Richtlinien für die Probenahme und

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Richtlinien für die Probenahme und
Schweizerische
Gesellschaft
für Rechtsmedizin
SGRM
Société Suisse
de Médecine Légale
SSML
Società Svizzera
di Medicina Legale
SSML
Gruppe Forensische Chemie
Richtlinien für die Probenahme und -aufarbeitung von
Hanfpflanzen, Marihuana und Haschisch
Empfehlungen für die Analyse
Erarbeitet für die Arbeitsgruppe Forensische Chemie von:
M.G. Bovens, Wissenschaftlicher Dienst, Stadtpolizei Zürich
C. Giroud, Institut Universitaire de Médecine Légale, Lausanne
I.A. Werner, Kantonale Heilmittelkontrolle Zürich
Genehmigt an der Sitzung der Stoffgruppe vom 2. März 2001
Version 2 vom 27. Februar 2001
Ersetzt Version 1 vom 5. November 1998
Teil I
Teil II
Teil III
Teil IV
Teil I
Zweck und Anwendungsbereich, Definitionen
Probenahme
Trocknung und Aufbereitung
Resultate, Interpretationen
Anhang 1 und 2
Zweck und Anwendungsbereich, Definitionen
1. Zweck und Anwendungsbereich
Diese Richtlinien dienen zur forensischen Bestimmung des Gesamt-∆9−Tetrahydrocannabinol9
Gehaltes (∆ −THC) in Cannabis und Cannabisprodukten im Auftrag von Gerichten und Untersuchungsbehörden.
2. Definitionen
Hanf
Unter Hanf wird Cannabis als ganze Pflanze verstanden, im folgenden immer als Cannabis bezeichnet. Die botanische Klassifikation innerhalb der Gattung Cannabis spielt für diese Richtlinien keine
Rolle.
Hanfkraut
Unter Hanfkraut versteht man in streng botanischem Sinne die oberirdischen Teile der Pflanze wie
Stängel, Blätter, Blüten und Früchte.
Marihuana
Mit Marihuana wird das getrocknete Hanfkraut ohne grobe Stängel bezeichnet. Es kann ganz, geschnitten, gemahlen oder gepresst vorkommen.
Haschisch
Wird aus Hanfkraut (unabhängig von der Methode) das Harz angereichert, spricht man von Haschisch. Es kann in pulvriger oder gepresster Form vorliegen.
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Cannabisharz
Von Cannabisharz kann gesprochen werden, wenn im Haschisch neben dem Harz nur noch ein minimaler Anteil an weiterem Pflanzenmaterial vorliegt.
Cannabisharzöl
Cannabisharzöl wird durch Extraktion mit einem geeigneten Lösungsmittel aus dem Hanfkraut gewonnen.
Ätherisches Cannabisöl
Das ätherische Cannabisöl ist das Destillat aus der Wasserdampfdestillation von Hanfkraut.
Es enthält vor allem die aromatischen Komponenten und nur Spuren von Cannabinoiden.
Hanfsamenöl
Es wird aus den Samen des Hanfkrautes gewonnen und besteht vor allem aus Lipiden, vergleichbar
mit anderen Pflanzenölen wie Sonnenblumenöl. Es enthält bei fachgerechter Aufarbeitung nur Spuren von Cannabinoiden.
Blütenstände
Als Blütenstände oder Infloreszenz bezeichnet man die der Blütenbildung dienenden Verzweigungssysteme einer Pflanze.
Fruchtstände
Der Fruchtstand ist eine Blüte im Zustand der Samenreife.
Gesamt-∆ −Tetrahydrocannabinol-Gehalt
Beim angegebenen Gesamt-∆9−Tetrahydrocannabinol-Gehalt handelt es sich um Tetrahydrocannabinol, dem psychoaktiven Wirkstoff von Cannabis. Dieser Gesamt-∆9-THC-Gehalt setzt sich zusammen aus dem Gehalt des frei vorliegenden Tetrahydrocannabinol, sowie der im Hanf vorkommenden ∆9-THC-Säuren. Diese Säuren lassen sich durch eine sogenannte Decarboxylierung in psychotropes ∆9-THC umwandeln, ein Prozess, der auch beim Rauchen von Marihuana praktisch vollständig abläuft.
