Jahwe Roi – Der HERR mein Hirte! - Chrischona
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Jahwe Roi – Der HERR mein Hirte! - Chrischona
Chrischona-Gemeinde Rüti ZH Predigt 1. Mai 2016 Falkenstrasse 1, 8630 Rüti ZH Gott kennen. Gott lieben. Predigtreihe: Jahwe Roi – Der HERR mein Hirte! Psalm 23; Johannes 10,11+27-28 Von Schafen… Der HERR mein Hirte. Jahwe Roi – der HERR mein Hirte. Ein Bild, das vielen von uns vertraut ist: „Ich kenne es. Ich weiss…“. Ein Bild, das mich aber wieder neu angesprochen und berührt hat. Ein Bild, ein Gottesname, der für mich in dieser Woche noch einmal eine neue Tiefe bekommen hat. Der HERR mein Hirte. Ein Hirte ist von Schafen umgeben. Ein Hirte teilt sein Leben mit Schafen. Ich möchte darum, bevor wir über den Hirten nachdenken, einen Blick auf diese Schafe werfen. In Psalm 23 kommt deutlich zum Ausdruck, dass mit dem Hirten Gott gemeint ist und mit den Schafen auf der Weide wir Menschen, die unter Gottes Obhut und Führung leben. In der Vorbereitung auf diese Predigt habe ich mich in Berichte von Hirten vertieft, in welchen diese von ihren Erlebnissen, ihren Erfahrungen und Erkenntnissen berichten. Einiges davon wird in diese Predigt einfliessen.1 Schafe sind Herdentiere. Das heisst, Schafe brauchen den Zusammenhalt in der Herde und sie brauchen eine Leitung. Jemanden, der sie persönlich und die Herde als Ganzes leitet. Ein erfahrener Hirte sagt: „Führungslose Schafe würden sich in alle Winde zerstreuen und ‚vor die Hunde gehen‘. Sie müssten mal miterleben, welches Chaos etwa entsteht, wenn Schafe den Anschluss verpassen! Die einen rennen immer wieder wie wild in den Zaun hinein – obwohl fünf Meter daneben ein offenes Tor ist. Andere rennen vor lauter Panik genau in die falsche Richtung und machen das Chaos perfekt. Eine Schafherde unter schlechter Führung ist ein Bild des Jammers – ohne Führung eine Katastrophe…“ Mit diesem Bild vor Augen, wie ein Schaf in blinder Hektik gegen einen Zaun anrennt, stellt sich die Frage: Sind Schafe eigentlich dumm? Doch eine Hirtin hält dagegen: „Schafe sind nicht dumm. Schafe sind schutzlos. Das ist ein grosser Unterschied!“ 1 Vgl. Lutz Heipmann in „Aufatmen 1/2012“ S. 53ff. / Margaret Feinberg „Gottes Herz: Der Takt der Liebe“ S. 17ff. 1 Schafe sind dazu geschaffen, einem Hirten zu folgen. Nur tun sie das nicht einfach so. Schafe wollen geführt werden, aber sie folgen nicht jedem, der sie führen will. Was braucht es, damit ein Schaf oder sogar eine ganze Herde sich einem Hirten anschliesst und ihm folgt? Und wieder die Antwort eines Hirten: „Der Schlüssel dazu, dass Schafe dem Hirten folgen heisst: Fürsorge. Tägliche, stetige Fürsorge.“ Über die anhaltend erfahrene Fürsorge baut ein Schaf langsam Vertrauen zum Hirten auf. Schliesslich kommt der Zeitpunkt, an dem es bereit ist, sich seinem Hirten anzuschliessen. Der gerade eben erwähnte Hirte erzählt: „Ich werde nie vergessen, wie wir kurz vor Weihnachten einen Temperatursturz auf dramatische -18 Grad erlebten und die Schafe mir nachts, bei Dunkelheit und hohem Schnee zum ersten Mal über eine längere Strecke in den neuen Stall folgen sollten – und es tatsächlich ohne jedes Druckmittel taten.