Putsch in Honduras – eine Erschütterung für ganz Zentralamerika
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Putsch in Honduras – eine Erschütterung für ganz Zentralamerika
Nr. 156 September 2009 Bulletin 3/09 Kuba: Hoffnungsvoll solidarisch Bulletin 3_09 mit.indd 1 Zentralamerika: Putsch in Honduras 07.09.09 11:45 Kuba: Hoffnungsvoll solidarisch – Interview mit Beat Schmid 3 Putsch in Honduras – eine Erschütterung für ganz Zentralamerika 6 Formular für Lastschriftverfahren 7 Globale Gesundheit erfordert internationale Solidarität 8 Bulletin 3/09 Inhalt dieser Nummer Editorial Liebe Leserin, lieber Leser Im Frühling dieses Jahres hat US-Präsident Obama das seit 1962 bestehende US-Embargo gegenüber Kuba schrittweise und sehr vorsichtig gelockert. Unter anderem fallen die Reisebeschränkungen unter Familienmitgliedern weg und die Begrenzung der Geldüberweisungsbeträge, welche Exil-KubanerInnen aus den USA nach Kuba schicken durften, wurden aufgehoben. Die gegenseitigen Gesten der Entspannung zwischen den USA und Kuba sind wohltuend aber noch nicht genug. In einem Gespräch mit Beat Schmid, einem Hilfswerksmitarbeiter, der in Kuba lebt und arbeitet, konnten wir uns über die aktuellen Entwicklungen des Landes unterhalten. Er sprach auch über die Besonderheiten der internationalen Solidaritätsarbeit mit Kuba und über die zunehmende Enttabuisierung von gesellschaftspolitisch heiklen Themen wie die häusliche Gewalt und Homophobie. Das ausführliche Interview ist auf den nachfolgenden Seiten 3–5 abgedruckt. * Titelbild: Mädchen im Zentrum ›Los Angelitos‹ Gemeindeorientierte Rehabilitation von behinderten Kindern in El Salvador Foto: Maja Hess Bildnachweis: S. 4: lareinadelcondon.com S. 5: La reina del condon S. 6: indymedia.org Impressum Bulletin 3/09, Nr. 156 Erscheint viermal jährlich im Abonnement; jährlich Fr. 5.–; beglaubigte Auflage: 8100 Expl. Redaktion: Lis Füglister Gestaltung: Heinz Scheidegger, medico international schweiz Druck: ropress Genossenschaft, Zürich Herausgeberin medico international schweiz (Centrale Sanitaire Suisse CSS Zürich) Quellenstrasse 25, Postfach 1816, 8031 Zürich Die Bilder, die wir in den letzten Wochen und Monaten aus dem zentralamerikanischen Staat Honduras zu sehen bekamen, lassen Erinnerungen an vergangen geglaubte, schreckliche Zeiten aufleben. In den Strassen und auf öffentlichen Plätzen bis hin zu Schulhaus- und Spitaleingängen patrouillieren schwer bewaffnete Soldaten. Protestierende PutschgegnerInnen werden brutal niedergeschlagen, Menschen willkürlich festgenommen und Personen zum Verschwinden gebracht. Der Putsch in Honduras und seine möglichen Auswirkungen auf die Region sind auf Seite 6 Thema. * Spätestens seit der intensiven medialen Auseinandersetzung mit den Gefahren einer globalen Ausbreitung der Schweinegrippe ist uns allen bewusst: Krankheitserreger respektieren keine Landesgrenzen. Globale Gesundheitsfragen können nur auf nationenübergreifender Ebene gelöst werden. Für ein gutes Gesundheitssystem spielen aber auch die internationale Solidarität und Ansätze lokaler Lösungssuche eine wesentliche Rolle. Monika Streule hat im Rahmen unserer Kampagne ›pharmawatch‹ zu diesen Fragen einen Artikel publiziert. Auszüge daraus finden Sie auf Seite 8. * Sind Sie von der Solidaritätsarbeit von medico überzeugt? Möchten Sie die Organisation oder ein bestimmtes Projektland regelmässig, ohne administrativen Aufwand und ohne Bankspesen unterstützen? Auf Seite 7 finden Sie ein Formular zur Anmeldung eines automatischen Lastschriftverfahrens. Dank Ihrer wertvollen Spende kann medico aktiv bleiben. Herzlichen Dank! Lis Füglister 2 Bulletin 3_09 mit.indd 2 07.09.09 15:53 Kuba: Hoffnungsvoll solidarisch – Interview mit Beat Schmid Nach den fatalen Hurrikanen Gustav