Venezuela – Ein Schwellenland im Umbruch 1. Definition

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Venezuela – Ein Schwellenland im Umbruch 1. Definition
Venezuela – Ein Schwellenland im Umbruch
Von Clemens P.
1.
Definition Schwellenland:
Allgemein versteht man unter einem Schwellenland (Newly Industrialised Country) einen
Staat, der im Vergleich zu einem reinen Entwicklungsland bereits eine bessere
wirtschaftliche, politische und demographische Entwicklung aufweist.
In den 70er Jahren fand man den Begriff „Newly Industializing Economies“ für die vier
asiatischen Tigerstaaten Taiwan, Südkorea, Singapur und Hongkong. Diese Länder haben
heute die typischen Merkmale eines Schwellenlandes überwunden und zählen nun zu den
Industrienationen.
Bedingung für ein Schwellenland ist vor allem die Produktion eigener Industriegüter, die über
die bloße Förderung von Rohstoffen hinausgeht. Man geht dabei davon aus, dass die
Wirtschaftsentwicklung des Landes in absehbarer Zeit zu einer Überwindung der typischen
Merkmale eines Entwicklungslandes führen und dass das Land somit „an der Schwelle“ zum
Industrieland steht.
Bei der Suche nach verbindlichen Definitionen wurde deutlich, dass es keine Festschreibung
von Zahlen gibt, die ein Schwellenland charakterisieren. Interessant wird die Definition bei
Bankexperten, die die Entwicklungsländer daraufhin untersuchen, ob Investitionen für
Aktionäre möglichst hohe Gewinne ausschütten können.
Hervé Prettre von dem Bankinstitut Credit Suisse betont, dass sich das Profil der „Emerging
Markets“ – der aufstrebenden Märkte der Schwellenländer – in den letzten fünf Jahren so
stark geändert hat, dass sie heute den westlichen Ländern ähnlicher sehen als den früheren
Schwellenländern. Früher galt ein Land als Schwellenland, wenn eine niedrige Konsumquote,
ein niedriger Entwicklungsstand vorhanden waren und das Land hohe Potentiale
(Bodenschätze, Industrie) hatte.
1.1. Merkmale von Schwellenländern heute:
1.1.1 Höherer Anteil der industriellen Produktion am Bruttosozialprodukt
Ein Schwellenland zeichnet sich durch den Umbau von der Agrarwirtschaft zur
Industrialisierung aus.
Die Produktion von Fertigprodukten ist auf den Export ausgerichtet, da der Großteil
der Bewohner des Landes nicht in der Lage ist, die Produkte selbst zu erwerben.
Wichtig ist die Herstellung von Investitionsgütern.
Ein Schwellenland nutzt Nischen des Weltmarktes und setzt auf Export von
Fertigwaren.
Aufstrebende Branchen im Schwellenland sind nicht nur weiterverarbeitende
Industrien der Rohstoffe des Landes sondern liegen vor allem heute im Tertiärbereich
(Dienstleistungen).
Beispiele dafür sind:
Botswana: Luxustourismus und Call-Center-Industrie
Panama: Wirtschaft in Verbindung mit dem Kanal und
Luxustourismus für pensionierte US-Amerikaner.
Das ist deshalb wichtig, weil so das Land unabhängig wird von Preisschwankungen
bei Rohstoffen. Es kann bei Trendwenden auf dem Weltmarkt besser reagieren.
1.1.2. Das Wirtschaftswachstum eines Schwellenlandes ist besonders hoch und die Zahlen
übertreffen die der Industrieländer.
Um für Investoren interessant zu sein, sollte das Land seine Inflation beherrschen, der
Wechselkurs sollte zuverlässig sein und das allgemeine Wachstum konstant. Der
Aktienmarkt des Landes sollte niedrig bewertet sein.
-
Die Arbeitsproduktivität soll mit den OECD-Ländern1 vergleichbar sein, das jedoch
bei deutlich niedrigem Lohnniveau.