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Teil II
Probenahme
1. Allgemeine Bemerkungen
Die zur Untersuchung eingehenden Proben setzen sich einerseits aus Cannabispflanzen aus Indoor/Outdoor-Anbau, andererseits aus weiter verarbeiteten Produkten zusammen. Die Probenahme
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dient der Erstellung von Mustern, an denen der Gesamt-∆ −THC-Gehalt bestimmt wird.
2. Cannabis-Pflanzen (Hanf)
Das Maximum des ∆ −THC-Gehaltes des Blütenstandes ist mit beginnender Fruchtreife zu erwarten.
Der Zeitpunkt der Probenahme ist also wichtig bei der Absicht, die Einhaltung des Höchstwertes zu
kontrollieren.
Damit das Analysenresultat ein möglichst realistisches Bild des Gehaltes der Pflanzen an THC ergibt,
wird empfohlen, dass die Ernte vom Bauer selbst erfolgt und auf die getrocknete Ernte eine Sperre
verfügt wird, um Proben zu nehmen und zu analysieren.
Falls dies nicht möglich ist, siehe 2.1.
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2.1 Probenahme Indoor/Outdoor:
Der beste, selbstgewählte Zeitpunkt für das Sammeln des Probenmaterials ist kurz vor der Ernte
(Outdoorkulturen: August bis Oktober), am Nachmittag eines trockenen Tages [1].
Auf einem Feld werden 30 zufällig gewählte, einzelne Blütenstände eines Zweiges ohne Stängel von
30 verschiedenen, nicht am Rande wachsenden Hanfpflanzen in der Diagonalen gesammelt. Falls
nicht klar ist, wie weit der Blütenstand reicht, werden die obersten 30-50 cm der Pflanzen abgeschnitten.
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Abbildung aus [2]: Schnittstelle einer Cannabisblüte bzw. Fruchtstandes
Falls keine Blütenstände vorhanden sind, werden 30 Blätter von 30 verschiedenen Pflanzen abgenommen.
Die Proben sollen in Karton- oder Papiersäcken verpackt werden und nicht in Plastik, da sie sonst
vorzeitig schimmeln oder faulen.
Beschriftung der Probe:
Fall-Nummer (falls bereits bekannt)
Besitzer des Hanfanbaus:
Ort:
Grösse des Feldes (abgeschätzt):
Erntezeitpunkt (Datum, Tageszeit):
Name des Saatgutes:
Wenn möglich Zertifikat des Saatgutes beilegen.
Es ist von grossem Vorteil, wenn die Pflanzen bereits getrocknet ins Labor geliefert werden können.
3. Marihuana
Für eine Analyse sind mindestens 5-6 g getrocknetes Pflanzenmaterial notwendig.
Da der Konsument bei dieser Bezeichnung der Probe alle Bestandteile des Krautes, ausser allfällig
vorhandene, grobe Stängel (Duftkissen, Trockenblumen), verwenden wird, wird ebenfalls die ganze
Probe verwendet und keine Pflanzenteile aussortiert.
Bei einer Probenmenge von mehr als 100 g, werden maximal 30 Blütenstände an verschiedenen Orten entnommen.
4. Haschisch
Haschisch wird meist in gepresstem Zustand als Platten, Brikett, Münzen oder ähnliche Formen ins
Labor geliefert.
Die Gesamtheit der Probe wird halbiert und die eine Hälfte als Rückstellmuster unter kontrollierten
Bedingungen (siehe Teil III) aufbewahrt.
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Teil III
Trocknung und Aufbereitung
1. Cannabis:
Die durchmischte Probe wird bei weniger als 70 oC [3] in einem Ofen über Nacht getrocknet, bis die
Blätter trocken und brüchig sind (Feuchtigkeitsgehalt von ca. 8 bis 13%).