und Ike im Sommer 2008 unterstützte Beat Schmid unentgeltlich die Umsetzung der Soforthilfe von medico international schweiz auf Kuba. Während eines Besuchs in der Schweiz konnten wir ihn treffen. Wir nutzten diese Gelegenheit für ein ausführliches Gespräch über die aktuelle Situation in Kuba und die speziellen Herausforderungen der internationalen Zusammenarbeit mit diesem Land. Beat Schmid hatte zuvor jahrelang in Nicaragua, El Salvador und Uruguay gelebt und gearbeitet. Heute ist er in einem Hilfswerk in Kuba tätig. Das Interview führten Judith Eisenring und Philipp Gerber. medico: Was bringen die neusten Veränderungen in den kubanischamerikanischen Beziehungen bezüglich der Gesundheitsversorgung für die kubanische Bevölkerung? Beat Schmid: Im Moment gar keine. Die angestrebten Vereinfachungen in den internationalen Handelsbeziehungen könnte in Zukunft eine gewisse Verbesserung für die Einfuhr von Ersatzteilen für medizinische Apparate bewirken. Das bedingt aber, dass Kuba über die nötigen Mittel verfügt, um die benötigten Apparate und Reparaturteile kaufen zu können. Zwischen Amerika und Kuba gibt es gegenseitige Gesten der Entspannung. Von wirklichen Verbesserungen kann erst gesprochen werden, wenn das Embargo aufgehoben ist. Die globale Wirtschaftskrise macht auch vor Kuba nicht halt. Als Ursachen dafür werden die sinkenden Nickelpreise und der rückläufige Tourismus genannt. Wie macht sich die Krise im kubanischen Alltag bemerkbar? Ich möchte neben dem sinkenden Nickelpreis und den sinkenden Einnahmen aus dem Tourismus auf ein drittes Element hinweisen: Die Auswirkungen der Hurrikans vom letzten Jahr. Die massiven Zerstörungen im Land haben den wirtschaftlichen Aufwärtstrend abrupt zum Stehen gebracht und das Land erheblich zurückgeworfen. In sehr kurzer Zeit wurden enorme Investitionen für den Import von Baumaterialien und Nahrungsmittel notwendig. Die Nahrungsmittelpreise sind auf dem internationalen Markt gestiegen. In Kuba wurde diese Preissteigerung nicht wie in anderen Ländern auf die Bevölkerung abgewälzt. Das Grundnahrungsmittelpaket, das 40% des Nahrungsmittelbedarfs abdeckt und allen KubanerInnen zusteht, bleibt subventioniert. Die Leute fühlen in ihrem Alltag die internationale Wirtschaftskrise bislang nicht so sehr weil die USA die Bestimmungen für den Geldtransfair ab Februar 09 gelockert hat. Auch die Reiseerleichterungen spielen dabei eine Rolle. Die kubanisch-amerikanischen Personen können nun frei Ein- und Ausreisen. Wer seine Familie auf Kuba besucht, bringt einiges mit an materiellen Geschenken. In der Kooperation mit Kuba haben wir eine spezielle Situation. Die Zusammenarbeit mit unseren Projektpartnern läuft über staatlich installierte NGO’s. Wie beurteilst du dieses System? Kannst du uns auf Besonderheiten dieser Art von Kooperation hinweisen? Ja, alle NGO’s sind an staatliche Stellen angebunden, gegenüber der sie Bericht erstatten und Rechenschaft ablegen. In anderen Ländern wie zum Beispiel in El Salvador müssen nationale und internationale NGO’s ihre Bilanzen und Jahresberichte dem Innenministerium vorweisen. Auf Kuba ist das für internationale NGO’s nach wie vor nicht nötig. Der Gesundheitsbereich ist allerdings ein Kernbereich des Staates. Der Staat anerkennt und übernimmt diesbezüglich seine Verantwortung. Deshalb muss sich auch die internationale Projektarbeit den staatlichen Vorgaben unterordnen. Für die Solidaritätsarbeit ist es einerseits schwieriger, weil wir nicht einfach hingehen und eine Gruppe oder Organisation suchen können, die unseren Erwartungen entspricht. Es gibt verschiedene Zwischeninstanzen und einen nationalen Entwicklungsplan, den wir zu respektieren haben. Das ist andererseits für die Gesamtentwicklung eines Landes grundsätzlich positiv. In