Die Korporationsgeschichte

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Die Korporationsgeschichte
Die Korporationsgeschichte
Bereits im Altertum gab es Lehranstalten, die als Vorläufer unserer Universitäten herhalten können. Die bekannteste älteste Hochschule ist das im Jahr 280 vor Christi gegründete Museion in Alexandria. 130 n. Chr. entstand in Athen die berühmte Philosophenschule, die in den Dekaden danach Tochterschulen in Rom, Lyon, Nimes und
Konstantinopel gründete.
Als es in Deutschland noch
keine Hochschulen gab,
mußten sich die deutschen
Studenten nach Bologna,
Padua, Salerno oder Paris
begeben.
1348 in Prag die erste deut sche Universität gegründet
In Mitteleuropa existierten Klöster- und Domschulen, die etwa im 8. Jahrhundert
durch die Aufnahme auswärtiger Studenten (Scholaren) aus ihrer Abgeschlossenheit
hervortraten. In ihnen finden wir die Keimzellen christlicher Universitäten. Die älteste Lehranstalt weltlichen Ursprungs ist die medizinische Hochschule in Salerno. Als
es in Deutschland noch keine Hochschulen gab, mußten sich die deutschen Studenten
nach Bologna, Padua, Salerno oder Paris begeben. Das war im 11. und 12.
Jahrhundert. Kaiser Friedrich Barbarossa verlieh im Jahre 1158 den Lehrern und
Schülern ein eigenes Recht „universitas magistrorum et scholarium“. Durch den kaiserlichen Erlaß konnten sie geschlossen nach außen auftreten. Später entwickelte sich
hieraus das akademische Bürgerrecht, aufgrund dessen die Studierenden noch weit
bis ins 19. Jahrhundert hinein ihre eigene Gerichtsbarkeit hatten. Innerhalb der universitates gliederte man sich entweder nach Fakultäten (Paris) oder nach „nationes“
(Bologna, Padua).
Als 1348 in Prag die erste deutsche Universität gegründet wurde, übernahm man auch
hier eine Einteilung nach Nationen, die auch bei späteren Universitätsgründungen in
Deutschland übernommen wurde. In den Nationen sieht man die Vorgänger der späteren landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse, die Wurzeln der studentischen
Verbindungen.
Die Nationen bestanden bis ins 17. Jahrhundert und bekamen teils durch das studentische Wohnwesen – Zusammenfassung nach landsmannschaftlicher Herkunft –
immer mehr den Charakter von Landsmannschaften, der auch nach der Auflösung der
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Wohngemeinschaften durch das Tragen von gleichfarbigen Abzeichen beibehalten
wurde. „Das landsmannschaftliche Band verknüpfte die Mitglieder auch nur für die
Universitätszeit.“
Auch an der im Jahr 1356 gegründeten Wiener Universität bestand die Nationaleinteilung der Studenten. In Prag kam es schon bald zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Tschechen und Deutschen, worauf die Deutschen das Land verließen und zum großen Teil nach Leipzig umsiedelten, wo 1409 eine Universität
gegründet wurde. In Heidelberg (1386) und Erfurt (1392) waren die Landsmannschaften nicht mehr so streng nach Nationalitäten eingeteilt.
Auch an der im Jahr 1356
gegründeten Wiener
Universität bestand die
Nationaleinteilung der
Studenten.
Die Angehörigen der kirchlichen Orden lebten an den Hochschulen, an die sie
geschickt wurden, in besonderen Pensionen. Diese Einrichtung wurde von den Landsmannschaften nachgeahmt. Die so entstandenen Heime dienten vor allen Dingen den
ärmeren Studenten. Die Magister der ersten deutschen Hochschulen erhielten die
Genehmigung, solche Heime und Kollegien zu errichten und zu leiten. Hierdurch
ergab sich für sie ein kleiner Nebenerwerb, denn das Gehalt eines damaligen
Hochschulprofessors war mehr als dürftig. Die Bewohner dieser Internate mußten
natürlich einen bestimmten Pensionsbeitrag leisten. Dieses Geld nannte man eine
„bursa“ und von dieser Bezeichnung erhielten die Heime den Namen „Bursen“. Die
dort wohnenden Studenten hießen „bursarii“, und aus diesem lateinischen Wort entstand schließlich der Name „Bursche“.
In den Bursen waren die Studenten der verschiedenen Volksstämme untergebracht.
Sie bildeten jeweils eine Landsmannschaft, die allerdings nicht so straff organisiert
war, wie ihre Vorläufer an den ersten Hochschulen in Bologna, Paris, Prag usw. Die
Sprache der damaligen Studenten war auch außerhalb des Kollegs lateinisch. Die
Klöster hatten bei der Errichtung der Bursen Pate gestanden, dementsprechend wurden auch die Scholaren streng gehalten. Auswüchse jeder Art wurden unterdrückt und
bestraft. Noch im 15. Jahrhundert mußten z.B. die Studenten in den Bursen Wiens um
3 Uhr morgens aufstehen, um 4 Uhr in die Messe gehen und ab 6 Uhr die ersten
Vorlesungen besuchen. Um 9 Uhr bzw. 10 Uhr abends mußte die Haustür verschlossen werden. Der Umgang mit der holden Weiblichkeit war den Studenten strengstens
In den Bursen waren die
Studenten der verschiedenen
Volksstämme untergebracht.
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untersagt, kurzum, die Lebensweise war spartanisch einfach. Die weniger bemittelten
Scholaren mußten in den Bursen ihr Kostgeld durch „Stubendienst“ verdienen. Trotz
aller Strenge lassen die Verbote erkennen, daß auch die Studenten der damaligen Zeit
zu heimlichen Trinkgelagen und allerlei Übertretungen jederzeit bereit waren. In den
Bursen wurde bis zur Reformation die sogenannte „Deposition“ d.h. Aufnahme der
Hinzugekommenen, stets mit Neckereien verbunden. Die mittelalterlichen Einrichtungen an den Universitäten verloren mit dem aufkommenden Humanismus an
Bedeutung. Mitte des 16. Jahrhunderts hatte sich diese Geistesrichtung überall durchgesetzt, für das Studententum entstand der Begriff der akademischen Freiheit. Die
Studenten verließen die Bursen und bildeten wieder – wie vor einigen Jahren in
Bologna – ihre Landsmannschaften.
Die in Deutschland neu auf gezogenen
Landsmannschaften hatten
die gegenseitige
Unterstützung ihrer
Mitglieder zum Hauptpunkt
ihrer
Statuten gemacht.
Die Fechtkunst wurde in
jenen Tagen nicht nur von
den Studenten, sondern von
allen Schichten der
Bevölkerung gepflegt.
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Die in Deutschland neu aufgezogenen Landsmannschaften hatten – wie die alten
deutschen Gilden – die gegenseitige Unterstützung ihrer Mitglieder zum Hauptpunkt
ihrer Statuten gemacht. Der Zeit entsprechend stand damals der gemeinsame Kirchenbesuch im Vordergrund.
Trotz aller guten Vorsätze zeugten Sitten und Gebräuche der Studenten von einer
gewissen Roheit. Der Degen saß locker und Raufhändel waren nichts Seltenes. Die
um 1500 eintretende leichte Besserung war nur von kurzer Dauer. Das Duell- und
Fechtwesen stand in Blüte, Schlägereien mit Soldaten, Handwerkern und Bürgern
waren an der Tagesordnung. Die Fechtkunst wurde in jenen Tagen nicht nur von den
Studenten, sondern von allen Schichten der Bevölkerung gepflegt. Besondere
Fechtmeister sorgten für die allgemeine Ausbildung. Nachdem man anfangs mit den
nationalen Waffen, dem Dolch, dem langen Schwert oder dem kurzen Messer, gefochten hatte und Ende des 16. Jahrhunderts Duelle mit dem „Düsack“, einer Art kurzem
Säbel, ausführte, setzte sich langsam das aus Frankreich und Spanien eingeführte
Rapier durch. Mit diesem konnte man auf Hieb und Stich fechten.
Seit dem 16. Jahrhundert wurden an den Hochschulen privilegierte Fechtlehrer angestellt. Mancher Student zog bei der Wahl der Universität die Berühmtheit des Fechtlehrers der Bedeutung der Professoren vor. In den Fechtgilden spielten die Studenten
eine bedeutende Rolle, die ersten Ehrenhändel wurden verabredet und auf öffentli-
chen Märkten ausgetragen. Vergebens wetterten die akademischen Behörden gegen
dieses Duellwesen und gegen die üppige Kleidung der Studenten, die in der bunten
spanischen Tracht einherstolzierten. In den studentischen Trinksitten begannen sich
allmählich bestimmte Bräuche einzubürgern, wobei man sehr viel Wert auf den
Gesang legte. Der eigentliche „Biercomment“ entwickelte sich aber erst später.
In den studentischen
Trinksitten begannen sich
allmählich bestimmte
Bräuche einzubürgern.
Zum Schrecken der damaligen Zeit wurden die wandernden Studenten, die fahrenden
Schüler, die während des Sommers ein Vagabundenleben führten und sich als Musikanten, „Schauspieler“ usw. auf der Wanderung von der einen zur anderen Universitätsstadt durchschlugen.
Dank der von den Landesfürsten verliehenen Vorrechte nahmen zu Beginn des 17.
Jahrhunderts die Universitäten einen großen Aufschwung. Die Zeit des 30-jährigen
Krieges indessen brachte einen erheblichen Rückschlag. Die allgemeine Verrohung
griff von den Landsknechten auch auf die Studenten über. Diese waren halbe Kriegsknechte geworden und liefen nur noch mit Degen und riesigen Sporenstiefeln einher.
Genau wie im Handwerk die Lehrlinge allerlei Schikanen über sich ergehen lassen
mußten, so war es auch bei den jungen Studenten. Die Füchse der Landsmannschaften, „Peenäler“ genannt, wurden von ihren älteren Kommilitonen gequält. Bei
der „Deposition“, der Aufnahme eines neuen Studenten, mußte der Neuling allerlei
Folterungen erdulden, die sich ein bis eineinhalb Jahre fortsetzten. Man titulierte ihn
unter anderem mit „Felix“ usw., und aus diesem ist allmählich durch Abschleifung
„Fux“ (andere Schreibart: „Fuchs“) entstanden. Vielleicht ist dieses Wort auch in Jena
aufgekommen, wo man einen pedantischen Professor, der einen Fuchspelz trug, als
„Schulfuchs“ bezeichnete. Gegen diese Unsitte der „Deposition“ gingen schließlich
die Universitätsbehörden mit schärfsten Maßregeln vor, aber erst im 18.Jahrhundert
konnten sie endgültig beseitigt werden.
Die Füchse der Lands mannschaften, „Peenäler“
genannt, wurden von ihren
älteren Kommilitonen
gequält.
Die Studenten mußten sich den landsmannschaftlichen Vereinigungen zwangsweise
anschließen. Die Mitglieder trugen die Farben ihres Bundes am Hut oder an den
Gefäßen ihrer Stoßdegen.
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In diesen rauhen Zeiten entstand der „Saufcomment“. Das Trinken und Rauchen
wurde stark übertrieben. Das Studium kam bei solcher Lebensweise natürlich zu kurz.
Noch im 17. Jahrhundert
wurden an einigen
Hochschulen die
Landsmannschaften mehr fach verboten.
Die Länder, aus denen eine
Landsmannschaft ihren
Nachwuchs zog, waren
genau eingeteilt.
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Noch im 17. Jahrhundert wurden an einigen Hochschulen die Landsmannschaften
mehrfach verboten. Die Studenten aber gingen an andere Hochschulen, an denen
diese den Schutz der akademischen Behörden genossen. Der Senior, der Consenior
und ein Sekretär bildeten das Präsidium. Wie bei den alten Zünften besaßen sie eine
„Nationallade“, deren Schlüssel die Senioren und ein Patron, ein von den Studenten
gewählter Professor, in Verwahrung hatten. Die Öffnung der Lade und die Abrechnung der Gelder erfolgte in der Anwesenheit des Patrons einmal im Quartal.
Konvente wurden von den Landsmannschaften regelmäßig abgehalten. Aus diesen
alten studentischen Landsmannschaften entwickelten sich im Laufe der nächsten
Jahrhunderte die späteren farbentragenden Korporationen.
Trotz mancher Verbote bestanden die alten Landsmannschaften bis in das 19. Jahrhundert hinein. Die Korporationen waren nicht gerne gesehen, nur, wenn man sie bei
den Universitätsfeiern brauchte, wurden sie von den Behörden anerkannt. Die Folge
war, daß sich die Studenten im geheimen zusammenschlossen. Aber auch so beherrschten die Verbindungen das Universitätsleben, sie waren an allen Hochschulen
vertreten. Die Studenten wurden mehr oder weniger gezwungen, einer Landsmannschaft beizutreten. Der monatliche Beitrag der Mitglieder wurde nach dem
Vermögen des einzelnen abgestuft. Die Korporationen unterstützten Mitglieder in
jeder nur möglichen Form. Die Länder, aus denen eine Landsmannschaft ihren
Nachwuchs zog, waren genau eingeteilt. Die Landsmannschaften hatten einen allgemeinen Comment ausgearbeitet, allgemeine Ehrenregeln aufgestellt und die Satisfaktion bei Ehrenhändel wurde von allen gegeben. Die Senioren der Landsmannschaften einer Hochschule bildeten den Senioren-Convent. Jede Verbindung
hatte hier Stimme. Die Korporationen wandten sich scharf gegen die Studenten, die
sich ihnen nicht anschließen wollten. Die Nichtkorporierten bildeten häufig Vereine,
die man „Sulpharia“ nannte.
Während des 18. Jahrhunderts erlebten die deutschen Hochschulen einen schnellen
Aufschwung. Manche Besserung der rauhen Sitten konnte damals festgestellt werden.
Um 1700 war die Kleidung der Studenten noch sehr bunt und auffallend. Man trug
eine ungeheure Allonperücke, einen dreieckigen Hut, einen breitschößigen Frack,
kurze schwarze Beinkleider, Strümpfe und Schnallenschuhe. In Jena legten die Studenten besonderen Wert auf einen langen Raufdegen, der beim Gehen nachschleppte.
Ende des 18.Jahrhunderts wurde das Tragen des Degens verboten, mit der Zeit wurden auch die Perücken abgelegt. An ihre Stelle trat ein lederner Helm mit Federbusch,
„Stürmer“ genannt, Koller und Kanonenstiefel.
Ende des 18.Jahrhunderts
wurde das Tragen des
Degens verboten
In jenen Tagen hatte man neben dem Studium sehr viel Zeit für andere Beschäftigungen. Man besuchte gern den Fechtboden, ging in die Reitschule, übte sich
im Schießen, kneipte auf den Marktplätzen und in den Bierdörfern. Mit Unfug jeder
Art machten die Studenten immer mehr von sich reden.
Am Sonntag wurde bei einem Korporationsmitglied ein „Kränzchen“ abgehalten. Auf
diese Weise erhielt im Laufe des Studiums jeder einmal die Rolle des Gastgebers.
Vom Mittag bis Abend – vermutlich häufig bis in die Nacht – wurden alle Kommilitonen auf der Bude des „Hospes“ bewirtet. Die Schläger wurden bereitgehalten,
denn der Hauptteil des „Kränzchens“ bildete das Fechten auf dem Hof oder in einem
Saal des Hauses. Man bemühte sich auf diesen Veranstaltungen eines gesitteten
Benehmens, und in den Zeiten der Verfolgung waren es die häuslichen Veranstaltungen, die die Landsmannschaften immer wieder zusammenhielten.
Um 1740 wurde die Freimaurerei von England nach Deutschland gebracht und beeinflußte das Verbindungswesen an den deutschen Hochschulen wesentlich. Zahlreiche Persönlichkeiten bemühten sich um die Mitgliedschaft, und es blieb nicht aus, daß
auch Professoren und Studenten sich den allgemeinen Freimaurerlogen anschlossen.