“ Kannst du dir vorstellen, was dieser Hirte gefühlt hat, als er ein ums andere Mal ungläubig über die Schulter geblickt hat und realisiert hat, dass ihm seine Tiere tatsächlich in die Dunkelheit hinein folgen? Kannst du dir vorstellen, was diese Tiere an Gutem erfahren haben, dass sie ihrem Hirten in diesem garstigen Wetter folgten? Der HERR mein Hirte! Schafe sind auf den Hirten angewiesen, wenn es um Nahrung, Ordnung und Sicherheit geht. Aber Schafe folgen keinem Hirten einfach so. Es braucht die erfahrene und fortdauernde Fürsorge als Basis für wachsendes Vertrauen. Schafe werden über Vertrauen geführt. Nicht über Dominanz. Pferde lassen sich über Dominanz führen. Schafe nur über Vertrauen. Der HERR mein Hirte. Gott ist Hirte. Jesus sagt: Ich bin der gute Hirte. (Joh 10,11). Wir sind Schafe. Wir sind einen kurzen Moment still, bevor wir den Blick auf den Hirten richten. … und Hirten Ein Hirte mit seiner Herde ist ein Bild der Fürsorge. Wir haben schon von dieser Fürsorge gehört. Hirte-Sein ist eine Herzenssache – es geht um Vertrauen und um Liebe. Wie klingt es also, wenn ein Hirte von seinen Schafen erzählt? Von Schafen, die er kennt. Die er liebt. Von Schafen, für die er hingebungsvoll sorgt. Von Schafen, von denen er genau weiss und es tagtäglich erlebt: „Wenn sie meine Stimme hören, kommen sie quer über die ganze Weide angerannt.“ Wir hören, wie eine Hirtin einige ihrer Schafe einer Besucherin vorstellt. Und wir hören, wie viel Herz und Fürsorge aus ihren Worten klingt. Und wir merken: Nicht nur die Schafe kennen ihre Hirtin, sondern auch umgekehrt: Die Hirtin weiss genau, mit wem sie es zu tun hat: „Das ist Opal. Sie ist eine grossartige Mutter, obwohl sie dieses Jahr ziemlich eifersüchtig über ihr Lamm wacht. Vielleicht liegt es daran, dass sie nur eines statt zwei Babys geboren und erst später gelammt hat als die anderen. Sie hat ein Gewichtsproblem. Als sie trächtig war, war sie so dick, dass ich ehrlich dachte, sie würde Drillinge bekommen. Ihre Stimme klingt anders als die der anderen. Sie ist heiser, eher ein Blöken als ein Mähen. Das ist Iris. Ihr Spitzname ist ‚Herself‘. Sie ist selbstbewusst und geht ihren eigenen Weg. Wenn es irgendwo eine offene Tür gibt, schlüpft sie als Erste hindurch. Iris hat ein grosses Talent dafür, in Schwierigkeiten zu geraten. Aber wenn es warm und sonnig ist, ist sie auch die Erste, die zu mir kommt und sich neben mich legt. Die Schwarze da, nun, das ist Meggie. Sie ist vierzehn – schon zwei Jahre jenseits der durchschnittlichen Lebenserwartung. Und wie eine Oma stampft sie mit dem Fuss auf, wenn sie sauer auf einen ist. Aber lassen Sie sich nicht täuschen; sie ist liebevoll und freundlich. 2 Das ist Jovita. Sie ist einfach die Süsseste von allen. Sie setzt sich gerne auf meinen Schoss, und manchmal knabbert sie sogar an meiner Nase. Ich nenne sie mein ‚Schossschaf‘. Dove, die eine schwierige Trächtigkeit hatte, hat sie verstossen, aber Iris hat sie adoptiert. Ich liebe diese Iris. Es gibt eine Menge Drama in der Herde, wissen Sie.