Falls gar keine andere Möglichkeit besteht, können die Pflanzen während mehreren Tagen an der
Luft getrocknet werden.
Die getrockneten Proben werden locker und dunkel bei einer Temperatur unter 25 °C gelagert.
Handhabung von bereits getrockneten Pflanzen siehe Anhang 2.
Die Pflanzenteile werden in einem geeigneten Cutter zu einem homogenen Pulver zerkleinert.
Falls Harz an den Schneidewerkzeugen oder am Behälter kleben bleiben sollte, können die Pflanzenteile vor dem Mahlen entweder tiefgefroren oder mit flüssigem Stickstoff [4], [5] versetzt werden.
Das Pulver kann zusätzlich durch ein Sieb mit der Maschenweite 1 mm gedrückt [3] werden.
Dieses Pulver kann dunkel und trocken bis zu 10 Wochen bis zur Analyse aufbewahrt werden [3].
Aufbereitung des Pulvers siehe Anhang 1.
2. Marihuana
Das Labormuster wird, eventuell tiefgefroren oder mit flüssigem Stickstoff versetzt, in einem Mahlwerk zu Pulver homogenisiert. Das Pulver kann durch ein Sieb mit der Maschenweite 1 mmm gedrückt werden [3].
Dieses Pulver kann dunkel und trocken bis zu 10 Wochen bis zur Analyse aufbewahrt werden [3].
Aufbereitung des Pulvers siehe Anhang 1.
3. Haschisch
Mit einem Schälbohrer [6], Apfelstecher, Handbohrer oder anderem geeigneten Werkzeug werden
aus der gepressten Ware an mindestens zwei Stellen [7] pro Einheit Proben (nicht vom Rand) entnommen (ca. 1 g). Das Labormuster wird in einem Mahlwerk homogenisiert. Falls das Material sich
zu plastisch verhält, muss es tiefgefroren werden oder mit flüssigem Stickstoff versetzt werden.
Dieses Pulver kann dunkel und trocken bis zu 10 Wochen bis zur Analyse aufbewahrt werden [3].
Aufbereitung des Materials siehe Anhang 1.
Teil lV
Resultate, Interpretationen
1. Angabe des Resultates
Die Angabe des Resultates erfolgt immer in % Gesamt-THC mit 2 signifikanten Stellen.
Cannabis:
Die Angabe des Resultates erfolgt bezogen auf das Gewicht der getrockneten Probe.
weniger oder genau 0.3 %
mehr als 0.3 %
Hanf des Industrie- oder Fasertyps
Betäubungsmittel gemäss dem Bundesgerichtsentscheid vom
13.März 2000.
Marihuana:
Die Angabe des Resultates erfolgt in % Gesamt-THC.
<1%
1-3%
>3%
>8%
Marihuana von tiefem Wirkstoffgehalt
Marihuana von mittlerem Wirkstoffgehalt
Marihuana von hohem Wirkstoffgehalt
Marihuana von sehr hohem Wirkstoffgehalt.
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Haschisch
Die Angabe des Resultates erfolgt in % Gesamt-THC.
<5%
5-10%
>10%-15%
>15%
Haschisch von tiefem Wirkstoffgehalt
Haschisch von mittlerem Wirkstoffgehalt
Haschisch von hohem Wirkstoffgehalt
Haschisch von sehr hohem Wirkstoffgehalt.
2. Bemerkungen
Bei gewissen Cannabisprodukten , z. B. „Hanfmünzen“ ist eine deutliche Unterscheidung von Marihuana und Haschisch nicht mehr möglich. Je nach Herstellungsart sind die Übergänge fliessend.
Literaturangaben:
Die Angaben zur Botanik stammen aus Vorlesungsskripten der Universität Ulm, Greifswald und
Hamburg.
[1] E.P.M. de Meijer, H.J. van der Kamp, F.A. van Eeuwijk, Characterisation of Cannabis Accessions
with Regard to Cannabinoid Content in Relation of Other Plant Characteristics. Euphytica, 62,
(1992), 187-200.