vielen Ländern wäre es hilfreich, es gäbe einen nationalen Entwicklungsplan und die internationale Kooperation könnte auf sinnvolle Weise darin eingebunden werden. Die Kooperation ist ein wichtiger ergänzender Faktor zu dem, was der Staat macht. Für die Umsetzung der Projekte bedeutet diese Politik jedoch, dass es oft sehr lange dauert, weil ihr viele bürokratische Schritte voraus gehen. Alle involvierten Instanzen müssen Nehmen die Geldüberweisungen ihr Einverständnis zum Projekt aus dem Ausland nicht auch im geben. Zudem wird überprüft, ob Falle von Kuba ab? Es gibt zwei gegenläufige Tenden- keine anderen politischen Absichten zen. Einerseits gibt es aufgrund der dahinter stehen. Vergessen wir nicht, dass der ›track two‹ der USKrise weniger hohe Geldüberweisungen, andererseits sind es mehr, Politik ist, zivilgesellschaftliche Akwie anderswo. Die Krise wird als externes Phänomen angesehen, die Leute sind sich zu wenig bewusst, wie sehr auch sie in dieses Weltwirtschaftssystem eingebunden sind. Einige unmittelbare Auswirkungen sind im Alltag doch zu spüren. So zum Beispiel die Ermahnung, massiv Strom zu sparen. Im Transportwesen wurden die Frequenzen am Wochenende gekürzt und Investitionsprogramme wurden verschoben. Weniger direkt auf die Wirtschaftskrise zurückzuführen ist die strukturelle Debatte über die sogenannten ›gratuidades‹, also die für alle BürgerInnen garantierten staatlichen Leistungen. Bildung und Gesundheit sind von dieser Debatte bisher noch ausgenommen aber zum Beispiel Leistungen wie der hochsubventionierte Grundnahrungsmittelkorb, gratis Strom und Wasser oder eine garantierte Mindestrente werden zunehmend in Frage gestellt. Es gibt strukturelle Ungerechtigkeiten zwischen jenen, die zum Beispiel als Lehrer oder Krankenpfleger arbeiten und dafür einen relativ geringen Lohn vom Staat beziehen und jenen, die davon leben, Dienstleistungen an Touristen zu verkaufen und dabei ein Mehrfaches an Einnahmen erwirtschaften. Diese Problematik wird jetzt diskutiert. Die Frage ist, bis wohin deine Rechte als Person gehen und wo deine Pflicht als Bürger oder Bürgerin beginnt. Eine Debatte, die überall geführt wird und die zur Zeit auch auf Kuba läuft, ganz einfach, weil das ganze Subventionssystem als solches nicht mehr finanzierbar ist. 3 Bulletin 3_09 mit.indd 3 07.09.09 11:45 Szene aus dem Film ›La reina del condon‹. teure aufzubauen, die versuchen, im Rahmen einer Strategie der internen Umwälzung auf den Sturz der Regierung hinzuarbeiten. All dies führt zu einem langen Prozess, eine Projekt-Vorlaufzeit von einem Jahr ist durchaus normal. Aber es hat den Vorteil, dass die verschiedenen Instanzen nicht nur ihr Einverständnis für ein bestimmtes Projekt geben, sondern diesbe- züglich auch Verpflichtungen eingehen. Das bedeutet konkret, dass es in Kuba, soweit ich dies beurteilen kann, sehr viel weniger Projektruinen gibt als in vielen anderen Ländern, wo oft der erstrebte Veränderungsprozess dann aufhört, wenn die Hilfsgelder nicht mehr fliessen. Das ist in Kuba ganz entschieden anders. Das zuständige Ministerium versteht sich gegen- Kampagne gegen häusliche Gewalt Die kubanische Fachstelle für Sexualerziehung CENESEX hat in Havanna ein Pilotprojekt zur Prävention häuslicher Gewalt und zur Stärkung betroffener Frauen lanciert. Das Präventionsprojekt umfasst drei Schwerpunkte: Situation erkennen, gemeinsam handeln, Rechte einfordern. In einem ersten Schritt des Projekts geht es darum, ÄrztInnen und GesundheitsarbeiterInnen für häusliche Gewalt zu sensibilisieren. Es sind dies Personen, die aufgrund ihrer beruflichen Arbeit oft einen umfassenden Blick ins Privatleben einer Person oder einer Familie erhalten. Sie lernen in der Weiterbildung, Gewaltsituationen zu erkennen und die Betroffenen