Die nach diesen Vorbildern von den einzelnen Studenten gegründeten Vereinigungen,
„Orden“ genannt, bestanden zuerst innerhalb der alten Landsmannschaften. Sehr bald
schon waren sie so stark, daß sie selbständige Organisationen bildeten. Der erste
Orden dieser Art war der von Moselanern 1746 gegründete Moselbund. Die Ziele dieser Orden waren: unverbrüchliche Freundschaft auf Lebenszeit, Einstehen füreinan der während des Studiums, ehrenhaftes Benehmen seiner Mitglieder. Die Ordens-
Um 1740 wurde die
Freimaurerei von England
nach Deutschland gebracht
und beeinflußte das
Verbindungswesen.
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brüder blieben auch nach dem Verlassen der Hochschule mit ihrer Loge in Verbindung
und halfen ihren Brüdern im beruflichen Fortkommen.
Die Rezeptionslogen waren
durchaus nach Art der
Freimaurer aufgezogen
Eine straffe Organisation diente zur Erreichung dieser Ziele. Innerhalb der Orden
hatte der Senior, häufig auch Logenmeister genannt, die Leitung, ihm zur Seite standen der Consenior (Unterlogenmeister) und ein Sekretär. Die Rezeptionslogen waren
durchaus nach Art der Freimaurer aufgezogen, sie fanden stets nachts statt. Die
Räume waren mit Emblemen, Schädeln, gekreuzten Schlägern usw. geschmückt. Die
Aufnahme in diese Orden erfolgte ohne Rücksichtnahme auf das Heimatland.
Die Orden umgaben sich mit einem geheimnissvollen Schleier, die Mitglieder
schwärmten für Weltbeglückungsideen. Man besaß geheime Zirkel und Wahlsprüche
und trug Ordenszeichen. Letztere bestanden aus einem Kreuz, welches die Anfangsbuchstaben des Wahlspruches trug, und aus einem Ordensband von bestimmter Farbe.
Für den internen Briefwechsel benutzte man bestimmte Zeichen, die unseren heutigen Zirkeln sehr ähnlich waren. Die Orden betätigten sich politisch und wurden
schließlich streng verfolgt. Die Verfolgung zeigte wenig Erfolg. Sie spielten im damaligen Deutschland eine hervorragende Rolle. Landsmannschaften und Orden arbeiteten zunächst zusammen, sie bestimmten das Leben an den Hochschulen.
Im Jahr 1772 entstand in
Göttingen eine studentische
Vereinigung gegen
Landsmannschaften und
Orden.
Im Jahr 1772 entstand in Göttingen eine studentische Vereinigung gegen Landsmannschaften und Orden. Viele junge Studenten schlossen sich diesem „Hain“ an.
Seine Merkmale waren Sentimentalität und Lyrik. Als die Gründer Göttingen verließen, zerfiel dieser Bund in wenigen Jahren.
Immer mehr Widerspruch fand das trotz der guten Vorsätze roh gewordene Leben und
Treiben der Ordensbrüder und Landsmannschaften. In studentischen Kreisen entstanden „Literarische Kränzchen“, die vor allem das Duellieren ablehnten.
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Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde das Verhältnis zwischen Orden und Landsmannschaften immer gespannter, es kam zu öffentlichen Fehden. Am 14. Juni 1793
wurden die studentischen Verbindungen vom Regensburger Reichstag aufgelöst. Staat
und Behörden gingen scharf gegen alle korporativen Zusammenschlüsse vor. Da auch
die Studenten der rohen Ordenssitten überdrüssig waren, zerfielen die Orden sehr
bald. Die „Kränzchen“, zu denen sich die alten Landsmannschaften zum Teil entwickelt hatten, verzichteten auf jede politische Betätigung und wurden geduldet. Der
rein landsmannschaftliche Charakter der alten Verbindungen verlor sich mehr und
mehr. Es entwickelten sich verschiedene Korporationsverbände.
Die Corps
Als 1798 einige Mitglieder des Erlanger Hormonistenordens, auch Orden der
„Schwarzen Brüder“ genannt, aus diesem austraten, gründeten sie die „Ansbachsche
Gesellschaft“ mit den Farben rot-weiß. Diese, „Onoldia“ genannt, führte wohl die
Bezeichnung Landsmannschaft, durchbrach aber in vielem deren Prinzipien. Sie
nahm nicht nur Mitglieder aus dem Ansbacher Bezirk, sondern auch aus allen anderen Teilen Deutschlands auf.
Damit war eine neue Verbindungsart entstanden. Die „Onoldia“ ist die erste moderne
Korporation, die ihre Mitglieder auf Lebenszeit, also auch als „Alte Herren“ zusammenschloß. Die Bezeichnung „Corps“ wurde von dieser Verbindung in den 20er
Jahren des 19.Jahrhunderts angenommen.
Die „Onoldia“ ist die erste
moderne Korporation, die
ihre Mitglieder auf
Lebenszeit, also auch als
„Alte Herren“ zusam menschloß.
In den Befreiungskriegen 1806 bis 1813 zogen fast alle Studenten Norddeutschlands
ins Feld. Studentische Freicorps, die sich bald den anderen Truppen anschlossen, wurden aufgestellt. Dem berühmtesten, dem Lützower Freicorps, gehörte fast die gesamte Jenaer Landsmannschaft „Vandalia“ an. Die aus dem Kriege zurückgekehrten Studenten waren erfüllt von der erhabenen Idee, ein freies Vaterland und eine bessere
Zukunft miterkämpft zu haben. Sie führten in ihren alten Landsmannschaften das bisherige Studentenleben weiter.
Jenaer Studenten, hauptsächlich „Vandalen“, die mit den „Lützowern“ in den Krieg
gezogen waren und das Gedankengut des Turnvaters Jahn kennengelernt hatten, setzten sich für die Gründung einer einheitlichen Verbindung der „Burschenschaft“ ein.
Am 13. Juni 1815 wurde in Jena die erste Burschenschaft ins Leben gerufen. Rund
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Duelle waren an der
Tagesordnung und die
Corpsstudenten bestanden
auf unbedingter Satisfaktion.
75% der Studenten an dieser Universität gehörten der neuen Korporation an. Die
Ideen dieser Verbindung verbreiteten sich sehr bald über ganz Deutschland, an allen
Hochschulen wurden neue Burschenschaften gegründet. Auf das Schicksal der
Burschenschaften und deren weiteren Entwicklung komme ich später noch zu sprechen. Diese Corps nahmen ihre Mitglieder aus allen deutschen Volksstämmen. Sie
ließen also das rein landsmannschaftlich Prinzip fallen, kümmerten sich auch herzlich
wenig um Politik und führten ein wahrhaft studentisches Leben. Die Mitglieder wurden ritterlich und gesellschaftlich erzogen. Duelle waren an der Tagesordnung und die
Corpsstudenten bestanden auf unbedingter Satisfaktion. Es entstand so der deutsche
Farbenstudent.
1820 bestanden bereits in Bonn, Breslau, Erlangen, Freiburg, Gießen, Göttingen,
Halle, Heidelberg und Jena Corps. Sie fanden bei den Universitätsbehörden Anerkennung, in ihnen sammelte sich der konservative Teil der Studenten. Zwischen den
einzelnen Corps kam es immer wieder zu Zwistigkeiten. In den 40er Jahren zeigten
sich in den verschiedenen Corps progressive Tendenzen. Man lehnte den strengen
Verbindungszwang und das Duell ab. Diese Ideen setzten sich aber in den Corps nicht
durch.
Im Revolutionsjahr 1848 verhielten sich die Corps sehr zurückhaltend und beteiligten
sich nicht an den Unruhen. Nur an dem allgemeinen 2. Wartburgfest am 13. Mai 1848
nahmen sie teil.
Inzwischen bemühte man
sich, die Corps an allen
Hochschulen zu einem
Verband
zusammenzuschließen.
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Inzwischen bemühte man sich, die Corps an allen Hochschulen zu einem Verband
zusammenzuschließen. Der Senior der Heidelberger „Vandalia“ beantragte auf einem
Convent am 15. Mai 1848, die Corps der übrigen deutschen Universitäten zu einer allgemeinen Beratung einzuladen, um die zur Wahrung und Hebung des landsmannschaftlichen Interesses nötigen Maßnahmen gemeinsam zu besprechen und vor allem,
einen allgemeinen Comment auszuarbeiten. Dem Antrag wurde stattgegeben und auf
dem Corps-Kongreß am 15. Juni 1848 in Jena erschienen elf Senioren-Convente.
Man einigte sich, in Zukunft nur solche Verbindungen als Corps anzuerkennen, die
sich dem bestehenden Comment und dem Senioren-Convent unterwerfen, politische
Tendenzen vermeiden und die studentische Mensur pflegen wollten. Die Einrichtung
eines ständigen Schiedsgerichtes zur Beilegung der Streitigkeiten zwischen den einzelnen Verbindungen fand allgemeine Zustimmung. Alljährlich sollte nun in Kösen
der Corps-Kongreß zusammentreten.
Der Zusammenhalt zwischen den einzelnen Senioren-Conventen war nur sehr locker.
1848 waren in Kösen nur fünf von elf Conventen erschienen. 1850 und 1851 kam man
noch einmal zusammen, aber kurz darauf zerfiel dieser erste Zusammenschluß deutscher Corps.
Der Zusammenhalt zwischen
den einzelnen SeniorenConventen war nur sehr
locker.
Der Göttinger Senioren-Convent rief 1855 zu einem Kongreß auf, und es kam am 26.
Mai 1855 zur Gründung des Kösener-Convents-Verbandes. Der Kongreß im Jahre
1857 verschärfte die Bestimmungen gegen Verbindungen ohne unbedingte Satisfaktion. Östereichische und Schweizer Corps traten dem K.S.C.V. bei.
Nach dem im Jahr 1868 aufgestellten und ein Jahr später genehmigten „Kösener
Statuten“ ist die Zweckbestimung der Corps: „Vereinigung der immatrikulierten Studenten derselben Universität, um die Mitglieder in aufrichtiger Freundschaft zu ver binden und – ohne Beeinflussung ihrer politischen, religiösen und wissenschaftlichen
Richtung – zu Vertretern eines ehrenhaften Studentums und zu charakterfesten, tatkräftigen, pflichttreuen Männern zu erziehen“.
In den Jahren nach dem Kriege 1870/71 hatten sich viele Verbindungen in Corps umgewandelt, darauf wurden vom K.S.C.V. die Aufnahmebedingungen wesentlich verschärft. Man war in den Corps immer exclusiver geworden und suchte durch kostspieliges Auftreten auszustechen. Der Posener Intendanturrat Zander ging scharf
gegen diese Mißstände vor und erreichte auf dem Kongreß im Jahr 1881 die Beseitigung der schlimmsten Auswüchse.
Durch den Beitritt zahlreicher Fürstlichkeiten gewannen die Corps beträchtlich an
Ansehen. Ve rs chiedene Hohenzo l l e rn - P ri n zen ge h ö rten dem Bonner Corp s
„Borussia“ als Conkneipanten an. Auch der letzte deutsche Kaiser war während seiner Bonner Studienzeit von 1877 bis 1878 CK des Corps „Borrussia“.
In den Jahren nach dem
Kriege 1870/71 hatten sich
viele Verbindungen in Corps
umgewandelt
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Zu Pfingsten eines jeden
Jahres fand in Kösen der
Kongreß statt
Zu Pfingsten eines jeden Jahres fand in Kösen der Kongreß statt, auf dem die Angelegenheiten des Verbandes beraten wurden. Um das Jahr 1932 herum bestand der
K.S.C.V. aus 31 örtlichen Senioren-Conventen mit 125 einzelnen Corps. Im gleichen
Jahr hatte ein außerordentlicher Kongreß festgelegt, daß sich die Corps streng an die
studentische Aufgabe der Erziehung und Bildung beschränken sollten. Im Oktober
1935 mußte sich der aktive K.S.C.V. dem Druck des N.S.-Regimes beugen und sich
auflösen.
Nach dem Krieg trafen sich die Corps der Universitäten 1951 in Bad Godesberg, wo
der K.S.C.V. neu konstituiert wurde. Seitdem findet alljährlich in Würzburg der
Kongreß des K.S.C.V. statt.
In den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts bildeten sich an
den landwirtschaftlichen Hochschulen und Universitäten mit landwirtschaftlichen
Instituten studentische Vereine, die sich langsam zu Verbindungen entwickelten. Von
den verschiedenen Kartellen wurde am 5. März 1882 der „Verband der akademischlandwirtschaftlichen Vereine an deutschen Hochschulen“ in Berlin gegründet. Im Mai
1922 wurde der Name in „Naumburger D.C.“ abgeändert. Mit einem DelegiertenConvent am 15. Juni 1923 wurde mit der Einführung der Bestimmungsmensur auch
die Anschaffung des Vollcouleurs beschlossen.
Der fachwissenschaftliche
Gedanke ist die Grundlage
der einzelnen Verbindungen
und des Verbandes geblie ben.
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Der fachwissenschaftliche Gedanke ist die Grundlage der einzelnen Verbindungen
und des Verbandes geblieben. Am Freitag nach Himmelfahrt fand regelmäßig in
Naumburg an der Saale der ordentliche Delegierten-Convent statt. Der Verband führte zuletzt den Namen „Naumburger Senioren-Convent“ (NSC), und die einzelnen
Verbindungen nahmen die Bezeichnung Corps an. 1928 gehörten dem NSC 20 landwirtschaftliche Korporationen an. Die Landsmannschaften der Tierärztlichen Hochschulen gründeten 1883 den Rudolfstädter Senioren-Convent (RSC). 1902 nahmen
diese Verbindungen ebenfalls die Bezeichnung Corps an. Der Verband bestand nicht
nur an den Tierärztlichen Hochschulen, sondern war auch an den Universitäten,
Technischen Hochschulen, Handelshochschulen und Bergwerks-Akademien vertreten. Dem Rudolfstädter Senioren-Convent gehörten 1928 insgesamt 50 Corps an.
Wie an den Universitäten, so schlossen sich auch an den Technischen Hochschulen
die Korporationen mit gleichen Richtlinien zu Verbänden zusammen. Die Corps der
Technischen Hochschulen zu Karlsruhe, Stuttgart und Zürich gründeten am 29. Dezember 1863 den „Allgemeinen Senioren-Convent“. In den sechziger Jahren traten
die Corps der übrigen Technischen Hochschulen – mit Ausnahme der Münchener,
und die der Berkwerksakademien – dem Vorstand bei, der in der Folgezeit den Namen
„Weinheimer-Senioren-Convent“ annahm. Differenzen zwischen den einzelnen Corps
verursachten 1883 die Auflösung des W.S.C., doch schon im nächsten Jahre wurde
der Verband neu konstituiert. Alljährlich versammeln sich seine Corps auf der dem
W.S.C. gehörenden Wachenburg bei Weinheim an der Bergstraße, die von 1907 bis
1913 erbaut worden ist. Die ältesten Corps der Technischen Hochschulen sind meistens älter als ihre Hochschule. Sie stammen noch aus der Zeit, als ihre Studienstätte
ein Polytechnikum war. Nach dem letzten Kriege bildeten am 23. Juli 1950 dem
„Weinheimer Verband Alter Corpsstudenten e.V.“ nahestehende studentische
Gemeinschaften auf der Wachenburg die „Weinheimer corpsstudentische
Arbeitsgemeinschaft“. Damals traten 23 Corps der W.C.A. bei, die das Recht des
Farbentragens vertrat und die Sportmensur bejahte. Nach 6 Jahren fand vom 3. bis 6.
Mai 1951 die erste große Tagung in Weinheim statt. 56 Corps gehörten damals der
W.S.C. an.
Die Corps der Technischen
Hochschulen zu Karlsruhe,
Stuttgart und Zürich gründe ten am 29. Dezember 1863
den „Allgemeinen SeniorenConvent“.
Am 23. Mai 1952 ist der Weinheimer-Senioren-Convent in Weinheim auf der
Wachenburg wieder erstanden. Auf dem Festcommers stellte der 1. Vorsitzende in seiner Rede als besonderes Ziel des Verbandes die nachstehende Forderung an seine
Mitglieder:
1.