-
Das Pro-Kopf-Einkommen sollte nicht mehr dem von Entwicklungsländern
entsprechen. Es beträgt über 699 US-Dollar pro Jahr.
1.1.3 Die Entwicklung sozialer Faktoren (Lebensstandard der breiten Bevölkerung
und Lebenserwartung) muss eine gewisse Qualität aufweisen, steht jedoch hinter
dem rasanten Wirtschaftswachstum noch zurück!
Das gleiche gilt für den Schutz der Umwelt.
Ohne einen guten Alphabetisierungsgrad und ein Bildungssystem
(Schulen, Universitäten) können keine Arbeitskräfte angemessen ausgebildet werden,
was Voraussetzung für entsprechende Entwicklungssprünge ist.
Dabei spielt ausdrückliche die Frage nach den sozialen Unterschieden innerhalb des
Schwellenlandes sowie die Verschuldung des Landes keine große Rolle!
-
Generell sind Schwellenländer durch einen starken Gegensatz zwischen Arm und
Reich gekennzeichnet und damit oft anfällig für politische Unruhen.
1.1.4 Die geopolitische und innenpolitische Stabilität sollte gegeben sein.
Das Land sollte eine klare Strategie entwickelt haben, wie es in den Rang einer
entwickelten Industrienation aufsteigen möchte. (Transformationsstrategie)
Dabei ist nach Aussage des Generalsekretärs der OECD Angel Gurría das
Vorhandensein einer Demokratie als Staatsform nicht der wichtigste Aspekt.
Allerdings spielt das Vorhandensein von politischen und rechtlichen Institutionen eine
Rolle für das Wachstum und die Entwicklungsfähigkeit eines Landes:
o Transparency International Corruption Perception Index
o Political Stability Index der Weltbank
o Human Development Index der UNO
Das heißt, dass Korruption und politische Instabilität beherrscht werden müssen.
1.2.
1
Welche Länder werden heute zu den Schwellenländern gezählt?
OECD: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Man zählt heute ungefähr 20-30 Länder zu den Schwellenländern. Genannt
werden:
-
Die Staaten Südostasiens und Asiens wie z.B. Vietnam
wobei Malaysia, Thailand, Indonesien bereits weiter entwickelt sind
und nach Ansicht mancher Wirtschaftsexperten nicht mehr
dazugehören.
-
Volksrepublik China
-
Brasilien, Argentinien, Peru, Venezuela, Kolumbien, Panama, Mexiko,
karibische Inselstaaten, Costa Rica entwickeln sich als
Schwellenländer zu Industriestaaten.
-
Osteuropäische Staaten, hier erwartet man, dass diese Staaten bald
schon zu den Industrienationen gezählt werden können.
(„Transformationsländer“)
-
Kasachstan und Ukraine
-
Arabische Ölexportierende Staaten
-
Manche Staaten Afrikas, wie Botswana
2.
Venezuela – zweitältestes Ölförderland der Welt
2.1.
Allgemeines zur Geografie
-
im Nordosten Südamerikas zwischen 1° und 12° nördlicher Breite und
60° und 73° westlicher Länge
- Grenzen: im Westen nach Kolumbien, im Osten nach Guyana, im
Süden nach Brasilien.
- Venezuela hat die 2,3 fache Fläche der Bundesrepublik, die
Bevölkerungszahl ist aber in Deutschland 3,4 mal so hoch wie in
Venezuela.
- Geografisch wird Venezuela im Westen durch die Andenkordillere (bis
5007m ü.M., Pico Bolivar), im Osten durch Dschungelflächen
abgegrenzt.
- Der Orinoco, drittlängster Fluss Südamerikas, durchfließt auf 2140 km
den Süden Venezuelas, mündet in einem 40.000 qkm umfassenden
Mündungsdelta im Nordosten in das Karibische Meer.
- Erdgeschichtlich ist Venezuela in zwei Hälften geteilt: Der Süden
(Hochland von Guyana) ist erdgeschichtlich sehr alt (3 Mrd. Jahre), der
Norden ist jünger.