über ihre Rechte und Pflichten zu informieren. In einem zweiten Schritt wird der Kreis der AdressatInnen der Sensibilisierungsarbeit auf SozialarbeiterInnen, PolizistInnen, StaatsanwältInnen und MitarbeiterInnen von sozialen Einrichtungen ausgeweitet. Die Auseinandersetzung mit den sexuellen Rechten jeder Person sensibilisiert dafür, gewaltbetroffene Frauen nicht nur als Opfer, sondern vor allem als Menschen mit individuellen Rechten, die eingefordert werden dürfen, zu anerkennen. Über die Auseinandersetzung mit den Themen Macht- und Geschlechterverhältnisse, sexuelle Rechte, gesundheitliche Auswirkungen von Gewalt u.a. werden von Gewalt betroffene Frauen ermutigt, sich ihrer Position bewusst zu werden und ihre Rechte einzufordern. medico international schweiz möchte dieses Pilotprojekt während drei Jahren mit jeweils 25‘000 Franken unterstützen. Bis heute sind zur Unterstützung der Kampagne gegen häusliche Gewalt 44’377 Franken eingegangen. Vielen Dank den bisherigen SpenderInnen! Zur vollständigen Deckung der Projektkosten werden weitere 30’623 Franken benötigt. PC-Konto: 80-7869-1 ›Cenesex‹ über den ausländischen Geldgebern auch als Garant und überprüft die Projektarbeit mit teilweise unangekündigten Besuchen vor Ort und mit Buchprüfung. Korruption oder Fehlleitung von Geldern sind nie ganz auszuschliessen, passieren aber sicher in sehr viel geringerem Ausmass als in anderen Ländern. Im Projekt, das medico zusammen mit CENESEX realisiert, werden professionelle Fachkräfte in der Gesundheitsversorgung bezüglich häuslicher Gewalt sensibilisiert. Ist häusliche Gewalt in den kubanischen Medien ein Thema? Häusliche Gewalt wird zunehmend thematisiert. So zum Beispiel in den Telenovelas, die ein wichtiger Sozialisierungsfaktor sind. Um den 25. November, dem internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen, wurde eine Kampagne zu diesem Thema lanciert. Ein Film mit Zeugnissen von sechs Frauen, die häusliche Gewalt erlebt haben, wurde zu bester Sendezeit ausgestrahlt. Es gibt eine zunehmende Öffnung gegenüber dem Thema. Verschiedene Untersuchungen zeigen, dass die Schwelle der Gewaltanwendung in der kubanischen Gesellschaft eher höher liegt als in anderen lateinamerikanischen Ländern. Aufgrund des hohen Bildungsstandes und ihres Rechtsbewusstseins sagen kubanische Frauen früher: »Moment, jetzt machen wir Schluss«. Da spielt auch die gesell- 4 Bulletin 3_09 mit.indd 4 07.09.09 11:45 Strassenszene aus dem Film ›La reina del condon‹. schaftliche Akzeptanz eine Rolle. Scheidung ist legal und sozial akzeptiert. Aber es gibt natürlich auch auf Kuba häusliche Gewalt. Momentan wird diskutiert, wie das gesellschaftliche Umfeld aktiviert werden kann. Ein grosses Problem ist, dass die Leute, so auch das Gesundheitspersonal, viel zuwenig darüber wissen. Deshalb ist das Gesundheitspersonal nicht in der Lage, das Problem überhaupt zu diagnostizieren und Hilfe zu kanalisieren. Projekte wie jenes, welches CENESEX mit eurer Unterstützung durchführt, sind sehr wertvoll. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Gesundheitspersonal, welches an den spezifischen Weiterbildungsprogrammen von CENESEX teilnimmt, dieses Wissen innerhalb ihrer Gesundheitsinstitutionen weiterverbreitet. Das Interesse an der Thematik wird zunehmend gestärkt, weil es in den Medien thematisiert wird, und zwar nicht als Sensationsjournalismus, sondern so, dass die Leute sich dazu verhalten können. In Kuba wurde von einer unserer Partnerorganisation eine Kampagne gegen Homophobie lanciert. Können daraus Vorteile für die AIDS-Präventionsarbeit, wie sie zum Beispiel GPSIDA in unseren gemeinsamen Projekten betreibt, abgeleitet werden? Ja, durchaus. Die HomophobieKampagne (s. Kasten) ist Teil einer gesellschaftlichen Öffnung