Politisches Verantwortungsbewußtsein, d.h. die stete aktive Bereitschaft, aus
freier persönlicher Entscheidung positiven Anteil am Geschehen des Tages zu
nehmen und sich für das notwendig Erkannte wirksam einsetzen.
2.
Achtung vor der Freiheit der Persönlichkeit und der Meinung anderer.
3.
Offenes Bekenntnis zu unserem deutschen Vaterland und die Bereitschaft, für
sein ungeteiltes Land, sein ungeteiltes Recht und für seine unbedingte Freiheit
Am 23. Mai 1952 ist der
Weinheimer-SeniorenConvent in Weinheim auf der
Wachenburg wieder erstan den.
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einzutreten, in selbstverständlicher Achtung gegenüber anderen.
Wir sehen es nicht als Abweichen von der unpolitischen Haltung unseres
Verbandes an, wenn wir betonen, daß niemals der WSC einer politischen
Richtung als Vorspann dienen möchte, die anderen Kulturvölker das streitig
machen will, was wir als elementares Lebensrecht für unser deutsches Volk
erstreben und als Deutsche fordern.
Offenes Bekenntnis
4.
Kampf der Vermassung. Wir wehren uns gegen die Ursache und Auswirkung
materialistischer Weltanschauungen und totalitärer Machtansprüche in dem
Bewußtsein, daß diese totalitären Ideen überall da fruchtbaren Boden finden,
wo die Vermassung eines Volkes schon radikale Vorarbeit hat. In diesem
Bekenntnis folgt der Weinheimer Senioren-Convent seinem alten Grundsatz der
Erziehung zur individuellen und freien Persönlichkeit, den er schon mit dem
ersten Tage seines Bestehens hatte.
5.
Durch die Zugehörigkeit der Corps zur Hochschule erstreben wir die
Mitgestaltung des Hochschullebens durch Zusammenarbeit mit Rektor und
Senat, Studentenschaft und allen studentischen Gruppen.
Die Aktiven und Altherrenverbände des K.S.C.V. und des W.S.C. haben Ende 1951
zur Vertiefung der Zusammenarbeit der beiden großen Verbände eine Kommission gebildet, die die Aufgabe erhalten hat, die gemeinsamen corpsstudentischen Anliegen zu
fördern. Anschließend noch einige Worte zur „Corpsidee“, die H. Kessler wie folgt
formulierte:
„Von einer Corpsidee zu reden, sind wir nicht gewohnt, ohne daß wir dabei an eine
wissenschaftliche Theorie, an eine philosophische Lehre, an eine „Ideologie“ denken,
oder auf eine solche „eingeschworen“ wären. Das, was wir Corpsidee nennen, ist
psychagogischer Natur, sie inspiriert zu einer Lebensweise, einem Lebensstil, zu einer
Haltung bei der Lebensführung, ihr Zweck ist kein theoretischer, sondern
Lebenspraxis“.
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Die Burschenschaften
Die deutsche Burschenschaft ist ein Kind der Befreiungskriege zu Beginn des vorigen
Jahrhunderts. Schon vor diesem Krieg hatte sich Turnvater Jahn über die Gründung
einer Burschenschaft Gedanken gemacht. Er wetterte gegen die deutsche
Kleinstaaterei, und aus diesem Grunde waren ihm die deutschen Landsmannschaften
an den Hochschulen verhaßt. Er vergaß dabei, daß inzwischen viele dieser Korporationen mit den alten Prinzipien gebrochen hatten. In den Vorkriegsjahren hatte Jahn
mit seinen Ideen wenig Glück gehabt. Als der preußische König Friedrich Wilhelm III.
1813 sein Volk zu den Waffen rief, eilten die Landsmannschaften zu den Fahnen.
Auch nichtpreußische Studenten folgten seinem Ruf. Die meisten wandten sich nach
Breslau, wo das Lützowsche Korps, für das Jahn wirkte, gegründet wurde. Fast alle
Jenaer „Vandalen“ schlossen sich diesem Korps an, dem auch Theodor Körner angehörte. Ihre bunten Studentenröcke wurden einheitlich schwarz gefärbt.
Die deutsche Burschenschaft
ist ein Kind der
Befreiungskriege zu Beginn
des vorigen Jahrhunderts.
In Jena führten die Landsmannschaften zunächst einen erbitterten Kampf gegen eine
im Sommer 1814 gegründete „Sulpharia“. Dieser Reformverein richtete sich gegen
die Korporationen und gegen das Mensurwesen. Die alten Waffengefährten in den
verschiedenen Landsmannschaften fühlten sich zueinander hingezogen und, durch
Jahns Ideen beeinflußt, gründeten sie am 20. August 1814 eine Vereinigung, der sie
den Namen „Wehrschaft“ gaben. Die Zusammenarbeit in dieser Vereinigung rief den
Wunsch hervor, die vier Jenaer Landsmannschaften aufzulösen, um sie in einer einzigen Verbindung zu verschmelzen. Hauptsächlich traten die „Vandalen“ dafür ein. Die
Thüringer, Franken und Sachsen wurden schließlich für diese Ideen gewonnen.
Am 12. Juni 1815 versammelten sich die vier Landsmannschaften auf dem Jenaer
Marktplatz und gründeten die erste Burschenschaft. Die Verfassung dieser Burschenschaft lehnte sich eng an die der Landsmannschaft „Vandalia“ an, und auch die
Farben schwarz-rot-gold waren der Uniform der „Vandalen“ entnommen; scharlachroter Rock mit schwarzem Sammet am Kragen, Revers, Armaufschlägen und
Rabatten, der Kragen war mit einem Eichenkranz von Gold gestickt. Erst auf dem
Wartburgfest 1817 wurde das Gold in das Band aufgenommen. Der Wahlspruch der
jungen Burschenschaft lautete: „Dem Biederen Ehre und Achtung!“
Am 12. Juni 1815 versam melten sich die vier
Landsmannschaften auf dem
Jenaer Marktplatz und grün deten die erste
Burschenschaft.
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Der Wahlspruch der jungen
Burschenschaft lautete:
„Dem Biederen Ehre und
Achtung!“
Wartburgtreffen am 18.
Oktober. An der
Veranstaltung nahmen neben
600 Studenten aller
Hochschulen auch verschie dene Professoren teil.
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Als der Geist des Jahnschen Turnplatzes nach Jena übertragen wurde, nahm er mit der
Zeit der Burschenschaft ihren harmlosen Charakter und machte sie zum Sitz revolutionärer Bestrebungen. Nicht alle Burschenschafter waren von dieser Richtung begeistert, viele pflegten noch ihre alten landsmannschaftlichen Zusammenkünfte. Es kam
sogar zu einer engeren brüderlichen Vereinigung, die sich als „Schwarzer Orden“
bezeichnete. Vorwiegend waren es die ehemaligen Sachsen, die hier zusammenkamen.
Der vaterländische Geist der Jenaer Burschenschaft hielt bald auf den anderen
Hochschulen Einzug. Um einen Zusammenhang mit den gleichgesinnten Studenten
der übrigen Hochschulen anzubahnen, lud die Jenaer Burschenschaft zu einem allgemeinen Wartburgtreffen zum 18. Oktober 1817 ein, auf dem gleichzeitig die Dreihundertjahrfeier der Reformation sowie der Jahrestag der Schlacht bei Leipzig festlich begangen wurde. An der Veranstaltung nahmen neben 600 Studenten aller
Hochschulen auch verschiedene Professoren teil. Die zündenden Reden von Riemann
und Fries hinterließen bei den Anwesenden einen nachhaltigen Eindruck. Am zweiten Tag zogen die Burschenschaften nach dem Wartenberg. Hier spielte sich die für
die burschenschaftliche Bewegung so verhängnisvoll werdende „Verbrennungsszene“
ab. Der Berliner Massmann trat mit einem Korb voll Makulatur vor und warf die einzelnen Stücke, auf denen Büchertitel verzeichnet waren, in die Flammen, außerdem
verbrannte man einen Korporalstock, einen Gardeschnürleib und einen Haarbeutel.
Gleichzeitig ließ er harte Worte gegen unbeliebte Schriftsteller fallen. Am nächsten
Tag beschloß man die Gründung der allgemeinen deutschen Burschenschaft mit den
Farben schwarz-rot-gold und dem Wahlspruch: „Ehre, Freiheit, Vaterland!“
Der bei der Verbrennungsszene geschmähte preußische Geheimrat Schmalz wütete
gegen die „Aufrührer“. Auch der österreichische Staatsmann Metternich wetterte
gegen den „Geist des Jakobinismus“.
1818 kamen die Burschenschaften von 9 Hochschulen in Jena zu einer Beratung
zusammen. Da für ein weiteres Wartburgfest von den Behörden keine Genehmigung
erteilt wurde, fand vom 10. bis 19. Oktober 1818 ein öffentlicher Burschentag in Jena
statt. Vertreter von 14 Universitäten gründeten auf dieser Tagung endgültig die
„Allgemeine Deutsche Burschenschaft“.
Die Hauptgrundsätze der Burschenschaft waren:
§ 1 Die Allgemeine Burschenschaft Deutschlands ist die freie und natürliche Vereinigung der gesamten auf den Hochschulen wissenschaftlich sich bildenden Jugend
zu einem Ganzen, gegründet auf das Verhältnis der deutschen Jugend zur werdenden
Einheit des deutschen Volkes.
§ 2 Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft als freies Gemeinwesen stellt als den
Mittelpunkt ihres Wirkens folgende allgemein anerkannte Grundsätze auf:
a) Einheit, Freiheit aller Burschen untereinander, mögliche Gleichheit aller
Rechte und Pflichten.
b) christlich deutsche Ausbildung einer jeden leiblichen und geistigen Kraft zum
Dienste des Vaterlandes.
§ 3 Das Zusammenleben aller deutschen Burschen im Geiste dieser Sätze stellt die
höchste Idee der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft dar, die Einheit aller deutschen Burschen im Geiste wie im Leben.
Einheit, Freiheit aller
Burschen untereinander
§ 4 Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft tritt nun danach ins Leben, daß sie allmählich immer mehr als ein Bild ihres in Gleichheit und Freiheit blühenden Volkes
darstellt, daß sie ein volkstümliches Burschenleben in der Ausbildung einer jeden
leiblichen und geistigen Kraft erhält und im freien, gleichen und geordneten
Gemeinwesen ihre Glieder zum Volkstum vorbereitet, damit jedes derselben zu einer
solchen Stufe des Selbstbewußtseins erhoben werde, daß es in einer reinen
Eigentümlichkeit den Glanz und die Herrlichkeit deutschen Volkslebens darstellt.
Nachdem die von den Länderregierungen während des Krieges gemachten Versprechungen nicht eingehalten wurden, machten sich im Volke republikanische Tendenzen bemerkbar, die auch bei der Burschenschaft Unterstützung fanden. Infolge der
Anfeindung durch die Regierungen erblickten sie schließlich in dem Staat ihren
Hauptgegner. Die Wortführer der neu auftretenden republikanischen Ansichten in der
Burschenschaft waren die Brüder Follen.
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Die Wortführer der neu auf tretenden republikanischen
Ansichten in der
Burschenschaft waren die
Brüder Follen.
Österrreich und Rußland schickten Inspektoren nach Jena, um die gärenden Elemente
dort zu beobachten. Im Oktober 1818 tagte in Aachen der europäische Monarchenkongreß, auf dem u.a. auch Maßnahmen gegen die Burschenschaft zur Sprache
kamen. Es wurde sogar vorgeschlagen, die Professoren und Studenten polizeilich
überwachen zu lassen. Eine allgemeine Erbitterung an den Hochschulen war die
Folge. Aus dieser Stimmung tötete der Jenaer Theologiestudent Karl Ludwig Sand,
nachdem er aus der Burschenschaft ausgetreten war, am 23. März 1819 den russischen StaatsratAugust von Kotzebue, den er als Vaterlandsverräter haßte. Sand wurde
verhaftet und zum Tode verurteilt. Am 20. März 1820 wurde er in Begleitung eines
großen Truppenaufgebotes in Mannheim zum Richtplatz geführt.
Diese unselige Tat wurde der ganzen Burschenschaft zur Last gelegt, die lediglich
noch beim Herzog von Sachsen-Weimar Unterstützung fand. Metternich hatte nur ein
Mittel, um einschreiten zu können. Durch die Karlsbader Beschlüsse, die man am 20.
September 1819 in Frankfurt zu Bundesratsbeschlüssen machte, wurden die Universitäten unter die besondere Aufsicht landesherrlicher Kommissarien gestellt. Eine
Generalkommission in Mainz wurde mit der Aufspürung demagogischer Umtriebe
beauftragt. Gegen die Burschenschaften wurde schärfstens eingeschritten, da diesem
Verein die schlechterdings unzulässige Voraussetzung einer fortdauernden Gemeinschaft und Korrespondenz zwischen den verschiedenen Universitäten zu Grunde
liege. Preußen strengte gegen verschiedene Patrioten peinliche Untersuchungen an.
Arndt mußte seine Briefschaften im Keller verstecken und seine Vorlesungen einstellen. Die Turnplätze wurden geschlossen, und Jahn wurde vom Bett seines sterbenden
Kindes weg verhaftet. Gebürtige Preußen durften nicht mehr in Jena studieren. Am
26. November 1819 mußte sich die Jenaer Burschenschaft auflösen.
Gebürtige Preußen durften
nicht mehr in Jena studieren.
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Es gab offiziell keine Burschenschaften mehr, aber im geheimen arbeiteten sie weiter.
Die einzigen Lebenszeichen dieser Korporationen waren die geheimen Burschentage,
die 1820 in Dresden, 1821 in Streitberg und 1822 in Bensheim stattfanden. Nur die
kleine Zahl von Eingeweihten nahm hieran teil. Die Förderung des Einheitsgedankens
wurde wieder in den Vordergrund des burschenschaftlichen Wirkens gestellt. Der
Zweikampf wurde als studentische Notwendigkeit anerkannt.
Burschenschaften gab es damals noch in Erlangen, Heidelberg und Leipzig, an den
anderen Hochschulen existierten nur burschenschaftliche Vereine, denen zweifellos
geistig regsame Elemente angehörten. Die religiös-mystische Färbung der Urburschenschaft war verloren gegangen, man war politischer und radikaler geworden. Der
Mecklenburger Adolf von Strewitz warb für einen geheimen Bund, der als Jünglingsbund bekannt wurde und die Einigung und Befreiung des deutschen Volkes herbeiführen sollte. Man spielte regelrecht Verschwörung. 1823 wurde der Bund den
Behörden verraten, und seine Mitglieder wurden hart bestraft. In den anderen unpolitischen burschenschaftlichen Kreisen waren die Mitglieder in kleine Kränzchen eingeteilt, die Diskussionsabende abhielten. Diese Kränzchen bildeten die engere
Verbindung.
Die Förderung des Einheits gedankens wurde wieder in
den Vordergrund des bur schenschaftlichen Wirkens
gestellt
Im Winter 1827/28 wurde die „Allgemeine Deutsche Burschenschaft“ offiziell neu
begründet. Die meisten Burschenschaften erkannten die liberalen Grundsätze als für
sie verbindlich an. Es entwickelten sich zwei Richtungen, einmal die arministische,
die mehr wissenschaftliche Aufgaben verfolgte, und zum anderen die germanistische,
die an der Einheit Deutschlands mitgestalten wollte. Letztere gewann die Oberhand.
1831 nahm in Frankfurt am Main ein germanistischer Burschentag den Grundsatz an,
daß die Korporationen praktische politische Arbeit betreiben sollten. Der Gedanke an
eine Revolution bewegte die Burschenschaften immer mehr.