- Man unterscheidet vier geografisch voneinander abgegrenzte Regionen:
- Im Nordwesten das Tiefland von Maracaibo
- im Zentrum die Orinocoebene mit den Llanos im Norden
- im Süden das Regenwaldgebiet, welches sich auch nach Osten zum
Orinocodelta hin erstreckt
- im Südosten das Hochland von Guyan
Bevölkerung
Venezuelas Bevölkerung ist stark pyramidal aufgebaut: Damit ähnelt die
Bevölkerungsstruktur einem Land der Dritten Welt. 50% der Bevölkerung sind unter 50
Jahren. Mit einem jährlichen Zuwachs von 1,4% zeigt sich, dass die traditionell hohen
Geburtenraten langsam sinken. Heute hat eine Frau durchschnittlich 2,5 Kinder.
85% der Bevölkerung lebt heute in Städten, ungefähr 10 Mio sind wirtschaftlich aktiv.
(Noch 1920 lebten 80% der Bevölkerung auf dem Land!)
Eine hohe Verstädterung ist vorhanden, hauptsächlich im küstennahen Industriegürtel ist die
Bevölkerung am dichtesten.
96% der Einwohner sind katholisch, 2 % evangelisch und 2% gehören Naturreligionen an.
Traditionelle animistische Glaubensvorstellungen noch aus der Zeit der Indios prägen den
katholischen Alltag.
Die Alphabetisierungsrate beträgt 91%.
2009 betrug die Bevölkerung 27 Mio Einwohner, Bevölkerungsdichte ist 26 Personen pro
qkm, nur 5% der Bevölkerung leben südlich des Orinoco, was aber die Hälfte der Fläche
Venezuelas ausmacht.
Nach dem Human Development Index steht Venezuela an 74. Stelle der Welt.
Lebenserwartung als Indikator für Gesundheitsfürsorge und Ernährung:
Mit dem HDI-Wert gehört Venezuela demnach zur „zweiten Welt“, zur mittleren Gruppe der
Staaten, während Brasilien gerade noch zur ersten gehört.
3. Faktoren, die Venezuela als Schwellenland ausweisen
3.1
Vom Agrarland zum Industrieland
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts wird in Venezuela intensiv Erdöl gefördert. 1928 war
Venezuela der zweitgrößte Erdölexporteur der Welt. Die Erdölförderung wurde durch die
damalige Regierung (Gomez) staatlich gefördert, während die Agrarproduktion nicht
unterstützt wurde und deshalb weitgehend rückständig blieb.
Folgen waren unter anderem Landflucht in der Hoffnung auf bessere Arbeitsplätze in der
Ölförderung. Die Städte wurden immer größer, Slums entstanden.
Die Erträge der Ölförderung wurden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht für
Bildung, Soziales und den Ausbau des Sekundärsektors ausgegeben, sondern kamen dem
Gomez-Clan zugute.
Auch andere Produktionszweige wurden zunächst nicht ausgebaut, da man sich auf die
Einnahmen aus der Ölförderung verließ.
Erst seit 1958 ist Venezuela eine Demokratie! Ab dieser Zeit wurden vermehrt Geldmittel aus
dem Ölexport in Infrastruktur und Bildung ausgegeben.
Von 1974-1979 (erste Amtszeit von Pérez) wurde Venezuela zu einem der wohlhabendsten
und stabilsten Länder Südamerikas, bis 1983 der rapide Verfall des Ölpreises Venezuela in
eine Wirtschaftskrise stürzen ließ.
Man hatte sich stets auf die Deviseneinnahmen verlassen. Es gab keine anderen
Wirtschaftszweige, die die wegfallenden Gewinne der Ölförderung auffangen konnten.
Auslandsschulden häuften sich an.
Inzwischen wurden einige Industrien aufgebaut und die Infrastruktur etwas verbessert. Auch
die Bildung wurde weiter aufgebaut, so dass die Alphabetisierungsrate stieg und die
Arbeitskräfte besser ausgebildet werden konnten.