“ Der HERR mein Hirte. Im Leben eines Hirten dreht sich alles um die Fürsorge für seine Schafe. Der HERR mein Hirte. Was sagt uns das über Gott? Zu biblischer Zeit war es so, dass ein Hirte, der nicht selber Eigentümer der Schafe war, dem Besitzer ein verloren gegangenes Schaf ersetzen musste. Und nun sagt Jesus, dass er der gute Hirte ist und fügt an: Meine Schafe werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reissen (Joh 10,28). Das Wissen, dass ein Hirte einen allfälligen Verlust aus der eigenen Tasche ersetzen musste, gibt diesen Worten Jesu noch mehr Tiefe: Niemand wird sie aus meiner Hand rauben. Jesus hat ein echtes Interesse daran. Jesus will, dass alle, die ihm nachfolgen, einmal vor Gottes Thron stehen! Dafür setzt er sogar sein Leben ein: Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. (Joh 10,11) Eigentlich ist das ein krasses Ungleichgewicht: Ein Hirte lässt sein Leben, damit ein Schaf leben kann? Das steht doch in keinem Verhältnis. Jesus tut es. Jesus ist der gute Hirte. Und er will um jeden Preis will, dass seine Schafe leben! Der HERR mein Hirte. Können wir das fassen und glauben? Ich habe in der vergangenen Woche erlebt, dass ich da noch ein Lernender bin… Nun ist es aber so, dass das bisher gezeichnete Bild des Hirten doch etwas einseitig ist, denn es geht im Leben eines Hirten nicht nur um Fürsorge. Neben Fürsorge geht es auch um Herrschaft. Und wieder möchte ich eine Hirtin zu Wort kommen lassen, respektive eine Besucherin dieser Hirtin, die von ihr in die Herde eingeführt wird. Sie erzählt: „Einer der jungen Böcke, Alano, war ungehalten darüber, dass er nicht im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand, und begann mich mit seinen Hörnern zu stossen. Das erste Mal war es noch einigermassen sanft, aber ich warf Alano trotzdem einen finsteren Blick zu. Er wich zurück. Wir schauten uns gegenseitig in die Augen. Er machte ein paar Schritte zurück und nahm dann Anlauf in meine Richtung. Die Beschaulichkeit des Augenblicks verflog im Nu. ‚Lynne!‘, rief ich. ‚Das dürfen Sie ihm nicht durchgehen lassen‘, sagte sie streng. ‚Packen Sie ihn am Horn.‘ Ich streckte die Hand aus, schloss meine Faust um eines seiner gebogenen Hörner und hielt mir Alano auf Armeslänge vom Leib. ‚Nein!‘, sagte ich fest. In der törichten Annahme, der Bock hätte angesichts meines scharfen Tonfalls sein Macho-Gehabe abgelegt, liess ich Alano los. Er ging ein paar Schritte zurück und rammte mich erneut. ‚Jetzt muss er bestraft werden‘, sagte Lynne und packte den übermütigen Bock am Horn. Sie zerrte Alano hinter sich her in einen anderen eingezäunten Bereich und isolierte ihn dort von den anderen Schafen. Gemeinsam sahen wir Alano jammervoll am Gatter stehen. Sein Geblöke hörte sich ziemlich kläglich an. Alano war nicht glücklich über den Verlauf der Dinge. Aber wenn er seine Lektion nicht lernte, würde Lynnes nächste Massnahme darin bestehen, ihn zu kastrieren. Diese Operation würde aus Alano einen ‚zahmen Rasenmäher‘ machen, wie Lynne es nannte. ‚Wenn ich ihn jetzt nicht bestrafe, wird er gefährlich, wenn er grösser wird, und dann nützt er niemandem etwas. Meine Böcke müssen 3 mich respektieren und wissen, wer ich bin. Machen wir uns nichts vor, ein Bock, der sich nicht beherrschen lässt, kann in einer Herde grossen Schaden anrichten. Die Böcke müssen wissen, dass ich der Boss bin.