Also, sehen sie mich an!

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Also, sehen sie mich an!
Bank Austria Kunstpreis 2010
„Ich liebe es, vom Blick eines Menschen
durchdrungen zu werden. Ein Blick auf
meiner nackten Haut streichelt mich.
Ich liebe die Genauigkeit im Blick eines
Künstlers. Er schweift nicht über mich hinweg,
er sticht mich, er durchbohrt mich, mit
aufrichtiger Zartheit und ohne falsche Scheu.
Wer nicht gelernt hat, offen zu blicken,
hat nicht gelernt, die Welt zu begreifen.
Also, sehen Sie mich an!“
Thomas Glavinic zu „Das Pelzchen“ von Peter Paul Rubens
Bank Austria Kunstpreis 2010 – Kunstvermittlung
„Also, sehen Sie mich an!“
INNOVATION. Stellen Sie sich vor: Peter Paul Rubens’ berühmtes Gemälde „Das Pelzchen“ erwacht zum
Leben. Helene Fourment, „Das Pelzchen“, spricht zu Ihnen. Erzählt, wie sie sich fühlt. Was sie denkt.
Unverhüllt, nur in einen schwarzen Pelz geschmiegt. Allen Blicken preisgegeben. Und das ist nicht nur
reine Imagination …
D
as Projekt GANYMED BOARDING
hat es sich zum Ziel gesetzt, durch
Texte zeitgenössischer Autorinnen und
Autoren und die Inszenierung dieser
Texte im Kunsthistorischen Museum
„alte Meister“ zum Leben zu erwecken – und wurde mit dieser Initiative
einer der beiden Sieger in der Kategorie
Kunstvermittlung.
„Wenn es soweit ist“, so nennt sich
das Ensemble um die Theater- und
Filmregisseurin Jacqueline Kornmüller und den Schauspieler und Regisseur
Peter Wolf; GANYMED BOARDING ist
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Bank exklusiv plus | Februar 2011
ihre aktuelle gemeinsame Arbeit. Peter
Wolf: „Unsere Ausgangsidee war es, die
Aktualität eines Bildes, die Verstörung,
den Reichtum der Erzählkraft wieder
spürbar und lebendig zu machen. Der
Zugang zur Malerei besteht hier aus der
Gedankenwelt einer Schriftstellerin
oder eines Schriftstellers – nicht aus der
akademischen Perspektive, sondern aus
der Reflexion eines subjektiven assoziativen Herangehens an die Bilderwelt.“
Für das Projekt GANYMED BOARDING hat das Team 16 hochkarätige
österreichische Autorinnen und Auto-
ren, wie Elfriede Jelinek, Paulus Hochgatterer, Thomas Glavinic, Peter Handke und Gerhard Roth, eingeladen, Texte
über Meisterwerke der Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in
Wien zu schreiben. Ob Monolog, Dialog,
philosophischer Essay oder sprachliches
Experiment: Durch die Inszenierung
dieser Texte in den Räumen des Kunsthistorischen Museums in Wien mit 16
Schauspielerinnen und Schauspielern,
darunter Anne Bennent, Vivien Löschner, Erni Mangold, Joachim Bißmeier
oder Martin Reinke, werden das Bild und
Gustavo Allidi Bernasconi
Helmut Wimmer
Gustavo Allidi Bernasconi
seineBetrachtungzumLebenerweckt.
PeterWolf:„WirwollenmitGANYMED
BOARDINGdurchdieVernetzungvon
bildender Kunst, Theater, Performance
und Literatur ein außergewöhnliches
Erlebnisschaffen.“
ZudenausgewähltenBildernzählen
„Turmbau zu Babel“ von Pieter Bruegel d. Ä. (Text: Marc von Henning);
„DieInfantinnen“vonDiegoVelásquez
(Text:ElfriedeJelinek),„DasPelzchen“
von Peter Paul Rubens (Text: Thomas
Glavinic) und die „Entführung des
Ganymed“vonCorreggio(Text:Paulus
Hochgatterer, der mit seinem Beitrag
„GanymedBoarding“demProjektauch
seinenNamengab).
Nach den erfolgreichen Veranstaltungen 2010 kann man sich der bildmächtigenInszenierungauch2011wiederhingeben,undzwaram23.Februar,
am9.,16.und30.Märzsowieam6.,13.
und27.April,jeweilsvon19bis22.30Uhr
imKunsthistorischenMuseumWien.
www.khm.at
www.wennessoweitist.com
Nachgefragt:
Kunstpreis – Kunstvermittlung
Peter Wolf, gemeinsam mit
Jacqueline Kornmüller Initiator
des Projekts:
Zum Gewinn: „Ich war total überrascht,
total bewegt. Das Projekt GANYMED
BOARDING war über zwei Jahre lang
eine Leidenschaft. Diese Auszeichnung
– nachdem bereits 4.000 Zuschauer in
das Projekt gefunden haben – ist eine große Ehre und ein unglaublicher Ansporn
weiterzumachen.“
Wofür das Preisgeld verwendet werden soll: „Wir planen jetzt gerade die
Fortsetzung von GANYMED BOARDING, die am 23. Februar startet und bis
Ende April läuft, diesmal ohne Subventionen! Dafür kommt dieses Preisgeld wie
gerufen. Sollte die Spielphase wieder so erfolgreich laufen wie das erste Mal,
versuchen wir, das Projekt auf internationaler Ebene zu wiederholen. Das Museo
del Prado wäre so ein Traum – man stelle sich vor: Javier Bardiem oder Penélope
Cruz vor einem Velázquez oder Rubens mit einem Text von Albert Sánchez Piñol
oder Mario Vargas Llosa.“
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