2002 herrschte wieder eine positive Handelsbilanz, woran abzulesen ist, dass auch andere
Wirtschaftszweige im Sekundärbereich aufgebaut wurden. Jedoch macht heute noch der
Exporterlös durch Erdöl 4/5 des Gesamtumsatzes aus, die Hälfte der Staatseinnahmen und
25% des BIP. 2008 wurden 2,3 Mio Barrel täglich gefördert.
Export: 26,2 Mrd. US $
Erdöl: 65%
Metalle: 19% (Eisenerz an 8. Stelle der Welt)
Aluminium und Stahl)
Chemische Erzeugnisse 6,7%
Transporterzeugnisse: 3,6%
Textilien, Tourismus u. anderes: 5,7%
Import: 12,2 Mrd. US $
Maschinen: 31%
Transporterzeugnisse: 20,6%
(Ausbau der Infrastruktur)
Chemische Erzeugnisse: 9,7%
Metallwaren: 6,4%
Die wichtigsten Handelspartner sind die USA, Kolumbien, Mexiko, Brasilien, europäische
Staaten. Venezuela besteht in einer Wirtschaftsgemeinschaft mit Kuba.
Beispiele für neue Maßnahmen, um das Land auch im Tertiärbereich voranzubringen:
-
-
2004 hat die Regierung das „Gesetz über Technologie und Information“ erlassen.
Um von Microsoft unabhängig zu werden, mussten alle öffentlichen Einrichtungen
ihre Rechner auf Freie Software-Angebote umstellen. Dafür wurden extra SoftwareUnternehmen in Venezuela für Freie Software gegründet, neue sind in Planung
2006 hat der Präsident Hugo Chavez 6 Mrd US$ (aus Ölexportgewinnen) in den
weiteren Ausbau der Infrastruktur und die Industrialisierung des Landes investiert.
Zugute kam ihm der Anstieg der Ölpreise.
Um die Wirtschaft im Dienstleistungssektor anzuregen, wurde eine Freihandelszone in
Merida (Anden) gegründet. (Zona Libre Cultural, Científica y Cultural, Merida). Hier
herrscht gutes Klima, es sind gute Schulen vorhanden und die Andenuniversität ist die
beste Uni des Landes. Die dort ansässigen Wissenschaftler konnten bisher noch keine
hochwertigen Arbeitsplätze in der Industrie finden, da es noch keine entsprechenden in
der Menge gibt. Die Standortvorteile für den Teriärsektor sollen genutzt werden, um
dort Firmen anzusiedeln. Das geschieht über die Aufhebung der Importzölle, der
Mehrwertsteuer, der Kapitalertragsteuer und der Gewerbesteuer!
Angestrebt wird die Produktion im High-Tech-Bereich und im ITDienstleistungssektor.
Die aktuellen Zahlen über die Arbeitslosenquote belegen, dass viele Sektoren funktionieren
und mehr Arbeitsplätze geschaffen wurden:
2003: 16,8% Arbeitslose
2008: 7,1% Arbeitslose
Hinsichtlich der Produktion von Investitionsgütern und Export von Fertigwaren
kann man Venezuela nur eingeschränkt zu den Schwellenländern zählen, da die Wirtschaft
immer noch hauptsächlich im Bereich der Ölförderung liegt.
Erst jetzt im 21. Jahrhundert beginnt man in Venezuela an den Ausbau des Tertiärbereichs
und die weitere Ansiedlung von Firmen zu denken.
Der Bereich des Tourismus wäre ebenfalls noch sehr gut weiter ausbaufähig. Darauf werde
ich später noch eingehen.
3.2.
Hohes Wirtschaftswachstum in Venezuela
Das Bruttoinlandsprodukt stieg seit 2004 bis heute stetig an.
Im Jahr 2005/06 ist Venezuela wirtschaftlich so stark gewachsen wie China. Die
Wachstumsjahresrate betrug 7,8%. Venezuela verfügt über Devisenreserven von 30 Mrd.
Dollar.