hin zu mehr Toleranz. Das zeigt sich daran, dass in der HIV-Prävention nun sehr gezielt mit Homosexuellen gearbeitet wird. Es wurde erkannt, dass gegenüber dieser Zielgruppe spezifische Inhalte vermittelt werden müssen. Bezüglich Homophobie sind die nötigen gesetzlichen Verankerungen natürlich einfacher zu vollziehen als die sozialen Veränderungen. Bezüglich der Thematik von HIV/ Aids war es ein Vorteil, dass die ersten Kranken auf Kuba nicht Homosexuelle waren, sondern Internationalisten, also die ›Helden der Revolution‹, die von Einsätzen in Angola oder aus anderen Orten infiziert zurückkamen. Dadurch wurde die Krankheit weniger mit stigmatisierten Gruppen wie mit Homosexuellen oder Drogenabhängigen verknüpft. Kuba ist das einzige Land im karibischen Raum, das die HIV-Epidemie mehr oder weniger unter Kontrolle hat. Es wird ziemlich breit getestet, und wer HIV-positiv ist, von dem wird erwartet, dass er seine Bezugsperson bekanntgibt. Im Gegenzug sind die Medikamente gratis. Es gibt psychologische Betreuung, die Selbsthilfegruppen von GPSIDA und Sanatorien. Die Sanatorien sind nicht mehr – wie dies in den 1980er Jahren der Fall war – Quarantänestationen zur Isolation der AidspatientInnen. Diese Politik gehört zum Glück der Vergangenheit an. Von den HIV-Positiven wird heute verlangt, dass sie verantwortungsvoll mit dem Ansteckungsrisiko umgehen. Homophobie auf Kuba Das Thema der Homosexualität in Kuba war lange Zeit geprägt durch Erinnerungen an die staatliche Repression der 60er-Jahre, an Arbeitslager zur Umerziehung und andere homophoben Massnahmen eines revolutionären Kubas mit machistischem Gesellschaftsverständnis und stark patriarchalen Strukturen. Die Homosexualität wurde 1979 zwar offiziell legalisiert, allerdings wurden auch danach Schwule und Lesben wegen ›antisozialen Verhaltens‹ von vielen Teilen des sozialen und beruflichen Lebens ausgeschlossen. In den letzten Jahren hat sich die Situation merklich verbessert. Allen voran unser Projektpartner CENESEX (mit der Leiterin Mariela Castro, Tochter von Raúl Castro) setzt sich sowohl im politischen wie auch im gesellschaftlichen Leben für eine Gleichstellung der Geschlechter unabhängig ihrer sexuellen Orientierung und für den Respekt gegenüber homo- und transsexuellen Personen ein. Auch die von medico unterstützte Selbsthilfegruppe GPSIDA, die das Ziel der HIV-Prävention verfolgt, kämpft für die politische und soziale Akzeptanz der Homo- und Bisexuellen. Die KubanerInnen wagen somit wichtige Schritte gegen die Homophobie, welche in anderen Ländern der Region auch unter linken Organisationen und Regierungen immer noch ein grosses Tabu ist. 5 Bulletin 3_09 mit.indd 5 07.09.09 11:45 Putsch in Honduras – eine Erschütterung für ganz Zentralamerika Von Lis Füglister Zwei Monate nach dem Militärwir werden auch zu der Epoche der gewohnt klaren Kritiken aus den putsch in Honduras ist das Land Guerillas zurückkehren. Zu den blu- USA und Europa an Schärfe verlohochgradig militarisiert. Soldaten tigen Epochen.« (Salvador Zúñiga) ren. Eine Rückkehr Zelayas würde markieren das Strassenbild und »Der Staatsstreich in Honduras ist die Position derjenigen Kräfte stärposieren schwer bewaffnet auf ein politisches Erdbeben, welches ken, die sich für einen politischen öffentlichen Plätzen bis hin zu den auch das salvadoranische Terrain und sozialen Wandel zugunsten Spitaleingängen. Über 2000 Perso- erschüttert«, schreibt Elaine Freed- der weniger Privilegierten einsetzen. nen wurden bisher willkürlich fest- man aus El Salvador in einem ArEin Szenario, welches die wirtgenommen und viele mehr sind bei tikel in América Latina en Movischaftlichen und politischen Eliten den Zusammenstössen mit Militärs miento (s. www.alainet.org). Die in Honduras und weit über das