Ein Herz für Daten
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Ein Herz für Daten
08.2014 | 11.80 EUR MATERIAL-NR. 04062-5166 www.personalmagazin.de Spezial Outplac ement und Zei tarbeit im Wan del Ein Herz für Daten Wie die Pioniere Big Data im Personalwesen nutzen PARALLELEN Welche Personalfragen bei der Fußball-WM im Fokus standen S. 30 S. 48 S. 12 LERNKURVEN Wie die Sparkasse Bremen ihr Gesundheitsmanagement zum Selbstläufer machte S. 34 ALTERNATIVEN Wie Wettbewerbs beschränkungen vertraglich gestaltet werden können S. 63 Sie wollen den besten Krankenschutz für Ihre Mitarbeiter im Ausland? Internationale Krankenversicherung von AXA. Die Lösung für einen erstklassigen Versicherungsschutz mit ausgezeichneten Services. Gerade Mitarbeiter, die Sie in entfernte Länder entsenden, wollen Sie in guten Händen wissen. AXA garantiert mit FlexMed Global optimale medizinische Versorgung auf der ganzen Welt und ermöglicht Zugang zu einem Netzwerk ausgewählter Leistungserbringer. Die Expatriates und ihre Familien genießen Privatpatientenstatus und können sich auf unseren Service rund um die Uhr – sieben Tage die Woche – verlassen. Schließlich haben wir über 40 Jahre Erfahrung in der Betreuung von Mitarbeitern in mehr als 170 Ländern. Weitere Informationen erhalten Sie unter www.AXA.de/ikv, per E-Mail unter [email protected] oder postalisch unter AXA Krankenversicherung AG, 50592 Köln. Kommen Sie zur Versicherung, die neue Maßstäbe setzt. EDITORIAL 3 Training war gestern. Umsetzung ist heute. Liebe Leserinnen und Leser, was kann Big Data leisten? Bei der Fußball-WM in Brasilien spielte erstmals auch Big Data mit. Das deutsche Team marschierte dabei vorneweg: Die Gegner wurden mit allen verfügbaren Daten analysiert, die Spieler bekamen Feedback über ihre Spielweise und konnten sich Auswertungen aus der Datenbank anfordern. Bei den Spieltipps wollten Forschergruppen aus dem Silicon Valley unter Beweis stellen, dass Big Data funktioniert: Die Microsoft- und Google-Crews prognostizierten sehr gut, in der K.o.-Runde waren 13 von 14 „Bei der FußballWM spielte erstmals auch Big Data mit – und das mit erstaunlichem Erfolg.“ Reiner Straub, Herausgeber Siegertipps richtig. Big Data steht nun auch vor dem Einzug in die Personal abteilungen. Als wir im Frühjahr 2013 erstmals eine Titelgeschichte zum Thema machten, waren die Anwendungsfelder noch unklar, inzwischen zeichnen sich einige Maschinen brauchen Perfektion, Menschen hingegen lähmt sie. Schluss mit einfachen Seminaren! Bei uns bekommen Sie echte Transformation. Denn Führung braucht Wirkung. Für alle, denen der gesunde Menschenverstand wichtig ist. Trends ab. Wenige Unternehmen wollen allerdings darüber reden. Auf unsere Anfragen bekamen wir häufig Absagen. Zuletzt zog eine große Handelskette einen Artikel über einen Big-Data-Einsatz zurück, bei dem Umsatzentwicklung und Personaleinsatzplanung tagesaktuell abgeglichen werden. Angesichts Können statt Kennen Wirkung statt Wissen der kontroversen Diskussion über den Datenschutz ist das durchaus Klarheit statt Komplexität verständlich: Manche Unternehmen haben Angst davor, ins Visier Ergebnisse statt Absichtserklärungen von Datenschützern zu geraten. Um Big Data erfolgreich einzusetzen, brauchen die Unternehmen verlässliche Datenschutzregelungen im Sinne der Freiheit. Dann bekommt das Thema die Kraft, ein wichtiger Wettbewerbsfaktor für die deutsche Wirtschaft zu werden. Ihr 08 / 14 personalmagazin So geht Umsetzen – der Film www.grundl-akademie.de © LAURIN SCHMID 4 INHALT_AUGUST 2014 12 10 BPM auf Wachstumskurs Ein Herz für Daten Präsident Joachim Sauer begrüßte bei seinem Kongress im Juni 1.500 Teilnehmer. Big Data hat das Potenzial, das Personalwesen radikal zu verändern. Was mit „People Analytics“ alles möglich sein wird, zeigen erste Praxisbeispiele. SZENE MANAGEMENT ORGANISATION 06 News und Events 22 News und Dienstleistungsmarkt 32 News und Softwaremarkt 10 Macht und Einfluss von HR Rückblick auf den diesjährigen Personalmanagementkongress des BPM in Berlin 24 Eigenverantwortlich lernen Beim Hoerbiger-Konzern nutzen die Manager ein Self-Assessment, um sich weiterzuentwickeln 34 In Lernkurven zur Gesundheit So wird das BGM zum Selbstläufer TITELTHEMA 12 Roboter statt Recruiter? Big Data kommt in der Praxis an. Die Analysen werden das Personalwesen radikal verändern 14Studie: Big Data ist ein Motor für Wirtschaftswachstum 16 „Großer Fortschritt“ IBM-Manager Sven Semet erläutert, wo Big-Data-Anwendungen im Personalwesen bereits zum Einsatz kommen 18 Quantensprung im Controlling Eine clevere Auswahl an tragfähigen Kennzahlen ist für das systematische Controlling der Personalbeschaffung hilfreich 28 Den Nerv der Fachkräfte treffen Eine neue Studie zeigt, welche Ansprüche Bewerber an die Arbeitgeberkommunikation stellen 30 So emotional wie nie Selten werden Personalfragen so leidenschaftlich diskutiert wie während der Fußball-WM 38 Routinedaten effizient nutzen Strategische Kennzahlen in HR 41 „Meistens fehlt die Routine“ Robert Heiligers, Experte für Auslandsentsendung, warnt vor Risiken 42 Kleine Fehler mit fatalen Folgen Entsendung kann teuer werden 46 Reise ins Ungewisse Was Mitarbeiter beim Travel Management vermissen SPEZIAL 48 Die Ansprüche steigen Outplacementberatung boomt 52 Fällt die Höchstgrenze? Nach dem Mindestlohn droht nun ein Gesetz zur Zeitarbeit 54 Rekrutierung weiter denken Personaldienstleister unterstützen Unternehmen mit Recruitment Process Outsourcing personalmagazin 08 / 14 © AHMAD A ATWAH / SHUTTERSTOCK.COM 5 60 Andere Länder, andere Sitten Mitarbeiter, die ins Ausland entsendet werden, sollten um kulturelle Besonderheiten wissen. Arbeitgeber müssen rechtliche Rahmenbedingungen und Pflichten kennen. RECHT PERSÖNLICH 56News 68 News und Weiterbildung 58 Aktuelle Urteile 70 Neue Kompetenzen gefragt Wie Recruiter für den internationalen Markt fit werden 60 Entsendung „all inclusive“ Der arbeitsrechtliche Pflichtenkreis bei Auslandsentsendungen geht weit über die normale Fürsorgepflicht hinaus 63Quasi-Wettbewerbsverbote Arbeitsrechtliche Alternativen zur nachvertraglichen Wettbewerbsbeschränkung 66 Anpassungsurteil aus Erfurt Das Bundesarbeitsgericht hat neue Grundsätze für die Erhöhung von Betriebsrenten formuliert 72Buchtipps 74 Ganz persönlich Alexandra Mächtel, Head of HR bei Jambit, beantwortet unseren Fragebogen RUBRIKEN 03Editorial 73 Impressum, Rückblick 74Vorschau : NEU Z N A ZT G T NAL E O J S R E & P N rsonal H e p O / e L d . t w.exac w w > > 3 Lösungen – 1 Partner Lohnabrechnung Lohn-Outsourcing Personalmanagement www.exact.de/lohn Mein Partner für Lohn & Personal 08 / 14 personalmagazin 6 SZENE_NEWS Stellenwechsel © DEUTSCHE BUNDESBANK RUDOLF BÖHMLER © BEIERSDORF AG Ende des Jahres wird Rudolf Böhmler auf eigenen Wunsch vorzeitig von seinem Vorstands posten bei der Deutschen Bundesbank zurücktreten. Seit 2007 – über zwei Amtsperioden – war der 68-Jährige im Vorstand der Deutschen Bundesbank unter anderem für ökono mische Bildung und Personal zuständig. Der Jurist und Doktor honoris causae begann seine berufliche Laufbahn als Leiter des Ordnungsdezernats beim Landratsamt Göppingen und war vor seiner Berufung in den Bankvorstand Chef der Staatskanzlei des Landes Ba den-Württemberg. Im März 2014 hatte der „Innenminister der Bundesbank“ sein 50-jähri ges Dienstjubiläum im öffentlichen Dienst gefeiert. Nach den Regeln für die Besetzung des Bundesbankvorstands werden die Bundesländer Thüringen und Sachsen einen Nachfolger bestimmen. Ihr Vorschlag geht dann über den Bundesrat zum Bundespräsidenten. ZHENGRONG LIU Am 1. Juli hat Beiersdorf seinen Vorstand von drei auf sechs Mitglieder erweitert. Neu in den Vor stand berufen wurde auch Zhengrong Liu. Er übernimmt das Personalressort und auch die Rolle des Arbeitsdirektors. Der 45-Jährige ist im Oktober 2013 als Senior Vice President bei Beiersdorf eingetreten und leitete dort seitdem den Personalbereich des Konsumgüterherstellers. Zuvor, ab 2004, war Liu beim Spezial-Chemiekonzern Lanxess als Personalchef tätig gewesen. Dort hatte der gebürtige Chinese zahlreiche innovative Personalprojekte eingeführt. Im September 2013 wählte das Personalmagazin Zhengrong Liu zu einem der 40 führenden Köpfe des Personalwesens. RÜDIGER LINCK Mit Wirkung zum 1. Mai hat Bundespräsident Joachim Gauck Dr. Rüdiger Linck zum Vorsitzen den Richter am Bundesarbeitsgericht ernannt. Linck war nach Abschluss seiner juristischen Ausbildung zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Heidelberg tätig, wo er auch promovierte. Ab 1989 arbeitete er an verschiedenen Arbeitsgerichten in Baden-Würt temberg, anschließend unter anderem am Sächsischen Landesarbeitsgericht. 2001 kam er zum Bundesarbeitsgericht. In seiner neuen Aufgabe als Vorsitzender Richter steht er dem zehnten Senat vor, der insbesondere für Gratifikationen, Sondervergütungen und Zulagen zuständig ist. SABINE KELLER-BUSSE Am 1. August übernimmt Sabine Keller-Busse die Rolle des Group Head of Human Resources bei UBS Schweiz. Sie wechselte vor vier Jahren von der Credit Suisse zur UBS, wo sie derzeit noch das Amt des Chief Operating Officer ausübt. Zuvor war sie bei McKinsey. ALEXANDRA KRONE Im April hat Alexandra Krone die Geschäftsleitung Personal & Cont rolling bei der Meyer & Meyer Holding übernommen. Sie begann im Unternehmen 2007 als Leiterin der Personalentwicklung. CHRISTIAN PEINER Seit 1. Juli verantwortet Christian Peiner als Vice President HR das Personalmanagement von RUAG Avitation. Zuvor war er Head of Compensation and Benefits im Unternehmen und davor Manager Corporate Compensation und IT bei Kuehne + Nagel. KATJA SRAJEK Mitte Juni wurde Katja Srajek zum Director Human Resources & Communications Europe and Asia bei der Johns Manville GmbH ernannt. Zuvor hat Katja Srajek unter anderem HR-Führungspositionen bei Tetra Pak und Rockwell Collins bekleidet. HELMUT BECKER Am 1. Juni trat Helmut Becker seine neue Position als Leiter Personal und Recht der Rotkreuz-Krankenhäuser an. In dieser Position ist er verantwortlich für das Personal zweier Frankfurter Krankenhäuser. Der Jurist war dort bereits seit März als Interimsmanager tätig. + + + A k t u e l l e P e r s o n a l i e n + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + R u b r i k „ P e r s o n a l s z e n e “ Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 14 7 PERSONALDIENSTLEISTUNGEN Drei Fragen an ... ... Professor Stephan Fischer zur Generation Y PROF. DR. STEPHAN FISCHER ist Direktor des Instituts für Personalforschung, Studiendekan im Masterstudiengang Human Resources Management und Mitglied des Human Resources Competence Center an der Hochschule Pforzheim. Frage eins: Seit Jahren reden vor allem Berater und Recruiter über die Generation Y. Fühlen sich Ihre Studierenden eigentlich davon angesprochen? Stephan Fischer: Einige Zuschrei bungen, wie die Technikaffinität, die ständige Vernetzung und zeitnahe Kommunikation, werden schon als passend erlebt. Bei anderen „Gen-YEigenschaften“ wie Mobilität gibt es aber große individuelle Unterschiede. Auch, dass alle sofort einen Job be kommen und sich die Stellen einfach aussuchen können, wird so nicht er lebt. Man sollte daher nicht zu simpel von „der Gen Y“ sprechen, sondern Sub-Gruppen innerhalb dieser Gene ration unterscheiden. Frage zwei: Sind die neuen Ansprüche an den Job nicht eher das Thema einer Lebensphase? Fischer: Die Sozialisation einer Ge neration durch bestimmte Werthal tungen aufgrund Erziehungsstilen, Wertepräferenzen in der Gesellschaft und wirtschaftliche Rahmenbedin gungen spielt eine wichtige Rolle. Die Lebensphase wird aber eine verstär kende Funktion haben. Die Phase der frühen Adoleszenz ist durch andere Ziele geprägt, als etwa das Alter um 08 / 14 personalmagazin die 40, wo es um den Aufbau von Familie und finanzieller Grundlagen geht. Mit Blick auf das Alter zwischen 20 und 30 hört man immer häufiger, ob wir nicht alle einmal ein bisschen „Gen Y“ waren. Das scheint mir eine berechtigte Frage zu sein. Frage drei: Haben Ihre Absolventen wirklich die Chance, die Unternehmen zu verändern oder müssen sie sich doch an deren Regeln anpassen? Fischer: Die Chance zur Veränderung sehe ich dadurch gegeben, dass viele Vertreter dieser Generation es gewohnt sind, offen und direkt zu kommunizieren und dabei auch unbe quemere Botschaften zu übermitteln. Ich erlebe das selbst auch. Studieren de geben mir heute unaufgefordert Feedback zu meinen Lehrveranstal tungen. Das hätte ich vor 25 Jahren an meiner Alma Mater nicht gemacht. Es sind also vielleicht weniger die Forde rungen selbst, die verändern können, sondern die selbstbewusste Kommu nikation. Aber eine Anpassung der Individuen an die zentralen Werte der Institutionen wird nicht ausbleiben. Trotzdem wird es spannend, wie weit am Ende die Veränderung tatsächlich gehen wird. »Qualifiziertes Personal im Steuer-, Rechnungswesen & Controlling findet Amadeus FiRe für mich!« Die Nummer eins im Finanz- und Rechnungswesen. Unser Erfolgsversprechen: Top-Kandidaten mit Unternehmen zusammenbringen – schnell, passgenau und zuverlässig. n Spezialisierte Zeitarbeit Bei Auftragsspitzen, Personalengpässen und Vertretung von Mitarbeitern n Personalvermittlung Qualifizierte Fach- und Führungskräfte auf allen Hierarchieebenen n Interim Management Manager & Experten auf Zeit für spezifische Projekte und zur Überbrückung von Top-Vakanzen! Aktuell verfügbare Fach- und Führungskräfte aus Ihrer Region! Jetzt anfragen unter: www.amadeus-fire.de/FiRe Tel. 0800 0500 100 Amadeus FiRe AG (Konzernzentrale) Darmstädter Landstraße 116 . 60598 Frankfurt am Main Tel.: 069 96876-150 . E-Mail: [email protected] Aachen . Berlin . Bielefeld . Bonn . Darmstadt . Düsseldorf . Essen Frankfurt/M. . Freiburg Hamburg . Hannover . Karlsruhe . Köln . Mainz Mannheim . Mönchengladbach . München . Münster . Stuttgart © SEBASTIAN BOLESCH 8 SZENE_NEWS SZENE_EVENTS Eine kreative Location in Berlin erwartet die Teilnehmer des DGFP-Labs. Mitreden, Mitdenken und Mitgestalten M itreden, Mitdenken, Mitgestalten im Unter nehmen von morgen – so lautet das Motto der Zukunftsplattform DGFP-Lab, die erstmals am 26. und 27. September in Berlin stattfindet. Im Zentrum der interaktiv angelegten Veranstaltung steht die Frage nach der Mitgestaltung in den Unternehmen und der digitalen Arbeitswelt von morgen. Insbesondere Young Professionals aus dem Personalwesen sind mit dem Format angesprochen, aber auch erfahrene Personal manager. Sie diskutieren gemeinsam mit Experten aus der digitalen Welt, aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik Inhalte rund um diese Leitfrage. Mit dem neuen Format will die Deutsche Gesell schaft für Personalführung traditionelle Wege ver lassen und mehr eigenes Mitgestalten ermöglichen. Deshalb veranstaltet sie nicht mehr einen einzigen Im Social Web rekrutieren TERMINE 3. September, Düsseldorf 14. PersonalmarketingNetzwerktreffen Tel. 0234 96151-71 www.unicum-media.com 17. und 18. September, Bonn 4. Zukunfts-Forum Personal Tel. 07143 408562 www.zukunftsforum-personal.de 1. und 2. Oktober, HR Safari Tel. 040 209337659 Berlin www.good-school.de 14. bis 16. Oktober, Köln großen Kongress pro Jahr, sondern zwei zielgruppen gerechte Veranstaltungen an dazu passenden Orten. Im Mai fand bereits der DGFP-Kongress zum Thema Globalisierung und HR-Strategien für eine zukunfts orientierte Führung im Cruise Center Altona statt. Die Location des DGFP-Labs soll zu einem energiege ladenen Ambiente beitragen: Das Radialsystem V am Spreeufer liegt mitten im kreativen Zentrum Berlins. Auf der Veranstaltung wird auch der HR Next Ge neration Award 2014 verliehen. Mit dem Preis werden talentierte Nachwuchspersonaler ausgezeichnet, die am Beginn ihrer Karriere bereits Außergewöhnliches leisten. Ziel ist es, den jungen Talenten öffentlich Aner kennung zu zollen, die Bedeutung des Personalwesens hervorzuheben und die Karrieremöglichkeiten im Be rufsfeld bekannt zu machen. lab.dgfp.de Zukunft Personal Tel. 0621 70019-0 www.zukunft-personal.de S ocial Recruiting und Talent Relationship Management im digitalen Zeitalter stehen im Mittelpunkt der Konferenz „World Class Talent Relationship and Social Recruiting 2014“. Die englischsprachige Ver anstaltung findet vom 4. bis 5. September in der Villa Manskopf in Frank furt am Main statt. An beiden Tagen kommen zahlreiche internationale Experten zu Wort. Dave Mendoza von Informatica erläutert, wie Firmen mithilfe von „Big Social Data“ ihre Recruitingstrategie optimieren können. CJ van der Westhuizen von Dell stellt Suchmethoden für soziale Netzwerke vor – auch solche, mit denen Softwareingenieure aufzufinden sind. Das Konferenzprogramm stellt weiterhin Praxisbeispiele aus Deutschland und der Schweiz bereit, interaktive Workshops und einen Blick auf die deutsche Rechtslage. Professor Wilhelm Mülder von der Hochschule Niederrhein gibt einen Überblick über Tools, die Personalern eine effiziente Arbeit mit Social Media ermöglichen. Zudem bietet die Veranstaltung viele Gelegen heiten für Networking und Erfahrungsaustausch. www.wctr14.com personalmagazin 08 / 14 © OSNABRÜCKHALLE 9 Kongress für mehr Mitarbeiterbegeisterung P ersonalmarketing, Recruiting und Employer Branding sind die zentralen Themen auf dem Norddeutschen Kon gress für Mitarbeiterbegeisterung. Dieser findet erstmals am 11. November in der Osnabrückhalle in Osnabrück statt. Das Tagesprogramm richtet sich an Geschäftsführer mittelstän discher Unternehmen sowie an Führungskräfte aus Personalund Marketingabteilungen. Strategiepartner des Kongresses sind der Bundesverband mittelständische Wirtschaft und die Hochschule Osnabrück. Business-Querdenkerin Anja Förster, Wirtschaftspsychologe Professor Uwe Kanning, Employer-Branding-Experte Professor Armin Trost und Buchautor Martin Gaedt werden in ImpulsVorträgen ihre Erfolgs-Ideen zur effizienten Personalauswahl und zum Aufbau einer attraktiven Arbeitgebermarke erläutern. Zusätzlich sprechen unter anderem Dr. Alexandra Krone, Per Der Kongress findet am 11. November in der Osnabrückhalle statt. sonaldirektorin des Logistikunternehmens Meyer & Meyer, und Dr. Andreas Ost, Vorstandsvorsitzender der Kaffee Partner Lea sing AG, über Mitarbeiter-Wertschätzung und -Motivation. Als besonderer Gast berichtet Google-Manager Jan Birkhahn über die Innovationskultur des Weltkonzerns. Initiator und Veran stalter des Kongresses ist Michael Wiese, Geschäftsführer der Dialog B2B GmbH. www.norddeutscher-personalkongress.de © AMADEUS FIRE AG Auf dem Gelände des Royal Homburger Golf Clubs waren Wettkampf und gesellige Atmosphäre angesagt. Netzwerken auf dem Golfplatz E agles, Birdies, Pars – Kundenunter nehmen des Personaldienstleisters Amadeus Fire messen sich beim After Work Golf Cup. Die Veranstaltung bietet den Teilnehmern – Führungskräf ten aus Personal- und Rechnungswesen sowie IT – die Möglichkeit, nach einem Arbeitstag am Golfspiel zu feilen. Die Teilnehmer müssen keine Golf-Profis 08 / 14 personalmagazin sein, auch Einsteiger in den Sport sind willkommen. An den beiden Turnieren auf dem Gelände des GSV Düsseldorf und des Royal Homburger Golf Club im Mai und Juni nahmen insgesamt rund 75 Personen teil, die beim Kanonenstart gemeinsam auf die Runden gingen. Im Anschluss der Neun-Loch-Turniere fand jeweils ein gemeinsames Abendessen mit Siegerehrung statt. Zusätzlich zum sportlichen Wettstreit gab es die Mög lichkeit zum Networking – frei nach dem Motto „Die besten Geschäfte wer den auf dem Golfplatz gemacht“. Dazu Kai Schumacher, Niederlassungsleiter von Amadeus Fire in Frankfurt: „Dieser Mythos ist sicherlich nicht hundertpro zentig zutreffend. Aber die entspannte Atmosphäre und der persönliche Kon takt erleichtern das Knüpfen von ge schäftlichen Beziehungen. Für uns hat sich die Veranstaltung zu einem wich tigen Kundenbindungsinstrument ent wickelt.“ Der dritte After Work Colf Cup findet am 19. September auf dem Gelän de des GSV Düsseldorf statt. Amadeus Fire verlost zwei Startplätze. Senden Sie dazu eine E-Mail an [email protected]. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 10 SZENE_KONGRESS © FOTOS: LAURIN SCHMID Stephan Leitner (links), Personalvorstand der Deutschen Bank, und BPMPräsident Joachim Sauer bei ihren Keynotes. Macht und Einfluss von HR RÜCKBLICK. Beim diesjährigen Personalmanagementkongress diskutierten 1.500 Teil- nehmer über das Thema „Macht“. Der BPM präsentierte sich dabei selbstbewusst. Von Reiner Straub (Red.) D er Begriff „Macht“ ist in vielen Unternehmen ein Tabu. „Wir reden von Einfluss“, bekannte etwa Dr. Stephan Leitner, Personalvorstand der Deutschen Bank, zur Eröffnung des Kongresses. Im Laufe seiner Keynote gebrauchte er dann immer selbstverständlicher den Begriff „Macht“, wenn er die Gestaltungsmöglichkeiten der Personalabteilung beschrieb. Für die Großbank benannte er drei Felder, bei denen die Personaler gegenwärtig die Federführung haben: bei dem von den CEOs verordneten Kulturwandel, dem Umbau der Organisation und bei der Sicherstellung eines gesetzeskonformen Verhaltens der Mitarbeiter. Die Personalabteilung habe heute eine viel mächtigere Rolle für die Bank als in der Vergangenheit, so Leitner. Nerv der Personalszene Was sich in der Keynote andeutete, setzte sich dann auch im Verlauf des Kongresses fort. Die über 1.500 Teilnehmer, die sich in Berlin zu dem größten Branchenevent versammelt hatten, setzten sich intensiv und auch immer selbstbewusster mit dem Kongressmotto auseinander. Die 100 Vorträge, die in bis zu 15 parallel laufenden Veranstaltungen liefen – was eine Übersicht schwer machte –, drehten sich zwar vielfach um operative Themen wie „Rekrutierung“ oder „Führung“, doch das Leitthema prägte die Vorträge in den großen Sälen. Hans Leyendecker, Chefenthüller der Süddeutschen Zeitung, setzte sich mit Macht und Ohnmacht der Politiker auseinander und stellte fest, dass die Machtausübung in der Politik durch Complianceanforderungen und mediale Kampagnen – er nannte den Fall Wulff – immer schwieriger werde. Eine praktische Anleitung für den Umgang mit der Macht lieferte Walter Kohl. Der als „Sohn vom Kohl“ Anmoderierte gab aber keinen Einblick in die Machtsphären des Altkanzlers, was mancher erwartet hatte, sondern präsentierte sich als Unternehmer, der seit kurzer Zeit ein „Zentrum für eigene Lebensgestaltung“ betreibt. Er machte den HR-Managern Mut zur Ausübung von Macht. Macht verderbe nicht den Charakter, wie es so oft heiße. Macht an sich sei harmlos, es komme auf die Dosis an. Für viele Mächtige, und da kam er dann doch auf die Politik zu sprechen, sei es das Problem, dass sie auf die Macht fixiert seien und Angst hätten, Macht zu verlieren. „Wer dosiert mit Macht umgehen kann, ist Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] stark“, rief Kohl den Teilnehmern zu und bekam dafür großen Applaus. BPM auf Wachstumskurs Mit dem Kongressverlauf war Joachim Sauer, Präsident des BPM, sehr zufrieden. Das Kongressmotto sei gut angekommen. „Den HR-Managern wird nicht nur zu wenig Macht gegeben, sie nehmen sich auch zu wenig“, sagte er und glaubt, dass die Diskussionen den Teilnehmern geholfen haben, selbstbewusster mit dem Thema umzugehen. Besonders erfreut war er darüber, dass die Mitgliederzahl des BPM weiter wächst und nun bei 4.050 angekommen ist. Der BPM erreiche zunehmend auch die DAX-Unternehmen, die Personalvorstände von SAP und Thyssen-Krupp waren unter den Teilnehmern. „Wir bekommen richtig Fahrt“, meinte Sauer, der den BPM weiter verändern will. Dafür müsse der BPM seine finanzielle Basis stärken. Die Mitgliederzahlen sollen weiter wachsen, der Mitgliedsbeitrag würde um zehn Euro erhöht und Fördermitglieder sollen gewonnen werden. „Wenn wir von einem Bundesministerium um eine Stellungnahme zur Frauenquote gebeten werden, müssen wir das leisten können. Allein über das Ehrenamt ist das nicht möglich.“ personalmagazin 08 / 14 ,/)7 327(1=,$/(92//$86=86&+g3)(1 +',ELHWHW,KQHQLQGLYLGXHOOH.RQ]HSWHIU ,KUHEHWULHEOLFKH$OWHUVYRUVRUJH 0LWDUEHLWHUPRWLYLHUHQILQDQ]LHOOH%HODVWXQJHQVHQNHQ²GDVVLQGQXU]ZHL YRQYLHOHQ$UJXPHQWHQGLHIUHLQHEHWULHEOLFKH$OWHUVYHUVRUJXQJVSUHFKHQ $OVHLQHUGHUIKUHQGHQE$99HUVLFKHUHUXQWHUVWW]HQZLU8QWHUQHKPHQPLW ]XNXQIWVIlKLJHQ.RQ]HSWHQIOH[LEOHQ3URGXNWHQXQGZHLWUHLFKHQGHQ6HUYLFHV 0HKUDXIZZZKGLGHEDY 12 TITEL_BIG DATA Roboter statt Recruiter? VISION. Big Data wird das Personalmanagement radikal verändern. Erste Praxis- beispiele lassen erahnen, was mit „People Analytics“ alles möglich sein wird. Von Stephan Kaiser P ersonen, die eine bestimmte Webseite mit japanischen Manga-Comics in ihren sozialen Profilen „liken“, schreiben einen besonders guten Softwarecode. Diese und ähnlich zufällig anmutende Korrelationen nutzt das Unternehmen Gild aus San Francisco, um für andere Unternehmen die besten Programmierer zu finden. Theorien und kausale Begründungen für die verwendeten Korrelationen sind dafür nicht notwendig. Dies ist ein typisches Phänomen für die Anwendung von Big-Data-Analytik im Allgemeinen und natürlich auch im Personalmanagement: Hier wird dann von „People Analytics“ oder in Anlehnung an den gleichnamigen Film vom „Moneyball Approach to Talent Management“ gesprochen. Allerdings sind BigData-Anwendungen im HR-Management im deutschsprachigen Raum bisher wenig verbreitet. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe, zum Beispiel Datenschutz Big Data hat das Potenzial, die Personalarbeit radikal zu verändern und insgesamt neue Formen der Arbeit und Führungskultur zu befördern. und Mitbestimmung. Die wesentliche Erkenntnis ist jedoch, dass das Personalmanagement seit jeher eine kaum datengetriebene Unternehmensfunktion ist. Trotzdem glaubt Erik Brynjolfsson, Professor an der MIT Sloane School of Management: „People analytics will ultimately have a vastly larger impact on the economy than the algorithms that now trade on Wall Street.” Big Data in der Anwendung Außerhalb Deutschlands findet sich eine kleine, aber wachsende Zahl an Unternehmensbeispielen, die den Nutzen eines datengetriebenen Personalmanagements hervorheben. Lazlo Bock, Senior Vice President People Operations von Google, wird beispielsweise mit Aussagen wie „all people decisions at Google are based on data and analytics“ oder der Forderung „bring the same level of rigor to people decisions that we do to engineering decisions” zitiert. Bei Xerox werden Call-Center-Mitarbeiter nicht mehr nur durch Führungskräfte, sondern durch intelligente Software ausgewählt. Royal Dutch identifiziert durchsetzungstarke Mitarbeiter mit Potenzial zu Durchbruchinnovationen mithilfe von Daten aus Computerspielen, die durch Algorithmen des Startups Knack.it analysiert werden. Grundlegend für diese Beispiele ist jeweils, dass große Mengen personenbezogener oder allgemeiner Daten aus unterschiedlichsten Quellen und Formaten genutzt werden, mit dem Ziel, diese Daten sehr schnell, also möglichst in Echtzeit, zu verarbeiten. In der Literatur wird der Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] Begriff Big Data deshalb häufig über drei Vs definiert: Volume (Datenmenge), Variety (Datenvielfalt) und Velocity (Verarbeitungsgeschwindigkeit). Ein weiteres Beispiel mag verdeutlichen, von welchen Daten hier gesprochen wird. Das Unternehmen Soma Analytics mit Sitz in London entwickelt eine Smartphone-App namens Kelaa, die Stimm- und Tonlagen beim Telefonieren und das Schlafverhalten misst. Auf Basis der dabei erhobenen Daten können Algorithmen Hinweise auf den Stresslevel des Smartphone-Besitzers geben. Diese könnten auf aggregiertem Level, zum Beispiel auf Abteilungs- oder Unternehmensebene, ausgewertet werden und Grundlage für Managemententscheidungen wie zum Beispiel von Work-LifeBalance-Initiativen, Urlaubsangeboten oder Arbeitszeitverkürzungen genutzt werden. Auf Individualebene könnte die App helfen, Burnoutgefahren frühzeitig zu erkennen und entsprechende Empfehlungen aussprechen, etwa zu einem gesünderen Schlafverhalten und einer positiveren Lebenseinstellung. Neuartige und feinkörnige Daten Ähnlich, aber noch weitergehend sind die Untersuchungen und Ideen von Axel Pentland, der als Direktor des Human Dynamics Laboratory des MIT die Idee von „Social Physics“ aufgebracht hat. Pentland und sein Team sammelten mit am Körper befestigten Sensorbändern unterschiedlichste Informationen über das Verhalten von Probanden: die Dauer von Gesprächen, die Stimmlage, die Gestik, den Gesprächs- und Zuhöranteil, personalmagazin 08 / 14 13 die körperliche Positionierung zu anderen Personen und so weiter. Hierbei werden etwa 100 Datenpunkte pro Minute gesammelt. Allein auf Basis dieser soziometrischen Daten gelingt es, den Erfolg von Teams, etwa bei der Entwicklung einer Geschäftsidee, zu prognostizieren. Ferner lässt sich eine Art Datensignatur entwickeln, mit der sich eine natürliche, charismatische Führungskraft beschreiben lässt. Eine solche Datensignatur lässt sich in Zukunft als Benchmark in eine App integrieren, sodass Führungskräfte durch einen Blick auf ihr Smartphone permanent und in Echtzeit überprüfen können, ob sie aktuell tatsächlich ein Erfolg versprechendes Kommunikations- und Führungsverhalten aufweisen. Echtzeit-Datenanalytik wird somit entscheidungsbestimmend und handlungsleitend für die Führungskraft. Die angeführten Beispiele zeigen, wie sehr sich zukünftig die Funktion des PHOT © KIRILL M / T HINK STOCK OS.DE Wird Big-Data-Analytik menschliche Emotion und Intuition ersetzen können? 08 / 14 personalmagazin 14 TITEL_BIG DATA STUDIE PRAXISBEISPIEL Big Data als Motor für Wachstum Personalmanagements in Richtung quantifizierbarer Entscheidungen wandeln könnte. Datenanalytik hat dann direkte Folgen für zentrale HR-Praktiken. Grundlegende Aufgaben wie die Personalsuche und -auswahl oder die Personalbeurteilung, aber auch die Entwicklung von Anreizsystemen lassen sich zunehmend auf Basis von historischen und Echtzeitdaten ausführen. Big Data – mehr als Personalcontrolling Wichtig ist es, an dieser Stelle nochmals den Unterschied zum Personalcontrolling, verstanden als erfolgsorientierte Steuerung von personalbezogenen Entscheidungen und Praktiken, hervorzuheben. Natürlich nutzt auch das Personalcontrolling bereits heute Daten, um personalwirtschaftliche Entscheidungen zu begründen. Allerdings handelt es sich dabei um strukturierte, vergangenheitsbezogene Daten aus bekannten Quellen (zum Beispiel Personalinformationssysteme, Survey-Daten), die dazu genutzt werden, bereits durchgeführte Maßnahmen hinsichtlich Kosten, Effektivität und Effizienz zu beurteilen. Bei der Big-Data-Analytik handelt es sich hingegen um Daten aus unterschiedlichsten Quellen, die dazu genutzt werden, Verhalten vorherzusagen und Ex-ante-Entscheidungen zu unterstützen. Ein Beispiel: Personalcontrolling beantwortet die Frage, welche Mitarbeitergruppen eine überdurchschnittliche Fluktuation aufgewiesen und welche Bindungsmaßnahmen somit nicht funktioniert haben. Big Data kann als „Predictive HR Analytics“ zeigen, welche Mitarbeiter ihre Bindung erhöhen werden, wenn bestimmte Maßnahmen getroffen werden. Evidenzbasiert, aber nicht theoretisch? Die Big-Data-Anwendungen erleichtern das sogenannte evidenzbasierte Personalmanagement. Allerdings ist das Verständnis vom evidenzbasierten Personalmanagement aus Big-Data-Sicht etwas zu modifizieren. Bisher fordert die Big Data bringt Wirtschaftswachstum und lässt sich ebenso wie die Globalisierung nicht aufhalten. Das zeigt die Studie „Big Data: Die ungezähmte Macht“, die die Deutsche Bank kürzlich veröffentlicht hat. Für die Studienautoren steht fest: Big Data ist ein „volkswirtschaftlich relevanter Produktions-, Wettbewerbs- und Wachstumsfaktor“, der das gesamte Wirtschafts leben verändern wird. Die Treiber der Entwicklung in den Unternehmen sind die IT, das Controlling, das Marketing oder die Produktion. Darauf hat sich HR einzustellen. „Big Data wird die Struktur bestehender Wirtschaftszweige verändern, weil es neue Wettbewerbskonstellationen geben wird. Viele etablierte Geschäftsmodelle werden durch den digitalen Strukturwandel aus den Angeln gehoben und bekommen künftig mehr Konkurrenz von branchenfremden Unternehmen, die sich auf Produkte und Dienste im Bereich webbasierter Informations- und Kommunikationstechnologien beziehungsweise auf die Analyse von Daten spezialisiert haben“, so die Studie. Die Autoren sehen diese Entwicklung aber nicht als Bedrohung, Big Data verspricht Big Business: „Aufgrund der Ressourcenknappheit sowie der Stärke wissensintensiver Produkte und Dienstleistungen in Deutschland hat die Big-Data-Bewegung Potenzial, sich zu einem künftig stabilen komparativen Vorteil für den deutschen Wirtschaftsstandort zu etablieren. Big Data kann für ähnlich (r)evolutionäre Bewegungen wie die massenhafte Nutzung des Internets selbst sorgen.