BIP 2004: 110 Mrd US$
BIP 2009: 380 Mrd US$
pro Einwohner: 4,2
pro Einwohner: 13,2
Tabelle zur Entwicklung des BIP aus Wikipedia
Tabelle zur Entwicklung des Außenhandels (Wikipedia)
3.3.
Entwicklung sozialer Faktoren in Venezuela
Noch 1998 lebten 55,4 % der Einwohner Venezuelas unter der Armutsgrenze, 24,7% unter
extremer Armut. Die Lage verbesserte sich unter der Amtszeit des linksgerichteten
Präsidenten Hugo Chavez: 2006 sank die Zahl der unter der Armutsgrenze lebenden
Venezuelaner auf 39,7%, die unter extremer Armut lebender auf 12,9%.
Eine Reihe von Maßnahmen wurden seit den 80erJahren des 20. Jh. ergriffen, um die soziale
Situation der Bevölkerung zu verbessern.
-
Bildung:
Mittlerweile verfügt Venezuela über sehr gute Hochschulen im
südamerikanischen Vergleich. Es gibt noch Defizite im staatlichen
Schulsystem, parallel zum staatlichen besteht ein gutes
Privatschulsystem für Reiche.
Die 9-jährige Schulpflicht wurde 1998 nur von 60% der
Schulpflichtigen erfüllt.
Seit 2003 wird das staatliche Schulsystem vor allem durch
Erwachsenenbildungsprogramme zur Alphabetisierung erweitert. Bis
2005 nahmen 1,5 Mio. daran teil!
Um mehr Menschen eine Hochschulausbildung zu ermöglichen wurde
2003 auch die Universidad Bolivariana de Venezuels gegründet, eine
Art Fachhochschule für Menschen mit einem Abschluss nach der 11.
Klasse. Außerdem baute man vermehrt Schulen in den Armenvierteln
auf, wo die Kinder ganztags mit zwei Mahlzeiten, Kleidung und einer
medizinischen Versorgung betreut wurden. Als Schulfach wurde auch
Bewältigung des Alltags eingeführt.
-
Gesundheit:
2000 kubanische Ärzte wurden für die Versorgung der Ärmsten in den
Slums angeworben. 100.000 venezuelanische Ärzte sollen insgesamt
durch die Kubaner eingearbeitet werden und überall im Land, besonders
in den sozial schwachen Gegenden die Bevölkerung versorgen.
-
Ernährung
Parallel zu normalen Läden besteht ein System von Mercal-Märkten,
die subventionierte Lebensmittel zu günstigeren Preisen verkaufen.
Außerdem werden vielerorts Volksküchen aufgebaut.
-
Bekämpfung der Kriminalität
In Venezuela besteht die welthöchste Rate an Verbrechen durch
Schusswaffengebrauch!
In den letzten sieben Jahren sind 85.000 Menschen durch Gewaltdelikte
verstorben. Allein 2006 wurden 16.059 Menschen umgebracht.
Die Mordrate auf 100.000 Einwohner stieg von 19,6 im Jahr 1998 auf
38,5 im Jahr 2002 an!
Diese negative Entwicklung lässt nicht darauf schließen, dass staatliche
Maßnahmen zu ihrer Reduzierung in Angriff genommen werden.
Amnesty International berichtet von Personen, die nach Delikten durch
Polizisten erschossen wurden oder spurlos verschwunden sind.
Außerdem wird ständig auch von politischen Gewaltverbrechen
berichtet, wobei Befürworter und Gegner der Regierung in Konflikte
geraten.
-
Verkehrsinfrastruktur
Das Straßennetz in Venezuela ist nach wie vor noch nicht so gut
ausgebaut. Wenn man bedenkt, dass das Land nur 2,3mal so groß wie
die Bundesrepublik Deutschland ist, so erscheint die Länge der
Hauptverkehrsstraßen von 2690 km recht gering.
Gesamtlänge aller Straßen: 82700 km, davon befestigt: 39000 km. Die
meisten Straßen sind in den 60er Jahren erbaut worden.
