M-Dipol mit Visaton W 250

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M-Dipol mit Visaton W 250
M-Dipol mit Visaton W 250
Entwicklungsziel war ein preisgünstiger Bass-Dipol, der von der Grundfläche eher einer Standbox
entspricht und nicht als eine meterbreite Schallwand daherkommt. Limit war für mich 30 x 30 cm. Als
nutzbarer Frequenzbereich wurden 40-300 Hz festgelegt. Also kein Subwoofer für Heimkino, sondern ein
Stereo-Bass für Musikwiedergabe.
Gründe für das obere Limit 300 Hz waren:
●die Möglichkeit, durch entsprechende Trennung den Einfluss der ersten/niedrigsten Bodenreflektion
(Allison-Effekt) zu minimieren
●die „Dipolisierung“ aller diskreten Raummoden (in üblichen Räumen bis ca. 200 Hz)
Als Bauformen kamen prinzipiell in Frage (jeweils nur die entsprechenden Woofer-Systeme):
●W-Dipol nach Linkwitz (www.linkwitzlab.com/woofer.htm#Dipole%20Woofer)
●Ripol nach Ridtahler (www.lautsprechershop.de/pdf/ripol/ridtahler.pdf)
●H-Dipol nach Linkwitz (www.linkwitzlab.com/proto.htm#PW1)
●M-Dipol (www.mfk-projects.com/dipole_pa_system.htm)
Da W-Dipole/Ripole nur bedingt als Dipole strahlen, wurde die Bauform H-/M-Dipol bevorzugt. Für den MDipol sprach schließlich die – zumindest zur Hälfte wirksame – Impulskompensation. Aus der maximalen
Grundfläche ergab sich automatisch die Beschränkung auf 25-cm-Chassis, wobei der Einsatz von zwei
Chassis pro Seite Minimalbedingung ist.
Als ausgewogenster Kompromiss aus Preis (niedrig), Qts (hoch) und Xmax(akzeptabel) stellte sich im
Visaton-Programm der W 250 8 Ohm heraus, den ich wegen des größer dimensionierten Antriebs dem
WS 25 E 8 Ohm vorzog.
www.visaton.de/de/chassis_zubehoer/tiefton/w250_8.html
www.visaton.de/de/chassis_zubehoer/tiefton/ws25e_8.html
Aufbau: Gebaut wurde schließlich das folgende „Gehäuse“:
Abb. 1: Aufbau und Dimensionen des M-Dipols mit Lage der Chassis
Holz-Teileliste (18 mm Multiplex):
2 x Seitenwange
60 x 30 cm
2 x Boden & Deckel
26,4 x 30 cm
2 x Schallwand
26,4 x 38,5 cm und 26,4 x 40,3 (38,5+1,8) cm
Beide Schallwände sind unter 90° so miteinander verbunden, dass im Winkel beide Schenkel gleich lang
sind. Die Öffnungen für die Chassis sind jeweils mittig auf der Schallwand. Die Vorderkante der
Seitenwangen sollte durch eine horizontale Verstrebung auf 30 cm Höhe versteift werden.
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Aus Komfortgründen wurden beide Chassis von vorn auf die Schallwand montiert (siehe Abb. 1). Aus
Symmetriegründen wäre es aber besser, den oberen W 250 von der Rückseite durch die Schallwandöffnung zu stecken. Die gegensinnige Anordnung der Chassis verringert lt. Linkwitz die unharmonischen
Verzerrungen. Beide Chassis werden parallel betrieben, wobei Plus- und Minuspol eines Chassis
vertauscht sind. In der Mitte der vorderen Gehäuseöffnung (Schnittpunkt der roten Linien in Abb.1) ergibt
sich der folgende Frequenzgang:
Abb. 2: Frequenzgang des M-Dipols im Nahfeld ohne Korrektur
Um ein besseres Verständnis der Situation zu gewinnen, simulierte ich den M-Dipol mit AJ-Horn. Da AJHorn keinen M-Dipol kennt, wurde die obere Hälfte des M-Dipols als eine parabolisch öffnende Transmissionline mit seitlich eingebautem Treiber angenommen. Die beste Annäherung an den tatsächlichen
Verlauf ergab sich mit den folgenden Eingabewerten:
Abb. 3: Modellierung mit AJ-Horn. Vergleich mit Messergebniss
Die Halsöffnungsfläche Ah wurde als praktisch 0 angenommen, die Mundöffnungsfläche h x b ist gleich
der tatsächlichen Dipolöffnung (obere Hälfte). Die Länge l der Line und der Abstand des Treibers vom
Halsende (Tr.-Pos.) sind in der Simulation allerdings deutlich kürzer als im realen M-Dipol. Es bestätigt
sich aber eine Erkenntnis, die ich bereits mit dem U- & H-Frame Woofer Worksheet
(www.pvconsultants.com/audio/boxmodel/uhframe.htm) gewinnen konnte: Der Frequenzgang eines 90°
öffnenden M-Dipols entspricht praktisch dem eines H-Dipols der anderthalbfachen Bautiefe.
Die Begradigung des Frequenzgangs besteht aus zwei Teilen:
●Ausgleich der lambda/4-Resonanz bei 300-400 Hz
●Ausgleich des 6 dB/Oktave-Dipolabfalls im Fernfeld
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Hierfür biete ich zwei unterschiedliche Vorgehensweisen an:
●Line-Level-Lösung (vor der Endstufe):
●Power-Level-Lösung (nach der Endstufe):
Line-Level-Lösung
Mit einer Schaltung wie in Abb. 4 rechts können der Resonanzbuckel und der Dipolabfall gleichzeitig
ausgeglichen werden. V1 ist dabei der Ausgang der vorgeschalteten Signalquelle (i.a. Vorverstärker), R1
stellt den Eingangswiderstand des nachfolgenden Endverstärkers dar.