und der Polizei zum Teil schwer ver- Befürchtungen, Präsident Mauricio Land hinaus mit grosser Vehemenz letzt worden. Bereits gibt es minFunes könnte der nächste sein, der versuchen werden zu verhindern. destens vier Todesopfer und mehre- auf ähnliche Weise entmachtet re Verschwundene. Die Repression wird, sind keine Hirngespinste eiSolidarität durch Vernetzung medico international schweiz ungegenüber Putschgegnern nimmt niger Angstmacher. Anhänger der terstützt zur Zeit keine Projekte in weiterhin zu. rechten ARENA-Partei hatten beAnhänger der Putschregierung von reits im Wahlkampf mit harten In- Honduras. Wir verfolgen die Entwicklungen vor Ort jedoch mit grosser Roberto Micheletti sind jene gut terventionen gedroht, wenn sich Betuchten, die ihre politische und die linke FMLN-Regierung mit der Besorgnis und solidarisieren uns zusammen mit unseren Partnerorgawirtschaftliche Macht durch die Regierung Venezuelas gut stelle. Annäherung des demokratisch Sie waren auch die ersten, welche nisationen in El Salvador, Guatemala gewählten Präsidenten Manuel die gewalttätige Machtübernahme und Nicaragua mit all jenen mutigen Personen, die sich tagtäglich den Zelaya an die Ideologien des vene- Michelettis begrüssten und den Gefahren von Repression und Gezolanischen Präsidenten Hugo Einsatz des Militärs beklatschten. Chávez in Gefahr sahen. Doch die »Es geht hier nicht nur um Hondu- walt aussetzen, um den Putschisten breite Basis der honduranischen ras sondern um den Erfolg der Lin- entschieden Widerstand entgegen Bevölkerung wehrt sich mit aller ken in Lateinamerika, wo Honduras zu bringen. medico international schweiz hat zusammen mit rund 35 Kraft gegen die unrechtmässige das schwächste Glied war«, stellt und gewaltsame Machtübernahme Miguel Tinker Salas, Geschichtsleh- politischen Persönlichkeiten aus der Schweiz und einer Vielzahl von interMichelettis und seiner Gefolgsleu- rer am College in Pomona klar. te. Sie fordern die Wiedereinsetzung Auch Dieter Müller, der Programm- nationalen Organisationen einen offenen Brief der Solidarität mit den des Präsidenten Zelaya, die Rück- verantwortliche von medico kehr zum Rechtsstaat und die juris- Deutschland in Zentralamerika er- demokratischen Kräften in Honduras unterzeichnet. Während eines Motische Verfolgung der Verantwort- wägt die Möglichkeit, dass Honnats war die Soziologin und Aktivislichen des Putsches. duras als Übungsfeld für weitere tin Sabine Masson in Honduras. Ein indigener Aktivist aus Honduras gewalttätige Interventionen der schildert das Szenario in seinem Rechten dienen könnte: »Wenn der Neben mehreren Zeitungensartikeln, Land dunkel: »Wir sind um Jahre Putsch erfolgreich verläuft, werden die sie publizieren konnte, hat sie zurückgeworfen, um Jahre. In die- sich rechte Oligarchien auch in den auch uns mit aktuellen Informationen sem Sinn ist das Panorama sehr Nachbarländern zu solchen Mass- zur Situation in Honduas beliefert. schwarz, denn auch falls der Präsi- nahmen berechtigt fühlen. Allen ist Zur Zeit wird auch in der Schweiz versucht, ein Solidaritäts- und Unterdent wieder zurückkehrt, wollen deshalb klar, dass die Situation in wir nicht, dass aus den Verhandlun- Honduras einen enormen Spreng- stützungsnetz aufzubauen. Wir bleiben mit den verschiedenen Akteurgen eine Straflosigkeit folgt. Dass stoff für die ganze Region birgt.« die, die Verbrechen gegen Zivile Die Putschregierung und ihre Ver- Innen in Kontakt und beteiligen uns nach Möglichkeiten an den Solidaribegangen haben, amnestiert wer- bündeten setzen auf Zeit. Bereits den.