Nur 584 km Eisenbahnstrecken führen durch das Land, Busse sind
heute das wichtigste öffentliche Verkehrsmittel.
Seit 1999 werden Pläne zum Ausbau des Eisenbahnnetzes im Umfang
von 4000km langsam umgesetzt. Fast alle Linien stehen in Verbindung
mit dem größten Hafen Puerto Cabello.
Es bestehen insgesamt sieben Flughäfen, wobei der in Caracas 6,7 Mio
Passagiere jährlich aufweist.
Bewertung: Eindeutig versucht Venezuela sich in die „erste Welt“ hochzuarbeiten, die
sozialen Faktoren und der Lebensstandard der breiten Bevölkerungsschicht sind jedoch noch
lang nicht so weit entwickelt wie in einer Industrienation. Insofern trifft der Aspekt für
Venezuela als Schwellenland zu.
Venezuela ist durch einen starken Gegensatz zwischen Arm und Reich gekennzeichnet. Die
jetzige Regierung hat sich aber zum Ziel gesetzt, die regionalen Disparitäten abzubauen und
mehr Transparenz in die Verwaltung zu bringen. aber Nicht nur aus diesem Grund ist das
Land anfällig für politische Unruhen.
3.4
Politische Stabilität
Die Geschichte Venezuelas ist durch einen Wechsel von Militärdiktaturen und
demokratischen Staatsformen geprägt.
Erst seit 1947 besteht für alle Venezuelaner und Venezuelanerinnen das allgemeine Wahlrecht
ab 18 J.
Bis 1958 regierte eine Militärdiktatur. Durch Volksaufstände wurde die Diktatur beendet. Erst
jetzt herrschte eine Demokratie ohne Militärs, aber Korruption und Unruhen durch
Guerillakämpfer waren nicht beendet. Nach der Wirtschaftskrise durch den Ölpreisverfall
1989 kam es zu Hungerrevolten mit bis zu 1000 Todesopfern. Zwei Putschversuche durch
Chavez folgten, er wurde inhaftiert, es folgte eine kurze Zeit der politischen Stabilisierung.
1998 wurde Hugo Chavez zum Präsidenten gewählt.
Venezuela ist eine Präsidialdemokratie. Der direkt gewählte Präsident ist gleichzeitig
Staatsoberhaupt und Chef der Exekutive.
Chavez orientiert sich an diktatorischen und sozialistischen Leitbildern wie Fidel Castro.
Auch er sucht personenkultähnliche Wirkung durch lange Ansprachen und
Fernsehübertragungen.
Chavez setzte sich folgende innenpolitische Ziele:
- Kampf gegen Korruption
- Stärkung der direkten Demokratie
- kostenlose Volksbildung
- sucht nach nationaler Unabhängigkeit, gleichzeitig möchte er eine
einheitliche Linke in ganz Südamerika anstreben,
-
setzt neue Verfassung um: Verbot der Privatisierung der Erdölindustrie,
aber trotzdem sind private Firmen erlaubt.
Verstaatlichung ungenutzten Großgrundbesitzes
Immer wieder gerät Chavez in Konflikte mit Amerika.
Er verhält sich oft wenig diplomatisch gegenüber den Vereinigten Staaten und den Vertretern
anderer Industrienationen gegenüber. So bezeichnete er 2005 George W. Bush als
„Kriegsherrn“. Im April 2005 aktivierte er das Generalkommando der Militärreserve, um
einen möglichen Angriff der Amerikaner abwehren zu können. Daraufhin haben Investoren
sofort ihre Geldmittel gestrichen.
Unter Barak Obama nimmt Chavez wieder die diplomatischen Beziehungen zu den USA auf.
Chavez ist gegen Globalisierung der Wirtschaft aber für ein vereintes sozialistisches
Südamerika.
Im April 2002 vertrieben Rebellen den Präsidenten Hugo Chavez für 48 Stunden aus seinem
Amt, bevor ihn die Armee wieder einsetzte. Dieser erfolglose Staatsstreich und die
zunehmende Spannung zwischen den Anhängern von Präsident Chavez und seinen Gegnern
trieben das Land wieder in eine kurzfristige Rezession.
