, Overkamp) TV Sugambria zu Düsseldorf (Engels, Hennies, Pütz) TV Saxonia zu Hagen/W. (Breuker, Mesalla) TV Schlaraffia zu Hagen/Westf. (Jüsten) TV Rheinwacht zu Köln (Idel, Kaldenhoff, Lamberty, Miebad) TV Rheno-Teutonia zu Köln (Wilhelm Schmieds) TV Marcomannia zu Frankfurt/M. (Neumann) TV Borussia zu Magdeburg (Vitt) TV Marcomannia zu Wuppertal (Schneider) TwV Rhenania zu Wuppertal (Brüning, Wittler) Aus dem norddeutschen Raum waren Anregungen ergangen, sich einem Hochschulverband anzuschließen, der Kontakt mit Hamburger Korporationen aufgenommen hatte. Aber, man beschloß spontan, den ehemaligen EVC wieder aufleben zu lassen, und zwar sofort, d.h., in Düsseldorf. Um jedoch die Tradition zu wahren, einigte man sich einmütig, die offizielle Wiedergründung in Ehrenbreitstein zu vollziehen, und zwar in der Rheinterrasse. Am 23. Juni 1951 konnte der Gründungsconvent steigen. 28 Korporationen waren erschienen. Die Freude war groß, denn es trafen sich viele alte Bekannte an dem Ort, wo vor sechzehn Jahren der EVC zwangsweise aufgelöst worden war. Ernst Neumann (Marcomannia Frankfurt) berichtet über den 1. Convent in Ehrenbreitstein: „Man diskutierte eingehend und lange und um 19:12 Uhr konnte in feierlicher Weise proklamiert werden. Nicht mehr der EVC oder andere ehemalige Korporationsverbände sollen rekonstituiert werden.“ Der neue Name des Verbandes ist nun: Am 23. Juni 1951 konnte der Gründungsconvent steigen BUND DEUTSCHER INGENIEUR-CORPORATIONEN (BDIC) Der BDIC hatte damit die Nachfolge von folgenden früheren Verbänden der Ingenieurschul-Korporationen angetreten: Bund Deutscher Burschenschaften (BDB) Deutscher Farbenring (DFR) Ehrenbreitsteiner Vertreter-Convent (EVC) Friedrichsruher Waffenring (FWR) Karthäuser Deputierten-Convent Verband Bayern (KDCV) Kasseler Vertreter-Convent. Nach der traditionellen Weiterführung dieser suspendierten Verbände hatten deren ehemalige Ko rp o rationen auch eine A n regung ge f u n d e n , s i ch dem BDIC anzuschließen. -239- Umbenennung des BDIC Zeitweilig gehörten ihm damals bis zu 200 Korporationen in allen Teilen der Bundesrepublik an Für diesen Zeitraum stehen insbesondere die damaligen AH-Präsiden Faß Waldhausen und Pluto Plate, die durch ihren unermüdli chen Einsatz Vorbild für alle Schlaraffen waren. Bis 1968 entwickelte sich der BDIC sprunghaft weiter. Zeitweilig gehörten ihm damals bis zu 200 Korporationen in allen Teilen der Bundesrepublik an, von denen heute ein großer Teil nicht mehr existent ist. Erste Beziehungen zu den Universitätsverbindungen wurden am 18. Februar 1967 während einer Arbeitstagung von BDIC, CDA und CDK in Weinheim aufgenommen. Durch die Gründung der Fachhochschulen Anfang der 70er Jahre und Gesamthochschulen in Nordrhein–Westfalen/Hessen traten nicht mehr nur Ingenieurstudenten in die Verbindungen ein. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, kam es folglich 1974 zur Umbenennung des Verbandes in BDIC – Korporationsverband an Deutschen Hochschulen. Für diesen Zeitraum stehen insbesondere die damaligen AH-Präsiden Faß Waldhausen und Pluto Plate, die durch ihren unermüdlichen Einsatz Vorbild für alle Schlaraffen waren. Aktive Mitarbeit im Verband Detlef Umard al. Mette hatte seine Hauptaufgabe als Gebietsbeauftragter des BDIC für Hagen / Iserlohn (ab 1973) schnell definiert. -240- In den 70er Jahren hatte die Schlaraffia immer eine große Aktivitas. Dieser Umstand ließ es zu, sich auch außerhalb der eigenen Verbindung für das Gemeinwohl einzusetzen. Detlef Umard al. Mette hatte seine Hauptaufgabe als Gebietsbeauftragter des BDIC für Hagen / Iserlohn (ab 1973) schnell definiert. Ihm ging es vor allem darum, die Kontakte zu den Ortsringverbindungen neu- bzw. wiederzubeleben. Er gehörte damit zum erweiterten Vorstand des BDIC-Landesverbandes West. Zur Erarbeitung des BDIC Grundsatzprogramm fanden sich bei einer Arbeitstagung des Landesverbandes West in Valbert am 20.