Am 3. April 1833 stürmten alte und junge Burschen in Frankfurt am Main die Hauptwache, doch konnte das Militär diese Unruhen schnell unterdrücken. Die Behörden
griffen energisch zu. Hunderte von Burschenschaftern wanderten ins Gefängnis, unter
ihnen auch der Mecklenburger Fritz Reuter, der der Jenaer Germania angehörte. In
Berlin wurden von 204 Angeklagten 39 zum Tode verurteilt. Die Strafe wurde auf
dem Gnadenwege bei einigen in lebenslängliche und bei anderen in eine dreißigjährige Freiheitsstrafe umgewandelt. Erst König Friedrich Wilhelm von Preußen
erließ eine allgemeine Amnestie. Trotz Verfolgung lebten die Ideen der Burschenschaften weiter und vereinigten sich mit dem Freiheits- und Einigungsgedanken des
Volkes. Man verbrüderte sich mit dem Bürger, und damit fiel der strenge
Korporationscharakter. Das Duell wurde verworfen, ebenso die studentische
Gerichtsbarkeit. Es entstanden verschiedene Reformverbindungen.
Im Winter 1827/28 wurde die
„Allgemeine Deutsche
Burschenschaft“ offiziell neu
begründet.
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Inzwischen kam das Jahr 1848. Es gärte an allen Orten. Revolutionäre Feuer leuchteten auf, und das Metternich´sche System ging in Trümmer. In Innsbruck zogen die
Studenten gegen Italien und in Kiel gegen die Dänen. In Wien gründete man eine akademische Legion. In Berlin wurden am 18. März die Studenten bewaffnet. Den
Höhepunkt dieser Progreßzeit bildete das zweite Wartburgfest im Mai. Etwa 1500
Studenten aus allen Teilen Deutschlands beteiligten sich hieran. Burschenschaften,
Corpsstudenten, „Finken“ und der „Wingolf“ waren hier vertreten. Das Ergebnis dieser Tagung wurde in einer Adresse an die Frankfurter Nationalversammlung niedergelegt.
Revolutionäre Feuer leuchte ten auf, und das
Metternich´sche System ging
in Trümmer.
Das erste deutsche Parlament in Frankfurt am Main brachte den alten Burschenschaften volle Genugtuung. Viele von ihnen gehörten der Nationalversammlung an.
Doch diese ersehnte Einigung Deutschlands konnte hier noch nicht verwirklicht werden. Erst Bismarck, dem ehemaligen Göttinger Corpsstudenten, gelang im Jahre 1871
die Einigung Deutschlands wenigstens zum Teil.
Noch in den fünfziger Jahren waren die Behörden gegen die Burschenschaften eingestellt, und manche Verbindung wurde verboten. Erst nachdem die Korporationen
dem staatlichen Verlangen nach Aufgabe des Patriotismus teilweise nachgekommen
waren, wurden sie geduldet. Auch in den Burschenschaften zeigten sich immer mehr
Mißstände, und gegen diese trat der Bonner Frankone Dr. Küster in Berlin mit Reformvorschlägen auf. Da keine Korporation sich für seine Vorschläge erklärte, gründete er die Reformburschenschaft, die sich von den alten Bünden distanzierte.
Noch in den fünfziger Jahren
waren die Behörden gegen
die Burschenschaften einge stellt
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1886 stellte man allgemeine Grundsätze auf, in denen es u.a. lautete: „Die Burschenschaft ist eine Verbindung gleichgesinnter, unabhängig und ehrenhaft denkender
deutscher Studenten, welche das aufrichtige Bestreben haben, die Studienzeit in treuer Gemeinschaft und gewissenhafter Befolgung ihres Wahlspruches: „Ehre, Freiheit,
Vaterland!“ zu vertreten. Sie stellt es sich zur Aufgabe, ihre Mitglieder zu tüchtigen,
im Denken und Handeln zu freien und selbständigen Bürgern eines einigen, nach
innen kräftigen, nach außen mächtigen deutschen Vaterlandes heranzubilden.“
Damit war der innere Ausbau des Verbandes vollendet. Die Burschenschaft hatte eine
Brücke zur Vergangenheit abgebrochen und ähnelte nunmehr den Corps und Landmannschaften. An den Kämpfen um die akademische Freiheit im Jahre 1903 beteiligten sich die Burschenschaftler besonders. Auf die staatsbürgerliche Erziehung ihrer
Mitglieder wurde gesteigerter Wert gelegt.
In den schweren Zeiten nach dem 1. Weltkrieg sollte der Verband der Burschenschaften der stärkste aller Korporationen werden. 1919 vereinigten sich der „Allgemeine Deputierten-Convent“, der „Rüdesheimer Verband Deutscher Burschenschaften“ und die „Burschenschaft der Ostmark“ zu einem gemeinsamen Bunde, der
„Deutschen Burschenschaft“. Nach dem letzten Kriege wurde die „Deutsche Burschenschaft“ am 12. Juni 1950 in Marburg neu konstituiert.
In den schweren Zeiten
nach dem 1. Weltkrieg sollte
der Verband der Burschen schaften der stärkste aller
Korporationen
In den letzten Jahren hat die „Deutsche Burschenschaft“ heftige innere Kämpfe
durchmachen müssen.
Der Wingolf
Von 1830 bis 1840 entstanden in Halle, Berlin und Bonn christliche studentische
„Kränzchen“. Das Bonner nannte sich „Wingolf“. Der Name kommt aus der nordischen Mythologie, bezeichnet einen Raum in Walhall und wird als „Tempel der
Freundschaft“ gedeutet. Wahrscheinlich auf Arndts Rat wurden die Farben schwarzweiß-gold angelegt. 1850 wurden die Prinzipien des Wingolfs festgelegt: „Der
Wingolf ist ein christlicher Studentenverein und will das Studententum mit dem
Christentum durchdringen.“ Seit der Revolutionszeit trägt der Wingolf allgemeine
Farben. In Heidelberg kam es 1853 wegen des Tragens von Farben zu Auseinandersetzungen mit den Corps, so daß der Senat der Universität schließlich den Wingolf verbot.
1860 rief man den Wingolfbund (W.B.), der an 12 Hochschulen vertreten war, ins
Leben. Innere Kämpfe lähmten die Entwicklung. Man stritt sich darüber, wie das
Christliche im Bundesprinzip zu formulieren sei. Durch das religiöse Grundelement
unterscheidet sich der Wingolf völlig von den anderen studentischen Verbindungen.
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1860 rief man den
Wingolfbund (W.B.), der an
12 Hochschulen vertreten
war, ins Leben.
Das Gemeinschaftsleben wie das des Einzelnen wird dadurch bestimmt, daß strenge
Selbstzucht zur sittlichen Lebenspflicht gemacht wird. Die Grundforderungen sind
die unbedingte Ablehnung des Zweikampfes in jeder Form. Mäßigung und Selbstbeherrschung im Trunk. Das Verbindungsleben im Wingolf gleicht dem der alten
deutschen Studentenverbindungen. In ihm sieht der Wingolf die bestgeeignete Form,
seine Ideale zu verwirklichen dank der Mitgliederabstufung in Füchse, Burschen und
„Alte Häuser“ und dem damit verbundenen Autoritätssystem. In ihm findet der Wingolf die schönste Form eines freien, fröhlichen Burschenlebens.
Daß der Wingolf die studentische Mensur ablehnt, wurde ihm als Feigheit ausgelegt.
Im 1. Weltkrieg fielen von 1938 Frontkämpfern des Wingolf 518, und von den insgesamt 4253 Kriegsteilnehmern erhielten 2494 Auszeichnungen bis hinauf zum Pour le
mérite. Seit 1947 sind wieder an den deutschen Hochschulen Wingolfverbindungen
entstanden.
Die Landsmannschaften
Am 1. März 1868 konstitu ierten 5 Landsmannschaften
in Würzburg den
„Allgemeinen Landsmann schafterverband“
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In den 30er und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts entstanden wieder neue
Landsmannschaften. Am 1. März 1868 konstituierten 5 Landsmannschaften in Würzburg den „Allgemeinen Landsmannschafterverband“. Er gab unbedingte Genugtuung,
lehnte politische und religiöse Tendenzen ab und glich dem Kösener Verband. Im selben Jahr wurde dieser Verband in Zwingenberg bestätigt. Seit 1873 fanden Tagungen
in Coburg statt, und in diesem Jahr wurde der Bund in „Coburger L.C.
(Landsmannschafter-Convent) umbenannt. Eine ruhige Entwicklung war dem
Verband nicht beschieden, eine zeitweilige Auflösung in den Jahren 1877 bis 1882
und eine schwere Krise 1897/98 mußten überwunden werden. 1898 kam es zum
sogenannten „Landsmannschafterkrach“, der zur Spaltung des Verbandes führte. Die
älteren Landsmannschaften gründeten eine selbständige Vereinigung, aus der 1900
der „Arnstädter Landsmannschafter-Convent“ hervorging. Die meisten Verbindungen
blieben aber dem Coburger L.C. treu. Beide Verbände vereinigten sich 1906 wieder
und führten den Namen „Deutsche Landsmannschaft" (D.L.).
Die Grundsätze der Deutschen Landsmannschaft waren vor 1935: „Ehre, Freundschaft, Vaterland!“ Weiter entnehmen wir den alten Satzungen: „Die Landsmannschaft ist eine schlagende Verbindung und ist jederzeit bereit, für die Ehre mit der
Waffe in der Hand einzutreten. Jeder, der dem gleichen Grundsatz huldigt, wird von
ihr als gleichberechtigt anerkannt. Ernstes wissenschaftliches und sittliches Streben
ist die Pflicht der deutschen Landsmannschaft“. In Coburg wurde Pfingsten 1965 die
Landsmannschaft erneut als „Arbeitsgemeinschaft Coburg“ gegründet. Ein Jahr später tagten in Coburg die alten und jungen Landsmannschaften mit den Turnerschaften
(„Arbeitsgemeinschaft Blankenburg“). Beide Verbände vereinigten sich zum
„Coburger Convent“.
Die Grundsätze der
Deutschen Landsmannschaft
waren vor 1935: „Ehre,
Freundschaft, Vaterland!"
Die Turnerschaften
Als unter König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen das Turnen wieder erlaubt wurde,
bildeten sich auch an den Hochschulen Turnvereine, die allerdings keine lange
Lebensdauer hatten. Erst das erste deutsche Turnfest 1860 in Coburg bewirkte die
Gründung akademischer Turnvereine. Beim Bonner Turnfest wurde am 4. August
1872 die Gründung des Cartellverbandes (C.V.) der akademischen Turnvereine vorgenommen. Wie in fast allen Verbänden lähmten auch hier innere Zwistigkeiten eine
gedeihliche Entwicklung. Ein Teil der Turnvereine hatte sich korporativen Idealen
verschworen und bejahte das Farbenprinzip, die anderen waren im Gegensatz hierzu
Vereine. So kam es 1882 zur Krise und die Berliner Korporationen traten aus dem
Verband aus. Auf dem Kartelltag im Juni 1885 wurde der alte Verband in den
„Vertreter-Convent“ (V.C.) umbenannt. Die angeschlossenen Verbindungen trugen
Farben, bejahten die Bestimmungsmensur und gaben unbedingte Satisfaktion. 1897
nahmen alle V.C.-Verbindungen die Bezeichnung „Turnerschaft“ an.
Nach dem letzten Kriege schlossen sich die farbentragenden Turnerschaften zur
„Arbeitsgemeinschaft Blankenburg“ zusammen. Pfingsten 1951 gründeten die
Turnerschaften und die Landsmannschaften in Coburg den „Coburger Convent“. Die
nicht farbentragenden Turnvereine gründeten 1883 bei Jena den “Akademischen
Turnbund" (A.T.)
Erst das erste deutsche
Turnfest 1860 in Coburg
bewirkte die Gründung aka demischer Turnvereine
Nach dem letzten Kriege
schlossen sich die farbentra genden Turnerschaften zur
„Arbeitsgemeinschaft
Blankenburg“ zusammen.
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Die Sängerschaften
Bereits 1820 gab es in Leipzig ein zwangloses Gesangskränzchen, das am 4. Juli 1822
die Form eines Vereins „zu St. Pauli“ annahm, der zunächst Kirchenmusik pflegen
wollte. Seit 1830 führte er Opern auf, und seit 1836 übertrug man ihm die Ausführung
des musikalischen Teiles bei allen akademischen Feierlichkeiten.
Anfangs nahm man alle san gesfreudigen Studenten,
auch Korporierte auf.
1828 entstand in Jena ein Verein gleichen Namens. In den nächsten Jahrzehnten bildeten sich an verschiedenen Hochschulen weitere Vereine. Anfangs nahm man alle
sangesfreudigen Studenten, auch Korporierte, auf. Allmählich nahmen die Vereine
selbst korporativen Charakter an und die Mitglieder trugen Farben. Einzelne Vereine
schlossen sich im Laufe der Jahre zu Verbänden zusammen, bis schließlich aus diesen die „Deutsche Sängerschaft“ entstand.
Nach dem letzten Kriege wurde am 11. August 1951 in Springe am Deister die
„Deutsche Sängerschaft“ erneut von 14 aktiven Sängerschaften gegründet.
Die katholischen Verbände
Der C.V. verlangt von seinen
MitgliedernVa terlandsliebe
und Sittlichkeit und verwarf
jede Art des Zweikampfes.
Die vor 1848 entstandenen katholischen Studentenvereine hatten meist keinen langen
Bestand. Erst die aus den fünfziger Jahren waren lebensfähiger. Die ältesten waren
Lesevereine zur Förderung des katholischen Geistes. 1864 fand in Würzburg eine
Generalversammlung aller katholischen Korporationen statt. Schon damals trat der
Gegensatz zwischen Verbindungen und Vereinen hervor. 1865 trennten sich beide
Gruppen in aller Freundschaft. Die Verbindungen gründeten den „Cartellverband der
farbentragenden katholischen Studentenverbindungen“ (C.V.), dessen Statuten 1867
in Innsbruck festgelegt wurden.
Die Grundsätze des C.V. sind Katholizität, Wissenschaft und Lebensfreundschaft. Der
C.V. verlangt von seinen Mitgliedern Vaterlandsliebe und Sittlichkeit und verwarf
jede Art des Zweikampfes.
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Nach dem letzten Kriege wurde der C.V. erneut gegründet. Die nicht farbentragenden
katholischen Studentenvereine gründeten 1866 den „Verband katholischer Studentenvereine Deutschlands.“
1931 wurde der Name „Kartellverband der katholischen Studentenvereine“ (K.V.)
angenommen. Der K.V. führte als Grundsatz: „Religion, Wissenschaft, Freundschaft“
und als Wahlspruch: „Mit Gott für deutsche Ehre !“ Er verwirft ebenfalls die Mensur.
Der Unitas-Verband der wissenschaftlichen katholischen Studentenvereine (U.V.)
wurde 1900 aus Kartellen gegründet und geht auf einen katholischtheologischen
Studentenverein zurück, der im Jahre 1854 den Namen „Unitas“ annahm. Die folgenden Verbindungen dieser Richtung fügten der Bezeichnung „Unitas“ noch einen
zweiten Namen zur Unterscheidung hinzu. 1887 wurde der streng durchgeführte theologische Charakter aufgehoben. Der U.V. trägt keine Farben.
Die Korporationen sind an
den Grundzügen der
Hochschulverfassung bren nend interessiert, weil ihre
Existenz davon abhängt.
Weitere Verbände
Der Kyffhäuser Verband der Vereine deutscher Studenten (V.D.St.) der auch heute
noch besteht, spielte hauptsächlich in der Zeit vor dem 1. Weltkrieg eine Rolle. An
den deutschen Hochschulen bestehen heute eine Reihe kleinerer Verbände, die auch
dem CDA/CDK angeschlossen sind, die der Vollständigkeit halber hier noch erwähnt
werden sollen: „Akademischer Ruderbund“, „Bund Deutscher Studenten“, „Deutsche
Gildenschaft“, „Deutscher Wissenschaftler Verband“, „der Miltenberger Ring“,
„Sondershäuser Verband Deutscher Sängerverbindungen“, „Wartburg Kartell“, und
der „Wernigeroder Jagdkorporationen Senioren-Convent“.