« (Salvador Zúñiga, zas-corre haben die anfänglich zum Teil un- tätsaktionen. os.blogspot.com) Das Militär markiert Präsenz im öffentlichen Raum. Gefahr der Nachahmung Der Putsch in Honduras weckt Erinnerungen an die brutalen Militärregimes und bringt reale Ängste vor möglichen Staatsstreichen auch in anderen Ländern Zentralamerikas hervor. »Wenn dieser Staatsstreich durchkommt, kann der nächste in Guatemala oder in El Salvador erfolgen. Dann haben wir wieder die Armeen, welche die Entscheidungen treffen. Und 6 Bulletin 3_09 mit.indd 6 07.09.09 11:45 Ab heute unterstütze ich medico international schweiz (Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich) ohne Einzahlungsschein! Mit dem automatischen Lastschriftverfahren per Post (BAD) oder Bank (LSV) werden Ihre Spenden bis auf Widerruf automatisch von Ihrem Konto abgebucht – und vollumfänglich medico international schweiz (Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich) gutgeschrieben. Das Lastschriftverfahren hat viele Vorteile: Sparsam • Keine Spesen • Keine Einzahlungsscheine mehr • Weniger administrativer Aufwand für Sie und medico international schweiz Einfach • Wählen Sie die Höhe Ihres Beitrages • Wählen Sie die Häufigkeit Ihrer Zahlungen • Wählen Sie die Überweisungsart via Post (BAD) oder Bank (LSV) • Ergänzen Sie Ihre persönlichen Angaben mit Ihrer Unterschrift und senden Sie den Talon an uns zurück. Sicher • Sie können Ihren Auftrag jederzeit kündigen. • Innerhalb eines Monats wird Ihnen auf Wunsch jede Zahlung zurückerstattet. • Die Bank resp. Post schickt Ihnen bei jeder Belastung eine Lastschrift. Wenn Sie Fragen haben, so rufen Sie uns an (Tel. 044/273 15 55 oder [email protected]). Herzlichen Dank! medico international schweiz (Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich) Mit dem automatischen Lastschriftverfahren machen Sie sich und uns das Leben leichter! Bitte Talon ausfüllen und an medico international schweiz (Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich) zurücksenden. Spendenauftrag für medico international schweiz (Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich) Belastungsermächtigung mit Widerspruchsrecht ✃ Hiermit ermächtige ich die Post/Bank – bis auf Widerruf – den untenstehenden Betrag für medico international schweiz, (Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich) Postfach, 8031 Zürich, meinem Konto zu belasten. Gewünschtes bitte ankreuzen: Spendenhöhe ❏ Fr. 20.– ❏ Fr . ❏ Fr. 30.– ❏ Fr. 50.– ❏ Fr. 100.– ❏ monatlich ❏ 2-monatlich ❏ vierteljährlich ❏ halbjährlich ❏ jährlich Ich erhalte für jede Belastung meines Kontos eine Anzeige meiner Bank. Wenn mein Konto die erforderliche Deckung nicht aufweist, besteht für die Post/Bank keine Verpflichtung zur Belastung. Der belastete Betrag wird mir zurückvergütet, falls ich die Lastschrift innerhalb von 30 Tagen unterzeichnet an die Post/Bank zurücksende. Name/Vorname: Strasse/Nr: PLZ/Ort: Tel.: Postcheckkonto-Nr: oder Bankkonto-Nr: Bankenclearing-Nr: Bankname: PLZ/Ort: ❏ erstmals am ❏ letztmals am Monat/Jahr ❏ oder sofort ❏ bis auf Widerruf Ort, Datum: Unterschrift: Leer lassen, wird von der Bank ausgefüllt: BC-Nr. Konto-Nr: (Identifikation: CSS1W) Die Belastungsermächtigung senden an: medico international schweiz, (Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich) Postfach, 8031Zürich Bulletin 3_09 mit.indd 7 07.09.09 11:46 Globale Gesundheit erfordert internationale Solidarität Im Rahmen der medico-Kampagne ›Pharmawatch‹ hat Monika Streule weitere Recherchen betrieben und in der Zeitschrift ›Widerspruch‹, im Heft 56, einen Beitrag über globale Gesundheitspolitik und internationale Solidarität publiziert. An dieser Stelle sind ein paar Ausschnitte aus dem Artikel zusammengestellt. Den vollständigen Text finden Sie auch auf unserer Homepage. einem globalen Trend und berechtigten Zugang zu einer qualitaschränkt sich nicht nur auf die tiv hochstehenden Gesundheitsblosse Zusammenarbeit mit öffent- versorgung. Die