Wenn die Ehe nur zum Schein besteht - E

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Wenn die Ehe nur zum Schein besteht - E
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NR. 50 . DIENSTAG, 28. FEBRUAR 2012
Unsere Nachbarn
SEITE 21
Wenn die Ehe
nur zum
Schein besteht
Heirat Zweckbündnisse
sollen Genehmigung
für Aufenthalt sichern
Von unserem Redakteur
Philipp Daum
M Kreis Neuwied. Wer sich traut,
tut das in den meisten Fällen aus
Liebe. Aber es gibt auch Ehen, die
geschlossen werden, um in
Deutschland eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Die
Ausländerbehörde im Kreis Neuwied zählte 2011 insgesamt 25 Fälle, bei denen der Verdacht auf eine
„Scheinehe“ zu weiteren Ermittlungen führte. Es gab dabei viele
Arten von Scheinehen, die in den
unterschiedlichsten Ländern geschlossen wurden. Mario Becker
von der Ausländerbehörde im Kreis
Neuwied nennt die häufigsten
Charakteristika.
„Entweder ist es die Frau in mittleren Jahren, die im Ausland einen
jungen Mann kennen- und lieben
lernt und diesem dann mit einer
Heiratsurkunde zu einem Aufenthalt in der Bundesrepublik verhilft.
Auf der anderen Seite gibt es aber
auch Männer, die beispielsweise
dem Charme junger Asiatinnen unterliegen und diese dann heiraten.“ Nicht selten gebe es Scheinehen, bei denen einer der beiden
Ehepartner Geld für die Einwilligung zur Hochzeit erhält, um eine
Rückkehrpflicht in das Herkunftsland zu umgehen. Doch wie wird
die Ausländerbehörde auf mögli-
che Scheinehen aufmerksam gemacht? „Wir bekommen Hinweise
aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis, manchmal melden sich
auch Menschen bei uns, die anonym bleiben wollen“, berichtet
Martha Lehnhardt von der Ausländerbehörde. Es kommt aber auch
vor, dass sich die Ehepartner selbst
melden. „Wenn der Ehegatte merkt,
dass seine neue Frau ihn nur geheiratet hat, um nach Deutschland
zu kommen, zeigt er die Scheinehe
selbst an.“
Die 25 möglichen Scheinehen,
welche die Ausländerbehörde im
vergangenen Jahr intensiv geprüft
hat, wurden allesamt im Ausland
geschlossen. Bei diesen Fällen war
es in der Regel so, dass der Ehemann oder die Ehefrau nach der
Heirat zurück nach Deutschland
geflogen ist. Der ausländische Ehepartner blieb zunächst in seinem
Heimatland, um sich bei der deutschen Botschaft mithilfe der Heiratsurkunde ein Visum für die Bundesrepublik zu besorgen. Die Botschaft ist demzufolge die erste Behörde, die die Eheschließung prüft.
Sie informiert auch die zuständigen
Ausländerbehörden
in
Deutschland, wenn Verdachtsmomente bestehen. Kann allerdings
noch nicht konkret nachgewiesen
werden, dass es sich um eine
Scheinehe handelt, wird das Visum
für den ausländischen Ehepartner
ausgestellt. Dieser reist dann zeitnah in die Bundesrepublik.
„Wenn es sich aus unserer Sicht
aber um eine Scheinehe handelt,
bleiben wir dran“, betont Becker.
Jedes Jahr ermitteln Neuwieder Behörden in Fällen, bei denen Ausländer versuchen, mittels Scheinehe an einen deutschen Pass zu gelangen.
„Die Eheleute werden mitunter
vorgeladen und einzeln befragt. Es
wird kontrolliert, ob die zwei in einer ehelichen Lebensgemeinschaft
leben.“ Gibt es Beweise für eine
Scheinehe, kann die Verbindung
annulliert oder geschieden werden.
Die Aufenthaltsgenehmigung ist
damit hinfällig. Martha Lehnhardt
und Mario Becker müssen nicht
selten unangenehme Gespräche
führen. „Wenn sich Menschen ertappt fühlen, kann es mitunter zu
Beleidigungen kommen“, so Lehn-
Details zur Ausländerrechtslage
Im Bereich des Ausländerrechts
spricht man von einer Scheinehe,
wenn die Eheschließung allein den
Zweck verfolgt, dem ausländischen
Ehepartner ein Aufenthaltsrecht zu
verschaffen oder eine Abschiebung
zu verhindern. In Deutschland steht
die Ehe unter grundgesetzlichem
Schutz, daher haben mit Deutschen
verheiratete Ausländer in der Regel
einen Anspruch auf die Erteilung
einer Aufenthaltserlaubnis, wenn sie
sich in einfacher deutscher Sprache
verständigen können. Eine Scheinehe kann aber durch das Familien-
gericht wieder aufgehoben werden,
wobei der Antrag auch durch die
Verwaltung (Ausländerbehörde,
Ordnungsamt) gestellt werden kann.