Abb. 4: Korrekturkurve und Schaltplan eines kombinierten Dipol-Filters auf Line-Level-Ebene. Grün
gestrichelt ist der Phasenverlauf wiedergegeben.
Die Filterschaltung kann mit preiswerten Teilen auf engstem Raum verwirklicht werden:
Abb. 5: Filternetzwerk für kombinierten Ausgleich von Resonanzbuckel und Dipolabfall
Im folgenden Diagramm ist die Filterkurve und ihre Invertierung mit dem gemessenen Frequenzgang
kombiniert. Erkennbar ist die Anpassung der Filterkurve an den Resonanzbuckel bis 400 Hz. Bei einer
steilflankigen Trennung bei 300 Hz oder niedriger wird der Resonanzbuckel ausreichend kompensiert. Ab
200 Hz setzt zu niedrigeren Frequenzen ein 6 dB/Oktave-Tiefpass ein, der den Dipolabfall im Fernfeld
kompensiert.
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Abb. 6: Zusammenschau von Frequenzgang und Filterkurve. Die gespiegelte Kurve zeigt die Anpassung
an den Resonanzbuckel. Unterhalb von 200 Hz setzt die Wirkung des 6 db/Oktave-Dipolausgleichs ein.
Im Zusammenarbeit mit einem 24 dB/Oktave-LR-Tiefpassfilter (Behringer CX 2310) bei 200 Hz (denkbar
wäre z. B. auch ein hoch trennender Subwoofer-Ausgang eines AV-Receivers) ergibt sich dann der
folgende Frequenzgang:
Abb. 7:
Wie sich die verschiedenen Filterungen auswirken, zeigen einige Messungen mit JustOct an der gleichen
Stelle wie die Messungen aus Abbildung 2:
Abb. 8: Einfluss von Line-Level-Filter und Frequenzweiche auf den Frequenzgang. „Weiche“ bezieht sich
auf die Einstellungen des 24 dB/Oct-Tiefpassfilters der Behringer CX 2310.
Power-Level-Lösung
Während das Line-Level-Filter nur wenige Euro kostet, dafür allerdings eine Auftrennung zwischen Vorund Endstufe sowie eine externe Tiefpasslösung erfordert, ist eine komplett passive Filterlösung deutlich
teurer. AJ-Horn ermöglicht die Simulation verschiedener Netzwerke:
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Abb. 9:
● Grün ist der von AJ-Horn simulierte Frequenzgang gemäß Abb. 3.
● Der schwarze Frequenzgang stellt sich bei Einsatz des 1. Netzwerks links ein. Der
Resonanzbuckel ist kompensiert und die Tiefpassfilterung erreicht 18 dB/Oktave. Der Dipolabfall
muss aber fast komplett extern kompensiert werden.
● Der rosa Frequenzgang entsteht bei Vergrößerung der Serienspule von 5,6 auf 8,6 mH. Es ergibt
sich eine Kompensation von ca. 2 dB/Okt.
● Selbst eine Steigerung der Serienspule auf 10,3 mH führt nur zu einer Kompensation von
3dB/Oktave.
Die angegebenen Widerstandswerte im Serienzweig stellen den Spulenwiderstand dar, der Wert ist
unkritisch. Die 5,85 Ohm im Parallelzweig enthalten ebenfalls den Spulenwiderstand. Der Wert sollte +/- 1
Ohm eingehalten werden. Die Toleranz für den Kondensator ist 55-60µF.
Soweit die Theorie. Bei der Messung mit den drei verschiedenen Dipolfiltern ergibt sich ein deutlich
anderes Bild:
Abb. 10: Messung des Frequenzgangs an der Position gemäß Abb.1 mit drei verschiedenen Dipolfiltern.
Schwarz mit 5,6 mH, rot mit 8,6 mH und grün mit 10,3 mH im Serienzweig.
Die Vergrößerungder Serienspule über 5,6 mH bringt praktisch keinen Vorteil. Selbst 10,3 mH ergeben
kaum eine zusätzliche Wirkung für die Kompensartion des Dipolabfalls.
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Zuletzt möchte ich noch die Frage beantworten, wie sich der deutlich unterschiedliche Aufbau von
Vorder- und Rückseite des M-Dipols auf den Frequenzgang auswirkt. Gemessen wurde wie bei den
vorhergehenden Messungen in der Öffnungsebene des M-Dipols, diesmal allerdings auf 43 cm Höhe und
nicht 30 cm.
Abb. 11: Messung des Frequenzgangs auf Vorder- und Rückseite. Vorn schwarz, hinten rot.
Von leichten Unterschieden am oberen Ende des vorgesehenen Einsatzbereiches abgesehen besteht
gute Übereinstimmung.
Fazit: Im Praxisbetrieb stellt sich die Line-level-Lösung als deutlich effektiver und auch klanglich besser
heraus. Auch mit einem Vorverstärker, der sowohl regelbare Loudness als auch auf verschiedene
Einsatzfrequenzen einstellbare Klangregelung hat, gelang für die Power-level-Lösung kein vergleichbar
guter Ausgleich des Dipol-Abfalls.
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