-21. Oktober 73 allein sechs Schlaraffen ein: Schrat Zeppenfeld, Neptun Godbarsen, Pegasus Gottschlich, Olymp Rehberg, Pöllzich Hoffe, Mette Umard. Zwei Jahre später wurde das Grundsatzprogramm mit dem Leitsatz Albert Schweitzers „Ehrfurcht vor dem Leben“ in Koblenz verabschiedet. Wenn man dieses Grundsatzprogramm heute liest, kann man die Handschrift der Schlaraffia noch gut erkennen. Ein weiterer Denker („Hagener Manifest“) und Lenker trat 1975 mit Bernd Gottschlich al. Pegasus als Senioren Convent Vertreter auf die Verbandsbühne. Als Sprecher der aktiven Bünde des LV West wandte er sich besonders dem Grundsatzprogramm, der Bildungs- und Hochschulpolitik bzw. der Seminar- und Keilarbeit zu. Nach seiner aktiven Zeit blieb er den BDIC-Nachrichten als Redakteur mit Schwerpunkt Bildungspolitik noch einige Zeit erhalten. Ein weiterer Denker („Hagener Manifest“) und Lenker trat 1975 mit Bernd Gottschlich al. Pegasus als Senioren Convent Vertreter auf die Verbandsbühne. Berlin war schon damals eine Reise wert. Diese Stadt hatte für Studenten, denen Bonn oder Münster zu provinzionell und miefig waren, schon immer eine magische Anziehungskraft. Auch Schlaraffen wie Moses Pierlich und Spritty Bräutigam zog es dort hin. Zwangsläufig wurden Berlinfahrten organisiert, in die das Winterfest des Landesverbandes Berlin integriert wurde. Ob der Verbands- oder Unterhaltungscharakter höher im Kurs standen, ist nicht mehr zu recherchieren. Jedenfalls berichteten die Aktiven nach ihrer Rückkehr stets mit Hingabe über diese Winterfeste. 1976 beging der noch junge BDIC sein 25-jähriges Jubiläum in Koblenz. Die Bundesbrüder Wuschel, Richters, Lox Roling und Deo Blümel vertraten die Farben der Schlaraffia beim Aufmarsch am Deutschen Eck. 1976 beging der noch junge BDIC sein 25-jähri ges Jubiläum in Koblenz. Vom Fux zum stellvertretenden Bundessenior Im Oktober 1977 nahmen aktive Burschen den Brandfuxen Gerhard Serges al Präsa, mit zur Landesverbandstagung in Duisburg, damit er ebenfalls einmal den Dachverband kennenlernen sollte. Daß er dann sofort zum stellvertretenden SC – Vertreter des Landesverbandes West gewählt wurde, war eine Überraschung. Ein Fux in einem Burschenamt. Durch eine besondere Vereinabrung konnte es zunächst mal beim Fuxenstatus bleiben. Wer läßt sich schon gerne diese schöne Zeit als Fux verkürzen? Die nächsten Stationen waren 1978 die Übernahme des Amtes des SC – Vertreter für den gesamten LV West, 1978 das erste Mal in Koblenz mit Bbr. Pluto Hoffmann und 1981 die Wahl zum Bundes - SC Vertreter im gschäftsführenden Bundesvorstand in Berlin. Durch meine bundesweite Arbeit wurde auch die TWV Schlaraffia bekannter -241- und mehr und mehr in Repräsentanzpflichten einbezogen. Die überregionalen Chargierauftritte nahmen zu. Im Dezember 1981 war die Schlaraffia zum ersten Mal beim Thomastag vertreten. Es chargierten außerdem Piano de Jacovo und Rocky Rückemann Thomastag im Dezember 1991 25 Jahre BDIC – Feierstunde am deutschen Eck -242- BDIC – Bundestagung in Hagen 1983 fand die Bundestagung in Hagen statt. Der Ortsring, die Fachhochschule, die Öffentlichkeit; alle wurden einbezogen. AH Faust Bültmann wird lobend für seinen Beitrag zur Organisation und Durchführung im BDIC-Journal erwähnt. Bei den Conventen im Parkhaus war die Einführung des Männerbundprinzips ein wichtiges Thema. Es erfolgte außerdem die Wiederwahl von Präsa-Serges als Bundesvorstandsmitglied bis 1985 in Regensburg. Bei den Conventen im Parkhaus war die Einführung des Männerbundprinzips ein wichtiges Thema. Nach der Bundestagung in Hagen nahm ein anderes Thema von den Hagener Verbindungen Besitz. Die drohende Schließung und spätere Verkleinerung der FH Hagen hinterließen einschneidene