Außerhalb des CDA/CDK gibt es noch eine Anzahl weiterer kleinerer Verbände,
deren Namen einzeln aufzuführen wohl nicht erforderlich sein wird. Die Verbände der
Verbindungen an den jetzigen Fachhochschulen und deren Vorgänge sind in dieser
Aufzählung nicht enthalten. Nur in ganz großen Zügen konnte der Weg der
Vereinigungen, der Korporationen und deren Verbände deutscher Studenten durch die
Jahrhunderte aufgeführt werden. Manche Zeitepoche wäre es wert gewesen, in einem
gesonderten Vortrag ausführlich behandelt zu werden.
Die Verbände der
Verbindungen an den jetzi gen Fachhochschulen und
deren Vorgänge sind in die ser Aufzählung nicht enthal ten.
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Der Einfluß der Hochschulen auf die Korporationen
In den letzten Jahrzehnten ist die Hochschullandschaft vielgestaltig geworden, jedoch
in einem Rahmen, der Korporationen an jeder unserer Hochschulen erlaubt. Mit dem
rechtswidrigen Versuch, das Korporationswesen auszuschalten, sind gewisse Hochschulen nach 1945 gescheitert. Die Korporationen sind an den Grundzügen der
Hochschulverfassung brennend interessiert, weil ihre Existenz davon abhängt.
Die Corpsidee ist (z.B.) bei beiden Corpsverbänden dieselbe. Entstanden sind die
Weinheimer Corps in einer Epoche, in der die späteren Technischen Hochschulen um
ihre Gleichstellung mit den Universitäten kämpften. Das ist seit dem letzten Viertel
des 19. Jahrhunderts ausgestanden, und der Siegeszug der Naturwissenschaften und
der Technik hat – vorübergehend, wie wir jetzt wissen – manche Universitätsdisziplinen in ziemliche Verlegenheit gebracht, andere, wie die Medizin, völlig okkupiert.
Eine saubere Revierzuteilung – hier Kösener, dort Weinheimer Corps – ist nicht mehr
möglich. In München sind die Corps beider Verbände in einem Senioren-Convent vereinigt; das hat jedoch nicht Schule gemacht, und der Versuch, die beiden Corpsverbände in einem Deutschen Senioren-Convent zusammenzubringen, ist fehlgeschlagen, so daß es bis heute bei einem Kartellvertrag geblieben ist.
Bemerkenswert ist, daß es auch im Wingolfsbund zu lebhaften Auseinandersetzungen
kam: Als an den neuen Technischen Hochschulen die ersten Gründungsabsichten
bekannt wurden, stritt man sich heftig um die Frage, ob denn ein Wingolf ohne
Theologiestudenten überhaupt möglich sei. Es stellte sich sehr bald heraus, daß es
möglich ist.
An den Vorläufern der
Technischen Hochschulen,
den „Polytechniken“ wur den überkorporative Vereine
als Interessenvertretung der
Studierenden gegründet.
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An den Vorläufern der Technischen Hochschulen, den „Polytechniken“ wurden überkorporative Vereine als Interessenvertretung der Studierenden gegründet, so der
„Akademische Verein Hütte“ zu Berlin. Auf dessen Stiftungsfest 1856 wurden der
„Verein Deutscher Ingenieure und das Taschenbuch „Hütte“ ins Dasein gerufen. Die
polytechnischen Vereine entwickelten sich nach 1886 zu „schwarzen“ Korporationen
mit unbedingter Genugtuung. Die Pflege der Wissenschaft, der Geselligkeit und des
Sportes, die „Mitarbeit an allen studentischen und nationalen Aufgaben“ sowie die
„Erziehung von nationaldenkenden Persönlichkeiten mit umfassender Lebensanschauung“ wurden als Wesens-Grundzüge der einzelnen Korporationen angesehen.
Die gleichgerichteten Verbindungen schlossen sich am 20. Mai 1921 in Wernigerode
am Harz zum Wernigeroder Verband (WV) zusammen, der im MiltenbergerWernigeroder Ring aufgegangen ist, ein Indiz dafür, wie sehr die Mauer zwischen den
Universitäten und den Technischen Hochschulen eingeebnet worden ist.
Die Professoren hielten früher ihr Kolleg, auf Kolloquien, Übungen und Seminare
wurde wenig Wert gelegt. Studenten, die das als Mangel empfanden, schlossen sich
1868 an den Fakultäten zu fachwissenschaftlichen Kartellen zusammen, sieben
Kartelle gründeten 1910 den Deutschen Wissenschaftler-Verband (DWV). Bei dessen
Wiedergründung im Jahre 1953 wurde die Gliederung der Kartelle zugunsten der universitas literarum aufgegeben. Daß an den ehemaligen Ingenieurschulen Verbindungen entstehen konnten, ist wahrscheinlich dem damaligen Ansehen und der
Geltung der akademischen Korporationen zu verdanken. Die Vielfalt des akademischen Korporationswesens wurde reproduziert. Am 23. Juni 1951 kamen Burschenschaften, Corps, Landsmannschaften, technische und konfessionelle Verbindungen
überein, unter Aufrechterhaltung ihrer Eigenart sich in einem Verband, dem Bund
Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC), zu organisieren. Dieser Vorgang ist einmalig. Nach dem Zusammenbruch 1945 fand allgemein im Verbändewesen, das vor
Hitler sehr zersplittert war – politisch, weltanschaulich, konfessionell –, eine große
Konzentrationsbewegung statt, die zur Gründung der Einheits-Gewerkschaft sowie
des Deutschen Sänger- und des Deutschen Sportbundes geführt hat. Ein Deutscher
Korporationsverband wurde da und dort erwogen; der Plan ist indessen schnell versandet. Die Individualität der einzelnen Korporationen ist in manchen Verbänden so
stark, daß sogar der Verband auf Sparflamme gehalten wird.
Die Korporationen des BDIC sind heute an Fachhochschulen oder an Gesamthochschulen ( und Universitäten, – anm.. der Redaktion) beheimatet; sie nehmen auch
andere als Ingenieurstudenten auf, und der Verband firmiert jetzt als „BDIC e.V.Korporationsverband an Deutschen Hochschulen“. Ganz gelungen ist das
Einigungswerk freilich auch dem BDIC nicht. Am 1. Mai 1946 hat sich nämlich in
Coburg die Deutsche Ingenieur-Burschenschaft (DIB) formiert, ausgerichtet nach den
Am 23. Juni 1951 kamen
Burschenschaften, Corps,
Landsmannschaften, techni sche und konfessionelle
Verbindungen überein, unter
Aufrechterhaltung ihrer
Eigenart sich in einem
Verband, dem Bund
Deutscher IngenieurCorporationen (BDIC), zu
organisieren.
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Grundsätzen der Urburschenschaft, mit der Deutschen Burschenschaft (DB) seit
1972 durch ein Arbeits- und Freundschafts-Abkommen verbündet. Ein weiteres
Abkommen regelt den Austausch mit dem Salzburger Delegierten-Convent (SDC),
dem österreichischen Pendant der DIB.
Unabhängig von der Hochschulsituation haben sich 1951 zwei befreundete Verbände,
die Deutsche Landsmannschaft (DL, 1868 gegründet) und der Verband der
Turnerschaften (VC, 1872 gegründet) zum Coburger Convent (CC) verschmolzen,
eine vertragliche Arbeitsgemeinschaft war 1922 vorausgegangen.
Hochschulpolitik
Der pseudorevolutionäre
Linksruck vieler Studierenden
unter der Führung des
Sozialistischen Deutschen
Studentenbundes (SDS) man spricht von der 68er
Generation - ließ
Professoren, auch ehemalige
prominente Gegner, nach den
Korporationen rufen, die sich
indessen verweigerten; die
Korporationen wollten sich
nicht zur Schutztruppe der
Professoren degradieren.
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Aus den bisherigen Feststellungen kann man nur folgern, daß die Hochschulpolitik
für alle Korporationen lebenswichtig ist. Enthaltsamkeit in der Hochschulpolitik rächt
sich früher oder später. Bis zum Jahre 1933 behandelten die Akademischen Senate die
aktiven Verbindungen als integrale Bestandteile der Universität oder Hochschule; bei
deren Festen wurde chargiert. Die gebildete Welt hörte auf die Korporationen als den
Wortführern der gesamten Studentenschaft, die sie ja auch lange waren. Nach dem
Zweiten Weltkrieg mußten die Korporationen ihre Rekonstitution gegen die diffamierenden Angriffe von Rektoren, Akademischen Senaten, Politikern und Journalisten
verteidigen – sie haben mit Elan gesiegt.
Der pseudorevolutionäre Linksruck vieler Studierenden unter der Führung des
Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) – man spricht von der 68er
Generation – ließ Professoren, auch ehemalige prominente Gegner, nach den Korporationen rufen, die sich indessen verweigerten; die Korporationen wollten sich
nicht zur Schutztruppe der Professoren degradieren. Zudem tobte innerhalb der
Verbände ein interner Streit um das jeweils heikelste Prinzip, z.B. das der
Katholizität, der Mensur. Nicht wenige Korporationsstudenten neigten zu den politischen Vorstellungen, die en vogue waren. Mit den internen Schwierigkeiten sind die
Verbände fertiggeworden; der Prinzipienstreit hat sich gelegt. Ermattet ist aber auch
die korporative Hochschulpolitik; mit Antrieben hie und da siecht sie dahin.
Entsprechend gering ist der Stellenwert der Korporationen bei jenen Wissenschaftlern, Politikern und Publizisten, die ihnen an sich wohlgesonnen sind. Einige
Verbände besitzen für die Hochschulpolitik besondere Einrichtungen (Ämter,
Beauftragte, Ausschüsse), andere nicht. Das macht weniger aus als die sehr schwankende Intensität der Information, der Meinungsbildung und der Aktion. Zur letzteren
kommt es relativ selten, nicht einmal die vollzählige Teilnahme an den Wahlen läßt
sich erreichen. Zu viele Korporierte teilen die Auffassung der weit überwiegenden
Mehrheit ihrer Kommilitonen: Die Hochschulpolitik läßt sie kalt. Das Ergebnis? Die
Mandate der Studentenschaft fallen en masse den zahlenmäßig kleinen parteipolitischen Gruppen linker Couleur zu, obwohl nach ihrer Selbsteinschätzung im WS
1982/1983 sich nur 31 Prozent Studenten „links“, hingegen 56 Prozent in der Mitte
und 6 Prozent rechts einreihten. Die Mehrheitsverhältnisse in den studentischen
Vertretungen ließen sich umkehren, wenn man wollte und die Anstrengung ausdauernd auf sich nähme.
Zusammenfassend läßt sich sagen:
1.
Auch jene Korporationsverbände, die auf eine politische Beeinflussung ihrer
Mitglieder satzungsmäßig verzichten, müssen sich ihrer Selbsterhaltung wegen
an der Hochschulpolitik beteiligen.
2.
Das Hochschulpolitische Minimum ist die laufende Information und deren
Auswertung sowie die Wahlpflicht der studierenden Mitglieder.
3.
Hochschulpolitik wird auf drei Ebenen betrieben: an der einzelnen
Hochschule – in den Landtagen und von den Landesregierungen – im
Bundestag und von der Bundesregierung. Auf allen drei Ebenen sind Kontakte
zu pflegen, auch zu den Rektorenkonferenzen und zu den politischen Parteien.
4.
Viel hängt von der Initiative einzelner und kleiner Kollegien ab. Man sollte
stets nach der Mitwirkung aller Korporierten streben und dafür offenbleiben,
aber mit jedem handeln, die hierzu bereit sind. Daß nicht alle oder daß ein Teil
der Angesprochenen sich verweigert, entschuldigt die eigene Passivität nicht.
-219-
Spektakuläre Auftritte kön nen nützlich sein
5.
Spektakuläre Auftritte können nützlich sein. Entscheidend ist jedoch die
Stetigkeit über viele Semester hinweg.
6.
In der Hochschulpolitik sitzen alle Korporationen und ihre Verbände in einem
Boot. Als höchstes Forum zur Diskussion gemeinsamer Anliegen treffen sich
die Vertreter der Korporations- und Altherrenverbände in unregelmäßigen
Abständen zum „Verbändegespräch“, das jeweils von einem der Verbände
ausgerichtet wird.
Wer ist der BDIC ?
In den 20er Jahren entstan den etwa 30
Korporationsverbände.
An allen deutschen Ingenieurschulen – damals führten sie andere Namen – entstanden um die Mitte des vorigen Jahrhunderts studentische Verbindungen. Insgesamt
sind bis heute weit über 500 Verbindungen namentlich bekannt geworden. In den 20er
Jahren entstanden etwa 30 Korporationsverbände.
Die bekanntesten waren:
TCV
-Technischer Cartell-Verband
BDB -Bund deutscher Burschenschaften
(Besprechungsmensur)
EVC
-Ehrenbreitsteiner Vertreter-Konvent (teils
Bestimmungs-teils Besprechungsmensuren)
FWR -Friedrichsruher Waffenring (Bestimmungsmensur)
WLC -Wachenburger Landsmannschafter-Konvent
(Schlagend)
KDCD--Karthäuser Deputierten-Konvents-Verband Bayern
-220-
Schon vor 1950 reaktivierten an den Ingenieurschulen die meisten der 1935/36 verbotenen Korporationen. Sie schlossen sich bald zu Ortsringen,Arbeitsgemeinschaften
usw. zusammen, um so gemeinsame Interessen besser vertreten zu können.
Hamburger Korporationen (ehem. EVC und FWR) bilden am 9. März 1950 unter
Vorsitz von Karl Hansen (Corps Rhenania, Hamburg) eine überkorporative Arbeitsgemeinschaft und gründeten am 10. Januar 1951 zusammen mit einer Bremer Korporation den „Ring Deutscher Ingenieur-Korporationen (RDI)“. Das frühe Trennende
durch Differenzen der Dachverbände untereinander sollte in Zukunft vermieden werden. Mit einer entsprechenden Werbeaktion wurden alle erreichbaren Verbindungen
angeschrieben, deren Adressen Karl Hansen gesammelt hatte.
Das BDIC-Bildungswerk
vermittelt Seminare zur per sönlichen Weiterbildung.
Karl Brüning (TWV Rhenania, Wuppertal) lud alle wieder aktiven Verbindungen des
ehemaligen EVC zum 23. Juni 1951 zur Neugründung nach Ehrenbreitstein ein. Dort
beschloß man, nicht die früheren Einzelverbände wieder zu gründen, sondern als eine
beispielhafte Demonstration der Einigkeit und Einheit – nach dem Vorbild der Urburschenschaften – sich zu einer gemeinsamen großen Organisation zusammenzuschließen, zum „Bund Deutscher Ingenieur-Korporationen (BDIC).“
Die TV Schlaraffia war Gründungsmitglied.
Die TV Schlaraffia war
Gründungsmitglied.
Die Umbildung der Ingenieurschulen in Fach- bzw. Gesamthochschulen veranlaßte
die Mitglieder des BDIC, im Jahre 1974 den Verbandsnamen der veränderten
Hochschulsituation anzupassen. Das „Markenzeichen“ BDIC blieb, der Untertitel
änderte sich.
BDIC - Korporationsverband an Deutschen Hochschulen.
Einerlei, ob Burschenschaft, Corps, Landsmannschaft, technisch-wissenschaftliche
Verbindung, unter welchem Namen auch immer, die Mitgliedskorporationen des
BDIC haben sich unter einem Dach vereinigt.
-221-
Die Zielvorstellung unseres
Verbandes und seiner
Korporationen fand in der
1975 verabschiedeten
Grundsatzerklärung ihren
Ausdruck.
Zwei Grundbedingungen müssen alle erfüllen: Sie müssen auf dem Boden des
Grundgesetzes stehen sowie parteipolitisch und konfessionell neutral sein. Dem
Grundprinzip, Toleranz zu üben und auch in dem anders Ausgerichteten einen
Verbandsbruder zu sehen, ist man seit dem Tage der Gründung des BDIC beispielhaft
treu geblieben. Die Zielvorstellung unseres Verbandes und seiner Korporationen fand
in der 1975 verabschiedeten Grundsatzerklärung ihren Ausdruck. Zweck des Verbandes ist der Zusammenschluß farbentragender Korporationen unterschiedlicher Art
mit dem gleichen im Grundsatzprogramm niedergelegten Ziel: Förderung und Pflege
des Korporationsstudententums und seiner Tradition, Stärken der Gemeinschaft von
Jung und Alt, von Aktiven und Alten Herren, die Unterstützung und Weiterbildung der
Mitglieder in staatspolitischer, gesellschaftspolitischer und fachlicher Hinsicht innerhalb aller Hochschuldisziplinen sowie die Mitarbeit in der Hochschulpolitik und in
studentischen Gremien.