[2] V. Mediavilla, M. Jorquera, I. Schmid-Slembrouck, Agrarforschung 6/10, 385-392,1999.
http://www.inaro.de/Deutsch/KULTURPF/Hanf/Dezimalcode.PDF
[3] Amtsblatt der europäischen Gemeinschaften L 332/63 vom 28.12.2000, Anhang XIII und EURLex: dokument 300R2860, Anhang XIII. http://europa.eu.int/eur-lex/de/lif/dat/2000/de_300R2860.html
[4] Landeskriminalamt Rheinland Pfalz, 1997.
[5] L. Rivier, C.Giroud, Institut universitaire de Médecine légale, rue Bugnon 21, 1005 Lausanne, Protocol expérimental.
[6] Landeskriminalamt Baden –Württemberg, THC-Gehaltsbestimmung auf GC 8165.
[7] Bayrisches Landeskriminalamt München, Quantitative THC-Bestimmung.
[8] I.B. Adams, B.R. Martin, Cannabis: Pharmacology and Toxicology in Animals and humans. Addiction, 91/11, (1996), 1585-1614.
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Weitere Literaturangaben:
J. Herer, Die Wiederentdeckung der Nutzpflanze Hanf, Cannabis, Marihuana, 1993, Zweitausendundeins im Versand, München, 489 Seiten.
J.P. Galland, les très riches heures du cannabis, Ed. Du Lézard, Paris, 1996, 191 Seiten.
J.K. Hemphill, J.C. Turner, P.G. Mahlberg, Cannabinoid Content of Individual Plant Organs from Different Geographical Strains of Cannabis Sativa L.J. Nat. prod. 43, (1992) 112-122.
T. Futoshi. S. Morimoto, Y. Shoyama, Cannabinerolic Acid, A Cannabinoid from Cannabis Sativa,
Phytochemistry, 39, (1995), 457-458.
G. Murari, S. Lombardi, A. M. Puccini, R. De Sanctis, Influence of Enviromental Conditions on Tetrahydrocannabinol (9THC) in Different Cultivars of Cannabis sativa L., Fitoterapia, 54, (1983) 195-201.
J. Narich, National Toxicology Laboratory, Buena Park Ca: THC Concentrations in Homegrown Marijuana in the Netherlands.
P.S. Fettermann, E.S. Keith, C.W. Walter, O. Guerrero, N.J. Doorenbos, M.W. Quimby, Mississipigrown Cannabis Sativa L.: Preliminary Observation on Chemical Definition of Phenotyp and Variations in Tetrahydrocannabinol Content versus Age, Sex, and Plant Part, J. of Pharm. Sci. 60, (1971)
1247-1249.
N. Jain, THC Concentrations in Home-grown Marijuana in the Netherlands. TIAFT Bulletin, 26/3,
(1996) 31-32.
T. Lehmann, R. Brenneisen, High Performance Liquid Chromatography Profiling of Cannabis Products, J. Liquid Chrom., 18/4, (1995), 689-700.
R. Brenneisen, M. A. El Sohli, Chromatographic and Spectroscopic Profiles of Cannabis of Different
Origins: Part I. J. Forensic Sci., 33/6, (1988), 1385-1404.
Règlement (CEE) No 619/71 du conseil, 1971.
BAG Bulletin, 1995
CEE 1164]
Règlement (CEE) No 1164/89 de la commission du 28 avril 1989, relativ aux modalité concernant
l'aide pour le lin textile et le chanvre.
C. Giroud, L. Rivier, Characterization of Different "Swiss" Hemp Exhibits with Regard to their Cannabinoid Content
TIAFT 26/2, (1996), 30-34.
V. Mediavilla et al., Vorläufiger Bericht der Forschungsanstalt des Technikums Zollikhofen und einiger landwirtschaftlichen Schulen.
Erfahrungen aus dem Hanfanbau 1996.
E.A. Schwartz, Medicinal Applications of Delta-9-Tetrahydrocannabinol and Marijuana, Perspectives,
Annals of Internal Medicine 126/10, (1997), 791-798.
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