Wirkungen in den Mitgliederzahlen der Aktivitates. Verbandsthemen waren da zunächst von nachgeordneter Bedeutung. Am 22.September 1984 fällte der a.o. Delegiertenconvent in F rankfurt am Main den für die Schlaraffia später folgenschweren Beschluß das Männerbundprinzip in der Satzung festzuschreiben. Im Jahre 1986 folgte die bislang letzte Teilnahme der Aktiven an einem BDIC – Bundeskongreß. In der Kölner Flora chargierten Gagga Schöneberg, Mette Umard und Stöckel Januschczock. Am 22.September 1984 fällte der a. o. Delegiertenconvent in Frankfurt am Main den für die Schlaraffia später folgenschweren Beschluß das Männerbundprinzip in der Satzung festzuschreiben. BDIC 1983 in Hagen -243- Erste Austrittsgedanken Der Generalconvent beauftragte 1988 den AH-Vorstand eine Entscheidungsgrundlage über eine weitere Zugehörigkeit zum BDIC vorzubereiten. Vbr. Erich Steinbrecher al. Gabbro, von der B. Erica Suderburg, soeben in Saarbrücken zum neuen Bundessenior gewählt, schreibt am 5. Juni 1989 dem AH-Vorsitzenden Stamperl Diederichs: „Von Ihrem Bundesbruder Serges habe ich erfahren, daß bei Ihnen eine Abstimmung zum Austritt aus unserem Dachverband ansteht. Aus Gesprächen mit ihm, Ihrem Bbr. Godbarsen und dem AH-Präsiden R. Diederichs bin ich auch über die Gründe informiert worden, die eine Korporation hierzu veranlassen.“ Diese Gründe liegen, wie so oft in der Vergangenheit des BDIC, weniger in der mangelnde Aktivität von ehrenamtlich tätigen Verbandsbrüdern sondern in fehlender Koordination und Fehleinschätzung von Situationen, also mangelnder Führungsqualität, zu der sich dann auch noch fehlendes Fingerspitzengefühl paart. Im Sommersemester 1989 fordert AH-Schriftführer Tangens Niesalla im Auftrag des GC von 1988 die Mitglieder via Schlaraffenrundschau zu einer Probeabstimmung zum Austritt aus dem BDIC auf. Für und wider wurden in diesem Antrag gegenübergestellt. Hauptsächlich wirft der AH-Vorstand dem BDIC folgende Fehlleistungen vor: - keine Unterstützung bei der Schließung der FH Hagen - keine Kontakte zu anderen Bünden durch BDIC-Mitgliedschaft - fehlende Imagewerbung durch den Verband - keine Öffentlichkeitsarbeit - Themen auf den Verbandstagungen haben zumeist Verwaltungscharakter -244- Der Abschied Mit der Aufnahme von Maja Wotte in die Aktivitas stellte sich für die Schlaraffia eine neue Aufgabe: „die Damenfrage“. Was würde der Verband dazu sagen? Stamperl Diederichs 8. Februar 1991: „Letztendlich muß sich der BDIC entscheiden, ob er es vorzieht eine tote Verbindung ohne Beiträge zu haben oder eine Verbindung mit einer motivierten Aktivitas bei gleichzeitiger Zahlung der Beiträge. Der BDIC hat doch zum Aufbau unserer Aktivitas in keiner Weise beigetragen. Ich bin persönlich sehr froh, daß wir unsere Maja gewinnen konnten.“ Die Beziehung zum BDIC war ohnehin dur ch die Nichtteilnahmen an den Bundestagungen in den letzten 5 Jahren abgeklungen. Folglich war es den meisten Schlaraffen irgendwie egal, wie es mit dem BDIC weitergehen sollte. Im Frühjahr wurde mit der Burschung von Maja Wotte das Exempel statuiert und gegen die Ausführungsbestimmungen der BDIC-Satzung verstoßen, die eine Aufnahme von Studentinnen nicht vorsieht. Burschen sind endgültige Mitglieder einer Verbindung und somit hatte sich die TWV Schlaraffia selbst aus dem Verband herauskatapultiert. Die Mitgliedschaft erlosch automatisch. Die schriftliche Bestätigung des Verbandes war nur eine Formsache. Die Ursachen, daß es dazu kam, sind nicht einzig bei unserer Bundesschwester Maja Wotte zu suchen. Trauern manche Alte Herren dieser Zeit hinterher, so freuen sich andere, keine Verbandsverpflichtungen mehr zu haben. Da aber nichts so veränderlich ist wie die Zeit, wird bestimmt eines tages über eine neue Verbandsmitgliedschaft sinniert wer den. Die Mitgliedschaft erlosch automatisch. -245-