Gegliedert ist der BDIC in
sechs Landesverbände (LV)
Gegliedert ist der BDIC in sechs Landesverbände (LV), diese wiederum in Ortsringe.
Oberstes Organ ist der Delegierten-Konvent (DC), in dem die aktiven Bünde und
Altherren-Verbände paritätisch vertreten sind. Die aktiven Bünde regeln ihre
Angelegenheiten eigenständig im Seniorenkonvent (SC), um sie danach, soweit erforderlich, auf der Ebene des Gesamtverbandes im Rahmen des Delegiertenkonvents
(DC), mit den Altherren Verbänden zu koordinieren und zu realisieren. Die Leitung
des Verbandes liegt in den Händen des Bundes-Seniors mit dem Bundesvorstand
(BV), dem auch der Vorsitzende des Seniorenkonventes und die Landessenioren
angehören.
-222-
Gemeinsame Interessen von Verbandskorporationen werden in besonderen
Arbeitskreisen gepflegt, die sich z.T. regional untergliedern, z.B. der „Burschenschaftliche Arbeitskreis“, der sich vornehmlich der Pflege burschenschaftlichen
Gedankengutes widmet. An den Seminaren dieses Arbeitskreises nehmen auch
Verbandsbrüder teil, die keiner Burschenschaft angehören. Das BDIC-Bildungswerk
vermittelt Seminare zur persönlichen Weiterbildung und veranstaltet jedes Jahr ein
mehrtägiges Hauptseminar für alle Verbandsmitglieder. Für alle Mitglieder und für
eine interessierte Öffentlichkeit erscheint viermal im Jahr die Verbandszeitschrift
„BDIC-JOURNAL“.
Der BDIC ist Mitglied des „Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK)“ und
des „Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA)“ und kommt damit auch in den
Genuß gemeinsamer Einrichtungen wie der „Arbeitsgemeinschaft akademischer
Verbände (AaV)“ mit ihren Bildungseinrichtungen, dem „Verband für Studentenwohnheime e.V.“ u.a. Der BDIC ist Gründungsmitglied der „Humboldtgesellschaft
für Wissenschaft, Kunst und Bildung e.V.“
Die Standpunkte des BDIC
Der BDIC hat an die alten Traditionen und Werte der Korporationen angeschlossen,
die da sind: Ehre, Treue, Freundschaft, Vaterland, Wissenschaft und Pflichtbewußtsein. Dazu gehört zunächst der Zusammenschluß der Vorgängerverbände unter einem
Dach. Das Ziel war es, den technischen Wissenschaftlern und Ingenieuren den Platz
in der Gesellschaft zu erkämpfen, der es ihnen ermöglicht, Einfluß zu haben auf die
Verwendung ihrer Leistungen, damit diese nicht weiterhin in gleichem Maße
mißbraucht werden können. Folgerichtig erweiterte der BDIC seine Grundsätze auf
die Ethik der Ehrfurcht vor dem Leben, wie es Albert Schweitzer vertrat.
•
Mitgliedschaft von Studentinnen:. Das Freundschaftsprinzip bedingt eine
vollständige und harmonische Gleichstellung aller Mitglieder. Die Aufnahme
von Studentinnen könnte in der einzelnen Verbindung zu Spannungen und
Spaltungen führen. Frauen sind ein wichtiger Bestandteil vieler
Verbindungsveranstaltungen, können aber aufgrund des Männerbundprinzips
nicht Mitglied einer BDIC-Korporation werden. Anderseits unterstützt der
BDIC die Idee der Damenverbindung und ist bei Gründungen gerne behilflich.
•
Mitgliedschaft von ausländischen Studenten, Wehrdienstverweigerern etc.: Es
herrscht stets Empörung, wenn eine Entscheidung nicht so ausfällt, wie sie die
öffentliche Meinung gerne sehen möchte. Vom Verband aus kann in diesem Fall
keine Aussage getroffen werden. Es obliegt den Mitgliedsverbindungen und
ihrer Satzung, welche Bedingungen ein Bewerber erfüllen muß. Grundsätzlich
Folgerichtig erweiterte der
BDIC seine Grundsätze auf
die Ethik der Ehrfurcht vor
dem Leben, wie es Albert
Schweitzer vertrat.
-223-
kann zunächst jeder Studierende oder Akademiker einen Aufnahmeantrag
stellen. Sonderaufnahmen beschließt der Convent einer Verbindung.
•
Die Mensur: Der BDIC versteht sich als fakultativ schlagender Verband, das
heißt er stellt seinen Korporationen die Mensur frei. Was die Mensur nicht ist:
Sie ist kein Duell, aber auch keine blutige Metzelei. Vor allem kann die Mensur
nicht als Relikt vergangener Zeiten abgetan werden. Die Mensur dient nicht
dazu, Ehrenstreitigkeiten zu bereinigen oder das Gesicht mit Schmissen zu
zieren, um „elitär“ zu wirken. Mensur ist aber auch nicht einfach Sport. Was
also ist Mensur? Ihr Sinn liegt letztlich in der Selbstüberwindung des
Paukanten, seiner Bewährung in kritischer Situation und im Erleben der hinter
ihm stehenden Gemeinschaft.
•
Trinken: Ein häufig gehörtes Vorurteil gegen studentische Verbindungen ist der
angeblich übermäßige Alkoholkonsum. Festzustellen ist: Der BDIC kennt
keinen Trinkzwang. Es ist jedem einzeln überlassen, ob und wieviel Alkohol er
konsumiert.
•
Politische Rationalität: Studentenverbindungen werden zur Zeit leichtfertig
politisch „in die rechte Ecke gestellt“. Auch hier ist festzustellen, daß der BDIC
als parteipolitisch neutraler Verband sich bereits 1989, vor der Wende, am Tag
der Deutschen Einheit in Höxter-Corvey öffentlich klar von jeglicher Gewalt
und radikalen Tendenzen distanziert hat. Politische Lösungen sind nur im
Rahmen unserer demokratischen Verfassung möglich.
•
Hochschulpolitik: Die Mitarbeit unserer Aktiven in den Hochschulgremien und
in der studentischen Selbstverwaltung ist unerläßlich. Die Hochschule ist die
Heimat des Studenten, in der er einen wesentlichen Lebensabschnitt verbringt
und die ihn für sein späteres Berufsleben besonders prägt. Der Student hat die
Aufgabe, die Rahmenbedingungen eines ordentlichen Studiums in den
jeweiligen Ausschüssen und Parlamenten mitzuprägen.
Der BDIC kennt
keinen Trinkzwang. Es ist
jedem einzeln überlassen, ob
und wieviel Alkohol er
konsumiert.
-224-
Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA)
(Kurzdarstellung)
Die überwiegende Mehrzahl der Altherrenverbände der deutschen Korporationsverbände schloß sich am 5./6. August 1950 zum CDA zusammen. Seine Aufgabe ist
es,
•
gleiche Aufgabe der Mitgliedsverbände gemeinsam zu lösen
•
gleiche Interessen nach außen - Staat, Hochschule und
Öffentlichkeit gegenüber - gemeinsam zu vertreten
•
Streitigkeiten der am CDA beteiligten Verbände nach innen
wie nach außen durch ein Schiedsgerichtsverfahren zu regeln.
Der Convent Deutscher Korporationsverbände (CDK), der Zusammenschluß der
Verbände der aktiven Korporationen an deutschen Hochschulen, steht selbstverständlich neben dem CDA, wird von ihm aber in jeder Beziehung unterstützt. Der CDA
vertritt die Interessen von ca. 770 Altherrenschaften mit rund 90.000 Mitgliedern, die
in den Altherrenverbänden der im CDK zusammenarbeitenden Korporationsverbänden zusammengeschlossen sind.
ATB
Akademischer Turnbund
BDIC
Korporationsverband an deutschen Hochschulen
BdSt
Bund deutscher Studenten
DB
Deutsche Burschenschaft
DG
Deutsche Gildenschaft
DHB
Deutsche Hochschul-Burschenschaften
DS
Deutsche Sängerschaft
DWV Deutscher Wissenschaftler Verband
KSCV
Kösener Senioren-Convents-Verband
MR
Miltenberg Ring
NeueDB
Neue Deutsche Burschenschaft
VVDSt
Verband der Vereine Deutscher Studenten
Der CDA vertritt die
Interessen von ca. 770
Altherrenschaften mit rund
90.000 Mitgliedern
-225-
WB
WJSC
WK
WSC
Wingolfsbund
Wernigeroder Jagdkorporationen Senioren Convent
Wartburg Kartell Ev. Akademischer Verbindungen
Weinheimer Senioren Convent
Außerdem arbeiten die folgenden Verbände im CDA mit.
CC
CV
KV
MK
NCTC
RKDB
SB
SV
-226-
Coburger Convent der Landsmannschaften und
Turnerschaften an deutschen Hochschulen
Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen
Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine
Marburger Konvent Studentischer Verbindungen
Nürnberger Convent Technischer Corporationen
Ring Katholischer deutscher Burschenschaften
Schwarzburgbund
Sonderhäuser Verband Akademisch-Musikalischer Verbindungen
Die deutschen Korporationsverbände in der Zahlenübersicht
Verband
ATB
BDIC
BdSt
CV
CC
DB
DG
DHB
DS
DWV
KSCV
KV
MK
MR
MWR
Neue DB
NCTC
RKDB
SB
SV
SVSC/VCt
TCV
UV
VVDS t
WB
WK
WJSC
WSC
Summe
Korporatio nen (nur akti ve Bünde)
an
Hochschulorten
Aktive und
Inaktive
Alte
Herren
Gesamt
Mitglieder
36
44
500
3.925
4.425
29
25
410
2.867
3.277
77
65
580
645
125
51
5.500
26.500
32.000
100
47
1.900
11.264
13.164
88
45
1.900
12.918
14.818
97
80
480
560
66
77
383
460
22
22
550
2.390
(Stand 31.12.1997,
teilweise geschätzt)
Aus „Der Convent“
(Redakteur Gerhard
Serges al. Präsa)
2.940
43
37
417
454
101
34
2.600
12.220
14.820
80
44
2.050
16.500
18.550
96
286
1.013
1.299
66
112
610
722
10
10
125
1.200
1.325
17
13
223
3.088
3.311
3
4
35
400
435
8
6
142
1.230
1372
25
23
360
2.640
3.000
29
28
610
3.750
4.360
6
5
30
200
230
0
16
285
1.500
1.785
50
40
700
6.000
6.700
37
34
600
2.916
3.516
33
30
650
3.757
4.407
11
15
175
190
14
14
224
500
724
65
22
1.500
7.552
9.102
958
21.616
127.157
148.591
-227-
Verbindung Heute - 1999
Auch heute sind sich viele
Farbentragende der gesell schaftlichen Pflichten
bewußt
Nicht nur wenn farbentragende Studenten und „Alte Herren“ in die Vergangenheit
blicken, sieht die oft glorreich aus. Auch heute sind sich viele Farbentragende der
gesellschaftlichen Pflichten bewußt. Das beweist sich an den äglichen Aufgabe, aber
auch am besonderen Engagement.
Ein „Alter Herr“ der TWV Schlaraffia Gerhard Serges al. Präsa schreibt als stellvertretender Vorsitzender der Presse – und Öffentlichkeitsarbeit des CDA – Convent
Deutscher Akademikerverbände zum Festakt der Akademikerverbände in der Paulskirche zu Frankfurt am 4. Oktober 1998
Frankfurt/Main, 4. Oktober 1998 (gs): 150 Jahre ist es her, da versammelte sich in
der Paulskirche ein Parlament: Die Deutsche Nationalversammlung. Ziel damals: ein
einheitliches deutsches Reich und eine demokratische Verfassung schaffen.
Maßgeblichen Anteil an diesem ersten Demokratieversuch hatten die Akademiker. 150
Jahre später versammelten sich wiederum Studierte an diesem historischen Ort. Die
Akademieverbände – eine Arbeitsgemeinschaft, die eigens nur für diesen Zweck
gegründet wurde – hatten zur Gedenkfeier geladen.
Zu den Veranstaltern zählen der Convent Deutscher Akademikerverbände, die
Deutsche Burschenschaft, die Neue Deutsche Burschenschaft sowie der Cartellverband der Katholischen Deutschen Studentenverbindungen.
Grußworte überbrachten in der mit 900 Besuchern bis auf den letzten Platz besetzten
Paulskirche Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süßmuth, die Frankfurter
Oberbürgermeisterin Petra Roth, der Präsident des hessischen Landtags Klaus-Peter
Möller und der Frankfurter Universitätspräsident Prof. Dr. Werner Meissner. Für den
musikalischen Rahmen sorgte das Bläser - Ensemble „Corps de musique“ Erfurt.
-228-
Im Vorfeld der Veranstaltung kam es zu Diskussionen über die gesellschaftliche Ein stellung der Veranstalter und die Vergabe dieser historischen Stätte durch die Stadt.
Dies war während der Veranstaltung vergessen. Befürchtete Ausschreitungen von
Korporationsgegnern blieben allerdings aus. Beobachter zählten vor Beginn der
Veranstaltung lediglich etwa zehn Demonstranten.
In seiner Begrüßung betonte Dr. Günter Paul, C. Saxonia Leipzig, als Vorsitzender
der veranstaltenden Akademikerverbände, die Korporationsstudenten wollten sich
auch heute und morgen für die 1848 formulierten demokratischen Ziele einsetzen
und Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen.
Befürchtete Ausschreitungen
von Korporationsgegnern
blieben allerdings aus.
Paul räumte ein, daß sich die Korporationen dieser Verantwortung in der Geschichte
nicht immer und nicht alle gewachsen gezeigt hätten: „Wir wollen diese Fehler heute
nicht vertuschen, wenn wir an unsere positiven Beiträge zu diesem Staatswesen erin nern. Wir vergessen ja auch nicht andere Aspekte wie z.B. den, daß 1848 zugleich das
Paulskirche: Festakt der Akademikerverbände von herausragender Kultur einer geistigen Verfassung
-229-
Jahr des kommunistischen Manifestes war, das mit Karl Marx einen Korporierten als
Autor hatte“, Paul bekannte wörtlich: „Die Akademieverbände stehen zu den
Prinzipien der Paulskirche.“
„Weil es gegen den Geist der
Paulskirche gewesen wäre,
nur zu den einen zu gehen
und zu den anderen nicht".
Kämpferisch und sichtlich erleichtert gab sich in ihrem Grußwort Bundestags präsidentin Prof. Dr. Rita Süßmuth (CDU) nach den Scharmützeln im Vorfeld der
Veranstaltung. „Sagen Sie mal, warum gehen Sie da hin ?“ habe man sie oft gefragt.
Und ihre Anwort folgte zugleich. „Weil es gegen den Geist der Paulskirche gewesen
wäre, nur zu den einen zu gehen und zu den anderen nicht“ In ihrer Göttinger
Studienzeit, 1956 - 1961, sei es normal gewesen, bei den Studentenverbindungen zu
feiern. Von der katholischen Gemeinde her, seien ihr KV, CV und besonders der UV
vertraut, bekannte Süßmuth: „Ich wünschte mir, daß viel mehr Frauen hier wären“
bedauerte Süßmuth deren geringe Anzahl im Publikum. Denn die Frauen hätten viel
zum „Aufbruch der Freiheit“ beigetragen. Sie waren mitten unter den Männern, unter
den Tatkräftigen und unter den Opfern. Toleranz, Respekt und Miteinander prägten
die Zeit. Tugenden, die heute zunehmend verlorengehen. Diesen revolutionären Geist
gelte es wiederzubeleben. Auch im Hinblick auf das vereinte Europa. Sie rief die
Anwesenden dazu auf, anknüpfend an das Jahr 1848 alle Anstrengungen zu unter nehmen, um wieder den „Geist der Bürgergesellschaft zu leben“.