“ Im Leben eines Hirten geht es auch um Herrschaft. Aber eine Herrschaft, die immer das Wohl der Herde vor Augen hat. Bei einem Hirten sind Fürsorge und Herrschaft gepaart. Auch darum geht es, wenn wir in der Bibel lesen: Der HERR mein Hirte. Der Herr, Jesus, hat diesen Führungs- und Herrschaftsanspruch! Bist du bereit, ihn zu respektieren, seinen Willen höher zu achten als deinen eigenen? Wir dürfen das Bild des Hirten nicht auf einen wohligen Kuscheleffekt reduzieren! Grüne Wiesen – dunkle Täler Ich komme zum letzten Gedanken in dieser Predigt: Grüne Wiesen – dunkle Täler. Ein Hirtenleben ist geprägt von Fürsorge für die Schafe und vom Anspruch, ihr Führer zu sein. Das zeichnet den guten Hirten aus. In Psalm 23 lesen wir von grünen Wiesen, von frischem Wasser, aber auch von dunklen Tälern. Wirklich entscheidend werden die Kraft und Güte des Hirten für die Schafe dann, wenn Gefahr droht. Vertrauen die Schafe auch dann ihrem Hirten, oder jagen sie in Panik davon? Ich habe das in der vergangenen Woche wieder einmal erlebt: Wenn alles nett und rund läuft, dann bin ich rasch der Meinung, dass ich Jesus vertraue. Wenn aber Gefahr droht, wenn ich Druck verspüre, dann zeigt sich, was wirklich in mir schlummert. Dann wird sichtbar, welchen Motiven ich folge. Und plötzlich bin ich einem Schaf, das hektisch und panisch ein ums andere Mal in einen Zaun donnert und das offene Tor nicht findet, gar nicht so unähnlich! Die vergangene Woche hat mir wieder gezeigt, dass ich in Sachen Vertrauen noch ein Lernender bin. Und an diesem Punkt müssen wir das Bild des Hirten und der Herde verlassen: Wenn ich nämlich merke, dass ich in Sachen Vertrauen noch in den Kinderschuhen stecke, dann heisst das nicht, dass mir der Hirte Jesus noch zu wenig Fürsorge erwiesen hat. Es heisst vielmehr, dass ich auf den satten grünen Wiesen den Hirten aus den Augen verloren habe. In den dunklen Tälern hängt das Überleben der Schafe vom Hirten ab. Dass das auch auf den grünen Wiesen der Fall ist, vergessen wir Menschen leicht. Aber auch dort brauchen Schafe einen Hirten. Ich möchte lernen, auch auf den grünen Wiesen den Hirten zu suchen und in seiner Nähe zu sein. Wie macht man das? Damit sind wir wieder beim Gottesdienst von vor drei Wochen, wo wir gemeinsam nachgedacht haben darüber, was es heisst, sich im Herrn zu stärken, so wie es David in einer Notlage tat. Sich im Herrn stärken, die Nähe des Hirten suchen – es ist beides dasselbe. Aber nur dadurch wächst das Vertrauen zum Hirten. Dadurch wird das Band der Liebe zwischen Hirte und Schafe enger und enger geknüpft. Wir haben im Bericht der Hirtin gehört, dass sie sich immer wieder Zeit nimmt, um einfach bei den Schafen auf der Weide zu sein – einfach da zu sitzen. Nehmen wir uns auch die Zeit, einfach beim Hirten zu sein? Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Meine Schafe hören meine Stimme und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reissen. (Joh 10,11+27-28.) Wer möchte sich diesem Hirten nicht anvertrauen? Amen Martin Stettler Tel.: 055 241 16 35 E-Mail: [email protected] www.chrischona-rueti.ch 4