Das bereits erteilte Aufenthaltsrecht
entfällt dadurch nicht unmittelbar,
kann aber durch die zuständige Behörde durch Rücknahme oder Verkürzung der Geltungsdauer der
Aufenthaltserlaubnis zum Erlöschen
gebracht werden. In der Praxis
kommt es in der Bundesrepublik
regelmäßig zu Verurteilungen von
deutschen wie ausländischen Beteiligten an Scheinehen. pd
Roman Lobs Band ist jetzt sehr gefragt
Musik RZ besucht die Formation des „Stars für Baku“ im Proberaum in Oberlahr
Von unserer Mitarbeiterin
Beate Christ
M Neustadt. Rooftop Kingdom ist
ein Bandname, der in jüngster
Zeit immer häufiger fällt. Die Musiker aus Vettelschoß, Asbach, St.
Katharinen und Neustadt waren
vor rund einem Jahr auf der Suche nach einem guten Sänger –
und fanden ihn in Roman Lob, der
sich jetzt als Sieger der TV-Show
„Unser Star für Baku“ durchsetzte. Seitdem feststeht, dass er
Deutschland beim Eurovision Song
Contest in Baku (Aserbaidschan)
vertritt, wächst auch das Interesse
an seiner Band. Die RZ traf Romans Musikerkollegen Lucas Henn,
Christoph Zimmermann, Markus
Eichelhardt und Dejan Stankovic
in ihrem Proberaum in Oberlahr.
In der „Eierfabrik“, wie Lucas
Henn den ehemaligen Hühnerstall
nennt, erinnert allerdings nichts
mehr an gackerndes Federvieh,
das Eier ausbrütet. Ausgebrütet
werden hier nur noch kernige Musikstücke, die die Jungs von Rooftop Kingdom selbst schreiben und
in ihrem kleinen Königreich an
der Wied stundenlang einstudieren. „Der Proberaum hier ist unendlich wertvoll, hier stören wir
niemanden, selbst wenn wir nächtelang durchspielen“, berichtet
Stankovic.
Romans Bandkollegen Christoph Zimmermann, Lucas Henn, Markus Eichelhardt und Dejan Stankovic (von links) bei der Arbeit in ihrem Probenraum in Oberlahr.
Foto: Beate Christ
Und Rooftop Kingdom macht
häufiger die Nacht zum Tag. „Das
sind die besten Proben, nachts
sind wir einfach viel kreativer“,
meint Lucas Henn. Die Musiker haben es sich in Oberlahr gemütlich
gemacht: Ein paar alte Teppiche
liegen auf dem Fußboden, ausrangierte Sitzmöbel stehen zwischen leeren Getränkeflaschen und
zwei Heizlüftern. Ein wenig chaotisch sieht es eben aus, in dem Proberaum von Rooftop Kingdom. Doch
das stört die Musiker nicht.
„Alles
andere
ist
kein
Rock'n’Roll“, meint Stankovic. Und:
„Was zählt, ist das, was aus dem
Verstärker kommt.“ Und das ist
zum Beispiel der Song „Day by
day“, den Roman Lob in einer der
TV-Shows gesungen hat. Insgesamt elf eigene Stücke haben die
Musiker schon komponiert. Dejan
Stankovic und Christoph Zimmermann tüfteln an der Musik, „die
Texte sind meist Romans Bier“,
meinen die jungen Männer. Die
musikalischen Wurzeln der Band
liegen im Alternative-Pop-Rock.
Bislang galt Rooftop Kingdom
als Geheimtipp in der regionalen
Konzertszene, doch das könnte
sich schon bald ändern. Während
die fünf Musiker bislang im Raum
Koblenz und auch im Ahrtal die
Bühnen gerockt haben, kommen
jetzt Anfragen aus ganz Deutschland. Doch ohne ihren Sänger Roman wollen sie nicht auftreten.
„Wir haben momentan alle Konzerte und Auftritte auf Eis gelegt“,
berichtet Stankovic. Einen Ersatzmann zu holen, kommt für die Musiker nicht infrage. „Dann wären
wir nicht mehr Rooftop Kingdom“,
lautet die einhellige Meinung der
vier jungen Männer. Doch es gibt
auch so noch genug zu tun für die
Musiker. Sie proben weiter, denn
eigentlich wollten sie in diesem
Frühjahr ins Tonstudio, um ihre
erste CD aufzunehmen.