„Es ist die Zeit, in der wir uns mächtig anstrengen müssen“ so Süßmuth. Gewaltige
Aufgaben kämen auf die Deutschen zu. Die zu bewältigen, bedürfe auch der Unter stützung der Akademiker. Europaweit, wie Süßmuth nochmals betonte. „Denn ich
wünsche mir, daß dieses Deutschland nicht an Hochmut oder nationaler Enge
Schaden nimmt.“ Sie appellierte an die Akademikerverbände und an die Uni versitäten, sich im Geist von Toleranz und Respekt, mit Wissen und Bildung im
Interesse des Zusammenlebens der Völker, um das öffentliche Wohl zu kümmern. Ohne
Wertgrundlagen könne man keine Zukunft bauen, führte die Bundestagspräsidenten
weiter aus. Trotz der gescheiterten Revolution hätten vor allem die in der Paulskirche
formulierten Freiheitsrechte Eingang in die heutige deutsche Demokratie gefunden.
-230-
In seinem Festvortrag stellte der Rechtswissenschaftler und Historiker Professor Dr.
jur. Jörg-Detlef Kühne von der Universität Hannover als Verdienst der seinerzeitigen
Akademikerschaft heraus, die Ausbildung des modernen Verfassungsstaates in
Deutschland maßgeblich mitangestoßen und mitgetragen zu haben.
„Es geht nicht darum, die spätere Zeit zu verdrängen oder zu vergessen“ betonte
Kühne. Unbestritten sei aber, daß die damaligen studentischen Verbindungen
Vorkämpfer vieler Verfassungsgrundsätze von 1848/49 und der davon bis heute aus gehenden Impulse waren. Damit gehörten sie seinerzeit zur verfassungspolitischen
Avantgarde.„ Im übrigen sei auch Marx, Mitglied einer studentischen Verbindung
der damaligen Zeit gewesen.
„Folgen und Forderungen für heute liegen klar auf der Hand. Lehren der Paulskirche
zur Einheit seien auch im Zeichen wachsender Europäisierung und damit einherge hender Erosion des Nationalstaates ohne weiteres möglich“. Gerade wenn man sich
vergegenwärtige, daß der freiheitliche Nationalstaatsgedanke in Deutschland stets
weniger einheitsstattlich ausgeprägt war als in anderen westlichen Ländern. Insofern
empfiehlt es sich, durch Verstärkung studentischer Brückenschläge das Sprach gruppen- und Kulturraumbewußtsein stärker als bisher zu aktivieren. „Als Gegen -
Ohne Wertgrundlagen könne
man keine Zukunft bauen,
„Es geht nicht darum, die
spätere Zeit zu verdrängen
oder zu vergessen“
Bundestagspräsidetin
Rita Süßmuth im
Gespräch mit einem
ARD -Redakteur. Im
Hintergrund Präsa
Serges.
-231-
gewicht zu ökonomischen Schlagseiten“ des Einigungsprozesses.
Nach Worten von Oberbürgermeisterin Petra Roth (CDU) haben die Verantwortlichen
in der Stadt großes Verständnis dafür gehabt, daß die Akademikerverbände zur
Erinnerung an das Jahr 1848 in der Paulskirche zusammenkommen wollten. Denn die
Burschenschaften hätten die politische Entwicklung die zur Nationalversammlung
führte, „in wesentlichen Funktionen“ vorangetrieben. Roth vermerkte, gegen Ende
des 19. Jahrhunderts hätten sich die Burschenschaften leider einer „Deutschtümelei"
hingegeben. Heute sollte es nach Ansicht der Oberbürgermeisterin deren Aufgabe
sein, die Einigung Europas mit voranzutreiben.
Der hessische Landtagspräsident Klaus Peter Möller (CDU), B. Frankonia Bonn,
äußerte, der Festakt der Akademikerverbände in der Paulskirche bedürfe „keiner
besonderen Rechtfertigung“. Die Nationalversammlung, deren Mitglieder zur Hälfte
studentischen Verbindungen angehörten, sei auch ein „Korporiertenparlament“
gewesen. Möller rief dazu auf, sich mit Stolz besonders zum freiheitlichen Erbe der
Paulskirche zu bekennen. Freiheit des Geistes sei die Voraussetzung für den Geist der
Freiheit. In diesem Sinne appellierte er besonders an junge Menschen, sich für die
Demokratie einzusetzen.
Die Nationalversammlung,
deren Mitglieder zur Hälfte
studentischen Verbindungen
angehörten, sei auch ein
„Korporiertenparlament"
gewesen.
-232-
Nachdenklichere Worte fand Prof. Dr. Werner Meissner, Präsident der Frankfurter
Uni. Der militante Nationalismus gehört zu den dunklen Seiten der Bewegung.
„Dennoch komme man nicht umhin, den Beitrag der Akademiker zur demokratischen
Entwicklung Deutschlands anzuerkennen. Trotzdem: Deutschtümelei und Antisemit ismus waren damals en vogue, „aber das nennen wir heute reaktionär“, wandte er
sich mahnend an die Festversammlung. Sein Versuch, einen Zusammenhang zwischen
dem Geist von 1848 und den Revolten von 1968 herzustellen, fand wenig Gegenliebe.
An dieser Stelle blieb der Applaus ausnahmsweise einmal aus.
Die abschließenden Dankesworte sprach Karl Wolfgang Völger, Frankfurt - Leipziger
Burschenschaft Arminia, an die Besucher der Festveranstaltung, verbunden mit dem
Aufruf: „Einigkeit und Recht und Freiheit in Demokratie zukunftsweisend weiter zu
forcieren.“
Convent Deutscher Akademikerverbände (CDA)
stellvertretender Vorsitzender, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dennoch komme man nicht
umhin, den Beitrag der
Akademiker zur demokrati schen Entwicklung
Deutschlands anzuerkennen.
Dipl.-Betriebswirt Gerhard Serges
Am Römischen Hof 15, 61352 Bad Homburg v.d.H.
Dazu schreibt Werner Stoya von der Kassler Germania:
„Die Burschenschaft war die Keimzelle der Volksherrschaft in Deutschland.
Burschenschaftler waren es, die 1848 die demokratische Verfassung schrieben, allen
voran der Präsident der Nationalversammlung, Heinrich von Gagern.“
TWV Schlaraffia Hagen im Bund Deutscher Ingenieur-Corporationen (BDIC)
Seit der Gründung des Bundes Deutscher Ingenieurcorporationen e.V. im Jahre 1951
hat die TWV Schlaraffia zu Hagen stets aktiv am Verbandsgeschehen mitgewirkt.
Waren einige Bundesbrüder direkt in die Verbandsarbeit integriert, kamen andere einfach nur zu den vielen, vielen Veranstaltungen in der Rolle als Teilnehmer. Im Jahre
1992 endete die Mitgliedschaft. Wie es dazu kam, wird abschließend behandelt. Das
100. Stiftungsfest bietet Anlaß, auch diesen Abschnitt in der Verbindungsgeschichte
darzustellen.
Verbände sind Zweck – oder Freundschaftsbündnisse, die gemeinsame Ziele und
Werte verfolgen. Der BDIC hatte sich nicht nur die Schaffung eines großen ingeneurstudentischen Verbandes zum Ziel gesetzt, sondern auch die Erziehung der
Aktiven zu verantwortungsbewußten Persönlichkeiten. Schon frühzeitig wurde ein
Schwerpunkt auf die Bildungs- und Hochschulpolitik gelegt und ein gut funktionierendes Seminarwesen aufgebaut. Die Zugehörigkeit zum BDIC prägte die Schlaraffia
zwangsläufig in einer gewissen Art mit. Alte Herren schwärmen noch heute von ihren
persönlichen Eindrücken der früheren Bundeskongresse in Koblenz und ziehen Ver-
Die Burschenschaft war
die Keimzelle der
Volksherrschaft in
Deutschland.
Das 100. Stiftungsfest bietet
Anlaß, auch diesen Abschnitt
in der Verbindungs geschichte darzustellen.
-233-
Die Zugehörigkeit zum
BDIC prägte die Schlaraffia
zwangsläufig in einer gewis sen Art mit.
gleiche, was sich heute verändert hat. Da der BDIC bald sein 50. Bestehen feiern wird
(2001), ist das auch zurückzublicken, wie es zu seiner Gründung kam.
Gerhard Serges al. Präsa
Verbandsmitgliedschaften der Schlaraffia in der Vorkriegszeit
-234-
Schon vor dem Verbot der Korporationen durch die Nationalsozialisten im Jahre 1935
war die TWV Schlaraffia verbandlich organisiert. Der bekannteste Verband war wohl
der Ehrenbreitsteiner Vertreter Convent (EVC), der von 1930 bis 1935 bestand. Der
EVC ist als der stärkste Verband mit dem Gründungsdatum 1921 mit seinen Kor-
porationen nach dem Kriege Initiator und Mitbegründer des BDIC gewesen, so daß
man den Ursprung des BDIC ohne Bedenken in das Jahr 1921 legen darf.
Die traditionelle Nachfolge der benannten Verbände wurde durch die landsmannschaftlichen Eigenart, die Übernahme der Symbole, die Formulierung des Verbandsnamens und nicht zuletzt durch die Aufnahme der früheren Verbandskorporationen in
den BDIC.
1. Verbindungsring Höherer Maschinenbauschulen Westdeutschlands (VHMW)
Die ersten verbandlichen Aktivitäten der TWV Schlaraffia fanden im „Verbindungsring Höherer Maschinenbauschulen Westdeutschlands (VHMW)“ ihren Niederschlag, der am 15. Januar 1921 wurde. Die vier Hagener Korporationen TV Markomannia, TV Schlaraffia, TV Normannia (1934 vereinigt zur TV Saxonia) TV Teutonia
wurden hier Mitglied, nach dem sie zuvor im Jahre 1919 mit zwei nichtfarbentragenden Stammtischen den „Allgemeinen Stammtischverband“ (ASV) gegründet hatten.
Der Zusammenschluß war lose und seine hauptsächliche Zielsetzung die Aufhebung
des § 9 der Preußischen Schulordnung zu erwirken, die studentische Verbindungen
verbot, bzw. deren Mitglieder mit Relegation bedrohte. Die kurz danach eingetretene
TV Cheruscia Aachen beantragte eine Reform des Verbandes auf der Grundlage einer
studentischen Korporationen entsprechenden Verfassung.
Die ersten verbandlichen
Aktivitäten der TWV
Schlaraffia fanden im
„Verbindungsring Höherer
Maschinenbauschulen
Westdeutschlands
(VHMW)“ ihren Nieder schlag
2. Der Hagener Senioren-Convent (HSC)
Ein zum 28. Mai 1921 einberufener ACC gab diesem Antrag statt und beschloß, die
von Bundesbruder Buchholz (Schlaraffia Hagen) und Vbr. Dorr (Cheruscia Aachen)
in den wesentlichen Punkten beantragte Satzung. Sie betonte stärker die interne
Bildungsarbeit als Voraussetzung für eine erfolgversprechende Außenpolitik. Höchste
gesetzgebende Körperschaft war wiederum der „Allgemeine Chargierten-Convent“
(ACC). Die Leitung lag ein Semester bei dem jeweiligen Vorsitz der Ortsringe in festgelegter Reihenfolge. Da die Anregung zur Gründung eines Verbandes von Hagen
„Hagener SeniorenConvent“
-235-
„Arbeitsgemeinschaft der
AH-Verbände des Hagener
SC.“
ausgegangen war, nahm in Würdigung dessen der Korporationsverband den Namen
„Hagener Senioren-Convent“ an. Die Hagener Stammtische schieden daraufhin aus.
Als Gründungstag galt der 15. Januar 1921. Vordringliches Ziel war auch die
Zulassung und Anerkennung der Korporationen zu erwirken. Jedoch weder Vorsprache im Preußischen Kultusministerium Mitte 1921 noch eine Verhandlung im zuständigen Preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe Ende des Jahres war ein
Erfolg beschieden. Im Gegenteil, mit dem Erlaß vom 14. Januar 1922 ordnete
Minister Siering (Preußischer Minister für Handel und Gewerbe) die Auflösung des
Hagener SC und seiner Korporationen an. Sie kamen diesem Erlaß nur formell nach,
aber ihrer Betätigung nach außen hin waren Grenzen gesetzt. Das Korporationsleben
ging weiter gleich wie die Betätigung des Hagener SC, jedoch mit einer Einschränkung, Couleur wurde nur in geschlossenen Räumen getragen. Der Bundestag
fand nach wie vor in großem Rahmen jährlich statt.
Im Zusammenhang mit den immerhin erschwerenden Existenzbedingungen mag auch
die „Arbeitsgemeinschaft der AH-Verbände des Hagener SC“ als beratendem Organ
gegründet worden sein.
Ungünstiger als das Verbot und andere äußeren Umstände, wie Inflation, militärische
Besatzung, Ruhrkampf und Deflation wirkten sich der turnusmäßige Wechsel der
Leitungen des HSC und der „Arbeitsgemeinschaft“ aus. Er erschwerte eine kontinuierliche Entwicklung beider Institutionen. Der Bundestag am 18. Januar 1925 stellte
er eine Reihe von Grundsatz- und Alternativfragen zur Diskussion. Daraufhin wurde
der Beschluß gefaßt, die Arbeitsgemeinschaft in anderer Form und Organisation weiterbestehen zu lassen. Neu war, die AH-Verbände in einem Verband zusammenzufassen. Wegen der immer noch prekären Lage für die aktiven Verbandsbrüder und in
Wahrung der Tradition führte der Verband den neutralen Namen „Hohensyburgbund“
mit Sitz in Hagen.
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3. Hohensyburgbund (HSB)
Am 13. Dezember 1925 gab der erweiterte Vorstand auf einer Sitzung in Hagen dem
Hohensyburgbund eine neue Satzung, nach der er sich nunmehr auch auf Korporationen an gleichwertigen Studienanstalten und vor allem auf das ganze Reichsgebiet
ausdehnen soll.
„Hohensyburgbund“ mit Sitz
in Hagen.
4. Ehrenbreitsteiner Vertreter-Convent' (EVC)
Am 9. August 1930 ging der HSB mit zwei weiteren Kartellen, „Hohen-NeuffenerConventes“ und des „Rolandsecker Kartell-Verbandes“ in den „Ehrenbreitsteiner
Vertreter-Convent“ (EVC) über. Indirekt wurde bei diesen Fusionen oder Umbenennungen der Verbände auch die TWV Schlaraffia als einfaches Mitglied immer wieder
tangiert.
Dem EVC war eine
Betätigung im Sinne seiner
Zielsetzung nicht mehr mög lich.
Die stürmische Entwicklung des EVC konnte bei aller Begeisterung über die prekäre
Lage nicht hinwegtäuschen, das Verbot der Korporationen blieb mit demütigenden
Begründungen bestehen. Dem EVC war eine Betätigung im Sinne seiner Zielsetzung
nicht mehr möglich. Er trat deshalb dem, Reichsbund Deutscher Fachschulcorporationen nicht bei. Vielmehr zog er einem drohenden Verbot bzw. einer evtl. damit
verknüpften Gefährdung seiner Korporationen der im September 1937 erfolgten
Auflösung vor.
Vorgeschichte des BDIC
Nach dem 2. Weltkrieg kehrten auch Korporierte zurück in ihre Heimat, soweit sie
noch eine hatten. Glücklich waren diejenigen, die in die westlichen Zonen der Siegerstaaten heimkehren konnten. Hier faßten wenige Jahre später neuen Mut, ihre Korporationen wiederzugründen.
Zunächst wurden die Alten
Herren aktiv.
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Schon am 12. April 1950
konnten die Chargen der
Hamburger Korporationen
ihren 1. Convent durch führen.