Forderung nach lichen Partnern. Grossunternehmer der Umsetzung des Menschenwie beispielsweise Bill Gates oder rechts auf Gesundheit, für die sich Stephan Schmidheiny verfügen über auch medico international schweiz ein grosses finanzielles Potential einsetzt, orientiert sich am gerechund greifen mit ihren philanthropi- ten, gesicherten und freien Zugang schen Stiftungen aktiv in die Entzu basismedizinischen Gesundwicklungszusammenarbeit ein. (…) heitsdiensten. (…) Dabei werden oft bloss technische Natürlich ist mit dem Zugang zum Lösungen in einem sozalen, politi- Gesundheitssystem noch nicht Geschen und ökonomischen Vakuum sundheit hergestellt. Vielfach sind gefördert. Der Aufbau eines landes- es andere Voraussetzungen, die Die Schweinegrippe-Hysterie hat weiten, funktionierenden Gesund- dazu beitragen, dass Menschen es erneut klar aufgezeigt: Die glo- heitssystems spielt in PPPs meist besser, gesünder und zufriedener bale Gesundheitsfrage kann nicht keine entscheidende Rolle. Dadurch leben können – Grundbedürfnisse von einzelnen AkteurInnen gelöst fehlt die Verankerung der Einzelwie gute, ausreichende Nahrung, werden. Es braucht vielmehr einen massnahmen in einem vernünfsauberes Wasser, sanitäre Einrichtransnationalen Ansatz, in welchem tigen Ganzen. Statt Kooperation tungen, gute Wohnmöglichkeiten, der Solidarität und den lokalen herrscht im Gesundheitsbereich ein sicheres Einkommen, stabile Lösungsansätzen ein zentraler der Wettbewerb, und statt sich mit soziale Beziehungen, die AbwesenStellenwert zukommen muss. (…) anderen abzustimmen, versucht heit von Krieg, Gewalt und AusGefordert sind Alternativen zu den jeder Protagonist, sich selbst zu beutung. herrschenden gesundheitspolitiprofilieren. Für diese Perspektive stand und schen Modellen und damit gesellsteht die alte Strategie der Primäschaftliche Initiativen, die den glo- Recht auf Gesundheitsren Gesundheitsfürsorge (Primary balisierten Verhältnissen Rechnung versorgung Health Care). Darin werden lokale tragen. Wettbewerb, Privatisierung und Strukturen gezielt gefördert, die Konkurrenz treiben die ÖkonomiBevölkerung an der Versorgung Private springen ein sierung der Gesundheitsversorgung und Prävention beteiligt und daPublic Private Partnership (PPP) ist voran und gefährden dadurch durch der bestmögliche Zugang zu zum Allheilmittel in der internatio- wichtige Ziele der Gesundheitspo- Gesundheit für alle geschaffen. nalen Gesundheitspolitik geworden. litik wie Solidarität und gleichbeMonika Streule (…) In manchen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas wird nahezu die komplette Gesundheits- Mit unseren Projekten in Zentralamerika, Palästina, Eritrea und Vietnam verfolgen wir seit vielen Jahren kontinuierlich den Weg der basisnahen versorgung von kirchlichen oder Gesundheitsversorgung. Die Beteiligung der Bevölkerung an der Entwickanderen ›privaten‹ Trägern organilung und Durchführung der Gesundheitsprojekte garantiert den Fokus siert. Öffentliche im Sinne von auf die tatsächlich als prioritär definierten Bedürfnisse. Für die Umsetstaatlichen Akteuren spielen in zung der Projektarbeit sind wir auch auf Ihre finanzielle Unterstützung diesen Fällen praktisch keine Rolle angewiesen. Ihre Spende an medico international schweiz ist ein wichtimehr. ger Beitrag zur Förderung der internationalen Solidarität. Herzlichen Das Engagement von Privaten in Dank dafür! PC: 80-7869-1 der Armutsbekämpfung entspricht medico international schweiz Centrale Sanitaire Suisse, CSS Zürich Quellenstrasse 25, Postfach CH-8031 Zürich Telefon +41 044 273 15 55 Fax +41 044 273 15 66 www.medicointernational.ch [email protected] Postkonto 80-7869-1 Zugang zum Gesundheitswesen. Wir fordern: ein Recht für alle! Bulletin 3_09 mit.indd 8 07.09.09 15:53