Das muss im Moment allerdings
noch warten. Stattdessen haben
Lucas, Christoph, Markus und Dejan ein anderes Ziel vor Augen.
„Wir möchten auf jeden Fall nach
Baku fahren, um Roman zu unterstützen“, kündigt Stankovic an.
Und wenn das Geld für den Flug
nicht reicht, wollen sich die Musiker, die zum Teil noch studieren
oder zur Schule gehen, zur Not
ins Auto setzen und nach Aserbaidschan fahren. Selbst dann,
wenn die Fahrt drei Wochen lang
dauern würde. „Die Band ist wie eine große Familie. Wer hat bei
solch einem bedeutsamen Auftritt
nicht gerne die Familie um sich?“,
fragt sich Stankovic.
hardt. Handgreiflichkeiten habe es
aber noch nicht gegeben.
Die beiden Mitarbeiter der Ausländerbehörde wissen, dass hinter
dem Wunsch, in Deutschland zu leben, oft plausible Gründe stecken.
„Die Menschen sehen für sich einen wirtschaftlichen Vorteil. Sie
können hier viel leichter eine gut
bezahlte Arbeit finden und ein besseres Leben führen“, sagt Becker.
Dass Flüchtlinge die Scheinehe
nutzen, um der Verfolgung in ihrem Heimatland zu entfliehen,
kommt laut Klaus Flesch von der
Einbürgerungsbehörde so gut wie
nie vor. „Diese Menschen haben in
diesem Fall die Möglichkeit, Asyl
zu beantragen, und machen das
auch“, sagt er. Scheinehen werden
aber nicht nur im Ausland geschlossen. Auch im Standesamt
Neuwied hat Amtsleiter Dirk Uhrig
ein- bis zweimal im Jahr ein ungutes Gefühl, wenn er eine Heiratsurkunde ausstellt. Er prüft dann,
lädt zu Veranstaltungen
M Andernach. Das Kulturamt der
Stadt Andernach hat für März ein
pralles Veranstaltungsprogramm
zusammengestellt. Den Anfang
macht am Donnerstag, 1. März, um
20 Uhr das „Pilatus-Evangelium“
mit der Landesbühne RheinlandPfalz in der Mittelrheinhalle. Das
Vorspiel „Die Nacht der Ölbäume“
zeigt die letzte Stunde Jesu vor seiner Verhaftung im Garten Geze-
mane, das „Pilatus-Evangelium“
spielt drei Tage später. Der Fall Jesus ist für Pilatus abgeschlossen, er
hat seine Hände in Unschuld gewaschen. Als Jesu Leichnam verschwindet, wittert der Politiker aber
Gefahr. Karten gibt es für 17 bis 21
Euro, im kleinen Abo für 13 bis 16
Euro, im großen für 11 bis 14 Euro.
Eine Klaviermatinée steht am
Sonntag, 11. März, um 11.15 Uhr
in der Villa Michels auf dem Programm. Pianistin Sheila Arnold
spielt Wolfgang Amadeus Mozart.
Zu den Stücken gibt es jeweils kur-
ze Einführungen. Karten für 10 Euro, ermäßigt 5 Euro, sind ab 10.45
Uhr an der Tageskasse erhältlich.
Die Komödie „Altweiberfrühling“
mit Ellen Schwiers, Gerhard Mohr,
Eva Röder, Dagmar Hessenland,
Hilde Vadura, Holger Schwiers
und Caro Hetényi wird am Donnerstag, 22. März, um 20 Uhr in
der Mittelrheinhalle aufgeführt. Die
betagte Martha erfüllt sich ihren
lang gehegten Traum und eröffnet
nach dem Tod des Ehemannes eine Dessousboutique – aber im Dorf
regt sich Widerstand. Karten gibt's
für 20 bis 24 Euro, im kleinen Abo
für 15 bis 18 Euro, im großen für 13
bis 16 Euro.
Am Samstag, 24. März, gastiert
um 19 Uhr der Frauenchor Cantabella mit „Musical Hits“ in der Mittelrheinhalle. Karten kosten 12 Euro, an der Abendkasse 14 Euro.
Am Samstag, 31. März, 18 Uhr,
und 1. April, 17 Uhr, findet in der
Mittelrheinhalle das Frühlingskonzert des Stadt- und Jugendorchesters Andernach statt. Karten für 12
Euro gibt's ab 1. März im Kulturpunkt, Telefon 02632/922 226.
ob es sich um eine Scheinehe handeln könnte. „Es muss für uns eindeutig sein, dass die Ehe nur auf
Zeit geschlossen wird. Außerdem
müssen wir uns sicher sein, dass
die Ehepartner in keiner ehelichen
Lebensgemeinschaft leben und
auch keine Verantwortung füreinander übernehmen“, sagt Uhrig.