Zunächst wurden die Alten Herren aktiv. Sie nahmen den Kontakt zu ihrer Studienstätte wieder auf und damit zur jungen Generation, den Studierenden. Erste Aktivitates erstanden. Waren sie zunächst noch mit ihrer eigenen Korporation beschäftigt,
so regte sich doch bald der Wille zum Zusammenschluß, denn Presse und Rundfunk
sahen in den Korporationen reaktionäre Gruppen. „Diese studentischen Gemeinschaften sind nicht mehr zeitgemäß“, hieß es. Sie wurden eines Besseren belehrt.
Fast an allen Ingenieurschulen wurden Ortsringe, Cartelle und Convente gebildet, um
mit vereinten Kräften den Widersachern begegnen zu können. In Hamburg kamen
erstmalig am 9. März 1950 fünf Korporationen zusammen. Unter dem Vorsitz von
Karl Hansen (Corps Rhenania Hamburg) kam man auf seinen Vorschlag zur Bildung
einer überkorporativen Arbeitsgemeinschaft. Schon am 12. April 1950 konnten die
Chargen der Hamburger Korporationen ihren 1. Convent durchführen, was im Laufe
der folgenden Monate den Plan reifen ließ, aus diesem örtlichen Zusammenschluß
einen Verband entstehen zu lassen, der alle deutschen Ingenieurschul-Korporationen
umfassen soll, um so der früheren Uneinigkeit der Verbände zu begegnen.
Schlaraffia wird Gründungsmitglied des BDIC
Zu den Vertretern der nach folgend genannten
Korporationen zählte auch
Bundesbruder Kurt Jüsten
al. Hecht.
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Der AH-Senior der TwV Rhenania zu Wuppertal, hatte eine Reihe von Korporationen
des früheren Ehrenbreitsteiner Vertreter - Convents (EVC) zu einem AH - Convent
eingeladen, der am 19. Mai 1951 im Hotel Germania in Düsseldorf stattfand. Zu den
Vertretern der nachfolgend genannten Korporationen zählte auch Bundesbruder Kurt
Jüsten al. Hecht.
TV Markomannia zu Düsseldorf (Glocksin, Overkamp)
TV Sugambria zu Düsseldorf (Engels, Hennies, Pütz)
TV Saxonia zu Hagen/W. (Breuker, Mesalla)
TV Schlaraffia zu Hagen/Westf. (Jüsten)
TV Rheinwacht zu Köln (Idel, Kaldenhoff, Lamberty, Miebad)
TV Rheno-Teutonia zu Köln (Wilhelm Schmieds)
TV Marcomannia zu Frankfurt/M. (Neumann)
TV Borussia zu Magdeburg (Vitt)
TV Marcomannia zu Wuppertal (Schneider)
TwV Rhenania zu Wuppertal (Brüning, Wittler)
Aus dem norddeutschen Raum waren Anregungen ergangen, sich einem Hochschulverband anzuschließen, der Kontakt mit Hamburger Korporationen aufgenommen
hatte. Aber, man beschloß spontan, den ehemaligen EVC wieder aufleben zu lassen,
und zwar sofort, d.h., in Düsseldorf. Um jedoch die Tradition zu wahren, einigte man
sich einmütig, die offizielle Wiedergründung in Ehrenbreitstein zu vollziehen, und
zwar in der Rheinterrasse. Am 23. Juni 1951 konnte der Gründungsconvent steigen.
28 Korporationen waren erschienen. Die Freude war groß, denn es trafen sich viele
alte Bekannte an dem Ort, wo vor sechzehn Jahren der EVC zwangsweise aufgelöst
worden war. Ernst Neumann (Marcomannia Frankfurt) berichtet über den 1. Convent
in Ehrenbreitstein: „Man diskutierte eingehend und lange und um 19:12 Uhr konnte
in feierlicher Weise proklamiert werden. Nicht mehr der EVC oder andere ehemalige
Korporationsverbände sollen rekonstituiert werden.“ Der neue Name des Verbandes
ist nun:
Am 23. Juni 1951 konnte der
Gründungsconvent steigen
BUND DEUTSCHER INGENIEUR-CORPORATIONEN (BDIC)
Der BDIC hatte damit die Nachfolge von folgenden früheren Verbänden der Ingenieurschul-Korporationen angetreten:
Bund Deutscher Burschenschaften (BDB)
Deutscher Farbenring (DFR)
Ehrenbreitsteiner Vertreter-Convent (EVC)
Friedrichsruher Waffenring (FWR)
Karthäuser Deputierten-Convent Verband Bayern (KDCV)
Kasseler Vertreter-Convent.
Nach der traditionellen Weiterführung dieser suspendierten Verbände hatten deren
ehemalige Ko rp o rationen auch eine A n regung ge f u n d e n , s i ch dem BDIC
anzuschließen.
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Umbenennung des BDIC
Zeitweilig gehörten ihm
damals bis zu 200
Korporationen in allen
Teilen der Bundesrepublik
an
Für diesen Zeitraum stehen
insbesondere die damaligen
AH-Präsiden Faß
Waldhausen und Pluto Plate,
die durch ihren unermüdli chen Einsatz Vorbild für alle
Schlaraffen waren.
Bis 1968 entwickelte sich der BDIC sprunghaft weiter. Zeitweilig gehörten ihm damals bis zu 200 Korporationen in allen Teilen der Bundesrepublik an, von denen heute
ein großer Teil nicht mehr existent ist. Erste Beziehungen zu den Universitätsverbindungen wurden am 18. Februar 1967 während einer Arbeitstagung von BDIC,
CDA und CDK in Weinheim aufgenommen. Durch die Gründung der Fachhochschulen Anfang der 70er Jahre und Gesamthochschulen in Nordrhein–Westfalen/Hessen traten nicht mehr nur Ingenieurstudenten in die Verbindungen ein. Um
dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, kam es folglich 1974 zur Umbenennung des
Verbandes in BDIC – Korporationsverband an Deutschen Hochschulen. Für diesen
Zeitraum stehen insbesondere die damaligen AH-Präsiden Faß Waldhausen und Pluto
Plate, die durch ihren unermüdlichen Einsatz Vorbild für alle Schlaraffen waren.
Aktive Mitarbeit im Verband
Detlef Umard al. Mette hatte
seine Hauptaufgabe als
Gebietsbeauftragter des
BDIC für Hagen / Iserlohn
(ab 1973) schnell definiert.
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In den 70er Jahren hatte die Schlaraffia immer eine große Aktivitas. Dieser Umstand
ließ es zu, sich auch außerhalb der eigenen Verbindung für das Gemeinwohl einzusetzen. Detlef Umard al. Mette hatte seine Hauptaufgabe als Gebietsbeauftragter des
BDIC für Hagen / Iserlohn (ab 1973) schnell definiert. Ihm ging es vor allem darum,
die Kontakte zu den Ortsringverbindungen neu- bzw. wiederzubeleben. Er gehörte
damit zum erweiterten Vorstand des BDIC-Landesverbandes West. Zur Erarbeitung
des BDIC Grundsatzprogramm fanden sich bei einer Arbeitstagung des Landesverbandes West in Valbert am 20.-21. Oktober 73 allein sechs Schlaraffen ein: Schrat
Zeppenfeld, Neptun Godbarsen, Pegasus Gottschlich, Olymp Rehberg, Pöllzich
Hoffe, Mette Umard. Zwei Jahre später wurde das Grundsatzprogramm mit dem
Leitsatz Albert Schweitzers „Ehrfurcht vor dem Leben“ in Koblenz verabschiedet.
Wenn man dieses Grundsatzprogramm heute liest, kann man die Handschrift der
Schlaraffia noch gut erkennen.
Ein weiterer Denker („Hagener Manifest“) und Lenker trat 1975 mit Bernd
Gottschlich al. Pegasus als Senioren Convent Vertreter auf die Verbandsbühne. Als
Sprecher der aktiven Bünde des LV West wandte er sich besonders dem Grundsatzprogramm, der Bildungs- und Hochschulpolitik bzw. der Seminar- und Keilarbeit zu.
Nach seiner aktiven Zeit blieb er den BDIC-Nachrichten als Redakteur mit Schwerpunkt Bildungspolitik noch einige Zeit erhalten.
Ein weiterer Denker
(„Hagener Manifest“) und
Lenker trat 1975 mit Bernd
Gottschlich al. Pegasus als
Senioren Convent Vertreter
auf die Verbandsbühne.
Berlin war schon damals eine Reise wert. Diese Stadt hatte für Studenten, denen Bonn
oder Münster zu provinzionell und miefig waren, schon immer eine magische
Anziehungskraft. Auch Schlaraffen wie Moses Pierlich und Spritty Bräutigam zog es
dort hin. Zwangsläufig wurden Berlinfahrten organisiert, in die das Winterfest des
Landesverbandes Berlin integriert wurde. Ob der Verbands- oder Unterhaltungscharakter höher im Kurs standen, ist nicht mehr zu recherchieren. Jedenfalls berichteten die Aktiven nach ihrer Rückkehr stets mit Hingabe über diese Winterfeste.
1976 beging der noch junge BDIC sein 25-jähriges Jubiläum in Koblenz. Die
Bundesbrüder Wuschel, Richters, Lox Roling und Deo Blümel vertraten die Farben
der Schlaraffia beim Aufmarsch am Deutschen Eck.
1976 beging der noch
junge BDIC sein 25-jähri ges Jubiläum in Koblenz.
Vom Fux zum stellvertretenden Bundessenior
Im Oktober 1977 nahmen aktive Burschen den Brandfuxen Gerhard Serges al Präsa,
mit zur Landesverbandstagung in Duisburg, damit er ebenfalls einmal den Dachverband kennenlernen sollte.
Daß er dann sofort zum stellvertretenden SC – Vertreter des Landesverbandes West
gewählt wurde, war eine Überraschung. Ein Fux in einem Burschenamt. Durch eine
besondere Vereinabrung konnte es zunächst mal beim Fuxenstatus bleiben. Wer läßt
sich schon gerne diese schöne Zeit als Fux verkürzen?
Die nächsten Stationen waren 1978 die Übernahme des Amtes des SC – Vertreter für
den gesamten LV West, 1978 das erste Mal in Koblenz mit Bbr. Pluto Hoffmann und
1981 die Wahl zum Bundes - SC Vertreter im gschäftsführenden Bundesvorstand in
Berlin. Durch meine bundesweite Arbeit wurde auch die TWV Schlaraffia bekannter
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und mehr und mehr in Repräsentanzpflichten einbezogen. Die überregionalen
Chargierauftritte nahmen zu. Im Dezember 1981 war die Schlaraffia zum ersten Mal
beim Thomastag vertreten. Es chargierten außerdem Piano de Jacovo und Rocky
Rückemann
Thomastag im
Dezember 1991
25 Jahre BDIC
– Feierstunde am
deutschen Eck
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BDIC – Bundestagung in Hagen
1983 fand die Bundestagung in Hagen statt. Der Ortsring, die Fachhochschule, die
Öffentlichkeit; alle wurden einbezogen. AH Faust Bültmann wird lobend für seinen
Beitrag zur Organisation und Durchführung im BDIC-Journal erwähnt. Bei den Conventen im Parkhaus war die Einführung des Männerbundprinzips ein wichtiges
Thema. Es erfolgte außerdem die Wiederwahl von Präsa-Serges als Bundesvorstandsmitglied bis 1985 in Regensburg.
Bei den Conventen im
Parkhaus war die
Einführung des
Männerbundprinzips ein
wichtiges Thema.
Nach der Bundestagung in Hagen nahm ein anderes Thema von den Hagener
Verbindungen Besitz. Die drohende Schließung und spätere Verkleinerung der FH
Hagen hinterließen einschneidene Wirkungen in den Mitgliederzahlen der Aktivitates.
Verbandsthemen waren da zunächst von nachgeordneter Bedeutung.
Am 22.September 1984 fällte der a.o. Delegiertenconvent in F rankfurt am Main den
für die Schlaraffia später folgenschweren Beschluß das Männerbundprinzip in der
Satzung festzuschreiben. Im Jahre 1986 folgte die bislang letzte Teilnahme der
Aktiven an einem BDIC – Bundeskongreß. In der Kölner Flora chargierten Gagga
Schöneberg, Mette Umard und Stöckel Januschczock.
Am 22.September 1984 fällte
der a. o. Delegiertenconvent
in Frankfurt am Main den
für die Schlaraffia später
folgenschweren Beschluß
das Männerbundprinzip in
der Satzung festzuschreiben.
BDIC 1983 in
Hagen
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Erste Austrittsgedanken
Der Generalconvent beauftragte 1988 den AH-Vorstand eine Entscheidungsgrundlage
über eine weitere Zugehörigkeit zum BDIC vorzubereiten.
Vbr. Erich Steinbrecher al. Gabbro, von der B. Erica Suderburg, soeben in Saarbrücken zum neuen Bundessenior gewählt, schreibt am 5. Juni 1989 dem AH-Vorsitzenden Stamperl Diederichs: „Von Ihrem Bundesbruder Serges habe ich erfahren,
daß bei Ihnen eine Abstimmung zum Austritt aus unserem Dachverband ansteht. Aus
Gesprächen mit ihm, Ihrem Bbr. Godbarsen und dem AH-Präsiden R. Diederichs bin
ich auch über die Gründe informiert worden, die eine Korporation hierzu veranlassen.“
Diese Gründe liegen, wie so oft in der Vergangenheit des BDIC, weniger in der mangelnde Aktivität von ehrenamtlich tätigen Verbandsbrüdern sondern in fehlender
Koordination und Fehleinschätzung von Situationen, also mangelnder Führungsqualität, zu der sich dann auch noch fehlendes Fingerspitzengefühl paart.
Im Sommersemester 1989 fordert AH-Schriftführer Tangens Niesalla im Auftrag des
GC von 1988 die Mitglieder via Schlaraffenrundschau zu einer Probeabstimmung
zum Austritt aus dem BDIC auf. Für und wider wurden in diesem Antrag gegenübergestellt. Hauptsächlich wirft der AH-Vorstand dem BDIC folgende Fehlleistungen
vor:
- keine Unterstützung bei der Schließung der FH Hagen
- keine Kontakte zu anderen Bünden durch BDIC-Mitgliedschaft
- fehlende Imagewerbung durch den Verband
- keine Öffentlichkeitsarbeit
- Themen auf den Verbandstagungen haben zumeist Verwaltungscharakter
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Der Abschied
Mit der Aufnahme von Maja Wotte in die Aktivitas stellte sich für die Schlaraffia eine
neue Aufgabe: „die Damenfrage“. Was würde der Verband dazu sagen? Stamperl
Diederichs 8. Februar 1991: „Letztendlich muß sich der BDIC entscheiden, ob er es
vorzieht eine tote Verbindung ohne Beiträge zu haben oder eine Verbindung mit einer
motivierten Aktivitas bei gleichzeitiger Zahlung der Beiträge. Der BDIC hat doch
zum Aufbau unserer Aktivitas in keiner Weise beigetragen. Ich bin persönlich sehr
froh, daß wir unsere Maja gewinnen konnten.“ Die Beziehung zum BDIC war
ohnehin dur ch die Nichtteilnahmen an den Bundestagungen in den letzten 5 Jahren
abgeklungen. Folglich war es den meisten Schlaraffen irgendwie egal, wie es mit dem
BDIC weitergehen sollte. Im Frühjahr wurde mit der Burschung von Maja Wotte das
Exempel statuiert und gegen die Ausführungsbestimmungen der BDIC-Satzung verstoßen, die eine Aufnahme von Studentinnen nicht vorsieht. Burschen sind endgültige Mitglieder einer Verbindung und somit hatte sich die TWV Schlaraffia selbst aus
dem Verband herauskatapultiert. Die Mitgliedschaft erlosch automatisch. Die schriftliche Bestätigung des Verbandes war nur eine Formsache. Die Ursachen, daß es dazu
kam, sind nicht einzig bei unserer Bundesschwester Maja Wotte zu suchen.
Trauern manche Alte Herren dieser Zeit hinterher, so freuen sich andere, keine
Verbandsverpflichtungen mehr zu haben. Da aber nichts so veränderlich ist wie die
Zeit, wird bestimmt eines tages über eine neue Verbandsmitgliedschaft sinniert wer den.
Die Mitgliedschaft erlosch
automatisch.
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