“ Sensorik und Biometrie erobern die Massenmärkte Die Anwendungsfelder sind vielfältig. Sensortechnologie und biometrische Erkennungsverfahren werden massentauglich, weil sie zunehmend in Smartphones integriert werden. Die Zahl der Anwendungen steigt explosiv, es entstehen viele nützliche Produkte und Dienste, die den Menschen bei alltäglichen und routinemäßigen Handlungen unterstützen. Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie die Fülle an Informationen und Datenströmen als potenzielles Wachstumsfeld anerkennen und lernen, sie effektiv zu kanalisieren. Hierfür brauchen sie eine anpassungsfähige Digitalisierungsstrategie. Beispielsweise können die Verhaltensmuster von Kunden oder Wettbewerbern besser analysiert sowie Arbeitsprozesse und Strukturen effizienter gestaltet werden. Aufholpotenzial für den deutschen Mittelstand Die Deutsche Bank verweist auf die Innovationspotenzialanalyse des Fraunhofer-Instituts für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS): Die Unternehmen sehen branchenübergreifend vor allem Potenzial für die Individualisierung von Dienstleistungen, zum Beispiel tägliche Gesundheitsdiagnosen. Zudem wünschen sich die Befragten vermehrt intelligente Produkte, beispielsweise selbstlernende und selbstregulierende Häuser oder autonom fahrende Fahrzeuge. Gleichzeitig wünschen sich 95 Prozent der Teilnehmer, bestehende Wissensdefizite im Bereich Big Data zu reduzieren. „Der vielversprechende Datenschatz, der aus unterschiedlichen Quellen stammt, wird von vielen mittelständischen Unternehmen noch weitgehend ignoriert“, so die Studie. Bei Einzelhandelsketten sind Big-Data-Anwendungen im Marketing bereits gängige Praxis. In großem Umfang werden kontinuierlich kundenspezifische Daten gespeichert, aktualisiert und analysiert, um das Angebot zu optimieren. Datenschutz Die Studienautoren beleuchten vor allem die kommerziellen Chancen von Big Data, fordern zugleich aber einen auf Freiheit basierenden Datenschutz. „Entscheidungsträger aus den Bereichen Wirtschaft, Wissenschaft, Politik oder Bürgerrechtsinitiativen sind jetzt aufgefordert, die künftig notwendigen regulativen Rahmenbedingungen aktiv mitzugestalten.“ (str) Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 14 15 Personalforschung, ohne dabei viel Gehör in der Praxis zu finden, dass Praktiken des Personalmanagements vor dem Hintergrund empirisch geprüfter, theo retischer Befunde stattfinden sollten. Dies könnte sich durch Datenanalytik ändern. Anders als im evidenzbasierten Personalmanagement steht hier häufig nicht mehr eine geprüfte Theorie mit kausalen Annahmen als Ausgangspunkt zur Verfügung, sondern in einem Meer an Daten werden auffällige Korrelationen identifiziert und zunächst lediglich plausible Kausalitäten abgeleitet, ohne dafür eine theoretische Erklärung zu haben. Personalmanagement wird damit durch Big Data zwar empirischer und stärker datengetrieben, aber nicht notwendigerweise theoretisch fundierter. Ob es intelligenter wird, kann heute nicht abschließend beantwortet werden. management betreffen: Einige Berufsgruppen, von denen man es bisher nicht gedacht hätte, werden an Bedeutung verlieren und durch „White Collar Robots“ ersetzt werden. Die unternehmensweite Verfügbarkeit von Daten und intelligente Algorithmen werden Führungskräfte als Entscheider und Träger exklusiven Wissens tendenziell entmachten. So kann Big Data insgesamt neue Formen der Arbeit und Führungskultur befördern. Radikale Veränderung Insgesamt hat Big Data das Potenzial, die Personalarbeit oder zumindest einzelne HR-Praktiken radikal zu verändern. Allerdings sind noch viele Fragen offen: Wie wird mit der Herausforderung „gläserner Mitarbeiter“ umgegangen? Wer hat die Qualifikation zum Data Scientist im Personalbereich? Welche Strukturen müssen im Personalbereich geschaffen werden, um Big Data zu implementieren und zu nutzen? Jenseits dessen wird Big Data in der Arbeitswelt weitere Veränderungen hervorrufen, die das Personal- PROF. DR. STEPHAN K AISER lehrt und forscht am Institut für Entwicklung zukunftsfähiger Organisationen an der Universität der Bundeswehr, München. Aktu elle S tudie Per beda sonalund - rfsplanung be in Un schaffung terne hmen von Hays Hays HR Solutions hays.de/talentsolutions und P AC 16 TITEL_BIG DATA „Großer Fortschritt“ INTERVIEW. IBM gilt als einer der Treiber von Big-Data-Anwendungen. IBM-Manager Sven Semet erklärt, wie Big Data im Personalmanagement eingesetzt werden kann. personalmagazin: Big Data wird als Technologietrend gepriesen, der den Unternehmen neue Geschäftsmöglichkeiten erschließt und Entscheidungen auf eine sichere Grundlage stellt. Welche Chancen sehen Sie für das Personalwesen? Sven Semet: Wir sehen zwei große Anwendungsfelder für Big Data im Personalwesen. Im Recruiting kann die Einschätzung eines Kandidaten, ob er oder sie zu einer Stelle und zum Unternehmen passt, nun mit Daten und Fakten unterlegt werden. Das ist ein großer Fortschritt. Bei der bestehenden Belegschaft können vorhandene Daten eingesetzt werden, um Engagement und Performance der Mitarbeiter zu identifizieren und Maßnahmen abzuleiten. personalmagazin: Lassen Sie uns zunächst das Recruiting betrachten. Man schaut sich die Lebensläufe der Kandidaten an, manchmal kommen noch Tests oder Assessment-Center hinzu und immer das Einstellungsgespräch. Welche zusätzlichen Big-Data-Anwendungen sehen Sie? Semet: Bewerbungen werden heutzutage überwiegend elektronisch eingereicht. Wir haben eine Plattform mit dem Namen Kenexa Brassring geschaffen, die Bewerbungen anhand von definierten Kriterien, etwa Qualifikation, Berufserfahrung und Gehaltserwartung, analysiert und dem Recruiter eine Übersicht zur Verfügung stellt. Sie können dabei drei, fünf oder zehn Bewerbungen systematisch miteinander vergleichen. Das war bislang ein händischer Prozess, der jetzt automatisiert abläuft. Die Plattform nimmt dem Recruiter den Vergleich und können. Wir empfehlen grundsätzlich, dass jeder Bewerber auch ein Feedback bekommt – auch diejeningen, die in der Vorauswahl eine Absage bekommen. SVEN SEMET ist Senior Account Executive EMEA bei IBM Deutschland und Mitglied im IBM Corporate Service Corps. die Auswahlentscheidung nicht ab, sie kann ihn aber intelligent unterstützen. personalmagazin: Die Plattform bietet eine Automatisierung der Analyse der Bewerbungen. Werten Sie denn noch weitere Daten aus, die im klassischen Recruitingprozess nicht vorkommen? Semet: Das ist die Entscheidung des Unternehmens. Die Recruitingplattform ermöglicht es, in den Bewerbungsprozess noch Online-Assessments einzubinden. Jeder Bewerber muss dann ein standardisiertes, vorbereitetes Assessment durchlaufen, mit dem Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Verkaufstalent oder analytisches Verständnis abgefragt werden personalmagazin: Sie wollen nicht nur prüfen, ob der Bewerber zur Stelle passt, sondern auch zur Unternehmenskultur. Wie kann man sich das vorstellen? Semet: Wir führen sogenannte Cultural Assessments durch, mit denen ermittelt wird, ob ein Bewerber zu dem Unternehmen passt. Die Unternehmenskulturen zwischen einem Healthcare- und einem Retailunternehmen unterscheiden sich ja deutlich. Wir sehen zwei Anwendungsfälle. Zum einen können wir untersuchen, ob ein Bewerber zu einem konkreten Unternehmen passt. Das ist eine Beratungsleistung. Zum anderen haben wir Unternehmen als Kunden, die jeden Tag Tausende von Bewerbungen erhalten. Diese wollen bereits in der Vorauswahl alle Bewerbungen aussortieren, die nicht zur Unternehmenskultur passen. Diese Auswahl kann ein Online-Assessment leisten. Der National Health Service beispielsweise macht von dieser Anwendung Gebrauch. Unsere Plattform ermöglicht die Bearbeitung von großen Bewerberzahlen. Wir haben täglich bis zu einer Million Bewerbungen auf dem Portal. Zu unseren Kunden gehören drei der fünf weltweit größten Unternehmen. personalmagazin: Sie nennen als Referenz ein angelsächsisches Unternehmen. Sind deutsche Firmen noch zurückhaltender? Semet: Nein. Wir haben auch deutsche Kunden, beispielsweise eine große Baupersonalmagazin 08 / 14 17 marktkette und eine große internationale Möbelhauskette, für die wir Cultural Assessments durchführen. Bei der Möbelhauskette haben wir eine Lösung geschaffen, bei der wir mit zehn Fragen herausfinden, ob der Bewerber zum Unternehmen passt. personalmagazin: Als zweiten Anwendungs- bereich von Big Data haben Sie das Thema „Engagement und Performance“ genannt. Welche Möglichkeiten gibt es hier? Semet: Über Mitarbeiterbefragungen kann die Stimmung und Loyalität der Belegschaft erhoben werden. Viele Unternehmen machen das inzwischen jährlich, die Anwendung hat sich deutlich vereinfacht. Wir erreichen in der Regel Beteiligungsquoten von 70 oder 80 Prozent, sodass die Befragungen eine gute Aussagekraft haben. personalmagazin: Mitarbeiterbefragungen sind ja ein Instrument, das sich schon seit Jahrzehnten etabliert hat. Was ist daran neu und hat mit Big Data zu tun? Semet: Zum einen wurde der methodische Ansatz weiterentwickelt. Mithilfe unserer Wissenschaftler haben wir ein intelligentes Fragenset entwickelt, das zuverlässige Ergebnisse liefert. Zum anderen können wir mit offenen Kommentaren arbeiten, sodass die Mitarbeiter mitteilen können, was ihnen gefällt oder nicht gefällt. Bei einem größeren Unternehmen können schnell mal bis zu 60.000 Kommentare zusammen kommen. In der Vergangenheit war das nur mit großem händischen Aufwand auszuwerten, jetzt können wir das automatisiert machen. Wenn ein Drittel der Kommentare beispielsweise das Thema „Vereinbarkeit von Beruf und Familie“ anspricht, kann die Geschäftsleitung erkennen, dass es hier ein dringendes Handlungsfeld gibt. personalmagazin: Diese Anwendungen sind alle noch sehr nah an den bisherigen Instrumenten. Gibt es Anwendungen, bei 08 / 14 personalmagazin denen Sie Mitarbeiterdaten mit Geschäftsergebnissen verknüpfen? Semet: Bei der AMC, eine der größten Kinogesellschaften in Nordamerika mit 340 Niederlassungen, haben wir eine entsprechende Untersuchung gemacht. Wir haben die Kinos, die am meisten Profit erwirtschaften, mit den weniger erfolgreichen verglichen. Die Auswertungen haben einen klaren Zusammenhang zwischen Geschäftserfolg und Performance der Mitarbeiter gezeigt. Das Unternehmen hat damit Ansatzpunkte erhalten, um die weniger leistungsstarken Mitarbeiter weiterzubilden oder auszutauschen. Für die Kinogesellschaft ist das ein großer Hebel, um den Profit des Unternehmens zu steigern. personalmagazin: Schon wieder ein Beispiel aus den USA. In Deutschland werden solche Auswertungen derzeit noch nicht gemacht? Semet: Doch. In Deutschland machen wir mit einem großen Versicherungskonzern vergleichbare Projekte: Wir befragen jährlich über 100.000 Mitarbeiter und stellen Beziehungen zwischen den leistungsstarken und weniger leistungsstarken Geschäftsbereichen her. Das Engagement der Mitarbeiter erweist sich dabei als ein wesentliches Steuerungsmerkmal einer erfolgreichen Organisationseinheit. Dieses Unternehmen lobt sogar Awards für die besten Ideen und Maßnahmen aus, um das Engagement der Mitarbeiter zu steigern. personalmagazin: Sie sehen den Einsatz von Big Data positiv, weil Sie damit auch Geschäfte machen können. In der Gesellschaft gibt es aber erhebliche Vorbehalte gegen das Sammeln von Daten, weil damit die Persönlichkeitsrechte auf der Strecke bleiben. Wie stehen Sie dazu? Semet: Wir stellen uns der Diskussion und raten, bei solchen Projekten frühzeitig die Mitbestimmung einzubeziehen. Wir können aufzeigen, dass beispielsweise Mitarbeiterbefragungen vollständig anonym ablaufen. Ein Rückschluss auf den „Ich kenne kein Projekt, das am Thema ‚Daten schutz‘ gescheitert wäre. Wenn wir das Vorgehen transparent machen, verschwinden meist die Vorbehalte.“ Einzelnen ist nicht möglich. Wenn wir das Vorgehen transparent machen, verschwinden häufig die Vorbehalte. personalmagazin: Sie sehen den Datenschutz also nicht als ein Hindernis für Big Data im Personalwesen? Semet: Nein. Ich kenne auch kein Projekt, das daran gescheitert wäre. Gelegentlich verschiebt sich der Zeitablauf, weil zusätzliche Diskussionen geführt werden müssen. personalmagazin: Neben dem Datenschutz gibt es noch ein zweites Argument, das gegen Big Data vorgebracht wird: Die wirklichen Talente fallen manchmal aus dem Raster, weil sie ungewöhnliche Lebensläufe haben. Erzeugt die Automatisierung des Recruitings nicht ein Heer an Konformisten? Semet: Das ist ein wichtiger Punkt. Bei IBM versuchen wir Querdenker, die wir intern „wild ducks“ nennen, bewusst zu identifizieren. Solche Persönlichkeiten sind wichtig für ein Unternehmen, weil sie mit ihrer Andersartigkeit ungewöhnlich erfolgreich sind. Solche Leute können Sie mit Standardfragen nicht erkennen, dazu brauchen Sie spezifische Interviewtechniken. Der Recruiting-Algorithmus darf deshalb nicht für alle Positionen gelten, sondern muss mit einer konkreten Jobrolle verknüpft werden. Die letzte Entscheidung, einen Mitarbeiter einzustellen, wird sicherlich weiterhin in einem Interview ablaufen. Die Systeme können dafür aber eine gute Datengrundlage liefern. Das Interview führte Reiner Straub. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 18 TITEL_BIG DATA Quantensprung im Controlling ÜBERBLICK. Erste Vorreiter experimentieren im Recruiting mit Big Data. Eine clevere Von Christoph Athanas D ie Personalbeschaffung gewinnt in Zeiten des oft beklagten Fachkräftemangels an Bedeutung. Die hohe Wichtigkeit erfolgreicher Rekrutierungsaktivitäten erfordert umso mehr deren effektive Überwachung und Steuerung. Ein passendes Recruiting-Controlling bietet hierzu Orientierung. Dieser Beitrag setzt sich mit dem Thema auseinander und stellt eine Auswahl wichtiger Kennzahlen vor. © STEFAN SCHURR / FOTOLIA .COM Auswahl der Kennzahlen ist für ein systematisches Controlling hilfreich. Systematisches Controlling: Ordnung in die Rekrutierungsdaten bringen Personalbeschaffung funktioniert heutzutage vordringlich über elektronische Wege: Karrierewebseiten, Online-Jobbörsen und oft auch soziale Medien gehören zu den gängigen Kanälen, über welche Kandidaten geworben werden. Gehen Bewerbungen ein, werden diese in Bewerbermanagementsystemen oder ähnlichen Datenbanken erfasst. Dann beginnen verschiedene interne Prozesse zur Selektion der passenden Kandidaten. All diese Aktivitäten generieren Tag für Tag Daten und Resultate. Wollen Unternehmen mehr über diese Vorgänge erfahren, wird ein passendes Recruiting-Controlling nötig. Ein solches Controlling soll helfen, die Qualität des Recruitings kontinuierlich beurteilen und optimieren, das heißt an die Markterfordernisse anpassen zu können. Es bringt Ordnung in die dynamische Recruitingwelt und die anfallenden Daten. Die Absicht hinter RecruitingControlling ist es, Entscheidungen fun- Wie weit war der Sprung? Ergebnismessung ist auch in HR wichtig. diert vornehmen und Performanceziele ansteuern zu können. Nicht Daten nur sammeln, sondern Strategieumsetzung verfolgen Daher ist das Controlling im Recruiting nicht nur – wie manchmal fälschlicherweise angenommen – der Endpunkt der Aktivitäten, sondern gleichzeitig ihr Ausgangspunkt. Optimalerweise leistet eine solche Erfolgsmessung eben nicht nur eine rückblickende Leistungsbewertung, sondern erlaubt das aktive Steuern künftiger Maßnahmen wie beispielsweise einer Anzeigenschaltung oder eines Personalberatereinsatzes. Diese operativen Aspekte liefern auf Mikro-Ebene wichtige Detailinformationen für das Tagesgeschäft. Ein systematisches Recruiting-Controlling bleibt hier aber nicht stehen, sondern verdichtet solche Informationen so, dass regelmäßig eine Aussage darüber getroffen werden kann, inwieweit strategische Personalbeschaffungsziele erreicht werden. Ohne die Verknüpfung mit strategischen (Unternehmens-)Zielen bleibt jedes Controlling-Setting eine Ansammlung von Kennzahlen mit begrenzter Aussagekraft. Big Data: Meist noch Zukunftsmusik Die Personalbeschaffung geht vor allem elektronische Wege. Die dabei anfalpersonalmagazin 08 / 14 19 Qualität und Effektivität Kosten Zeit AUSWAHL: 18 RECRUITING-KENNZAHLEN 1 Time-to-Fill: Zeit, die es braucht von der Personalbedarfsmeldung bis zur Besetzung einer Stelle (teilweise unterschiedlich definiert auch bis zum Arbeitsantritt des neuen Mitarbeiters) 2 Time-to-Interview: durchschnittliche Dauer von der Personalbedarfsmeldung bis zum Interview 3 Time-to-Internal-Feedback: Zeit, die es durchschnittlich benötigt, bis vom verantwortlichen Hiring Manager ein qualifiziertes Feedback über einen Bewerber an den Recruiter ergeht; in der Regel die Basis für Jobangebot oder Absage 4 Prozentsatz unbesetzter Stellen nach X Tagen: Definiert beispielsweise ein Unternehmen für sich, dass es strategisch wichtig ist, 90 Prozent aller offenen Stellen binnen maximal 60 Tagen nach Bedarfsmeldung zu besetzen, so ist dieser Grenzwert sehr interessant. Bei nachhaltigem Überschreiten dieses Wertes würde eine Überprüfung der eigenen Recruitingorganisation und auch deren finanzielle Ausstattung Sinn machen, um den Beitrag zum Unternehmenserfolg und zur strategischen Zielsetzung leisten zu können (oder eben letztere anzupassen). 5 Service-Rate within X Time: Prozentsatz der vom Recruiting-Department in einem definierten Zeitraum beantworteten Bewerber-/Interessentenfragen 6 Cost-per-Hire: die Kosten, welche je Stellenbesetzung für das Unternehmen durchschnittlich anfallen. Neben einem allgemeinen Durchschnitt bieten sich Aufschlüsselungen nach Kosten je Besetzung in jeder Jobfamilie oder je Standort et cetera an. 7 Cost-per-Résumé: die Kosten, welche pro eingegangener (Qualitäts-)Bewerbung anfallen 8 Cost-per-Interview: die durchschnittlichen Kosten, welche je geführtem Interview entstehen; optimal nach verschiedenen Jobprofilen aufgegliedert 9 Cost-of-Vacancy je Jobprofil: die Kosten einer spezifischen, unbesetzten Stelle je Tag. Erlaubt es entlang der Kostensituation beim Nicht-Vorhandensein eines Stelleninhabers die Besetzungsprioritäten zwischen Jobprofilen abzuwägen. Alternativ können so beispielsweise auch die Gesamtkosten aller nicht-besetzten Positionen ins Verhältnis zum jährlichen Recruiting/Personalmarketingetat gebracht werden. 10 Beschaffungskanal-Effektivität: Kosten-Nutzen-Betrachtung je Personalbeschaffungskanal. Diese Kennzahl zeigt, wie viel Prozent Einstellungen je Kanal im Verhältnis zu den über diesen Kanal generierten Bewerbungen vorgenommen wurden. 11 Anzahl Bewerbungen je Kanal oder je Stellenanzeige 12 Empfehlungs-Bewerber-Rate: Anteil Bewerbungen durch Mitarbeiterempfehlungen 13 Offer-Rate: Anzahl ausgesprochene Jobangebote versus geführte Interviews lenden Daten sind zahlreich und deren Ordnung und Beherrschung durch ein passendes Recruiting-Controlling ist ausgesprochen ratsam. Damit ein solches Controlling mehr leisten kann als nur Aussagen zum jeweils tagesgeschäftlichen Stand zu treffen, sollte es mit strategischen Zielen verknüpft, ja aus diesen abgeleitet sein. Das klingt komplex. Ist dies vielleicht das richtige Szenario für Big Data? Zunächst klingt es danach. Lauten doch die wesentlichen Nutzenversprechen von Big Data, dem Anwender eine rationale und damit bessere Entscheidungsgrundlage in verkürzter Zeit oder Echtzeit liefern zu können. Dem folgend würde die Antwort den Einsatz von Big Data für Recruiting-Controlling bejahen. Perspektivisch dürfte das in einigen Jahren auch so sein. Aktuell aber gibt es in vielen Recruitingteams nicht einmal die Grundlagen dafür. Das heißt, es existiert dort de facto kein operatives RecruitingControlling. Denn das Thema wird zu oft stiefmütterlich behandelt. Eigentlich kurios: Man stelle sich nur einmal vor, ein Weitspringer würde nach einem Sprung keine Weite erfahren. Undenkbar! Und doch realisiert nur eine Minderheit der Unternehmen ein Recruiting-Controlling. Selbst bei einzelnen wichtigen Kennzahlen sieht es entsprechend aus. 14 Offer-Accept-Rate: Anzahl angenommene versus ausgesprochene Jobangebote Vorreiter experimentieren mit Big Data 15 Zufriedenheitsrate Fachabteilung (gemessen an jedem einzelnen Recruitingvorgang) 16 Zufriedenheitsrate mit Rekrutierungsprozess bei den Neueingestellten und den Bewerbern, welche bis ins Interview genommen wurden (erfasst unter anderem die Bewerbererfahrung im Prozess und dient dem sogenannten Candidate Experience Management) 17 Quality-of-Hire: Performance Evaluation/Mitarbeiterbeurteilung der Neueinstellung nach einem festgelegten Zeitraum. Optimal mit Aufschlüsselung nach Beschaffungskanal oder nach verantwortlichem Recruiter und Hiring-Manager; umfangreiche Kennzahl 18 Rate Active-Sourcing-Erfolg: aktive Ansprachen zu Kandidatenantworten zu hiernach tatsächlich eingegangen Bewerbungen Laut einer DGFP-Studie von 2011 messen beispielsweise lediglich 38 Prozent der Unternehmen die Standardkennzahl „Time-to-Fill“. Im Umkehrschluss heißt das, dass 62 Prozent der Unternehmen nicht genau wissen, wie lange eine Stellenbesetzung dauert. Selbst wenn die Zahlen mittlerweile etwas besser aussehen könnten: Unter solchen Vorbedingungen ist Big Data für die Mehrzahl der HR-Abteilungen noch Zukunftsmusik. Natürlich gibt es andererseits Vorreiter und „Early-Adopter“. Diese Ausreißer im positiven Sinne haben bereits ein systematisches Recruiting-Controlling und beginnen nun experimentell und im Die KPI sind je Organisation unterschiedlich, Gleiches gilt für die Relevanz von Recruiting-Kennzahlen. Nicht jeder Messwert ist stets gleich wichtig. Diese Liste stellt eine Auswahl von 18 Kennzahlen vor, die im Recruiting-Kontext Bedeutung erlangt haben. 08 / 14 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 20 TITEL_BIG DATA ZIEL-KENNZAHLEN-HIERARCHIE Big-Data-Sinne, komplexe Daten und Informationen aus verschiedenen Quellen miteinander zu verbinden. So können diese Akteure ihre Personalbeschaffung und ihren Ressourceneinsatz noch weiter optimieren. Erste Recruitingerfolge mithilfe von Big Data wie etwa die Personalauswahl von Xerox lassen aufhorchen. Die Wettbewerbsvorsprünge solcher Unternehmen könnten mit Big Data zusätzlich wachsen. Für die meisten HR-Teams wird es in der nahen Zukunft eher darum gehen, Recruiting-Aktivitäten endlich systematisch zu monitoren und „ihre“ Zahlen in größerem Maße wertzuschätzen. Big Data kann dann die übernächste Ausbaustufe sein. strategisches Recruiting-Ziel maximalen E-Recruiting-Komfort auf der eigenen Karrierewebseite bieten definierter Soll-Zustand, Überprüfung halbjährlich oder jährlich im Fokus von: HR-Leitung /CHRO KPI 1) K onversionsrate: Bewerber via Webseite/Besucher auf Karrierewebseite 2) Q ualität der Bewerbungen über diesen Kanal 3) P rozent der abgebrochenen Bewerbungsvorgänge via Karrierewebseite definierte Zielgrößen, Überprüfung monatlich oder größere Abstände im Fokus von: Recruitingleitung nachgeordnete Kennzahlen (Tagesgeschäft) - Anzahl Zugriffe auf Karrierewebseite - Anzahl der Bewerbungen - Besuchszeit Karrierewebseite - Anzahl Backlinks - Google-Position der Karrierewebseite bei speziellen relevanten Suchanfragen - Abrufe von Infos, Videos et cetera laufende Daten /Reports, Überprüfung je nach Aktualisierungsgrad von täglich bis monatlich im Fokus von einzelnen Recruitingverantwortlichen (Referenten et cetera) Die Matrix zeigt ein Beispiel für eine Ziel-Kennzahlen-Hierarchie im Recruiting-Controlling. Die KPI und nachgeordneten Kennzahlen sind hier nur angedeutet und nicht vollständig. Ein ausbalanciertes System aus Recruiting-Kennzahlen aufbauen „Wir ertrinken in Informationen, aber wir hungern nach Wissen“, sagt John Naisbitt, US-amerikanischer Zukunftsforscher, über Wissensgesellschaften. Genau vor dieser Herausforderung stehen auch Recruiting-Teams, sobald sie ihr Kennzahlensystem aufbauen oder hinterfragen: Was wollen und was müssen wir wissen, damit wir welche strategischen Ziele unserer Personalbeschaffung verfolgen und erreichen können? Sind diese wesentlichen Fragen beantwortet, geht es darum, jenen Zielen entsprechende operative Recruiting-Aktivitäten und die dort anfallenden Daten zuzuordnen. Normalerweise werden sowohl prozessorientierte Daten als auch performanceorientierte Daten von Interesse sein. Die Feinarbeit ist es dann herauszufinden, welche Kennzahlen oder Daten diejenigen Faktoren am besten dokumentieren, die einen nachhaltigen Einfluss auf die Recruiting-Performance haben. Diesen Key-Performance-Indikatoren (KPI) gilt sodann die besondere Aufmerksamkeit. Für sie kann die Organisation Grenzwerte definieren, welche beim Über- oder Unterschreiten Maßnahmen auslösen. Sie sind außerdem die Fixpunkte für ein Reportingsystem Einige Vorreiter beginnen experimentell im Big-Data-Sinne komplexe Daten und Informationen aus verschiedenen Quellen miteinander zu verbinden. und stellen die Bindeglieder zwischen verfolgten strategischen Zielen und einzelnen Daten dar (siehe Kasten „ZielKennzahlen-Hierarchie“ oben). Auf aussagekräftige Werte fokussieren, Qualitätsfaktoren einbeziehen Genau wie die auf Seite 19 vorgestellte Kennzahlenliste nur eine Auswahl ist, sollte auch ein effektives RecruitingControlling konzentriert sein auf wenige aussagekräftige Werte. Die konkrete Auswahl ist dabei dem Unternehmen und den damit verfolgten Zwecken vorbehalten. Das Augenmerk sollte dabei nicht nur den klassischen Kennzahlen Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] wie „Time-to-Fill“ und „Cost-per-Hire“ gelten. Auch wenn Zeit und Kosten bedeutende Größen darstellen, empfiehlt sich mindestens ein gleichwertiges Monitoring von Qualitätsfaktoren. Diese Überlegung begründet sich mit den Nebeneffekten, welche eine zu starke Fokussierung auf Zeit beziehungsweise Kosten hervorrufen können. Ein Beispiel: Wird im Recruiting zu viel Wert auf hohe Geschwindigkeit und Kostenminimierung gelegt, so besteht dann die Neigung dazu, die Vakanzen möglichst schnell zu besetzen. Bei einem solchen Vorgehen werden vermutlich die formalen Prozessvorgaben erfüllt, aber die Gefahr hoher Fluktuationen im Nachgang vernachlässigt. Dies führt leicht zu weit größeren Kosten und gegebenenfalls zu abträglichen Nebenwirkungen für die Arbeitgebermarke. Ein ausbalanciertes Kennzahlensetting verhindert solche Fehlsteuerungen. CHRISTOPH ATHANAS ist Geschäftsführer der Beratung Meta HR und schreibt im gleichnamigen Blog http://blog.metaHR.de. personalmagazin 08 / 14 Amsterdam RAI 23 24 OCTOBER 2014 THURSDAY - FRIDAY Die führenden Denker der Welt! Reinventing Technology for Business Strategy Naomi Bloom Managing Partner - Bloom & Wallace Gary Hamel Ranked #1 Thinker in the World THE WALL STREET JOURNAL Prof, Author & Founder - The Management Lab The Future of Work: HR Information is Beautiful David McCandless Robert Hohman Founder & CEO - Glassdoor Author, Designer & Founder - Information is Beautiful Bringing Management Back to Work by Reinventing Technology & HR! Yves Morieux Managing Director - Boston Consulting Group Charlotte De Metz Global Head of HR - Misys 2 für 1 Rabatt! Promo Code: M2F1 TITANIUM SPONSORS DIAMOND SPONSORS PLATINUM SPONSORS http://amsterdam.hrtecheurope.com/ 22 MANAGEMENT_NEWS NACHGEFRAGT Misere mit roten Flaggen Die Deutsche Bank hat mit einem neuen Kontrollsystem für harsche Kritik aus dem Betriebsrat gesorgt: Die Bankmitarbeiter sollten bei Fehlverhalten eine „rote Flagge“ in ihrer Personalakte erhalten. Laut Medienberichten würden zu viele rote Flaggen den Bonus reduzieren oder eine Beförderung erschweren. Die Vorgesetzten, in deren Abteilungen zu viele Mitarbeiter mit roten Flaggen registriert werden, hätten mit Konsequenzen zu rechnen. Das Ganze war Teil eines geplanten Kulturwandels. Nun hat die Bank laut dem Onlineportal der Zeitung „Welt“ das System wesentlich eingeschränkt: Nunmehr können nur die Vorgesetzten belangt werden, eine persönliche Auswertung nach Mitarbeitern ist nicht mehr möglich. Der Betriebsrat hat also Gehör gefunden. Er hatte die Regeln als intransparent und unkonkret kritisiert. Professor Friedemann W. Nerdinger geht in einem Interview mit der Haufe OnlineRedaktion mit der Kritik noch weiter: „Das Rote-Flaggen-System ist nicht nur kein sinnvolles Führungsinstrument, sondern sogar kontraproduktiv, da es letztlich die Autorität der Führungskräfte untergräbt.“ Wo das Büro liegt, kann ein Kriterium bei der Arbeitgeberwahl sein. Employer Branding: Sicherheit und Standort wiegen schwer D rei von zehn Studenten wollen laut einer Umfrage in den öffentlichen Dienst gehen. Die Privatwirtschaft folgt auf der Beliebtheitsskala erst ab Platz vier. Dies hat eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY (vormals Ernst & Young) unter 4.300 Nachwuchsakademikern ergeben. Ein Grund für die Beliebtheit des öffentlichen Diensts könnte der Wunsch nach einem sicheren Job sein. Jobsicherheit nennen die Studenten als wichtigstes Kriterium bei der Wahl des künftigen Arbeitgebers (61 Prozent). Dass daneben insbesondere auch der Standort für den Fachkräftenachwuchs bei der Arbeitgeberwahl entscheidend sein kann, sagt Berater Michael Eger von Promerit im Interview mit der Haufe OnlineRedaktion: „Ein 25-jähriger Hochschulabsolvent beurteilt Standorte komplett anders als ein 40-Jähriger mit Familie. Das Image der Stadt und ein Status als Metropole sind für Berufseinsteiger in der Regel ein wichtiges Kriterium.“ So könnte der Plan der Berliner aufgehen: Die Stadt will mit dem Gebäude „Factory“ zur „Silicon City“ werden. Eine solche Konzentration von Arbeitgebern an einem Standort sei nicht ungewöhnlich, erklärt Eger. „Das zieht auch Fachkräfte an.“ NEWS DES MONATS Reue Stellen Sie sich vor, Sie könnten heute beruflich noch einmal komplett neu starten. Was würden Sie anders machen? Diese Frage hat der Personalberater von Rundstedt gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Innofact 799 Berufstätigen gestellt. Die drei häufigsten Antworten: mehr Weiterbildung (34 Prozent), andere Ausbildung oder Studium (28 Prozent) und mehr Spaß an der Arbeit (27 Prozent). Hoffnung Wer Studierende und Absolventen nach ihren Berufszielen fragt, hört häufig davon, dass sie sich bei der Arbeit einen größeren Sinn wünschen. Eine neue Umfrage von U-Form-Testsysteme und Professorin Daniela Eisele zeigt nun, dass auch Schüler und Auszubildende die Sinnfrage ins Zentrum ihrer Berufswahl stellen. Der Spaß darf aber auch nicht zu kurz kommen. Enttäuschung In einer Studie des SAP-Beraters ROC bescheinigen 40 Prozent von 4.000 befragten Arbeitnehmern aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien und den USA ihren Vorgesetzten, überhaupt kein Interesse daran zu haben, Talente im Unternehmen zu entdecken und zu fördern. + + + A k t u e l l e N e w s + + + H i n t e r g r ü n d e + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + personalmagazin 08 / 14 MANAGEMENT_DIENSTLEISTUNGEN 23 KURZNACHRICHTEN Datenschutzindikator Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Kunden- und Mitarbeiterdaten sicher zu verwalten. Doch nur wenige wissen, wie sie in Sachen Datenschutz aufgestellt sind. Die Tüv Süd Sec-IT GmbH hat unterstützt durch die LMU München eine OnlinePlattform entwickelt, in der Unternehmen testen können, wie es um ihren Datenschutz bestellt ist. www.datenschutzindikator.de Talente identifizieren Der Anbieter von psychometrischen Online-Assessments zur Identifizierung von Talenten, Talent Q, ist vor Kurzem von der internationalen Unternehmensberatung Hay Group übernommen worden. Damit will die Hay Group ihre Kompetenz im Bereich Talentmanagement und Personalauswahl stärken. Mithilfe der wissenschaftlich fundierten psychometrischen Assessments von Talent Q können Unternehmen sowohl die Persönlichkeit als auch die kognitive Leistung ihrer Mitarbeiter untersuchen und bewerten. www.haygroup.de Stimmungsbarometer Mit „Jobklima“ hat die Kommunikationsagentur Plenos mit Sitz in Wien ein Tool auf den Markt gebracht, mit dem Unternehmen das Betriebsklima messen können. Den Mitarbeitern werden dabei in zehn Kategorien insgesamt 36 Fragen zu Karriere, Work-LifeBalance, Weiterbildung und Unternehmenskultur gestellt. Zusätzlich kann jedes Unternehmen drei individuelle Themen abfragen. Die Ergebnisse der anonymen Befragung werden bildhaft dargestellt. Die wichtigsten Ergebnisse können auch auf der Karrierewebseite eingebunden werden. 