„Wenn wir uns sicher sind, dass
die Ehe nur dem Zweck dient, eine
Aufenthaltserlaubnis zu bekommen, werden wir der Eheschließung nicht zustimmen.“
Eine solche Beweislast habe aber
noch nie vorgelegen, sodass der
Beamte bislang alle fraglichen Ehen
geschlossen hat. Auch der Hochzeit zwischen einem Mann aus
Nordafrika, der 15 Jahre jünger ist
als seine deutsche Frau und erst
seit wenigen Tagen in der Bundesrepublik lebte, stimmte er zu.
„Ich hatte einen Verdacht, doch
beweisen konnte ich es nicht“, sagt
Uhrig.
Angst geht um bei den
Schlecker-Beschäftigten
Gewerkschaft Die
Mitarbeiterinnen fordern
bei Treffen in der Eifel
Aufklärung über
Vermögensverhältnisse
der Gründerfamilie
Von unserem Mitarbeiter
Stephan Sartoris
M Daun. Zwar gibt es Kaffee und
Kuchen, aber von einem gemütlichen Beisammensein ist das Treffen der Schlecker- und Ihr-PlatzBeschäftigten aus dem nördlichen
Rheinland-Pfalz in Daun weit entfernt. Für sie geht es um die Zukunft ihres Arbeitsplatzes und damit für viele, die auf das Einkommen angewiesen sind, auch um ihre Existenz. Rund 350 Zuhörer sind
der Einladung der Gewerkschaft
Verdi zum sogenannten Zukunftstag gefolgt, darunter auch viele
Ehemänner
der
sogenannten
Schlecker-Frauen.
Die Angst geht um bei den verbliebenen rund 1000 Schlecker-Beschäftigten aus den Bereichen Trier
und Koblenz. „Davon ist fast jeder
zweite Job in Gefahr“, sagt Gewerkschaftssekretär Jürgen RinkeOster. Zwar laufen nach Eröffnung
der vorläufigen Insolvenz die Ver-
Im Angebot: Tragödie, Komödie und Klassik
Programm Kulturamt
Foto: Niebergall
Landesministerin Malu Dreyer
spricht bei der Veranstaltung
der Gewerkschaft Verdi in
Daun.
Foto: Helmut Gassen
handlungen, um eine Zukunft für
die bundesweit noch rund 30 000
Beschäftigten des Familienunternehmens zu sichern. „Aber noch
ist völlig offen, wie es ausgeht“, berichtet Marlies Ausmeier aus Trier,
die im Schlecker-Gesamtbetriebsrat sitzt. In dieser Funktion hat die
60-Jährige, die seit 22 Jahren beim
Unternehmen ist und in der Filiale
in Trier-Zewen arbeitet, vor Kurzem Lars Schlecker, Sohn des Firmengründers Anton Schlecker, im
thüringischen Oberhof getroffen.
Ihre Hoffnung, dort von ihm etwas
Konkretes zur Zukunft des Unternehmens zu erfahren, hat sich nicht
erfüllt: „Alle Aussagen blieben vage, es gab nichts Greifbares.“ Die
Gemütslage vieler Kolleginnen beschreibt sie mit „Angst essen Seele“: „Viele werden krank wegen
der unsicheren Situation, viele, die
auf das Einkommen angewiesen
sind, haben Angst vor einem sozialen Abstieg.“ Denn klar ist derzeit
nur, dass die Gehälter bis Ende
März durch das Insolvenzgeld gesichert sind. Schlecker hat in jüngster Vergangenheit massiv Filialen
geschlossen. Von 300 sind im nördlichen Rheinland-Pfalz 130 übrig
geblieben, speziell in der Region
Wittlich/Trier 29 von einst 70
Standorten.
Eine zentrale Forderung wird
beim Treffen immer wieder erhoben: Die Vermögensverhältnisse
der Familie Schlecker müssen dargelegt werden. Viele Beschäftigte
fragen: Wo sind die geschätzten
mehr als 2 Milliarden Euro Vermögen der Gründerfamilie geblieben? „Diese Frage muss geklärt
sein, bevor der Ruf nach staatlicher
Unterstützung laut wird“, sagt auch
die rheinland-pfälzische Sozial- und
Arbeitsministerin Malu Dreyer
(SPD) in Daun. Eine weitere Forderung: das Filialnetz so weit wie
möglich erhalten und investieren,
damit Schlecker wieder konkurrenzfähig ist, und das ramponierte
Image verbessern. Die Veranstaltung in Daun ist laut Verdi-Vertreter Rinke-Oster nur der Anfang:
„Weitere Proteste folgen um den
Internationalen Frauentag am 8.
März.“

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