Unter Chavez Führung hat das Gewaltpotential in Venezuela zugenommen, denn Teile der
armen Bevölkerung missverstehen die Haltung des Präsidenten, gegen jegliche Personen der
besitzenden Klasse gewaltvoll vorzugehen.
Außenpolitisch hat sich Venezuela zunehmend nach Südamerika orientiert und
Handelsverträge mit den anderen Staaten des Kontinents abgeschlossen. Auch
außenpolitische Beziehungen zu China und zum Iran wurden begonnen, um sich von den
USA zu distanzieren. Trotzdem sind Venezuela und USA aufeinander angewiesen: Venezuela
ist einer der drei größten Erdöllieferanten für die Vereinigten Staaten, gleichzeitig importiert
Venezuela viele Waren aus Amerika. Gleichwohl hat Amerika ein Waffenembargo gegen
Venezuela aufgebaut.
Chavez ist gegen die Weltbank und internationale Währungsfonds, da es Mechanismen des
Imperialismus seien. Seit 2007 ist Venezuela schuldenfrei bei der Weltbank und dem
internationalen Währungsfonds.
Chavez hat einen hohen Verteidigungshaushalt mit 1,2% des BIP durchgesetzt. Er strebt an,
die größte Militärreserve Südamerikas aufzubauen.
All diese Gründe tragen dazu bei, dass Venezuela bei Ratingagenturen der Banken und
Investoren schlecht bewertet wird. Als Grund angegeben wird die schlecht kalkulierbare
politische Entwicklung.
Korruption wird durch Chavez offiziell eingedämmt, die außen- und innenpolitische
Instabilität ist jedoch nicht beendet. Insofern kann Venezuela hinsichtlich dieses Aspekts nur
eingeschränkt als Schwellenland gelten.
Die Haltung des Präsidenten Chavez gegen die Globalisierung und für ein sozialistisches
Südamerika, gleichzeitig die Verstaatlichung und Privatisierung im eigenen Land lassen keine
klare Strategie erkennen, Venezuela „über die Schwelle“ zu den Industrienationen der „ersten
Welt“ zu bringen. Insofern kann es in politischer Hinsicht nicht direkt zu den
Schwellenländern zählen.
Die Weltbank hat es möglicherweise deshalb auch nicht mit in die Reihe der Schwellenländer
aufgenommen!
Quellen:
-
de.encarta.msn.com/encyclopedia_761594295/Schwellenland%.
www.wissen.de
NZZ (Neue Zürcher Zeitung) online vom 28. Januar 2008 „Neue
Herausforderer“
www.student.uni-kl.de/-paetzold/Nordsued/node 3.html
www.nzz.ch/finanzen/nachrichten/schwellenlaender_1.661170.html
de.wikipedia.org/wiki/Industriestaat und / -Schwellenland
www.otromundo.de/Zona_Libre.htm
wikipedia.de venezuela
Asal, Susanne: Venezuela, Köln, 2008
Sevilla, Rafael: Venezuela, Seminare des Zentrums für
wissenschaftliche Kommunikation Mit Ibero-Amerika, Bad Honnef,
2005
Zeuske, Michael: Kleine Geschichte Venezuelas, München, 2007
http://www.heinenberg.de/venezuela-info.htm
Welche Bedingungen eines Schwellenlandes weist Venezuela heute
auf?
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Vom Agrarland zum Industrieland
Aufstrebende Branchen im Sekundär- und vor allem neuerdings im Tertiärbereich
(Merida-Projekt)
Wirtschaftswachstum sehr hoch
Arbeitsproduktivität hoch?
großer Gegensatz zwischen Arm und Reich
Gewaltpotential
politische Unruhen – viele!
Alphabetisierungsgrad und Schulen verbessert unter Chavez
Infrastruktur entwickelt
Politische Instabilität und Korruption
Keine (?) klare Transformationsstrategie?