08 / 14 personalmagazin www.jobklima.com Die Stellensuche wird mobiler F ür die Stellensuche werden immer häufiger mobile Endgeräte eingesetzt. Das bestätigt eine Umfrage von Indeed unter 1.000 Teilnehmern. Demnach nutzen 60 Prozent der Befragten ein Smartphone oder Tablet, um sich über Stellen zu informieren. Fast 65 Prozent davon sehen sich vornehmlich Jobseiten an, die Stellenanzeigen in mobil optimierter Ansicht veröffentlichen. Über 38 Prozent haben auch Job-Apps auf ihren mobilen Endgeräten installiert. Und rund 21 Prozent nutzen zusätzlich zum stationären PC auch mobile Endgeräte, um ihre Bewerbungen von unterwegs aus zu versenden. In der Altersgruppe der unter-25-Jährigen liegt der Nutzungsanteil mobiler Endgeräte für die Jobsuche mit 80 Prozent erwartungsgemäß am höchsten. Aber auch bei den 35- bis 45-Jährigen greift immerhin mehr als die Hälfte, bei den über 45-Jährigen jeder Dritte zu Smartphone und Tablet. www.indeed.de Tablets oder Smartphones werden oft für die Jobsuche genutzt. Neues von den Stellenmärkten KARRIERETOOL. Xing hat ein Karrieretool namens „Future Me“ entwickelt, das Informationen aus dem Netzwerk so für die Mitglieder aufbereitet, dass sie neue Karrierepfade aufgezeigt bekommen. „Future Me“ zeigt für über 2.300 Berufe die Wege auf, auf denen andere Xing-Mitglieder diese Position erreicht haben, bietet eine Gehaltsübersicht und zeigt Orte, an denen der Wunschberuf am häufigsten zu finden ist. Die neuen Funktionen können in den Xing Beta Labs getestet werden. www.xing.de MATCHING. Die österreichische Platt- form Whatchado.com, die nun ihre Aktivitäten auf den deutschen Markt ausweitet, sieht sich als Onlinehand- buch der Lebensgeschichten (siehe dazu das Porträt über den Gründer in Personalmagazin 05/2014). Alle Teilnehmer beantworten die gleichen sieben Fragen und Arbeitgeber zeigen per Video ihre Unternehmenskultur auf. Über ein Matchingformat können Bewerber die Arbeitgeber suchen, die gut zu ihren Interessen passen. www.whatchado.com NEUE PLATTFORM. Die Medienfabrik hat das Portal Blicksta gestartet, das Schüler in der beruflichen Orientierungsphase begleiten soll. Zu den Gründungspartnern gehören unter anderem Coca-Cola, Telekom und der Zentralverband des Deutschen Handwerks. www.blicksta.de Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 24 MANAGEMENT_PERSONALENTWICKLUNG Eigenverantwortlich lernen PRAXIS. Im Hoerbiger-Konzern tragen die Manager selbst die Verantwortung für ihre eigene Weiterentwicklung. Grundlage dafür ist ein Self-Assessment, das online läuft. Von Wolfgang Doerfler W rauf ab, mit technologisch anspruchsvollen Schlüsselkomponenten und Serviceleistungen Standards auf den Geschäftsfeldern der Kompressortechnik, Automatisierungstechnik und Antriebstechnik zu setzen. Und diese Qualitätsstandards sollen auch im umfassenden Führungskräfteentwicklungsprogramm mit eigenem Learning-Campus eingehalten werden. Selbstanalyse steht am Anfang Das eingesetzte Assessmenttool ist im Kern ein verhaltensbasiertes EinzelAssessment, das online durchgeführt und von realen Assessoren ausgewertet wird. Daher bietet es dieselbe Analysequalität wie traditionelle, verhaltensbasierte Assessment Center. Teilnehmer © HOERBIGER HOLDING AG ir glauben, dass Führungskräfte am besten sind, wenn sie sich selbst testen“, sagt Hari Abburi, Global Head Organization Development & Talent bei der Hoerbiger Holding AG. „Wenn sie selbst ihren Entwicklungsbedarf erkennen, werden sie sich auch aktiv darum kümmern, eigene Kompetenzen zu verbessern.“ Diese Überzeugung ist Grundlage der Führungskräfteentwicklung im Hoerbiger-Konzern: Das Unternehmen setzt auf die Eigenverantwortung der Manager für ihre jeweilige persönliche Weiterentwicklung. Um ihre zentralen Entwicklungsfelder erkennen zu können, durchlaufen die Manager der mittleren Führungsebene ein Online-Assessment. Damit dieser Prozess tatsächlich ohne weiteres Zutun von außen und möglichst objektiv ablaufen kann, entschied sich der Schweizer Konzern für das Online-AssessmentTool „Manager Ready“ von Development Dimensions International (DDI). Mit dem Tool können die Mitarbeiter online ihren Entwicklungsstand reflektieren – wann und wo sie wollen und für sich alleine. So erhalten die Führungskräfte unter den fast 7.000 Mitarbeitern von Hoerbiger strukturierten Input und können ihren Entwicklungsprozess selbst initiieren, an ihren Entwicklungsbedürfnissen ausrichten und so den Exzellenzanspruch des Unternehmens erfüllen. Denn Hoerbiger zielt stets da- Gerhard Wagner, Chief Human Resources Officer und Mitglied der Konzernleitung, diskutiert mit Teilnehmern der Hoerbiger Leadership School. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 14 25 GPOP Golden Profiler of Personality Deutsche Adaptation des Golden Personality Type Profiler™ von John P. Golden müssen allerdings nicht an einem zentralen Ort zusammenkommen, was sowohl einen erheblichen Zeitaufwand als auch Kosten für die Logistik nach sich zieht. Stattdessen wird das Assessment direkt am Arbeitsplatz durchgeführt. Das ist ein großer Vorteil für einen internationalen Konzern wie Hoerbiger mit Standorten in mehr als 50 Ländern. Hoerbiger setzt das Prinzip Eigenverantwortlichkeit konsequent um: Die Kandidaten sprechen ausschließlich mit Trainern und Assessoren von DDI über die Ergebnisse. Vorgesetzte oder die Personalabteilung erhalten keine Einsicht in die Resultate. Auch der Abschlussbericht jedes Self-Assessments geht nur dem Mitarbeiter zu. Das Unternehmen vertraut seinen Managern, verantwortungsvoll mit ihren Ergebnissen umzugehen – und sich wirklich um eine Verbesserung zu kümmern. Es liegt vollständig in deren Verantwortung, sich Hilfe zu suchen, wenn sie Unterstützung benötigen oder Entwicklungsmaßnahmen auswählen. „Unser Ansatz ist etwas unüblich. Wir glauben an ,Ownership‘: dass ein guter Leader seine Weiterentwicklung selbst in die Hand nimmt und die Unterstützung seiner Vorgesetzten sucht“, sagt Hari Abburi. „Nach der Einführung von ,Manager Ready‘ haben wir tatsächlich beobachtet, dass viele Teilnehmer ihre Ergebnisse freiwillig mit ihrem Vorgesetzten oder den HR-Verantwortlichen teilten.“ Vertrauen in Datenschutzkultur Grund dafür war zum einen die Qualität der Assessment-Beobachtungen: Viele der bisherigen Teilnehmer bestätigten, dass die Herausforderungen, denen sie im Self-Assessment begegneten, realitätsnah und auf einem angemessenen Schwierigkeitsniveau waren. Zudem berichteten sie, dass die Reports, die sie nach den Tests von den DDI-Assessoren bekamen, 08 / 14 personalmagazin „Ein Assessment ohne anschließende Entwicklung ist sinnlos. Die Ergebnisse müssen mich so fesseln, dass ich mich entwickeln will.“ 2., überarbeitete und neu normierte Auflage Hari Abburi, Global Head Organization Development & Talent, Hoerbiger Holding AG hilfreich waren, um ihren Status zu verstehen und ihre Entwicklungspotenziale zu erfassen. „Die Teilnehmer erkannten sich in den Berichten wieder und fanden, diese spiegelten gut wider, wie sie tatsächlich sind“, berichtet Peter Göbel, Head Global Development Center. Zum anderen vertrauten die Kandidaten auch der stark im Unternehmen verankerten Datenschutzkultur. Sie konnten sich stets darauf verlassen, die volle Kontrolle über ihre Daten zu behalten und dass alle Parteien vertraulich mit den Informationen umgingen. „Wenn man die richtige Unternehmenskultur hat, können Führungskräfte automatisch und ohne Bedenken nach Feedback fragen“, sagt Gerhard Wagner, Chief Human Resources Officer und Mitglied der Konzernleitung. Genau diese Kultur machte auch die Einführung des Onlinewerkzeugs wesentlich einfacher. Typische Bedenken gegenüber derartigen Technologien, wie beispielsweise der potenziell problematische Umgang mit persönlichen Daten – wie es die Ergebnisse der Assessments ja zweifelsohne sind –, konnten schon im Vorfeld ausgeräumt werden. Die Vision: echte Standards setzen Hoerbiger bettet das Online-SelfAssessment als Teil der Führungskräfteentwicklung in seine gesamte Unternehmensstrategie ein. „Unsere Vision ist es, Standards zu setzen. Unsere Aufgabe in der HR-Abteilung Nutzen Sie das Potenzial des GPOP: • in der Beratung von Einzelpersonen und Arbeitsgruppen • für die Leistungsoptimierung • zur Entwicklung und zum Coaching von Führungskräften • für die Teamanalyse und -entwicklung • zur Laufbahn- und Karriereberatung • zur Steigerung von sozialer Kompetenz Der GPOP erhebt fünf Dimensionen: • Extraversion/Introversion • Sinneswahrnehmung/Intuition • Analytisches/Wertorientiertes Entscheiden • Struktur-/Wahrnehmungsorientierung • Anspannung/Gelassenheit Weiterhin erfolgt eine Zuordnung zu einem von 16 Persönlichkeitsmustern, die im Ergebnisbericht ausführlich beschrieben werden. Die 2. Auflage bietet u. a. einen leicht verkürzten Fragebogen, eine aktuelle Normierung, überarbeitete und ergänzte Beschreibungen zur Interpretation sowie eine verbesserte computergestützte Auswertung und Aufbereitung der Ergebnisse. Manual, 2. Auflage Bestellnummer 03 087 04, € 152.00/CHF 196.00 Fragenheft, 2. Auflage Bestellnummer 03 087 05, € 11.00/CHF 14.20 HTS* PC-Version inkl. Manual und 10 Nutzungen Bestellnummer H5 159 01, € 1095.00/CHF 1413.00 * benötigt Administrationssoftware bzw. Jahreslizenz für das Hogrefe TestSystem (HTS) Zu beziehen bei Ihrer Testzentrale: Herbert-Quandt-Straße 4 · 37081 Göttingen · Deutschland Tel.: 0049-(0)551 999 50-999 · Fax: -998 E-Mail: [email protected] · www.testzentrale.de Länggass-Straße 76 · 3000 Bern 9 · Schweiz Tel.: 0041-(0)31 30045-45 · Fax: -90 E-Mail: [email protected] · www.testzentrale.ch 26 MANAGEMENT_PERSONALENTWICKLUNG TOOL ist es, unsere Mitarbeiter zu befähigen, Exzellenz abzuliefern. Eine Säule dabei: Führungskräfte entwickeln, die mit Fokus und hervorragenden Leistungen visionäre Standards setzen“, sagt Gerhard Wagner, Chief Human Resources Officer und Mitglied der Konzernleitung. Für diese Exzellenz baut der Konzern vor allem auf vier Kompetenzen: Innovation vorantreiben, strategisches Denken, Entwicklung des Managements und der Mitarbeiter sowie vorbildliche Führung. Diese Kompetenzen überprüft und fördert Hoerbiger im Online-Assessment. Von allen Entwicklungsressourcen fließen 20 Prozent in das Assessment, die verbleibenden 80 Prozent werden für Entwicklungsmaßnahmen aufgewendet. „Ein Assessment ohne anschließende Entwicklung ist schließlich sinnlos. Die Ergebnisse müssen mich als Führungskraft so fesseln, dass ich mich weiter entwickeln will“, erklärt Hari Abburi. „Deshalb beginnt bei uns jedes Entwicklungsprogramm mit einem Self-Assessment.“ Das Online-Assessment Der Konzern Hoerbiger setzt ein Online-Assessment ein, damit die Manager eine erste Einschätzung ihrer Führungskompetenzen erhalten. Dafür nutzt das Unternehmen das Tool „Manager Ready“ von DDI. Ein Teilnehmer benötigt etwa 4,5 Stunden, um das Online-Assessment zu durchlaufen. Alle Aufgaben tragen direkt unterstellte Mitarbeiter, Kollegen oder das leitende Management in Form von E-Mail- und Videonachrichten vor. Die Teilnehmer reagieren, indem sie den entsprechenden Personen im simulierten Unternehmen E-Mails senden oder Informationen zukommen lassen. Ein typisches Szenario im Assessment: Der Kandidat übernimmt die Rolle eines Mitarbeiters im fiktiven Unternehmen PLM. Zunächst erhält er per Videobotschaft eine Einweisung zu Unternehmen und Rolle. Er ist verantwortlich für ein global verteiltes Team. Der Kandidat muss seine Führungsaufgaben innerhalb eines halben Tages wahrnehmen – Entscheidungen vertagen ist also keine Option. Ähnlich den Rollenspielen in einem traditionellen Assessment Center wird der Kandidat mit verschiedenen Themen konfrontiert: Vorgesetzte leiten ihm Kundenanfragen weiter oder Mitarbeiter wenden sich mit Problemen an ihn. Zwischendurch erhält der Kandidat spontan E-Mails, die er beantworten muss. Die hohe Intensität spiegelt dabei den üblichen Arbeitsalltag einer Führungskraft in einem globalen Unternehmen wider. Speziell auf die Anforderungen des Online-Assessments hin geschulte Assessoren erfassen und beurteilen die Reaktionen und Antworten der Teilnehmer. Wie der getestete Manager die Herausforderungen angeht, welche Entscheidungen er trifft und wie er diese formuliert, dies fließt dann alles in die spätere Bewertung ein. Globale Konsistenz Daneben sieht das Unternehmen einen weiteren Vorteil in dem OnlineAssessment: „Die Möglichkeit, Führungskräften in mehr als 50 Ländern einzubinden und für unsere Vision zu rüsten, ist ein entscheidender Teil unseres Entwicklungsprozesses. ,Manager Ready‘ erlaubt uns dies über alle kulturellen Grenzen hinweg“, sagt dazu Peter Göbel. Das Unternehmen steht vor der Herausforderung, zahlreichen Führungskräften in verschiedenen Zeitzonen, Sprachen und Kulturen ein einheitliches Assessment anzubieten. Ein technologischer Ansatz, um diese Herausforderung zu lösen, ist daher ideal. Die Alternative wäre nur gewesen, eine Vielzahl von Assessoren auszubilden, die mit den kulturellen Eigenheiten der einzelnen Regionen vertraut sind und Konsistenz mit lokalen Assessments sicherstellen. Und das sei nahezu unmöglich, sagt Abburi. Das Online-Tool hebe dagegen all diese Beschränkungen auf. Hoerbiger setzt das Werkzeug seit 2013 ein. Etwa 100 Führungskräfte der mittleren Ebene nutzten es im ersten Jahr. Alle Teilnehmer waren seit vielen Jahren im Unternehmen und wurden von ihren Vorgesetzten als „High Potentials“ eingestuft. Die Kandidaten bekleideten bereits verantwortliche Positionen, beispielsweise die Leitung eines Werks oder eines Vertriebsgebiets. Das Self-Assessment markiert dabei immer den Ausgangspunkt eines Entwicklungsprozesses. Sobald sich die Manager in den jeweiligen Entwicklungsprogrammen befinden, erhalten die Führungskräfte Feedback in persönlichen Gesprächen und nicht mittels eines erneuten Assessments. Hoerbiger plant, dass alle Teilnehmer der Leadership-Programme für das mittlere Management das Online-Assessment durchlaufen werden. Dies sind etwa 50 bis 60 Personen pro Jahr. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] Die Führungskräfteentwicklung unterliegt der hauseigenen „Leadership School“ des Hoerbiger-Campus – jede Führungskraft betrachtet die Einladung an diese Schule als Wertschätzung der eigenen Person und ihres Potenzials. Während der Einführung habe daher nicht das Warum im Mittelpunkt gestanden, sondern lediglich, wie das Tool am besten einzusetzen sei, erläutert Gerhard Wagner. Darüber hinaus betrachtet die Leitung des Schweizer Konzerns die Führungskräfteentwicklung als zentrale Aufgabe. Diese Unterstützung war ebenfalls ein ausschlaggebender Faktor für die reibungslose Einführung des AssessmentProzesses. WOLFGANG DOERFLER ist Managing Director DDI Deutschland Assessment, Training, Beratung GmbH. personalmagazin 08 / 14 Budapest Genf Hamburg Köln Lyon Moskau Stuttgart Wien Zürich 14.-16. Oktober 2014 HE SICHERN! JETZT STANDFLÄC koelnmesse | Eingang Süd Hallen 2.1, 2.2, 3.1 und 3.2 Europas größte Fachmesse für Personalmanagement twitter.com/zukunftpersonal #ZP14 www.zukunft-personal.de HR Services | Professional Training & Learning Recruiting & Consulting | HR Software & Hardware • Mehr als 16.000 Fachbesucher: Geschäftsführer, CEOs, Personalleiter, IT-Spezialisten... Ihre Zielgruppe • Mehr als 220 Vorträge und Keynotes, 5 Abendveranstaltungen, 4 Preisverleihungen Sprechen Sie uns an: • Mehr als 650 Aussteller, 4 thematisch gegliederte Hallen, Sonderbereiche E-Learning und Betriebliches Gesundheitsmanagement, Global Village – Buchen Sie jetzt! Sponsor Partner Hauptmedienpartner 28 MANAGEMENT_BEWERBERWÜNSCHE Den Nerv der Fachkräfte treffen STUDIE. Wer seine Bewerber und Mitarbeiter kennt, kann Arbeitgeberkommunikation besser auf diese ausrichten. Eine Studie gibt Aufschluss über Bewerberwünsche. Wer Bewerberwünsche als erfüllt abhaken kann, ist klar im Vorteil. Fach- und Führungskräfte an der Befragung teil. Die Ergebnisse geben Arbeitgebern einige Hinweise darauf, wie sie ihr Recruiting besser an die Erwartungen der Kandidaten anpassen können. © ARTIT FONGFUNG / SHUTTERSTOCK.COM Wünsche der Bewerber Von Daniela Furkel (Red.) D ie typische Bewerberin, der typische Bewerber ist flexibler als von vielen Personalern angenommen: Über die Hälfte (53 Prozent) ist regional ungebunden, über zwei Drittel (68 Prozent) würden auch außerhalb ihres Fachbereichs arbeiten. Unzufrieden mit ihrer bisherigen Laufbahn sind 41 Prozent der Arbeitnehmer. Mehr als 13.000 Kandidaten aus acht europäischen Ländern hatte Stepstone für die Studie „Candidate Insights“ befragt. In Deutschland nahmen rund 2.000 Fast jeder Bewerber erwartet in Stellenanzeigen Details zur Stelle und dem Anforderungsprofil. Darüber hinaus möchten drei Viertel dort konkrete Angaben zur Arbeitsumgebung lesen, 74 Prozent suchen Gehaltsangaben, 73 Prozent Angaben zu Unternehmensgröße sowie -erfolgen und 72 Prozent Informationen zur Jobsicherheit. Weitere Informationen über einen Arbeitgeber holen die meis ten Kandidaten über die Firmenwebseite (87 Prozent) und über Suchmaschinen (51 Prozent) ein, weniger erkundigen sich bei Freunden (24 Prozent) oder in sozialen Netzwerken (17 Prozent). Gründe, zu bleiben Eine interessante Aufgabe, gute Beziehungen zu den Kollegen, ein attraktiver Firmenstandort, ein gutes Verhältnis zum Vorgesetzten und das Wissen um die Stabilität des Unternehmens sind laut Umfrage die Faktoren, die Arbeitnehmer am stärksten ans Unternehmen binden. Weniger wichtig sind Work-Life-Balance, die Wertschätzung der eigenen Arbeit und ein attraktives Gehalt. Das erstaunt, denn gerade Angebote für eine bessere Work-Life-Balance werden heute häufig Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] als Faktoren für Arbeitgeberattraktivität angesehen. Doch diese wird am ehesten noch von IT-Fachleuten (42 Prozent) und von Arbeitnehmern im Bereich Finance & Controlling (39 Prozent) als wichtig angesehen. Sales- und Marketingmitarbeiter halten sie nur zu 22 Prozent für relevant, Ingenieure und Techniker zu 25 Prozent. Gründe, zu gehen Die häufigsten Gründe für einen Stellenwechsel sind laut Umfrage der Wunsch nach einer neuen Herausforderung, begrenzte Entwicklungsmöglichkeiten beim aktuellen Arbeitgeber, zu geringe Wertschätzung der eigenen Leistung, der Wunsch nach Gehaltssteigerung sowie die Unzufriedenheit mit der Unternehmenskultur. Je nach Alters- und Berufsgruppe zeigen sich jedoch bestimmte Schwerpunkte: So spielen eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten vor allem bei den 25- bis 35-Jährigen eine Rolle für die Neuorientierung. Geld spielt eine große Rolle für den Jobwechsel von Fachkräften ab 55 Jahren. Bei IT-Fachkräften stellen eingeschränkte Entwicklungsmöglichkeiten einen wichtigen Grund zum Wechsel dar. Die Unternehmenskultur ist insbesondere Ingenieuren wichtig. Arbeitgeber, die stärker auf diese Themen eingehen, können ihre Mitarbeiterbindung sicherlich positiv beeinflussen. Ähnliches gilt auch für die Bewerberwünsche: Wer die Informationswünsche der Kandidaten in Stellenanzeigen und auf der Firmenwebseite erfüllt, erhält voraussichtlich mehr und besser passende Bewerbungen als andere Unternehmen mit ähnlichen Vakanzen. personalmagazin 08 / 14 Abrufbar unter www.personalmagazin.de Das »personalmagazin« – jederzeit und überall lesen 9 Kostenlos für Abonnenten 9 Für alle Desktop- und Tablet-PCs 9 Digitales Heftarchiv mit den Ausgaben der letzten vier Jahre Von Kristina Enderle da Silva (Red.) D ie Personalabteilung steht oft im Schatten anderer scheinbar bedeutenderer Unternehmensbereiche. Ihr Image lässt zu wünschen übrig, wie die HR-ImageStudie belegt. In der Öffentlichkeit gibt sie allgemein eher ein graues, unemotionales Bild ab. Dabei hat die HR-Abteilung schon lange viel mehr zu bieten als dröge Administration. Frauenquote, Fachkräftemangel, Vielfalt und Inklusion sowie Managerboni – das sind The- men, in denen das Personalmanagement auch mal in heißen gesellschaftlichen Debatten glänzen könnte. Doch die Personaler dringen mit ihren Argumenten meist nicht so recht durch. So aufregend sind Personalfragen Darum hat sich die Redaktion des Personalmagazins nicht nur auf die Weltmeisterschaft in Brasilien gefreut, weil sich so einige Fußballfans im Team tummeln. Vielmehr war schon vorab klar, dass in dieser Zeit endlich mal wieder Personalfragen emotional überbordend diskutiert werden. So kam es dann auch und so entstand eine elfteilige Kolumnen-Serie auf dem Haufe Personal-Portal. Wichtige Ereignisse der WM hat die Redaktion durch die HR-Brille betrachtet und bewertet. Natürlich ist es ein Unterschied, ob elf Fußballer auf dem Platz stehen oder elf Mitarbeiter im Meeting sitzen. Aber die zugrunde liegenden Fragen sind ganz häufig die gleichen und lassen sich mithilfe des HR-Wissens erfassen. So viel zählt Berufserfahrung So beschäftigte sich zum Beispiel vor dem ersten Spiel der deutschen Mannschaft manch deutscher Fußballfan mit der Frage, was wohl aus Miroslav Klose wird. Setzt Trainer Joachim Löw seinen erfahrensten Mann ein? Und nutzt die große Turniererfahrung überhaupt – oder sind ihm die Jungspunde überlegen? Klose selbst sagte der Leipziger Volkszeitung vorab: „Ich glaube, Erfahrung ist schon was wert. Wenn man Spieler sieht wie Philipp Lahm oder Lukas Podolski, die haben ja auch schon recht viel Turniererfahrung und das ist für unsere Mannschaft wichtig.“ Doch im ersten Spiel war er noch nicht dabei. Warum die Turniererfahrung nicht als alleiniges Argument zieht, das würde ein Personaler beantworten können: Weil allein die aufsummierten Jahre an Berufserfahrung noch kein Beleg für hohe Leistung sind. „Viel bedeutsamer als die Dauer der Berufserfahrung ist die Vielfalt der beruflichen Aufgaben, mit denen die Menschen betraut waren“, erklärt auch Professsor Uwe P. Kanpersonalmagazin 08 / 14 © CELSO PUPO / SHUTTERSTOCK.COM Personalwesen. Denn selten werden Personalfragen derart leidenschaftlich diskutiert. © JEFFERSON BERNARDES / SHUTTERSTOCK.COM ESSAY. Die Fußball-WM war nicht nur im Sport ein Höhepunkt, sondern auch im © TIERO / FOTOLIA .COM So emotional wie nie © AGIF / SHUTTERSTOCK.COM 30 MANAGEMENT_RÜCKBLICK 31 Skill Management in der Praxis: Deutschland war sich einig, dass Philipp Lahm besser zur Position rechts außen passt. Wie viel zählt die Berufserfahrung? Vor dem ersten Einsatz des „DFB-Opas“ Miroslav Klose wurde das heiß diskutiert. Siegt der Teamgeist oder der Einzelstar? Der Brasilianer Neymar sorgte in der Vorrunde für Glanz in der Seleção. sich die Fans. Eine eindeutige Antwort erhielten sie nicht. Nach dem deutschen Auftaktspiel gegen Portugal war es ein klarer Teamsieg für Deutschland und gegen Cristiano Ronaldo. Nach mehreren Spielen der Niederlande stand jedoch fest: Die Stars Arjen Robben und Robin van Persie haben für den Unterschied gesorgt und Karim Benzema konnte sogar annähernd für den Ersatz von Franck Ribéry sorgen – bis die deutsche Mannschaft wieder überragte. Auch das Personalwesen gibt hier keine klare Ansage für oder gegen die Überlegenheit der „High Potentials“ – eher ein „ja, aber“: Eine Kienbaum-Studie von 2013 belegt zum Beispiel, dass Stars häufig an ihrer mangelnden Teamfähigkeit scheitern – abgesehen von Faktoren wie fehlender Selbstkritik, Selbstüberschätzung und hoher Anspruchshaltung. Und zu dem Buchtitel „Team – toll ein anderer macht’s“ muss eigentlich nicht mehr gesagt werden, als dass es in der Arbeitspsychologie tatsächlich genug Belege dafür gibt, dass Teamleistung dank Trittbrettfahrens oder „Social Loafing“ schnell abflachen kann. Was der psychische Druck auslöst ning in seiner Psychologie-Kolumne auf haufe.de/personal. Hier sei der Zusammenhang zwischen Erfahrung und Leis tung mehr als viermal so hoch. Skill Management im Fußball Die nächste Personalfrage, die die Fußballfans beschäftigte: Spielt Lahm auf der richtigen Position? Statt im ungewohnten Mittelfeld wollten sie den Kapitän auf seiner Stammposition rechts außen sehen. Jogi erfüllte ihnen den Wunsch nach der Verletzung von Shkodran Mustafi im Achtelfinale und schickte ihn in den direkt folgenden Spielen auf seine Lieblingsposition. Auch hier lässt sich das HR-Wissen 08 / 14 personalmagazin anwenden: Personaler betreiben Skill Management, um zu wissen, wo im Unternehmen welche Experten sitzen und auf welche Positionen sie passen. Auch Management-Guru Reinhard Sprenger bezieht sich darauf in seinem Buch „Gut aufgestellt – Fußballstrategien für Manager“: Es gehe weniger darum, gute Leute zu finden für eine Fußballmannschaft oder ein Unternehmen, sondern darum, das Passungsproblem zu lösen. Das „Dream Team“ formieren Nicht zu vergessen sind auch die WMDebatten um die vielen Stars, die mit den Mannschaften auflaufen. „Siegt der Teamgeist oder der Einzelstar?“, fragten Allein die Team-versus-Star-Debatte kann aber den Ausgang des deutschbrasilianischen Halbfinales nicht erklären – auch wenn der Kapitän und Neymar nicht mitgespielt haben. Hier zeigt sich eher, wie viel psychischer Druck auf einem Team lasten kann. Sportpsychologe Bernd Strauss beschreibt dies auf „Sueddeutsche.de“: „Sie spürten den ungeheuren Druck, der auf ihnen lastete. Gleichzeitig erkannten sie, wie geschwächt ihr Team tatsächlich war. Was folgte, glich einem mentalen Zusammenbruch wie im Lehrbuch.“ Auch hier ist die Verbindung zu HR klar: In der Arbeitswelt kämpfen Personaler gegen den steigenden Arbeitsdruck mit Maßnahmen des Gesundheitsmanagements an. Denn: HR darf Emotionen nicht vernachlässigen – erst recht nicht in solch spannenden Personalfragen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 32 ORGANISATION_NEWS NACHGEPLANT In Mobilität verharrt Auf einen gut abgesicherten Ruhestand kann längst nicht jeder hoffen. Zu wenig Vorsorge im Mittelstand D er deutsche Mittelstand hat Nachholbedarf bei der betrieblichen Altersversor gung. Nur rund die Hälfte der mit telständischen Unternehmen bietet nach einer Studie von Kienbaum ih ren Mitarbeitern diesen Benefit. Bei den Großunternehmen sind dies gan ze 98 Prozent. Geschäftsführer sind in der Regel gut versorgt: 81 Prozent der Geschäftsführer erhalten eine betriebliche Altersversorgung (bAV), auch 77 Prozent der Führungskräfte können auf eine Zusatzrente bauen. In Betrieben bis zu 50 Mitarbeitern ist jedoch nur jede dritte Fachkraft und jede zweite Führungskraft so abgesichert. Die Studienautoren vermuten, dass der Mittelstand den administrativen und finanziellen Aufwand einer betrieblichen Al tersversorgung scheue. Noch im vergangenen Sommer hatte Microsoft mit dem Slogan: „Das klassische Büro ist tot“ verkündet, viel mehr Home-Office-Plätze schaffen zu wollen. Doch trotz der Beteuerung des Pressesprechers, Flexibilität und die Möglichkeit im Home-Office zu arbeiten hätten das Unternehmen zu einem der beliebtesten Arbeitgeber gemacht, wehrten sich die Mitarbeiter. Sie wollten in ihren Büros bleiben. Microsoft verwarf daraufhin nicht nur die Pläne, Büros abzubauen, sondern entwickelte sofort Aktivitäten in die entgegengesetzte Richtung: Bis zum Sommer 2016 soll in München eine neue Unternehmenszentrale entstehen. Zwar nehme die Bedeutung des festen Arbeitsplatzes ab, gleichzeitig werde das Büro als Ort der Begegnung und Vernetzung aber immer wichtiger, erklärt der IT-Riese nun. Bei der Planung will sich das Unternehmen vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation begleiten lassen. Dessen Experten erklärten allerdings schon in unserem Titelthema der Ausgabe 4/2014, dass es keine Büroform gäbe, die per se gut oder schlecht ist. Sie empfehlen eine individuelle Entwicklung nach Mitarbeiterbedürfnissen. NEWS DES MONATS Kundenboykott Schlechte Führung vergrault auch die Kunden: Die Mehrheit der 6.500 Befragten beim Ketchum Leadership Communication Monitor gab an, in den vergangenen zwölf Monaten weniger bei Unternehmen mit schlechtem Leadership gekauft zu haben oder diese Firmen sogar ganz boykottiert zu haben. Ein Umkehrschluss konnte aber nicht gezogen werden. Arbeitgeberattraktivität Jobsicherheit, Betriebsklima, Übernahmechancen und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung sind die wichtigsten Anforderungen, die Auszubildende an ihre Arbeitgeber stellen. Bei der Berufswahl stehen der Wunsch nach Spaß und Erfüllung im Beruf sowie einer Tätigkeit, die den eigenen Wertvorstellungen entspricht, im Vordergrund. Das geht aus den Ergebnissen der Online-Umfrage „Azubi-Recruitingtrends 2014“ hervor. Stresspegel Unter den 25- bis 40-jährigen Arbeitnehmern in Deutschland sind nach einer Studie der DAK Angestellte mit einfachen Tätigkeiten meist gestresster als ihre Vorgesetzten mit hohem Bildungsniveau. Den höchsten Stresspegel weisen Alleinerziehende und Frauen in Teilzeit auf. + + + A k t u e l l e N e w s + + + H i n t e r g r ü n d e + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 14 ORGANISATION_SOFTWAREMARKT 33 Einziger Kommentar zur InstitutsVergV Neu Mobile Personalarbeit P © PIJAJO ersonalarbeit ist längst nicht mehr an Büros und Schreibtische gebunden: Mit der iOS-App „Perbit Insight Mobile“ ermöglicht der Soft warehersteller Perbit ortsunabhängigen Zugriff auf die Personaldaten per I-Pad. Verschiedene Diagrammtypen, Ansichten und Darstellungsebenen erlauben Aussagen und Detailinformationen zu den personalwirtschaftli chen Kennzahlen des Unternehmens. Die App unter stützt zunächst ausschließlich Tablets des Herstellers Apple. Für Nutzer der Perbit-Insight-Datenbank greifen auch in der App dieselben Rollen- und Zugriffsrechte wie in der Web-Anwendung. www.perbit.com Buscher u. a. Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten (Institutsvergütungsverordnung – InstitutsVergV) Kommentar 2014. 374 S., 17 s/w Abb., 5 Tab. Geb. € 99,95 978-3-7992-6941-4 ISBN 978-3-7910-3400-3 | Kostenlose Schichtplanung auf www.shyftplan.com. Schichtplanung im Web D as Berliner Startup Pijajo bietet eine kostenlose An wendung zur Schichtplanung an: Auf www.shyft plan.com haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit, kollaborativ Schichtpläne zu erstellen. Dazu kombiniert Shyftplan verschiedene Einzellösun gen zu Schichteinteilung und Stundenauswertung und automatisiert manuelle, sich wiederholende Schritte auf einer geschlossenen Plattform. Anschließend können die Mitarbeiter Schichten tauschen, bei Änderungen werden sie automatisch benachrichtigt. www.shyftplan.com 08 / 14 personalmagazin Die Neufassung der Institutsvergütungsverordnung umfasst eine Vielzahl neuer und verschärfter Anforderungen an die Finanzinstitute, vor allem für die Auszahlung der variablen Vergütung. Damit wird die Verordnung erhebliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung und Überwachung der Vergütungssysteme haben. Zudem müssen die Vorgaben zum Teil unmittelbar angewendet werden. Der neue Kommentar bietet hilfreiche Unterstützung. Er verdeutlicht den Regelungszweck der einzelnen Anforderungen, beleuchtet Gestaltungsspielräume und gibt praktische Hinweise für die Umsetzung der Verordnung. X Verlässlich bei Anwendungs- und Auslegungsfragen X Von den Autoren des erfolgreichen MaRisk-Kommentars Fax 08 00 / 7 77 77 70 (gebührenfrei) www.schaeffer-poeschel.de 34 ORGANISATION_BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT In Lernkurven zur Gesundheit PRAXIS. BGM ist lebenslanges Lernen und Erfahren. Das zeigt der Projektbericht der Sparkasse Bremen über ihren Weg zum selbsttragenden Gesundheitsmanagement. Sparkasse Bremen Die Sparkasse Bremen beschloss, gemeinsam mit der Management- und Prozessberatung Starthouse die unterschiedlichen Projekte durch ein strukturiertes Gesundheitsmanagement zu bündeln. Die Effizienz der Gesundheitsprävention und eine nachhaltige Gesundheitsleistung seitens des Arbeitgebers standen dabei im Fokus. Im Zuge dieser Entwicklungen sollte der Gesundheitsbedarf der Mitarbeiter sowie die Handlungsfelder für eine umfassende und nachhaltige Gesundheitsprävention und -förderung analysiert und umgesetzt werden. Ziel war der Aufbau und die sukzessive Umsetzung einer Work-Life-Balance-Strategie, deren Mittelpunkt die systematische Organisation, Strukturierung und Implementierung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements ist, das sich mittelfristig durch die Kompetenz der Mitarbeiter und Experten trägt. Gleichzeitig sollte gewährleistet werden, dass aktuelle und zukünftige Work-Life-Balance-Projekte in diesen Prozess integ riert werden können. Die Sparkasse Bremen AG wurde 1825 von Bremer Bürgern gegründet. Präsenz der Gesundheitsthemen bei den Mitarbeitern deutlich gestiegen Von Detlev Kühl und Christiane Rösch S chon seit etlichen Jahren war die Sparkasse Bremen als führender Finanzdienstleister in der Hansestadt im Bereich Gesundheitsförderung aktiv, sie führte diese durch zahlreiche Projekte des Arbeitsschutzes, Betriebsrats, Personalmanagements und Vorstands durch. Eine Zwischenbilanz 2011 zeigte jedoch darüber hinausgehenden Handlungsbedarf: Seit circa vier Jahren hatte sich die Fehlzeitenquote der 1.500 Mitarbeiter über dem Branchendurchschnitt bewegt. Angesichts der durch den demografischen Wandel zu erwartenden Steigerung des Durchschnittalters und der Verschiebung der Regelaltersgrenze bestand die Gefahr einer weiteren Zunahme der Fehlzeiten. DATEN UND FAKTEN eschäftigt rund 1.500 Mitarbeiter b sowie etwa 100 Auszubildende investiert jährlich als freie Sparkasse circa vier Millionen Euro für das Gemeinwohl in Bremen etreut über 400.000 Privat- und b mehr als 30.000 Firmenkunden an über 60 Beratungsstandorten Heute, drei Jahre nach Beginn der Umsetzung, zeigt sich, dass das Thema „Gesundheit“ bei den Mitarbeitern deutlich präsenter geworden ist. Analyseverfahren wie Arbeitssituationserfassungen, Workshops zum betrieblichen Gesundheitsmanagement in der Startphase, Fehlzeitendiagnoseverfahren, ImpulsChecks, Medical-Checks, differenzierte Gesundheitspakete während und im Umfeld der Arbeitszeit sowie individuelle Vereinbarkeitsangebote und Seminare zu Tandem-Themen wie „Gesundheit und Führung“, oder „Gesundheit und Zusammenarbeit“ bewirken einen kontinuierlichen BGM-Kreislauf im Unternehmen. Durch unterschiedliche Gesundheitsprojekte haben inzwischen fast alle Mitarbeiter aktiven Kontakt mit den Aktivitäten des BGM erhalten. Eine intensive Auseinandersetzung fand während der Analysephase unter Beteiligung von etwa jedem fünften Mitarbeiter statt. In der Gesundheitswoche beispielsweise nutzten über 900 Mitarbeiter das Angebot während der Arbeitszeit. Eine begleitende Beteiligung entsteht durch die Projektteilnahme von interessierten Mitarbeitern mit unterschiedlichen Aufgabenfunktionen. Darüber hinaus sorgen zeitweise bis zu zehn Projekte für einen permanenten Kontakt, während der Startphase waren es bis zu 40 Projekte und Aktivitäten. Im Zusammenhang mit der strategischen Zielsetzung, die Arbeitgeberattraktivität im wirtschaftlichen Einzugsgebiet zu verbessern, sind Handlungsfelder zum Aufbau eines betrieblichen Gesundheitsmanagements identifiziert. Neben dem BGM gehören dazu unter anderem der Bereich Vereinbarkeit von Beruf und Familie und die zeitgemäße Ausrichtung der Sozialleistungen. Integration des BGM in Vision einer Leistungs- und Sozialgemeinschaft Die Vision einer Leistungs- und Sozialgemeinschaft soll durch das BGM erfahrbar und erlebbar werden. Dabei wurden folgende Maßnahmen umgesetzt: personalmagazin 08 / 14 © STARTHOUSE, BREMEN 35 Zu einem nachhaltigen Gesundheitsbewusstsein trägt auch das BGM-Zielbild der Sparkasse bei. • Das BGM unterstützt die Realisierung ausgewählter strategischer Personalziele aus der Unternehmensstrategie. • BGM ist Bestandteil des Leitbilds der Sparkasse Bremen. • Die Entwicklung verschiedener WLB- und Gesundheitsprojekten für die Angestellten: Arbeitsplatzfitness, Ernährungsberatung, spezielle Maßnahmen und Veranstaltungen für die Filialen. • Inhouse-Schulungen für BGM-Interessierte und -Aktive. Es wurden fünf der elf Felder der Unternehmensstrategie ausgewählt, die direkt und indirekt von der Entwicklung und Wirkung des BGM betroffen sind. Gleichzeitig unterliegt die Umsetzung von Modell, Strategie und Kernzielen des Gesundheitsmanagements in einem Unternehmen der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung, in die auch die Kosten und Investitionen zur gesunden Gestaltung des Arbeitsplatzes, Gesundheitsprojekte sowie der gesamte Akzeptanz- und Durchsetzungsprozess einfließen. Strategische „Health Keys“ mit Zielen und Aufgabendefinition Vor diesem Hintergrund wurden vier BGM-Health-Keys als Wirtschaftlichkeitsgrundlage festgelegt (vergleiche Grafik Seite 38). Das betriebliche Gesundheitsmanagement ist bei der Sparkasse Bremen AG angesiedelt in der Per08 / 14 personalmagazin sonalabteilung. Eine enge Abstimmung mit dem Vorstand erwies sich jedoch gerade in der Aufbauphase als sehr hilfreich. Um einen verbindlichen Organisationsaufbau zu gewährleisten, wurden verschiedene Funktionen definiert wie BGM-Leitung, BGM-Experten, BGMBotschafter und BGM-Projektteams. Im Rahmen der Gestaltung und Umsetzung verschiedener Gesundheits- und WorkLife-Balance-Projekte wurde jedoch relativ bald deutlich, dass die Umsetzung des BGM-Projekts weitere personelle Kapazitäten erfordert und mit diesen ausgestattet werden muss. Aufbau eines Zielbilds zum betrieblichen Gesundheitsmanagement Um ein mittelfristiges Gesundheitsbewusstsein und einen nachhaltigen Gesundheitstransfer bei den Mitarbeitern zu erreichen und zu stabilisieren, wurde ein BGM-Zielbild entwickelt: „Wir belohnen uns mit Gesundheit. Alle“. Dieses Zielbild soll die Vision der Sparkasse Bremen, eine Leistungs- und Sozialgemeinschaft zu sein, unterstützen. Dabei war es wichtig, kritisch und konstruktiv die bisherigen Projektinhalte, das aktuelle Projektverhalten und die Projektwirksamkeit herauszuarbeiten und zu bewerten. Im Zuge dieser Projektevaluation kristallisierten sich folgende drei Projektprofile heraus: erstens Projekte, die insbesondere dazu aufforderten, sich mit den Themen „Gesundheit“ und „Work-Life-Balance“ kreativ und kons truktiv auseinanderzusetzen, wurden aktiv genutzt. Dazu gehören die BGMMitarbeiter-Newsletter, BGM-IntranetEinträge, Vorträge auf Veranstaltungen wie Gesundheitswoche, Inhouse-Workshops, Erarbeitung und Einsatz eines Fehlzeiten-Diagnosetools, Arbeitsplatz agenda für eine gesunde Ergonomie und Ähnliches. Zweitens: Projekte, die bereits zur Bewegung und zur Fitness am Arbeitsplatz aufforderten, wurden im Rahmen von Pilotprojekten wahrgenommen, jedoch als kontinuierliches Angebot nicht mehr weiter verfolgt. Und drittens: Projekte, die Impulse zur Verhaltensänderung lieferten, wie beispielsweise das Projekt „Mitarbeiter bewegen Mitarbeiter“, jedoch liegen hier noch keine ausreichenden Erfahrungswerte vor. Vor diesem Hintergrund wurden die aktuellen und zukünftigen Projekte den folgenden drei Kategorien zugeordnet: „Gesunder Arbeitsplatz“, „Verlassen der Komfortzone“ und „Übernahme von Eigenverantwortung“. So konnte eine Bewertungsplattform entstehen, mit deren Hilfe die Sparkasse Bremen das Gesundheits- und Work-Life-BalanceVerhalten am Arbeitsplatz steuert. Die Kategorie „Gesunder Arbeitsplatz“ umfasst Projekte, die Impulse für Ergonomie, Leistungsfähigkeit und Gesundheitskommunikation liefern. Das sind beispielsweise Workshops, BGMBotschafter-Aktivitäten, der Newsletter und ein neu geschaffener Gesundheitsraum. Die zweite Kategorie „Verlassen der Komfortzone“ beinhaltet die Projekte, die Rahmenbedingungen für Reflexion und Sensibilisierung zum gesunden Verhalten am Arbeitsplatz schaffen. Hierzu gehören unter anderem die Gesundheitswoche, die Aktion „Mitarbeiter bewegen Mitarbeiter“, „Gesundes Führen“ und das Fehlzeitenmanagement. Die Projekte in der Kategorie „Übernahme von Eigenverantwortung“ sollen die Selbstführung am Arbeitsplatz und im Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] Privatbereich anregen. Beispiele hierfür sind verschiedene Präventionsangebote, gesunde Ernährung am Arbeitsplatz, die Health-App, aber auch das breite Betriebssportangebot mit mehreren neu geschaffenen Sparten. Zusätzlich unterstützt die Sparkasse die Teilnahme an Volkshochschulkursen im Rahmen eines Abendkollegs. Gesundheitskommunikation als Sprachrohr zu den Mitarbeitern Mit Blick auf das Lernkurvenverhalten gab es Projektumsetzungen, die im Unternehmen eine hohe Akzeptanz und (nachhaltige) Aktivität auslösten, und solche, bei denen das Projektanforderungsprofil mit der Erwartungshaltung der Mitarbeiter weniger harmonisierte. Als sehr gelungen betrachtet wurde die Gesundheitskommunikation: Ab 2012 wurden die Angestellten regelmäßig über die Entwicklungsschritte des Projekts informiert. Unter dem Motto „Gesund bleiben“ werden unterschiedliche Gesundheitsthemen redaktionell aufgriffen, unter anderem saisonale Gesundheitsthemen wie „Ernährung“, „Krankheitsvorbeugung“ und arbeitsplatzbezogene Projekte wie Arbeitsplatzgestaltung, Ergonomie, Klima und Ähnliches. Weitere Themen sind bewegungsorientierte Projekte, verhaltensori- entierte Themen oder mitarbeiteraktive Projekte und Betriebssport. © FOTOS: STARTHOUSE, BREMEN 36 ORGANISATION_BETRIEBLICHES GESUNDHEITSMANAGEMENT Fehlzeitenmanagement entwickelt sich zum Vertrauensmanagement Die Sparkasse Bremen hat sich in Zusammenarbeit mit dem Vorstand, Betriebsrat, der Personalleitung und der BGM-Leitung entschieden, ein langfristiges Fehlzeitenmanagement im Rahmen der BGM-Entwicklung zu etablieren. Dabei werden die Fehlzeiten definiert als Zeiten, in denen der Mitarbeiter seine Arbeitskraft dem Unternehmen nicht zur Verfügung stellt. Die Messgrößen wurden nach drei Einflussfaktoren ermittelt. Der Einflussfaktor „Zufriedenheit“ sollte durch die Messgrößen „Arbeitszufriedenheit“, „Wertschätzung“ und „Führungsqualität“ erfasst werden. Die Leistungsqualität ist eine weitere Einflussgröße auf Fehlzeiten und wurde anhand der Messgrößen Arbeitsbelastung, Arbeitsleistung, Pausenverhalten und Zeiterfassung definiert. Als dritte Einflussgröße wurde die Verbindlichkeit identifiziert, die sich durch Vertrauens-, Sicherheits- und Kommunikationsskalen messen lässt. Die Wahl auf die Durchführung einer Online-Befragung ermöglicht, die Angestellten in den über 30 Marktbereichen zu erreichen. Das Verhältnis von Angestellten in den HEALTH KEYS – SCHLÜSSEL ZUR GESUNDHEIT Ziele Aufgaben Nutzen Leistungs- und Sozialgemeinschaft Gesunde und wertschätzende Arbeitsorganisation Höhere Leistungsfähigkeit und Mitarbeitermotivation Demografieorientiertes Personalmanagement Adäquates Arbeits- und Führungsverhalten. BGM im Workflow Stärkenorientierte Führung Gesunde, lernende Sparkasse Fehlzeitenreduzierung in drei bis fünf Jahren Steigende Produktivität bei sinkenden Personalkosten Erfolgsfaktor Gesundheit Gesundheitsindex, BGM im Workflow Förderung der AG-Attraktivität und Mitarbeiterindividualität Jeder BGM-Health-Key verfügt über eine Zielformulierung, eine klare Aufgabendefinition und eine Nutzenbeschreibung und ist mit mindestens einer Messeinheit ausgestattet. QUELLE: STARTHOUSE / SPARKASSE BREMEN, ® STARTHOUSE Stabs- und Serviceeinheiten zu den Vertriebseinheiten beträgt circa 30 zu 70. Gesundheitswoche als erfolgreicher BGM-Animateur Die Ausweitung des bisherigen Gesundheitstages auf eine sechstägige Gesundheitswoche hatte das Ziel, den Mitarbeitern auf einer breiten Leistungsebene unterschiedliche Gesundheits- und Balanceangebote vorzustellen, Impulse zu geben und die Möglichkeit zu schaffen, bestimmte Leistungsangebote während der Arbeitszeit zu erfahren. Täglich von elf bis 18 Uhr konnten die Angestellten praktische Gesundheitsangebote für sich in Anspruch nehmen wie zum Beispiel: • Check der eigenen Fitness oder Koordinationsfähigkeit • Entspannung durch Cranio-SacraleBehandlung oder Rückenmassage • Koordinationschecks, AntistressMonitor und Augendiagnostik Auch während der Mittagspause wurden Gruppenveranstaltungen angeboten, wie zum Beispiel ein erweitertes Sehtraining. Das Projektziel, mit der Gesundheitswoche einen Beitrag zum Aufbau einer Work-Life-Balance-Strategie zu leisten, wurde erfüllt. Buchungsquoten von 100 Prozent bei den Gesundheitsangeboten während der Arbeitszeit und eine zufriedenstellende Annahme der Bewegungsangebote zum Ende der Arbeitszeit als direkten körperlichen Ausgleich bestätigten dies. BGM-Botschafter und innovativer Einsatz einer Health-App Der Einsatz von sogenannten BGMBotschaftern, für deren Position sich personalmagazin 08 / 14 37 Auch Entspannungsund Bewegungsübungen am Arbeitsplatz beinhaltet das neue BGM-Konzept der Sparkasse Bremen AG. Mitarbeiter bewerben konnten, erwies sich in der Praxis als schwierig: Zusammengestellt worden war ein Gremium aus zehn BGM-Botschaftern, die als „Vertrauenspersonen“ des betrieblichen Gesundheitsmanagements für alle Mitarbeiter fungieren und die Attraktivität der Sparkasse Bremen als Arbeitgeber mitgestalten sollen. Dafür werden sie exklusiv von dem BGM-Kernteam über die neuesten Entwicklungen und Projekte im Bereich des Gesundheitsmanagements informiert und stehen direkt mit der BGM-Projektleitung in Kontakt. Das Anforderungsprofil kollidierte jedoch mit der Auslastung durch die regulären Tätigkeiten im Unternehmen. Auch beim innovativen Einsatz der Gesundheits-App stellte sich Verbesserungsbedarf heraus: Mehrere Sparkassenmitarbeiter wurden nach ausgewählten demografischen und gesundheitsrelevanten Kriterien anhand eines Analyse- und Diagnosetools begleitet. Zu Beginn wurden verschiedene medizinische Anfangswerte in Bezug auf Arbeitsplatz, Arbeitsverhalten et cetera aufgenommen. Parallel wurde von den Testpersonen ein Logbuch mit Angaben zur Häufigkeit der Nutzung bestimmter Apps geführt. Neben den medizinischen Bewertungen durch die Betriebsärztin wurden die Testpersonen befragt, welche Apps sie bezüglich einer Bewegungs- und Fitnessverbesserung beziehungsweise -kontrolle subjektiv am geeignetsten fanden. Die Nutzung der Gesundheits-Apps brachte lediglich eine oberflächliche Beschäftigung mit der eigenen Gesundheit und Reflektion. Einige wenige Apps konnten das 08 / 14 personalmagazin Gesundheitsbewusstsein ein wenig schärfen, wie zum Beispiel die App „Moves“ (der Schrittzähler) oder „Fat Secret“ (Kalorienverbrauch). Bei bestimmten Themen wie „Bauchmuskeltraining“ oder Ähnlichem zeigten sich die Apps für Anfänger nicht geeignet. Als Verbesserung sollte bei Apps zukünftig zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen unterschieden werden. Das Führen eines Tagebuchs „Wie geht es mir heute?“, Schrittmenge, Bewegung, Trinkmenge, Kalorien, Ernährung und Entspannung erwies sich als gute Methode zur Eigenreflexion. Die Kapazitätsplanung bestimmt die Wirksamkeit beim Mitarbeiter Bei den Mitarbeitern hat die Analysephase hohe Erwartung hinsichtlich der ersten Aktionen des BGM geweckt. Vor diesem Hintergrund entstanden anfangs kleinere Gesundheitsprojekte, die auf schnelle Wirkung abzielten. Doch konnte diese Vielzahl von 40 Projekten vom Projektteam nicht umgesetzt werden. Aus dieser praktischen Erfahrung he raus wurde der strategische und strukturelle Prozess überarbeitet und die strategische Zielformulierung weiter konkretisiert. Die Neutralisierung der Kapazitätsengpässe im Projekt ist ein noch laufender Prozess. Der ursprüngliche Fahrplan, Aufbau der BGM-Strategie, Entwicklung einer BGM-Organisationsstruktur und Projektentwicklung sowie -management von WLB-Projekten, wurde nicht eingehalten. Stattdessen wurde die gesamte Umsetzungspriorität auf bestimmte Projekte gelegt, die stark von aktuellen Ereignissen, der Personalleitung und der Erwartungshaltung der Angestellten geprägt waren. Die BGM-Strategie hat nun eine relevante Abstimmung mit bestimmten personalstrategischen Zielen erreicht und ist mittlerweile eine feste Größe geworden. Das Organigramm des BGM ist erarbeitet, aber noch nicht verbindlich verabschiedet. Derzeit leiten ausgewählte Mitarbeiter verschiedene Teilprojekte. Die weitere strukturelle Planung der BGM-Organisation sieht eine satellitenartige Integration vor. An den konzeptionellen Komponenten wird derzeit gearbeitet. Das Gesundheitsmanagement bei der Sparkasse Bremen AG hat in den letzten zwei Jahren einen relativ hohen Bekanntheitsgrad erreicht. Rückmeldungen aus der Mitarbeiterbefragung und der Fehlzeitenbefragung bestätigen dies. Die eingereichten Ideen mit Gesundheitsbezug verdeutlichen die steigende Akzeptanz. Damit ist das erste Ziel, Gesundheit bewusst zu machen, erfüllt. Nachholbedarf besteht jedoch noch bei den Themen „Eigenverantwortung übernehmen“ und „Komfortzone verlassen“. Hier gilt es, individuelle Unterstützung für die eigene und eigenverantwortliche Gesundheitsführung zu bieten. DETLEV KÜHL ist Inhaber von Starthouse, strategische Managementund Prozessberatung. CHRISTIANE RÖSCH ist Projektleiterin BGM bei der Sparkasse Bremen AG. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 38 ORGANISATION_KENNZAHLEN Routinedaten effizient nutzen HANDLUNGSANLEITUNG. An Daten und Kennzahlen fehlt es den meisten Unternehmen nicht. Doch sollen sie strategisch genutzt werden, müssen sie richtig ausgewertet sein. Von Ralf Neuner und Sabine Neuner D emografie und Fachkräftemangel sowie der Wandel hin zu einer Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft erfordern ein proaktives, mitarbeiterorientiertes Management. Die in vielen Unternehmen üblichen Kennzahlenerhebungen, die neben den Fehlzeiten etwa Prozessdurchlaufzeiten (beispielsweise „Time to Hire“) oder Einstellungseffizenz abbilden, berücksichtigen jedoch bestenfalls Teilaspekte, die helfen könnten, diesen Anspruch zu erfüllen. Oft drücken die vorhandenen Kennzahlen nur einfache Mittelwerte aus und sind für die Darstellung komplexerer Sachverhalte wie zum Beispiel der Einflussfaktoren auf die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter nicht ausreichend. Einfachheit ist sicherlich vorteilhaft, aber nur begrenzt aufschlussreich, wenn sich positive und negative Extremwerte ausmitteln. Fehlzeiten oder Überstunden können beispielsweise im Schnitt unauffällig sein, trotzdem gibt es oftmals einzelne Mitarbeiter mit Langzeiterkrankungen oder mit extrem langen Arbeitszeiten. Gerade diese Gruppen sind für zielgerichtete Maßnahmen im Rahmen des Gesundheitsmanagements und der Personalbetreuung von Interesse. Ein anderes Beispiel ist die Bewältigung des demografischen Wandels, hier werden je nach Ausgangslage unterschiedliche Strategien notwendig: In ÜBERBLICK Einsatzmöglichkeiten des Dashboards Die Visualisierung der Daten über die Belegschaft und ihre Struktur mittels eines Dashboards kann je nach Interessenlage des Betriebs unterschiedlich genutzt werden. Instrument zur Erfassung und Bewertung des Ist-Zustands E ntscheidungsgrundlage für gezielte Maßnahmen in der Personal- und Organisationsentwicklung und das betriebliche Gesundheitsmanagement Steuerungsinstrument für strategische Entscheidungen auf Mitarbeiterebene Kommunikationsmedium für die innerbetriebliche Diskussion Anzeigen der Veränderungen bei routinemäßiger Erhebung Möglichkeit der flexiblen und leichten Erweiterung Option der Integration in bestehende Managementsysteme Branchen mit hoher körperlicher Belas tung und perspektivisch sinkendem Personalbedarf greifen andere Konzepte als in Firmen, die auf dem internationalen Markt um hoch qualifizierte Mitarbeiter konkurrieren müssen. Aus diesen Gründen ist eine belastbare und rationale Entscheidungsgrundlage für zielgerichtete Maßnahmen erforderlich, die zu einem späteren Zeitpunkt den Erfolg eben dieser Maßnahmen dokumentiert. Im Folgenden wird ein Dashboard für die Darstellung und Visualisierung der Leistungsfähigkeit und Gesundheit der Belegschaft am Beispiel eines metallverarbeitenden Betriebs entwickelt. Kategorisierung und Zusammen fassung zu Indikatoren Zu viele Kennzahlen sind schwer im Zusammenhang zu interpretieren und geraten leicht zum Zahlenfriedhof. Um effektive Entscheidungen treffen zu können, muss die Informationsflut gefiltert werden. Wie lässt sich mit vertretbarem Aufwand Mehrwert aus den vorhandenen Daten generieren? Der erste Schritt besteht in der Vereinfachung der Daten. Bei der Kategorisierung werden Daten mit stetiger Ausprägung (zum Beispiel Alter, Überstunden, Fehlzeiten, Fortbildung) in Variablen mit wenigen Ausprägungen überführt. Das Alter der Mitarbeiter wird beispielsweise nicht mehr als Mittelwert, sondern in Altersgruppen zusammengefasst dargestellt: Mitarbeiter über 55 Jahren (Gruppe 55+) und unter 30 Jahren (U30) werden gesonderten personalmagazin 08 / 14 39 DATENMODELL Auswertung des Datenmodells Die Kategorisierung der Daten, die Berechnung von Indikatoren zur Darstellung komplexerer Sachverhalte und die Zusammenfüh rung in ein einheitliches Schema ergibt einen guten Überblick und lässt Handlungsbedarf schnell erkennen. Die abschließende Bewertung der einzelnen Kennzahlen lenkt den Blick auf relevante Handlungsfelder. Dafür werden für jeden dargestellten Einflussfaktor Grenzwerte definiert. Die Bewertung ist somit für alle Beteiligten transparent und nachvollziehbar. Sind die Zahlen im normalen, unkritischen Bereich, ist das entsprechende Feld ohne Farbe. Bei leichter Überschreitung des Grenzwerts, sind die Felder mit gelber Farbe hinterlegt. Bei deutlicher Überschreitung wird durch ein rotes Feld Handlungsbedarf signalisiert. Mitarbeiter gesamt Männer Frauen Führungs kräfte Fertigung Entwicklung Verwaltung 2.200 1.750 450 560 1.700 500 Attraktivität Unternehmen eingegangene Bewerbungen, vakante Stellen, Fluktuation, Trainees Optimum = 100 65 68 55 56 - - Arbeitsumgebung Bewertung Arbeitsplatzgestaltung, Luft, Licht, Lärm, Pausenraum, Sauberkeit in Punkten (von 0 = sehr schlecht bis 100 = sehr gut) Optimum = 100 78 - - - 80 70 Überstundenentwicklung: ÜberstundenIndex Arbeitsspitzen 2012-2014 Optimum = 0 7 8 5 6 3 20 14 Demografie: Anteil 55+ Prozentzahl 18 20 12 41 18 Fortbildung Soft Skills Stunden/Jahr 5 6 2 7 4 7 Mitarbeiterzufriedenheit Ergebnis der Mitarbeiterbefragung in Punkten (von 0 = sehr schlecht bis 100 = sehr gut) Optimum = 100 77 80 67 70 73 90 Fehlzeiten Optimum = 0 4 4 6 4 5 2 QUELLE: DR. RALF NEUNER, SABINE NEUNER WWW.GESUNDE-STRUKTUREN.DE Kategorien zugeteilt. Ein weiteres Beispiel ist die Zweiteilung nach Führungsverantwortung, also jeweils eine Kategorie mit Mitarbeitern ohne und mit Führungsverantwortung. Mit den so bearbeiteten Daten können einfache Sachverhalte (beispielsweise Anteil der älteren Mitarbeiter mit Führungsverantwortung) dargestellt werden. Im Kasten „Praxisbeispiel“ (Seite 40) zeigt sich durch die Zuordnung der Belegschaft in Nachwuchskräfte (unter 30 Jahren) und in Erfahrene beziehungsweise Senior Experts (über 55 Jahren) schon auf den ersten Blick die sehr ungünstige Altersstruktur in der Belegschaft. Die weitere Analyse der Altersstruktur zeigt, dass vor allem die Führungskräfte im Entwicklungsbereich von Überalterung betroffen sind und Handlungsbedarf besteht, um dem Verlust von qualifizierten Mitarbeitern rechtzeitig zu begegnen. 08 / 14 personalmagazin Für die Abbildung komplexerer Zusammenhänge – etwa die zeitliche Entwicklung der Überstunden – empfehlen sich Indikatoren, die aus einer oder mehreren Variablen oder Zahlenreihen zusammengesetzt sind. Ein Überstunden-Index wird berechnet, um Phasen hoher Arbeitsbelastung, die zu einer Überlastung führen können, abzubilden. Bei bei mehr als 100 Überstunden pro Quartal erhöht sich der Index um zehn Punkte. Werden die vergangenen zehn Quartale bei der Berechnung berücksichtigt, ergibt sich ein maximaler Wert von 100. Mithilfe des Überstunden-Index wird deutlich, welche Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum einer hohen Arbeitsbelastung in Form von Arbeitsspitzen ausgesetzt sind. Im Praxisbeispiel erscheint die durchschnittliche Anzahl der Überstunden (drei pro Woche und Mitarbeiter) bei der Regelarbeitszeit von 35 Wochenstunden zunächst unauffällig. Doch der Überstunden-Index und die Festlegung eines Werts von über 50 Punkten als kritische Grenze zur Überlastung, zeigt bei den älteren Mitarbeitern eine überproportional hohe Belastung, der dringend entgegengewirkt werden sollte. Zusammenstellung der vorhandenen Daten zum Datenmodell Mithilfe der relativ einfachen Bearbeitung des ohnehin vorhandenen Datenmaterials ist eine ganze Reihe von aussagekräftigen Analysen möglich. Diese sollen nun in ein Gesamtbild, das relevante Faktoren für die Personalentwicklung und das Gesundheitsmanagement abbildet, überführt werden. Die Zusammenführung von Informationen aus unterschiedlichen Quellen ergibt den notwendigen Überblick. Es handelt sich zunächst um Routinedaten, die in jedem Unternehmen mehr oder Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 40 ORGANISATION_KENNZAHLEN weniger in der Personalsoftware oder an anderer Stelle vorgehalten werden. Neben soziodemografischen Angaben (Altersklasse, Geschlecht, Funktion) eignen sich Überstunden, Weiterbildungen, Fehlzeiten und Arbeitsumgebung. Die Aufarbeitung und die Zusammenführung dieser Daten sind notwendige Vorarbeiten. Weitere Informationen oder Fragestellungen können bei Bedarf zusätzlich integriert und zusammengestellt werden. Themen sind beispielsweise Mitarbeiterbindung, Familie und Beruf, Verbesserungsvorschläge oder Wissensmanagement. Ebenso können die Ergebnisse einer Mitarbeiterbefragung oder der Gesundheitsbericht der Krankenkasse genutzt werden. Fazit: Kein Selbstzweck, sondern Handlungsimpuls Die in einem Unternehmen vorhandenen Routinedaten bergen erhebliches Potenzial für die Analyse des Ist-Zustands und die Steuerung von zielgerichteten Maßnahmen. Um dieses Potenzial in der Praxis nutzen zu können, müssen die Daten aufbereitet werden. Die Ermittlung von Kennzahlen sind kein Selbstzweck, sondern haben zum Ziel, eine Situation oder Entwicklung wiederzugeben. Mithilfe eines Datenmodells werden Zusammenhänge postuliert und Ursachen und Wirkungen zusammen abgebildet. Durch die Bewertung ergeben sich schließlich Handlungsimpulse, beispielsweise zur Verbesserung der Arbeitsfähigkeit und Gesundheit der Belegschaft, der Qualifikation der Mitarbeiter und auch der Mitarbeiterbindung. DR. RALF NEUNER ist Inhaber und Geschäftsführer gesunde Strukturen – Institut für Gesundheitsmanagement. SABINE NEUNER ist Führungskräftetrainerin und Beraterin beim Institut für Gesundheitsmanagement. PRAXISBEISPIEL Ein Warnsystem als Impulsgeber Die Beispiele zeigen eine detaillierte Analyse der Mitarbeiterstruktur in einem metallverarbeitenden Unternehmen mit 2.200 Mitarbeitern, die die Grundlage eines Maßnahmenplans zur Sicherung von Personalbestand und Know-how bilden soll. Ausgangslage: Die Geschäftsführung möchte aufgrund der in letzter Zeit ansteigenden Fluktuation eine klare Datengrundlage erhalten, um entscheiden zu können, welche Maßnahmen zum Erhalt der Mitarbeiterbindung und -leistungsfähigkeit den meisten Erfolg versprechen. Die Personalabteilung erstellt mithilfe eines Dashboards eine detaillierte Analyse der Belegschaftsstruktur und einzelner Ausprägungen. Altersverteilung Gesamte Belegschaft Unter 30 Jahre 30 – 55 Jahre 55 und älter Fertigung 55 und älter Entwicklung, Verwaltung 55+ Anzahl der Mitarbeiter ohne Führungsfunktion 1.640 75 % 250 100 % 770 81 % 620 62 % 460 69 % 160 48 % Anzahl der Mitarbeiter mit Führungsfunktion 560 25 % 0 0% 180 19 % 380 38 % 210 31 % 170 52 % Gesamt 2.200 250 950 1.000 670 330 Der Altersschnitt liegt bei 49 Jahren und damit über dem Branchendurchschnitt. Von der Überalterung ist insbesondere die Gruppe der Führungskräfte im Entwicklungsbereich betroffen. Hier ergibt sich Handlungsbedarf, um dem drohenden Verlust von qualifizierten Mitarbeitern rechtzeitig begegnen zu können. Potenzielle Überlastung Mitarbeiter hoher und sehr hoher Arbeitsbelastung Gesamt Unter 30 Jahre 30 – 55 Jahre Über 55 Jahre 480 von 2.200 22 % 30 von 250 12 % 150 von 950 16 % 300 von 1.000 30 % Der Gesamtwert der Mitarbeiter mit Überstunden wirkt global betrachtet angemessen: In der Firma gibt es immer wieder ausgeprägte Arbeitsspitzen, um flexibel auf Kundenwünsche einzugehen. Erst durch die Kategorisierung nach Altersgruppen und Überstunden-Index über 50 zeigt sich eine potenzielle Überlastung in der Mitarbeitergruppe der über 55-Jährigen. Konsequenzen und Maßnahmenplan: In moderierten Workshops wird das Dashboard genutzt, um den Ist-Zustand zu diskutieren. Die Auswertungen ergeben den Erhalt der Arbeitsfähigkeit und der Attraktivität als Schwerpunktthemen. Durch den angezeigten Handlungsbedarf werden konkrete Maßnahmen geplant und im Unternehmen umgesetzt: Die Arbeitsumgebung der über 55–Jährigen soll überprüft und verbessert werden. Längerfristig soll für alle Arbeitsplätze eine Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen durchgeführt werden. Speziell an die weiblichen Mitarbeiter gerichtete Fortbildungsveranstaltungen sollen deren Qualifizierung für Führungsaufgaben erhöhen. Für geeignete Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität und Mitarbeiterbindung sollen zunächst die Gründe für Fluktuation dokumentiert und danach geeignete Schritte überlegt werden. personalmagazin 08 / 14 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG 41 „Meistens fehlt die Routine“ INTERVIEW. Die Arbeitgeberpflichten enden nicht an der Grenze. Wer Expatriates fehlerhaft versichert oder nicht ausreichend auf Risiken vorbereitet, kann haften. personalmagazin: Auslandsentsendungen bergen für Unternehmen wie für Mitarbeiter Tücken. So kann sich zum Beispiel im Nachhinein herausstellen, dass der Arbeitnehmer am Zielland nicht rentenversichert war. Wer muss hier einstehen? Robert Heiligers: Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Mitarbeiter über die Konsequenzen einer bevorstehenden Auslandsentsendung zu informieren. Denn dem Unternehmen obliegt eine erhöhte Aufklärungs- und Fürsorgepflicht. Sie gilt übrigens nicht nur bei Auslandsentsendungen, sondern auch schon bei Dienstreisen. Zugleich ist der Mitarbeiter gehalten, eigenverantwortlich zu handeln. Speziell in den Bereichen Steuern und ROBERT HEILIGERS ist Leiter International Employee Benefits bei Talanx Pensionsmanagement und zuständig für das Thema Auslandsentsendung bei HDI. 08 / 14 personalmagazin Sozialversicherung ist rechtlich nicht klar geregelt, wo die Eigenverantwortung des Mitarbeiters endet und wo die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers beginnt. In der Praxis sind deshalb klare Absprachen erforderlich: Welche Vorbereitungen sind nötig, wer kümmert sich wann um was? Wichtig für Unternehmen: Alle Hinweise, die sie Mitarbeitern zum Thema Auslandsentsendung geben, müssen hundertprozentig korrekt sein. personalmagazin: Die Wirtschaft in vielen Schwellenländern boomt. Welche besonderen Herausforderungen bergen Entsendungen beispielsweise in die Ukraine, Südafrika oder Malaysia? Heiligers: Auch hier gilt zunächst die Aufklärungspflicht des Arbeitgebers. Er muss den Mitarbeiter darauf hinweisen, dass im Zielland beispielsweise spezielle gesundheitliche Risiken bestehen, politische Unruhen drohen oder besondere landestypische Sitten und Gebräuche herrschen. In vielen Schwellenländern liegen die Sicherheits- und Sozialstandards niedriger als in Westeuropa. Deshalb gehören der Abschluss einer Auslandsunfall- und einer Auslandskrankenversicherung zum Pflichtprogramm. Auch bei der Beschaffung von Dokumenten für die Ein- und Ausreise, bei der Zollabfertigung und bei der Wohnungssuche muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter helfen. In besonders gefährdeten Regionen setzen Unternehmen als risikoreduzierende Maßnahme darüber hinaus Buspendeldienste und Personenschutz für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Notfallhotlines ein. personalmagazin: Welche Konsequenzen drohen Unternehmen, die bei der Organisation einer Entsendung Fehler machen? Heiligers: Kommt der Arbeitgeber seiner Fürsorgepflicht nicht nach, ist der Mitarbeiter zur Leistungsverweigerung berechtigt, das heißt, er darf seine Tätigkeit einstellen. Gravierender wird es, wenn dem Mitarbeiter im Zielland etwas zustößt. Dann kann der Arbeitgeber verpflichtet sein, Schadensersatz für Personen-, Vermögens- und Sachschäden zu leisten, einschließlich Behandlungskosten und Schmerzensgeld. personalmagazin: Wie können Unternehmen ihre Mitarbeiter und sich selbst vor solchen Folgen schützen? Heiligers: Ich rate, Risiken durch gründliche Vorbereitung zu reduzieren und dazu erfahrene Berater ins Boot zu nehmen. Jede Auslandsentsendung muss individuell geplant und begleitet werden. Dazu fehlt den Personalabteilungen oft die erforderliche Routine. Darüber hi naus darf sich der Arbeitgeber auf Auskünfte, die andere ihm erteilen, nicht blind verlassen. Ich kenne einen Fall, in dem die Krankenkasse den Verbleib des Mitarbeiters in der deutschen Sozialversicherung zugesagt hatte. Ein Fehler, wie sich später herausstellte. Die Entsendung musste rückabgewickelt werden, das Unternehmen blieb auf den Kosten sitzen. Und eine Versicherung gegen die finanziellen Folgen missglückter Auslandsentsendungen ist leider noch nicht erfunden. Das Interview führte Katharina Schmitt. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 42 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG Kleine Fehler mit fatalen Folgen HANDLUNGSTIPPS. Auslandsentsendung oder Dienstreise? Meldung im In- oder im Ausland? Kleine Irrtümer bei Entsendungen können ein Vermögen kosten. Von Omer Dotou und Anne-Katrin Schulz E © ZOONAR RF / THINKSTOCKPHOTOS.DE s waren scheinbar routinemäßige Dienstreisen von 120 Monteuren innerhalb Europas, die die Personalabteilung eines Berliner Heizungsunternehmens vor die bis dato größte Herausforderung stellten, die sie je bewältigen musste. Selten hatten die beiden Personaler des Unternehmens ihre Monteure so emotional erlebt – einen der besten und erfahrensten hatten sie bereits an die Konkurrenz verloren. Der finanzielle Schaden betrug bis zum damaligen Zeitpunkt etwa 200.000 Euro und mit Pech könnte sich diese Summe noch um ein Vielfaches erhöhen. Und diese Ziffer bezog sich lediglich auf zu Unrecht bezahlte und nicht erstattbare Auch die richtige Sozialversicherung gehört ins Gepäck des Expats. Sozialversicherungsbeiträge. Den wirtschaftlichen Schaden traute sich bislang niemand zu ermitteln – ganz zu schweigen vom Reputationsverlust unter den Heizungsinstallateurfachkräften. Immerhin herrschte wochenlang ein Ausnahmezustand, der die Produktivität der Führungsebene ebenso wie die der Arbeitskräfte erheblich beeinträchtigte. Aufmerksamkeit auf die kleinen, aber feinen Unterschiede Was war passiert? Ursache für das beschriebene Chaos waren Unkenntnis und ein falsches Verständnis der Begriffe Auslandsentsendung und Dienstreise sowie die Vermischung von steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Kontexten. Ein Problemfeld, das beileibe nicht nur das Berliner Heizungsunternehmen betrifft, sondern noch in vielen anderen deutschen Unternehmen eine tickende Zeitbombe ist. Wer sich als Personaler einmal intensiv mit dem Thema „Auslandsentsendung“ befasst hat und im Internet recherchiert, stößt auf zahlreiche unterschiedliche Begriffe, die alle im selben Kontext verwendet werden: Abordnung, Delegation, Übertritt, Commuter, Assignment, Secondment und so weiter. Auf zahlreichen durchaus seriösen Seiten heißt es regelmäßig, dass zwischen Dienstreise, Abordnung, Delegation, Übertritt und Entsendung zu unterscheiden sei und von einer Entsendung immer dann ausgegangen werde, wenn ein Mitarbeiter für längere Zeit – in der Regel zwischen zwei und vier Jahren – im Ausland beruflich eingesetzt wird. personalmagazin 08 / 14 43 ÜBERBLICK Entsendefristen Ebenso ist immer wieder die Empfehlung zu finden, die Abgrenzung lediglich auf Basis der Aufenthaltsdauer vorzunehmen: Dienstreise (drei Monate) Abordnung (drei bis zwölf Monate), Delegation (zwölf Monate bis zwei Jahre), Entsendung (zwei bis fünf Jahre), Übertritt (unbefristeter Aufenthalt). Weder die versuchten Begriffsdefinitionen noch diese zeitliche Eingrenzung sind vollkommen falsch – sie sind aber auch nicht richtig. Das Problem: Der Terminus „Entsendung“ ist kein klar definierter Rechtsbegriff. Die Dauer oder Art eines Personaleinsatzes ist grundsätzlich kein Unterscheidungsmerkmal für eine Entsendung oder Dienstreise. Genau dies geschieht in der Praxis aber viel zu oft. Viele Unternehmen sind der Überzeugung, dass ein Mitarbeiter im sozialversicherungsrechtlichen Sinn erst dann entsandt ist, wenn er sich länger als ein oder zwei Jahre im Ausland aufhält. Alle Auslandseinsätze, die unter diese Zeitgrenze fallen, werden meist pauschal als Dienstreise deklariert und die steuer- wie sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen werden dabei nicht beachtet. Eine solche Herangehensweise ist unter Umständen jedoch fatal, wie etwa das Heizungsunternehmen erfahren musste. Zwischen Sozialversicherungs- und Steuerrecht klar unterscheiden Will man eine Dienstreise von einer Auslandsentsendung abgrenzen, sind zwei Rechtsgebiete zu beachten: Das Steuerrecht und das Sozialversicherungsrecht. Im steuerrechtlichen Sinne ist der Zweck einer Dienstreise eine kurzfristige Projektsteuerung oder –realisierung vor Ort. In der Regel gelten Dienstreisen mit einer Dauer von maximal drei Monaten unter Umständen als steuerrechtlich unproblematisch, da die Zahlung von mit der Dienstreise verbundenen Zulagen steuerfrei bleibt. Im sozialversicherungsrechtlichen Sinne allerdings sind alle – wirklich alle – Personaleinsätze im Ausland eine Entsendung. 08 / 14 personalmagazin Wie lange ein Auslandseinsatz als Entsendung betrachtet werden kann, richtet sich nach der Dauer des Einsatzes und dem jeweiligen Entsendegebiet. Es gelten die folgenden Regelungen. S taat innerhalb der EU/EWR: 24 Monate Abkommensstaaten: 24-48 Monate vetragloses Ausland: befristet Ausnahmevereinbarung: unbefristet Seinen Ursprung hat der Entsendebegriff im deutschen Sozialversicherungsrecht (§ 4 SGB IV) und bedeutet: 1. d ie weisungsgemäße Aufnahme einer Tätigkeit 2. in einem anderen Land als Deutschland 3. für einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber 4. im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses Die Dauer eines Auslandseinsatzes spielt somit im Sozialversicherungsrecht bei der Definition einer Entsendung zunächst gar keine Rolle. Erst wenn es um die Zuordnung von Sozialversicherungsbeiträgen geht, kommen bestimmte Fristen ins Spiel (siehe Prüfschema Auslandsentsendung, Seite 47). Bei Auslandseinsätzen innerhalb der EU- und EWR-Staaten etwa gilt: Mitarbeiter, die länger als 24 Monate für ihren Arbeitgeber eine Tätigkeit außerhalb ihres Heimatlandes verbringen, werden im Einsatzland sozialversicherungspflichtig. Das bedeutet etwa für die Heizungsmonteure des Berliner Unternehmens, dass diese aus dem deutschen Sozialversicherungssystem herausfallen und in das System des Einsatzlandes übertreten, wenn der Auslandseinsatz in einem EULand kumuliert zwei Jahre überschreitet. Soweit die Theorie. In der Praxis führte der Heizungsspezialist allerdings eine Art „Dauerdienstreisenkonzept“ durch, das die wichtigsten sozialversicherungs- rechtlichen Regelungen ignorierte. Für einen Bauträger in Frankreich setzte die Berliner Firma mit Hendrik S. einen ihrer besten Heizungsinstallateure als Projektleiter ein. Seine erste Dienstreise trat dieser ab April 2010 an. Ein zweiter Einsatz erfolgte von Juli bis September desselben Jahrs. Da es auf der Baustelle zu technischen Schwierigkeiten kam, war das Know-how von Hendrik S. noch einmal von Juli bis September und November bis Dezember 2010 vor Ort erforderlich. Wie bei Aufträgen dieser Größenordnung nicht ungewöhnlich, kam es aufgrund von Baumängeln erneut dazu, dass Installateur Hendrik S. mehrfach von seinem Arbeitgeber in Frankreich eingesetzt wurde; im Jahr 2011 und in der ersten Jahreshälfte 2012 insgesamt 16 Monate. Nach erfolgreicher Beendigung des Projekts folgte die Abnahme durch den Projektleiter im Objekt in Frankreich, die wiederum Nachbesserungs- und Wartungsarbeiten nach sich zog. Somit ergab es sich, dass Hendrik S. ab der zweiten Jahreshälfte 2012 bis einschließlich Juli 2013 noch insgesamt elf Monate in Frankreich im Einsatz war (siehe Praxisbeispiel Seite 46). Umsatzssteuerprüfung deckt gravierende Fehler auf Im Januar 2014, einige Zeit nach dem letzten Arbeitseinsatz von Hendrik S., geschahen zwei Dinge, die den Stein ins Rollen brachten und zu den eingangs beschriebenen chaotischen Zuständen beim Berliner Unternehmen führten. So kam infolge einer Umsatzsteuerprüfung heraus, dass die zahlreichen Dienstreisen von Hendrik S. bereits nach seinem ersten dreimonatigen Einsatz gar nicht mehr als solche hätten deklariert werden dürfen. Damit sein zweiter Auslandseinsatz ebenfalls als Dienstreise gegolten hätte, hätten zwischen der ersten und der zweiten Reise mindestens zwei Monate Pause (also eine Tätigkeit in Deutschland) liegen müssen. Dem war jedoch nicht so. Da Hendrik S. auf Weisung seines Arbeiters Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 44 ORGANISATION_AUSLANDSENTSENDUNG PRAXISBEISPIEL im Ausland für diesen eine Tätigkeit verrichtete, fand sein Einsatz also im Rahmen einer Auslandsentsendung laut EU-Verordnung 883/2004 statt. Diese Entsendung hätte sein Arbeitgeber der zuständigen Krankenkasse des Arbeitnehmers melden müssen, um eine Bescheinigung über die anzuwendenden Vorschriften über die soziale Sicherheit (Vordruck A 1) zu erhalten. Mit einer solchen Bescheinigung hätte das Unternehmen ordnungsgemäß Pflichtbeiträge in das deutsche Sozialversicherungssystem abgeführt und Hendrik S. wäre auch in Frankreich ganz normal weiter im deutschen System versichert gewesen – allerdings nur für die gesetzlich vorgeschriebenen maximalen 24 Monate (siehe Kasten „Entsendefristen“). Alptraum: Verlassen der deutschen Sozialversicherung Wie das Praxisbeispiel veranschaulicht, war diese Frist bereits im Jahr 2012 abgelaufen, denn von April 2010 bis Mai 2012 war Hendrik S. insgesamt 25 Monate in Frankreich beschäftigt, und zwar bei einer maximal einmonatigen Unterbrechung zwischen seinen Reisen. Spätestens nach Überschreitung dieser 24 Monate hätte Hendrik S. ins französische System übertreten müssen. Stattdessen hatte sein Arbeitgeber jahrelang zu Unrecht Beiträge in das deutsche System abgeführt. Die Folge: Die Personalabteilung musste die komplette Entsendung rückabwickeln. Das bedeutete eine rückwirkende Nachzahlung der Beiträge in das französische System und die Beantragung der Rückerstattung der zu Unrecht gezahlten Beiträge aus der deutschen Sozialversicherung. Letzteres war jedoch nicht mehr möglich, da die Verjährungsfrist von vier Jahren für diesen Vorgang bereits verstrichen war. Selbst wenn der Antrag auf Rückerstattung noch innerhalb der Frist eingereicht worden wäre, hätte das Unternehmen sehr wahrscheinlich nicht die gesamten Beiträge zurückerhalten, denn laut § 280 SGB IV und § 98 Ein Heizungsunternehmen aus Deutschland setzt einen Heizungsinstallateur für eine Projektbetreuung mehrfach bei einem Kunden in Frankreich ein: 2010 April bis Mai (2 Monate Dienstreise) Juli bis September (3 Monate Dienstreise) November bis Dezember (2 Monate Dienstreise) Insgesamt 25 Monate 2011 bis 2012 Feb. 2011 bis Mai 2012 = 16 Monate Der Mitarbeiter hat nun das Projekt beendet, reist jedoch noch zur Ergebniskontrolle mehrmals nach Frankreich: 2012 Juni bis August (3 Monate Dienstreise) Oktober bis Dezember (3 Monate Dienstreise) Insgesamt 12 Monate 2013 Februar bis Juli = 6 Monate 24 Monate überschritten: Sozialversicherungspflicht in Frankreich Da die Entsendung von 24 Monaten bereits Ende März 2012 überschritten ist, muss der Mitarbeiter ab diesem Zeitpunkt ins französische System übertreten. Auch die Reisen ab Juni 2012 gelten, da der Aufenthalt nicht mindestens zwei Monate unterbrochen wurde. QUELLE: BDAE SGB X müssen Krankenkassen die eingezahlten Beiträge mit dem Leistungskonto verrechnen. Das bedeutet: Hätte Hendrik S. aufgrund von Krankheit beispielsweise 80.000 Euro Gesundheitskosten verursacht und sich die Summe der gezahlten Beiträge auf 100.000 Euro belaufen, so hätte das Unternehmen nur maximal 20.000 Euro zurückerstattet bekommen. Der Verlust des Geldes war die eine Sache, viel schwerer wogen das Unverständnis und die Wut von Hendrik S. darüber, dass er später mal einen Teil seiner Rente aus Frankreich würde beantragen müssen. Seine Rentenpunkte in Deutschland waren ihm stets heilig. Als er vor lauter Ärger mit Kündigung drohte, erfuhr er auch noch, dass er im Fall von selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit nach einer Sperrfrist auch kein Arbeitslosengeld aus Deutschland beziehen würde, sondern sich mit den französischen Behörden würde auseinandersetzen müssen. Hendrik S. hätte alle möglichen Einschränkungen akzeptiert, doch aufgrund seiner Tätigkeit in Frankreich aus dem deutschen Sozialversicherungssystem herauszufallen, war für ihn ein Alptraum. Mit einem weiteren Alptraum wurde auch die Personalabteilung konfrontiert: Das französische Zollamt hatte nämlich Kontrolleure auf die Baustelle in Frankreich geschickt, die von allen deutschen Monteuren die A1-Bescheinigung der heimischen Krankenkasse über die Auslandsentsendung einsehen wollten. Wer sie nicht vorweisen kann, gilt prinzipiell zunächst als illegal beschäftigt, denn der Arbeitgeber ist der Meldepflicht in der Sozialversicherung nicht nachgekommen. Letzteres kann als Sozialversicherungsbetrug ausgelegt werden. Glücklicherweise zeigten personalmagazin 08 / 14 45 PRÜFSCHEMA Tätigkeit bei deutschem Unternehmen und Auslandsaufenthalt in dessen Auftrag Zielland andere Staaten EU Abkommensländer vertragloses Ausland Verbleib im deutschen SV-System bis maximal 24 Monate Dauer des Verbleibs im deutschen SV-System richtet sich nach den Abkommensregelungen Keine festgelegte Dauer für Verbleib im dt. SVSystem. Der Auslandsaufenthalt muss im Voraus befristet werden Verlängerung möglich, Antrag bei der DVKA Verlängerung möglich, Nachweise vorlegen Das Prüfschema zeigt, in welchen Ländern ein Verbleib im deutschen Sozialversicherungssystem möglich ist und welche Bedingungen für eine Verlängerung gelten. QUELLE: BDAE sich die Kassen in Deutschland kulant und stellten der Personalabteilung für alle Monteure rückwirkend eine Entsendebescheinigung aus. Bis dieses Problem gelöst war, hatten neben den beiden Personalern in Berlin auch noch ein paar andere betroffene Mitarbeiter buchstäblich graue Haare bekommen. Schadensausgleich: Abschluss einer privaten Altersversorgung Weniger einfach gestaltete es sich für die Personaler, Hendrik S. rückwirkend in der französischen Sozialversicherung anzumelden, denn das Verfahren war äußerst kompliziert und vor allem kostenintensiv. Um diesen Prozess abzuwickeln, mussten beispielsweise spezialisierte französische Anwälte ins Boot geholt werden. Hendrik S. verlangte überdies eine Entschädigung für die fehlenden deutschen Beitragszeiten in 08 / 14 personalmagazin der deutschen Rentenversicherung, andernfalls würde er das Unternehmen verlassen. Als Ausgleich schloss das Unternehmen eine private Altersvorsorge für ihn ab und zahlte einen stattlichen Einmalbeitrag ein. Im Fall von Hendrik S. hatte das Unternehmen noch Glück im Unglück, denn dieser hätte während seines Frank reicheinsatzes auch ernsthaft erkranken können. In einem solchen Fall hätte das Berliner Heizungsunternehmen laut § 17 SGB V zunächst die Gesundheitskosten übernehmen müssen und dann bei der GKV einreichen können, um das Geld erstattet zu bekommen – Letzteres allerdings nur, wenn die Entsendung bei der Kasse gemeldet worden wäre. Denn seit Mai 2010 besteht für Unternehmen die allgemeine Verpflichtung, bei einer Entsendung (und damit auch bei einer Dienstreise von kurzer Dauer) eine Be- scheinigung über die anzuwendenden Vorschriften über die soziale Sicherheit (Vordruck A1) zu beantragen. An diese Regel hatte sich die Personalabteilung des Heizungsspezialisten nicht gehalten. Wie sich in der Zwischenzeit herausgestellt hatte, war Hendrik S. kein Einzelfall. Die Firma hatte europaweit Projekte auf Baustellen, beispielsweise auch in Belgien und Spanien. Auch die monatelangen Einsätze der deutschen Monteure vor Ort sind nie gemeldet worden. Kurz nach der Rückabwicklung der Entsendung von Hendrik S. wurden belgische Behörden auf die zahlreichen Dienstreisen von Ulrich K. aufmerksam und stellten schließlich fest, dass auch für diesen Mitarbeiter zu Unrecht Beiträge in Deutschland gezahlt worden waren. Ulrich K. waren seine Beitragszeiten im deutschen System heilig – er ließ sich noch schwerer beruhigen als sein Kollege in Frankreich. Er kündigte bei seinem Arbeitgeber und schaltete einen Anwalt ein, der für ihn Schadensersatz einklagen will. Das betroffene Berliner Unternehmen hat aus den Fällen seine Lehren gezogen und meldet seither jede einzelne Dienstreise eines Heizungsmonteurs an die zuständige Krankenkasse und lässt sich die Entsendebescheinigung ausstellen. So haben die Kassen im Blick, wie viele Monate sich die Mitarbeiter im Ausland aufhalten und informieren den Arbeitgeber rechtzeitig, wenn die Frist zur Ausstrahlung der deutschen Sozialversicherungspflicht endet. Trotz des etwas höheren administrativen Aufwands für die Personalabteilung spart dieser Vorgang viel Geld und Nerven. OMER DOTOU ist Leiter Unternehmensberatung und Internationale Mitarbeiterentsendung bei der BDAE-Gruppe. ANNE-K ATRIN SCHULZ ist Pressesprecherin der BDAEGruppe. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 46 ORGANISATION_TRAVELMANAGEMENT Reise ins Ungewisse STUDIE. Unterstützung bei Dienstreisen durch Information und Vorbereitung ist Perso- nalerpflicht. Doch tatsächlich werden viele Mitarbeiter unterwegs im Stich gelassen. ist im Vergleich zu 2013 nur leicht geschrumpft. Die Zahlen zeigen, dass das Thema Geschäftsreisen auch in der internen Kommunikation zu sehr vernachlässigt wird. Auch wenn einige Unternehmen bereits über Reiserichtlinien oder auch Rückholpläne für Notfälle verfügen, wissen die Mitarbeiter davon oft nichts. Auch und gerade aus Employer-Branding-Sicht sind dies vertane Chancen. Führungskräfte befragt, die regelmäßig zu Auswärtsterminen reisen. Von Stefan Vorndran O b und wie Arbeitgeber ihre Angestellten auf Geschäftsreisen unterstützen, hat einen direkten Einfluss auf deren Zufriedenheit im Job. In der Studie „Chefsache Business Travel 2014“ des Deutschen Reiseverbands (DRV) gab jeder zweite Geschäftsreisende an, dass der Umfang der Unterstützung auf Reisen eine große Rolle für die Arbeitgeberattraktivität spielt. Weitere 20 Prozent sagen sogar, dies spiele eine sehr große Rolle. Nur vier Prozent halten es für gar nicht relevant. Für die Studie wurden 110 Geschäftsführer und Vorstände sowie 110 Fach- und Fast jeder Zweite im Notfall alleine Die Befragung zeigt auch Optimierungspotenziale: Knapp die Hälfte der Geschäftsreisenden sagen, dass sie sich bei unvorhergesehenen Problemen selbst helfen müssen und keine Unterstützung vom Unternehmen bekommen. In der Vorgängerstudie aus dem Jahr 2013 war es etwas mehr als ein Drittel. 62 Prozent sagen außerdem, dass sie nichts von speziellen Vorbereitungen ihres Unternehmens auf einen Krisenfall wüssten. Sie vermuten lediglich, dass der Arbeitgeber ihnen dann schon aus der Klemme helfen würde. Dieser Anteil Die Geschäftsreise als Odyssee Dass viele Geschäftsreisende sich schlecht informiert fühlen, bestätigen weitere Studienergebnisse: Fast alle Befragten (96 Prozent) wünschen sich Informationen über Verspätungen und Ausfälle wegen tagesaktueller Ereignisse, etwa RISIKO- UND INFORMATIONSMANAGEMENT 100 96 90 86 80 83 81 72 60 65 60 50 50 53 48 40 33 26 20 0 Info: Tagesaktuelle Ereignissen (Verspätungen, Ausfälle) Info: Weiterreise (Umsteigezeiten, Flughafenwechsel) Info: Reiseverlauf inkl. Nahverkehr (Abreise bis Ziel) Information über Einreisebestimmungen (Pass, Visum) Information über politische Unruhen im Zielland Information über Zoll- und Einführbestimmungen Relevanz (sehr wichtig und eher wichtig) Die Bereitstellung von Informationen zur Geschäftsreise durch Unternehmen oder Geschäftsreisebüro sind dem ganz überwiegenden Angebot Information zum Reiseziel (Freizeit, Restaurants) Angaben in Prozent Teil der reisenden oder entsandten Mitarbeiter wichtig. Im Vergleich dazu ist das Informationsangebot der Unternehmen sehr gering. QUELLE: DRV personalmagazin 08 / 14 47 © CRAIG AURNESS / FUSE Durchblick behalten: Arbeitgeber, die bei Informationen zu Dienstreisen ode Entsendungen sparen, zahlen letztlich drauf. kannten Anbieter auch preislich nicht lohnen. Denn bei diesen kommen häufig hohe versteckte Kosten hinzu, zum Beispiel für Sitzplatzreservierungen, Umbuchungen oder Namensänderungen. Das bedeutet nicht, dass Low-Cost-Anbieter für Geschäftsreisen ungeeignet sind. Jedoch müssen Unternehmen genau die Gesamtkosten prüfen und gegebenenfalls abwägen, ob ein günstigerer Preis zum Beispiel Service-Einschränkungen oder zusätzlichen Stress durch das erhöhte Verspätungsrisiko rechtfertigt. Hilfe durch externe Spezialisten Extremwetterlagen oder Streiks. Doch nur jedem Zweiten wird dieser Wunsch erfüllt. Wie massiv gerade Streiks das Reisen beeinflussen, hat sich beispielsweise im Frühjahr 2014 beim Streik der Lufthansa-Piloten gezeigt. 81 Prozent hätten zudem gerne Informationen über politische Unruhen im Zielland – angesichts der Beispiele Ukraine, Thailand und Venezuela ebenfalls ein aktuelles Thema. Doch nur 48 Prozent fühlen sich diesbezüglich gut versorgt. Und nur sechs von zehn Befragten erhalten nach eigenen Angaben Informationen zu Einreisebestimmungen, zum Beispiel, ob ein Visum beantragt oder ein Reisepass mitgeführt werden muss. Wenn Reisende sich unterwegs selbst helfen müssen, beispielsweise Ersatzverbindungen und Unterkünfte suchen oder Umbuchungen und Stornierungen vornehmen, verursacht dies Stress und Frust. Unprofessionelles Reisemanagement hat aber auch wirtschaftliche Folgen, wenn Termine dadurch platzen oder Mitarbeiter sich nicht auf deren Vorbereitung konzentrieren können. Low-Cost-Flüge bringen Stress Wer den Stress für die Reisenden in Grenzen halten und sein Image als Arbeitgeber pflegen möchte, sollte auch grundsätzlich darüber nachdenken, welche Verkehrsmittel und welche Anbieter sich für Geschäftsreisen eignen. Der DRV hat daher in der aktuellen 08 / 14 personalmagazin Studie erstmals untersucht, wie die Befragten zu „Low Cost Carrier“ stehen. Ergebnis: Die Nachteile überwiegen die vermeintlichen Vorteile. Im Vergleich mit Linienfluggesellschaften schneiden die Low-Cost-Anbieter in allen wichtigen Punkten schlechter ab: 54 Prozent der Befragten sind schon einmal auf einem Low-Cost-Flug verspätet gelandet, bei den Linienfluggesellschaften sind es neun Prozent weniger. Bei 40 Prozent der Geschäftsreisenden kam es schon einmal vor, dass der Flieger einer LowCost-Airline überbucht war. Mit anderen Anbietern haben dies nur 25 Prozent erlebt. Über unfreundliches Personal oder mangelnde Servicementalität der „Low Cost Carrier“ beschweren sich 38 Prozent. Bei klassischen Fluggesellschaften ist der Wert 14 Prozentpunkte darunter. In einem Low-Cost-Flieger sorgen sich 35 Prozent der Business Traveller um ihre Sicherheit an Bord. Nur 20 Prozent empfinden so bei anderen Airlines. 30 Prozent der Geschäftsreisenden haben schon erlebt, dass ein Low-Cost-Flug wegen technischer Mängel ausfiel, 17 Prozent berichten dasselbe über Linienflüge. Überraschender als die genannten Ergebnisse ist jedoch, dass die Low-CostAirlines sogar in puncto Preis längst nicht alle Stimmen auf ihrer Seite haben: Vier von zehn Befragten sagen, dass sie geringe Gesamtkosten eher bei Linienfluggesellschaften vorfinden, dass sich also die landläufig als „Billigflieger“ be- Um das Reisemanagement zu professionalisieren, empfiehlt sich für Unternehmen die Zusammenarbeit mit einem Geschäftsreisebüro. Die Experten helfen etwa, den Überblick über direkte und indirekte Kosten zu behalten und Einsparpotenziale bei Planung, Buchung und Durchführung aufzudecken. Durch den strategischen Einkauf bei Verkehrsbetreibern oder Hotels können sie zudem günstigere Konditionen erzielen. Für die Reisenden bieten die Geschäftsreisebüros tagesaktuelle Informationen zur Reise und zum Zielland an, sei es in Bezug auf Einreisebestimmungen, Gesundheitshinweise oder Sicherheitswarnungen. Der Reisende bekommt beispielsweise über spezielle Online-Portale oder Alerts gezielt die Informationen, die er benötigt. Bei unvorhergesehenen Problemen hilft auf Wunsch ein 24-Stunden-Service, der sich beispielsweise um kurzfristige Umbuchungen von Reiseverbindungen oder Unterkünften kümmert. Die Dienstleister haben zudem einen schnellen Überblick über alle Reisedaten eines Unternehmens, können im Ernstfall einen Mitarbeiter lokalisieren und bei Krisen im Zielland dabei helfen, Rückholpläne umzusetzen. STEFAN VORNDRAN ist Vorsitzender des Ausschusses Business Travel im Deutschen Reiseverband (DRV). Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 48 SPEZIAL_PERSONALDIENSTLEISTUNG Die Ansprüche steigen MARKTENTWICKLUNG. Unternehmen machen sich mit Restrukturierungen fit. Davon profitieren Outplacementberater, die trotz sinkender Preise ein Umsatzplus melden. Von Ruth Lemmer D as Aufgabenspektrum hat es in sich. Outplacementberater, die in einer Trennungssituation von Unternehmen oder einzel nen Mitarbeitern hinzugezogen werden, müssen den Perspektivwechsel beherr schen. Sie agieren als Branchenexperte, Arbeitsmarktspezialist, virtueller wie realer Netzwerker, aber auch als Street worker, Entwicklungshelfer und Sozi alarbeiter. Und die Kundenerwartung wächst. Outplacer sollen in ihren Büros Stellenplattformen im Intranet und Job scroller bieten, E-Learning-Komponen ten und Büroequipment bereitstellen, videobasiertes Training und persönli ches Coaching durchführen. „Die Anfor derungen an die Infrastruktur wie an die Beratung sind gewachsen“, sagt Herbert Mühlenhoff, mit der Mühlenhoff + Part ner Managementberatung GmbH seit 25 Jahren am Markt. Die Outplacementbe rater sollen etwas tun für ihr Honorar. „Die Leute wollen heute schnell in den Markt“, beschreibt Sophia von Rund stedt, Geschäftsführerin der von Rund stedt & Partner GmbH in Düsseldorf. „Stand in den 80er-Jahren, als Manager Trennungen noch vor der eigenen Fami „Preis und Tempo zählen. Und die Verbindlichkeit ist gesunken.“ Martina Henschel, Principal Consultant Career Management bei der Right Management GmbH lie und den Nachbarn verbargen, Hilfe zur Selbsthilfe im Mittelpunkt, so geht es heute um Marktstrategieberatung und Jobscouting.“ Den Job wechseln zu müssen, wird nicht mehr in erster Linie als persönliches Scheitern begriffen, sondern als Situation, die dem Wandel in der Wirtschaft geschuldet ist. Preise für Rahmenverträge sinken Rund 500 angestellte und freiberufliche Berater haben sich, so die Marktstudie „Outplacementberatung in Deutschland 2012/2013“ des Bundesverbands der Unternehmensberater BDU in Bonn vom Januar 2014, in etwa 50 Beratungsunter nehmen auf Outplacement spezialisiert. Die Festpreishonorare bei Einzelout placements lagen zwischen 11.000 und 22.000 Euro. Die weitaus meisten Bera ter rechnen nach Zeit ab, nicht auf der Basis von Erfolgsprämien. Unisono erle „Noch ist das internationale Matching eher ein Einzelfall. Aber auch diese Nische wird wachsen.“ Herbert Mühlenhoff, Mühlenhoff + Partner Managementberatung GmbH ben die Outplacementberater gerade, dass Mitarbeiter frühzeitig angesprochen wer den, ob sie auf freiwilliger Basis das Un ternehmen verlassen wollen. Mit einem Berater loten sie aus, ob es intern noch Versetzungsmöglichkeiten gibt und wie es um ihre externen Arbeitsmarktchan cen bestellt ist. Für solche Gesprächs runden – lange bevor die Entlassungs papiere auf dem Tisch liegen – schließen Unternehmen Rahmenverträge mit den Outplacementgesellschaften. Und deren Preise sinken. Dafür sorgen nicht zuletzt die Einkäufer, die in Unternehmen einen Machtgewinn erleben, wenn knapp kalku liert wird. „Preis und Tempo zählen“, sagt Martina Henschel, die die Career-Manage ment-Leistungen der Beratung Right Ma nagement GmbH verantwortet. „Und die Verbindlichkeit ist gesunken.“ Unternehmen schreiben Outplacementaufträge wiederholt aus. Entweder für Einzeloutplacements oder für Projekte, in denen es um Gruppen geht, etwa wenn ganze Abteilungen verlagert, umstruk turiert oder geschlossen werden, wovon auch Teamleiter und Manager betroffen sind. Haben früher HR-Spezialisten in den Firmen allein mit Outplacementbera tern über Volumina und Auftragsinhalte gesprochen, verhandeln jetzt Einkäufer personalmagazin 08 / 14 49 GESAMTMARKTUMSATZ 74 80 Mio. +8,5% -3,0% +20,0% 60 Mio. +7,5% +8,5% +7,0% 40 Mio. 47 66 64 +10,0% -9,5% 68 83 +12,0% 74 +17,0% 58 55 zite in der persönlichen Chemie auf, wenn die Kollegenkonstellation sich ändert. „Wer bei Umstrukturierungen an einen neuen Platz kommt mit neuen Kollegen und anderen informellen Spielregeln“, so von Rundstedt, „stellt schnell fest, ob die Position passt oder eben nicht.“ 50 43 40 20 Mio. 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 (Prognose) Der Gesamtmarktumsatz der Outplacementbranche entwickelt sich im dritten Jahr positiv. 2014 wird voraussichtlich die 80-Millionen-Marke geknackt werden. QUELLE: BDU-MARKTSTUDIE „OUTPLACEMENTBERATUNG IN DEUTSCHLAND 2012/2013“ den Preis der Leistungen. Sie holen An gebote ein, haben die Preisunterschiede für einzelne Beratungsmodule klar vor sich liegen, entscheiden und setzen Zah lungsziele. Stefan Detzel, Vorsitzender des BDU-Fachverbandes Outplacement beratung, meint: „Die Berater müssen lernen, wie Einkäufer ticken.“ Permanente Akquisesituation Mit dieser Entwicklung einher geht auch, dass Unternehmen sich nicht nur an einen Outplacementberater binden, sondern mit mehreren Dienstleistern Rahmenverträge abschließen. Am Ende stehen bis zu zehn Beratungsgesellschaf ten auf einer firmeninternen Liste, die denen in die Hand gedrückt wird, die von der anstehenden Restrukturierung betroffen sind oder aus anderen Gründen nicht mehr zum Unternehmen gehören sollen. Beraterin Henschel erklärt: „Mitarbeiter wählen aus einer Berater liste, mit wem sie Shoppergespräche führen.“ So entsteht für die Outplace mentberater eine permanente Akquise situation innerhalb der Rahmenverträge. Die härteren Bedingungen spielen sich allerdings in einem wachsenden Markt ab. Die Increasing-Workforce-Studie 2014 von Right Management nennt folgende Ergebnisse: 19 Prozent der Unternehmen erwarten Restrukturierung und Perso nalabbau, 38 Prozent je nach Unterneh mensbereich parallel Abbau und Aufbau von Mitarbeiterzahlen. Martina Henschel 08 / 14 personalmagazin sieht künftig einen Dreiklang der Bera teraufgaben: „Jemand will oder soll sich intern verändern, jemand muss gehen und jemand will die Firma wechseln.“ Die Zahl derer, die eigeninitiativ zum Berater gehen, steigt. Solch ein Talent Placement hat keinerlei negativen Beigeschmack. Diese Individualisierung erfordert al lerdings von den Beratungsgesellschaf ten ein anderes Marketing: Sie müssen virtuell für einzelne Kandidaten auffind bar sein – und ihr Angebot vom Perso nalchinesisch befreien, damit Techniker und Vertriebler, Produktmanager, For Trennungskultur prägt das Image Das Zusatzgeschäft mit eigeninitiativen Klienten trifft auf einen Gesamtmarkt, der momentan gut dasteht. Die Unter nehmen achten auf ihre Trennungs kultur, denn sie prägt das Arbeitgeber image – ein Faktor, der die Rekrutierung künftig stark beeinflussen wird. Denn in den sozialen Netzwerken, durch die sich die begehrten Nachwuchskräfte klicken, kommen Firmen schlecht weg, wenn sie sich brachial und ohne Abfederung von Mitarbeitern trennen. Trennungskultur wird als eigener Wert betrachtet und die Outplacementberatungen profitie ren davon, nachdem die kurzen, aber heftigen Wolken der Wirtschaftskrise weggeweht sind. Der Einbruch kam für die Branche zeitversetzt: Von 2010 auf 2011 sank der Gesamtmarktumsatz um sechs Millionen auf 58 Millionen Euro. „Viele Unternehmen stehen unter Veränderungsdruck. Sie setzen ihre Gewinne für den Umbau ein.“ Stefan Detzel, BDU-Fachverband Outplacementberatung scher oder Entwickler auf der Website hängen bleiben, wenn sie mithilfe eines Outplacementberaters ihren Marktwert bestimmen oder gezielt erhöhen wollen. Die Eigeninitiative wird zum einen durch den Wunsch, sich zu verbessern, und das Zutrauen in die Leistungsfähigkeit vorangetrieben, zum anderen aber auch durch klimatische Begleiterscheinungen von Personalreduzierung und Reorganisation. In nicht unerheblichem Maße treten Defi BDU-Mann Stefan Detzel erinnert sich: „Der Arbeitsmarkt war eingefroren, alle, einzelne Mitarbeiter wie Firmen, schal teten auf Sicherheit.“ Doch das Tief, so die BDU-Studie, die rund 75 Prozent des Gesamtmarktumsatzes abbildet, wurde schon 2012 überwunden. 2013 stieg der Umsatz sogar auf 74 Millionen Euro, den höchsten Wert, den die Outplacer jemals erreichten. „Die Pharma-, Energie- und IT-Unternehmen sowie die Banken ste Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 50 SPEZIAL_PERSONALDIENSTLEISTUNG hen unter Veränderungsdruck“, sagt Detzel. „Sie setzen ihre Gewinne für den Umbau ein.“ Auch wenn der Fach verbandsvorsitzende von „Sondereffek ten“ spricht, die den Gesamtumsatz der Branche nach oben trieben, so bleibt der BDU für das laufende Jahr optimis tisch und meint, die 80-Millionen-EuroMarke überspringen zu können. „Das Produkt“, so Detzel, „wird bekannter und ist stärker akzeptiert.“ 68 Prozent des Umsatzes wurde mit befristeten Ein zeloutplacements gemacht, 24 Prozent mit unbefristeten Modulen, nur acht Prozent mit Gruppenprogrammen. Befristete Mandate liegen im Trend Befristungen der Mandate liegen im Trend. 90 Prozent aller befristeten Ein zeloutplacementprojekte hatten 2012 Laufzeiten von bis zu sechs Monaten. In diesem Zeitrahmen schaffen es 70 Prozent aller von der Trennung Betrof fenen sich neu zu orientieren. „Manche Kandidaten brauchen mehr Zeit, zum Beispiel, weil sie sehr lange in einem Unternehmen gearbeitet haben“, erklärt Detzel. „Netzwerken nach außen ist dann gar nicht so einfach.“ Doch nach 18 Monaten haben immerhin 96 Prozent eine Lösung für sich gefunden. „Früher stand Hilfe zur Selbsthilfe im Mittelpunkt, heute geht es um Markt strategieberatung und Jobscouting.“ Sophia von Rundstedt, von Rundstedt & Partner GmbH Ehefrau Heimweh hat, oder sie machen eigeninitiativ einen Karrieresprung nach Spanien oder in die USA. Aufträge werden internationaler „Noch ist das internationale Matching eher ein Einzelfall“, so Mühlenhoff. „Aber diese Nische wird wachsen.“ Glo bale Projektsteuerung in Netzwerken oder die Arbeitsteilung in internationa len Beratungsgesellschaften mit Nieder lassungen in aller Herren Länder wird zunehmen. „Dabei muss beachtet wer den, dass es große länderspezifische Un terschiede gibt“, sagt Mühlenhoff. In an gelsächsischen Ländern sind Ansprüche und Preis niedriger als in Deutschland, dort reicht oft eine virtuelle Beratung. Grenzziehungen sind nicht nur zwi schen Kulturen ein Thema, auch zwi schen Outplacementberatungen und Transfergesellschaften klingt die Unter scheidung lediglich formal einfach: Bei Transfermaßnahmen wird in der Regel ein Sozialplan zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat abgeschlossen, die Ar „Übergänge werden immer normaler. Das gilt für den Stellwerker wie für die Führungskraft.“ Gerd Galonska, PEAG Holding Zu den Marktentwicklungen mit niedrigeren Preisen und guten Umsät zen trägt auch bei, dass Aufträge in ternationaler werden, etwa bei einem grenzüberschreitenden Umbau. Werden Mitarbeiter nach Deutschland versetzt, sollen Outplacementberater den Job für den Ehepartner finden. Oder Deutsche suchen in Finnland eine Position, weil die beitsagentur redet und zahlt mit, die Gesellschaft wird befristet zum Arbeit geber für die entlassenen Mitarbeiter, während diese weitergebildet und auf den Arbeitsmarkt vorbereitet werden. Die Gehaltszahlungen werden aus dem Transferkurzarbeitergeldetat des Bundes bis zu 67 Prozent des letzten Nettogehalts gefördert und oft durch das Unterneh Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] men auf 70 bis 80 Prozent aufgestockt. Das Outplacement geht von personellen Einzelmaßnahmen aus, ist weniger staat lich verordneten Regeln unterworfen und meistens werden Mitarbeiter mit höheren Einkommen beraten. Doch die Überschneidungen mehren sich. Pioniere des Outplacements wie von Rundstedt gründen Transfertöchter – so wohl Agenturen als auch Gesellschaften. In der Transferagentur bleiben Mitarbei ter im Kundenunternehmen, dennoch schießen staatliche Stellen Geld zu. Wer den Mitarbeiter während ihrer Kündi gungsfrist nicht vermittelt, wechseln sie in die Transfergesellschaft. Andersherum haben klassische Transfergesellschaften das Geschäft mit dem Outplacement ent deckt und gründen ebenfalls Töchter. Die PEAG Holding in Dortmund gründete ne ben der Gesellschaft für Transfer inzwi schen auch eine für Einzelmaßnahmen im Rahmen der Restrukturierungsbera tung. Gerd Galonska, Sprecher der Ge schäftsführung der PEAG Holding, sagt: „Outplacementberatung und Transferge sellschaften basieren beide auf Vertrau en.“ Galonska ist auch Vorsitzender des Bundesverbands der Träger im Beschäfti gungstransfer, einem kleinen Verein, der sich für ein gutes Übergangsmanagement auf dem Arbeitsmarkt einsetzt. Er sagt, dass „Übergänge immer normaler“ wer den. „Das gilt für den Stellwerker wie für die Führungskraft.“ Es wird also wichtig, regelmäßig die eigene berufliche Position und Marktfähigkeit zu überprüfen – mit einem Berater an der Seite geht es dann nicht um erzwungenen Transfer oder drän gend nahe gelegtes Outplacement, sondern um Placement. „Veränderung ist Alltag“, sagt Sophia von Rundstedt. RUTH LEMMER ist freie Journalistin in Düsseldorf. personalmagazin 08 / 14 ADVERTORIAL Gold ist jetzt noch wertvoller HAUFE PERSONAL OFFICE GOLD. Der Alleskönner für Ihre Personalarbeit – jetzt mit noch mehr Vorteilen! Mit Haufe Personal Office Gold sorgen Sie für optimale Arbeitsbedingungen in Ihrer Personalabteilung. Ob Zeugnistool oder Abmahnungspaket – die vielen Neuheiten und weiteren Inhalte des Gold-Pakets erleichtern Ihnen die tägliche Arbeit und helfen wertvolle Zeit zu sparen. Neu und exklusiv Ab sofort erstellen Sie mit dem neuen Haufe Zeugnis Manager Basic Ihre Arbeitszeugnisse einfach, schnell und rechtssicher. Zukünftig genügen Ihnen nur noch wenige Klicks für ein perfekt formuliertes Zeugnis. Das Zeugnistool wurde gemeinsam mit Personalverantwortlichen aus der Praxis und Arbeitsrechts-Experten konzipiert, um Ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Den Haufe Zeugnis Manager Basic gibt es nur exklusiv für Gold-Kunden. Dank des neuen Abmahnungspakets gestalten Sie dieses arbeitsrechtlich hoch brisante Thema fortan wesentlich einfacher. Sie erfahren bei über 80 Abmahnungsgründen, ob ein bestimmtes Verhalten abmahnungsbedürftig ist oder gleich zu einer Kündigung berechtigt. 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Mehr Informationen unter: www.haufe.de/gold-office 51 52 SPEZIAL_PERSONALDIENSTLEISTUNG Keine Grenze bei 18 Monaten? AUSBLICK. Die Personaldienstleister bringen sich gegen die Regierungspläne, die Zeit arbeit zu regulieren, in Stellung. Dabei dürfen sie auch auf Hilfe aus Europa hoffen. Von Michael Miller (Red.) E igentlich ist sie erfreulich, die Umsatzentwicklung der Zeitarbeits- und Personaldienstleistungsunternehmen für das Jahr 2013. Das Marktvolumen der Branche ist um 7,2 Prozent auf 22,3 Milliarden Euro im Jahr 2013 angestiegen, schätzt das Marktforschungs- und Beratungsunternehmen Lünendonk. Auch im Jahr 2014 stehen die Zeichen auf Umsatzwachstum: Zumindest die 25 führenden Anbieter rechnen mit einer Steigerung von durchschnittlich 8,2 Prozent, ergab die Untersuchung zur aktuellen LünendonkListe. Auch abseits der wirtschaftlichen Zahlen scheint die Branche auf dem richtigen Weg: So schreckt die Personaldienstleister beispielsweise der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn kaum. Das heikle Thema, das zurzeit in manch anderer Branche Sorgenfalten bei Unternehmensvertretern verursacht, hatten die Tarifvertragsparteien der Zeitarbeit bereits vor Abschluss der Koalitionsverhandlungen vom Tisch. Mittels Tarifvertrag hatten sie eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro festgezurrt, die spätestens ab Juni 2016 in ganz Deutschland greifen wird. Herausforderungen der Branche Allerdings: Die Branche, die in einige international tätige und in beinahe unzählige kleine Anbieter zersplittert ist, hat dennoch mit erheblichen Herausforderungen zu kämpfen. Zwar konnten die durch die Branchenzuschläge gestiegenen Personalkosten meist an die Kundenunternehmen weitergegeben werden. Dennoch: Trotz guter Konjunkturaussichten und anhaltend hoher Nachfrage nach Zeitarbeitskräften haben sich die Gewinne der Personaldienstleister in den vergangenen Jahren ständig reduziert, wie die Berater von Baker Tilly Roelfs in einer Umfrage feststellten. Zudem entwickle sich die mangelnde Verfügbarkeit von Fachkräften zunehmend zu einer Wachstumsbremse, so eine weitere Erkenntnis der Befragung von 500 führenden Personaldienstleistern. In diesem Zusammenhang ist es kaum verwunderlich, dass geplante gesetzliche Einschränkungen auf wenig Gegenliebe in der Branche stoßen. Konkret rechnete eine Mehrheit der von Baker Tilly Roelfs befragten Personaldienstleister mit Umsatz- und Ergebnisrückgängen, sollte die Bundesregierung die im Koalitionsvertrag angekündigte Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten einführen. BMAS: Gesetz spätestens Ende 2015 Just eine solche Regelung kündigte jedoch der zuständige Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bereits demnächst an. „Im zweiten Halbjahr dieses Jahres werden wir mit Überlegungen und Gesprächen starten, der Gesetzgebungsprozess wird dann voraussichtlich im nächsten Jahr stattfinden“, erklärte Thorben Albrecht im Interview mit dem Personalmagazin (Ausgabe 06/2014, Seite 10 f.). Bis spätestens Ende 2015 plane das BMAS dann mit der Umsetzung der gesetzlichen Regeln zur Zeitarbeit. Vorgaben im Koalitionsvertrag Zur Erinnerung: Im Koalitionsvertrag verständigten sich Vertreter von CDU, CSU und SPD darauf, eine Passage im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) konkreter zu fassen. Die vage gesetzliche Formulierung, die Arbeitnehmerüberlassung erfolge „vorübergehend“, soll präzisiert werden, „indem wir eine Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten gesetzlich festlegen“. Aus- Die mangelnde Verfügbarkeit von Fachkräften entwickelt sich zunehmend zu einer Wachstumsbremse für die Branche der Personaldienstleister. nahmen, also eine längere Überlassung, wären dann lediglich möglich „durch einen Tarifvertrag der Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche oder aufgrund eines solchen Tarifvertrags in einer Betriebs- beziehungsweise Dienstvereinbarung“. Soweit der Koalitionsvertrag. Dagegen regte sich bereits kurz nachdem sich die große Koalition auf eine Zusammenarbeit geeinigt hatte, Widerpersonalmagazin 08 / 14 53 Kippt der EuGH die feste Überlassungs obergrenze, muss die Regierung umdenken. spruch. Personaldienstleister mahnten mehr Spielraum für Ausnahmen zu einer Überlassungsobergrenze an. Mehrjährige komplexe Projekte, gerade im Bereich der Überlassung von Hochqualifizierten, seien andernfalls nicht zu stemmen, so die Kritik. Auch erschwere die 18-Monatsgrenze etwa die Elternzeitoder Krankheitsvertretung. Diese Argumente haben noch heute Bestand. Zusätzlich bringen sich die Zeitarbeitsbefürworter im Bundestag in Stellung. So sprach sich etwa Carsten Linnemann beim Arbeitgebertag Zeitarbeit 2014 dafür aus, den Spielraum im Koalitionsvertrag zu nutzen. Für die Zeitarbeit bedeute dies, sich vehement für Öffnungsklauseln bei der Höchst überlassungsdauer einzusetzen, sagte der Bundestagsabgeordnete und Bundesvorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU. Säbelrasseln beim Branchenprimus Deutlich positionierte sich zuletzt auch Randstad und ließ die Muskeln spielen. Der Branchenprimus in Deutschland drohte gar mit einer Klage, sollte die 08 / 14 personalmagazin Bundesregierung per Gesetz eine Grenze nach 18 Monaten ziehen. „Dazu wären wir bereit“, sagte Jacques van den Broek Ende Juni gegenüber der „Wirtschaftswoche“. Die europäische Leiharbeitsrichtlinie (2008/104/EG) verbiete unzulässige Beschränkungen der Zeitarbeit, ergänzte der Randstad-Chef. „Eine Begrenzung auf 18 Monate verstößt gegen den Geist dieser EU-Richtlinie.“ Unterstützt sieht er sich dabei vom zuständigen EU-Kommissar. Brescht der EuGH dazwischen? Juristisch knifflig ist die Frage schon, inwieweit der deutsche Gesetzgeber endgültig konkretisieren kann, wie lange eine vorübergehende Überlassung maximal dauern darf. Schließlich wurde das Wort „vorübergehend“ nur deshalb ins AÜG eingefügt, um der Pflicht nachzukommen, die EU-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Insofern bleibt die Frage: Wird letztlich der EuGH darüber urteilen müssen, wie der ursprünglich europäische Begriff „vorübergehend“ in Europa auszulegen ist und ob dies der deutschen Auffassung von „vorüberge- hend“ (voraussichtlich ein Zeitraum von 18 Monaten) entspricht? Eine Vorstellung, die Personaldienstleistern nicht nur gefallen dürfte. Natürlich käme es der Branche entgegen, wenn der EuGH eine gesetzliche Höchstgrenze bei der Überlassung kippen würde. Im schlechtesten Fall allerdings vergingen bis zu einer Entscheidung Jahre der Unsicherheit. Schiebt finnisches Gericht Lösung an? Allerdings könnte der EuGH die Koalitionspläne auch ohne Klage aus Deutschland noch zu Fall bringen. Stein des Anstoßes ist eine Vorlage eines finnischen Arbeitsgerichts. Der EuGH beurteilt dabei vielleicht sogar noch dieses Jahr, ob im Hinblick auf die EU-Richtlinie der „längerfristige Einsatz von Leiharbeitnehmern als verbotener Einsatz von Leiharbeitskräften eingestuft werden“ kann. Finden die Luxemburger Richter hierbei auch klärende Worte zu den zeitlichen Grenzen eines längerfristigen oder „vorübergehenden“ Einsatzes, könnte dies die Regierungspläne kippen und zum Umdenken zwingen. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 54 SPEZIAL_PERSONALDIENSTLEISTUNG Rekrutierung weiter denken SERIE. Der Begriff „Personaldienstleistung 2.0“ definiert geänderte Rollen für Dienst- leister. Auch RPO ist Teil der neuen strategischen Partnerschaft mit Unternehmen. SERIE PERSONALDIENSTLEISTUNG 2.0 In Zusammenarbeit mit • Ausgabe 08/2014: Chancen des „Recruitment Process Outsourcing“ (RPO) • Ausgabe 09/2014: Erfolgreiches Auslandsrecruiting • Ausgabe 10/2014: Strategische Personalplanung Von Frank Schrader T rotz aller Einwände ist die Rente mit 63 zum 1. Juli 2014 in Kraft getreten. Die bereits durch den Fachkräftemangel in vielen Branchen geprägte Situation am Arbeitsmarkt dürfte sich dadurch weiter verschärfen. Eine aktuelle Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft beziffert die entstehende Fachkräftelücke allein in den technischen Berufen bis zum Jahr 2020 auf rund 1,4 Millionen Arbeitnehmer. Bereits heute sind in diesem Bereich knapp 48 Prozent der Beschäftigen über 55 Jahre alt. Fachkräftemangel und demografischer Wandel – diese beiden vonseiten der Unternehmen zumindest nicht direkt zu beeinflussenden Entwicklungen identifiziert auch die Studie „Recruiting Trends 2014“ der Universitäten Bamberg und Frankfurt am Main als die aktuell wichtigsten Trends für die Personalbeschaffung der Unternehmen. Für das laufende Jahr erwarten die befragten Unternehmen, 35,8 Prozent der offenen Stellen nur schwer und 5,8 Prozent mangels geeigneter Kandidaten gar nicht besetzen zu können. Ein Problem, das sich durch nahezu alle Betriebsgrößen zieht, wie einer Forschungsko- operation des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) zu entnehmen ist. Durchschnittlich 60 Prozent der befragten Betriebe sehen binnen der nächsten zwei Jahre Personalprobleme durch Fachkräfteengpässe auf sich zukommen. Personaler im Spannungsfeld Überraschen können diese Zahlen heute sicherlich nicht mehr. Sie bestätigen aber eindrucksvoll, wohin sich der Arbeitsmarkt in den vergangenen Jahren entwickelt hat und weiter entwickeln wird. Unternehmen finden sich in einem Arbeitnehmermarkt wieder. Viele haben die veränderten Rollen bei der Suche nach passenden Arbeitskräften längst angenommen. Der Aufwand für die Personalbeschaffung hat sich dadurch massiv erhöht – eine Herausforderung für das Personalmanagement. Denn die Ressourcen im Personalbereich müssen ein weites Aufgabenfeld mit Personalbindung, -entwicklung, -führung und Unternehmenskultur abdecken. Daher gilt es kritisch zu prüfen, ob der erhöhte Aufwand für die Personalbeschaffung mit den vorhandenen Ressourcen überhaupt zu bewerkstelligen ist. Letztlich darf dies nicht dazu führen, dass einzel- ne Bereiche der strategisch wichtigen Personalarbeit vernachlässigt werden. Werden keine eigenen Ressourcen aufgebaut, liegt es analog zu anderen Unternehmensbereichen nahe, auch hier Aufgaben auf externe Dienstleister zu übertragen. Während solche Prozesse etwa im Bereich der Arbeitnehmer überlassung bei vielen Unternehmen seit Langem ein fester Bestandteil der Personalstrategie sind, wird die Auslagerung von Rekrutierungsprozessen in Teilen oder als Ganzes in der Praxis bisher kaum umgesetzt. Dabei verfügt die Personaldienstleistungsbranche ohne Zweifel über die notwendige Rekrutierungskompetenz. Jedes Jahr stellt sie systembedingt rund die Hälfte ihrer Mitarbeiter neu ein – und dies bei zuletzt über 800.000 Zeitarbeitnehmern. Die nächste Generation Das erforderliche Umdenken auf Unternehmensseite hinsichtlich der Einbindung externer Partner in den Rekrutierungsprozess ist eng mit einer sich verändernden Rolle moderner Personaldienstleister verknüpft. Der Begriff dieser „Personaldienstleistung 2.0“ steht dabei für eine neue Generation, deren Leistungsspektrum weit über die bloße Arbeitnehmerüberlassung hinausgeht – eine Generation, die sich als strategischer Partner der Unternehmen definiert und die ihre Kernkompetenz in die Analyse von Prozessen und Arbeitsabläufen einbringt. Es geht da rum, gemeinsam mit den Unternehmen tragfähige Strategien und Lösungen zu entwickeln und in entsprechenden personalmagazin 08 / 14 ANZEIGENSONDERVERÖFFENTLICHUNG Dienstleistungskonzepten auch umzusetzen. Die Bandbreite der Einsatzmöglichkeiten reicht dabei von der Ausgestaltung flexibler Arbeitsplatz- und Arbeitszeitmodelle über Konzepte zur Mitarbeiterbindung bis hin zur teilweisen oder vollständigen Auslagerung der Personalbeschaffung, dem sogenannten „Recruitment Process Outsourcing“ (RPO). Während diese Dienstleistung in den USA bereits etabliert ist, befindet sich RPO in Deutschland noch in einer sehr frühen Marktphase, wie das Marktforschungsunternehmen Lünendonk in seiner Studie „Workforce Management 2012“ herausgestellt hat. Stufenweises RPO-Modell In welchem Umfang ein Unternehmen RPO einsetzt, bestimmt letztlich der individuelle Bedarf. Ein stufenweises Modell (siehe Grafik) sieht sowohl eine punktuelle Abdeckung von Einstellungsspitzen als auch die längerfristige Auslagerung von einzelnen Rekrutierungsbereichen oder des gesamten Rekrutierungsprozesses vor. Dabei spielt weniger die Unternehmensgröße eine Rolle, als die Höhe und Häufigkeit des Rekrutierungsbedarfs. Gerade mittelständische Unternehmen, die traditionell eher begrenzte Ressourcen im Personalbereich vorhalten, erzielen durch die teilweise oder ganzheitliche Auslagerung von Rekrutierungsprozessen zum Teil erhebliche Skaleneffekte. Diese greifen häufig schon auf der ersten Stufe eines beispielhaften RPO-Modells (siehe Grafik), bei dem zunächst mit dem Ziel einer deutlichen Erhöhung des Bewerbervolumens die Schaltung von Onlineanzeigen an einen Personaldienstleister ausgelagert wird. Dieser bringt sein Know-how bei Text und Gestaltung der Anzeigen, bei der zielgruppengenauen Medienauswahl, bei der Kampagnenplanung und Einbindung von Landingpages ein. Als Großkunde kann er zudem durch entsprechende Rabatte auch die Anzeigenschaltung selbst effizienter gestalten. Und die Ergebnisse 08 / 14 personalmagazin STUFEN DES RPO STUFE 1 STUFE 2 STUFE 3 Onlineanzeigen Personalmarketing Ganzheitliches RPO Erhöhung des Bewerbervolumens Erhöhung des Bewerbervolumens + Personalmarketing und Recruiting +A bwicklung und Handling (optional) Erhöhung des Bewerbervolumens + Personalmarketing und Recruiting +A bwicklung unds Handling +A uswahl Das Stufenmodell zum „Recruitment Process Outsourcing“ (RPO) schafft eine skalierbare und effektive Unterstützung im Rekrutierungsprozess der Unternehmen. QUELLE: PIENING PERSONAL , 2014 sind messbar: Onlinereportings und Bewerbervolumen geben transparent Auskunft darüber, welche Mittel wie und wo eingesetzt wurden und was letztlich jede einzelne Bewerbung für das Unternehmen gekostet hat. Hin zum strategischen Partner Auf der zweiten Stufe rückt das RPOModell näher an eine strategische Partnerschaft mit einem Personaldienstleister. In der Regel über einen längeren Zeitraum angelegt, erweitert sich der Leistungsbereich um Aufgaben des Personalmarketings und Recruitings, wahlweise auch um Abwicklung und Handling des Bewerberaufkommens. Ein zentrales Element dieser zweiten Stufe ist die Beratung zu Punkten wie der Direktansprache von Bewerbern („Active Sourcing“), dem Einsatz der Eignungsdiagnostik bei der Bewerberauswahl oder dem Management eines hohen Bewerberaufkommens. Darüber hinaus geht es im Rahmen des Employer Branding um die Stärkung der Arbeitgeberattraktivität sowie um wichtige Bausteine wie die Suchmaschinenoptimierung (SEO), das Suchmaschinenmarketing (SEM) und das Marketing in den Sozialen Netzwerken (Social Media Marketing). Letztlich gilt es, den Einsatz aller verfügbaren Kommunikationskanäle auf das Ziel der Ge- nerierung von passenden Bewerbern für das Unternehmen hin zu optimieren. Die dritte Stufe, das ganzheitliche RPO, kommt der Aufstockung interner Kapazitäten im Unternehmen gleich. Der Dienstleister übernimmt auf dieser Stufe den vollständigen Rekrutierungsprozess einschließlich Vorselektion, Telefoninterviews, Eignungsdiagnostik, Vorstellungsgespräch und Auswahl der Bewerber für eine Shortlist. Eine solche, langfristig angelegte strategische Partnerschaft kommt vor allem für mittelständische Unternehmen infrage. Für große Unternehmen könnte eine Auslagerung des Rekrutierungsprozesses für Teilzielgruppen, etwa Auszubildende oder Absolventen, interessant sein. Aufgaben gemeinsam meistern Das RPO-Modell ist ein Beispiel dafür, wie Unternehmen und Personaldienstleister die Herausforderungen eines sich verändernden Arbeitsmarkts gemeinsam meistern. Diesem Gedanken folgen auch die nächsten Teile der Serie zur Personaldienstleistung 2.0. FRANK SCHRADER ist Mitglied der Geschäftsleitung bei Piening und zuständig für Unternehmensentwicklung sowie das Kunden- und Personalmarketing. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 55 56 RECHT_NEWS Vergessen Sie die Künstlersozialabgabe nicht Haben Sie künstlerische Leistungen erworben, ist eine Abgabe fällig. S tellt Ihnen ein Betriebsprüfer der Sozialversicherung die Frage, wer denn bei Ihnen den schönen Brunnen gestaltet habe, kann es im Einzelfall das rein private Kunstinteresse des Prüfers sein. Im Regelfall wird auf die Frage aber die Aufforderung folgen, die Rechnung des Brunnenkünstlers vorzulegen und nachzuweisen, dass dafür auch die sogenannte Künstlersozialabgabe berechnet und abgeführt worden ist. Dass derartige Situationen in Zukunft häufiger vorkommen, dafür will der Bundestag sorgen und hat einen Gesetzentwurf zur „Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes“ verabschiedet. Unter anderem muss jetzt damit gerechnet werden, dass neben den Prüfbeamten der Rentenversicherung in Zukunft eigene Kontrolleure der Künstlersozialkasse vor Ort auftauchen und Hinweisen auf getätigte Kunsteinkäufe nachgehen. NACHGELESEN Was ist eigentlich eine gesetzliche Öffnungsklausel? Im Arbeitsrecht gibt es eine Vielzahl von Gesetzen, die zunächst als unabdingbare Vorschriften gestaltet sind und von denen auch nicht einvernehmlich durch Arbeitsverträge abgewichen werden kann. Nicht selten wird aber den Tarifvertragsparteien die Kompetenz eingeräumt, von den starren gesetzlichen Untergrenzen durch einen Tarifvertrag abzuweichen. Meist wird diese Möglichkeit dann auch noch dadurch erweitert, dass den Tarifpartnern die Möglichkeit eingeräumt wird, ihrerseits zu erlauben, Abweichungen vom Gesetz durch Betriebsvereinbarungen zuzulassen. Das nennt man dann eine erweiterte Öffnungsklausel. Dies ist eine elegante Möglichkeit, starre Gesetze an betriebsspezifische Besonderheiten anzupassen. Ein besonders wichtiges Beispiel dazu findet sich in § 7 des Arbeitszeitgesetzes. Tarifeinheit verschoben N och vor der Sommerpause wollte Arbeitsministerin Andrea Nahles sechs Eckpunkte für eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit vorlegen. Im Kern sehe das Papier eine Vorrangstellung der stärksten Gewerkschaft vor, schrieb der Tagesspiegel. Das Thema wurde jedoch kurzfristig wieder von der Agenda des Bundeskabinetts gestrichen. Angeblich wächst in der Union Widerstand gegen eine gesetzliche Regelung zur Tarifeinheit. Auch die betroffenen kleineren Gewerkschaften, insbesondere die Ärztegewerkschaft „Marburger Bund“ und die Pilotengewerkschaft „Cockpit“ übten Kritik an dem Vorhaben. Die Pilotengewerkschaft „Cockpit“ übt Kritik am geplanten Gesetz zur Tarifeinheit. personalmagazin 08 / 14 57 Sepa jetzt Standard D ie Umstellung des Zahlungsverkehrs auf die europaweiten Sepa-Formate ist in Deutschland so gut wie abgeschlossen. In den meisten Unternehmen, öffentlichen Kassen und Vereinen sind Sepa-Überweisungen laut der Bundesbank inzwischen der Normalfall. Die Übergangsfrist, in der Kreditinstitute noch herkömmliche Überweisungen und Lastschriften akzeptieren, endet am 1. August. Koran versus Bibel O b eine Mitarbeiterin dazu verpflichtet werden kann, ohne Kopftuch zur Arbeit zu erscheinen, ist arbeitsrechtlich immer noch nicht eindeutig geklärt. Das BAG muss nämlich am 24. September darüber entscheiden, ob einer Krankenschwester aus religiösen Gründen das Kopftuchtragen im Dienst erlaubt werden muss. Ihre Arbeitgeberin beruft sich als Evangelisches Krankenhaus auf das Recht, das Tragen eines Kopftuchs aus religiösen Gründen zu verbieten. Der Schwesig-Bonus kommt G ut 60 Prozent der jungen Eltern stellen sich vor, dass beide Partner in gleichem Umfang erwerbstätig sind und sich gleichermaßen um Haushalt und Familie kümmern. Mehr als die Hälfte aller Mütter würde gern zu einem früheren Zeitpunkt wieder ins Erwerbsleben zurückkehren und mehr als die Hälfte aller Väter bekunden, zu wenig Zeit für ihre Kinder zu haben. Mit diesem Umfrageergebnis hat Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig wohl ihre Kollegen im Bundeskabinett davon überzeugt, ihrem Gesetzentwurf mit dem Arbeitstitel „Elterngeld Plus“ zu folgen. Kern ist dabei die Umorganisation eines Elternmonats in zwei Elterngeld-PlusMonate. Das heißt auch: Wenn beide Elternteile gleichzeitig für mindstens vier aufeinanderfolgende Monate zwischen 25 und 30 Wochenstunden erwerbstätig sind, soll es einen Partnerschaftsbonus von vier zusätzlichen Monaten Elterngeld Plus je Elternteil geben. Der Wunsch vieler Väter: mehr Zeit gemeinsam mit dem Nachwuchs verbringen. NEWS DES MONATS Die Richterin am Bundesarbeitsgericht Inken Gallner wechselt vorübergehend ihren Job. Sie wechselt nach Stuttgart und wird für zwei Jahre Amtschefin des Justizministeriums in Baden-Württemberg. Ein Wechsel bei der Fahrtenbuchmethode auf die Ein-Prozent-Regelung ist unterjährig nicht zulässig. Das hat der Bundes finanzhof entschieden. Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass dies nur bei einem Kfz-Wechsel möglich ist (Az. VI R 35/12). Die sozialversicherungsfreie kurzfristige Beschäftigung wird voraussichtlich ausgeweitet. Im Gesetzgebungsverfahren zum flächendeckenden Mindestlohn hat die Bundesregierung die Zeitgrenzen auf drei Monate beziehungsweise 70 Arbeitstage erhöht. Bereits 50.000 Anträge auf Rente mit 63 sind seit Anfang Juli bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) eingegangen. Gleichzeitig zweifelt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags angeblich daran, dass das Rentengesetz verfassungsgemäß sei. + + + A k t u e l l e N e w s + + + H i n t e r g r ü n d e + + + t ä g l i c h u n t e r w w w. h a u f e . d e / p e r s o n a l + + + 08 / 14 personalmagazin Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 58 RECHT_URTEILSDIENST URTEIL DES MONATS Tarifunterschiede zwischen Arbeitern und Angestellten Die Differenzierung zwischen Arbeitern und Angestellten hat eigentlich weitgehend ausgedient. Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zeigt jedoch, dass von dieser Unterschei- dung in Tarifverträgen noch mitunter Gebrauch gemacht wird. So beispielsweise in der Chemieindustrie, bei der der Arbeiter noch unter der Bezeichnung „gewerblicher Arbeitnehmer“ Die Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung sehen im der Klage zugrunde liegenden Tarifvertrag für vor dem 1. Januar 2000 eingetretene Mitarbeiter eine Gesamtversorgung vor. Neben einer prozentualen Brutto- und Nettogesamtversorgungsobergrenze bestimmt die Versorgungsregelung, dass die Betriebsrente den Betrag nicht überschreiten darf, der sich aus der Multiplikation der ruhegeldfähigen Beschäftigungsjahre mit einem Grundbetrag ergibt. Die Grundbeträge für Angestellte sind dabei höher als die Grundbeträge für gewerbliche Arbeitnehmer derselben Vergütungsgruppe. Das erstinstanzliche Arbeitsgericht hatte der Klage, mit der der Kläger die Berücksichtigung des für Angestellte seiner Vergütungsgruppe vorgesehenen Grundbetrags bei der Berechnung seiner Betriebsrente gefordert hatte, wegen eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zunächst stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hatte die Klage abgewiesen und wurde in der Revision bestätigt. Eine isolierte Betrachtung der Grundbeträge zur Feststellung einer Ungleichbehandlung, so die Bundesrichter, sei unzulässig. Vielmehr seien die tariflichen Regelungen zur Altersversorgung einer Gesamtschau zu unterziehen. Daraus ergäbe sich, dass die in der Klage gerügte Bevorzugung der Angestellten an anderer Stelle wieder ausgeglichen würde. Herausgefunden hatten die Bundesrichter BEFRISTUNG ZUSAMMENFASSUNG Die Weigerung des Arbeitgebers, nach Ablauf einer Befristung mit dem Betriebsratsmitglied einen Anschlussvertrag abzuschließen, stellt eine unzulässige Benachteiligung dar, wenn sie wegen der Betriebsratstätigkeit erfolgt. Das Betriebsratsmitglied hat dann einen Anspruch auf Abschluss eines Folgevertrags. geführt werden. In einer Differenzierung dieser Gruppe bei der betrieblichen Altersversorgung sahen die Bundesrichter keinen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Arbeiter oder Angestellter? Die Differenzierung gibt es noch tariflich. nämlich, dass die Gruppe der Arbeiter an anderer Stelle der Tarif regelung über die Altersversorgung bei den dortigen Berechnungsfaktoren bevorzugt werden, was im Ergebnis sogar zu einer höheren Betriebsrente für gewerbliche Arbeiter im Vergleich zu Angestellten derselben Vergütungsgruppe führe. Quelle BAG, Urteil vom 17.6.2014, Az. 3 AZR 757/12 BEREITSCHAFTSDIENST ZUSAMMENFASSUNG Eine tarifvertragliche Verpflichtung, innerhalb von zwölf Monaten sieben Regel-Rufbereitschaften zu leisten, ist auch auf Teilzeitbeschäftigte anzuwenden. RELEVANZ Zwar wurde im Urteil im Ergebnis die Klage eines Betriebsrats auf Entfristung abgelehnt. Das Urteil ist aber von großer Bedeutung, da das BAG deutlich macht, dass sich aus § 78 BetrVG ergibt, dass eine Benachteiligung nicht bewiesen werden muss, sondern Indizien ausreichen, die für eine Benachteiligung sprechen. Der Arbeitgeber muss diese Indizien dann entkräften, was im Ergebnis eine Umkehr der Beweislast bedeutet. RELEVANZ Das Urteil beschäftigt sich mit der Frage, ob der „prorata-temporis“-Grundsatz, nach dem Verpflichtungen bei Teilzeitbeschäftigungen nur anteilig zu erfüllen sind, auch zur anteiligen Minderung von „Pflicht-Bereitschaftsdiensten“ führen muss. Das LAG lehnt dies mit der Begründung ab, dass es am erforderlichen Zusammenhang von Bereitschaftsdienst und (verminderter) Arbeitszeit fehle. Auch eine Ungleichbehandlung nach der Vorschrift des § 4 TzBfG sei nicht anzunehmen, da die Rufbereitschaft nicht schlechterdings als Nachteil aufgefasst werden könne. Quelle Quelle BAG, Urteil vom 25.6.2014, Az. 7 AZR 847/12 Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] LAG München, Urteil vom 15.5.2014, Az. 2 Sa 1/14 personalmagazin 08 / 14 59 Unglaublich! Woher haben die nur diese top-qualifizierten Mitarbeiter? AGG-ENTSCHÄDIGUNG ZUSAMMENFASSUNG Die nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erforderliche Schriftform zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen (§ 15 Abs. 1 und 2 AGG) kann auch durch eine Klage gewahrt werden. Es genügt der rechtzeitige Eingang der Klage bei Gericht, wenn die Klage „demnächst“ zugestellt wird. RELEVANZ Der achte Senat hält an seiner früher als „obiter dictum“ geäußerten gegenteiligen Auffassung nicht mehr fest. Er sieht die Anwendung des § 167 ZPO als möglich an, wenn durch die Zustellung eine Frist gewahrt werden soll, die auch durch außergerichtliche Geltendmachung gewahrt werden könnte. Quelle BAG, Urteil vom 22.5.2014, Az. 8 AZR 662/13 FÜHRUNGSZEUGNIS ZUSAMMENFASSUNG Bei der Frage, ob ein erweitertes Führungszeugnis durch den Arbeitnehmer vorzulegen ist, sind die Informationsinteressen des Arbeitgebers und die Schutzinteressen des Arbeitnehmers bezogen auf seine persönlichen Daten gegeneinander abzuwägen. s.d e ! ONTJob IZ R O H n m a rk t ch ü b e r ch s t e ll e n at ü rli fa e n li n a le s ßten O , M e d ia s g n D e m g rö u b r e e t in g, W ich ! f ü r M a rk 2 B - B e re B im n ie und Med RELEVANZ Das Urteil zeigt, dass die Anforderung von polizeilichen Führungszeugnissen stets im Einzelfall begründet werden muss. Die bloße Möglichkeit, dass ein Arbeitnehmer in seiner Tätigkeit zukünftig mit Minderjährigen zu tun haben wird, rechtfertigt allein nach Ansicht der LAG-Richter die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses regelmäßig nicht. Quelle LAG-Hamm, Urteil vom 25.4.2014, Az. 10 Sa 1718/13 URLAUBSABGELTUNG ZUSAMMENFASSUNG Nach einer fristlosen Kündigung muss der Arbeitnehmer sich nicht darum bemühen, Urlaub zu erhalten. Die fristlose Kündigung ist als Erfüllungsverweigerung des Arbeitgebers zu werten, sodass er mit der Urlaubsgewährung in Verzug gerät. RELEVANZ Das Landesarbeitsgericht führt unter anderem aus, dass über die entscheidungserhebliche Frage, ob allein in der fristlosen Kündigung eine Erfüllungsverweigerung zu sehen ist, das Bundesarbeitsgericht bisher keine Grundsatzentscheidung getroffen hat. Im Urteil wurde daher ausdrücklich die Revision zugelassen. Quelle LAG Düsseldorf, Urteil vom 9.4.2014, Az. 12 Sa 1866/12 ● Die „Jobempfehlung der Woche“ auf facebook (über 41.000 Fans) ● Immer on top: Buchen Sie mehr Zugriffe mit den Add-Ons „HotJob“ oder „Job der Woche“ ● Aktuell über 1.300 Stellenangebote online ● Über 1.000 Bewerberprofile online ● Ihre Stellenanzeige schon ab 680 € / 6 Wochen ● Ansprechpartnerin: Christine Fuchs, Tel: 069 7595-1878 www.horizontjobs.de/mediadaten Eine Marke der 08 / 14 personalmagazin 60 RECHT_AUSLANDSENTSENDUNG Entsendung „all inclusive“ ÜBERBLICK. Bei Auslandsentsendungen gehen arbeitsrechtliche Pflichten weit über die normale Fürsorgepflicht hinaus. Arbeits- und Privatbereich verschwimmen dabei. Von Michael R. Fausel und Christian Bitsch G o East! Go West! Go Everywhere. Mit diesen oder ähnlichen Slogans werden Unternehmen in großer Anzahl für Tätigkeiten im Ausland begeistert. Seien es neue Absatzmärkte oder die Möglichkeit des Zugangs zu günstigen Produktionsstätten – viele Unternehmen suchen ihr Heil im Ausland. Zusammen mit diesen Expansionsbestrebungen werden oftmals auch die Mitarbeiter in die betreffenden Zielländer entsandt. Hierbei stellt sich die Frage, was der Arbeitgeber bei einer solchen Entsendung zu beachten hat und insbesondere welche – möglicherweise erweiterten – Fürsorgepflichten auf ihn zukommen. tatsächlich tätig ist –, entsteht hierdurch keine Doppelversicherung. Der jeweilige Arbeitnehmer verbleibt vielmehr in seinem Sozialversicherungssystem und dem Einsatzstaat kommt damit kein eigenes Beitragsrecht zu. Neben der befristeten Tätigkeit im Ausland besteht eine weitere Voraussetzung für die Entsendung darin, dass der Arbeitnehmer ausschließlich für die entsendende Gesellschaft und nicht für ein Unternehmen am Einsatzort tätig ist. Diese Voraussetzung wird insbesondere dadurch erfüllt, dass zumindest das disziplinarische Weisungsrecht beim Heimarbeitgeber verbleibt und Berichtspflichten gegenüber diesem bestehen. Können die vorgenannten Bedingungen nicht umfassend erfüllt werden, so besitzen die Arbeitgeber noch die Möglichkeit, ihre Arbeitnehmer über eine Ausnahmevereinbarung nach Art. 16 Abs. 1 Ver- Die Sozialversicherungspflicht prüfen Entsendungen von Arbeitnehmern in das EU-Ausland basieren seit Mai 2010 auf der Verordnung (EG) 883/04. Nach Artikel 12 Abs. 1 dieser Verordnung wird es Arbeitnehmern gestattet, bei einem Gang ins EU-Ausland für bis zu zwei Jahre die deutsche Sozialversicherungspflicht aufrechtzuerhalten und diese daher in das Ausland mitzunehmen. Unter der Vorgängerregelung, Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EWG) 1408/71, war eine solche Entsendung lediglich für einen Zeitraum von zwölf Monaten und einen Verlängerungszeitraum von abermals zwölf Monaten möglich. Abweichend vom ansonsten geltenden Beschäftigungslandprinzip – also der Grundidee, dass ein Arbeitnehmer in dem Land sozialversichert ist, in dem er personalmagazin 08 / 14 61 ordnung (EG) 883/04 in der deutschen Sozialversicherung zu halten. Soll der Auslandseinsatz über die EU-Mitgliedstaaten hinaus in Drittländern erfolgen, so ist zu fragen, ob ein Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und dem jeweiligen Gastland besteht. Ist dies der Fall, so richten sich die Bedingungen der Entsendung nach den Regelungen im Abkommen. Kommen sämtliche der vorgenannten Varianten nicht in Betracht, so kann ein Arbeitnehmer lediglich im Wege der Ausstrahlung nach § 4 SGB IV in der deutschen Sozialversicherung verbleiben. Die besondere arbeitsrechtliche Fürsorgepflicht bei Entsendungen © AHMAD A ATWAH / SHUTTERSTOCK.COM Aufgrund des bestehenden Arbeitsvertrags zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommen auf die beiden Vertragsparteien neben den Hauptpflichten Auch über kulturelle Besonderheiten sollten Mitarbeiter Bescheid wissen. 08 / 14 personalmagazin („Arbeit gegen Geld“) zahlreiche Nebenpflichten zu. Diese bestehen insbesondere in der wechselseitigen Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Partei, die sogenannte Rücksichtnahme- und Fürsorgepflicht. Daraus folgt die Verpflichtung von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, den jeweils anderen Vertragspartner im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis vor möglichen Schäden und Belastungen zu schützen. Aus diesen Grundsätzen folgt, dass der Arbeitgeber im Rahmen einer Entsendung und damit beim Einsatz seines Arbeitnehmers im Ausland erhöhte Fürsorgepflichten zu beachten hat (BAG v. 4.5.1983, 5 AZR 108/81). Diese ergeben sich aus dem Umstand, dass der Arbeitnehmer gerade für den Arbeitgeber sein bisheriges Tätigkeitsland verlässt und in eine für ihn neue (Arbeits-)Welt aufbricht. Dieser besondere Einsatz für den Arbeitgeber korrespondiert mit erhöhten Rücksichtnahme- und Fürsorgepflichten des Arbeitgebers. Besteht in Deutschland eine sehr klare Trennung zwischen dem Arbeits- und Privatbereich des Arbeitnehmers, so verschwimmen bei einer Auslandsentsendung diese Grenzen. Neben der rein auf den Arbeitsbereich bezogenen Fürsorge (zum Beispiel im Rahmen der Beachtung von Ruhezeiten oder Verkehrssicherungspflichten am Arbeitsplatz) hat der Arbeitgeber beispielsweise auch auf die jeweils im Gastland geltenden gesellschaftlichen und kulturellen Besonderheiten zu achten und Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass der Arbeitgeber eine sichere An- und Abreise sowohl der Personen als auch des Gepäcks ebenso zu gewährleisten hat wie die sichere Unterbringung vor Ort. Auch kann der Weg zwischen der Arbeitsund der Wohnstätte bereits in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fallen. Hierbei hat der Arbeitgeber etwa auch darauf zu achten, dass sich ein dem Arbeitnehmer überlassenes Fahr- Bei einer Auslandsentsendung kann auch der Weg zwischen dem Arbeits- und Privatleben bereits in den Verantwortungsbereich des Arbeitgebers fallen. zeug – vor allem in Gebieten mit eher geringeren Ansprüchen an die Verkehrssicherheit – in einem verkehrstüchtigen und im Wesentlichen den Vorgaben der deutschen Straßenverkehrsordnung entsprechenden Zustand befindet (BAG v. 23.3.1983, 7 AZR 526/80). Gerade auch an diesem Punkt zeigt sich die unter Fürsorgegesichtspunkten entstehende Vermischung des Arbeits- sowie des Privatbereichs. Über das bloße Arbeiten hinaus hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer auch die Teilhabe am Privatleben an seinem Tätigkeitsort zu ermöglichen. Wie ist die Sicherheitslage vor Ort? Werden Arbeitnehmer bei ihren Auslandseinsätzen mit besonderen Gefahrensituationen konfrontiert, wie dies beispielsweise bei Einsätzen in Krisenländern vorkommen kann, so obliegt es dem Arbeitgeber, den Arbeitnehmer sowohl hinsichtlich spezieller Schutzmaßnahmen und Verhaltensweisen im Vorfeld zu schulen als auch für einen ausreichenden Schutz des Arbeitnehmers während seines Auslandseinsatzes zu sorgen. Dies kann beispielsweise für Länder wie den Irak oder Afghanistan bedeuten, dass ihm eine Wohnstätte in einem sicheren Stadtviertel oder gar Schutzpersonal zur Verfügung gestellt werden muss. Im Hinblick auf besonders hohe Kriminalitätsraten im jeweiligen Einsatzgebiet kann beispielsweise die Gestellung einer sicheren Wohnstätte oder etwa die Organisation gesicherter und wechselnder An- und Abreisewege geboten sein. Ebenso kann dies bedeuten, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 62 RECHT_AUSLANDSENTSENDUNG HINWEIS auf die kulturellen Besonderheiten des Gastlandes vorbereiten muss. Wird etwa ein Mitarbeiter in den arabischen Raum entsandt, so sollte der Arbeitnehmer auf die dortigen religiös geprägten Sitten und Gewohnheiten vorbereitet werden. Hierzu gehört beispielsweise, dass sich der Arbeitnehmer zumindest mit den Grundzügen der Scharia befasst, um vor Ort etwaige Verstöße hiergegen, die teilweise mit drakonischen Strafen belegt sein können, zu unterlassen. Hierfür bieten sich Seminare vor der Entsendung an, welche dem Mitarbeiter die ausreichende soziale und kulturelle Kompetenz vermitteln. Fürsorge nicht nur rechtlich sehen Bei Entsendungen beschränken sich die Schutzpflichten des Arbeitgebers nicht nur auf den Arbeitsplatz und die Prävention von dort bestehenden Gefahren. Vielmehr ist der Arbeitgeber auch zunehmend verpflichtet, den Arbeitnehmer in gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht auf den Arbeitseinsatz vorzubereiten. Darüber hinaus können mit dem Auslandseinsatz auch gesteigerte Verkehrssicherungs- und Beratungspflichten verbunden sein. In der Praxis sollten insbesondere die Warnungen und Reisehinweise des Auswärtigen Amtes sowie der Deutschen Außenhandelskammer beachtet und die empfohlenen Sicherheits- und Fürsorgemaßnahmen (zum Beispiel empfohlene Reiseimpfungen, örtliche Kultur- und Rechtsvorstellungen sowie Schutzmaßnahmen gegen Kriminalität et cetera) beachtet werden. MICHAEL R. FAUSEL ist Rechtsanwalt bei der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft in Frankfurt. DR. CHRISTIAN BITSCH ist Rechtsanwalt bei der Beiten Burkhardt Rechtsanwaltsgesellschaft in Frankfurt. Auslandsversicherung sollte dabei sein Ein wichtiger Aspekt im Rahmen der Fürsorgepflicht bei Entsendungen ist die Absicherung des Arbeitnehmers gegen Krankheit. Hier kann eine Ergänzung der deutschen Krankenversicherung durch eine gesonderte Auslandskrankenversicherung sinnvoll sein. Neben etwaigen Hinweis- und gegebenenfalls auch Leistungspflichten im Zusammenhang mit notwendigen Reiseimpfungen kann auch der Umfang des jeweiligen Versicherungsschutzes bedeutsam werden: Ist der Arbeitnehmer in das Ausland entsandt oder nimmt er seinen Krankenversicherungsschutz über die Ausstrahlung nach § 4 SGB IV mit, so besteht zwar der deutsche Krankenversicherungsschutz im Ausland fort. Dies sichert jedoch den Mitarbeiter nicht rundum ab. Denn der deutsche Krankenversicherungsschutz kann innerhalb der EU-Mitgliedstaaten im Sinne des § 13 SGB V entweder unmittelbar gegenüber den Leistungserbringern im EU-Ausland oder insbesondere über § 17 SGB V geltend gemacht werden. Die erstgenannte Alternative trifft jedoch in der Praxis oftmals auf das Problem, dass in zahlreichen Mitgliedstaaten der EU der bestehende Schutzumfang der deutschen Sozialversicherung nicht anerkannt wird und der Mitarbeiter daher schutzlos stehen kann. Tritt hingegen der Arbeitgeber im Sinne des § 17 SGB V an die Stelle der Versicherung, so kann der Arbeitnehmer lediglich die Leistungen in Anspruch nehmen, die er auch in Deutschland hätte begehren können (BSG v. 27.9.2005, B 1 KR 13/04 R). Hierbei zeigt die Praxis, dass zahlreiche Leistungen, die im Ausland erbracht werden, nicht als vom Schutzumfang der deutschen Krankenversicherung umfasst angesehen werden und sich Arbeitgeber daher von einer Einstandspflicht befreien könnten. Dies könnte bedeuten, dass letztlich der Arbeitnehmer keine volle Erstattung seiner Kosten erhält. Es hat sich daher bei den meisten Betrieben eingebürgert, dass für die in das Ausland gehenden Mitarbeiter eine gesonderte Auslandskrankenversicherung oder eine vom Unternehmen ausgehende Gruppenauslandskrankenversicherung abgeschlossen wird. Diese ermöglicht den Arbeitnehmern, Leistungen mit der Versicherung vergleichbar zu einem Privatversicherten abzurechnen und damit im Ausland regelmäßig einen erhöhten Leistungsumfang zu nutzen. Die private Auslandskrankenversicherung bietet sich insbesondere auch für den Fall an, dass der Arbeitnehmer beispielsweise aufgrund des Überschreitens der zeitlichen Vorgaben oder der Nichteinhaltung der vorgenannten Voraussetzungen den Vorgaben einer Entsendung oder einer Ausstrahlung nicht mehr unterliegt. Sodann besteht der Krankenversicherungsschutz in Deutschland nicht mehr fort. In diesem Fall wären die Mitarbeiter lediglich auf die etwa bestehende ausländische Krankenversicherung angewiesen. Dies kann und sollte jedoch den Mitarbeitern in den meisten Ländern nicht zugemutet werden. Besitzt der Arbeitgeber für diesen Fall eine Auslandskrankenversicherung oder eine Gruppenauslandskrankenversicherung, so ist der Mitarbeiter ungeachtet der lokalen Versicherungsverhältnisse dauerhaft sowie auf einem zumindest dem deutschen Standard vergleichbaren Niveau abgesichert. Musterklausel für eine Entsendung nach Saudi-Arabien: „Zwischen Deutschland und Saudi-Arabien besteht kein Sozialversicherungsabkommen. Der Arbeitgeber wird im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer einen Antrag auf Ausstrahlung nach § 4 SGB IV stellen. Hierdurch soll die Fortgeltung des deutschen Sozialversicherungsrechts erreicht werden. Ungeachtet des Ausgangs dieses Verfahrens wird für den Mitarbeiter eine private Auslandskrankenversicherung bei der Mustermann-Versicherung abgeschlossen. Den Leistungsumfang der Mustermann-Versicherung kann der Mitarbeiter der Anlage entnehmen.“ personalmagazin 08 / 14 RECHT_VERTRÄGE 63 Die Quasi-Wettbewerbsverbote GESTALTUNG. Das klassische nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist meist teuer. Doch es gibt durchaus arbeitsrechtliche Alternativen. Von Alexander Greth I n jüngerer Vergangenheit belegten zwei prominente Fälle eindrucks voll die Wirksamkeit nachvertragli cher Wettbewerbsverbote. So kann Andreas Renschler, der ehemalige Pro duktionsvorstand des Autobauers Daim ler, statt sofort erst im Jahr 2015 Mitglied des Vorstands beim Konkurrenten VW werden. Ähnlich erging es Tina Müller, der ehemaligen Marketing Managerin von Henkel, die Mitglied des Vorstands der Beiersdorf AG werden wollte. Auch dieses Vorhaben scheiterte an dem mit ihr vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbot. Anders als es jedoch auf den ersten Blick scheinen mag, sind beide Konstellationen kein Beleg dafür, dass sich ein nachvertragliches Wettbe werbsverbot für den Arbeitgeber in je dem Fall lohnt. Arbeitgeber hat oft kein Interesse an Einhaltung des Verbots Bei der Beendigung des Arbeitsverhält nisses zeigt sich aber außerhalb dieser Paradefälle stattdessen immer wieder, dass dem Arbeitgeber zwar ein wirksa mes Wettbewerbsverbot zur Seite steht, er jedoch an der Einhaltung kein Inte resse mehr hat. Viele Unternehmen wür den entsprechende Vereinbarungen ger ne aufheben, um von der Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung frei zu werden. Zwar ist ein einseitiger Verzicht des Arbeitgebers möglich. Al lerdings wird der Arbeitgeber erst mit Ablauf eines Jahres ab der Verzichts erklärung von der Verpflichtung zur 08 / 14 personalmagazin Zahlung der Karenzentschädigung frei. Wenn der Verzicht zusammen mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt wird, bliebe der Arbeitgeber bei spielsweise bei einer Kündigungsfrist von drei Monaten für einen Zeitraum von neun Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichtet, wenn sich der Arbeitnehmer seinerseits an das Es sollte auch während der Dauer des Arbeits verhältnisses geprüft werden, ob ein bei Ver tragsschluss vereinbar tes Wettbewerbsverbot noch sinnvoll ist. Wettbewerbsverbot hält. Falls nicht aus nahmsweise eine besonders lange Kün digungsfrist vereinbart wurde oder der Arbeitgeber in weiser Voraussicht lange vor Ausspruch der Kündigung auf das Wettbewerbsverbot verzichtete, bleibt regelmäßig nur dessen einvernehmliche Aufhebung. Dazu wird der Arbeitneh mer vielfach nur bereit sein, wenn ihm der damit verbundene Verlust des An spruchs auf eine Karenzentschädigung zumindest teilweise durch eine Ein malzahlung kompensiert wird. Das auf Wunsch des Arbeitgebers einmal verein barte nachvertragliche Wettbewerbsver bot stärkt dann die Verhandlungspositi on des Arbeitnehmers und erweist sich für den Arbeitgeber als Kostenfaktor bei der Vereinbarung über eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Karenzrisiko wird häufig übersehen Dieses Risiko und die sich aus der Zah lung der Karenzentschädigung ergeben den finanziellen Belastungen blenden Arbeitgeber häufig aus und sehen in dem Verbot ausschließlich eine für das Unternehmen vorteilhafte Regelung. Das führt dazu, dass Arbeitsverträge ab einer bestimmten Führungsebene nachvertragliche Wettbewerbsverbote als Standardklausel enthalten und wäh rend der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht mehr geprüft wird, ob das einmal vereinbarte Verbot weiterhin sinnvoll ist oder ob nicht eine einvernehmliche An passung an veränderte Gegebenheiten oder gar ein Verzicht darauf geboten ist. Zudem sind nachvertragliche Wettbe werbsverbote gerade bei der Beteiligung ausländischer Entscheidungsträger oft durch die Befürchtung motiviert, dass ohne die Vereinbarung eines solchen Verbots der Mitarbeiter sofort zu einem Konkurrenten wechseln könne und dem Arbeitgeber keine Zeit bleibe, um einer Abwerbung von Kunden und Vertrags partnern entgegenzuwirken. Moderat längere Kündigungsfristen als wirksame Alternative Der schnelle Griff zur Wettbewerbsklau sel lässt häufig außer Betracht, dass die bei einer ordentlichen Beendigung Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 64 RECHT_VERTRÄGE des Arbeitsverhältnisses einzuhaltende Kündigungsfrist dazu genutzt werden kann, einen Kollegen als Nachfolger bei Kunden und Vertragspartnern einzu führen. Selbst wenn der Arbeitnehmer seiner einvernehmlichen Freistellung während der Kündigungsfrist wider spricht, muss er die Einarbeitung eines Nachfolgers und dessen Einführung bei Kunden dulden. Da dafür in der Regel ein Zeitraum von circa drei bis sechs Monaten ausreichend ist, bietet sich die Vereinbarung entsprechend langer Kün digungsfristen als Alternative zu einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot an. Moderat längere Kündigungsfristen erhöhen zudem die Planungssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und werden daher von beiden Seiten als vorteilhaft bewertet. Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Arbeit nehmer voraussichtlich erst ab einer bestimmten Beschäftigungsdauer un entbehrlich wird, kann der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vorsehen, dass die längeren Kündigungsfristen erst ab ei ner bestimmten Dauer des Arbeitsver hältnisses Anwendung finden. Wenn das während der Kündigungs frist bestehende gesetzliche Wettbe werbsverbot keinen ausreichenden Schutz verspricht, sollte es zumindest bei der Bemessung der Dauer des nach vertraglichen Wettbewerbsverbots be rücksichtigt werden. Falls beispielsweise ein Mitarbeiter eine Kündigungsfrist von sechs Monaten hat und es geboten erscheint, ihn für zwölf Monate vom Wettbewerb fernzuhalten, könnte die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots von sechs Monaten ausreichend sein, da zusätzlich während der sechsmonatigen Kündigungsfrist das gesetzliche Wettbewerbsverbot gilt. Den Zeitpunkt der Geltung des Verbots gestalten Eine sorgfältige Prüfung, wann ein nach vertragliches Wettbewerbsverbot gebo ten ist, führt regelmäßig zu der Erkennt nis, dass eine Geltung des Verbots ab dem Wer nach der Kündigung eines Arbeitnehmers diesem nicht ab sofort als Wettbewerber begegnen will, muss dies arbeitsvertraglich richtig vereinbaren. GESETZESTEXT § 74 Abs. 2 HGB: „Das Wettbewerbsverbot ist nur verbindlich, wenn sich der Prinzipal verpflichtet, für die Dauer des Verbots eine Entschädigung zu zahlen, die für jedes Jahr des Verbots mindestens die Hälfte der von dem Handlungsgehilfen zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen erreicht.“ ersten Tag des Arbeitsverhältnisses nicht sinnvoll ist, da der Arbeitnehmer bedeut same Kundenbeziehungen erst aufbauen und sich schützenswertes Wissen erst aneignen muss. Es ist daher ein geradezu klassischer, wenn auch in der Praxis weit verbreiteter Gestaltungsfehler, das nach vertragliche Wettbewerbsverbot bereits mit Beginn des Arbeitsverhältnisses zu vereinbaren. Endet das Arbeitsverhält nis dann bereits während der Probezeit, kommt der Arbeitnehmer für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsver bots in den Genuss der zugesagten Ka renzentschädigung, obwohl das Wettbe werbsverbot zu diesem Zeitpunkt sinnlos ist. Ein nachvertragliches Wettbewerbs verbot sollte grundsätzlich erst greifen, wenn der Mitarbeiter schützenswertes Wissen und Kundenbeziehungen aufbau en konnte, und daher frühestens nach Ablauf der Probezeit Wirkung entfalten. Vorverträge kommen als wirksame Alternative in Betracht Vielfach ist bei Abschluss des Arbeits vertrags noch nicht absehbar, ob und ab welchem Zeitpunkt sich der neu einge stellte Mitarbeiter zu einem wertvollen Know-how-Träger entwickeln wird und deshalb die Vereinbarung eines Verbots sinnvoll ist. Es bietet sich dann an, zu personalmagazin 08 / 14 65 nächst einen Vorvertrag abzuschließen, in dem sich der Arbeitnehmer verpflich tet, auf Verlangen des Arbeitgebers zu einem späteren Zeitpunkt das in dem Vorvertrag bereits ausformulierte nach vertragliche Wettbewerbsverbot zu ver einbaren. Das hat den Vorteil, dass der Arbeitgeber nicht von Anfang an die Verpflichtung eingeht, eine Karenzent schädigung als Gegenleistung für die Einhaltung des Verbots zu bezahlen. Der Vorvertrag muss vorsehen, dass der Arbeitgeber den Abschluss des Verbots nur so lange verlangen kann, wie das Arbeitsverhältnis ungekündigt besteht. Beim Arbeitgeber verbleibt daher das Risiko, dass der Arbeitnehmer durch eine Eigenkündigung der Vereinbarung des Verbots zuvorkommt und mithin nach Ablauf der Kündigungsfrist zu ei nem Wettbewerber wechseln kann. Allerdings hat das Bundesarbeits gericht bislang zu den rechtlichen Anforderungen an einen wirksamen Vorvertrag nicht abschließend Stellung genommen. Zwar hat es in seiner Ent scheidung vom 14. Juli 2010, Aktenzei chen 10 AZR 291/09, Vorverträge im Grundsatz für zulässig erklärt, wenn bei Abschluss des Arbeitsvertrags die künf tige Entwicklung des Mitarbeiters, die Weiterentwicklung der schutzwerten ge werblichen Interessen des Arbeitgebers oder dessen finanzielle Belastbarkeit nicht hinreichend absehbar sind und deshalb der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse am Abschluss eines Vorver trags hat. Allerdings ist der Entscheidung auch zu entnehmen, dass der Vorvertrag dann problematisch wird, wenn er zu einer un billigen Erschwerung des Fortkommens des Arbeitnehmers führt. In der Ent scheidung hat das Bundesarbeitsgericht offengelassen, unter welchen Voraus setzungen eine unbillige Erschwerung des Fortkommens vorliegen kann. Es ist daher zu empfehlen, den Vorvertrag zu sätzlich auf einen bestimmten Zeitraum zu befristen. Eine Befristung von bis zu zwei Jahren dürfte angemessen sein, 08 / 14 personalmagazin wenn voraussichtlich erst innerhalb die ses Zeitraums absehbar wird, ob schüt zenswerte Interessen des Arbeitgebers den Abschluss eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots erfordern. Geschickte Formulierungen führen nicht zum Ziel Abgesehen von diesen beiden sinnvollen Alternativen (Vereinbarung moderat län gerer Kündigungsfristen oder Abschluss eines Vorvertrags) führen Versuche, den Arbeitnehmer durch vermeintlich geschickte Formulierungen bei nach vertraglichen Wettbewerbshandlungen einzuschränken, ohne zugleich eine Ka renzentschädigung zu versprechen, nicht zum Ziel. Beispielsweise sind sogenann te Rückzahlungsklauseln unwirksam, die vorsehen, dass der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses emp fangene Leistungen des Arbeitgebers zurückgewähren muss, wenn er nach Be endigung des Arbeitsverhältnisses Wett bewerb macht. Unwirksam sind auch Kundenschutz klauseln, denen zufolge der Arbeitneh mer einen bestimmten Teil des Umsatzes, den der mit ehemaligen Kunden seines ehemaligen Arbeitgebers erzielt, an diesen abführen muss. Solche Klauseln kommen allenfalls bei freien Berufen, also beispielsweise in Arbeitsverträgen mit Rechtsanwälten, Steuerberatern oder Wirtschaftsprüfern, in Betracht und müs sen dann zumindest so ausgestaltet sein, dass sich die Mandatsübernahme für den früheren Arbeitnehmer noch wirtschaft lich lohnt. Auch der Versuch, den Mitarbeiter durch eine weitreichende Geheimhal tungsverpflichtung vom Wettbewerb fernzuhalten, führt nicht zum Erfolg. Schließlich dürfen Geheimhaltungsklau seln die berufliche Weiterentwicklung des Arbeitnehmers nicht behindern. We nig sinnvoll ist die Vereinbarung eines eingeschränkten Wettbewerbsverbots, durch das beispielsweise nur die Abwer bung von Kunden untersagt wird, da auch dafür die volle Karenzentschädigung er ARBEITSHILFE Muster Zusatzvereinbarung zum nachvertraglichen Wettbewerbsverbot (HI1202306) Die Arbeitshilfe finden Sie im Haufe Personal Office (HPO). Internetzugriff: www.haufe.de/hi1202306 forderlich ist. Rechtlich zulässig ist zwar die Auslobung von erst nach Vertrags beendigung zu leistenden Zahlungen für den Fall, dass der Arbeitnehmer kei nen Wettbewerb macht. Beispielsweise könnte dem Arbeitnehmer versprochen werden, dass der ehemalige Arbeitgeber ihm für jeden Monat, in dem er keinen Wettbewerb macht, einen bestimmten Geldbetrag zahlt. Eine sinnvolle Alterna tive zu einem nachvertraglichen Wett bewerbsverbot ist dies jedoch nicht, da der Arbeitgeber außer dem finanziellen Anreiz keinen Druck ausüben kann. Gute Alternativen vorhanden Der Arbeitgeber sollte in jedem Einzel fall prüfen, ob die durch Wettbewerbs handlungen zu erwartenden Nachteile die Kosten eines Wettbewerbsverbots rechtfertigen. Als Alternative bieten sich moderat längere Kündigungsfris ten oder ein Vorvertrag an. Letzterer ist zu empfehlen, wenn bei Abschluss des Arbeitsvertrags noch nicht absehbar ist, ob und wann sich der Mitarbeiter zu einem wertvollen Know-how-Träger entwickeln wird. Nicht zielführend sind Versuche, durch eine vermeintlich ge schickte Vertragsgestaltung eine Ka renzentschädigung zu vermeiden, da solche Klauseln wegen Umgehung der gesetzlichen Regelung zur bezahlten Karenz unwirksam sind. ALEX ANDER GRETH ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Simmons & Simmons in Düsseldorf. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 66 RECHT_BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG Anpassungsurteil aus Erfurt URTEIL. Das Ansteigen der Lebenshaltungskosten muss nicht immer zur Erhöhung der Betriebsrenten führen. Das BAG hat dazu neue Grundsätze formuliert. Betriebsrenten müssen alle drei Jahre angepasst werden. fand sich ein ehemaliger Arbeitnehmer der Dresdner Bank, die im Jahr 2009 mit der Commerzbank fusioniert hatte, nicht ab und klagte. Er bezog seit 1998 eine Betriebsrente der Dresdner Bank. Im Jahr 2010, ein Jahr nach der Fusion, entschied die Commerzbank vor dem Hintergrund der Finanzkrise, die Renten nicht zu erhöhen. Dagegen klagte der ehemalige Arbeitnehmer und verlor in allen Instanzen, nun auch vor dem Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 15.4.2014, Az. 3 AZR 51/12). BAG urteilt unternehmerfreundlich Von Stefan Kursawe A lle drei Jahre sind Arbeitgeber nach § 16 Abs. 1 BetrAVG (Betriebsrentengesetz) verpflichtet, eine Anpassung der Betriebsrente zu prüfen und die Renten zu erhöhen, wenn es die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers erlaubt. Das tat auch die Commerzbank regelmäßig, bis zum Jahr 2010, als sich die Bank entschied, die Erhöhung auszusetzen. Damit Die Entscheidung bedeutet für Unternehmen in schwieriger Wirtschaftslage eine Erleichterung. Denn bislang hatte es das BAG ihnen traditionell schwer gemacht, die Betriebsrenten nicht zu erhöhen. Das Gesetz drückt es etwas schwammig aus: Der Arbeitgeber darf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens berücksichtigen. Er muss zugleich aber auch die Interessen des Betriebsrentners, insbesondere am Ausgleich des Kaufkraftverlusts, im Blick haben. Wenn also die Erhöhung der Betriebsrente eine übermäßige Belastung des Unternehmens darstellen würde, kann die Anpassung ganz oder teilweise unterbleiben. Als übermäßige Belastung gilt eine Erhöhung dann, so das BAG, wenn das Unternehmen den Teuerungsausgleich aller Voraussicht nach nicht aufbringen kann. Im entschiedenen Fall sah die Commerzbank keine Möglichkeit, die Betriebsrente anzupassen, weil noch nicht absehbar war, ob die Bank die Finanzkrise überhaupt überstehen würde. Jedenfalls aber war absehbar, dass sie noch auf staatliche Unterstützung angewiesen sein würde. Dieser Umstand genügte den Erfurter Richtern als übermäßige wirtschaftliche Belastung. Das Kriterium der wirtschaftlichen Unmöglichkeit Die Finanzkrise und ihre wirtschaftliche Auswirkung auf die Bankenbranche ist allerdings ein Spezialfall. Für Unternehmen ist es grundsätzlich schwerer als im geschilderten Fall der Commerzbank, die wirtschaftliche Unmöglichkeit der Betriebsrentenerhöhung zu begründen. Das BAG begnügt sich nämlich nicht mit Aussagen über die Entwicklung der Auftragslage, die Rentabilität, den Investitionsbedarf oder den handelsrechtlichen Gewinn beziehungsweise Steuerbilanzgewinn. Sondern es verlangt eine vollständige und lückenlose Darstellung der wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens. Der Arbeitgeber ist also in jeder Hinsicht in der Bringschuld vor Gericht. Hinzu kommt, dass die Offenlegung solcher Zahlen und Fakten immer sensibel ist und der Arbeitgeber in den allermeisten Fällen Geschäftsgeheimnisse offenlegen muss. Das BAG betont, dass durch die Erhöhung der Betriebsrente die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens gesichert bleiben muss; von dieser hängen immerhin die Arbeitsplätze ab. Bereits im Jahr 1996 hat das BAG geurteilt, dass Unternehmen auch Rücklagen bilden dürfen, die verzinst werden. Wenn diese Rücklagen und die zu erwartenden Erträge nicht höher sind als die zu erwartenden Mehrausgaben durch die Betriebsrenpersonalmagazin 08 / 14 67 tenerhöhung, dann darf das Unternehmen auf die Erhöhung verzichten (BAG, Urteil v. 15.1.2013, Az. 3 AZR 638/10). Das Unternehmen muss die bisherige Entwicklung berücksichtigen und eine Prognose für die nächsten drei Jahre abgeben – bis zum nächsten Überprüfungsstichtag. Auch wenn Unternehmen größere Investitionen planen oder Restrukturierungen ins Haus stehen, kann dies berücksichtigt werden. Es wäre auch nicht gerecht, wenn einerseits viele Menschen durch Massenentlassungen ihren Arbeitsplatz verlieren, dafür aber Betriebsrentner eine Erhöhung fordern könnten. Dies würde auch den Betriebsfrieden stören. Insgesamt lässt das BAG also eine Reihe von Kriterien gelten, um die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu wahren. Sonderfall Abwicklungsgesellschaft So einleuchtend dies ist, so hat diese Sicht des BAG auch eine fast paradoxe Kehrseite: Für Abwicklungs- oder Rentnergesellschaften spielt die Wettbewerbsfähigkeit keine Rolle mehr. Das bekam die Ymos AG zu spüren, die früher einer der führenden Autozulieferbetriebe im Westen Deutschlands war. Nach dem Verkauf des operativen Geschäfts wurde die Ymos AG eine reine Restvermögensverwaltung und war faktisch betrachtet nur noch eine rechtliche Hülle – allerdings mit sehr vielen Betriebsrentnern. Als Ymos die Betriebsrente zunächst nicht erhöhen und dann kürzen wollte, zogen 1.250 Betriebsrentner vor Gericht – und gewannen im Jahr 2009 in allen Instanzen. Auf die Wettbewerbsfähigkeit der Ymos käme es gar nicht mehr an, begründeten die Gerichte. Ymos meldete Insolvenz an, die Betriebsrentner bekommen ihr Geld mittlerweile vom Pensionssicherungsverein. Regelung bei Konzerngesellschaften Für die Betriebsrentenanpassung ist immer die wirtschaftliche Lage des jeweiligen Arbeitgebers entscheidend, da nur er versorgungspflichtig ist. Ob der Arbeitge08 / 14 personalmagazin ber nur eines von vielen Konzernunternehmen ist, wird nicht berücksichtigt. Wenn es also der Muttergesellschaft oder dem Gesamtkonzern schlecht geht, muss der Arbeitgeber prüfen, ob die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Konzerns innerhalb der nächsten drei Jahre Auswirkungen auf den Arbeitgeber selbst haben werden – und ob diese Auswirkungen tatsächlich so schwerwiegend sind, dass eine Erhöhung der Betriebsrenten wirtschaftlich nicht vertretbar ist. Andererseits kann sich kein Unternehmen künstlich arm rechnen, indem es Gewinne und Erträge einfach auf die Muttergesellschaft oder den Konzern hinüberschiebt. Ausnahmen vom Drei-Jahres-Zyklus Für alle Versorgungszusagen, die nach dem 1. Januar 1999 erteilt wurden, sieht das Betriebsrentengesetz eine Möglichkeit vor, wie der Arbeitgeber auf die dreijährige Prüf- und gegebenenfalls Erhöhungspflicht verzichten kann. Hierfür muss sich der Arbeitgeber aber verpflichten, die laufenden Leistungen um jährlich wenigstens ein Prozent zu erhöhen. Das kann dann ein gutes Geschäft sein, wenn die allgemeine Teuerungsprognose auf längere Zeit höher als ein Prozent pro Jahr ausfällt. Natürlich geht der Arbeitgeber hier das Risiko ein, sich zu Zahlungen zu verpflichten, die er eventuell nur unter großen Schwierigkeiten einhalten kann. Sich von dieser Verpflichtung wieder loszusagen, ist kaum möglich. Kürzung von Versorgungszusagen Die Kürzung bereits bestehender Versorgungszusagen ist an enge Voraussetzungen gekoppelt. Grundsätzlich ist es zwar möglich, dass Unternehmen Betriebsrenten kürzen. Anders als bei einer nur unterbliebenen Erhöhung der Betriebsrente muss die Kürzung allerdings notwendig sein, um die Substanz des Unternehmens zu retten. Das Unternehmen wäre also gezwungen, Arbeitnehmer zu entlassen oder Investitionsgüter zu verkaufen, um die Lasten aus den laufenden Betriebs- renten aufzubringen. Dieser Nachweis gelingt nur selten. Die Erfahrung zeigt aber, dass Betriebsrentner mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber häufig auch emotional noch sehr verbunden sind, auch da Betriebsrentner immer mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte für das Unternehmen tätig waren. Mitunter ist das einfachste Mittel, mit den ehemaligen Arbeitnehmern eine Verständigung zu suchen und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens darzulegen. Arbeitgeber mit Betriebsrat sind bei der Kürzung bestehender Betriebsrenten im Vorteil. Sie können nämlich mit einer Betriebsvereinbarung auch alte Zusagen aus alten Betriebsvereinbarungen verschlechtern. Einer gerichtlichen Kont rolle unterliegt das nicht, wenngleich es natürlich auch hier Grenzen wie den Vertrauensschutz gibt. Betriebsräte haben jedoch häufig vertiefte und bessere Einblicke in die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und sind so im Zweifel eher bereit, verschlechternde Bedingungen zu vereinbaren, um den Fortbestand des Betriebs insgesamt zu sichern. Betriebsvereinbarungen stoßen an ihre Grenzen, wo Tarifverträge existieren; diese gehen dann vor und Gewerkschaften lassen sich – schon aufgrund ihrer Mitgliederstruktur – sehr selten auf Rentenkürzungen ein. BAG zeigt begrüßenswerte Flexibilität Betriebsrenten sind und bleiben eine sinnvolle Einrichtung, um Arbeitnehmer im Alter abzusichern. Sie binden Arbeitnehmer an ihren Arbeitgeber, was in Zeiten des Fachkräftemangels ein unschätzbarer Vorteil ist. Dass das BAG nun die Flexibilität des Arbeitgebers bei der Anpassung der Renten ein wenig stärkt und nicht jede Erhöhung quasi als gesetzmäßig ansieht, ist für die Zukunft des dritten Standbeins der Altersvorsorge sehr zu begrüßen. DR. STEFAN KURSAWE ist Partner bei Heisse Kursawe Eversheds in München. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 68 PERSÖNLICH_NEWS Vergütungshöhen im Vergleich: Welche Branchen zahlen gut? Mitarbeiter ins Ausland entsenden INTENSIVSEMINAR. Im zweitägigen Intensivseminar „Auslandsentsendung von Mitarbeitern – Konditionen, Verträge, Arbeitsrecht, Steuerrecht, Sozialversicherung“ erfahren Personalmanager, welche Aspekte bei einem internationalen Personaleinsatz zu berücksichtigen sind. Behandelt werden Themen wie Personalauswahl, Vertrags gestaltung und Betreuung von Mitarbeitern im Ausland sowie rechtliche und finanzielle Aspekte. Der nächste Termin ist am 25. und 26. November in Köln. www.cdc.de I n welchen Branchen werden HR-Experten am besten vergütet? Dieser Frage geht der Vergütungs-Check von Personalmarkt-Services und Personalmagazin in diesem Monat nach. In der Tabelle finden Sie den jeweiligen Durchschnittswert der Branche in Prozent vom Gesamtdurchschnitt. Ab der Septemberausgabe beginnt der Vergütungs-Check wieder mit den Durchschnittsgehältern zentraler Tätigkeitsfelder im Personalwesen (siehe Übersicht). WO PERSONALER WIE VIEL VERDIENEN Durchschnittswerte über 120 Prozent Pharma, Chemie, Verfahrenstechnik Großhandel (Technik und Sonstiges) Halbleiter Immobilien Luftfahrt, Autoindustrie Möbel, Holz Sonstige Investitionsgüter Steuerberatung, Wirtschaftsprüfung Banken, Finanzdienstleistung Bildungsinstitutionen Unternehmensberatung Telekommunikation IT-Systemhäuser, sonstige IT Internet- und Versandhandel Medizintechnik Großhandel (Bau und Einrichtung) Energie, Wasser, Umwelt, Entsorgung Kultur Maschinenbau Konsum- und Gebrauchsgüter 18. bis 19. Gespräche gezielt steuern August, Timmen- Tel. 07551 9368-0 dorfer Strand www.die-akademie.de 26. bis 27. August, Berlin Low Performer Tel. 0211 9686-3171 www.euroforum.de/lowperformer Großhandel (allgemein) Versicherungen Elektrotechnik Biotechnologie Erfolgsfaktoren Mitarbeiterbindung und Arbeitgeberattraktivität Tel. 0761 898-4422 www.haufe-akademie.de/52.58 Feinmechanik, Optik Kosmetik Schifffahrt Forschungsinstitute Metall, sonstige Industrie Verbände Für Abonnenten des Haufe P ersonal Office Premium sind diese Online-Seminare inklusive. Durchschnittswerte <80 Prozent Autohäuser Handwerk Touristik, Freizeit Einzelhandel (Technik, Bau und Einrichtung) Soziale Einrichtungen Einzelhandel (Bekleidung, Textil) Einzelhandel (Lebensmittel, Sonstiges, allg.) Call Center Hotel und Gaststätten Druck und Papier, Verpackung ÜBERSICHT Kunststoff, Gummi, Glas, Keramik Sept.: Personalentwickler Messebetreiber Okt.: Fachlicher Trainer Bekleidung, Textil Nov.: Persönlichkeitstrainer Ingenieurbüro Dez.: Syndikus Jan.: Lohn und Gehalt Durchschnittswerte 90 – <100 Prozent Feb.: Personalmarketing Lebensmittel/Nahrung, Genuss März: Personalleiter Medien, Presse April: Personalreferent Krankenhäuser Mai: Personalsachbearbeiter Öffentliche Verwaltung, Behörden Bau HPO Sonstige Dienstleistungen Zeitarbeit 9. bis 10. September, Hamburg Weitere Informationen zu den Online-Seminaren erhalten Sie unter Tel. 0180 5050-440 und www.haufe-online-training.de Werbung und PR Software Fahrzeugbau 24. September Unternehmen stressfest machen (Teil 1): Risiko minimieren – Gesundheitspotenziale erhöhen Logistik, Transport, Verkehr Gesundheitswesen Führen ohne Vorgesetztenfunktion Tel. +41 44 7228585 www.zfu.ch 18. September Erfolgsfaktoren zukunftsträchtiger Zielvereinbarungssysteme Rechtsberatung Durchschnittswerte 100 – <120 Prozent 26. bis 27. August, München ONLINE-SEMINARE Großhandel (Lebensmittel, Kleidung, Textil) Computer (Herstellung Hardware) Anlagenbau SEMINARE Durchschnittswerte 80 – <90 Prozent Personalberatung Juni: Personalberater Juli: Personaldisponent Aug.: Branchenvergleich QUELLE: PERSONALMARKT, 2014 personalmagazin 08 / 14 69 Die Projektarbeit simultan visualisieren S imultanes Visualisieren in der Projektarbeit erlernen die Teilnehmer eines Seminars am 18. und 19. September in Weinstadt (bei Stuttgart). Dahinter verbirgt sich eine Methode der Gesprächsführung, bei der kontroverse Diskussionen, komplexe Sachverhalte und schwierige Entscheidungsfindungsprozesse so dokumentiert und visualisiert werden, dass keine wichtigen Gedanken verloren gehen und die Teilnehmer zu Ergebnissen gelangen, die von allen getragen werden. Die Methode soll zudem ermöglichen, innerhalb des Projekts eine höhere Transparenz zu erreichen, die Ergebnisse effektiver zu dokumentieren und somit das gesamte Projektteam besser zu führen. Das Zweitagesseminar richtet sich an Personen, die Projekte leiten oder koordinieren sowie an angehende Projektleiter. ww.ilea-institut.de Business Phrases: „writing a testimonial: summary of performance“ Die zusammenfassende Leistungsbeurteilung („summary of performance“) stellt für viele Personaler die wichtigste Aussage dar. Eine sehr gute Leistungsbeurteilunng könnte lauten: „Mr. XY always completed tasks assigned to him to our utmost satisfaction.“ (Herr XY führte ihm übertragene Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit aus). Eine durchschnittliche Wertung beschreibt folgender Satz: „Mr. XY always managed tasks assigned to him to our satisfaction.“ (Herr XY führte ihm übertragene Aufgaben stets zu unserer Zufriedenheit aus). An dieser Stelle stellt Ihnen das Personalmagazin hilfreiche Redewendungen aus dem Englischen vor. Diese sind dem Haufe Praxisratgeber „Business English für Personaler“ entnommen. www.business-english.de/personalmodul HR-NETZWERKE Frankfurt am Main, München und Köln – hier treffen sich die Netzwerkmitglieder regelmäßig. Personalwerk-Netzwerktreffen Ansprechpartner: Stephan Harsch E-Mail: [email protected] Aktuelle Themen rund um Employer Branding, Personalmarketing und Recruiting behandeln die Teilnehmer der Personalwerk-Netzwerktreffen, die zweimal jährlich je Standort stattfinden. In wechselnden Locations in den drei Einzugsgebieten Frankfurt am Main, München und Köln treffen sich je zwischen 30 und 60 Personalverantwortliche aus Unternehmen. Dienstleister und Agenturen dürfen nicht teilnehmen. Jedes Netzwerktreffen steht unter einem individuellen Thema, das etwa acht Wochen vor dem Treffen definiert und kommuniziert wird. Nach einem ersten Austausch der Teilnehmer 08 / 14 personalmagazin sorgt eine Keynote, ein Vortrag oder eine Podiumsdiskussion für den Einstieg in das Thema. Bei einem Imbiss bietet sich danach die Gelegenheit zur Diskussion und zum Netzwerken in ungezwungener Runde. Meist werden die Treffen durch einen Eventteil, etwa den Besuch einer Ausstellung oder eines Museums, ergänzt. Das Netzwerk, das Anfang 2011 ins Leben gerufen wurde, hat keinen fest definierten Teilnehmerkreis. Interessenten können sich unter www.personalwerk.de registrieren und erhalten dann regelmäßig Einladungen zu den Netzwerktreffen. Die Teilnahme ist kostenfrei. Unterhalten Sie einen nichtkommerziellen Personaler-Treff und sind offen für neue Mitglieder? Dann schreiben Sie unter dem Stichwort „HR-Netze“ eine Nachricht an: [email protected]. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 70 PERSÖNLICH_GLOBALE REKRUTIERUNG Der Arbeitsmarkt wird immer globaler. Doch was beim Recruiting in Deutschland funktioniert, ist international nicht immer zielführend. Neue Kompetenzen sind gefragt PRAXIS. Wer bei der Mitarbeitersuche im eigenen Land nicht mehr fündig wird, ver- sucht sein Glück im Ausland. So werden Recruiter fit für den internationalen Markt. Von Anna Beeger I mmer noch 62 Prozent der deutschen Unternehmen beschränken sich bei der Mitarbeitersuche auf den heimischen Markt. Doch laut dem HR-Report 2013/2014 wagen bereits 19 Prozent der Firmen den Schritt über die Landesgrenze und rekrutieren im europäischen Ausland. 15 Prozent suchen sogar weltweit. Die Studienautoren sind überzeugt, dass die weltweite Mitarbeitersuche in den nächsten Jahren weiter zunehmen wird. Für diejenigen Recruiter, die bislang ausschließlich lokal aktiv waren, bietet der internationale Arbeitsmarkt echte Optionen. Wer sich fit für den internationalen Markt macht und entsprechendes Know-how aufbaut, dem eröffnen sich vielfältige Betätigungschancen. Allerdings ist auch ein Umdenken nötig. Begrenzter Know-how-Transfer Im nationalen Recruitingmarkt folgte die Tätigkeit bislang festen Mustern. Die Recruiter kennen den Zielmarkt, aus dem rekrutiert werden soll, wie ihre Westentasche, und verfügen über Netzwerke und Partner. Auch die Erwartungen eines Bewerbers aus der Region sind ihnen nicht fremd. Sie formulieren bedarfsgerecht Stellenbeschreibungen und selektieren die Medien, über die sich die gesuchte Zielgruppe informiert. Aufgaben wie Interviewführung, Kandidatenauswahl und Rekrutierungsplanung komplettieren das Tagesgeschäft. Auf lokaler Ebene arbeiten die Recruiter in einem funktionierenden System, bei dem alle Schritte erprobt sind und logisch ineinandergreifen. Auf diese Kompetenzen können sich Recruiter bei einem internationalen Projekt nur bedingt verlassen. Im internationalen Kontext wird eine sicher geglaubte lokale Vorgehensweise schnell auf eine harte Probe gestellt. Ein Knowhow-Transfer gelingt nur dann, wenn es um die Abfolge der operativen Schritte innerhalb eines kompletten Rekrutiepersonalmagazin 08 / 14 71 rungsprozesses geht. Alle anderen gewohnten Praktiken aus der nationalen Rekrutierung verlieren international ihre Gültigkeit. Neues Wissen um Land und Leute muss systematisch erschlossen und aufgebaut werden. Bis ein geeigneter Kandidat aus einem anderen Land dann angeworben, im Auswahlprozess qualifiziert und ins deutsche Team integriert ist, vergeht viel Zeit. Daher bedeutet die internationale Rekrutierung ein deutlich höheres Investment. Doch das nehmen viele Firmen mittlerweile in Kauf, denn sie wissen um die Vorteile der größeren Mitarbeitervielfalt. Soziale Netzwerke anzapfen Lokale Recruiter, die sich zu globalen Recruitern weiterentwickeln wollen, brauchen weniger Theorie, sondern sollten gleich die Herausforderung in der Praxis annehmen. Zunächst sollten sie sich zu den wichtigsten Fragen, die sich bei der Anwerbung ausländischer Kandidaten stellen, informieren. Empfehlenswert ist ein Blick in internationale soziale Netzwerke wie Linkedin. Dort können Recruiter themenspezifischen Gruppen beitreten und sich mit Branchenkollegen austauschen. Wichtig ist, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits einen geeigneten Zielmarkt identifiziert haben: In welchem Land bestehen die besten Voraussetzungen für den eigenen Personalbedarf? Welche Bedingungen liegen vor? Wie sieht die demografische Entwicklung vor Ort aus? Ist die dortige Ausbildungssituation vergleichbar mit der deutschen? Andere Gepflogenheiten verstehen Die Recruiter sollten sich gezielt mit dem jeweiligen Bildungssystem, den Arbeitsmarktbewegungen sowie den arbeitsrechtlichen Bedingungen vertraut machen, um die Attraktivität der dortigen Fachkräfte für den eigenen Arbeitgeber einschätzen zu können. Zur Vorbereitung für das Recruiting vor Ort gehört auch, ein Verständnis für die Rolle der dortigen Recruitingmedien und -kanäle 08 / 14 personalmagazin zu entwickeln. Schließlich können sie nicht davon ausgehen, dass ausländische Fachkräfte täglich die Beschäftigungsagenturen ihres Landes aufsuchen – auch wenn die hohe Arbeitslosigkeit in südeuropäischen Ländern etwas anderes suggeriert. Recruiter aus Deutschland sind gut beraten, wenn sie sich vor Ort mit Personaldienstleistern vernetzen. Diese können Auskunft über die richtigen Ansprachekanäle und -formen geben und kennen die dortige Situation für Fachkräfte meist sehr genau. Darüber hinaus sollen die Recruiter ein vertieftes Verständnis der landesspezifischen Gepflogenheiten erwerben. Über einen Ansprechpartner vor Ort können sie erfahren, welche Zielgruppen sich in sozialen Netzwerken bewegen oder ob die Jobsuche eher über persönliche Kontakte abläuft. Auch die Frage, welche Wer global rekrutieren will, sollte gleich die Herausforderung in der Praxis annehmen. Zunächst empfiehlt sich ein Blick in internationale soziale Netzwerke. Form von Stellenanzeigen üblich ist und welche Medien genutzt werden, kann am besten über einen Vor-Ort-Kontakt geklärt werden. Wurde ein Zielmarkt identifiziert, kann es für Recruiter sinnvoll sein, ein eigenes Netzwerk vor Ort aufzubauen – also einen festen Austausch mit Personaldienstleistern, Universitäten oder Ausbildungsstätten zu etablieren. So erhalten sie zudem Kenntnisse über landesübliche Vergütungsmodelle, Sozialoder Krankenversicherung. Denn sollten sich diese eklatant von den deutschen Gepflogenheiten unterscheiden, muss ein Recruiter in der Lage sein, den Kandidat frühzeitig darüber aufzuklären. Interkulturelle Kompetenz punktet Auch mit dem sozialen Umfeld und der Lebenssituation der ausländischen Kandidaten sollten sich Recruiter beschäftigen. Wer eine hohe kulturelle Sensibilität mitbringt, ist klar im Vorteil. So ist es in manchen Ländern durchaus üblich, den Lebenspartner zum Vorstellungsgespräch mit einzuladen. Bewerber erwarten, dass der spätere Arbeitgeber sie dabei unterstützt, wenn der Ehepartner mit umziehen will. Eine wesentliche Aufgabe der Recruiter besteht darin, die Erwartungen der ausländischen Mitarbeiter zu kennen, um sie im späteren Arbeitsverhältnis nach Möglichkeit zu erfüllen. Dazu gehören Einfühlungsvermögen sowie ein Gespür für kulturelle Unterschiede – aber auch typisch deutsche Tugenden wie Verlässlichkeit, Verbindlichkeit und hohe Professionalität. Neue Nuancen der Personalauswahl Bei der Personalauswahl können Recruiter ihre Kenntnisse über kompetenzbasierte Interviews, Assessmentcenter, psychometrische Testverfahren oder Arbeitsproben auch im internationalen Kontext gut nutzen. Doch es gibt eine Besonderheit, die wegen der größeren Distanzen zu den Kandidaten unumgänglich ist: Im ersten Auswahlschritt werden häufig Telefon- oder Videointerviews geführt. Wird ein Kandidat aus Übersee zum finalen Gespräch eingeflogen, bietet es sich an, den kompletten Tag für Auswahlgespräche mit unterschiedlichen Personen zu füllen. Eine zusätzliche Aufgabe der globalen Recruiters ist, die Organisation dieses „Auswahltags“ zu übernehmen. ANNA BEEGER ist Head of Business Development im Bereich Global Recruitment bei der Hays AG. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 72 PERSÖNLICH_BUCHTIPPS Die Interaktion mit den Mitarbeitern neu gestalten FÜHRUNG. Niemals zuvor waren die Kunden einem Unternehmen so nahe wie heute. Sie lassen sich nicht mehr an den Kundenservice wegdelegieren, sondern steuern die direkten und indirekten Berührungspunkte (Touchpoints) der Anbieter selbstbestimmt an. Ähnliches gilt für die immer direkteren und vielfältigeren Berührungspunkte zwischen Bewerbern und Unternehmen sowie zwischen Mitarbeitern und Führungskräften. Letztere stehen vor ganz neuen Herausforderungen wie dem Führen nicht anwesender oder nicht angestellter Mitarbeiter. Die Autorin plädiert für ein „internes Touchpoint-Management“, das die Reise eines Mitarbeiters durch die Firma betrachtet und von dessen Standpunkt ausgeht. Ziel des vierstufigen Prozesses ist die Koordination aller Berührungspunkte zwischen Führungskraft und Mitarbeitern, um bessere Interaktionen, inspirierendere Arbeitsbedingungen und Leistungsmöglichkeiten zu schaffen. Wie dieser Prozess zu gestalten ist, erläutert Anne M. Schüller im dritten Teil ihres Buchs. In Teil eins zeigt sie auf, wie ein zukunftsfähiges Unternehmen gestaltet sein solte, und in Teil zwei befasst sie sich mit der neuen Arbeitswelt, neuen Mitarbeiter- und Führungstypen. BEWERTUNG: Das Instrumentarium für die Optimierung der Interaktionspunkte zwischen Mitarbeitern, Führungskräften und Unternehmen ist ausführlich und praxisgerecht beschrieben. Wer sich nicht gleich an die Umsetzung machen will, erhält mit diesem Buch einen neuen Blick auf künftige Anforderungen an Organisation und Mitarbeiterführung. (dfu) Alternde Belegschaften managen, führen und fördern Bewährtes Nachschlagewerk in neuer Auflage Demografie-Management im Unternehmen muss die Tabus, Ängste und Widerstände rund ums Altern berücksichtigen, allerdings auf eine pragmatisch-zurückhaltende Art. Denn Fragen zum Altern im betrieblichen Kontext stellen letztlich Akzeptanz- und Vertrauensfragen dar, so die Ausführungen der Psychologin Susanne Schuett. Für die praktische Umsetzung stellt sie eine Sechs-Säulen-Strategie vor, die Alternsbewusstsein, -kompetenz und -motivation beinhaltet sowie Kommunikation, Führung und Alternskultur. In den weiteren Ausführungen erläutert sie, wie Unternehmen Demografie-Management planen und strukturieren sollten, wie es in Zielvereinbarungssysteme und Betriebsvereinbarungen aufgenommen werden sollte und wie beziehungsweise warum eine Evaluierung erfolgen sollte. BEWERTUNG: Das Buch ist praxisgerecht aufgebaut und verzichtet bewusst auf eine wissenschaftliche Sprache. Es enthält Handlungsempfehlungen, Übersichten und Checklisten sowie ein umfangreiches Literatur- und Stichwortverzeichnis. (dfu) PERSONALRECHT. Jedes Ding hat zwei Seiten. Diese Weisheit muss für Mitarbeiter der Personalabteilung unbedingt abgewandelt und auf die Zahl Drei aufgestockt werden. Der Grund: Bekanntlich muss fast alles, was an Vorgängen beim Umgang mit Mitarbeitern anfällt, mit Hintergrundwisssen aus den drei Rechtsgebieten Arbeitsrecht, Sozialversicherung und Lohnsteuer abgeglichen werden. Auch in seiner 21. Auflage ist „der Küttner“ diesem Darstellungssystem treu geblieben. In 472 Stichwörtern und auf gut 2.900 Seiten wird die Begriffswelt des Personalrechts von renommierten Autoren aufgenommen und von seiner rechtlichen Seite her umfassend erläutert. Die bekannte Gefahr, in einem großvolumigen Nachschlagewerk die Übersicht zu verlieren, wird im „Küttner“ durch ein stringentes Randziffersystem und ein vorbildliches Stichwortverzeichnis ausgeschaltet. BEWERTUNG: Alles in allem wird das Werk dem Anspruch des Herausgebers, dem Personalprofi eine „vernetzte und ergebnisorientierte Darstellung“ zu liefern, gerecht. (tm) Susanne Schuett: Demografie-Management in der Praxis. 236 Seiten, Wolfdieter Küttner: Personalbuch 2014, 2.894 Seiten, Verlag C.H.Beck, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 2014. 39,99 Euro. München. 125 Euro. MANAGEMENT. Anne M. Schüller: Das Touchpoint-Unternehmen. 367 Seiten, Gabal Verlag, Offenbach, 2014. 29,90 Euro. personalmagazin 08 / 14 PERSÖNLICH_RÜCKBLICK 73 Kooperation schafft Win-Win Personalmagazin, Ausgabe 5/2014, Seite 42 Im Beitrag „Über eine Saison hinaus“ erklärten Experten von der LeibnizFachhochschule Hannover, wie bei saisonalen Beschäftigungsmustern Talent Management funktionieren kann. Ich habe soeben Ihren Artikel zur Mitarbeiterbindung im Saison geschäft gelesen und finde ihn wirklich klasse! Ich bin Personallei terin eines mittelständischen Unternehmens im Münsterland. Wir beschäftigen circa 800 Mitarbeiter an unserem einzigen Produk tionsstandort in Deutschland. Mit unserer Produktgruppe Freiluft textilien und Sonnenschutzsysteme sind wir saisonal aufgestellt und benötigen jedes Jahr zusätzlich zu unserer Stammbelegschaft circa hundert Mitarbeiter, die uns bei unseren zusätzlichen Aufga ben unterstützen. Wir verfolgen seit Längerem den Ansatz einer Arbeitgeberkooperation zur Mitarbeiterbindung mit dem Ziel der Fachkräftesicherung und Bindung gut ausgebildeter Mitarbeiter. Auch wenn wir bis heute noch nicht den einen großen Koopera tionspartner gefunden haben, sind wir sicher, auf dem richtigen Weg zu sein, denn zukünftig wird es noch schwieriger werden, gut ausgebildetes, qualifiziertes Personal zu finden. Eine Arbeitge berkooperation kann dieses Risiko minimieren und bietet für alle Beteiligten eine Win-Win Situation. Vielen Dank für Ihren Artikel, ich hoffe, Sie bringen damit auch andere Arbeitgeber auf den „kooperierenden“ Weg. Heike Reinermann, Schmitz-Werke, Emsdetten IMPRESSUM VERLAG Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Munzinger Straße 9, D-79111 Freiburg Kommanditgesellschaft, Sitz Freiburg Registergericht Freiburg, HRA 4408 Komplementäre: Haufe-Lexware Verwaltungs GmbH, Sitz Freiburg, Register gericht Freiburg, HRB 5557, Martin Laqua Geschäftsführung: Isabel Blank, Markus Dränert, Jörg Frey, Birte Hackenjos, Randolf Jessl, Markus Reithwiesner, Joachim Rotzinger, Dr. Carsten Thies Beiratsvorsitzende: Andrea Haufe Steuernummer: 06392/11008 Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: DE 812398835 ABONNENTEN-SERVICE UND VERTRIEB Tel.: 0800 / 7234 253 (kostenlos) Fax: 0800 / 5050 446 (kostenlos) E-Mail: [email protected] VERLAGSLEITUNG / HERAUSGEBER Reiner Straub, Randolf Jessl ERSCHEINUNGSWEISE Monatlich, in der Regel am letzten Freitag eines Monats, 15. Jahrgang REDAKTION Reiner Straub (str) (v.i.S.d.P.) E-Mail: [email protected] Daniela Furkel (dfu) (Chefreporterin) E-Mail: [email protected] Thomas Muschiol (tm) (Leiter Fachressort Recht) E-Mail: [email protected] Katharina Schmitt (ks) E-Mail: [email protected] Melanie Rößler (mer) E-Mail: [email protected] Kristina Enderle da Silva (end) E-Mail: [email protected] Michael Miller (mim) E-Mail: [email protected] Andrea Sattler (ak) E-Mail: [email protected] REDAKTIONSASSISTENZ Sabine Schmieder, Tel.: 07 61/8 98-3032 Brigitte Pelka, Tel.: 07 61/8 98-3921, Telefax 07 61/8 98-99-3921, E-Mail: [email protected] AUTOREN UND MITARBEITER DIESER AUSGABE Christoph Athanas, Anna Beeger, Dr. Christian Bitsch, Wolfgang Doerfler, Omer Dotou, Michael R. Fausel, Alexander Greth, Prof. Dr. Stephan Kaiser, Dr. Stefan Kursawe, Detlev Kühl, Ruth Lemmer, Dr. Ralf Neuner, Sabine Neuner, Christia ne Rösch, Frank Schrader, Anne-Katrin Schulz, Stefan Vorndran GRAFIK / LAYOUT Ruth Großer ANZEIGEN Gültige Anzeigenpreisliste vom 1.1.2014 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Niederlassung Würzburg, Unternehmensbereich Media Sales, Im Kreuz 9, D-97076 Würzburg ANZEIGENLEITUNG (verantwortlich für Anzeigen) Bernd Junker, Tel. 09 31 / 27 91-556 E-Mail: [email protected] Vorsteuerabzug für Diensträder Personalmagazin, Ausgabe 5/2014, Seite 88 Zum Beitrag „Radl auf der Lohnabrechnung“ stellte uns ein Leser die Frage, ob der Kaufpreis oder die Leasingrate für ein Dienstfahrrad vor steuerabzugsfähig ist, auch wenn der Mitarbeiter das Rad überwiegend privat nutzt. Dazu die Antwort unseres Steuerexperten. Die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für Dienstfahrräder ergibt sich aus der analogen Anwendung der Regelungen zur „Überlas sung von Fahrzeugen an das Personal“ (vgl. hierzu BMF, Schrei ben vom 27. August 2004, Tz. 4.1 Vorsteuerabzug aus den Fahr zeugkosten). Danach kann der Unternehmer für das betriebliche Fahrzeug die bei der Anschaffung angefallenen Vorsteuerbeträge unter den übrigen gesetzlichen Voraussetzungen von seiner Um satzsteuerzahllast abziehen (§ 15 EStG). Das heißt, falls und soweit ein Unternehmer zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, kann er aus den Anschaffungskosten eines auch privat genutzten Dienstrads die volle Vorsteuer geltend machen, da die Überlassung an den Mitarbeiter als ausschließlich unternehmerische Nutzung gilt. 08 / 14 personalmagazin KEY ACCOUNT MANAGEMENT Dominik Castillo, Tel.: 09 31/27 91-751, Fax -477 E-Mail: [email protected] Annette Förster, Tel.: 09 31/27 91-544, Fax -477 E-Mail: [email protected] Michaela Freund (Stellenmarkt), Tel.: 0931/27 91-777, Fax -477 E-Mail: [email protected] Thomas Horejsi, Tel.: 09 31/27 91-451, Fax -477 E-Mail: [email protected] Michael Kretschmer, Tel.: 09 31/27 91-562, Fax -477 E-Mail: [email protected] ANZEIGENDISPOSITION Christine Wolz, Tel.: 09 31/27 91-472, Fax -477 E-Mail: [email protected] ABONNEMENT-PREISE Jahresabonnement (12 Ausgaben) 128 Euro inkl. MwSt., Porto- und Versandkosten; Bestell-Nummer: 04062-0001, ISSN: 1438-4558. Bezieher des Loseblattwerks „Das Personalbüro in Recht und Praxis“ und der CD-ROM „Haufe Personal Office“ sowie „Haufe Steuer Office Premium“ erhalten das Personalmagazin im Rahmen ihres Abonnements. DRUCK Firmengruppe Appl, Echter Druck GmbH, Delpstraße 15, 97084 Würzburg URHEBER- UND VERLAGSRECHTE Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie redaktio nell bearbeitet oder redigiert worden sind. Soweit die Rechte an Bildern bei Dritten liegen, ist dies gekennzeichnet. Ansonsten liegen die Nutzungsrechte beim Verlag. NACHDRUCK Alle Rechte vorbehalten. Kein Teil dieser Zeitschrift darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlags vervielfältigt oder verbreitet werden. Unter dieses Verbot fällt insbesondere die gewerbliche Vervielfältigung per Kopie, die Aufnahme in elektronische Datenbanken und die Vervielfältigung auf CD-ROM. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bildmaterialien übernimmt der Verlag keine Haftung. LESERBRIEFE Wir behalten uns vor, Leserbriefe zu kürzen. Aktuelle Informa tionen zu den Zeitschriften- und Online-Angeboten der Haufe-Gruppe finden Sie unter: www.haufe.de/mediacenter. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] 74 PERSÖNLICH_FRAGEBOGEN Ganz persönlich Was machen Sie gerade? In meiner Masterarbeit entwickle ich Ansätze, wie unser starkes Social Capital auch im weiteren Wachstum erhalten werden kann. Was sind Ihre aktuellen Herausforderungen in HR? Wachstumsschmerzen und ganz allgemein: ITler stellen an ihr HRM genauso hohe Anforderungen wie an sich selbst. Welches Projekt würden Sie gern umsetzen, wenn Ihnen ein verdoppeltes HR-Budget zur Verfügung stünde? Wir arbeiten ohne Budgets, weil die nur zum unnötigen Geldausgeben verführen. Das „HR-Prototyping“ ermöglicht iterative Projekt-Spielwiesen. Eine wichtige Tugend für einen Personalmanager ist …? Aufrichtiges Interesse für das, womit die Firma ihr Geld verdient! Viel lesen und Fragen stellen – durchaus interdisziplinär, fachfremd, und in 360 Grad. Dann kommen die guten Ideen von alleine. Welche berufliche Entscheidung war bisher die schwierigste für Sie? Durch unsere kurzen Entscheidungswege kommt man meist nicht groß zum Grübeln. Fast immer tun Bauch und Kopf gemeinsam intuitiv das Richtige. Wie halten Sie es mit der Work-LifeBalance? Höchstleistung bei der Arbeit, aber absoluter Respekt für die Erholungsphasen des Einzelnen sind bei uns selbstverständlich. ALEXANDRA MÄCHTEL ist Head of HR bei der Jambit GmbH. Sie studierte Kultur- und Medienwissenschaften und Osteuropastudien, bevor sie 2008 als Assistentin der Geschäftsführung und 27. Mitarbeiterin bei dem noch jungen Individualsoftwaredienstleister einstieg. Dort baut sie heute – über 500 Prozent Mitarbeiterwachstum später – eine HRAbteilung auf. Parallel absolviert sie den Executive Master of HRM an der LMU München. Mein nebenberufliches Studium ist aber schon eine Ansage für mein Privatleben. sende KMU bieten perfekte Karrieremöglichkeiten für vielseitig Interessierte. Wann haben Sie zuletzt geschwänzt? Nicht nötig: Ich gehe jeden Tag gern zur Arbeit. Wenn das nicht so wäre, würde ich sofort den Job wechseln. Wer inspiriert Sie? Unsere Softwareentwickler, die in ihrem Denken und Handeln dem modernen HRM locker zehn Jahre voraus sind. Wie kamen Sie zur HR-Laufbahn? Seit meinem Einstieg als Assistenz der Geschäftsführung konnte ich immer wieder einen Teil meiner Zuständigkeiten an neue Kollegen delegieren. Am Ende blieb das übrig, was mir am meisten lag. Wach- Wofür hätten Sie gern mehr Zeit? Noch mehr Gespräche: So lassen sich Werte und strategische Entscheidungen am besten vermitteln und man bekommt ein Gespür für die Bedürfnisse der Mitarbeiter. VORSCHAU AUSGABE 09/2014 TITEL MANAGEMENT ORGANISATION RECHT PERSÖNLICH Ausbildung attraktiv machen Deutsch-chinesische Personalführung Betriebliche Zusatzversicherungen Gefährdungsbeurteilung am Arbeitsplatz Prezi in HR anwenden Das nächste Personalmagazin erscheint am 21. August 2014. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an [email protected] personalmagazin 08 / 14 Entfesselt Mitarbeiter. Entfacht Energie. Unternehmen brauchen Erfolg. Erfolg braucht Energie. Die Energie zu verändern, zu leisten, zu wachsen und zu wagen. Wie sehr sich das wirtschaftliche Umfeld auch verändert – die größte Energiequelle bleiben Menschen, die an einem Strang ziehen. Wäre es nicht großartig, wenn es eine Talentmanagement-Software gäbe, mit der man diese Energie freisetzen, lenken und wirksam machen könnte? Und somit den Unternehmenserfolg steigern. Entfachen Sie die Energie in Ihrem Unternehmen: www.haufe.com/umantis %L 8.3/=/<?=38/==[69?.5ė88/83>+<,/3>/<32<1+8D/= 9>/8D3+6+?=[ =-2ė:0/8L+=,<381>=3/:/<=ė863-2A/3>/<]?8.32<%8>/<8/27/8+?-2L ),6«&)6)6732%01%2%+)1)28-2()6±039(B7%4@()^&97-2)77'039( MEHR ERREICHEN.